1876 / 49 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Feb 1876 18:00:01 GMT) scan diff

wonnenen umfangreichen Materials sich über den zu erstattenden Bericht schlüssig gemacht und denselben in einer Schlußberathung festgestellt hat, ist das gewonnene umfangreiche Material dem Bundesrath und Reichstag mitgetheilt. Die an das Ergebniß der Enquete zu knüpfenden Vorschläge unterliegen zur Zeit der Berathung.

Die Vorarbeiten zur Aufstellung einer einheitlichen, auf gleichmãßigen Grundlagen beruhenden Statistik der deutschen Eisenbahnen wurden unausgesetzt gefördert. Dieselben stoßen bei der großen Verschiedenheit und häufig auch Mangel⸗ haftigkeit der Buchungseinrichtungen bei den Eisenbahnen auf sehr erhebliche Schwierigkeiten. Inzwischen ist dem Beschlusse des Reichstages gemäß eine statistische Ueber⸗ sicht über die Betriebsergebnisse der Eisenbahnen Deutsch⸗ lands im Jahre 1874 auf Grund des von den Bahn⸗ verwaltungen gelieferten Materials aufgestellt und mit den zu⸗ gehörigen Erläuterungen im Anschlusse an die gleichen Ueber⸗ sichten für die Jahre 1867 1873 dem Bundesrathe und Reichs⸗ tage vorgelegt worden. Seit dem 1. März v. J. werden auch die monatlichen Betriebsergebnisse der deutschen Eisenbahnen, aus schließlich derjenigen im Königreich Bayern, im Reichs⸗ Eisenbahnamt nach einheitlichen Prinzipien zusammengestellt und durch den „Deutschen Reichs⸗Anzeiger“ veröffentlicht.

In Gemäßheit des Art. 43 der Reichsverfassung ist eine genaue Kontrole über den baulichen Zustand der Eisenbahnen, sowie eine Prüfung darüber eingeleitet, ob und inwiefern die Ausrüstung der Eisenbahnen mit Betriebsmaterial dem Bedürf⸗ niß entspricht.

Mit dem 1. April v. Is. ist das vom Bundesrath be⸗ schlossene, am 4. Januar 1875 verkündete neue Bahnpolizei⸗ Reglement nebst einer einheitlichen Signalordnung für die Eisen⸗ bahnen Deutschlands in Kraft getreten und damit ein wesent⸗ licher Schritt für die Gewinnung einheitlicher Betriebseinrich⸗ tungen vorwärts gethan. Die Durchführung dieser Reglements, sowie der damit in Verbindung stehenden Einrichtungen wurde unausgesetzt einer eingehenden Kontrole unterzogen.

Die Fahrpläne unterliegen regelmäßiger Kontrole und der durch die Rücksicht auf Art. 44 der Reichsverfassung geleiteten Einwirkung des Reichseisenbahn⸗Amts. Dasselbe hat vielfach Ge⸗ legenheit gehabt, auch für die Verbesserung internationaler Züge einzutreten.

Für die Einrichtung der gemäß §. 4 des Betriebsregle⸗ ments auf den einzelnen Stationen auszulegenden Beschwerde⸗ bücher, sowie für die Behandlung der darin eingetragenen Be⸗ schwerden sind unter Einrichtung entsprechender Kontrole einheit⸗ liche Vorschriften erlassen.

Ueber den Umfang der direkten Expeditionen im Personen⸗ und Güterverkehr sind eingehende Ermittelungen angestellt und im Sinne des Art. 44 der Reichsverfassung die erforderlichen Anordnungen getroffen, um einer Schädigung der Verkehrs⸗ interessen durch unmotivirte Aufhebung oder Einschränkung einer direkten Verkehrsbeziehung vorzubeugen.

Das Tarifwesen ist gemäß Art. 45 der Reichsverfassung einer regelmäßigen eingehenden Kontrole unterworfen, welche bei der beträchtlichen Anzahl der gegenwärtig gültigen Tarife (zur Zeit 1510) erhebliche Arbeit verursacht.

Für Jariferhöhungen ist im allgemeinen Verkehrsinteresse in Ermangelung allgemeiner gesetzlicher Vorschrift durch Beneh⸗ men mit den betreffenden Bundesregierungen auch der Königlich bayerischen die Anordnung einer sechswöchentlichen Publikations- frist für sämmtliche Tariferhöhungen nach dem Vorgange des preußischen Eisenbahngesetzes vom 3. November 1338 all— gemein für ganz Deutschland erzielt worden.

Die eintretenden Tariferhöhungen, sowie die Festsetzung und Publikation der durch das Betriebsreglement zugelassenen Liefer⸗ fristenverlängerungen sind unter spezielle Kontrole gestellt, auch wird mit vorerst befriedigendem Erfolge darauf hingewirkt, daß alle Tarif⸗ und Fahrplanänderungen zur besserenDrientirung des Publikums in einem Centralblatte, als welches bis auf Weiteres der „Deutsche Reichs⸗Anzeiger“ ausersehen ist, in gewissen Zeitabschnitten, ent— sprechend gruppirt, veröffentlicht werden.

Die von den verbündeten Regierungen dem Reichs⸗ Eisenbahnamte mitgetheilten Entwürfe von Konzessionen zu neuen Bahnlinien wie der Staatsverträge über den Bau und Betrieb solcher Linien wurden, gleich den betreffenden Baupro— jekten, der reichsverfassungs mäßigen Prüfung unterzogen.

Die Eröffnung neuer Bahnstrecken wird jeweilig unter An⸗ gabe der Stationen und Längenverhältnisse derselben durch ent⸗ sprechende Bekanntmachung im „Centralblatt für das Deutsche Reich“ zur öffentlichen Kenntniß gebracht.

Zum Zwecke der Information über spezielle Betriebs- und Verkehrsverhältnisse, zur Inspizirung von Bau⸗ und Betriebs⸗ anlagen, wie zu vermittelnder Ausgleichung von Differenzen an Ort und Stelle wurden die Räthe des Reichseisenbahn⸗Amts häufiger zu auswärtiger Thätigkeit veranlaßt.

Die exakte Ausübung des Dienstes bei den Zügen unter— liegt fortlaufender Kontrole. Zugverspätungen und vorgekom— mene Unfälle sind allmonatlich übersichtlich zusammengestellt und durch . Deutschen Reichs⸗Anzeiger“ zur öffentlichen Kenntniß gebracht.

Für die Auf stellung graphischer Fahrpläne ist den Eisenbahn⸗ Verwaltungen ein Normalfahrplan als Richtschnur zugefertigt worden. Die Aufstellung erfolgt einheitlich unter Zugrunde⸗ legung der Berliner Zeit.“

Ueber die Art der Erleuchtung der Personenwagen sind Erhebungen angestellt, deren Ergebniß übersichtlich zufammen—⸗ gestellt und, um die in dieser Beziehung noch vorhandenen Ver schiedenheiten zur Anschauung zu bringen und einheitliche Cin—⸗ tichtungen anzubahnen, durch den „Deutschen Reichs⸗Anzeiger“ veröffentlicht worden ist.

Im Interesse des reisenden Publikums wurde unter An⸗ derem auch die Anbringung zweckmäßiger Ventilations-Einrich⸗ tungen an den Personenwagen sowie die Herstellung geeigneter Interkommunikationsmittel zwischen den Reisenden und dem Zug⸗ personal während der Fahrt in Anwendung gebracht.

In Bezug auf die zollamtliche Behandlung und Abferti⸗ gung der Eisenbahn⸗Transportgüter find einige nicht unwesent⸗ liche Erleichterungen vermittelt worden.

Die Frage, ob die Zulassung von Schießpulver und anderen Explostvstoffen zum Eisenbahntransport unter entsprechenden Vorsichtsmaßregeln nicht den Vorzug vor dem jetzigen unbeding⸗ ten Ausschluß dieser Stoffe von der Beförderung auf den Sisenbahnen verdiene, um der weit größeren Gefahr der Ver⸗ sendung unter falscher Deklaration vorzubeugen, ist zum Gegen⸗ stande eingehender Erörterungen gemacht worden.

Zur Behebung der Schwierigkeiten bei Feststellung und Ab⸗ wickelung von Entschädigungsansprüchen aus dem Transport⸗ Verkehr ist den Eisenbahnverwaltungen die Bestellung von vereideten Sachverständigen für die verschiedenen Zweige des Handels, der Industrie und der Gewerbe, nach Benehmen mit

der ern mn der letzteren, vielfach mit Erfolg empfohlen worden.

Nicht geringen Anklang hat die behufs Herstellung einer fruchtbaren Verbindung zwischen den Eisenbahnverwaltungen und den gewerblichen, sowie den Handels- und landwirthschaft⸗ lichen Kreisen gleichfalls in Anregung gebrachte Bildung von Eisenbahnausschüssen aus Delegirten der Handelskammern wie der landwirthschaftlichen Vertretunß zur Begutachtung wichtiger, jene Zweige des wirthschaftlichen Lebens interessirender Fragen ꝛc. gefunden.

Zahlreiche andere, die verschiedensten Gebiete des Eisenbahn⸗ wesens berührende Gegenstände, insbesondere auch im Verhältniß zu anderen Ressorts, nicht minder die Einziehung umfassender Informationen über die Einrichtungen im Eisenbahnwesen des In⸗ und Auslandes trugen zur Vermehrung der Geschäfts⸗ last bei.

z Von Geschäftsangelegenheiten geringerer Bedeutung ver⸗ dienen hervorgehoben zu werden: Erörterungen und Anordnun⸗ gen, betreffend die Herausgabe neuer Auflagen der Tarife in an⸗ gemessenen Zeitabschnitten, die Herstellung deutlicher Neigungs-⸗ zeiger auf dem Bahnkörper, die Einrichtung der Bremsersitze, die Aufstellung eines zweckmäß gen Eisenbahn-⸗Coursbuches, die Prämiirung besonders wichtiger Erfindungen auf dem Ge⸗ biete der Admmistration wie der Technik des Eisenbahnwesens, die rasche und strenge Verfolgung von Diebstählen an Trans⸗ portgut u. s. w.

Es wurden außerdem 1035 Beschwerden gegen 807 im Jahre 1874 bearbeitet, die Zahl der Journal⸗Nummern stieg von 9822 im Vorjahr auf 14,191.

Von den zum Theil durch Kommissarien an Ort und Stelle untersuchten Beschwerden beziehen sich

401 auf das Betriebsreglement,

190 ;, die Tarife,

1566 „den Fahrbetrieb und

288 Personalien und verschiedene Angelegenheiten.

Die Nr. 91 der „National⸗Zeitung“ enthält die Be⸗ merkung, daß sich ein Mangel an kleinen Silber⸗ münzen geltend mache, indem Markstücke, halbe Markstücke und diesen im Werthe gleichkommende ältere Münzzeichen ab— solut nicht aufzutreiben seien. Bei der Reichsbank seien diese Münzzeichen nicht zu erhalten, weil, wie dieselbe angebe, sie selbst keine habe; ebenso wenig hätten die Kassen der großen Finanzinstitute einen Vorrath an diesen Münzen.

Diese Mittheilung ist, was die preußischen Staatskassen be— trifft, nicht begruͤndet. Durch diese sind hier in Berlin ungefähr 12 Millionen Mark an Ein⸗Markstücken und Fünfzig⸗Pfennig⸗ stücken zur Verausgabung gelangt, und alle hiesigen König⸗ lichen Kassen sind angewiesen, bei der Leistung ihrer Zahlungen Reichssilbermuͤnzen in den gewünschten Be⸗ trägen an die Empfänger zu verabfolgen. Sollte dessenungeachtet noch ein Mangel an Ein -Markstuͤcken oder an Geldstücken zum Werthe von einer halben Mark hervortreten, namentlich in Kreisen von Gewerbetreibenden, welche ansehnliche Summen an Löhnen auszuzahlen haben, so sind die Haupt— Seehandlungs⸗Kasse und die unter dem Vorsteher der Ministe⸗ rial⸗, Militär und Bau⸗Kommission stehende Kasse hierselbst veranlaßt worden, bis auf Weiteres auf die Anträge solcher Personen einzugehen, welche Reichs⸗Silbermünzen in Beträgen nicht unter 1000 S oder in einem Vielfachen davon gegen Goldmünzen oder Reichs⸗Banknoten einzuwechseln wünschen.

Da bei Erledigung des Erlasses des Ministers der geistlichen 2c. Angelegenheiten vom 4. Februar v. J., betreffend die Feststellung der Dienstalters- und Einkommens— verhältnisse der evangelischen Geißstlichen, mit Rück— sicht auf die im vorigen Jahre gebotene Beschleunigung von ein— gehenden Ermittelungen abgesehen werden mußte, so haben die erforderlichen Angaben damals nur mit annähernder Genauig— keit und Sicherheit gemacht werden können. Außerdem haben sich inzwischen die Verhältnisse in Folge der Durchführung der vorjährigen Aufbesserung in erheblicher Weise verändert. Da es wuͤnschenswerth ist, nunmehr eine dem gegenwärtigen Stande entsprechende sichere Uebersicht zu gewinnen, so hat der Minister die Königlichen Konsistorien veranlaßt, die das Dienstalter, sowie das Einkommen der Geistlichen, betreffenden Verhältnisse einer nochmaligen sorgfältigen Prüfung zu unterziehen und das Er— gebniß anzuzeigen.

Nach 5. 345 des Strafgesetzbuchs wird ein Beamter mit Zuchthaus bestraft, welcher vorsätzlich eine Strafe vollstrecken läßt, von der er weiß, daß sie überhaupt nicht oder nicht der Art oder dem Maße nach vollstreckt werden darf. Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt Gefängnißstrafe oder Festungshaft bis zu einem Jahre, oder Geldstrafe bis zu drei⸗ hundert Thalern ein. Nach einem Erkenntniß des Ober-⸗Tri⸗ bunals vom 4. Februar d. J. ist unter „vorsätzlicher“ Strafvollstreckung im Sinne dieser Bestimmung nicht der äußere Vollstreckungsakt, die Vorsätzlichkeit der Vollstreckung, sondern die Vorsätzlichkeit der rechtswidrigen Vollstreckung zu verstehen. Läßt hingegen ein Beamter eine Strafe vorsätzlich vollstrecken, in der unrichtigen Meinung, dazu befugt zu sein, so ist er nur wegen Fahrlässigkeit zu bestrafen.

Der Regierungs⸗Assessor und Spezial-Kommissarius Knatz in Marburg ist als Spezial⸗Kommissarius und kommissa⸗ rischer Hülfsarbeiter an das Kollegium der Regierung in Schleswig versetzt worden.

Wiesbaden, 23. Februar. Das Konsistorium hat die Vorsitzenden der Ftreissynoden beauftragt, die Wahl der Abge⸗ ordneten zu der außerordentlichen Bezirkssynode innerhalb der Zeit vom 3. bis 8. April cr. vornehmen zu lassen.

Bayern. München, 25. Februar. (W. T. B.) Ab⸗ geordnetenkamm er. Der Minister⸗Präsident v. Pfretzschner beantwortete die Interpellation des Abg. Freitag in Betreff des Ueberganges der Bahnen an das Reich in ausführlicher Rede und erklärte am Schlusse derselben, die bayerische Regierung werde für die bayerischen Bahnen ihren Reservatstandpunkt wahren. Das Haus irat darauf in die Präsidentenwahl ein.

Der bisherige Präsident, Freiherr v. Ow, und der bis⸗ herige Vize⸗Präsident, Ober- Appellations⸗-Rath Kurz, wurden mit 8 gegen 73 Stimmen wiedergewählt. Die nächste Sitzung findet am Donnerstag statt. Auf der Tagesordnung derselben steht u. A. die Interpellation des Abg. Joerg wegen Vorlage eines Wahlgesetzes.

Nach den betreffenden Vorlagen an die Kammern be⸗ trugen im Jahre 1874 die reinen Staatseinnahmen (nach Abzug von 42,627, 808 Fl. Verwaltungsausgabe) S3, 418 651 Fl., gegen den Voranschlag mehr um 3,591,471 Fl., die Staatsausgaben betrugen 78,193,534 Fl., um 1,640,101 Fl. weniger, als im Budget veranschlagt war.

Sachsen. Dresden, 24. Februar. (Dresd. Journ.) Bei dem Prinzen und der Prinzessin Georg hat gestern Abend ein Ballfe st stattgefunden, zu wel hem gegen 300 Einla⸗ dungen ergangen waren. Anwesend waren der König und die Königin, sowie der Herzog und die Herzagin Friedrich von Schles⸗ wig⸗Holstein und der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg⸗ Schwerin. Unter den übrigen Anwesenden befanden sich die Staats⸗Minister, das diplomatische Corps, die obersten Hof⸗ chargen, die Generalität ꝛc. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde zunächst nach kurzer Diskuffion der Gesetzentwurf über die Oberrechnungz⸗ kamm er der Gesetzgebungsdeputation überwiesen, worauf die Kammer in die Hauptvorberathung über den von der Gesetz⸗ gebungsdeputation wesentlich geänderten Gesetzentwurf, Eni⸗ schädigung der Geistlichen und Kirchendiener für den Wegfall von Gebühren betreffend, eintrat. Von allen auftreten⸗ den Rednern wurde die Nothwendigkeit desselben anerkannt. In der Spezialberathung wurde der von der Deputation abgeänderte Gesetz⸗ Entwurf mit einem Antrage des Abg. Günther angenommen, nach welchem die festgestellte Entschädigung den Kirchengemeinden gewährt wird, daß sie den Gehalt ihrer Geistlichen und Kirchen—⸗ diener nach dem durchschnittlichen Betrage der Accidenzen und Stolgebühren während der letzten vier Kalenderjahre fixiren sollen; ferner mit einem Zusatzantrage des Abg. Dr. Gensel, welcher über die Entschädigungen derjenigen Religionsgesellschaf⸗ ten Bestimmung trifft, bei welchen bisher Stolgebühren nicht bestanden haben; zum Schluß wurden noch einige Positionen des Nachtragsbudgets für 1874,75 bewilligt.

Baden. Karlsruhe, 22. Februar. Der Großherz og⸗ liche Hof hat gestern wegen Ablebens der Großfürstin Mtaria Nicolasewna von Rußland auf vier Wochen Trauer angelegt. Die Verstorbene war die Mutter der Prinzessin Wilhelm von Baden, welche sich schon seit Monaten in St. Petersburg be— findet, wohin sich jetzt auch Prinz Wilhelm begeben hat. Mit der gestern in der Sitzung der Zweiten Kammer er⸗ folgten gleichzeitigen Vorlage des außerordentlichen Budgets, der Darstellung des Betriebsfonds und des Finanzgesetzes für 1876 und 1877 ist die Finanzverwaltung von der bisherigen Gewohnheit abgewichen, wonach sonst zu Anfang der Session das ordentliche Budget berathen, später das außerordentliche Budget, dann das Budget des Betriebsfonds vorgelegt wurde und erst zu⸗ letzt das Finanzgesetz zu Stande kam. Der Finanz⸗Ministerial⸗ Präsident Staatsrath Ellstätter beleuchtete gestern die Zweck⸗ mäßigkeit des neuen Verfahrens jener gleichzeitigen Vorlage in formeller und materieller Hinsicht. Die von den klerikalen Kammermitgliedern in Betreff der Reichseisenbahnfrage gestellte Interpellation lautet: „I) War Großherzogliche Regierung schon in der Lage, sich über die Erwerbung der Eisenbahnen durch das Reich auszusprechen? 2) Welche Stellung gedenkt Hoch⸗ dieselbe dieser Frage gegenüber einzunehmen?“ Der Tag der Beantwortung ist noch nicht bestimmt.

HGessen. Darm stadt, 22. Februar. Das neueste Re⸗ gierungsblatt veröffentlicht das Berggesetz für Hessen, wel⸗ ches im Wesentlichen eine Nachbildung des preußischen Berg— gesetzes vom 24 Juni 1865 enthält. Das Kirchengesetz über die Eintheilung der evangelischen Dekanate bildet für das Großherzogthum 23 Dekanate, wovon 8 auf die Pro— vinz Starkenburg, 109 auf Oberhessen und 5 auf Rheinhessen entfallen. Zum Dekanate Büdingen in Oberhessen gehören außer den hessischen Pfarreien folgende Filialen preußischer Pfarreien: Bindsachsen (Filiale der preußischen Pfarrei Wolfen⸗ born), Bösgesäß (nach Kirchbracht im Königreich Preußen ein⸗ gepfarrt), Illnhausen und Michelau (nach Kirchbracht und Wolfenborn eingepfarrt) und Mittelgründen (Filiale der preu⸗ ßischen Pfarrei Berg).

Oldenburg. Oldenburg, 24. Februar. Da ein Einver⸗ nehmen zwischen der Staatsregierung und dem Landtage in Betreff der Regulative nicht erzielt worden ist, ist der Land⸗ tag heute Abend aufgelöst worden.

Elsaß⸗ Lothringen. Straßburg, 23. Februar. Der Ober⸗Präsident von Elsaß⸗Lothringen, v. Moeller, ist, wie die „Stroßb. Ztg.“ mittheilt, gestern Nachmittag abgereist, um sich durch die Schweiz nach Italien zu begeben.

Die „Magdeburgische Zeitung“ schreibt: „Der Prozeß gegen den Schriftsteller 6. Rasch wegen seines Buches: „Die Preußen im Elsaß“, welcher vorige Woche vor dem Kreis⸗ gerichte zu Braunschweig zum Abschluß gelangt ist, gewinnt ein besonderes Interesse durch die in demselben verlesenen Zeugenaussagen von eingeborenen Elsaß-Lothringern. Stellt man die Auslassungen der von dem Angeklagten angerufenen Ent⸗ lastungszeugen mit denjenigen der von der Staatsanwaltschaft herangezogenen Belastungszeugen zusammen, so zeigen dieselben in der Beurtheilung der deutschen Verwaltung im Grunde kaum einen Unterschied. Das Bild, welches die Zeugenaussagen ent⸗ werfen, enthalt keine Spur jener bewußten und planmäßigen Tyrannei, deren Hr. Rasch die „Preußen“ anzuklagen unter⸗ nahm. Daß die beiden Belastungszeugen J. Klein und Graf Dürkheim, trotz des auch von ihnen nicht zurückgehaltenen Tadels vorhandener Mißstände die deutsche Verwaltung im Ganzen durchaus anerkennend beurtheilen, kann bei der bekannten dentschfreundlichen Stellung derselben nicht überraschen. Bedeut⸗ samer ist, daß gerade die hervorragendsten unter den von Hrn. Rasch provozirten Entlastungszeugen in den wesent⸗ lichsten Punkten sich als Entlastungszeugen für die ange⸗ schuldigte Verwaltung erwiesen haben. Als einer der schwersten Vorwürfe war gegen die letztere derjenige schonungsloser Unter⸗ drückung des Französischen erhoben worden. Sie sollte z. B. die Straßennamen mit größter Willkür geändert haben, in fran⸗ zösischer Sprache an die Behörden gerichtete Eingaben zurück⸗ weisen u. s. w. Dagegen bekennt der abgesetzte Straß⸗ burger Bürgermeister und protestirende Reichstagsabgeordnete Lauth, daß meistens die alten, erst unter der französischen Revolution oder sogar noch später ins Französische übersetzten und, wie wir hinzufügen, im Vollsmunde bis auf unsere Tage noch fast durchweg gebräuchlichen deutschen Straßennamen wieder aufgenommen sind, und selbst der heißspor⸗ nigste Vorkämpfer der Straßburger Protestpartei, der aus Frank⸗ reich eingewanderte Seidenhändler Carré, muß der deutschen Re⸗ gierung bezeugen, daß die Zurückweisung französischer Eingaben eine Fabel ist. Als einziges Symptom eines rigorosen Vorgehens gegen das Französische konnte höchstens die Beseitigung des fran⸗ zösischen Sprachunterrichts aus der Volksschule K. werden. Von deutscher Seite ist oft genug hervorgehoben, daß die Mo⸗ tive dieser Maßregel in erster Linie pädagogische gewesen sind. Im Uebrigen kann von einer tyrannischen Unterdrückung bei einer so grunddeutschen Bevölkerung, wie die des Elsasses ist, gar keine Rede sein. Selbst Hr. Lauth muß zugeben, daß auf dem Lande

das Deutsche überwiegen, was so viel heißen will, als daß in den so⸗ genannten Deutsch redenden Landestheilen und auf diese allein bezieht sich die Maßregel mit Ausnahme einiger Französisch gebildeter Gutsbesitzer und Fabrikherren, so wie einer kleinen Zahl Eingewanderter, Alles Deutsch spricht. In den Stãdten aber ist einem Jeden, der wirklich Französisch ler⸗ nen will, in Realschulen und Gymnasien, in welchen dem Französischen ein außerordentlich breiter Spielraum gegeben ist, die beste Gelegenheit geboten. Von besonderem Inter— esse ist, daß die auch von den klerikalen elsässischen Ab⸗ geordneten auf der Reichstagstribüne wiederholt erhobenen Klagen über unmäßige Steuererhöhung eine Beleuchtung er⸗ fahren haben. Der zur Protestpartei gehörende Architekt Lichtenberg in Straßburg sfagt aus, die Erhöhung der Steuern sei nicht erheblich, und Hr. Laumh erklärt offen, die Steuern seien gar nicht erhöht, sondern nur anders vertheilt. Ganz dasselbe haben die Organe der Verwaltung stets behauptet. Bei Licht besehen bleibt von all den schweren Beschuldigungen, mit denen Rasch die deutsche Verwaltung Elsaß⸗Lothringens in den Augen aller Welt zu brandmarken suchte, nichts als die längst bekannten, aber kaum zu vermeidenden Uebel des Ueberganszustandes. Daß z. B. die Durchführung der Options bestimmung des Friedensvertrages vielfach zu Härten führen oder wenigstens von den Betheiligten als solche angesehen werden mußte, liegt ja auf der Hand. Aber auch hier hat Lauth ausdrück⸗ lich erklärt, daß Drohungen von der Verwaltung bei der Option nicht angewandt seien. Und was die vielberufene Polizei betrifft, so klagt Lauth allerdings, daß schon die Unkenntniß der Sprache zu Konflikten führe, aber Carré bekundet doch, daß ihm von den, den Polizeibeamten nach⸗ gesagten Mißhandlungen nichts bekannt sei, und Klein hebt besonders rühmend hervor, daß die deutsche Polizei frei sei von jener Spitzelwirthschaft, die unter dem napoleonischen Regime die Bürger in beständiger Angst erhielt. Alles in Allem darf man sagen, daß sich die Regierung eine bessere Recht⸗ fertigung, als sie ihr hier (zeugeneidlich aus dem Munde von Freund und Feind geworden, gar nicht wünschen konnte. Sie wird darin ohne Zweifel einen Sporn finden, auf der be— tretenen Bahn muthig fortzufahren, aber auch die wirklich vor⸗ handenen Uebelstände nach Kräften zu beseitigen.“

Oesterreich⸗ Ungarn. Pe st, 23. Februar. Im Abgeord—⸗ netenh ause erwiderte der Minifler⸗Präsident auf die Interpellation Orbans, betreffend die straffreie Rückkehr von in den Jahren 1849 bis 1867 aus Siebenbürgen geflüchteten Militärpflichtigen, daß die Regierung keine amtliche Kenntniß von massenhaften Ansuͤchen solcher Flüchtlinge habe. Die Regierung sei übrigens bereit, von Fall zu Fall jedem einzelnen Bittsteller womöglich behülf— lich zu sein; allein eine allgemeine Maßnahme in diefer Rich⸗ tung sei nicht thunlich und auch nicht angezeigt, da die ungebil⸗ dete Volksmasse daraus nur eine Ermuthigung zu gesetzwidriger Flucht vor der Wehrpflicht schöpfen würde und die Last des Militärdienstes auf die Zurückgebliebenen überwälzt würde. Das Haus nahm die Antwort emhellig zur Kenntniß. Szennyen interpellirte den Kommunikations-Minister wegen des Dondu⸗ austrittes bei Paks und in der Umgegend.

Der vom Minister⸗Präsidenten heute unterbreitete Gesetz= entwurf über den Königsboden, die Regelung der säch— sischen Universität, des Vermögens der Universität und der sogenannten sieben Richter enthält 20 Paragraphen folgenden Inhalts: Nach der durch ein Gesetz zu erfolgenden Regelung der Munizipal-Territorien hören für den Königsboden die Unter? schiede im Kreise der Administration auf. Den Titel Comes wird der Obergespan des Hermannstädter Komitates, welcher zu— gleich Universitätspräsident ist, führen. Die sächsische Uni⸗ versität behält als kulturelle Behörde die Verfügung und die Kontrole über ihr Vermögen und bleibt das Eigenthums— recht unberührt. Bei auftauchenden Fragen ent cheidet das Gericht. Das Vermögen muß ohne Unterschied der Sprache und Religion für alle eigenthumsberechtigten Bewohner ver— wendet werden. Die Generalversammlung verfügt über das Vermögen und tritt jährlich ein Mal zusammen. Der Präsident ist der Hermannflädter Komitats-Obergespan, der Vizepräsident ist ein auf drei Jahre gewähltes Mitglied. Der Schriftführer ist der Universitäts⸗Sekretär und wählen Hermannstadt und Kronstadt je zwei Mitglieder, Schäßburg, Mühlbach, Broos, Mediasch und Bistritz je ein Mitglied, und 11 Mitglieder wer— den aus den Landbezirken gewählt. Das Vermögen der sieben Richter verwalten die Universitätsmitglieder der betreffenden Be⸗ zirke. Der Minister des Innern bestimmt die Zeit des Insleben— tretens dieses Gesetzes.

Großbritannien und Irland. London, 23. Februar. Am Hofe werden bereits die nöthigen Vorkehrungen für die betor— stehende Reise der Königin nach dem Kontinent getroffen. Die Budgetanschläge für die Armee sind heute ver— öffentlicht worden und betragen 15,281,600 Pfd. Sterl. oder um S603, 900 Pfd. Sterl. mehr, als im ablausenden Jahre. Die Mehrausgaben vertheilen sich auf Gagen und Löhnungen 79, 200 Pfd. Sterl.), Kriegs vorräthe (243 000 Pfd. Ster), Transport und Lebensmittel (47,000 Pfd. Sterl.), Uniformen 142500 Pfd. Sterl. u. s. w. 20,300 Pfd. Sterl. treffen davon auf das Freiwilligencorps und 1033600 Pfd. Sterl. auf die Armeereserve. Der Gesammtstand der Armer ist um 3603 Mann vermehrt, nämlich 132 884 (mit Einschluß des Stabes der Brigadedepots) gegen 129,281 im ablaufenden Verwaltungsjahr. Die Zahl der im Bau begriffenen oder projektirten Schiffe der Marine beläuft sich auf 46. Jedoch sind nur sechs von diesen, nämlich „Inflexible“, ‚Toméraire“, „Ajgz“, „Agamemnon“, Nelson“ und „Northampton“ Panzerschiffe, und zwar drei zerselben Thurmschiffe. Alle Übrigen? sind ungepanzerte Korvetten, Schaluppen und Kanonenboote; auch ein Torpedo— boot ist hierher zu rechnen. Die Gesammtkosten für den Bau dieser Schiffe werden auf über 43370 900 Pfd. Sterl. veranschlagt. Der Prinz von Wales besindet sich noch in Nepal und hat hier endlich gute Jagdgründe für die Tigersagd gefunden. 24. Februar. (W. T. B.) Unterhaus. Der Kanzler der Schatzkammer, Northcote, erwiderte auf eine Anfrage artingtons, es könne bezüglich der Tonnengelder für die den Suezkanal passirenden Schiffe keinesfalls eine Aenderung ein⸗ treten, bevor diefelbe nicht vom Khedive, von der Pforte und von den dabei interessirten Seemächten in Erwägung gezogen und genehmigt worden sei. Die zwischen Leffeps und dem Dberst Stokes geführten Verhandlungen hätten einen sehr be⸗ riedigenden Fortgang genommen und werde Oberst Stokes in der Kürze nach England zurückkehren. Auf weilere Details 6 einzugehen, halte er nicht für opportun. In der eutigen Sitzung wurde die Debatte über das von der Regie⸗

rung erlassene Cirkular, betreffend die Aufnahme der an Bord englischer Schiffe geflüchteten Sklaven, eröffnet. Das Haus billigte mit einer Majoritãt von 45 Stimmen die Ernennung der Föniglichen Kommission zur Vorberathung dieser Vorschrif⸗ ten, lehnte es aber ab, das Cirkular während der Arbeiten der Kommission zu suspendiren.

Frankreich. Paris, 24. Februar. Die Permanenz⸗ kommission in Versailles hat sich heute, wie W. T. B' meldet, mit Feststellung der Formalitäten beschäftigt, unter wel⸗ chen auf die am 8. k. M. zusammentretenden beiden Kammern die bisher von der National versammlung ausgeübte Gewalt über⸗ gehen soll.

Im „Schwäbischen Merkur“ heißt es: Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Republik in Frankreich jedesmal“ nur durch die Fehler der Republikaner wieder gefallen ist; da⸗ durch nämlich, daß sie, vergnügt, als Parteileute obenan zu sein, es versäumten, die große Masse der wie überall konser⸗ vativen Bevölkerung zu gewinnen und zu beruhigen, dieser Fehler sollte diesmal von vornherein vermieden werben. Thiers hatte zuerst die Loosung ausgegeben: die konservative Republik ist die allein mögliche. Gambetta hat dieses Programm mit seiner jugendlichen Energie durchgeführt, indem er nicht müde wurde, die republikanische Union zu predigen und die Politik des Erfolgs gegen die der Träumereien, des Kompromisses gegen Prinzipienreiterei, der Vernunft gegen die Narrheit zu vertheidigen. Nur auf diesem Wege hat die große Masse der franzöfischen Wähler, die vor 5. Jahren monarchisch wählte, nun für die Republik gewonnen werden können, die ihr jetzt nicht mehr als rothes Schreckbild, sondern als eine Bürgschaft der Ordnung und des Friedens erscheint. Das französische Volk hat für die bestehende Staatsform gestimmt, weil es konservativ wählen wollte. Es hat gegen die Parteien geslimmt, welche mehr oder minder deutlich die Revision ankündigten, weil es nicht wieder aufs Meer des Ungewissen sich hinausbegeben will. Die monarchischen Parteien sind gründlich geschlagen; auch die Bonapartisten, die immerhin mehr als' die anderen zu be⸗ deuten haben. Wie der Senat, ist auch die Abgeordneten⸗ kammer nun zu einem Bollwerk der Verfassung vom 25. Fe— bruar v. J. geworden, ein Ergebniß, das gluͤckverheißend für die innere Entwickelung Frankreichs ist, wie für die Ruhe des Welttheils, vorausgesetzt, daß die jetzt herrschende Partei sich selbst im Zaume hält und sich bewußt bleibt, wodurch ihr die Republikanisirung des Landes gelungen ist. Auch die Vorgänge bei der Wahl selbst sind von guter Vorbedeutung. Die ganze Wahlbewegung hatte einen ungewöhnlich ruhigen Eharakter. Eine gewisse entschlossene Sicherheit war die vorherrschende Stimmung, und wir wollen nicht vergessen, noch zwei Dinge hervorzuheben, die der Wahlagitation ihren besonderen Charak⸗ ter verliehen. Der eine ist die entschiedene Betonung des Fris— dens, die in keiner Wahlrede oder gedruckten Ansprache fehlen durfte. Jede Partei suchte sich als diejenige, welche den Krieg besonders verabscheue, bei den Wählern einzuschmeicheln. Selbst die Bonapartisten haben aus Rückscht auf die Stimmung der Wählerschaft davon keine Ausnahme gemacht. Das andere ist die Entschiedenheit, mit welcher Gambetta, der Führer der jetzt stegreichen Partei, den Klerikalen den Handschuh hinwarf, die in den letzten fünf Jahren nur allzu gute Tage in Frankreich genossen haben. Man erinnert sich, daß bald nach dem Kriege Ernst Renan erklärt hat, Frankreich müsse es jetzt mit den Jesuiten halten, weil es mit den Feinden des Deutschen Reichs gut Freund sein müsse. Auf diese ebenso kindische als selbst— mörderische Politik hat Gambetta verzichtet.

Die „Schlesische Zeitung“ schreibt: Kaum war ein ein— ziges Jahr auf den Frieden von Frankfurt gefolgt, als schon die „katholische Frage“ auf internationalem Gebiete eine Rolle zu spielen begann. Das französische Landvolk wurde von seinen Bischöfen und Priestern unter Mitwirkang des bourboni⸗ schen Adels in einen fangtischen Kriegstaumel versetzt, welcher den Frieden Europas hätte in Frage stellen können, wenn die Dinge nicht wider Erwarten plötzlich eine andere Wendung genommen hätten. Die wunderbaren Erscheinungen der h. Zungfrau, welche den Sieg Frankreichs und den Untergang Deutschlands verkündeten, die mit großem Gelat in Scene gesetzten Wallfahrten und Prozes— sionen, das und manches andere hatte nach dem Sturze Thiersꝰ und nach der Fusion der beiden bourbonischen Linien eine Wir— kung geübt, der gegenüber im Innern Frankreichs keine Macht stark genug gewesen wäre, die Wiederherstellung des legitimen Königthums zu hindern. Paris stand Heinrich V. offen, er würde, wenn ihm nicht plötzlich der Muth entsunken wäre, den ersehnten Thron zu besteigen, im Frühherbst 1873 dort mit Jubel empfangen worden sein. Mit der Aenderung der Situa— tion, die sein Absagebrief herbeiführte, war indeß die klerikale Tendenz, die in Frankreich die Oberhand gewonnen hatte, noch keineswegs überwunden. Die Republikaner in der National versammlung konnten sich, selbst als ihr Verfassungsprogramm bereits durchgekämpft war, der Zugeständnisse an die ultra— montane Rechte nicht erwehren. In dem Gesetze über das Unterrichtswesen, welches sogar den Vermögenserwerb zur todten Hand wieder herstellte, fanden die Wünsche Roms im weitesten Maße Erfüllung. Heute aber dürfen alle Besorgnisse, die daran ge⸗ knüpft werden konnten, als definitiv beseitigt gelten: der Ausfall der Wahlen für den Senat wie für die Deputirtenkammer bürgt dafür, daß die Republik in einem anderen Geiste als dem des Ultramontanismus geleitet werden wird, und im Lager der Re⸗ publikaner gedenkt man heute schon an die Wiederabschaffung des Unterrichtsgesetzes. Das politische Frankreich ist für Rom einstweilen verlorener Boden, den „heiligen Krieg“, den „Kampf gegen die ungläubigen Barbaren“ wird es nicht mehr in seinen Calcül aufnehmen können.

Epanien. Madrid, 24. Februar. (W. T. B.) Nach weiteren hier vorliegenden Nachrichten sind Don Carlos und Lizarraga mit etwa 24000 Mann ohne Proviant und Ge— schütze bei Amezcoas zusammengedrängt und suchen über Aldnides (?) die französische Grenze zu gewinnen. Mehrere Divisionen der Regierungstruppen sind gegen sie im Anmarsch.

Numänien. Bu kare st, 25. Februar. (W. T. B.) Die Kammersession ist bis zum 13. März verlängert worden. In Folge der Ueberschwemmungen ist schon seit mehreren Tagen keine abendländische Post hier eingetroffen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 22. F⸗ bruar. Die „Post⸗ och Inr. Tidn.“ enthält folgende Mitthei⸗ lung: „Aus der Veranlassung, daß die Luft in Christiania auf die Gesundheit Ihrer Majestät der Königin wohlthätig einzuwirken scheint, hat Se. Majestät der König beschlossen, etwas länger als beabsichtigt war, daselbst zu verweilen, und soll die Rückkehr nach Stockholm auf den 3. März Morgens festgesetzt sein.“ Der Königliche Hof hat gestern für die Großfürstin von Rußland,

Maria Nicolajewna, Witwe des Herzogs Maximilian von Leuchten⸗ berg. Mutterbruders Sr. Majestãt des Königs, eine sechszehn⸗ tägige Trauer angelegt.

Dänemark, Kopenhagen, 24. Februar. Die Verhand— lungen über den Gesetzentwurf, betreffend die Vertheidigungs⸗ anstalten, kamen in der gestrigen Sitzung des Lands⸗ thinges noch nicht zum Abschluß. Jessen verlangte von der Regierung eine bestimmte Erklärung, wie weit sie ihren in dieser Frage eingenommenen Standpunkt fest⸗ halten wolle. Oberst Andrä suchte militärische, finanzielle und politische Gründe gegen den Vertheidigungsplan. Der Kriegsminister trat in langer Rede den Auslassungen Andrä's entgegen, welche er als die gefährlichsten bezeichnete, die bisher in dieser Sache vorgekommen seien. Er halte die vorgeschlagenen Vertheidigungsmaßregeln unter allen Umständen für geboten.

Brasilien. Bahia, 8. Januar. In meiner Mit— theilung vom 14. Dezember v. J. *) habe ich der Hoffnung Aus⸗ druck gegeben, daß die brasilianische Regierung sich dazu ver⸗ stehen werde, gleichzeitig mit dem hier noch zurückgebliebenen Reste der vor nun bald 2 Jahren von den Kolonien Moniz und Theodoro hierher zurückgekehrten deutschen Auswanderern, auch diejenigen deutschen Kolonisten heimzuschaffen, welche un⸗ längst von Theodoro zum Zwecke der Uebersi delung nach Blumenau hier eingetroffen waren, dann aber erklärten, nach keinem anderen Orte als nach der Heimath gehen zu wollen.

Jene Hoffnung hat sich nunmehr erfüllt. Sämmtliche hier befindliche deutsche Rückwanderer sind am 4. d. M. mit dem deutschen Dampfer „Bahia“ auf Kosten der hiesigen Regierung nach Hamburg befördert worden **). Es waren ihrer 16 Er⸗ wachsene und 11 Rinder.

.Es bleibt nunmehr zu wünschen, daß die hiesige Regierung

dieselben Rücksichten der Billigkeit und wienschlichke t auch gegen die noch in Theodoro in dem traurigsten Zustande befindlichen 7 Schicksalsgenossen der schon Heimgeschafften walten lassen möge, damit nicht das achte Hundert derer, welche bei einem einzigen Kolonisations-Unternehmen als Opfer der Prospekte der Firma Lobedanz C Co. in Antwerpen hier ihr Grab gefunden haben, voll werde.

. S. die Nummer des Blattes vom 25. Januar d. 8

) Anmerkung. Es werden dies vermuthlich dieselben der Mehrzahl nach aus dem Kreise Pr. Stargard stammenden Ruck— wanderer sein, über deren Durchreise durch Berlin die hiesigen Zei⸗ tungen unlängst mit dem Hinzufügen berichteten, daß keine eirzige der betreff nden Familien vollzählig zurückkehrte und alle sich völlig mittel⸗ los befanden.

Landtags Angelegenheiten.

Im 5. Breslauer Wahlbezirk Greis Breslau, markt) ist der Graf Lim burg-Stirum, dessen Mandat wegen seiner Ernennung zum Gesandten erloschen war, mit sehr großer Majorität zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten wiedergewählt worden. ;

Zum preußischen Staatshaushalts-Etat 1876. *. (S. Nr. 47 d. Bl.)

Der Etat der Verwaltung für Handel, Gewerbe und Bauwejen des Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten für das Jahr 1876 weist Einnahmen auf im Betrage von 1 148,778 Sc (gegen den vorigen Gtat 424, 070 6). Das Minus begründet sich in der Hauptsumme durch den in Folge des Gesetzes vom 8. Juli 1875 entstehenden Ausfall von 238,293 Mp0 als „Erlös für Obstnutzung an den Chausseen, für Chaussee-Abraum— und Grabenerde ꝛc.ᷣ und von 138,366 als „Einnahmen aus der Verpachturg der Grasnutzungen auf den Böschungen' und in den Gräben der Stagatschgusseen, so wie der Weidenpflanzungen an letzteren. Die Ausgaben belaufen sich insgesammt auf 29, 639,735 , davon sind dauernde Ausgaben mit 18, 839735 6 (gegen den vorigen Etat 19,919, 999 M) in Rechnung gestelit; dieses bedeutende Minus wird hauprjächlich verursacht durch den im vorigen Etat noch vor— handenen Posten von 13,959,954 M „zur Unterhaltung der Staats— Chausseen“, der gänzlich ausfällt, ferner durch Minderausgaben der Bauverwaltung in Höhe von 6,100, 144 M6. Die einmallgen und außerordentlichen Ausgaben beanspruchen 10,006,000 „S (gegen 1875 l65,559, 492 S6). Unter den dauernden Ausgaben entfal— len auf das Ministerium 936,670 M, auf die Bauverwaltung 16047, 835 υς (dabei das bereits erwähnte Minus von 6, 100, 44 (, welche Summe bisher „zu Neu und Umbauten der Staatschausseen, sowie zu Prämien für Chaufsee⸗Neubauten“ angesetzt wurde, aber in Folge des Dotationsgesetzes ausfällt), auf die Bau⸗Afademie in Berlin 204,210 46 (die Einnahmen derselben stehen mit 103, 600 S0 in Ansatz'. auf die Handels- und Gewerbeverwaltung 771,585 oM, auf t chnische Lehranstalten der Handels. und Gewerbeverwaltung und sonftige wissenschaftliche und gemeinnützige Zwecke 1.448 235 M., auf der Bauverwaltung und der Verwaltung für Handel und Ge— werbe gemeinsame Ausgaben 231, 150 ½½. Von den einmaligen und außerordentlichen Ausgaben beansprucht die Allgemeine Bau— verwaltung 9211, 099 M6 und zwar zum Bau von Schiffahrts kanälen, Schleusen, Häfen 1B, 902,090 ä, zur Regulirung der Wasserstraßen 3, 756, 900 16, zu Seehäfen und Seeschiffahrte verbindungen 1987300 46, zum Ban von Stcaßen, Brücken, Dienstwohnungen 1,571,790 „, di Verwaltung für Handel und Gewerbe 788,910 M; in letzterer Summe sind u. A. enthalten die zweite Rate von 150 000 S zum Neubau eines Gebäudes für die Gewerbe⸗Akodemie in Berlin, die zweite Rate mit 125, 000 M zum Umbau des Welfenschlosses für die polytechnische Schule in Hannover, die Kosten der Betheiligung an der interngtienalen Ausstellung für Gesundheitspflege und Rettungs— wesen in Biüssel 100,000 MC

Für das Herrenhaus sind 163,110 6 ( 1950 M, für das Haus der Abgeordneten 1,159,070 S C 5250 ) Aus- gaben ausgeworfen.

Neu⸗

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 13. Fe— bruar bis incl. 19. Februar er. zur Anmeldung gekommen: 172 Ehe— schließungen, 934 Lebendgeborene, 47 Todtgeborene, 531 Sterbefälle.

Nach einer Zusammienstellung der Großherzoglich bessischen Centralstelle für die Landesstatistik betrug das durchschnittliche Rein—⸗ einkommen der von Frankfurt über Darmstadt nach Heidelberg führen- den Main Neckar- Eisen bahn während der Betriebsjahre 1846— 72 auf der hessischen Strecke 5,3. oo des Anlagekapitals.

Der unlängst veröffentlichten Auswanderungsstatistik für 1875 zufolge sind in diesem Jahre aus den Häfen des Vereinig⸗ ten Königreichs Großbritannien und Irland 173. 809 Personen nach außereuropäischen Ländern abgegangen, was gegen das vorausgehende Jahr eine Abnahme von 67,2065 ergiebt. Bei weitem der größte Theil der Auswanderer ging nach den Vereinigten Staaten, nämlich 105,946 Personen, von denen 43,867 Engländer, 5893 Schot— ten, 31,433 Irländer waren und 23023 aus verschiedenen andern europäischen Ländern über England kamen. Bei 825 war die Nationalität unbestimmt. Nach den englischen Be—⸗

sitzungen in Nerdamerika wandten sich 17,378 Auswanderer, und zwar 9044 Engländer, 5016 Ausländer, der Rest Schotten und