Behufe der Entscheidung über ihr Militärverhältniß vorgeführt und im Falle der Diensttauglichkeit, ohne Rücksicht auf die Dauer der Detentionszeit, welche durch die Landespolizeibehörde gegen sie angeordnet worden ist, in das stehende Heer eingestellt werden dürfen. ö Kosten des Transportes derselben aus dem Arbeits⸗ hause nach dem Orte der Musterung und Aushebung sind zu⸗ nächst aus dem Privatvermögen, beziehungsweise aus dem Arbeitsverdienst⸗Guthaben der betheiligten Militärpflichtigen, so⸗ fern ein solches aber nicht vorhanden sein sollte, aus den zur Disposition der betreffenden Civilbehörde stehenden polizeilichen Fonds (Kapitel 100 Titel 4 des Etats für das Ministerium des Innern zu Diäten 2c. und zu sonstigen sächlichen Ausgaben im Interesse der Polizei zu berichtigen.
— Der Minister des Innern hat in einem Spezialerlaß vom 277 Rovember v. J., da nach 5. 15 des Gesetzes vom 3. Juli d. Is, betreffend die Verfassung der Verwaltungs⸗ gerichte und das Verwaltungsstreitvmrfahren, hinsichtlich der Ge⸗ währung von Tagegeldern und Reisekosten an die gewählten Mitglieder der Verwaltungsgerichte resp. eren Stellvertreter die für Staatsbeamte bestehenden gesetz⸗ lichen Bestimmungen maßgebend sind, es mit Rücksicht auf §. 6 des Gesetzes vom 24. Mai 1873, betreffend die Tagegelder und die Reifekosten der Staatsbeamten, nicht als zulässig erachtet, denje⸗ nigen gewählten Mitgliedern der Verwaltungsgerichte resp. deren Stellvertretern, welche ihren Wohnort am Sitze des Verwaltungs⸗ gerichtes haben, für ihre Theilnahme an den Sitzungen des letz⸗ teren Tagegelder zu bewilligen.
— Die Bezeichnung als „Naturarzt “ ist, nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 22. Dezember 1875, strasbar, als Beilegung eines Titels, durch den der Glauben er⸗ weckt wird, der Inhaber desselben sei eine geprüfte Medizinal⸗ person. „Die Strafvorschrift im §. 147 Nr. 3 der Reichs ⸗Ge⸗ werbeordnung („Mit Geldbuße bis zu 100 Thlrn. und im Un⸗ vermögensfalle mit verhältnißmäßiger Gefängnißstrafe bis zu sechs Wochen wird bestraft, wer, ohne hierzu approbirt zu sein, sich als Arzt (Wundarzt, Augenarzt, Geburtshelfer, Zahnarzt, Thier⸗ arzt) bezeichnet oder sich einen ähnlichen Titel beilegt, durch den der Glauben erweckt wird, der Inhaber desselben sei eine geprüfte Medizinalperson), trifft Jeden, der, ohne approbirt zu fein, die Bezeichnung als Arzt sich in einer Verbindung anmaßt, welche erkennen läßt, daß er sich mit der Ausübung der Heil⸗ kunde beschäftigt, und geeignet ist, den Glauben zu erwecken, daß er die Approbation erlangt hat, wie dieses mit der vom Angeklagten gewählten Bezeichnung der Fall .
— Der Widerstand gegen einen Forstbeam— ten in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes außer⸗ halb des dem Forstbeamten anvertrauten Reviers ist nicht aus 3. 117 des Reichs⸗-Strafgesetzbuches, betr. den Widerstand gegen einen Forstbeamten (mit Gefängniß bis zu drei Jahren), son⸗ dern aus §. 113 des Strafgesetzbuches, ber. den Widerstand gegen einen Vollstreckungsbegmten überhaupt (mit Gefängniß bis zu zwei Jahren, eventuell mit einer Geldstrafe bis zu 500 Thalern) zu bestrafen, „denn ein mit dem Schutze der Forsten betrauter Beamter ist unzweifelhaft auch „zur Vollstreckung der Gesetze und Anordnungen der Verwaltungsbehörden“ berufen.“
(Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 17. Dezember 1875).
— Nachdem der Ober-Landes-Bau⸗Direktor, Wirkliche Ge⸗ heime Rath Dr. Hagen, am Schluß vorigen Jahres aus dem Staatsdienste ausgeschieden ist, sind die von ihm bisher wahr⸗ genommenen Funktionen eines Vorsitzenden der technischen Bau⸗ Deputation dem Ober⸗Bau⸗ und Ministerial⸗Direktor Weishaupt kommissarisch übertragen worden.
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— In dem Jahresbericht pro 1875 über Hypotheken und städtischen Grundbesitz von Emil Salomon befand sich eine Ausführung, daß die neue Vormundschaftsord⸗ nung auf den Realkredit nicht günstig einwirken könne, weil für städtische Grundstücke halbe Feuerkasse, für ländliche der 15 fache Grundsteuerreinertrag als pupillarisch angenommen und damit die Pupillarität auf ein Minimum reduzirt werde.
Bei dem großen allgemeinen Interesse, welches die bezüg⸗ lichen Bestimmungen der Vormundschaftsordnung für die be⸗ theiligten Kreise haben müssen, hat der Geheime Ober⸗Justiz⸗ Rath Kurlbaum, Regierungs⸗Kommissar bei Berathung des Ge⸗ fetzes im Landtage, eine Widerlegung dieser Meinung dahin veröffentlicht:
„Die Vormundschaftsordnung gestattet im 5. 39 für die Werths⸗ ermiltelung aller Grundstücke die gerichtliche Taxe, welche selbstver⸗˖ ständlich weder den Feuerkassenwerth, noch den Grundsteuer⸗Reiner⸗ trag ausschließlich berücsichtigen kann. Neben dieser bisher behufs Prüfung de. Sicherheit auszuleihender Mündelgelder ausschließlich zulässigen Werthermittelung sind andere zugelassen, welche bei den allermeisten Grundflücken jederzeit vorhanden sind und deshalb ohne Umftände benutzt werden können. Dazu gehören namentlich die Taxen öffentlicher Feuerversicherungs ⸗Gesellschaften und die Grundsteuer⸗ Einschstzungen. Die ersteren können natürlich nur so benutzt zerden, wie sie sind. Bei den letzteren hatte man die Wahl zum wievielfachen Betrage des Reinertrages der Werth angenommen werden sollte; aber da durch Zulassung dieser Wertheermittlung eine Er⸗ leichterung gewährt wird, konnte man um so eher in den vorsichtig gehaltenen Grenzen der bisherigen Gesetzgebung bleiben, welche für die Prüfung der Sicherheit der Generaldepositalkapitalien in Erman⸗ gelung einer vollständigen Taxe auch nur den 15fachen Betrag des Reinertrages als beleihungsfähigen Werth anzunehmen gestattet. In allen Fällen aber bleibt den Betheiligten überlassen, wenn sie von
gebötenen Erleichterungen keinen Gebrauch machen wollen
er können, eine gerichtliche Taxe einzuholen. Die zu beleihenden Dubten des Werthes sind allerdings dem bisherigen Rechtszustande der sten Provinzen gemäß auf die Hälfte bei städtischen und auf zwei Drittel bei ländlichen Grundstücken festgehalten worden, und dagegen wird auch wohl bei den erkennbar gewordenen Schwankungen in dem Werthe und in der Werthschätzung der Grundstücke nichts zu er— innern sein.
Es ergiebt sich daraus im Ganzen, daß die Grenzen der pupil— larischen Sicherheit unverändert geblieben sind, die Ermittelunz der— selben aber erheblich erleichtert ist.“
Januar. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (6) Sitzung des Provinzial-Landtages beschloß
die Versammlung nach längerer Debatte bezüglich des Erlasses des Provinzialstatuts dem Antrage des Abg. Rickert ge⸗
Königsberg, 11
mäß. Die Redaktionskommission wird die Zusammenstellung und Abfassung der Beschlüsse besorgen. Es folgten Wahlprü⸗ fungen. Nachdem der Bericht des Ausschusses zur Prüfung der Geschäftsordnung von der Tagesordnung abgesetzt worden, da die Arbeiten des Ausschusses noch nicht beendet, motivirte Abg. Dirichlet seinen Antrag, betreffend die Aufhebung des Pferde⸗Ausfuhrverbots, der sodann mit großer Majorität ange⸗ nommen wurde. —
In der heutigen Sitzung des Landtages wurde nach ge⸗ schäftlichen Mittheilungen zunächst zur Wahl des Vorsitzenden
des Provinzialausschusses geschritten. Es wurden 133 Stimmzettel abgegeben, 4 unbeschrieben, 51 trugen den Namen des Abg. v. Winter und 78 den des Abg. Sel ke, Letzterer er⸗ klärte nach einigen Worten des Dankes für das in ihn ge setzte Vertrauen, die Wahl anzunehmen.
Zum zweiten Gegenstande der Tagesordnung: Feststellung der Höhe der Entschädigung für die Mitglieder des Provinzialausschusses, die gewählten Mitglieder der Pro⸗ vinzial⸗ und Bezirksräthe — hatte der Abg. Keßler folgenden Antrag gestellt: Die Mitglieder 2e. erhalten außerhalb ihres Wohnortes provisorisch bis zur Aufstellung eines allgemeinen Diätenreglements, als eine ihren baaren Auslagen entsprechende Entschädigung die den Mitgliedern des früheren Provinzial⸗ Landtages zuständig gewesenen Diäten und Reisekosten. Der Antragsteller motivirte seinen Antrag und fügte hinzu, daß nach seiner Ansicht auch der Vorsitzende des Provinzialausschusses Diäten und Reisekosten zu erhalten hat. Der Antrag wurde nach kurzer Debatte unter Streichung der Worte „außerhalb des Wohnsitzes! mit dem Nachsatze angenommen: Es werden auch den am“ Orte ansässigen Mitgliedern Diäten bewilligt.
Der Vorsitzende konstatirte, daß hiemit auch die Interpre⸗ tation des Abg. Keßler hinsichts der Diäten des Vorsitzenden des Provinzielausschusses angenommen sei.
Dritter Gegenstand der Tagesordnung war der Bericht der Kommission für das Landarmenwesen über die Etats der Pro⸗ vinzial-Irrenheil- und Pflegeanstalten zu Allenberg und Schwetz.
Der Ausschuß beantragte, den Etat nicht auf 3 Jahre, son⸗ dern nur für das laufende Jahr zu bewilligen und im nächsten Jahre erst auf 3 Jahre festzustellen, damit der künftig neu⸗ gewählte Landtag schon einen genehmigten Etat vorfinde. Dem⸗ nächst ward der Etat für Allenberg titelweise durchgenommen und in Einnahme und Ausgabe von 219,116 (6 genehmigt. Für Schwetz sind in Einnahme und Ausgabe 188,500 66 aus⸗ gesetzt. Für die Provinzial⸗-Taubstummen⸗ An stalten zu Marienburg und Angerburg wurden 44,116 (b 25 8 * resp. 31,282 6 gefordert und bewilligt. Eine Resolution: „Der Landtag ersucht den Provinzialausschuß, sofort über die Zahl und Lage der taubstummen Kinder in der Provinz, sowis über die Höhe der für den Unterricht derselben aus Kommunalmitteln oder sonst verwen⸗ deten Beträge Ermittelungen anzustellen und dem nächsten Pro⸗ vinzial-Landtage mit dem Resultate dieser Ermittelungen Vor⸗ schläge zur weiteren Abhülfe auf dem Gebiet des Taubstummen⸗ unterrichtswesens, namentlich dem zeitigen unverkennbaren Noth⸗ stande gegenüber, zu unterbreiten, möglichst auch schon in den nächsten Etats für Ost⸗ und Westpreußen Subventionen auszuwerfen, die an Kreise zur Selbstbeschaffung des Unterrichts für taubstumme Kinder, und zwar pro Kopf der Kinder, soweit sie Unterricht erhal— ten, vertheilt werden sollen“ wurde angenommen. Endlich zeigte der Vorstitzende an, daß ein Schreiben des Ober⸗Präsidenten v. Horn an ihn eingegangen sei, worin derselbe mittheilt, daß eine Ent⸗ scheidung des Herrn Ministers des Innern dahin ergangen, daß der Erlaß eines Provinzialstatuts zu den Obliegenheiten des Provinzial-Landtages gehöre. Der Vorsitzende erklärte, bei Fest⸗ setzung der Tagesordnung die Arbeiten des Redaktions aus⸗ schusses berücksichtigen zu wollen, da die Redaktions kommission die Abfassung des Statuts und die Ausfertigung der Beschlüsse zu besorgen hat.
Siettin, 12. Januar. In der 8. Sitzung des Provin⸗ ziallandtages stattete vor Eintritt in die Tagesordnung der Generallandschafts-Rath von Blanckenhurg in längerer Ansprache seinen Dank für die auf ihn Rfallene Wahl als Vorsitzenden des Provinzialausschusses ab. Ebenso erklärte der Landarmen—⸗ Direktor Pr. von Heyden-Linden die Wahl als Landes⸗Direk⸗ tor anzunehmen. Hierauf wurden, unter dem Vorbehalte, daß die Königliche Bestätigung zu den betreffenden Bestimmungen des Provinzialstatuts erfolgen werde, zu Mitgliedern des Pro⸗ vinzialausschusses gewählt die Hrrn. von Behr -⸗Behrenhoff, Tamm-Stralsund, von Vahl Greifswald, von Heyden⸗-Cadow, Mühlenbeck-Gr. Wachlin, Saunier⸗Stettin, Graf von Schwerin, Putzar, von der Goltz⸗Kreitzig, Graf von Königsdorff⸗Treten, Holtz⸗Alt⸗Marrin, Haken⸗Colberg.
Auf das Referat des Abg. von Heyden⸗Cadow nahm so⸗ dann der Landtag die am 8. d. Mts. beschlossene statutarische Anordnung in einer redaktionell veränderten Fassung, welche von dem Minister des Innern anheimgegeben war, an. Derselbe Abgeordnete erstattete nunmehr Bericht aus der Dreizehner⸗ Kommission. Dieselbe schlägt vor, den Vorsitzenden des Landtages zur Empfangnahme einer Summe von 100, 0900 66 aus der Pro⸗ vinzialdotation, zur Auszahlung der nothwendigen Ausgaben und zur Ernennung eines Quästors aus der Zahl der Land⸗ tagsabgeordneten zu ermächtigen; — den Provinzialaus⸗ schuß zu beauffragen, im Wege der Verhandlung mit den Koömmunalverbänden deren Auflöfung, bezw. Umbildung in einen gemeinsamen Provinzialverband anzubahnen und für Ausfüh⸗ rung der Regelung der im §. 1 und 3 der Provinzialordnung vorgesehenen Verhältnisse Vorschläge zu machen; — den Pro⸗ vinzialausschuß zu weiterer Erwägung zu veranlassen, ob im Jahre 1877 zur Ausschreibung von Provinzialabgaben zu schreiten sei und eventuell die erforderlichen Vorbereitungen für eine solche Ausschrebung zu bewirken; — den Pro⸗ vinzialausschuß zur Aufstellung einer Geschäftsordnung für sich und zum Verfahren danach einstweilen zu ermächtigen; — den Provinzialausschuß zu Verhandlungen mit den Kommunal⸗ verbänden wegen Einrichtung des Kassenwesens und wegen Uebernahme der betreffenden Beamten, zur interimistischen An⸗ stellung der Kassenbeamten zu ermächtigen, sowie zu Vorschlãgen wegen definitiver Regelung des Kassenwesens aufzufordern; — den Probinzialausschuß im günstigen Falle zu einer Ver— silberung der dotationsmäßigen Effekten und zu deren ander⸗ weiter Belegung zu ermächtigen; — als Geldinstitut wird die ritterschaftkiche Privatbank hierselbst empfohlen; — endlich dem Provinzialausschuß zu einer Vorlage wegen Be⸗ schaffung angemessener Räumlichkeiten für den Landtag und seine Organe aufzufordern. Alle diese Vorschläge fanden die Billigung der Versammlung.
Außerdem hatte die Kommission einen Haushalts⸗Etat aufgestellt, welcher indeß nur die feststehenden Sinnahmen und die feststehenden, sowie die vom Landtage bereits beschlossenen Auagaben aufführt, daneben aber auch dem Provinzialausschusse eine Summe von 100, 000 S6 zur Durchführung der einheitlichen Kommunalverwaltung in der Provinz zur Verfügung zu stellen. Der Landtag nahm diesen Etat an.
Hiernächst erstattete der Abg. Mühlenbeck Bericht aus der Kommission wegen Begutachtungen eines Entwurfes zu einer landesherrlichen Verordnung behufs Ausführung des Fischereigesetz es.
Die Versammlung stimmte sämmtlichen Beschlüssen der Kommission zu, danach werden nur einige weniger bedeutende
Aenderungen des Entwurfes empfohlen, im Uebrigen aber wird derselbe gebilligt.
Breslau, 12. Januar. (W. T. B.) Der schlesisch e Provinzial-Landtag hat zum Landesdirektor den bis⸗ . Grafen von Pückler wieder— gewählt.
Baden. Karlsruhe, 11. Januar. Der Großherzog hat dem badischen Gesandten am preußischen Hofe, Geheimen Legations-Rath Freiherrn v. Türckheim, den Titel und Rang Als Staatsrath, und dem langjährigen Vorstande des Großher⸗ zoglichen Geheimen Kabinets, Geheimen Legations⸗-Rath Frei⸗ herrn v. Ung ern⸗Sternberg, Charakter und Rang als Ge⸗ heimer Rath 2. Klasse verliehen. — Prinz Wilhelm, ältester Bruder des Großherzogs, ist, dem „Fr. J.“ zufolge, an seiner bei Ruits 1870 erhaltenen Kopfwunde bedenklich erkrankt.
Anhalt. Dessau, 11. Januar. Der Herzog und die Herzogin, sowie die Prinzessin Slisabeth und Gefolge wer⸗ den fich morgen zu einem Besuch des Großherzoglichen Hofes nach Weimar begeben. Die Rückkehr der Hohen Herrschaften dürfte am Sonnabend zu erwarten sein.
Waldeck. Arolsen, 11. Januar. Das „Reg. Bl.“ veröffentlicht eine landesherrliche Verordnung vom 27. De⸗ zember 1875, betreffend die Einführung des Königlich preußi⸗ schen Gesetzes über das Kostenwesen in Auseinander⸗ setzungsfachen vom 24. Juni 1875 in die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont.
Oesterreich⸗ ungarn. Wien, 12. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Fortschrittsklubs hielt der Minister⸗ Präsident, Fürst von Auersperg, eine Rede, in welcher er erklärte, daß das Ministerium bei den Verhandlungen mit der ungarischen Regierung in entschiedenster Weise die Interessen Desterreichs zu wahren und deshalb in steter Fühlung mit der Verfassungspartei zu bleiben beabsichtige. Für die Zeit der Ver⸗ tagung des Reichsrathes gedenke die Regierung mit den von der Verfassungspartei gewählten Vertrauensmännern zu ver⸗ kehren. Der Minister des Innern, Freiherr v. Zollheim, be⸗ tonte darauf, daß das Ministerium und die Verfassungspartei ihrer gegenseitigen Unterstützung bedürßften, und daß das Mi⸗ nisterium das Vertrauen der Partei in Anspruch nehme. Seitens des Fortschrittsklubs sprachen sich sodann mehrere Redner gegen eine weitere Belastung der österreichischen Staatshälfte aus und sagten der Regierung die kräftige Unterstützung der Partei in diesem Sinne zu.
— Im AbgeordnetenhausFe wurde gestern der Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über den Antrag Lien⸗ bachers vertheilt. Der Bericht führt 9 verschiedene Ursachen der Krisis von 1873 an und gelangt zu dem Schlusse, daß die Herstellung normaler Produktions- und Konsumtionsverhalt⸗ niffe durch künstliche Mittel nicht erreichbar sei. Das Ab⸗ geordnetenhaus genehmigte in dritter Lesung den Gesetzentwurf Betreffs der Aushebung des Rekrutenkontingents für das Jahr 1876. Der Handels⸗Minister erklärte im Laufe der Sitzung, er hoffe, demnächst den Gesetzentwurf über den Bau der Eisen⸗ bahn Tarvis⸗Ponteba vorlegen zu können.
Pest, 11. Januar. In der heutigen Sitzung des Ab⸗ geordnetenhauses ergriff in der Fortsetzung der General⸗ bebatte über den Verwaltungsreform-Entwurf Bujanovies von der Opposition der Rechten das Wort. Er rügte die summa⸗ rische Verhandlung des Entwurfes durch den Ausschuß und meinte, ein so wichtiger organischer Entwurf hätte eingehend er⸗ wogen werden müssen und dürfe man nicht, auf die Allgewalt im Parlamente geftützt, die Nation damit gleichsam überraschen. Nachdem Redner die Prinzipien des Centralismus und der Autonomie erörtert, welche der Entwurf ausgleichen möchte, aber nicht könnte, erklärte er, die Vorlage abzulehnen. Der Unter ⸗Staatssekretär Baron Gabriel Kemeny trat für die Vorlage ein. Dieselbe sei in der That ein wesentlicher Bestandtheil des organischen Reformplanes und dazu bestimmt, ein harmonisches Zufammenwirken der staatlichen und autonomen Organe in der Jurisdiktion zu sichern. Gerade die Unzufriedenheit beider Extreme, der absoluten Centralisten und der unbedingten Autonomisten, beweise, daß der Entwurf den richtigen Mittelweg getroffen habe. Er rechne auf ein lebendiges Interesse der Komitatsintelligenz für das Gemeinwohl. Karl Gebbel (Sachse) sprach gegen den Entwurf.
Nachdem Bereczky für die Regierungs vorlage gesprochen, bekämpfte Benjamin Kallay dieselbe eingehend. Demselben ent⸗ gegnete unter lebhaftem Beifalle des Centrums August Pulszky: Das, was die Opposition der Rechten wolle, widerstrebe dem Genius der Nation. Der ernannte Beamte fühle sich nur nach oben verantwortlich, und die Centralisation hebe die Autonomie auf. Im Verwaltungsausschusse im Sinne des Gesetzentwurfes werde ein kollegiales Verantwortlichkeits⸗ und Mitverantwortlich⸗ keitsgefühl obwalten. Graf Ferdinand Zichy verwahrte sich ge⸗ gen die Zumuthungen des Vorredners. Zum Schlusse erwi⸗ derte Minister⸗Präsident Tisza auf einige bisherige Bemerkungen, sich weiter? Ausführungen für später vorbehaltend. Das Wahlsystem im Komitate habe sich in der tiefen Friedenszeit der Zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts ausgebildet. Da waren die Komitatsdebatten nicht unfruchtbar; denn sie er⸗ hielten und förderten den politischen, nationalen und freiheitlichen Sinn in der Bevölkerung. Die Vorlage wolle nicht ein neues Komitat schaffen, sondern das alte lebensfähig machen und es den Forderungen des Zeitgeistes anpassen. Die Vorlage will die Fehler verbessern, ein harmonisches Zusammenwirken schaffen, und die neue Institution soll nicht eine Brücke zu der die Autonomie verschlingenden krassen Centralisation, sondern ein Damm gegen dieselbe sein. Justiz und Administration trennen, war recht; aber es wäre unrecht, sie von einander hermetisch ab⸗ zuschließen und die Justizadministration der autonomen Kontrole zu entziehen.
Schweiz. Die Einnahmen der Zollverwaltung im Jahre 1875 belaufen sich laut „Bundesblatt“ auf die erhebliche Summe von 17, 135,949 Fr., 1,813,556 Fr. mehr als im vorhergehenden Jahre.
Niederlande. Haag, 8. Januar. Der neu ernannte Kriegs-Minister Klerk ist jetzt 51 Jahre alt und hat seine Ausbildung auf der Militãr⸗Akademie in Breda erhalten. Im Jahre 1861 wurde er, nach seiner Er⸗ nennung zum Sekretär bei der Kommission für die Anlegung von Staatseisenbahnen, als Kapitän des Geniecorps auf Non⸗ Aktivität gestellt, Uund im Jahre 1867 erhielt er auf sein An⸗ suchen seine vollständige Entlassung aus dem Militärdienste. Als Mitglied und Vizepräsident des Königlichen Institutes für Ingenieure hat sich derselbe als Techniker und auch als Redner ausgezeichnet.
Großbritannien und Irland. London, 1I1. Januar. Der „Times“ zufolge beabsichtigt die Königin die bevorstehende Parlamentssession in Person zu eröffnen. Ihre Majestät wird bei dieser Gelegenheit von der Prinzessin von Wales be⸗ gleitet sein. — Prinz Leopold, der jüngste Sohn der Köni—⸗ gin, hat nach Beendigung seiner Univerfitätsstudien in Oxford nunmehr sein Domizil in Boyton, bei Codford in Wiltshire, wo er sich angekauft, aufgeschlagen. Se. Königliche Hoheit wird nicht, wie sein Bruder, der Prinz von Wales, die Univer⸗ sität Cambridge besuchen, sondern, nachdem er zum Provinzial— Großmeister der Freimaurer von Oxford installirt worden, ein ruhiges und zurückgezogenes Leben führen. — Kardinal Man⸗ ning eröffnete gestern in Manchester eine katholische Akade⸗ mie. — Aus Ealcutta wird unterm 10. d. gemeldet: In Hyderabad haben Krawalle stattgefunden, wobei auf den Straßen gekämpft wurde. In dem Handgemenge wurde eine Person getödtet und zwei andere verwundet. Die Gefängniß⸗ wachen warden verdoppelt. Die Ruhe ist jetzt wieder herge⸗ stelll. — Lord Napier of Magdala, der Oberbefehlshaber der indischen Armee, stürzte am vorigen Sonnabend während einer in Delhi abgehaltenen Parade vom Pferde und brach das Schlüsselbein. Der Zustand des Generals flößt aber keinerlei Besorgnisse ein.
Frankreich. Paris, 12. Januar. (W. T. B.) Das Mi⸗ niste rium hat seine Berathungen am heutigen Vormittage fortge⸗ setzt. Es erhält sich das Gerücht, daß in der Zusammensetzung desselben eine Aenderung nicht eintreten werde. Vom „Journal officiel“ wird morgen eine Proklamation des Präsidenten Mae Mahon an das französische Volk veröffentlicht werden, worin derselbe für die Politik eintritt, die das Ministerium gemäß dem vom Minister des Innern, Buffet, in der Sitzung der Nationalversamm⸗ lung vom 12. März v. J. entwickelten Programme eingehalten hat. Dem „Journal de Paris“ zufolge hat das gesammte Kabinet die von dem Präsidenten Mac Mahon vorgelegte Proklamation gebilligt. Dieselbe berührt nur diejenigen Fragen, über welche vollkommenes Einverständniß unter den Ministern herbeigeführt worden ist. — Wie die „Agence Havas“ meldet, werden die Minister morgen Vormittag im Palais Elisée von Neuem zur Berathung der noch vorbehaltenen Fragen zusammentreten.
— 13. Januar. (W. T. B.) Die vom Präsidenten Marc Mahon an das französische Volk erlassene, heute vom „Journal officiel? veröffentlichte Proklamation gipfelt in folgenden Sätzen: Das französische Volk will die Ordnung und. den Frieden, die Senatoren und Deputirten werden dieselben in Gemeinschaft mit dem Präsidenten der Republik aufrecht er⸗ halten müssen. Ebenso werden dieselben gemeinsam die konsti⸗ tutionellen Gesetze ehrlich und aufrichtig anzuwenden haben. Eine Revision der neuen Institutionen darf nicht eintreten, bevor nicht eine loyale Handhabung derselben stattgefunden hat. Aber um diefelben so zu handhaben, wie dies das Heil Frankreichs erfordert, ist eine konfervativo und dabei doch wahrhaft liberale Politik unerläßlich, wie ich solche stets anempfohlen habe. Der Prä— sident wendet sich darauf an Alle, die die Vertheidigung der sozialen Ordnung, die Achtung vor den Landesgesetzen, die Hin⸗ gebung an das Vaterland über die Erinnerungen, Wünsche und Aufforderungen der Parteien stellen, und fordert sie auf, sich um die Regierung zu schaaren. Es gelte, nicht blos Diejenigen zu entwaff nen, von denen die öffentliche Sicherheit thatsächlich ge⸗ stört werden könnte, sondern auch Diejenigen zu entmuthigen, die durch die Verbreitung von gesellschaftsfeindlichen Doktrinen und revolutionären Programmen Besorgnisse für die Zukunft hervorrufen könnten. Die Proklamation schließt: Ich habe nicht nach der Gewalt gestrebt, werde sie aber ohne Schwäche aus üben. Ich rechne betreffs Ausführung meiner Mission auf den Beistand Gottes und auf die Unterstützung der Nation.
Spanien. Madrid, 2. Januar. Die gestrige „Gaceta“ hat das Königliche Dekret, betreffend die Einberufung der Tortes, veröffentlicht. Vorangeschickt ist demselben ein Motiven⸗ bericht des Präsidenten Canovas über diese Maßregel an den König. Derfelbe trägt die Unterschrift sämmtlicher Minister: Antonio Canovas del Castillo, Präsident des Ministerraths; Fernando Calderon Collantes, Staats⸗Minister; Cristobal Martin de Herrera, Justiz⸗ und Gnaden⸗-Minister; Francisco de Erballos 9 Vargas, Kriegs-Minister; Santiago Daran y Lira, Marine⸗ Minifter; Pedro Salaverria, Finanz⸗Minister; Francisco Romero y Robledo, Minister des Innern; Conde de Toreno, Minister der öffentlichen Arbeiten; Adelardo Lopez de Ayala, Kolonien⸗ Minister. Das Königliche Dekret lautet:
„In Gemäßheit des Äntrags Meines Ministerraths verordne Ich wie folgt: Art. J. Die Cortes der spanischen Monarchie versammeln sich am 15. Februar des kommenden Jahres 1876. Art. 2. Die Senatoren⸗ und Abgeordnetenwahlen erfolgen diesmal in der nä lichen Form und nach denselben Bestimmungen, unter denen der am 28. Juni 1872 einberufenen Cortes vorgenommen wor sind. Art. 3. Die Wahlen beginnen am 20. Januar auf ganzen Halbinsel und den baleagrischen Inseln, 8 Taze später au den canacischen Inseln, und am 15. des folgenden Monats auf Puerto⸗ Rico. Art. 4. In Gemäßhcit der Bestimmung vom 24. Juni 1873, Art. 6 5. 3, wird in den Gemeinden mit weniger als 869 Einwohnern nur eine Wahlurne aufgestellt werden. Art. 5. Gemäß der Beftimmung in Art. 6 der Instuktion vom 13. Mai 1812 für die Abgeordnetenwahlen zu den Cortes von 1813 wird in den vier Provinzen, welche theilweise vom Feinde besetzt sind, der freie Theil die Abgeorzneten oder Senatoren ernennen, welche ihrer Bevölkerung auf dem besitzten Theil zukommen. Art. 6. Der Minister des Innern wird nach Vernehmung der Deputationen von Alava, Bizcaya, Gui⸗ päzcoa und Navarra die zur Ausführung des vorhergehenden Artikels und alle weiteren zur Ausführung des gegenwärtigen Dekrets erfor— derlichen Verfügungen treffen.
Gegeben im Palaste, den 31. Dezember 1875.
Alfonso. Der Präsident des Ministerrathes: Antonio Cänovas del Castillo.
Portugal. In Lissabon ist am 5. d. Mts. der Ge⸗ neral Marquis de Sünde Bandeira gestorben. Derselhe machte den Unabhängigkeitskrieg mit, war früher Präsident des Ministerrathes, verwaltete nach einander die Portefeuilles der Marine, der Kolonien und des Krieges und wurde später zum Pair des Königreichs und zum Mitglied des Staatsrathes auf Lebenszeit ernannt. Die Befreiung der Sklaven in den Kolo⸗ nien, sowie die Befestigung von Lissabon verdankt Portugal der Initiative de Bandeira's. Der König weilte noch während der letzten Augenblicke des Marquis an dessen Sterbebette.
Türkei. Konstantinopel, 12. Januar. (W. T. B.) Nach einer der Regierung aus der Herzegowina zugegangenen telegraphischen Meldung sind die türkischen Truppen, ohne auf Hindernisse zu stoßen, in Trebinje angelangt und werden daselbst uͤberwintern. Nach derselben Meldung ist die Ruhe überall her⸗ gestellt, ausgenommen in dem Gebiete zwischen Trebinje, Bilekie und der montenegrinischen Grenze. — Der bisherige Marine⸗
Minister Riza Pascha ist zum Kriegs-Minister ernannt worden.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 10. Januar. Das Bulletin über den Gesundheitszustand der Großfürstin Maria Nikolajewnag vom 9. d. M. lautet: Im Laufe des gestrigen Tages war das Befinden Ihrer Kaiserlichen Hoheit befriedigend, die Nacht aber war überaus unruhig in Veranlassung der häufigen Hustenanfälle und der Schlaflosigkeit, die bis zum Morgen andauerten. — Graf Alexander Armfeldt, Mi⸗ nister⸗Staats⸗-Sekretär des Großfürstenthums Finnland, ist am 8. d. M. im Alter von 82 Jahren gestorben. — Der für Montenegro bestimmte Sanitäts⸗-Train ist in der Nacht vom; 4. zum 5. Januar in Ra gusa wohlbehalten eingetroffen und wird daselbst auf Wunsch des Fürsten von Montenegro bis zum 1I. Januar verweilen.
Dänemark. Kopenhagen, 12. Januar. Auf der Tages⸗ ordnung des Landsthinges standen gestern zur dritten Lesung und wurden ohne Debatte angenommen die Gesetzentwürfe, be⸗ treffend die kommunalen Wasserwerke, das Verbot der Kartoffel— einfuhr aus Nordamerika und die Erweiterung der Zinsen⸗ garantie für die Laaland-Falstersche Eisenbahn. Dieselben gehen nunmehr zum Folkething. — Die Gesetzentwürfe, betreffend einen Zusatz zum Gesetz über die Zoll- und Schiffsabgaben und be— treffend die Stempelabgaben von verschiedenen Kommune-Obli— gatio nen, welche zur zweiten Lesung standen, kildeten gestern den Gegenstand der Verhandlungen des Folkethinges. Der Uebergang des ersten Gesetzentwurfes zur dritten Lesung wurde ohne Abstimmung angenommen; ein gleiches geschah mit dem zweiten auf der Tagesordnung stehenden Gesetzentwurfe.
Amerika. New ⸗ Jork, 12. Januar. (W. T. B.) Die Justizkommission des Repräsensantenhauses hat den Bericht angenommen, welcher ein zu der Verfassung beantragtes Amendement befürwortet, nach welchem die Präsidentschafts⸗ dauer auf 6 Jahre festgesetzt wird und derselbe Präsident nicht zum zweiten Male wählbar sein soll.
Statisti sche Nachrichten. Ihm rerflossenen Jahre wurden dem „Corr. v. folge unter den Altkatholiten in Münch en vorgenommen: 34 Trauungen, 52 Taufen und 56 Begräbnisse. De altkatholischen Re⸗ ligionsunterricht besuchten 140 Kinder.
— Nach den jetzt veröffentlichten vorläufigen Ergebnissen der Volkszählung in den Herzogthümern Coburg und Gotha belief sich die Bevölkerung des Herzogthums Gotha am 1. Dezember 1875 auf 128,096 Einwohner (gegen 1871 — 5466), des Herzog⸗ thums Coburg auf 54,577 (— 2863), im Ganzen auf 174,339 (. 8334) Einw. Die Stadt Gotha zählte 22,917 (4 2326) Einw., Coburg 14582 (4 1763) Einw.
Kunst, Wissenschaft und Titeratur.
Berlin. Im wissenschaftlichen Berein in der Sing⸗ Akademie wird am Sonnabend, Nachmittags 5 Uhr, der Oberst Frei⸗ herr von Meerheimb eine Episode aus dem vierjährigen Kriege in Nordamerita 1861 — 65 vortragen.
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— Dr. v. Barth, ein junger Münchener Gelehrter, der von der portusiesischen Regierung zur geologischen Untersuchung der Angolaprovinz an der Westküste Afrikas aufgefordert worden ist, wird sich am 19. von Hamburg aus über Lissabon nach St. Paolo de Loanda begeben. Dr. v. Barth, der sich durch geologische Unter— suchungen in der Schweiz bereits einen Namen gemacht, wird einige Jahre in der Angolaprovinz verbleiben.
— Zur Herstellung von Freskomalereien im Chore und in den Schiffen des Münsters zu Straßburg, für welche die Ver waltung des Frauenhausstiftes einen Theil ihrer Einkünfte bestimmt, ist es der Straßburger Stadtverwaltung gelungen, Hrn. Prof. Steinle, Direktor des Städelschen Instituts zu Frankfurt a M., und den Historienmaler Hrn. Steinheil in Paris zu gewinnen und mit den keiden Künstlern einen Vertrag bezüglich dieser neuen Ausschmückung des Münsters abzuschließen.
— Eine nordische Philologenversammlung soll vom 18. bis 21. Juli d. J. in Kopenhagen abgehalten werden.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Im Klub der Landwirthe sprach am Dienstag Abend Professor Müller über Milchwirthschaft und Molkerei⸗ betrieb. Den Grund dafür, daß auf dem Gebiete der Molkerei wenig Fortschritte bei uns gemacht worden, glaubte Redner darin zu erblicken, daß in den meisten Theilen Deutscklands den Frauen die Geschäfte der Milchwirthschaft überwiesen sind. In den Ländern deutscher Zunge, wo Männer sich um dieselben kümmern, erfreue sich auch der Melkereibetrieb eines guten Aufschwunges, so namentlich in Tirol und in der Schweiz. In Deutschlands Norden gelte Holstein als Muster; dort sei zwar der Betrieb in den Händen der Frauen, jedoch seien dies keine bezahlten Dienstboten, sondein die Frau des Hauses sei es selber, die sich mit regem Eifer der Milchwirthschaft hingebe. Erlernt haben die Holsteiner die Molkerei von den Holländern, bei denen sich die⸗ selbe von Alters her einer bedeutenden Entwickelung erfreue, ohne jedoch in den letzten Zeiten wesentliche Besserungen erfahren zu haben Günstiger stehe in dieser Hinsicht England da, namentlich was die Käsefabrikation betreffe, in der es jedoch namentlich in letzter Zeit wie—⸗ derum von Nordamerika nahezu üherflügelt werde. Der höchsten Blüthe erfreue sich jedoch der Mo kereibetrieb in Skandinavien. Der Auf— schwung, den derselbe hier in den letzten zwanziger Jahren ge— nommen, sei ein ganz bedeutender. Auf dem Wege der Ge— setzzebung sei alles Mögliche zur Hebung der Milchwirthschaft ge— than; einen hervorragenden Einfluß übten jedoch vornehmlich die zahllosen auf diesem Gebiete veranstalteten Ausstellungen aus. Der Betrieb selbst wurde zunächst in Schweden auf holsteinische Methode ausgeführt. Bald zeigte sich diese aber als zu kostspielig, da sie einen theuer herzustellenden Kühlraum erfordert. Man wandte sich daher allgemein der vom Schweden Gussander eifunde⸗ ten Methode zu, welche diesen Kühlraum ükerflüssig macht. In neuerer Zeit hat man auch von dieser Methode wieder Abstand genommen und arbeitet jetzt meist nach der Swartzschen Methode. Ein großes Absatzgeblet hat gegenwärtig Schweden in England ge—⸗ funden, wohin von Gethenburg aus in bestimmten Zwischenräumen garze Schifféladungen Butter abgehen. In Dänemark sind ähnliche Verhältnisse wie in Schweden. Hier war es vor Allem Prof. Segelke, der sich um die Molkerei verdient gemacht hat. Redner wandte sich nunmehr zum Schluß der Frage zu, was zur Besserung der Molkereiverhältnisse in Deutschland und namentlich in der Mark Brandenburg zu thun sei. Er glaubte, zunächst eine erhöhte Ausnutzung des jetzt fast ganz brachliegenden Tieflandes empfehlen zu mũssen, welches bei entsprechender Drainage vorzügliches Weideland abgeben werde. Im Uebrigen wünschte, er den Weg Schwedens eingeschlagen zu sehen, namentlich versprach er sich viel von Abhaltung kleiner Ausstellungen, sowie von der Errichtung einer Anzahl Molkereischulen.
— Zufolge eines in diesen Tagen erschienenen Programms soll die allgemeine norwegische landwirthschaftliche Ausstel⸗ lung, zu deren Kosten das Storthing einen Beitrag von S000 Kronen e, . hat, vom 19.— 24. September in Christiania abgehalten werden.
Gewerbe und Sandel.
Die außerordentliche. Generalversammlung der Ha velber. ger Unionsbrauerei in Liqu. vom 10. d. M. hatte darũber zu
beschließen, ob das im Lizitationstermin, welcher an demselben Tage
tattfand, abgegebene Meistgebot für das Etabliffement angenommen werden sollte. Es waren über drei Viertel, des Aktienkapitals mit 2104 Stimmen vertreten, und man lehnte die Annahme des Höchst⸗ gebotes, welches sich auf 0,100 46 bezifferte, ab, weil diese Summe weit hinter dem reellen Werthe der Brauerei zurückbleibe. — Ein- stimmig wurde beschlossen, den Minimalpreis auf 270000 , zu stellen, zu welchem die Liquidationskommission berechtigt sein soll, zu verkaufen, ohne vorher die Genehmigung der Generalverammlung einholen zu müssen. Auf den 15. Februar er. ist eine weitere Gene⸗ ralversammlung einberufen, welcher über das Resultat Mittheilung gemacht werden soll. Der Betrieb der Brauerei wird in eingeschränk⸗ tem Maße fortgesetzt.
— Die Generalversammlung der Posen-Kreuzhburger Eisenbahn erledigte nach Verlesung des Rechenschaftsberichts, nach welchem der gegenwärtige Kassenbestand 59.000 „ baar und 180 000 A in Effekten beträgt, die Wahlen für den Aufsichtsrath. Zunächft wur⸗ den in die Stelle des Regicrungs⸗Raths Schultze und des Grafen Bethusy⸗ Hue, welche ausgeschieden waren, bis zum Jahre 1877 ge— wählt: Regierungs- Rath a. D. Schweitzer (Berlin) und Dr. Kapp (Berlin). Alsdann wurden aus 12 Mitgliedern des Aufsichtsraths die Herren Semper, Kennemann, Frendsdorf und Jacob Landau ausgeloost, und an deren Stelle auf 4 Jahre gewählt, resp. wiedergewählt: die Herren Semper (Altona), Kennemann-Klenka, Frendsdorf (Hamburg), Hugb Lan— dau (Berlin). — Dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen: Der Grund⸗ erwerb ist soweit gesichert, daß die Bahn dem Betriebe hat Üüber⸗ geben werden können. Da die Schlußvermessung noch nicht vollendet
verbsakten daher noch
Verbindlichkeiten noch zu erfüllen sind. Di r Bauzeit sind früher durch Minderzahlungen bei den eingefor Raten, zuletzt füt das 4. Quartal 1875 durch Depositen Bankhäusern Landau und Bleichröder den Aktionären zur Anrechnung gebracht, resp. gezahlt worden. Es ist zu erwarten, daß Seitens der Baugesellschaft die vollständige Fertigstellung der Bahn in der ihr vertragsn ãbig zuste benden Frist zur Ausführung gebracht werden wird. — Die Organisation der Verwaltung war im Allgemeinen am J. Oktober durchgeführt und der Fahrplan genehmigt. Es kurstren zur Zeit nach jeder Richtung zwei Personenzüge und ein Güteriug; genehmigt sind nach jeder Richtung drei Personen und drei Güter- züge. Ber Verkehr laßt eine lebhafte Steigerung erkennen, so daß schon jetzt mit Gewißheit vorherzusehen ist, daß ein zweiter Güterzug wird eingelegt werden müssen, sobald eine direkte Verbindung mit der Märkisch⸗Posener Bahn hergestellt sein wird. ö
— Ueber die Ein- und Ausfuhr Großbritanniens wäh rend des abgelaufenen Jahres, sowie über die gegenwärtige Lage d Eisenindustrie erhält die „Mat.⸗-Ztg.“ von ihrem Londoner zialkorrespondenten nachstehende Mittheilungen. Derselbe sck unterm 10. d. M.:
In einem Augenblick, wo in der für England hochwichtigen Eisenindustrie eine weitgreifende Arbeitseinstellung und von Seiten der Fabrikanten eine umfassende Aussperrung von Arbeitern droht, ist die soeben veröffentlichte Einfuhrliste von um so größerem Interesse. Einfuhr und Ausfuhr hat in den letzten Jahren stetig abgenommen, und zwar die Ausfuhr in noch bedeutenderem Maßtabe, als die Einfuhr. So ist es auch im verflossenen Jahre gewesen. Nicht unter allen Rubriken zwar liefert, wie mir scheint, die bloße Ziffer des Werth⸗ betrages einen entscheidenden Anhaltspunkt. Das Sinken der Presse sowohl bei den ein wie bei den ausgeführten Gegenständen muß eben— falls in Betracht gezogen werden. So war z. B. die Menge der im Jahre 1875 ausgeführten Steinkohlen eine größere, als im Jahre 1574. Gleichwohl stellt sich der Werthbetrag der Ausfuhr während der letzten zwölf Monate in diesem Zweige auf 230, 000 Pfd. Sterl. weniger als im vorhergegangenen Jahre. Insofern ist das bek aus der Ausfuhrliste geschöpfte Argument der Arbeitgeber, wenn es sich um Herabdrückung der Löhne handelt, nicht in jedem einzelnen Falle stichhaltig.
In der Einfuhr hat im abgelaufenen Jahr eine Verminderung um 15 * stattgefunden, im Vergleich zu 1814. Bemerkenswerth ist dabei, daß die Einfuhr von Nahrungsmitteln und Luxusgegenständen doch fortwährend zunimmt. Auffaller ist die Abnahme im Gesammtbetrag der Ausfuhr. Sie beziffert sich auf 63
zu 1874; auf 12 * im Ve ch zu 1873. Erwägt man nun, daß unter der englischen Ausfuhr nächst den Baumwollwaaren, die in der Liste von 1874 mit nahezu 60,000,009 Pfd. Sterl. stehen — alle auf die Eisen⸗ r Stahlfabrikation bezüglichen Waaren den zweithöchsten Posten ausmachen und zwar in der Liste ven 1874 mit nahezu 39, 000 000 Pfd. so laßt sich leicht ermessen, welches
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lgen der drohenden Arbeitseinstellung chste Jahr sein könnten.
— Ein in seinen Anfängen ziemlich unbedeutender Kampf zwisc Arbeitern und Arbeitgebern in Großbritannien bedeutende Dimensionen anzunehmen. 200 Leute einer Eisenfirma zu Erith in Kent, nicht weit von der Hauptstadt, weigerten sich vor einiger Zeit, die ihnen angebotene Stückarbeit zu verrichten und mach— ten schließlich Strike, weil der Verband der vereinigten Maschinen arbeiter, ein weit ausgebreiteter Arbeiterverein, dem sie angehörer denjenigen Mitgliedern, welche bisher nach Zeit arbeiteten, nabme von Siücklohn verbietet. Dieser Einmischung des Arbeiter
ĩ gegenüber werden die dem Verbande der Arbeitgebe Verstände von Firmen im Eisenhandel sich darübe fämmtliche Mitglieder des genannten Arbeitervereins
ihnen beschäftigt sind, entlassen werden sollten, falls sie ihre ung mit dem Verein nicht aufgeben. Schon aus dem Ums aß die Amalgamated Engineers Association (der Verband der Me schinenarbeiters über einen Fonds von etwa 15 „000 Pfd., Sterl. ver- fügt, läßt sich abnehmen, wie viele Arbeiter und Arbeiterfamilien von einer solchen Maßregel betroffen würden, deren traurige Folgen sich zu bieser Jahreszeit doppelt schwer fühlbar machen würden
Paris, 12. Januar. (W. T. B.) Nach einer
Bekanntmachung haben die Inhaber türkischer Renten, welche ihre Zinsen an europäischen Bankplätzen gezahlt zu erhalten wünsche
dies der Banque ottomane in Paris oder deren Filialen bis spätestens am 18. Januar c. anzuzeigen und ihre Coupons zu deponiren. Nach diesem Termin werden, derselben Bekanntmachung zufolge, die Cou—⸗ pons nur noch in Constantinopel eingelöst. Die Certifikate für die deponirten Coupons sollen am 20. Januar geliefert und am , nuar ausgezahlt werden.
— Die Eröffnung der jütischen Industrie⸗Ausstellung
in Aarhuus ist auf den 1. Juli 1876 sestgest Ut worden.
Verkehrs⸗Anstalten.
Hamburg, 10. Januar. der Elbe ist in der
letzten Nacht allenthalben zum Stehen gekommen. Im Niederhafen halten freilich die Steinwärder Dampffährböte an beiden Stellen noch Fahrrinnen offen, während die Fußpassage beim Altonger Fisch⸗ markt nach Altenwärder und den dortigen Eisinseln schen übers Eis geht. Die Kohlenschiffe ‚Panther“ und „Prague“ geriethen gestern Abend senseits Neumühlen im Eise fest, während die „Alster⸗ vom Eisbrecher bis Altona hinaufbugsirt wurde. Auch an der Spitze des Moorwärder Stacks zeigte sich gestern Abend noch einige Bewegung im Eise. Bei der Grasbrookfähre ward heute Bahn übers Eis sũc die Fußpassage gemacht. General⸗Direktion der Kaiser⸗Franz⸗Jo⸗ seph⸗Bahn macht in der ‚Wien. Z. bekannt, daß in Folge der eingetretenen Schnetverwehungen der Zugverkehr nur in einzelnen Strecken aufrecht erhalten werden konnte. Es verkehren die Züge fahrplanmäßig in den Strecken Wien ⸗Krems, Budweis -Eger, Gmünd⸗ Prag und Budweis ⸗Wessely während zwischen Wien ⸗Eggenburg nur die e n. Zuge Nr. 7 und 9 und retour die Züge Nr. 2 und 14 in Verkehr gesetzt werden; die Strecke Eggenburg ⸗ Budweis bleibt vorläufig gesperrt.
Das Eis
— Die