1876 / 16 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Jan 1876 18:00:01 GMT) scan diff

ferate betrug 1362; und zwar entfallen 2 auf das Plenum, 476 auf den ersten, 450 auf den zweiten uno 434 auf den drit⸗ ten Senat. Von den Revisions⸗, Ober⸗Appellations⸗, Appel⸗ lations⸗ und Querelsachen wurde das angegriffene Urtheil in 508 Fällen bestängt, in 234 Fällen abge ändert; es kommen u. A. auf Preußen 92 bestätigte und 67 abgeänderte, auf RKönig⸗ reich Sachsen 268 bestätigte und 80 abgeänderte Urtheile. Von 604 Nichtigkeitsbeschwerden, Nichtigkeits klagen und Kassations⸗ rekursen wurden 4137 für unbeg cundet, 167 für begründet er⸗ achtet; von 124 Beschwerden wurden 24 für begründet, 160 für unbegründet erachtet.

Auf Anlaß eines Spezialfalles hat der Minister des Innern durch Cirkularreskript vom 13. v. M. und J. in Betreff der Kosten der Beschaffung von Bruch bändern und Brillen für Gefangene in den Straf⸗ und Gefangenen⸗ anstalten seines Ressorts Folgendes bestimmt:

Die Kosten der im gesundheitlichen Interesse für Gefangene beschafften Bruchbänder werden fortan aus den etatsmãßigen Fonds der Anstalt bestritten und die Bruchbänder selbst den Gefangenen bei ihrer Entlassung, mit Rücksicht auf die bereits stattgehabte Abnutzung, unentgeltlich belassen.

Brillen, soweit sie zur Anstaltsarbeit erforderlich sind, wer⸗ den zunächst auch auf Staatskosten angeschafft und, wenn die Gefangenen bei ihrer Entlassung den Kostenbetrag aus ihren Aepositis nicht berichtigen können oder wollen, zurückbehalten resp. behufs künftiger Verwendung für Zwecke gleicher Art asservirt. In Fällen, wo die zur Entlassung kommenden Ge—⸗ fangenen die Brille fernerweit, also abgesehen von der An⸗ staltsarbeit, nicht wohl entbehren können, ist ihnen dieselbe, auch wenn sie die Kosten nicht erstatten können, bei der Entlassung mitzugeben und der Betrag der Kosten dem etatsmäßigen An⸗ staltsfonds aus dem Zinsenfonds zu erstatten.

Als öffentliche Versteigerungen im Sinne der Preußischen Gesetzgebung sind solche zu verstehen, welche von öffentlichen Behörden oder öffentlichen Beamten veranlaßt oder abgehalten werden. Nur auf solche beziehen sich die Vorschrif⸗ ten der Verordnung vom 14. Juli 1797, welche die Vereini⸗ gung Mehrerer, um das zum öffentlichen Verkauf gestellte Ob⸗ jekt durch einen unter ihnen ausgemittelten und vorgeschobenen Namensträger an sich zu bringen und es sodann zu ihrem ge⸗ meinsamen Vortheil wieder zu verkaufen, für strafbar und für civilrechtlich bedeutungslos erklären. Seit Einführung des Reichs⸗Strafgesetzbuches sind zwar die Strafbestimmungen der Verordnung aufgehoben, dagegen bestehen noch die civilrechtli⸗ chen Vorschriften derselben in Kraft. (Erkenntniß des Reichs⸗ Oberhandelsgerichts, J. Senat, vom 21. Dezember 1875.)

Nach einem Bescheide des Ministers des Innern finden die Ausnahmebestimmungen, welche im 5§. 2 des Reglements vom 16. 20. Juni 1867 über die Civilversorgung und Civil⸗ anstellung der Militärpersonen, vom Feldwebel abwärts, bezüg⸗ lich der Berliner Schutzmannschaft enthalten und mittelst Allerhöchster Ordre vom 20. Juli d. J. auf sämmtliche Schutz⸗ mannschaften der Monarchie ausgedehnt worden sind, auch auf diejenigen 9 Jahre im aktiven Militärdienste befindlich ge⸗ wesenen Unteroffiziere Anwendung, welche bereits vor dem Er⸗ scheinen der erwähnten Allerhöchsten Ordre aus dem aktiven Militärdienste geschieden sind, da diese Unteroffiziere die in dem obengedachten Reglement vorgeschriebene Bedingung erfüllen.

Zur strafgerichtlichen Verfolgung einer in einem Briefe verübten strafbaren Beleidigung ist, nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 17. Dezember 1875, sowohl das Gericht des Sprengels, in welchem sich der Briefschreiber auf— hält, als auch das Gericht des Sprengels, in dem sich Adressat befindet, kompetent.

Die Bundesraths⸗Bevollmächtigten Großherzoglich mecklen⸗ burg⸗schwerinscher Ober⸗3Zoll⸗Direktor Oldenburg und Fürstlich schwarzburg⸗rudolstädtischer Staats⸗Minister von Bertrab sind hier eingetroffen.

Der Kaiserlich russische General⸗Adjutant Graf Lewa⸗ schoff ist gestern Abend auf der Durchreise nach St. Peters⸗ burg aus Paris hier eingetroffen und im Hotel Royal abge⸗ stiegen.

19. Januar. Aus den letzten Sitzungen des Provin⸗ ziallandtages der Mark Brandenburg tragen wir noch nach: Im weiteren Verlaufe der Sonnabendsitzung erhob sich bei dem Bericht der ständischen Kommission zur Verwaltung des Provinzial-Ständehauses eine längere Diskussion über die Frage: ob das Ständehaus eine Vermögenssubstanz der ge⸗ sammten Provinz oder der Stände der Provinz Brandenburg sei. Letztere Ansicht wurde namentlich von dem Abg. Frhrn. v. Manteuffel vertreten, während Abg. Bothe (Krossen) dafür hielt, daß das Ständehaus Eigenthum der gesammten Pro— vinz sei. Die Versammlung schloß sich dieser letzteren An⸗ sicht an und beschloß auf den Antrag der Kommission, den Provinzialausschuß zu beauftragen, als Rechtsnachfolgerin der provinzialständischen Verbände die Eintragung des jetzigen Provinzialverbandes als Eigenthümerin des Ständehauses im Grundbuche herbeiführen zu lassen.

In der vorgestrigen und heutigen Sitzung beschäftigte sich Die Versammlung hauptsächlich mit der Berathung über die der Provinz überwiesenen Dotationssummen. Der Ausschuß Hatte folgenden Antrag gestellt:

Der Preovinziallandtag wolle beschließen: 1) den Provinzialaus⸗ schuß zu ermächtigen, die von der Königlichen Staateregierung auf Cirund des §. 2 des Dotationsgesetzes vom 8. Juli 1875 zu zahlen⸗ den Beträge der Jahresrente in Empfang zu nehmen, sobald die nöfhigen Einricktungen zur sicheren Aufbewahrung und für die Ver⸗ waltung der Gelder getroffen sein werden; 2) den Provinzialausschuß, unter Mittheilung des Schreibens des Hrn. Ober⸗Präsidenten vom 5. Januar d. J, zu ermächtigen, die von der Königlichen Staats⸗ regler tg auf den der Provinz nach §. 3 des Dotationggesetzes zu⸗ stehend en Kapitalsbetrag nebst Zinsen zu offerirenden Werthe und Beträgn, unter Vorbehalt der Dechargirung der zu erwartenden Rech⸗ nung Seitens des Previnziallandtages, anzunehmen und den Pro⸗ vinzialau sschuß aufzufordern, in Erwägung zu nehmen, wie diese Ver⸗ mögensobzekte künftig in zwecmäßigster Weise und mit Rücksicht auf die Sicherheit der Anlage zu behandeln, bez. im Interesse der Pro⸗ vinz nutzbar zu machen sein werden, und das Ergebniß dieser Arbeiten dem nächsten Provinziallandtage zur Beschlußnahme vorzulegen.

Der erste Theil des Antrages wurde ohne Debatte genehmigt.

Dagegen rief Absatz? eine lebhafte Erörterung hervor; der⸗ selbe wurde schließlich in folgender Fassung angenommen:

„Den Frovinzialausschuß 2c. zu ermächtigen, die von der König⸗ lichen Staatsregierung auf die der Provinz nach §. 3 des Dotgtions⸗ gesetzes zustehenden Kapitalien nebst Zinsen zu offerirenden Werthe und Beträge anzunehmen und über den Empfang der Baarbeträge und der einzelnen Werthpapiere zu quittiren, die Dechargirung der zu erwartenden Rechwungen jedoch dem Provinziallandtage vorzube⸗ halten.“

Eine neu beantragie Nr. 3 erhielt sodann folgenden Wortlaut:

Den Provinzialaus schuß aufzufordern, in Eiwägung zu nehmen,

ob etwa aus der stattgehabten Belcgung des der? Provinz zustehenden Kapitalbetrages eine Schädigung derselben herzuleiten und hieran weitere Schritte zu knüpfen seien; ferner wie diese Vermögensobjekte künftig in zweckmäßigster Weise und mit Rücksicht auf die Sicherheit der Anlage zu behandeln resp. im Interesse der Provinz nutzbar zu machen sein werden, und das Ergebniß dieser Arbeiten dem nächsten Provinziallandtage zur Beschlußnahme vorzulegen.“ ;

In der heutigen Sitzung beantragte in zweiter Lesung Abg. Geheimer Regierungs⸗Rath Scharnweber, den Eingang zu Nr. 3 zu fassen, wie folgt:

„Den Provinzialausschuß mit der Prüfung zu beauftragen, ob etwa aus der stattgehabten Belegung des der Provinz zustehenden Kapitalbetrages resp. aus der Festsetzung des Courses für die Ueber—⸗ nahme der Werthpapiere vom Staat (85. 3 und 17), des Dotations⸗ gesetzez vom 8. Juli 1875 eine Schädigung derselben herzuleiten und hieran ꝛc.“

Mit dieser Aenderung wurden sodann nach kurzer Debatte

obige Anträge angenommen.

Königsberg, 18. Januar. Der Provinziallandtag der Provinz Preußen ist heute nach Erledigung sämmtlicher Vorlagen von dem Ober-Präsidenten von Horn mit fol⸗ dender Rede geschlossen worden:

„Hochgeehrte Herren!

In einer verhältnißmäßig kurzen Zeit haben Sie die Ihnen ge⸗ stellten zahlreichen und wichtigen Aufgaben so weit erledigt, daß Ihre Berathungen einen vorläufigen Ahschluß finden konnen.

Nur durch eine überaus angestrengte Thätigkeit in vielen Aus— schuß⸗ und Plenarsitzungen ist dies zu erreichen gewesen.

Der Ernst, der Eifer und die Hingebung, die sich hierbei auf allen Seiten kundgegeben haben, liefern von Neuem den Beweis, wie sehr die Vertreter dieser Provinz von dem Streben beseelt sind, das wahre Beste derselben zu fördern, und wie sehr sie den Beruf zu einer selbsitändigen Verwaltung proypinzieller Angelegenheiten zu be⸗ thätigen wissen.

Freilich haben von Ihnen hezüglich der erweiterten kommunalen Verwaltung bei der Kürze Ihres Zusammen⸗ seins dies Mal noch keine erschöpfenden Anordnungen, son⸗ sondern nur die nöthigen Einleitungen getroffen werden können. Letz teres aber ist in einer Weise geschehen und außerdem für die beste—⸗ henden Institute so weit gesorgt, daß bei keinem der Ihnen bisher schon oder jetzt neu überwiesenen Gegenstände voraussichtlich eine Stockung oder Verlegenheit entstehen wird.

Wegen derjenigen von Ihnen gefaßten Beschlüsse, welche der Allerhöchsten Genehmigung bedürfen, ist meinerseits sofort das Erfor⸗ derliche veranlaßt, und eine Entscheidung ohne Zweifel bald zu erwarten.

Nach Eingang derselben wird der von Ihnen gewählte Provin⸗ zialausschuß unverweilt in Thätigkeit treten müssen, um Alles so vor zubereiten, daß bei Ihrer nächsten Zusammenkunft die Provinzialver⸗ waltung definitiv und in allen Einzelnheiten geregelt, und demnächst von dem Landes⸗Direktor und den von Ihnen sonst zu bestimmenden Behörden und Beamten nach festen Normen unter der unmittelbaren Aufsicht Ihres Ausschusses zweckmäßig geführt werden kann.

Diese Vorarbeiten werden eine ebenso umfassende und wichtige, als schwierige Aufgabe für den Provinzialaus—⸗ schuß fein. Es wird namentlich die Art und Weise, wie das Chaussee⸗ und Wegewesen demnächst seine Regelung finden soll, für die ganze Entwickelung der Provinz, für die Hebung ihres Wohlstandes, für die Landwirthschaft, für Handel und Verkehr von der größten Bedeutung sein.

Die von Ihnen für den Provinzialausschuß gewählten Personen gewähren die Bürgschast, daß ihr Absehen eifrigst und mit Erfolg darauf gerichtet sein wird, eine Organisation vorzubereiten, wie ste den Interessen der Provinz entspricht, und Ihre Billigung finden kann.

Für die zahlreichen und freigebigen Bewilligungen zu Gunsten von wohlthätigen und wissenschaftlichen Zwecken wird Ihnen der auf⸗ richtige Dank der Betheiligten nicht fehlen. Dies gilt insbesondere von der Bewilligung für Taubstummenanstalten. Indeß wird das Taubstummenwesen bei Ihrer nächsten Zusammenkunft Ihre Kuf— merksamkeit abermals in besonderem Grade in Anspruch nehmen, indem die zunächst von Ihnen angeordneten neuen Erhebungen ohne Zweifel den Beweis liefern werden, daß für die Bildung der taubstummen Kinder in unserer Provinz voch mehr, als jetzt geschieht, zu thun bleibt, wenn lich scheue mich nicht, das auszusprechen) den Rücksichten der Humanität der Volkserziehung und einer Ehrenpflicht der Previnz Genüge geschehen soll.

Durch das von Ihnen zur Ergänzung des Viehseuchenaesetzes berathene Reglement wird, sobald es die erforderliche ministerielle Genehmigung gefunden, der Landwirthschaft ein wesentlicher Dienst geleistet werden, indem es für gewisse Fälle verderblicher Seuchen die zu treffenden Schutzmaßregeln verstärkt und den mit Verlusten heimgesuchten Be⸗ sitzern eine gewisse Eatschädigung sichert.

Bedauerlich bleibt der Aufschub, welchen die Erledigung des im §. 22 des neuen Fischereigesetzes gemachten Vorbehaltes findet. Je wichtiger indeß die vollständige Regelung der auf Vermehrung des Fischbestandes unter thunlicher Berücksichtigung der Privatinteressen abzielenden gesetzlichen Maßregeln gerade für unsere Provinz ist, um so nöthiger ersckien eine sehr sorgfältige und gründliche Berathung der Punkte, welche durch die noch zu erlassende landesherrliche Verordnung bestimmt werden sollen, und deshalb mußten Sie bei der Kürze der Ihnen zugemessenen Zeit die Abgabe des von Ihnen zu erstattenden Gutachtens bis zu Ihrer nächsten Vereinigung hinausschieben.

Mögen Sie zu dieser, hochgeehrte Herren, in voller Zahl und in der Ihren Arbeiten günstigsten Stimmung sich seiner Zeit wieder zusammenfinden.

Gemäß dem mir von der Staatsregierung ertheilten Auftrage erkläre ich den 22. Provinziallandtag der Provinz Preußen für ge⸗ schlossen“

Wir werden morgen Näheres über die letzten Sitzungen berichten.

Breslau, 17. Januar. Aus den letzten Sitzungen des Provinziallandtages ist noch Folgendes nachzutragen: Auf den Antrag der bez. ständigen Kommission wurde im Haushalt für 1876 zur Ergänzung der Kunstsfammlungen des Museums go, 000 S zur Disposition gestellt und gleichzeitig die Kommis⸗ sion beauftragt:

I) die staatliche Errichtung der durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 21. Oktober und durch Ministerialerlaß vom 30. November 1868 zugesicherten Kunstanstalt für Malerei und Skulptur möglichst zu be⸗ treiben und unabhängig von der Errichtung einer Gewerbeschule in Bres lau zu stellen;

2) die Anstellung eines Museums⸗Direktors vorzubereiten und dem nächsten Provinziallandtage wegen Person und Bedingung der Anstellung Vorlage zu machen.

Für Landesmeliorationen wurden 116,000 M6 jährlich bewilligt.

Die Berathung der Vorlage über die Ueberweisung der Renten und Kapitalbestände an die Provinz führte zu längerer Debatte.

Der Ausschuß hatte beantragt:

Der Landtag wolle beschließen, folgende Resolution anzunehmen:

1I) In Erwägung, daß der Berliner Börsencours vom 3. Januar 1876 als ein künstlich erhöhter erscheint, da derselbe von den Coursen der Tage zuvor und nachher auffallend abweicht; auch am Sonntag, den 2. Januar, dem für die Effektenühernahme Seitens der Provinzen maßgehenden Termine, der Cours vom 3. Januar noch nicht existent war, ist den Abrechnungen des Provinzialverbandes von Schlesien dem Staate gegenüber gemäß des Gesetzes vom 8. Juli 1875 der Werth der Effekten nach dem Berliner Börsencourse vom 31. Dezember 1875 zu Grunde zu legen.

2) Sollte der Finanz ⸗Minister die Grundlage der Abrechnung ab⸗ lehnen, so ist unter Darlegung der vorliegenden auffallenden Ver

häͤltnisse beim Staats⸗Ministerium event. beim Landtage gegen das vom Finanz-Minister eingeschlagene Verfahren Beschwerde zu führen.

3) Der Propinzialausschuß wird mit der Ausführung der ver⸗ genannten Resolutionen beauftragt.

In namentlicher Abstimmung lehnte der Pravinziallandtag srr. J der Anträge des Ausschusses ab und stimmte mit 62 gegen 58 Stimmen folgendem, von Dr. Honigmann gestellten Antrage zu:

„In Erwägung, daß an dem nach 5§. 17 des Gesetzes vom 8. Juli 1875 für die Coursberechnung der an die Provinzialverbände zu überweisenden Effekten maßgebender Termine, nämlich am 2. Ja⸗ nuar 1876 eine Coursnotirung an der Berliner Börse notorisch nicht stattgefunden hat; .

In Erwägung, daß die Substituirung der Coursnotirung eines späteren Tages als gesetzlich begründet nicht erachtet werden kann, da die Bestimmungen in Art. 229, 330 des deutschen Handelsgesetzbuchs und resp. Art. 92 der Wechselordnung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar erscheinen, vielmehr nach den allgemeinen Rechtsgrund⸗ sätzen, daß Veränderungen nicht vermuthet werden, der letzte vorher— gegangene amtliche Cours der Berliner Börse als der am 2. Ja⸗ nuar 1876 noch geltende Cours anzusehen ist;

In Erwägung dessen: den Provinzialausschuß zu beauftragen, darauf zu halten, event. im Instanzenwege anzustreben, daß den Abrechnungen des Provinzial Verbandes von Schlesten dem Staate gegenüber der Werth der Effekten nach dem letzten, dem Termin vom 2. Januar vorangegan⸗ genen Berliner Börsencourse zu Grunde gelegt werde.

Ferner beschloß der Landtag nach dem Antrag 2 des Ausschusses:

„daß die Rückzahlung des zur Errichtung des Ständehauses aus der Staatskasse gewährten Zuschusses von 500960 Thlrn. in Prioritäten der Hannover⸗Altenbekener Eisenbahn Serie II. erfolge, und wenn diese zur Tilgung der Schuld nicht ausreichen sollten, in Prioritäten der Halle⸗Sorau⸗Gubener Bahn zum Uebellassungs⸗ course in Anrechnung gebracht werden“; sowie nach dem Antrage des Grafen Henckel von Donnersmarck die Richtigkeit der Berechnung der Dotationsrente bezüglich des Antheiles an den im 5. 20 des Dotationsgesetzes ausgeworfenen 4 Millionen Mark zu prüfen; endlich nach dem sub 3 erwähnten Antrage des Ausschusses: den Provinzialausschuß mit der Ausführung der vorgenannten Resolutionen zu beauftragen“.

Der Schluß des Landtages erfolgte, wie bereits mit⸗ getheilt, durch den Landtags-Kommissarius, Ober⸗Präsidenten Grafen von Arnim-Bohytzenburg mit folgenden Worten:

„Meine Herren! Ich habe Ihnen zunächst zu danken für den ua⸗ ermüdlichen Fleiß und den regen Eifer, mit welchem es Ihnen ge⸗ lungen, trotz der für die Zahl und Bedeutung der Ihnen obgelegenen Arbeiten so kurz bemessenen Zeit die Vorlagen der Königlichen Re⸗ gierung zu erledigen. An diesen Dank knüpfe ich den Wunsch und die wohlbegründete Hoffnung, daß die Beschlüsse, welche Sie in Aus- führung der Provinzlalordnung zur Grundlegung und Fortbildung der Selbstverwaltung gefaßt, zu dauerndem Segen für unsere theure Pro⸗ vinz Schlesien gereichen werden.

Im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Königs erkläre ich den XXIV. Provinziallandtag für geschlossen!“ ö. ͤ

Mit einem dreifachen Hoch auf Se. Majestät den Kai⸗ ser und König trennte sich die Versammlung.

Bayern. München, 16. Januar. Die „Allg. Zig.“ meldet: Die plötzliche heftige Erkrankung der Herzogin Maximilian in Bayern hat in allen Schichten der Beyölke⸗ rung die lebhafteste Theilnahme hervorgerufen. Der Bulletin⸗

bogen war heute Morgen bereits mit Hunderten von Namen, den Allerhöchsten Herrschaften und der Elite der Aristokratie an⸗

gehörig, ausgefüllt. Die nächsten Verwandten der Herzogin, be⸗ sonders ihre Söhne und Töchter wurden von dem bedenklichen Zustand in Kenntniß gesetzt, und alsbaldige Besuche dürften in Aussicht stehen. Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich, be⸗ kanntlich ein Schwiegersohn der Herzogin, hat sich heute ein⸗ gehenden Krankenbericht erbeten und zustellen lassen.

17. Januar. Ihre Majestät die Kaiserin von Oesterreich, welche heute Morgen hier eintraf, nahm Woh⸗ nung im Hotel zum „Bayerischen Hof“, woselbst aus gleichem Anlaß heute Nachmittag auch die Frau Erbprinzessin v. Taxis eintreffen wird. Heut Abend ist folgendes Bulletin aufgelegt worden: „Im Laufe des heutigen Tages mehrfache Anfälle von Erschöpfung. Gegen Abend Fieberstand etwas erhöht. Brust⸗ erscheinungen nicht verschlimmert. Das 5. Chevauzlegers⸗ Regiment „Prinz Otto“ wird in seiner dermaligen Gar⸗ nison zu Saargemünd in Deutsch-Lothringen am 31. März und J. April d. J. das 100jährige Jubiläum seines Bestehens feiern. Das Offizier⸗Corps hat bereits die Einladungen zur Theilnahme an die ehemaligen Angehörigen des Regiments erlassen.

Mecklenburg. Neu⸗Strelitz, 18. Januar. Die Nr. 1 des Neustrelitzer ‚„Sff. Anz.“ enthält die Bekanntmachung, betr. den am 16. Februar 1876 in Sternberg zu eröffnenden allge⸗ meinen Landtag. Die Capita pröponenda sind: 1) Die ordinäre Landes⸗-Koutribution und der Landesbeitrag; 2) Be⸗ willigung des Edikts zur Deckung der Bedürfnisse der Central⸗ Steuerkasse; 3) Fortsetzung der Verhandlungen wegen Ver⸗ wendung der französischen Kriegskosten⸗Entschädigungsgelder und Ablösung der Stolgebühren.

Sachsen⸗Weimar⸗ Ei senach. Weimar, 18. Januar. Der Fürst und die Fürstin Reuß j. L. kamen heute Nach⸗ mittag zu einem Besuche am Großherzoglichen Hofe hier an. Das Regierungsblatt enthält eine. Verordnung, nach welcher unter Wahrung der Rechte des Standesamtes die Geburts-, Trauungs⸗ und Sterbe-Register der Juden durch das Land ⸗Rabbinat fortzufuͤhren find; ferner wird verfügt, daß die Konfirmanden in den letzten sechs Wochen vor der Konfirmation von dem Religionsunterricht in der Volksschule befreit bleiben sollen. Nachdem durch den Artikel in der „Eisenacher Zeitung“ vom 8. Januar die Groß⸗ herzogliche Staatsregierung ebenso wie die Bevölkerung von Eisenach und Weimar zuerst Nachricht von dem eigentlichen Umfang der Epidemie in Frankenheim erhalten hat, sind auf telegraphischem Wege Berichte eingefordert und Erörterungen angeordnet worden. Der Bezirksdirektor und der Amtsphysikus von Kaltennordheim waren seitdem an Ort und Stelle und haben die sanitätspolizeilichen Maßregeln in die Hand genommen. Medizinal-Rath Dr. Matthes von Eifenach, welcher zunächst von dem Eisenacher Comité entsendet, aber als Vertrauensmann auch von dem Staats-Ministerium über den Charakter der Krankheit und die erforderlichen Maßregeln konsultirt wurde, hat durch seine Berichterstattung die Sachlage wesentlich aufge⸗ klärt und zweckmäßige Vorkehrungen organisirt. Im Auftrage der Großherzoglichen Staatsregierung ist heute der Referent fur Medizinalangelegenheiten, Medizinal⸗Rath von Conta, mit wei⸗ teren Instruktionen nach Frankenheim abgegangen.

Lippe. Detmold, 13. Januar. Nachdem durch Ver⸗ fügung des Fürsten dem Regierungs⸗Präsidenten Eschenburg die Geschäfte des Vorstandes des Kabinets⸗Ministeriums über⸗

tragen sind, ist der der Fürstlichen Regierung laut Be— kanntmachung vom 6. April v. J. ertheilte Auftrag zur Fort⸗ an. der laufenden Geschäfte im Kabinets⸗Ministerium er⸗ o schen.

Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 18. Januar. Die Kaiserin ist am 16. d. M., Abends, von Pest in Wien angekommen und hat nach kurzem Aufenthalte auf dem Staalsbahnhofe die Reise nach München fortgesetzt.

Trie t, 17. Januar. Feldzeugmeister Graf Thun-Hohen— stein, Inhaber des 29. Infanterie⸗Regiments und ehemaliger Kommandirender in Wien, ist gestern gestorben.

Pest, 17. Januar. Das Abgeordnetenhaus setzte die Generaldebatte über die Verwaltungsreform fort. Wie der „Ellenör“ meldet, werden sich am 23. d. M. der ungarische Ministerpräsident Tisza, der Finanz⸗-Minister Szell, der Handels⸗ Minister Baron Simonyi und möglicherweise auch noch andere Kabinetsmitglieder nach Wien begeben, um die Zollverhand— lungen fortzusetzen und womöglich zu beenden. Falls diese Reisefrist nicht noch geändert würde, dürfte die Regierung das Parlament ersuchen, die Verhandlung der Vorlagen über die Verwaltungsreform bis zur Rückkehr des Ministerpräsidenten zu vertagen und mittlerweile andere Vorlagen zu erledigen.

18. Januar. (W. T. B.) Der Ministerpräsident Tisza hat heute die Delegirten des Verwaltungsrathes der Ostbahn⸗ gesellschast empfangen und denselben erklärt, daß das von der Regierung für den Ankauf der Ostbahn gemachte Angebot das Maximum sei. Der Verwaltungsrath beschloß hierauf, das Angebot der Regierung von 10 Millionen Gulden unter der Bedingung der steuerfreien Verzinsung in Gold anzunehmen.

Preßburg, 16. Januar. (N. Fr. Pr.) Heute fand in dem nahen Jvanka die Trauung der Fürstin Julie Obreno— vich, Wittwe des verstorbenen Fürsten Michael von Serbien, mit dem Prinzen Karl von Arenberg statt. Die Vermählten be— gaben sich nach Brüssel.

Schweiz. Bern, 17. Januar. Das Budget für 1876, wie es von den eidgenössischen Räthen festgestellt worden, wird im Bundesblatte abgedruckt. Bei 16,240,279 Fr. Einnahmen und 17,374,879 Fr. Ausgaben ergiebt sich ein muthmaßliches Defizit von 1,134,600 Fr. Die „N. Zürich. Ztg.“ veröffent— licht folgendes Verzeichniß der Mitglieder des Post⸗Kongresses, welcher am 17. Januar im Ständerathssaale zu Bern zu⸗ sammengetreten ist, um über ein von Britisch Ostindien den französischen und niederländischen Kolonien gestelltes Beitritts— begehren zu berathen. Deutschland: Günther, Geheimer Post— rath. Oesterreich: Devez, Ministerialrath. Ungarn: Heim, Sektionsrath. Belgien: Fassiaurx, Generaldirektor der Eisen— bahnen, Posten und Telegraphen; Gife, Postdirektor. Aegypten: Borel, Direktor des internationalen Postbureaus. Frankreich: Ansault, Sous⸗Chef im Auslandsbureau. Frankreich (Kolonien): Roy, Bureauchef im Departement der Marine und Kolonien. Großbritannien: Alan Maclean, Sekretär bei der General— postdirektion. Britisch Ostindien: Monteath, von India Office. Italien: Tantesio, Commandeur, Abtheilungschef bei der General⸗ postdirektion. Niederlande: Hofstede, Generalpostdirektor. Schwe⸗ den und Norwegen: Björnstierna, Kämmer, Legationssekretär. Spanien: Vicomte de Manzanera, bevollmächtigter Minister Spaniens bei der Eidgenossenschaft. Die Schweiz wird vertreten vom Bundesrath Heer, Vorsteher des Postdeparte— ments. Als Sekretäre waren bezeichnet die Herren Höhn, Generalsekretär des schweizerischen Post⸗- und Telegraphen— Departements, Moret, erster Sekretär des internationalen Post— bureaus. Die erste Sitzung der Postkonferenz ist heute um 11 Uhr Morgens durch Herrn Bundesrath Drotz eröffnet wor—⸗ den. Dessen Eröffnungsrede wurde beantwortet von dem älte— sten der anwesenden Mitglieder, Hrn. Hofstede (Niederlande). Hr. Bundesrath Heer erklärte, daß er dem Wunsche der Kon— ferenz, obschon er ihm unerwartet komme, unter Dank für das ihm bewiesene Zutrauen entsprechen und die Verhand— lungen derselben leiten werde. Er übernahm sofort das Prä—⸗ sidium. Mit Rücksicht auf die an dem Erscheinen in gegen— wärtiger Sitzung verhinderten belgischen Abgeordneten wurde die Sitzung aufgehoben und die nächste auf Dienstag, den 18. Ja— nuar, Morgens 11 Uhr, anberaumt.

Großbritannien und Irland. London, 17. Januar. Aus Del hi wird Londoner Blättern unterm 16. 88. gemeldet: Die Truppenmanöver haben ihren Abschluß gefunden. Nach dreitägigen Operationen wurde die angreifende Armee geschla⸗ gen. Der Prinz von Wales wohnte der Schlußaktion bei. Se. Königliche Hoheit verbrachte die letzten zwei Tage mit der Besichtigung der Hauptgegenstände von Interesse in und um Delhi, einschließlich der Positionen, welche die britischen Truppen i. J. 1857 inne hatten. Er speiste mit den Offizieren des 10. Husaren⸗Regiments gestern Abend, und mit denjenigen der Schützenbrigade am Freitag. Morgen begiebt sich der Prinz nach Lahore und Cashmir“. Wie der Spezialkorrespondent des „Echo“ erfährt, würde Se. Königliche Hoheit am 10. April wieder in London sein.

Die Nummer der „London Gazette' vom 12. publizirte die Titel der neuernannten Pairs. Der Herzog von Richmond wird die Titel Earl of Kinrara, in Inverneß, in der Grafschaft Inverneß, und Herzog von Gordon auf Schloß Gordon führen; der Earl of Abergavennm erhielt den Titel Earl of Lewes, in der Grafschaft Susser, und Marquis of Aber⸗ gavenny, in der Grafschaft Monmouth. Lord Wharn⸗ cliffe wird Viscount Carlton of Carlton und Earl of Wharn— cliffe, beide in West Riding, mit der Bestimmung, daß bei Er⸗ löschen der männlichen Nachkommenschaft, sein Bruder, der Hon. Francis Dudley Stuart-Wortley, den Titel erbt. Der Earl of Erne nimmt den Titel Baron Fermanagh of Lisnakea, in der Grafschaft Fermanagh an.

Ueber die von Calcutta und Rangoon nach Perak ex— pedirten Truppen enthalten die indischen Blätter die genauesten Einzelheiten; bis zum 26. November waren 1000 Mann In⸗ fanterie, 300 Mann Artillerie mit einer Bergbatterie und einige Hundert Mann vom Genie⸗Corps mit einem Feldtelegraphen in Penang angelangt.

Aus dem Brit. Settlement Malacca sind in den letzten Tagen ungünstige Berichte eingelaufen; die Befürchtung der dort ansässigen Europäer, die kriegerische Bevölkerung der an⸗ grenzenden Malayenstaaten Sunghie, Ujang und Sri Menanti beabsichtige einen Ueberfall auf Malacca, hat sich, wenn auch nicht verwirklicht, doch als nur zu begründet erwiesen.

Nachdem am 25. November beschlossen worden

ein kleines Rekognoszirungs⸗ Detachement auszusenden, brachen am 26. November 50 Mann englischer Truppen und eingeborener Polizisten unter Führung der Resi⸗ denten von der Residentur zu Rassa in Sunghie Ujang auf; das Ziel der Rekognoszirungsexpedition sollte das 18 bis

war,

20. Meilen entfernte, an der Grenze von Sunghie Ujang und Sri Menanti belegene Terrachu sein. Die Expedition stieß in der Nähe dieses Platzes auf einen Trupp von 200 bewaffneten Malayen, welcher ihrem Vordringen Widerstand leistete und sie zwang, sich zurückzuziehen. Hierauf wurde ein größeres Kom— mando zur Zerstörung der von den Malayen errichteten Ver— schanzungen entsendet. Es kam am 6. Dezember bei Paroa, etwa 7 Meilen von der Residentur zu Sunghle Ujang entfernt, zu einem hartnäckigen Kampfe zwischen den Engländern und einer ziemlich bedeutenden Malayenmacht; das Resultat dieses Ge— fechtes war die Erstürmung zweier Verschanzungen, die Zurück— treibung der Malayen und die Einnahme des Dorfes Paroa, welches sofort niedergebrannt wurde.

Die Verluste der Engländer beliefen sich auf 34 Mann an Todten und Verwundeten, die der Malayen, nach Schätzung von Eingeborenen, auf eirca 100 Mann.

Dies kleine Detachement der Engländer bestand aus 45 Mann und 2 Offizieren vom 10. Regiment, 85 Arabern und 46 ein— geborenen Polizisten (Indiern).

Zum Schutze von Malacea, sowie für die weiteren Opera— tionen gegen die Malayen in Sunghie Ujang sind sofort einige Hundert Mann Truppen von Perak und Penang nach Malacca befördert worden.

Frankreich. Paris, 17. Januar. (Köln. Ztg.) Heute Nachmittag um 4 Uhr kannte man im Ministerium des Innern die Wahlen von 12000 Gemeinderäthen. Ungefähr ein Fünf— tel derselben hatte die Maires gewählt, 800 Gemeinderäthe hatten je einen Delegirten und einen Stellvertreter gewählt, welche von verschiedener Parteifarbe waren. In den Departements Allier, Eure, Lot⸗Garonne, Seine⸗Loire, Meurthe⸗Mosel, Moselle, Hoch⸗ savoyen, Seine Marne, Vienne und Untere Seine gehört den ministeriellen Berichten zufolge die Mehrheit der Gewählten der konservativen Partei an. Nach der gestrigen starken Kälte ist heute Thauwetter eingetreten. Aus dem Süden meldet man, . * Verkehr auf fast allen Eisenbahnen wieder herge—

ellt ist.

18. Januar. (W. T. B.) Der Minister der auswär⸗ tigen Angelegenheiten, Herzog von Decazes, hat ein Schreiben an seine Wähler veröffentlicht, in welchem er sich bereit erklärt, die ihm für das 8. Pariser Arondissement an— gebotene Kandidatur anzunehmen. In demselben betont der Minister, seine Wähler könnten versichert sein, daß er nach dem Vorbilde des Marschall-Präsidenten ein treuer Diener der Gesetze sein werde, auf welchen die Regierung der Re⸗ publik begründet sei. „Ich werde treu und beharrlich das Werk fortführen, dem wir uns geweiht haben: der Erhaltung eines ehrenvollen Friedens, der Frankreichs würdig ist. Ein Frankreich, welches seine Kräfte wieder ge⸗ sammelt hat und geschützt ist gegen Erschütterungen im Innern, kann sich diesem Werke des Friedens mit um so größerem Ver⸗ trauen hingeben, als es sich von Tag zu Tag mehr und mehr unterstützt und ermuthigt fühlt durch die Gesinnungen, die Europa stets einem Lande entgegenbringen wird, welches auch durch sein Unglück nicht hat erschüttert werden können weder in seinem Eifer für die Arbeit, noch in seinen hochherzigen Gesin— nungen, noch endlich in dem Glauben an seine unvergängliche Bestimmung.“

Das „Echo Universel“ vom 8. d. M. enthält eine auch in an⸗ dere französische Blätter (. „Moniteur Universel“ und „'Indépen— dant d'Indre⸗et⸗Loire“) übergegangene Korrespondenz aus Rio Janeiro, welche das von dem französischen Minister für Acker⸗ bau und Handel unterm 4. September v. J. erlassene Dekret betrifft, wodurch den französischen Agenten die Anwerbung und Beförderung von Auswanderern nach Brasilien verboten worden ist. Dies Dekret hat dort sichtlichen Eindruck ge— macht und namentlich die brasilianische Presse in einige Aufregung versetzt. Man empfindet eine gewisse Enttäuschung, daß Frank— reich sich der „offiziellen europäischen Propaganda gegen die Auswanderung nach Brasilien“ angeschlossen hat.

Die gedachte Korrespondenz giebt einige bemerkenswerthe Stellen aus einem in dem vielgelesenen offiziösen brasilianischen Blatte „O' Globo“ erschienenen Artikel wieder, welcher uns jetzt in seinem Wortlaute vorliegt, und einer eigenthümlichen Auf⸗ fassung insofern Ausdruck giebt, als er einerseits die Schatten⸗ seiten der brasilianischen Kolonisationsverhältnisse offen bekennt und andrerseits doch die hieraus für die europäischen Regierun⸗ gen sich ergebenden Konsequenzen nicht gelten lassen will.

In dem Artikel des, Globo“ wird zunächst das völlige Miß— lingen der Kolonisationsbestrebungen Brasiliens und der Man— gel des kolonisatorischen Instinktes konstatirt. Nach enormen Opfern sei man schlechter daran, als je. „Wir haben gegen uns“, so heißt es dann weiter, „unsere Irrthümer, unsere Sorglosig⸗ keit, unsere administrative Schlaffheit, den Mangel nothwendigen Kriteriums in der Anordnung derjenigen Vorkehrungen, welche den Erfolg der mannigfachen Versuche sicher stellen sollten.“

Einen Kontrast zu dieser Selbstkritik bilden allerdings die sich unmittelbar anschließenden Sätze:

„Heute haben wir gegen uns die offizielle Liga fast aller

Regierungen Europas.“

„»Deutschland, England, Frankreich verbieten die Auswande— rung nach Brasilien, und als ob es sich um ein von der Pest ergriffenes Land handelte oder um eine terra barbareska, um- zingeln sie uns mit einem Sanitätskordon und überlassen uns der Vereinzelung (isolamento) und dem Mißkredit.“

Die gehässige Lage, welche geschaffen wird durch jene will⸗ kürlichen und gewaltsamen Maßregeln (medidas arbitrarias e violentas), welche mehr noch unsere Ehre als unsere Interessen schädigen, kann und darf Brasilien nicht über sich ergehen lassen.“

Leider aber nehmen wir nicht wahr, daß die Regierung sich mit einem wohler mogenen Plane trage, welcher das Unheil beseitigen könnte, das durch die Feindseligkeiten der europäischen ziegierungen angerichtet wird, einem Plane, der die Unfähigkeit

nd Nullität unserer Diplomatie und unserer Verwaltung ge⸗ genüber jenen ungerechten und ungereimten Angriffen (aggressass absurdas e injustas) ausgleichen könnte.“

Im weiteren Verlaufe des Artikels werden die prohibiren⸗ den Staaten sogar als „os inimigos da nossa propriedade“, also die Verbote, Auswanderer nach Brafilien zu befördern, als Akte der Feindschaft gegen das Eigenthum Brasiliens bezeichnet.

Soweit der „Globo“.

Das „Echo Universel“ bemerkt hierzu:

„„Um diese leidenschaftliche Art der Argumentation über⸗ haupt zu verstehen, muß man sich vergegenwärtigen, daß die Einwanderung eine Existenzfrage für Brasilien ist. Das Ab⸗ sterben der Neger und die Unterdrückung des Sklavenhandels bedrohen, falls nicht die europäischen Einwanderer die Lücken 5 die Zuckerkultur und den Kaffeebau mit völligem

uin.

Das „Echo“ theilt zugleich den wesentlichen Inhalt einer Note mit, in welcher der hiesige brasilianische Geschäftsträger, noch ehe der Nothschrei des „Globo“ in Europa vernommen sein konnte, wegen des Dekrets des Vicomte de Meaux Vor⸗ stellungen bei der französischen Regierung erhoben hat.

Aus dieser Note, welche das Datum des 6. Oktober vorigen Jahres trägt und in inzwischen eingegangenen brasilianischen Blättern ihrem vollen Wortlaute nach veröffentlicht ist, sind fol⸗ gende Sätze hervorzuheben:

Es wird darin zunächst betont, daß die Auswanderung aus Frankreich nach Brasilien eine der Zahl nach sehr geringe sei, und daß das Verbot einesgtheils die Auswanderunglustigen veranlassen werde, sich nach dem La Plata zu wenden, anderntheils aber anderen Staaten als Beispiel zu analogem entschie— denen Vorgehen dienen werde.

Welche andere Staaten die Note hierbei hat, ist nicht erkennbar. Nachdem auch die italienische

erlassen hat (in Text

Regierung neuerdings eine Warnung

dem offiziellen brasilianischen Blatt ist bereits der einer hiergegen von dem brasilianischen Gesandten in Rom gerichteten Note abgedruckt), dürfte kaum einer der für die Aus— wanderung nach Brasilien in Betracht kommenden größeren europäischen Staaten mit analogen Maßnahmen noch im Rück— stande sein.

Brasilien ist so besagt die Note weiter für die Besiedelung seiner großen Bodenfläche genöthigt, auf den Bevölkerungsüberschuß Europas zu rekur⸗ riren, und hat mit Rücksicht auf die Sklaveneman— zipation einen Anspruch auf die Unterstützung der europäischen Staaten bei seinen Bemühungen, die Auswanderung anzuziehen. Die europäischen Staa— ten seien wegen ihrer Handelsbeziehungen lebhaft an dem Gedeihen Brasiliens interessirt. Verm in— dere sich der Wohlstand dieses Landes, so würden auch sie von dem Rückschlage getroffen werden.

Wollte man das in der Note in Anspruch genommene Recht auf europäische Arbeitskräfte selbst anerkennen, so würde daraus doch nicht die Verpflichtung der Regierungen gefolgert werden können, die Unternehmer, Werber und Agenten, unbe— kümmert um die angewendeten Werbemittel oder um die Zu— stände der betreffenden Kolonien, schalten und walten zu lassen.

Der „Indépendant d'Indre⸗et-Loire“ äußert sich in dieser Beziehung wie folgt:

„Wenn auch das Absterben der Neger und die Unterdrückung des Sklavenhandels den Zucker⸗ und Kaffeebau mit völligem Ruin bedrohen, so berechtigt dies doch nicht, den Negersklaven⸗ handel durch einen Handel mit weißen Arbeitern zu ersetzen. Die europäischen Regierungen haben deshalb im Sinne der Menschlichkeit gehandelt, indem sie dem Menschenschacher, wie er drüben betrieben wird, ein Ziel setzten. Frankreich hat überdies, außer seinen Kolonien, das schöne und fruchtbare Algier für diejenigen seiner Landeskinder, welche versuchen wollen, schnell ihr Glück zu machen.“

Was die in der Note ebenfalls erwähnten Handelsbeziehun— gen anlangt, so behaupten Manche, daß für deren Gedeihen durch Beförderung der Auswanderung wenig gewonnen sein dürfte, so lange in Brasilien die Zolltarife und die Douane— reglements die bisherigen bleiben.

Schließlich hebt die Note hervor die von Brasilien „zur Herbeiführung einer gut organisirten Einwande— rung“ getroffenen NRaßnähmen und konstatirt „die zufriedenstellenden Resultate des für die Einwan— derungsfrage angenommenen Systems.“

Dem gegenüber verweist das „Echo Universel“, statt aller Polemik, einfach auf den unlängst bekannt gewordenen Bericht der von der Zweiten brasilianischen Kammer zur Untersuchung der ländlichen Verhältnisse eingesetzten Kommission.

Dieser Bericht nämlich verurtheilt ebenso wie der vor einigen Monaten offiziell publizirte neueste Jahresbericht des brasilianischen Ackerbau⸗Ministers unzweideutig das bisherige Kolonisationssystem und bekennt offen dessen Mißerfolge.

Spanien. Madrid, 16. Junuar. Aus San Sebastian sind gestern Nachmittag zwei Bataillone Landesmiliz und Ma— rine⸗Infanterie ausgerückt und haben die Höhen besetzt, welche die carlistische Batterie auf Ventaciquin beherrschen. Von Pionieren wird die eroberte Stellung befestigt. Ueberhaupt sollen die feindlichen Batterien auf der Linie des Arratsain von dem Feuer der detachirten Forts sehr gelitten haben. In Navarra hat die Division Delatre starke Stellungen eingenom⸗ men, welche den Engpaß von Roneal beherrschen, und General Martinez Campos bereitet eine Bewegung vor, welche sich gegen das Baztan⸗Thal richtet.

19. Januar. (W. T. B.) Nach einer der Regierung zugegangenen offiziellen Depesche hat der Carlistenchef Tristanny gestern dem spanischen Konsul in Bayonne die Er⸗ klärung abgegeben, daß er sich der Regierung des Königs Alfons bedingungslos unterwerfe. Wie der „Tiempo“ meldet, sind die Vorposten der in Navarra stehenden car⸗ listischen Truppen zu den Regierungstruppen übergegan⸗ gen. Tr

im Sinne

n. General Martinez Campos hat mit seinen Truppen zwischen Pampelona und Lerm⸗-Otsoa Stellung genommen; die Armee ist hinlänglich mit Lebensmitteln versehen.

Portugal. Lissabon, 16. Januar. Der Abgeord⸗ netenkammer hat der Kolonial-Minister einen Beschluß vor⸗ geschlagen, durch welchen allen noch nicht ganz befreiten Skla⸗ ven auf den Inseln des grünen Vorgebirges und auf St. Thomé die sofortige und vollständige Freiheit gegeben wird. Das Oberhaus genehmigte Vorlagen, betreffend ESisenbahn⸗ bauten in den Provinzen Beira und Algarve, sowie ein Gesetz, welches die im Handel svertrage mit Frankreich gewährten Vortheile auf alle diejenigen Länder ausdehnt, von denen Portugal als meistbegünstigte Nation behandelt wird. Auch erhielt der Auslieferungsvertrag mit Belgien die Zu⸗ stimmung des Oberhauses.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 16. Januar. Der Kaiser hat ein eigenhändig unterzeichnetes Reskript an den Fürsten Alexander Arkadiewitsch Italiiski Gra— fen Ssuworow⸗Rymnikski zu dessen 50 jährigem Dienst— jubiläum gerichtet, in welchem demselben die Allerhöchste Anerken⸗ nung ausgedrückt aiird. Dem Schreiben folgte das mit Brillanten verzierte Porträt Sr. Majestät zum Tragen im Knopfloch am Andreasbande, bei.

Amerika. Washington, 18. Januar. (W. T. B.) Der Staats⸗Sekretär H. Fish erklärte in einer Sitzung der Kommission für auswärtige Angelegenheiten des Repräsentanten⸗ hauses hinsichtlich der Cirkularnote der amerikanischen Regierung wegen Kuba, daß dieselbe lediglich die mora⸗