Der Referent bemerkte, daß inzwischen Seitens des Reichs⸗ kanzler⸗Amts ein Cirkularerlaß im Sinne des obigen Antrages an die Konsulate ergangen sei, wodurch sich der Antrag wohl erledige, da zur Bewilligung des eigentlichen Anliegens der Vetenten kein Anlaß vorliege. Dieser letzteren Ansicht war auch Abg. Dr. Kapp, da der Konsul im vorliegenden Falle dolose gehandelt und die Ausantwortung der Erbschaft bewirkt habe, ohne im Besitz der Vollmacht der Erben zu sein. Da⸗ gegen konnte der Redner den Kommissionsantrag durch jenen Eirkularerlaß nicht als erledigt betrachten, weil ihm letzterer nicht weit genug gehe. Vielmehr müßte den Wahlkonsuln die Annahme von Geldern überhaupt untersagt, oder doch bei allen Neuanstellungen eine solche Bedingung gestellt werden. Jeder Bürger, der in Amerika Wahlkonsul würde, eröffne seine Thätig⸗ keit — er möge Lehrer, Architekt oder Offizier gewesen sein — mit einem Wechselgeschäft. Der Bankerot des anerkannt tüch— tigen und ehrenhaften deutschen Wahlkonsuls in St. Louis in Folge unglücklicher Spekulationen, wodurch Hunderte von Deut⸗ schen in Verlust gerathen seien, deute an, wessen man sich noch von den andern Wahlkonsuln zu versehen habe. Jedenfalls möchten alle diese Vorgänge einen Anlaß geben, die Wahl— konsuln durch Berufskonsuln zu ersetzen, wenigstens sei ein solcher in St. Louis absolut nothwendig.
Der Bundesbevollmächtigte Wirklicher Geheim-Rath v. Philips⸗ born war der Meinung, daß die Regierung mit ihrem Cirkular— erlaß bis an die zulässige Grenze gegangen sei, welche sie nicht überschreiten dürfe, ohne zahlreiche Mißstände hervorzurufen und viele nützliche Institute zu schädigen. Das Urtheil des Vor— redners über die Wahlkonsuln sei doch Angesichts der ver— schwindenden Anzahl der vorgekommenen Unregelmäßigkeiten und in Anbetracht des Umstandes, daß sie sich aus den wohlhabend⸗ sten und bestrenommirten Kaufleuten rekrutiren, zu hart und nicht ganz zutreffend. Auch sei es die Absicht der Reichsregie⸗ rung, überall, wo sich in Amerika ein Bedürfniß dazu heraus⸗ gestellt hat, Berufskonsuln anzustellen. (S. unter Reichstags—⸗ angelegenheiten.)
Der Abg. Mosle erklärte sich durch die Erklärungen des Re— gierungsvertreters durchaus befriedigt, weil auch er eine Erweiterung zer Tragweite des Cirkulars in dem von dem Abg. Dr. Kapp an⸗ edeuteten Sinne für verfehlt halten müßte. Für Philadelphia ind St. Louis sei allerdings die Ernennung von Berufskonsuln durchaus nothwendig, um so mehr, als die Einnahmen an beiden Stellen fast die Ausgaben decken müßten. Der Referent be— antragte, in Anbetracht des inzwischen ergangenen Cirkular⸗ erlasses über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. Der Antrag wurde genehmigt.
Der vormalige Münzmeister Th. Andersen und ebenso der Major a. D. von Kretschmann haben ihre Petitionen wegen Justizverweigerung, welche den Reichstag schon wiederholt veschäftigt haben, von Neuem eingebracht. Die Kommission hat beide, da die rechtliche Sachlage ganz dieselbe ist, zusammen be— rathen und beantragte, die Petitionen dem Reichskanzler zu überweisen mit der Aufforderung, derselbe wolle den Bundesrath veranlassen, bei der Königlich preußischen Regierung zu bewirken, aß die wider die Petenten ausgeübte Justizverweigerung da⸗ zurch beseitigt werde, daß dieselben an der Beschreitung des techtsweges nicht weiter auf Grund der Verordnung vom 23. Februar 1854 behindert werden. Das in fast allen vor⸗ herigen Landtags- und Reichstags⸗-Sessionen verhandelte Sach⸗ verhältniß wurde nach seiner thatsächlichen wie rechtlichen Seite noch einmal von dem Abg. Reimer ausführlich erörtert, der den in der Frage von der preußischen Regierung eingenommenen Standpunkt als unhaltbar und ungerecht bezeichnete. Er wünschte, dem Antrage der Kommission die Erklärung hinzugefügt zu sehen, daß die von der preußischen Regierung in dieser Sache ergangene Anordnung als im Widerspruch mit der Reichsver⸗ fassung stehend angesehen werde.
Der Antrag der Kommission wurde hierauf unverändert angenommen.
Eine Petition verschiedener Bürger der Stadt Ottensen in Holstein wurde ohne Diskussion dem Reichskanzler zur Beruͤcksichtigung bei der durch §. 3 des Gesetzes vom 25. Juni 1868, betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete Macht während des Friedenszustandes, vorgeschriebenen Revision des Tarifs und der Klasseneintheilung der Orte empfohlen.
Ein Vertagungsantrag wurde um 3 Uhr abgelehnt.
Der ständige Ausschuß des deutschen Journalisten⸗ tages petitionirt um den Erlaß einer bestimmten gesetzlichen Vorschrift zu dem Zweck, daß, sobald nach 5§. 26 des Reichspreßgesetzes der Redacteur haftbar ist, jede zwangsweise Ermittelung eines anderen Schuldigen wegfällt, also auch kein bei Herstellung oder Verbreitung des betreffenden Preßerzeug⸗ niffes Betheiligter zum Zeugniß über Verfasser oder Einsender desselben genöthigt werden kann. Der Referent Abg. Hoffmann beantragte, die Petition an die Reichs⸗Justizkommission zur Er⸗ wägung und eventuellen Berücksichtigung bei. Berathung der Strafprozeßordnung zu überweisen. Von der gewöhn⸗ lichen Praxis, wonach Petitionen über Gegenstände, mit welchen bereits eine Kommission beschäftigt ist, an diese durch den Präsidenten des Reichstages direkt übergeben wer⸗ en, hatte die Petitions kommission, wie der Referent ausführt, Abstand genommen. Denn nicht blos der Journalistentag, son⸗ dern auch der im vergangenen Sommer in Nürnberg ver⸗ sammelt gewesene Juristentag habe die Sache lebhaft erörtert, und ebenso sei sie im Publikum vielfach und theilweise mit unverkennbarer Erregung besprochen worden, und es sei daher in hohem Maße angezeigt, daß der Reichstag vor dem ganzen Lande, also in öffentlicher Verhandlung, sich über die einschlagenden Fragen ausspreche. Er sei dies ebenso⸗ wohl der Presse selbst, deren große Bedeutung für das gesammte konstitutionelle Leben nicht bestritten wer⸗ den könne, wie der öffentlichen Meinung schuldig, welche in der Sache lebhaft Partei ergriffen habe. Auch der Justizkommission würde, ebenso wie den verbündeten Regie⸗ rungen, die Verhandlung im Reichstage behufs der von ihnen einzunehmenden Stellung zur Frage wegen des Zeungnißzwanges nicht unwillkommen sein können. Nach dem Schluß des Refe⸗ rats beschloß das Haus, um 41 Uhr, die weitere Verhandlung zu vertagen.
— In der heutigen (358.) Sitzung des Deutschen Reichstages, welcher am Tische des Bundesraths der Präsi⸗ dent des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Dr. Delbrück, so⸗ wie der Direktor im Reichskanzler⸗Amt, Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath v. Amsberg mit mehreren anderen Kom⸗ missarien beiwohnten, wurde die Berathung der Petition über den Zeugnißzwang fortgesetzt. Es ergriff zunächst der Abg. Sonnemann das Wort, um seinen Antrag:
„Die Petition dem Herrn Reichskanzler zu überweisen, mit dem Ersuchen, die Vorlage eines Gesetzentwurfs veranlassen zu wollen,
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durch welchen das Reichspreßzesetz vom 20. Mai 1874 im 5. 20 folgenden Zusatz erhält:
„„Bildet der Inhalt eines periodischen Preßerzeugnisses den Gegenstand einer Strafverfolgung, so bleibt, wenn der Redacteur haftbar ist, jede zwangsweise Ermittelung eine anderen Schuldigen ausgeschlossen“
zu motiviren, indem er an dem bekannten Frankfurter und an— deren Vorgängen darzuthun suchte, daß eine Lücke in der Ge— setzgebung sei, deren Ausfüllung die Gerechtigkeit und die Rechtssicherheit erforderten. Der Abg. Dr. Marquardsen führte dagegen aus, daß er zwar nicht prinzipiell gegen Gelegenheits— gesetze, daß er aber der sachgemäßen Entscheidung der Justiz⸗ Kommission nicht präjudiziren wolle, welche für diese Angelegen⸗ heit kompetent sei und bereits sich damit befaßt habe. Die Dring⸗ lichkeit der Sache sei auch nicht so groß, daß man die Bestimmungen der Justizgesetze nicht abwarten könne. Die Forderung des Antrages Sonnemann sei so weitgehend, daß sie keineswegs durch das Bedürfniß der Presse substantiirt sei, obwohl man dieselbe ja in gewisser Weise privilegiren müsse. Zwar alle Personen, welche bei der Herstellung eines Preßerzeugnisses beschäftigt seien, müßten von der Zeugnißpflicht eximirt werden, nicht aber alle anderen Personen, durch welche der Einsender eines Artikels ermittelt werden könne. Der Redner empfahl die Verweisung der Petition an die Justiz⸗Kommission. Der Abg. Windthorst erkannte den in der Petition des Jour— nalistentages aufgedeckten Mißstand an und hätte anstatt des Antrages Sonnemann die sofortige Vorlegung eines Gesetzentwurfs gewünscht. Die dringendsten Uebelstände müßten allerdings vor dem noch in diesem Jahre zweifelhaften Abschluß der Justiz⸗ gesetze, deren Publikation und Ausführung noch gut zwei Jahre hinausgeschoben werden könnte, beseitigt werden. Der Abg. Banks sprach die Besorgniß aus, daß durch die mit Sicherheit vorauszusehende Verwerfung des Antrages Sonne— mann Seitens der verbündeten Regierungen der Sache mehr geschadet, als genützt werden möchte, und bat deshalb den Antragsteller, sein Amendement zurück— zuziehen. Der Abg. Dr. Lasker trat dieser Ansicht bei, bekämpfte jedoch auch materiell den Antrag Sonnemann, der, statt sich auf den Schutz der Mitredacteure zu beschränken, diesen Schutz auf alle mit der Presse in zufälligem Zusammenhang stehende Per—⸗ sonen ausdehne und dadurch weit über sein Ziel hinaus schieße. Der Abg. Dr. Hänel erklärte sich im Prinzip mit dem Antrage Sonnemann einverstanden, aus den vom Abg. Banks angeführten Gründen werde er jedoch für den Kom— missionsantrag stimmen. Der Direktor im Reichskanzler Amt, Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs⸗Rath v. Amsberg, vertheidigte zunächst das durch die Entscheidung des höchsten Gerichtshofes als durchaus legal anerkannte Verfahren der preußischen Staatsanwaltschaft gegen die erhobenen Angriffe und schloß sich bezüglich des Antrages Sonnemann den Ausführungen des Abg. Dr. Lasker an. Nachdem der Abg. Sonnemann schließlich seinen Antrag zurückgezogen hatte, wurde der Antrag der Kom⸗ mission fast einstimmig angenommen. — Beim Schluß des Blattes setzte das Haus die Berathung von Petitionen fort.
— Für die Prüfung der Mittelschullehrer und der Rektoren sind in Preußen nach dem Januarheft des „Centralblattes für die gesammte Unterrichtsverwaltung“ fol—⸗ gende Termine für das Zahr 1876 angesetzt wor⸗ den: R der Provhez Weußen (Königsberg) am 16. März und 18. September (Lehrer), 8. März und 20. September (Rektoren; in der Mark Branden⸗ burg (Berlin) 9. Mai und 7. November (Lehrer), 16. Mai und 14. November (Rektoren; in Pommern (Stettin) 8. Juni und 7. Dezember (Lehrer), 6. Juni und 5. Dezember (Rektoren); in Posen (Posen) 15. Mai und 27. November (Lehrer und Rektoren), in Schlesien (Breslau) 1. Mai und 16. Oktober (Lehrer und Rektoren); in der Provinz Sachsen (Magdeburg) 7. Juni und 1. November (Lehrer), 12. Juni und 6. November (Rektoren); in Schleswig- Holstein (Kiel) 6. März und 11. September (Lehrer), 9. Maͤrz und 14. September (Rektoren); in Hannover (Hannover) am 25. April und 24. Oktober (Lehrer und Rek⸗ toren); in Westfalen (Münster) im April und Oktober (Lehrer und Rektoren); in der Provinz Hessen⸗Nassau (Cassel) am 15. Juni und 7. Dezember (Lehrer) und 22. Juni und 14. De⸗ zember (Rektoren); in der Rheinprovinz (Coblenz) am 13. Mai und 4. November (Lehrer und Rektoren).
— Die Prüfungszeugnisse der Hebammen ge⸗ hören nach den Gründen des Urthels des Königlichen Ober⸗ Tribunals vom 9. Januar 1871 zu denjenigen Urkunden, welche nach den §§. 53, 54 der Gewerbe⸗Ordnung vom 21. Juni 18690 im Verwaltungswege zurückgenommen werden können. Indem der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten eine Be⸗ zirksregierung in einem Spezialfalle hierauf aufmerksam macht, bemerkt derselbe, daß der innere Grund hierfür darin liegt, daß das Prüfungszeugniß zugleich die behördliche Ermächtigung zum Betriebe des Hebammengewerbes enthält, ohne deren Erlangung dieser Gewerbebetrieb nach der Judikatur des höchsten Gerichts⸗ hofes strafbar ist.
— Die Frage, ob Dienstwohnungen, welche sich in Dienstgebäuden befinden, deren übrige Räumlichkeiten zu einem öffentlichen Gebrauche bestimmt sind, dessen ungeachtet zur Ein⸗ quartierungslast herangezogen werden dürfen, ist nach einem im Einverständniß mit dem Minister des Innern erlassenen Spezialbescheide des Finanz⸗Ministers bejahend zu entscheiden. Es ist bei dieser Entscheidung maßgebend gewesen, daß, wie aus den bezüglichen Verhandlungen des Reichstages hervorgeht, bei der Fassung des 5. 4 Nr. 3 des Gesetzes vom 25. Juni 1868 beabsichtigt gewesen ist, bei denjenigen der in Rede stehenden Dienstgebäude, bei denen der öffentliche Gebrauch überwiegend ist, die zum Privatgebrauche bestimmten Räume einquartierungs⸗ pflichtig zu machen und daß die von den Beamten benutzten Wohnungen zu diesen Räumen gerechnet werden müssen.
— Der den Schülern einer öffentlichen Volks⸗ schule in der Kirche ertheilte Religionsunterricht, welcher sich seinem Wesen nach als ein integrirender Theil des Schulunterrichts charakterisirt, ist ein öffentlicher Unterricht. Die unbefugte Eriheilung jenes Unterrichts Seitens eines Geisilichen ist demnach strafbar. (Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 6. Januar d. J) — Der Kaplan 3. in G. übernahm vor mehreren Jahren gleichzeitig mit seiner geistlichen Thätigkeit die Leitung des Religionsunterrichts in der dortigen öffentlichen katholischen Volksschule. Nach Emanation der Maigesetze wurde ihm jedoch die Befugniß zur Ertheilung des Religionsunterrichts entzogen, und 3. verlegte demzufolge seinen Religions⸗ unterricht aus der Schüle nach der Kirche, an dem die Schüler der Volksschule nach wie vor Theil nahmen. Der dortige Staatsanwalt erachtete diese fortgesetzte Lehrthätig⸗ keit des Z. als die unbefugte Ausübung eines öffentlichen Amts
und klagte denselben auf Grund des 5. 132 des Strafgesetz⸗ buchs an. Das Appellationsgericht zu R. verurtheilte auch, der Anklage entsprechend, den 3. und die von diesem gegen das zweit⸗ instanzliche Erkenntniß eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Ober⸗Tribunal zurückgewiesen. „Ein Geistlicher, führt das Er⸗ kenntniß des Ober⸗Tribunals aus, „welcher den Religionsunter⸗ richt in der öffentlichen Volksschule ertheilt, übt, wie der Appel⸗ lationsrichter in Uebereinstimmung mit dem Erkenntnisse des Königlichen Ober-Tribunals vom 12. Oktober 1874 wider R. völlig zutreffend ausgeführt hat, — wenigstens im Gebiete des all⸗ gemeinen Landrechts — ein öffentliches Amt aus und handelt mithin dem 5§. 132 Str. G. B. zuwider, wenn er sich unbefugt mit Erthejlung jenes Unterrichts befaßt. Vorausgesetzt wird dabei allerdings ein FReligionsunterricht in der öffentlichen Volksschule, indem ein blos kirchlicher Unterricht, wie z. B. der Beichtunterricht, den Zwecken des Staates nicht dient und dessen Aufsicht nicht unter⸗ liegt. Allein nach der thatsächlichen Feststellung des Appellations⸗ richters handelt es sich im vorliegenden Falle nicht um einen derartigen rein kirchlichen Unterricht, sondern um einen den Kindern der öffentlichen Volksschule in der Kirche ertheilten Religionsunterricht, welcher sich als ein integrirender Theil des Schulunterrichts und auch schließlich als eine nur dem Orte nach veränderte Fortsetzung des früher von dem Angeklagten in der Schule befugter Weise ertheilten Religionsunterrichts charakterisirt und als solche auch von dem Angeklagten intendirt worden ist. Diese thatsächliche Feststellung entzieht sich der Kritik des Nich⸗ tigkeitsrichters, da die ihr zu Grunde liegende Rechtsanschauung, daß es für den Begriff des Religionsunterrichts in der öffent⸗ lichen Volksschule gleichgültig sei, ob derselbe in dem Lokale der Volksschule oder in der Kirche ertheilt werde, daß es viel mehr nur darauf ankomme, ob es in Wirklichkeit der nämliche Unterricht sei, welchen der Angeklagte bis dahin als integriren⸗ den Theil des öffentlichen Schulunterrichts den Schülern der Volksschule ertheilt habe, auf einem Rechtsirrthum nicht beruht.“
— Sin Dienstbote, welcher sich in der zu seinem Aufent⸗ halt überwiesenen Räumlichkeit (Gesindestube) länger aufhält, als er nach der Hausordnung befugt ist, und diese Räumlich⸗ keit trotz der Weisung der Herrschaft oder der zu seiner Aufsicht bestellten Personen hartnäckig nicht verläßt, macht sich dadurch zwar nicht des Hausfriedensbruches, wohl aber einer straf⸗ baren Handlung schuldig, welche unter die Strafbestimmung des Gesetzes vom 24. April 1854, die Verletzung der Dienstpflichten des Gesindes und der ländlichen Arbeiter betreffend, fällt. (Er⸗ kenntniß des Ober-Tribunals vom 7. Januar 1876.)
— Der seitherige Kaiserliche Botschafter in St. Petersburg, Prinz Reuß, hat am 22. d. Mts. Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland sein Abberufungsschreiben überreicht und wird heute St. Petersburg verlassen. Bis zum Eintreffen des, zu seinem Nachfolger designirten seitherigen Botschafters in Wien, General-Lieutenants und General-Adjutanten von Schweinitz, werden die Geschäfte der Kaiserlichen Botschaft von dem ersten Botschafts⸗Sekretär, Legations-Rath von Alvensleben, inte⸗ rimistisch wahrgenommen werden.
— Der General⸗-Feldmarschall Herwarth⸗ von Bitten⸗ feld hat sich nach Bonn zurückbegeben, ebenso der General⸗ Feldmarschall von Steinmetz nach Görlitz.
— Der General⸗Major von Hertzberg, Commandeur der 43. Infanterie⸗Brigade, welcher kürzlich zur Abstattung persön⸗ licher Meldungen mit Urlaub hier eingetroffen war, hat sich nach Cassel begeben.
— S. M. S. „Victoria“ ist von der Rundreise um die Insel Hayti, wobei die Häfen Puerto Plata, Cap Haitien, Port au Paix, Gonaives, Port au Prince, Aux Cayes und Jaecmel berührt wurden, am 5. Januar e. in St. Thomas wieder eingetroffen.
Bayern. München, 24. Januar. Die Kaiserin von Oesterreich ist, da die Wiedergenesung der Frau Her⸗ zogin Maximilian in erfreulicher Weise fortschreitet, mit dem heutigen Abendschnellzug nach Pest zurückgekehrt. Am Bahnhofe verabschiedeten sich von ihr die Königin⸗Mutter, die Prinzen Luitpold, Ludwig, Arnulf, die Prinzessin Ludwig und die übrigen hohen Verwandten. — Ein vor Kurzem an das König⸗ liche Staats⸗Ministerium des Innern ergangenes Allerhöchstes Handschreiben hat dem erwähnten Ministerium zu nachstehen⸗ der unterm 15. d. erfolgter Entschließung Anlaß gegeben: „Se. Majestät der König haben aus der ꝛc. Vorlage entnommen, daß München sich im Laufe des Jahres 1875 eines sehr befriedigen⸗ den Sicherheitszustandes erfreute, und lassen deshalb sämmtlichen Beamten und Bediensteten der Königlichen Polizeidirektion, durch deren eifrige und angestrengte Thä⸗ ligkeit dieses günstige Resultat erzielt wurde, insbesondere dem Polizeidirektor Freiherrn von Feilitzsch und dem mit dem Referate über Sicherheitspolizei betrauten Polizei⸗ Rath Bauer Ihre vollste Anerkennung ausdrücken.“ — Einen zum Besten der Armen vorgestern Abend in den Räumen des Königlichen Odeon abgehaltenen großen Ball be⸗ ehrten Prinz Luitpold, sowie der Prinz und die Prinzessin Ludwig mit ihrer Gegenwart. Ein großer Theil des hohen Adels, sowie sehr zahlreiche Personen aus allen Ständen und Klassen der Bevölkerung haben dem Wohlthätigkeitsball bei gewohnt.
Baden. Karlsruhe, 23. Januar. Der Artikel 72 des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875 über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung enthält die Vorbehalte bezüglich der Verhältnisse der Mitglieder der landesherrlichen Familie. Das gestern erschienene Gesetzes⸗ und Verordnungsblatt bringt nun eine landesherrliche Verordnung vom 17. Januar, in welcher der Großherzog kraft der ihm als Ober⸗ haupt des Großherzoglichen Hauses zukommenden Befugnisse und im Hinblick auf jene Vorbehalte des Reichsgesetzes zur Feststel⸗ lung des für die Mitglieder des Großherzoglichen Hauses bezüglich der Beurkundung des Per sonen⸗ standes und der Eheschließung geltenden besonderen Rechts, unter Berücksichtigung der hierüber bestehenden Anordnungen der Hausgesetze und Familienverträge so⸗ wie des im Großherzoglichen Hause beobachteten Herkommens, eine Reihe hausgesetzlicher Bestimmungen erläßt. Im Allge⸗ meinen sinden die landesrechtlichen Bestimmungen über die Be⸗ urkundung des Peisonenstandes und die Eheschließung auch für die Großherzogliche Familie Anwendung; doch wird die gesammte Aufsicht über diesen Theil der Amtsführung der Standesbeamten von dem Minister des Großherzoglichen Hauses geführt, und hat sich der Standesbeamte in Fällen seiner Beamtung auf die Anzeige des genannten Ministers zur Aufnahme der betreffenden Beurkundungen in die Wohnung des betheiligten Mitgliedes der Großherzoglichen Familie zu begeben. Beglaubigte Abschriften dieser Beurkundungen werden im Hausarchiv aufbewahrt. Die Mit⸗
glieder des Großherzoglichen Hauses bedürfen zur Eingehung einer Ehe der vorgängigen Einwilligung des Großherzogs. Durch eine Fertigung des Ministers, welche das Vorhandensein
der Voraussetzungen der Eheschließung, insbesondere der Ein— willigung des Großherzogs bestätigt, ist der Standesbeamte zur Vornahme der Eheschließung zuständig und ermächtigt. Ein Aufgebot findet nicht statt. Die Mitglieder des Großherzog⸗ lichen Hauses und ihre Verlobten können sich bei der Eheschlie— ßung durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Diese
hausgesetzlichen Bestimmungen finden auf nicht ebenbürtige Ehen
und auf Nachkommen aus solchen Ehen keine Anwendung.
Sachsen⸗ Weimar ⸗Gifenach. Weimar, 25. Januar. (Weim. Ztg.) Nachdem in seiner letzten Sitzung der Gemeinde⸗ rath auf Vorschlag des Gemeindevorstandes beschlossen hatte, der
Prinzessin Marie zu ihrer bevorstehenden Vermählung einen
nach einer Zeichnung des Hoftheater-Dekorationsmalers Händel in Silber auszuführenden Blumenaufsatz Gardiniére) Namens der Gemeinde zu schenken, fand am gestrigen Tage die Ueber—⸗ reichung der Zeichnung an Ihre Hoheit durch den Bürgermeister Pabst unter Mithetheiligung des Gemeinderaths-Vorsitzenden und dessen Stellvertreters statt; leider konnte, da bei der Kürze der Zeit die Ausführung in Silber nicht mehr möglich ist, zunächst nur die Zeichnung überreicht werden, das Geschenk selbst wird erst in einigen Monaten fertig werden. Bürgermeister Pabst richtete eine Ansprache an die Prinzessin, welche die Zeichnung huldvollst entgegennahm und den Gemeindevertretern den wärmsten und innigsten Dank und die größte Freude über dieses Geschenk ihrer Vaterstadt mit der Bitte aussprach, diesen Dank zur Kennt— nißnahme des Gemeinderaths und der Bürgerschaft zu bringen. Die Prinzessin bekundete auch bei dieser Gelegenheit die Anhäng—⸗ lichkeit an ihre Vaterstadt Weimar und sprach dieses in leut— seliger Wäise mit dem Bemerken aus, daß sie auch in der Ferne und für alle Zeiten der Vaterstadt Weimar treue Liebe, An— hänglichkeit und Dankbarkeit bewahren würde.
Oesterreich⸗Kngarn. Wien, 24. Januar. Die Kaiserin, welche sich vor acht Tagen an das Krankenlager ihrer Mutter, der Herzogin Maximilian in Bayern, nach München begab, ist heute Morgens mittelst Separat⸗Hofzuges der Westbahn in Wien an— gekommen und hat nach kurzem Aufenthalte mittelst Verbin—⸗ dungs⸗ und Staatsbahn die Reise nach Ofen fortgesetzt.
— 25. Januar. (W. T. B.) Der Hand els⸗Minister hat heute die Eisenbahnvorlagen, betreffend den Bau der Linien Bozen⸗Meran und Tarvis-Ponteba, und die Vollendung und Inbetriebsetzung der Linie Falkenau-Graslitz, sowie eine Aenderung in dem Bauprojekte für die Linie Klattau⸗Eisenstein, im Unterhause eingebracht. Das Haus begann sodann die Berathung des Antrages auf Aufhebung der Kollegiengelder.
— 26. Januar. (W. T. B.) In der gestrigen, voraus⸗ sichtlich letzten Konferenz der Mitglieder des Herrenhauses wurde ein ministerielles Schreiben verlesen, in welchem die Minister, wie die „Presse“ berichtet, aus Rücksicht auf die mit Ungarn schwebenden Verhandlungen eine weitere Erörterung darüber ablehnen und besonders betonen, daß das Ministerium sich seiner Verantwortlichkeit und politischen Ehre bewußt sei, und daß dasselbe dem gemäß die Verhandlungen mit Ungarn führen werde. Eine Instruktion oder Direktion für die Verhandlungen könne das Ministerium um so weniger entgegennehmen, als das Parlament s. 3. in der Lage sein werde, das Ergebniß der Verhandlungen frei zu berathen. Die Versammlung nahm von diesem Schreiben Kenntniß und ging ohne formelle Beschluß— fassung aus einander.
Pest, 24. Januar. Das Abgeordnetenhaus hat den Gesetzentwurf über die Verwaltungsausschüsse in dritter Lesung angenommen. Bei der Verhandlung über den Gesetzentwurf, betreffend die Modifikation des Disziplinarverfahrens gegen Munizipalbeamte, sprachen Balog und Moesary (Linke) dagegen. Der Minister⸗Präsident Tiscza bewies aus der Praxis die Noth⸗ wendigkeit eines besseren Disziplinarverfahrens.
Belgien. Brüssel, 22. Januar. Schon seit etwa acht Tagen haben sich die Nachrichten aus dem Hennegau stetig gebessert. Die greve- Bewegung verliert augenscheinlich an Boden und die Wiederaufnahme der Arbeit erfolgt an immer mehr Orten. Im sogenannten centre sollen nur noch ver— einzelte Gruben und Werke still stehen, und im bassin de Charle— roi nicht mehr als noch etwa 4000 Arbeiter feiern. Für den Beginn der nächsten Arbeitswoche rechnet man auf weitere um⸗ fassende Rückkehr zur Beschäftigung.
Nachdem Truppen und Gensd'armerie nacht in den bedroh— ten Gegenden hinlänglich verstärkt war, haben die Behörden überall da Ernst gezeigt, wo Neigung zu Exeessen sich äußerte, oder wo man verfuchte, die ruhigen Arbeiter durch Einschüch— terung zur Theilnahme an der Opposition zu veranlassen. Es genügten Verbote und Präventiomaßnahmen, wie Aussendung von Patrouillen u. s. w.; zu direktem und bewaffnetem Ein⸗ schreiten ist es nicht gekommen.
Nur mit den Röädelsführern und Agitatoren ist kurzer Prozeß gemacht: sie sind eingesteckt und, sofern es Ausländer, uber die Grenze transportirt worden. Es sollen verschiedene Emissäre der Internationale dabei gewesen sein.
Was die große Mehrzahl der einheimischen Leute betrifft, so läßt sich aus dein eigenthümlich ruhigen Verlauf dieser gräve schließen, daß der belgische Arbeiter von verhältnißmäßig inoffen⸗ siver Naturanlage ist. Während der 5⸗ bis 6⸗wöchentlichen Dauer der Arbeitseinstellung ist von Excessen bedenklicherer Art nirgends die Rede gewesen; die jüngst erstandenen Gewehre sind ruhig zu Hause gelassen worden, und man hat nicht davon ge⸗ hört, daß sie bei den sogenannten Arbeiterpromenaden mitgeführt worden wären.
Der Schaden, welchen Arbeitgeber, wie Arbeitnehmer durch die lange Unterbrechung der Produktion erleiden, soll übrigens sehr bedeutend sein. Die nachtheiligen Folgen der allgemein schon sehr ungünstigen Konjunkturen sind dadurch für jene Theile Belgiens noch in hohen Grade gesteigert worden.
Großbritannien und Irland. London, 25. Januar. (A. A. C.) Es steht nun fest, daß die Königin das Parlament in Person eröffnen wird. Zu diesem Behufe verläßt Ihre Ma- jestaͤt am 7. Februar Osborne auf der Insel Wight, um sich nach London zu begeben, wo die Königin bis zum 9. weilen und dann nach Schloß Windsor zurückkehren wird. Der Pre— mier⸗Minister Dis raeli hat folgenden Brief an seine Partei⸗ freunde im Unterhause gerichtet: „Downing⸗Street. 20. Ja⸗ nuar 1876. Geehrter Herr! Der Zusammentritt des Parlaments ist auf Dienstag, den 8. Februar anberaumt worden, worauf das Haus zur Erledigung der Geschäste schreiten wird. Ich nehme
mir demnach die Freiheit, Sie um Ihre Anwesenheit bei dieser Gelegenheit zu ersuchen. Ich habe die Ehre zu zeichnen, ge⸗ ehrter Herr, Ihr ergebener B. Disraeli.“
— Ueber den Empfang des Prinzen von Wales in Cashmir melden Depeschen des „Reuterschen Bureaus“ vom 23. ds.:—
„Am 20. d. Mts. kam der Prinz von Lahore in Jamu an und wurde 7 Meilen vor der Stadt von dem Maharajah empfangen. Als der Prinz, begleitet ven dem Maharajagh, den Towifluß erreichte, bestieg er einen prächtig geschirrten Elephanten. Die Mitglieder des Gefolges wurden ebenfalls mit Elephanten versehen. Auf der Route von dem Flusse nach der Stadt waren die Truppen des Maharajahs in sehr pittoresken Uniformen aufgestellt; einige derselben trugen Panzerhemden, andere Kürasse und Helme und viele der übrigen ausgeputzte antike Kestüme. Der Aufzug bildete ein glänzendes Schauspiel, welches alles in dieser Art Dagewesene bei weitem übertraf. Zahlreiche cingeborene Musikbanden spielten die englische Volkshhmne, und in Ke nm effanen Pausen wurden Salut— schüsse abgefeuert. Höchst effektvoll war die Scene, als der Zug der Hügel hinaufstieg. Bei einbrechender Dunkelheit wurde die Stadt mit Lampen und blauen Lichtern glänzend erleuchtet. Dem Prinzen wurde von Seiten der Bevölkerung, welche sich eingefunden um Zeuge feiner Ankunft zu sein, ein achtungsooll herzlicher Willkommen zu Theil. Se. Königliche Hoheit wurde nach cinm prächtigen Palaste geleitet, der mit großen Kosten eigens für seine Auf— nahme erbaut worden war Von der Terrasse des Palastes nahm der Prinz ein großartiges Feuerwerk in Augenschein. Später fand ein Monstre-⸗Barket statt, zu welchem sämmtliche Euro⸗ väer Einladungen erbalten hatten. Am Freitag fand zu Ehren des Prinzen eine große Eberjagd statt. Am Abend speiste Se. Königliche Hoheit mit dem Maharajah in dem alten Palast von Jamu. Nach dem Diner führten Lamas aus Thibet ein Ballet auf, dem sich ein brillantes Feuerwerk anschleß. Als sich der Prinz vom Mahgrajah verabschiedete, beschenkte ihn letzterer mit einem kostbaren Säbel, der nach der niedrigsten Schätzung einen Werth von 19000 Pfd. Sierl. b sitzt. Vom Griff bis zur Spitze ist er mit Edelsteinen besetzt. Am Sonnabend früh verließ der Prinz Jamu en gala, wie er angekemmen war; seine Kavallerie⸗ Eskorte lieferte das Kürassier Regiment de; Maharajahs, vor welchem eine grüngoldene Standarte hergetragen wurde. In dem Zuze befanden sich auch Kesselpankenschäger und Elephanten. Vor dr Abreise des Prinzen wurden ihm lebendes Wild, Adler, Falken, thibetanische Hunde u. J w. zum Geschenk gemacht. Am andern Ufer des Flusses warteten Equipagen. Sieben Meilen vor der Stadt verabschiedete sich der Maharajah unter ver— bindlichen Ausdrücken des Dankes für die ihm durch den Besuch des ältesten Sohnes der Königin erwiesene Ehre. Die Ministec und andere an⸗ gesehene Männer gaben dem Prinzen das Geleit his zur britischen Grenze und verabschiedeten sich von ihm an einem Triumphbogen mit fol—⸗
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Diese Straße ist für unseren erlauchten Prinzen.“
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mit den Offizieren des 9.
nete Se. Königliche Hoheit die prächtige 9. Fuß lange Brücke über den Chenab. Es halte sich eine zahlreiche Gesellschaft eingesun— den, um der Eröffnungsfeier anzuwohnen, und der Prinz schlug den ersten Nagel mit einem prachtvellen Hammer ein, der ihm in einem goldenen Kästchen überreicht wurde. Nach der Ceremonie führte er den Vorsitz bei einem Ecienbahnbkanket. Lahore erreichte Se. Kö— nigliche Hoteit am Abend; die Stadt war brillazt erleuchtet, und nach dem Diner wohnte der hehe Gast eirem großen Eingeborenen feste an. Am Montag tritt er via Umritsie die Reise nach Agra aa. Se. Königliche Hoheit erfreut sich fortwährend einer ausgezeich neten Gesune heit. Lord Carington, Lord Ayleford und Lord Suffield sind unpäßlich und blieben in Lahore zurück.“
— Aus Penang wird dem Reuterschen Bureau unterm 21. d. telegraphirt: „Hier eingegangene Nachrichten aus Perak melden, daß die Truppen das Dorf Rathalma mit Artillerie und Raketen angegriffen haben. Die NMalayen ergriffen die Flucht, und die Truppen brannten hierauf den Ort nieder. Auf britischer Seite entstanden keine Verluste. Der Gouverneur der Straits Sett⸗ lements ist in Singapore angekommen.“
Spanien. Madrid, 25. Januar. (W. T. B.) Die Wahlen zu den Cortes sind nunmehr beendet. Von den gewählten 406 Deputirten gehören 30 der Partei Sagasta's an, 10 sind klerikal, die kantonalistische Partei ist durch einen Deputirten, die Partei der gemäßigten Republikaner durch Ca— stelar vertreten. Alle übrigen Gewählten sind Anhänger der gegenwärtigen Regierung. Canovas del Castillo ist hier mit großer Majorität gewählt worden.
— 25. Januar. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten haben die Regierung struppen in Guipuzcoa heute die allgemeine Offensivbewegung gegen das carlistische Fort Aratzain begonnen und in der Richtung auf Lasarte Ter⸗ rain gewonnen.
— Nach über Bayonne eingegangenen Nachrichten aus San Sebastian vom 25. d. haben die Regierungstruppen die wichtigen Positionen der Carlisten zwischen Hernani und Lafarte genommen und dieselben besetzt.
Rumänien. Bu karest, 25. Januar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat ihre Sitzungen heute wieder aufgenommen. Von Seiten der Regierung sind verschiedene Vorlagen eingegangen. Der Kriegs⸗Minister brachte einen Antrag ein auf Bewilligung eines Extrakredites von 5. 600,900 Fres. zur Bestreitung der Kosten für die Ausrüstung der Armee und forderte für diesen Antrag die Dringlichteit Die⸗ selbe wurde zugestanden. Der Finanz⸗Minister legte einen Gesetzentwurf vor, nach welchem die Landesmünzen künftig mit dem Bildniß des Fürsten geprägt werden sollen.
Rußland und Polen. St. Peters burg, 23. Januar. Der „St. Petersburger Herold“ meldet: Als die Nachricht s. 3. ihre Bestätigung gefunden, daß der deutsche Botschafter am hiesigen Hofe, Se. Durchlaucht Prinz Heinrich VII. Reuß von seinen Posten zurückzutreten gedenke, wurde inmitten der deutschen Ko⸗ konie, Seitens deren der Vertreter Sr. Majestät des Deutschen Kaisers sich stets einer herzlichen Verehrung erfreute, alsbald der Gedanke rege, demselben bei seinem Scheiden die Gefühle der Kolonie zum Ausdruck zu bringen. Es erging an den „Ausschuß der Angehörigen des Deutschen Reichs zu St. Peters⸗ burg“ die Aufforderung, die Initiative zu ergreifen, um diesem weit verbreiteten Wunsche die Befriedigung zu sichern. Nach wiederholtem privaten Meinungsaustausch zwischen den ein— zelnen Mitgliedern des Ausschusses und anderen Gliedern der Kolonie, beschloß jener, zum bleibenden Gedächtniß des Prinzen in unserer Residenz die Mittel zu einer wohlthätigen Stiftung zu sammeln und Sr. Durchlaucht damit zugleich eine Adresse zu überreichen, in welcher die Verehrung der Kolonie für den⸗ selben auszusprechen wäre. Die Vorbereitungen waren bereits beendigt, als die betrübende Nachricht von dem Unfalle an⸗ langte, der den Prinzen, kurz vor seiner beabsichtigten Rücktehr von seinem Urlaube nach hier in Berlin traf und ihn zu einer
längeren Kur noch im Auslande zu bleiben zwang. Nachdem nun Se. Durchlaucht am 1. (13.) Januar im besten Wohlsein
hierselbst
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berufungsschreiben sse
wieder eingetroffen, u r zu überreichen, hat heute die Darbringun ⸗ e Seitens der Mitglieder der deutschen ͤ lch der Stiftung betheiligt, stattgefunden.
K en , r Faiser Baron Stieglitz, welcher dem Stiftungsfond der technischen
Zeichenschule ein Geschenk von 1 Million Rubel zugewendet hat,
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in einem besonderen Handschreiben seinen Dank zu erkennen
gegeben. — Der „Regierungsanzeiger“ veröffentlicht die Namen
der neu ernannten Präsidenten für die Bezirksgerichte
und des Staatsanwalts bei dem Justizsenat in Warschau.
(W. T. B.) Der bisherige deutsche Bot⸗ 2
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schafter, Prinz Reuß, ist heute von hier abgerei st. Zahlreiche
Mitglieder des diplomatischen Corps, darunter auch der öster reichische Botschafter, Baron v. Langenau, der General-Contr leur des Reichs, General Greig, der Minister der“ ãr Walujef, und der St f von St. Petersburg, Gen
poff, waren bei der Abreise des Prinzen Reuß am Bahnhe zugegen.
Amerika. Washington, 25. Januar. Präsident Grant hat den Antrag des Repräsentantenh betreffend die Mittheilung der in der Guba-Angelegenh mit den europäischen Mächten gewechselten diplomatisch Korrespondenz, mit der Erklärung beantwortet, daß außer mit Spanien mit keiner anderen europäischen Macht eine die Angelegenheiten in Cuba betreffende Korrespondenz stattgefunden habe. Die diplomatischen Vertreter der nordamerikanischen Union im A d ü
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Auslande seien nur angewiesen worden, die bezü—
Note des Staats-Sekretärs Fish an den Gesandten Caleb Cushing in Madrid durch einfaches Vorlesen zur Kenntniß der Regierungen zu bringen, bei denen sie beglaubigt seien. — Die Vorlage wegen Bewilligung eines Kredits zur Bestreitung der Kosten für die Ausstellung in Philadelphia ist vom
Repräsentantenhause mit 146 gegen 130 Stimmen geneh⸗
migt worden. . 6 iember, Die hier „Gaceta Judicial“ hatte vor Kurzem den Gedanken eines all— gemeinen Kongresses südamerikanischer Staaten an— geregt, auf welchem die Fragen der Eheschließung und der Nachlaß⸗ regulirung von Ausländern, sowie andere in das internationale Privatrecht einschlagende Fragen erörtert und, soweit thunlich, einer einheitlichen Regelung zugeführt werden sollen.
Re ai ig diesem Gedanken
iehmen nach ist die peruanische R näher getreten, und es sollen einleitende Schritte zur Verwirk— lichung desselben bereits gethan sein.
Cuha. Aus Havanna wird unterm 22. d. telegraphirt: „General Jovellar, der neue General-Kapitän von Cuba, hat anläßlich seines Amtsantrittes eine Proklamation er⸗ lassen, welche in gemäßigter, aber entschlossener Sprache abge⸗
faßt ist.
Afrika. Aegypten. Dem „Daily Telegraph“ wird von seinem Spꝛezial-Korrespondenten in Cairo vom Sonntag berichtet: „Heute empfing der Khedive Telegramme, welch meldeten, daß mehrere Häuptlinge, welche der Sache Kassa's (des Königs von Abessinien) abtrünnig geworden, nach ihren Distrikten zurückgekehrt seien. Als die ägyptischen Truppen in die Provinz Khamasin einrückten, ermahnte der Gouverneur die Eingeborenen, sich zu erheben und ihr Land zu vertheidigen; aber als sie sich dessen weigerten, floh er zu Kassa, der ihn mit der Versicherung zurücksandte, daß er unverzüglich in Person nach Khamasin kommen würde, um die Aegypter daraus zu vertreiben. Es wird demnach in Kurzem ein Zusammenstoß zwischen den Abessiniern und den Truppen des Khedive er⸗ wartet. — Mr. Cave's Mission nimmt ihren befriedigenden Fortgang.
Wissenschaft und Literatur.
21 d. Mts. ist die an der naturwissenschaftlichen Fakoltaät Universität Tübingen erledigte ordeatlich: Pro⸗ fessur theoretische Chemie in Verbindung mit der Leitung des chemischen Hauptlaboratoriums der Universität dem ordentlichen Pro— fessor Hr. Lothar Meyer am Polytechnikum in Karlsruhe, die r fiaatt wirthschaftlichen Fakaltät der Unidersität erledigte ordent⸗ Professuer für Finanzwissenschaft und Nationalökonomie dem chen Peofessor Dr. Nenmann an der Universität Freiburg d die an der kathelisch-thzologischen Fakultät der Unversität ordentliche Professur für neutestamentliche Exegese f und Konvikts-Vorstand Dr. Schanz in?
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Gewerbe und Fandel. Die Generalversammlung der Unionbrauerei schaft vom 25. d. M. genehmigte sämmtliche Anträge des Au raths, einschließzlich der Vertheilung einer Dividende von 67 die Aklionäre.
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Zeit ist man im Muse 6 schäftiat, da später auch ein Fachkurs Gießerei ers werden soll. Mit Vergnügen ist übrigens zu konstatiren, daß sich aus allen Gegenden Bayerns Industrielle an das Gewercbemuseum wenden, um sich Rath und Auskuaft zu erholen. St. Peters burg, 25. Januar. (W. T. B.) Wie der „Inter- entur! Riga gemeldet wird, hat die peler, durch die un⸗ günstigen Zeitverhältnisse te Zahlungen eingestellt. Wie verlautet, ollen die Passir „000 Rol. betragen, denen 2, 150, 090 Rbl. Aktiva gegenüberst hen, die jedoch zum Theil schwer realisirbar sind. In Folge dieser Zahlungseinstellung hat heute auch daz Bankhaus Tefser C Eo. seine Zablungen eingestellt. Die Passiva sollen 1,5300090, die Aktiva 2 Millionen Nukel betragen. Bis „Internationale Telegraphen . Agentur“ fügt der Meldung h nzu, obgleich die Zahlungzeinstelluag einiger kleineren Firmen un aus bleib lich sei, so dürste doch für die bedeutenderen keine weitere Befürch⸗ tung vorliegen.
dortige alte Firma
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Verkehrs⸗Anstalten.
Nr. 7 der „Zeitung des Vereins deut scher Eisen bahnverwaltungen“ hat folg Inhalt: Der Ankauf der preußischen Staatsbahnen durch Reich. Die Ve: minderung des Gasverbrauchs bei den Eisenbabnen. Die Nichtberechtioung der Königlich preußischen Landgemeinden zur Erhebung einer ommunal⸗ Einkommensteuer von den
Eisenbahn⸗Gesellschaften. Briefe über Uöfterreichische Cisenbahnverhältnisse an einen New. Porker Freund R.