1876 / 49 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Feb 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Iren. 35.525 Auswanderer girgen nach den australischen Kolonien; nämlich 20,749 Engländer, 5750 Schotten, 8251 Iren und nur 767 Ausländer. Es erübrigt noch ein Rest von 15,869 Personen, die in andere Länder und Kolonien, als die oben bezeichneten, einzuwandern beabsichtigten.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Bei der im September v. J veranstalteten, mit dem önolegischen und ampelozraxhischen Kengreß in Colmar verbundenen Ausstellung von y) n . = r * Flaschenweinen hat die Jury den einen der von Sr. Majestät dem Kaiser gestifteten Ehrenpreise der Weinkultur der baye—⸗ rischen Pfalz zuerkannt und denselben dem Vorstande des Kreis comité des landwirihschaftlicken Vereins der Pfalz überwiesen, um die Gemeinde zu bestimmen, in welcher er aufbewahrt werden soll. Dieser Ehrenpreis ein silberner Pokal von kürnstlerischer Aus— führung mit den Insignien des Weinbaues wurde nun nebst be⸗ züglicher Urkunde durch den ersten Vorstand des landwirthschaftlichen Kreiecomités, den Regierungs⸗Präsidenten Staatsrath v. Braun, der Gemeinde Deidesheim zur Aufbewahrung übergeben, und zwar ge— schah die Ueberreichung in feierlicher Weise am 18. d. M.

Da im Regierungsbezirk Trier bei der im Allgemeinen der Landeskultur nicht ungünstigen Witterung die Winterfaat größten⸗ sheils während der Monate Oktober und November untergebracht worden war, vermochte der später eingetretene Frost keinen erheblich nachtheiligen Einfluß mehr auf dieselbe auszuüben. Auch der gleich nach Eintritt des Frostes gefallene Schnee gab eine schützende Decke ab, so zaß der Stand der jungen Saat befriedigt; nur auf den ver— pätet bestellten Feldern war die Saat noch zu wenig erstackt, der Einwirkung der Kälte genügenden Widerstand zu leisten. Ueber die Kartoffel, deren Ernte wenig befriedigt hatte, wird außerdem geklagt, daß vielfach in den Kellern Fäulniß ausbreche. Be— züglich des Weines, dessen Quantum Über Erwarten reichlich, steht es jetzt ziemlich allgemein fest, daß die Qualität durchgängig und auch in den besten Lagen geringer ist, als jene des Jahrer 1874 Mehr als ein guter Mittelwein wird nur vereinzelt zu erwarten sein. Auch Nachfrage und Handel sind zur Zeit noch gering, und steht nach den bisherigen Erfahrungen ein Aufschwung erst im Frühjahr zu erwarten. Ebenso ist der Handel mit Vieh augenblicklich wenig lebhaft, nur Schlachtvieh wird gesucht und nach wie vor gut bezahlt. Namentlich hat, nachdem die Einführung von

amerikanischem Speck eine bedeutende Beschrãnkung erfahren, die Preise nicht nur für fette Schweine, sondern auch für Ferkel und junge zur Mast bestimmte Schweine bedeutend gestiegen. Ja der Eifel hat der Viehhandel seit Anlage und Betrieb der Eifel babn in den letzten Jahren einen stetigen Aufschwung er⸗ fahren. Während derselbe früher gänzlich in den Händen einiger ein⸗ heimischen Viehhändler und einer Anzahl auswärtiger meist jüdischer Qändler lag, besuchen jetzt Händler und Metzger aus Cöln, Aachen, Düren und nech weiter entfernten Orten die Märkte in den größeren Dörfern der Eifel und kaufen ihren Bedarf bei guten Preisen direkt von den Landwirthen. Die Folge ist Hebung und Verbesserung der Viehzucht. So hat allein die Lokal Abtheilung des landwirthschaft- lichen Vereins zu Merzig in letzter Zeit 10 Zuchtstiere und 12 Rinder von der Berner Scheckenrace ang-kanft und demnächst an die Ein wohner des Kreises mit der Verpflichtung versteigert, sie zur Züchtung zu halten und vor Ablauf einer g wissen Anzahl Jahre nicht nach außerhalb zu verkaufen. Nicht minder wird, namentlich in der Eifel, der Futterbau gefördert und träzt die Staatsregierung durch Gewährung von Beihülfe namhaft dazu bei. Dagegen macht sich der Mangel an Tagelöhnern und Hausgesinde immer noch fühlbar. Das Meliorationswesen hat sich im Bezirk auch im ver gangenen Jahre in erfreulicher Weise entwickelt. Drainirt wurden 2,3 Hektar im Kostenbetrage von 720 S6, 122 Hektar Wiesenbauten erforderten 524 (66 und 4872 Meter Entwässerungszräben 5272 ; eine noch größere Anzahl von Meliorationen ist für die folgenden Jahre projektirt. Unter den Hausthieren war Maul- und Klauenseuche fast in allen Theilen des Bezirks zeitweilig ausgebrochen, auch in mehreren Ortschaften unter den Schaafen die Rande: der weiteren Verbreitung dieser Krankheiten, welche größtentheils einen gutartigen Verlauf nahmen, wurde vorgebeugt.

Gewerbe und Handel.

Die „New York. Hd.“ Ztg.“ schreibt in ihrem vom 11. d. M. datirten Wochenbericht: Die Abundanz im Geldstande hat während dieser Berichtswoche zugenommen, da der Rückflaß von Cirkulationsmitteln aus dem Inlande größere Dimensionen erreicht hat, während der Bedarf keinen Zuwachs erfahren. Durchschnitts- Raten für call loans gegen Depot gemischter Sekaritäten stellten sich

auf 35 41 c,, gegen Hinterlegung von Bundes ⸗Obligationen waren Fonds so reichlich offerirt, daß die Raten dafür nicht über 2 309

zu netiren sind. Der Goldmarkt war leblos. Fluktuationen beschränkten sich auf Ko, zwischen 13 121 9, mit 13 al heutiger Schlußnotirung Die Tendenz war fest in Uebereinstimmung mit der Position des Wechlelmarktes. Für gekündizte Bonds zahlte das Schatzamt 1B 762.000 Doll. aus, für fällige Zinsen 667,000 Doll. Am Waaren⸗ und Produktenrarkt war in denjenigen Stapelprodukten, deren Preise nicht überriäßig in die Höhe getrieben wurden, das Geschäft bei den anhaltend niedrigen Frachtraten etwas lebhafter, während von einer Besserung in der Import Branche nur wenig zu spüren ist. Brodstoffe haben im Preise angezogen, da Exportfrage sich merklich belebte. Preise für Baumwolle stellen sich bei festem Markt *, Cents niedriger, als vor 8 Tagen. Rohes, sowie raffinirtes Petroleum verfolgte bis heute Nachmittag un⸗ unterbrochen weichende Tendenz; alsdann trat eine plötzliche Besserung ein, in Felge welcher jegliches Angebot aufhörte. Der Waaren“ und Produktenimport während der am 5 d. beendeten Woche repräͤ⸗ sentirt einen Gesammtwerth von 6 756, 2990 Doll. gegen 5, 406,869 Doll. in der Vorweche, eine Zunahme von 1349, 421 Doll. ergebend. Von dieser Zunahme entfallen 502,845 Doll. auf fremde Webstoffe und 846,576 Doll. auf diverse Produkte und Waarea. Am Waaren⸗ und Pro—⸗ ducktenerport während der am 8. Februar beendeten Woche, dessen Gesammtwerth eine Abuahme von 54,021 Doll. gegen die Vor— woche aufweist, partizivirt Baumwolle mit 11,243 Ballen, im klarirten Werth von 810,889 Doll. gegen 123334 B. im Werth von 778,062 Doll, in der Vorwoch⸗ und 8814 Ballen resp. 11,597 Ballen im Werth von 608,119 Doll. resp. 857, 150 Doll. in der Parallelwoche beider Vorjahre.

Verkehrs⸗Anstalten.

Der um 11 Uhr 10 Min. von Magdeburg nach Gen— thin gehende Per sonen zug der Berlin Potsdam Magdeburger Eisen⸗ bahn ist gestern Abend auf dem Damme zwischen der Elb⸗ und der Ehlebrücke mit dem Damme eingesunken. Verluste an Menschen— leben und Korperletzunzen sind nach den bisherigen Feststellungen nicht vorgekommen.

London, 23. Februar. (E. C.) In der Nähe von Folk stone fand gestern wieder ein Zusammenstoß zweier Schiffe stätt, und zwar wurde die Brigantixe „Hero“ von dem Dampfer „Switzer— land“ überfahren und in den Grund gebohrt, wobei vier Personen von der Mannschaft ums Leben kamen.

Berlin, den 25. Februar 1876.

Das „Journal des Debats“ läßt sich aus Berlin vom 18. d. M. nachstehende Notizen mittheilen:

„Die in Berlin lebenden Franzosen lassen sich nach ihrem Gewerbe ungefähr folgendermaßen klassifiziren: 70 Köche oder Restaurateure, 15 Hutmacher, 12 Friseure, 15 Ver⸗ golder und Maler, 30 Steinmetzen, Maurerparliere und Bauhandwerker, 8 Bildhauer, Dekorateure, Zeichner, 4 Architekten, 15 Lehrer der französischen Sprache; 12 Metallarbeiter, Guillocheure, Mechaniker, Maschinenbauer; 10 Federnarbeiter; 5 oder 6 Chemiker, Färber, Kunstwäscher; 10 Händler mit französischen Artikeln, wie Modewaaren, Kon⸗ fitüren 1c, 4 oder 5 Zeitungs korrespondenten, im Ganzen 212. Jede dieser Ziffern repräsentirt sogar ein Maximum, welches vielleicht niemals erreicht worden ist.

„Wenn Fürst Bismarck in seiner letzten Rede im Reichstage hervorgehoben hat, daß der französische Arbeiter zur Zeit mehr schafft, wie der deutsche Arbeiter, so hat er nur die Wahrheit gesagt; er hätte aber hinzufügen können, daß der französische Arbeiter auch mit unendlich mehr Geschmack arbeitet. Gerade um seines Geschmackes und seiner Geschicklichkeit willen wird der französische Arbeiter in Deutschland gesucht.

„Die deutschen Häuser, welche Franzosen zu beschäftigen wünschen, holen dieselben gewöhnlich aus Paris, und mit seltenen Ausnahmen sind all, die Pariser Arbeiter, welche sich nach Berlin gewandt haben, dahin nur unter vortheil— haften Bedingungen gegangen und auf Grund eines in aller Form abgeschlofsenen Vertrages. Dies beweist allerdings vielleicht noch nicht, daß den Franzosen in höherem Grade Unternehmungsgeist und die Neigung zu Wagnissen eigen. Ich glaube sogar selbst, daß wir in diefer Beziehung seit einem Zeitalter viel eingebüßt haben, weniger in Folge, unseres Wohlstandes, als durch eine fehlerhafte, verweichlichende Erziehungsweise. Der Deutsche besitzt, welcher Gesellschaftsklasse er auch angehören mag, steis einen weiteren Gesichtskreis, als der Franzose, was ihm, namentlich aber dem Arbeiter, mangelt, das ist die Sorge um seine Zukunft, der Sinn für Sparsamkeit und jene ernstere Lebensansicht, die ihn eine bescheidene Bequemlichkeit in seinem Hause der Zurschau— stellung hohlen Aufwandes vorziehen läßt.

Meist von der Hand in den Mund lebend, be— raubt sich der deutsche Aibeiter selbst des Spornes, der ihn antreiben müßte, seine angeborene Schwerfälligkeit zu überwinden, um schneller Besseres schaffen zu können. Der Gleichmuth, einer der ausgeprägtesten Charakterzüge des Deutschen, ist keine Eigenschaft, welche geeignet wäre, die industriellen An— lagen eines Volkes zur Entfaltung zu bringen. Es bedarf des Wetteifers, selbst ein wenig Neid, um den Menschen dahin zu bringen, daß er täglich aus sich selbst mit aller An— strengung ein Werk schafft, weiches das des vorhergehenden Tages übertrifft.

In der gestrigen Sitzung der Stadtvererdneten-Ver⸗ sammlung stand eine Vorlage des Magistrats, betreffend die Ein⸗ setzung einer gemischten Deputation der Gemeindebehörden zur Be— rathung wegen Freilegung des Terrains der Grund stücke an der Schloßfreiheit, datirend vom 227. Februar, auf der Tagesordnung; dieselbe lautet: Der gegenwärtig figkalischer Seits ausgeführte Abbruch der Werderschen Mühlen bringt zur Veranschau— lichung, welch hohen Werth für die Verschönerung der dortigen Stadtgegend, umgeben von den monumentalen Bauwerken älterer und neuerer Zeit, die Beseitigung der an die Mühlengrundstücke sich an— schließenden Privatgebäude an der Schloßfreiheit haben würde. Der Magiftrat hält dafür, daß die städtische Verwaltung den jetzigen Zeitpunkt nicht vorübergehen lassen soll, ohne auf diesen Zweck hinzu— wirken, und daß es zweckmäßig ist, bestimmte Vorschläge dazu aus der Berathung einer gemischten Deputation beider Gemeindebehsrden hervorgehen zu lassen. Die Stadtverordneten⸗Versammlung ersuchen wir deshalb nach 5 59 der Städteordnung: sich mit Einsetzurg einer solchen Deputation einverstanden erklären und die Wahl der Mit—⸗ glieder der Versammlung kewirken zu wollen, auch diese Angelegen heit als eine dringliche zu behandeln.

Da die Vorlage sich noch nicht zwei Tage lang in den Händen der Mitglieder befunden hatte, so mußte dieselbe auf den Widerspruch eines Mitgliedes von der Tagesordnung abgesetzt werden.

Die deuntsche Gesellschaft für öffentliche Gesund⸗ heit spflege zu Berlin hat ihre nächste ordentliche Sitzung am Montag, 28 Abends 77 Uhr, im Hörsale der Königlichen Univer—⸗ sitãt⸗Bibligthek. Dorotheenstraßze 79. Auf der Tagesordnung stehen, außer der Rechnungslegung und Vorstandswabl, Mittheilungen des Dr. Börner I) über die angeblich in Folge der Berieselung der Ebene Gennevilliers beobachteten Sumpffieber; 2) über rie Typhus⸗Epide⸗ mie in Ereydon; 3) über die Typhue⸗Epidemie in Frankenbeim; eine

schwindels und Fassung einer Resolutien über diesen Gegenstand; end⸗ lich wird Dr. Wiß Mittheilungen über eine Krankheitsquelle in den Häusern machen.

Im Verein für Hamburgische Geschichte zu Ham— burg ward am 24. Januar vom Feeiherrn Dr. v. Wei fsenbach, ein Vortrag gehalten, der sich wesentlich auf die Bedeutung des holsteinischen Land eswappens bezog. Der Redner erläuterte in seinem Vortrage den Ursprung der Wappen und sprach über die Versuche einer Deutung derselben. Es machte sich im Laufe der Jahrhunderte ein Streben geltend, für bereits vorhandene Wappen— bilder althistorische Deutungen oder phantastische Erzählungen zu erfinden, welche sich weit von der Wirklichkeit entfernen, und elbst einfache Ornamente in abenteuerlicher Weise umgestalteten. Eine solche Deutung ist denn auch für das holsteinische Wappen vorgenommen worden, man hat in demselben ein Nesselblatt“ sehen und dies Wappen so deuten wollen, daß Kaiser Konrad II, als Graf Adolph L von Schauenburg auf dem Nesselberg an der Weser eine Vurg erbaut und ihm eine Nessel als Wappen gegeben habe, während die drei ‚Nägel“ von dessen Enkel Adolph II. zum Andenken an eine Reise in das gelobte Land als die drei Nägel des Kreuzes Christi beigefügt jeien. Unter Vorlegung einer Reihe von Abbildungen der ältesten Siegel der holsteinischen Grafen fowohl, wie holsteinischer Städte führte der Redner sodann in interessanter Und überzeugender Weise aus, daß jenes angebliche Nesselvlatt nichts Anderes sei, als ein gezackter Schildrand. Dieser Schildschmuck kommt aber nicht vor 1242 vor, die beiden Söhne Adolphs III, Konrad und Adolph IV., führen urkundlich einen Löwen auf ihrem Schilde, der zuletzt 1238 vorkommt. Die nächste Generation, Johann J. und Gerhard L, läßt den Löwen fort, doch fehlt jeder Nachweis, weshalb das Wappen geändert und jener einfachere Schmuck gewählt worden. Alle von jetzt an vorkommenden älteren Wappen haben den gezackten Rand und zwar so wenig in Blattform, daß z. B. die Stadt Heiligenhafen auf ihrem Wappen eine Fahne mit gezacktem Rande, Kiel und Oldesloe einen ähnlichen Rand um die Wappen— figur, Neustadt die Zacken als damascirten Schildesbeschlag, Plön einen mehr wellenförmigen Nand führt, und ward noch bemerkt, daß schon der als Kenner der Wappenkunde geschätzte Fürst Hohenlobe sich dahin ausgesprochen, das holsteinische Wappen könne unmöglich die Bedeutung eines „Nesselblattes“ haben.

Der unter dem Schutze des Königs Victor Emanuel II. stehende Ligurische Rettungsverein in Genua hat einen Aufruf erlassen zu einem in den ersten Tagen des Juli d. J. daselbst zu veranstaltenden Internationalen Kongreß für das Fortschreiten der Rettungs-Gründungen und ⸗Mittel“. Derselbe bezweckt die vielen auf diesem Gebiete arbeitenden zerstreuten Kräfte zu sammeln, um so alle Errungenschaften der Wissenschaften, welche im Stande sind den Unglücksfällen zur See vorzubeuzen und solche zu bekämpfen, in kürzester Frift zum Gemeingut zu machen. Zu diesem Kongreß sind vorzüglich einzeladen: alle Rettungsvereine Und ähnliche Stif⸗— tungen; alle Gelehrten, welche über irgend einen der Gegenstände der Tagesordnung Aufklärung geben können; alle Menschenfreunde, die solchen Vereinen besonderes Interesse widmen. Die bestimmte Tagesordnung wird erst Ende März erscheinen, ste wird in mehrfachen Unterabtheilungen die Fragen behandeln: wie schafft man Hülfe für bereils Ertrunkene, wie fuͤr vom Schiffbruch bedrohte Schiffe und Menschen? Diejenigen, welche irgend einen Vorschlag zu machen oder Rath zu geben haben, sind gebeten, es in frankirten Briefen dem Präsidenten des Ligurischen Rettungs⸗Vereines in Genua mitzutheilen. Zur Aufnahme in den Kongreß genügt eine einfache Mittheilung an den Präsidenten, die spätestens im Laufe des Monats Mai stattfinden muß. Die Adresse ist: Al Presidente della Societ Ligure di Salamento a Genova (Italia). Gelegentlich des Kongresses wird eine große National · Regata, sowie eine Nationalausstellung von Rettungs⸗ mitteln und Werkzeugen stattfinden.

Die neuesten Nachrichten über Hoch wasser lauten:

Posen, 25. Februar, Vormittags (W. T. B.) Die Warthe ist bereits in gefahrdrohender Weise gestiegen, ohne daß der Eisgang, der jeden Augenblick loszubrechen droht, begennen hat. Der untere Stadt- theil steht bereits unter Wasser; viele Häuser haben geräumt werden müssen; daz Marien⸗Gomnasium ist geschlossen. . .

Breslau, 24. Februar. Der „Schles. Ztg.“ wird aus fast sämmtlichen an der Oder belegenen Städten: Ratibor, Oppeln, Brieg, Ohlau, Breslau, Beuthen u. s. w. über Hoch wafser, Eig⸗ gang und Verheerungen derselben berichtet. Ebenso sind in Ober⸗ Glogau die Hotzenplatz, in Glatz die Neisse und Steine, in Schurgast die Neisse, in Canth die Weistritz, in Trachenberg die Baxtsch und die Schätz ka, in Sagan der Bob er und in Görlitz die Neisse ausgetreten. Das Schlimmste ist indeß, den Berichten zu folge, bereits überwunden. .

Breslau, 24. Februar, Nachmittags. (W. T. B.) Wie der „Schlesischen Zeitung“ aus Pleß gemeldet wird, hat die Weichsel in den Niederungen das Land meilenweit unter Wasser gesetzt. Die Be— wohner flüchten in großen Massen. Der Eisenbahndamm zwischen Gotschalkowitz und Dziedzitz steht unter Wasser. Gestern Nachmittag ist der Personenzug der Oberschlesischen Eisenbahn bei Gleiwitz ent—

Resolutien des Baurath Hobrecht in Betreff der Tellerwohnungen; ein Antrag des Hrn. Schacht auf Besprechung des Geheimmitel⸗

gleist. Mehrere Personen sind hierbei verunglückt. Magdeburg, 24 Februar, Nachmittags. (B. T. B) Die Deiche bei Monplaisir, PSmmelte und Glinde, (Kreis Calbe, Provinz

Sachsen) sind durchbrochen. Die Hälfte der Grafschaft Barby ist bereits unter Wasser. Es steht große Noth in Aussicht.

Burg, 24 Februar, Nachmittags. (W. T. B.) Die Eisen— bahnverbindung zwischen Magdeburg ⸗Berlin, die durch den Uafall bei Biederitz bis heute Mittag usterbrochen war, ist jetzt wieder hergestellt, indem das alte Geleise, welches von hier über den Friedrich⸗Wil— helms Garten nach Magdeburg führt, wieder in Benutzung genom— men ist. Der Unfall hei Biederitz war dadurch herbeigeführt, daß der gestern Abend 11 Uhr von Magdeburg abgegangene Zug in den durch das Hochwasser aufgeweichten Damm einsank und liegen blieb. Die Passagiere baben durch die Coupéfenster den Llusgang gefunden, ein Schaffner liegt verletzt.

25. Februar, Morgens. (W. T. B.) Die Bahnverbindung mit Magdeburg ist durch eine weitere, gestern Nachmittag erfolgte Dammerweichung wi der gestört.

Pest, 24 Februar, Mittags. (W. T. B.) Die Donau ist 21 Fuß über Null gestiegen, der untere Quai steht unter Wasser, in Ofen wird in mehreren Straßen die Verbindung durch Kähne unterhalten. Sollle der Fluß noch 2 Fuß steigen, so steht auch Pest die Gefahr einer Ueberschwemmung bevor. Als ein für Pest günstiger Umstand wird angesehen, daß sich Pest abwärts das Eis heute Mittag zertheilt hat. Aus allen oberen und unteren Landestheilen werden große Verheerungen gemeldet, die das Hochwasser angerichtet hat.

24 Februar, Nachts. (W. T. B.) Der Wasserstand der Donau ist sowohl hier wie auch ober⸗ und unterhalb von Pest noch ununterbrochen im Steigen begriffen. Abends 58 Uhr war der Wasserstand hier 22 Schuh über Null. Die Gefahr ist sehr groß. Mehrere Mühlen oberhalb und mehrere Siraßen unterhalb Pest stnd bereits überschwemmt; die Holzhäuser der Schiffahrtegesellschaft auf dem Donau⸗Quat stehen fast bis zum Dach unter Wasser Um gz Uhr elbends waren die Ofener Seite von der Hauptstraße der Wasserstadt und das Kaiserbad über . schwemmt. Die Friedenthalsche Spritfabrik bei Neu -Pest ist ein— gestürzt. In derselben befanden sich 11 Personen. Um 16 wurden Nothsignale gegeben. Die Stadt Komorn ist völlig überschwemmt.

25. Februar, Morgeng. (W. T. B.) Seit gestern Abend 11 Uhr ist durch den Abgang des Eisstoßes unterhalb Pest eine stetige Abnahme des Wasserstandes eingetreien; die Gefahr kann da— her als beseitigt betrachtet werden.

25. Februar, Mittags. (W. T. B.) Der Wasserstand der Donau ist seit heute früh 3 Uhr wieder in langsamem Steigen be— griffen; Vormittags um 114 Uhr hatte derselbe bereits 23 Schuh 5. Zoll über Null erreicht. Die Gefahr ist noch immer groß, weil die Berichte aus der Gegend der unteren Donau ungünstig lauten.

Die „Wes. Ztg.“ meldet aus Bremen vom 23. Februar, daß die von der Staatsanwaltschaft beantragte Vorunterfuchung der Strandung des Dampfers ‚Deutschland“ am Montag begonnen hat. Als Sachverständige sind der Navigationslehrer De. Romberg und Kapitän J. C. Meyer zugezogen.

Die wegen der Verunglückten vom „Strathelyde, zusam— mengetretene Leichen schau⸗ Jury hat, laut Telegramm des W. T. B“ vom 24. Februar, den Wahrspruch abgegeben, daß der Kapitän Keyn der „Franconia“ der Tödtung sich schuldig ge— macht habe. Gleichzeitig hat dieselbe sich darüber, daß der Kapitaͤn, ohne Hülfe zu leisten, weiter gefahren sei, und ebenso auch über das Verhalten der Bemannung des Schleppschiffs Palmerston“ mißbilli⸗ gend ausgesprochen. Gegen Kapitän Keyn ist, wie dies bei einem auf Tödtung lautenden Wahrspruch jederzeit geschieht, ein Haftbefehl erlafsen worden; gegen eine mit 1000 Pfoö. Sterl. geleistete Bürg— schaft wurde derselbe indeß auf freiem Fuß belassen.

Theater.

Königliches Opernhaus. Frl. Minnie Hauck, deren Gast⸗— spiel zum 1. April zu Ende geht, wird mit dem J. Oktober in den Personalverband der Königlichen Bühne treten. Hr. Oberhause ist auf fernere drei Jahre mit erhöhten Bezügen engagirt worden. Ftl. Scharwenka, eine Schülerin Eckerts, wird in der nächsten Woche im Opernhause debütiren. Die Aufführung der Götzschen Oper „Der Widerspänstigen Zühmung“ ist bis zur nächsten Saison verschoben worden. Die Proben zu Wagners „Tristan und Isolde“ nehmen sol. chen Fortgang, daß die erfte Aufführung für Mitte März in Aussicht gesommen worden ist.

Nachdem die Heiserkeit des Hrn. Junker gehoben, sind die Auf, führungen der Vasseurschen Opereite „Die Perle der Wäscherinnen im Wolters dorfftheater wieder aufgenommen worden und wird übermorgen die erste Sonntagsaufführung dieser Novität stattfinden. In der nächsten Woche wird dieselbe abwechselnd mit den „Luft⸗ schlössernꝰ das Repertoire bilden, während eine Novität von Mann— städt und Weller: „Unsere Jungen“ in Vorbereitung ist.

Redacteur: F. Pr ehm. Verlag der Expedition (Kessel). Druck W. Elsner.

Fünf Beilagen leinschließlich Börsen · Beilage).

Berlin:

M6 49.

w Königreich Preußen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- nn,, 3

In Folge des Beschlusses des Hauses der Ab vom 5. Mai v. Ir, die Petition 8s 32 e e n Berun, um Ausbildung von Krankenpflegern auf Staats kosten der Königlichen Staats regierung mit der Aufforderung zu über⸗ weisen, für die Heranbildung von Krankenpflegern durch staat⸗ liche Subventionirung dazu geeigneter Anstalten reichlicher als bisher Fürsorge zu treffen, habe ich zunächst die zu meinem Ressort gehörigen medizinischen und chirurgischen Kliniken der Königlichen Landes⸗Universitäten zur Erreichung dieses Zweckes herangezogen.

Es ist jedoch in den über Vor Angelegenheit in diesen Anstalten von den Direktoren derselben erforderten Berichten eine so große Verschiedenheit der Auffassun⸗ gen hinsichtlich der Annahmebedingungen der Schüler, sowie der Modalitäten des zu ertheilenden Unterrichts an den Tag getre⸗ ten, daß das mir vorliegende hierauf bezügliche Material zu einer Entschließung in der Sache nicht genügend erscheint.

Inzwischen hatte die Königliche Regierung zu Düsseldorf ohne dies seitige Anregung bereits im März v. J. den Weg ein⸗ geschlagen, dem in ihrem Verwaltungsbezirk mehrfach fuͤhlbar gewordenen Bedürfniß nach ausgebildeten Krankenwärtern dadurch zu entsprechen, daß sie die Vorstände der der Provinz und den Kommunen gehörigen Krankenanstalten durch die Cirkular⸗ Verfügung an die Bürgermeister vom 3. März v. J. auf die Wichtigkeit und Ausführbarkeit der in Rede stehenden Idee auf⸗ merksam gemacht und dann auch unter dem 19. Zuli Is. eine in,. . Extrablatt zum 33. Stück ihres Amts⸗

attes, die Ausbildung geprüfter Krankenpfleger ĩ betreffend, erlassen hat. . . . Voraussetzung, daß das in Rede stehende Be— dürfniß auch in dem dortigen Verwaltungsbezirk an den Tag getreten sein wird, übersende ich der Könielichen Regierung ꝛc. beigehend zugleich Abschrift der Amtsblattverordnung der Köoͤnig⸗ lichen Regierung zu Düsseldorf vom 19. Juli p. J. (Anlage a.) sowie auch des von derselben erforderten Berichts vom JI. Januar d. J (Anlage b.) über den Erfolg, welchen die Bestrebungen zur Förderung einer unabhängig von geistlichen Orden und Kongregationen organisirten weltlichen Krankenpflege dort gehabt haben, zur Kenntnißnahme und mit dem Auftrage, sich darüber auszusprechen, ob und inwiefern die im Interesse des angeregten Zweckes dort ergriffenen Maßregeln sich zur Nachachtung weiter

empfehlen dürften. jedoch Folgendes noch besonders in Be—

Es wird hierbei tracht zu ziehen sein:

Die Ausbildung von Krankenpflegern in Kreis- und ande⸗

ren nicht stgatlichen Krankenanstalten aus Staatsfonds ist eine Maßregel, deren Kosten im Voraus sich in keiner Weise über⸗ sehen lassen, und deren Zweckmäßigkeit im Verhältniß zu diesen, wenn planmäßig durchgeführt, gewiß nicht unbedeutenden Kosten, wohl mannigfachen Bedenken unterliegt. Mit Rücksicht hierauf und auf den reellen Vortheil, welcher den auszubildenden Kranken! pflegern voraussichtlich aus der durch die Prüfung erlangten Vualifikation erwaächst, erscheint es daher nicht angemessen, den sich zum Unterricht Meldenden die Verpflegung und Beköstigung in einer Krankenanstalt in jedem Falle kostenfrei zu gewähren oder ohne Weiteres aus Staatsfonds zu decken. Es wird sich vielmehr empfehlen, die Zulassung derselben zur Aus⸗ bildung in einer Krankenanstalt an ein mit dem Vor⸗ stande derselben zu vereinbarendes Uebereinkommen zu nüpfen, in welchem ihnen neben den Bestimmungen über ihr dienstliches Verhalten auch die Tragung der Kosten für die Verpflegung während der Lehrzeit nach moͤglichst billigen Sätzen aufgegeben wird. Sollte es der Königlichen Regierung ꝛc. außerdem gelingen, einzelne Kommunen im Interesse zur Sache, wie dies Seitens der Stadtverordneten in Elberfeld und Crefeld bereits geschehen ist, zur Bewilligung von Freistellen bei ihren Instituten zu be⸗ wegen, so würde unbemittelteren Aspiranten hiermit unfehlbar eine sehr erwünschte Unterstützung zugewendet werden können. Für die Erwirkung einer außerordentlichen Beihülfe aus Staats⸗ fonds zu dem angeregten Zwecke aber würden dann nur die sußersten Fälle der Noth zur Berücksichtigung auf besonderen Bericht in jedem einzelnen Falle vorzubehallen fein.

Der eingehenden Erwägung der Königlichen Regierung ze. gebe ich endlich noch den am Schluß des Berichts der Königlichen Regierung zu Düsseldorf vom 11. Januar d. J. angedeuteten Dorschlag, das Institut der Heilgehüͤlfen zu einer Pflanzschule für männliche strankenwärter zu erweitern, anheim. Es wuͤrde der Ausführung dieses Projekts eventualiter in der Weise näher getreten werden können, daß die Heildiener mit Bezug auf die Ministeria⸗ Verfügungen vom 15. Dttober 19857 ö vom 27. März 1853 angewiesen würden, in dem

rankenhause, in welchem sie zur Ausübung der kleinen Chirurgie ausgebildet worden sind, nachträglich noch einen etwa Zmonat— ichen Kursus in der praktischen Krankenpflege durchzumachen, 9. der Maßgabe, daß die hierbei erworbenen Kenntnisse zum negenstande ihrer Prüfung als Hreilgehülfen gemacht werden v daß das Ergebniß dieses Theiles der Prüfung in ihrem ualisitatio ns⸗ Atteste ebenfalls die geeignete Aufnahme finde. uf, diese Weise würde dem Heilgehülfen seine hier⸗ 9 vervollkommnete Ausbildung eine nur geringe f Ehrhelast ng an Verpflegungskosten auferlegen, dle er k im,. Vergleich zur Aussicht auf eine spätere erweiterte [. rn endung im Krankendienst gern würde gefallen lassen, wäh⸗ i 3 Publikum, wenn dieses Projekt sich in weiteren Krei⸗ 2 nerkennung zu verschaffen im Stande wäre, zu jeder Zeit hlgeschulte und stets in Uebung erhaltene Krankenpfleger zur Seite stehen würden. . ö. gutachtlichen Aeußerung der Königlichen Regierung ꝛc. ache nach den vorangeregten Gesichtspunkten fehe ich bald unlichst entgegen.

Berlin, den 14. Februar 1876.

Der Minister der i n 2c. Angelegenheiten. a

J. sämmtliche Königliche Regierungen Londdrostejen, excl. Regierungs-

chläge zur Einleitung der

Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

25. Februar

Berlin, Freitag, den

Anlage a. ö Extra⸗Beilage zum 33. Stück des Amtsblatts der Königlichen Regierung zu Düsselderf. Verordnungen und Bekanntmachungen der Königlichen ; Regierung. Ausbildung von geprüften Krankenpflegern und Pflege⸗ rinnen im Regierungsbezirk Duͤsseldorf.

Das vielfach hervorgetretene Verlangen und das wiederholt kon⸗

statirte wirkliche Bedürsniß nach einer ausreichenderen und un⸗ abhängig organisirten öffentlichen Krankenpflege hat uns ver⸗ anlaßt, diese Frage in nähere Erwägung zu nehmen und mit den Vorständen derjenigen größeren kommunalen“ Kranken⸗ anstalten., des hiesigen Bezi kes, in welchen die Leitung und Pflege nickt an Mitglieder von Orden, Kongregationen oder Kor Porationen übertragen, sondern selbständig organisirt ist, darüber ins Ja, n. 9 .

Bei voller Anerkennung des seither im hiesigen Bezirk in der öffentlichen Krankenpflege sowohl Seitens der re rel ser Orden und Genossenschaften, wie Seitens der Korporation der ebän— gelischen Diakonissen und Diakenen Geleisteten konnen wir uns der Ueherzeugung nicht verschließen, daß auf diesem so weiten, in seinen Anforderungen unaufhaltsam wachsenden Gebiete eine weit allgemei⸗· nere Betheiligung herbeigeführt werden kann, und daß das entschiedene Bedürfniß vorliegt, neben den bestehenden geistlichen Orden, Kongre⸗ gationen und Korporationen auch den vorhandenen unabhängigen Kräften auf dem Gebiet der Krankenpflege Gelegenheit zu geben, sich dem öffentlichen Wohle nutzbar zu erweisen, wie dies ja gerade im hiesigen Bezirk bereits in der öffentlichen Armenpflege in so außeror⸗ dentlich erfolgreicher Weise zur Ausführung gebracht worden ist.

Die Gründe, warum bisher die Krankenpflege fast nur von einer bestimmten Richtung aus so eifrige Förderung eifahren, mögen hier unerörtert bleiben. Thatsache ist, daß bisher im hiesigen Bezirk duichgreifende Versuche zur Otganssation einer unabhängigen, berufs mäß gen, weltlichen Krankenpflege nicht gemacht worden, daß die Gelezenheit sowohl zur gründlichen, sachgemäßen Aus— bildung, wie zur berufsmäßigen Ausübung der Kranken-. pfl'ge kaum bestand, oder doch wenigstenz großen Schwierigkeiten und Hindernissen begegnete und daß dadurch ein gewisses Vorurtheil gegen weltliche Krankenpflege geweckt und genährt wurde. In nicht wenigen Armen⸗, Kranken⸗, Waisenhäusern u. dgl. mußte nothge—⸗ drungen die Leitung und Pflege an Orden u. dgl. Übergeben werden, weil die Beschaffung eines anderweit vorgebildeten Pflegepersonals nicht möglich war, und nur einige der größeren städtischen Kranken⸗ und Wohlthätigkeitsanftalten haben sich ihre Unabhängigkeiten bezüg lich der Leitung und der Pflege zu bewahren vermocht' Zur Pflege der Erkrankten in ihren Wohnungen (in den hiefigen volkteichen Städten und den dicht bevölkerten industriellen Bezirken ein dringen—⸗ des Bedürfniß) fehlt es, abgesehen von den Mitgliedern geistlicher Orden ꝛe., fast gänzlich an einem ausgebildeten, berufsmäßigen Pflegepersonal.

Daß es bei richtiger Organisation an geeigneten Personen zur berufsmäßigen Ausübung der Krankenpflege nicht fehlen wird, dafür liegen sichere Anzeichen vor. Haben sich doch im hiesigen Bezirk he⸗ reits seit Jahren zur Pflege der Wöchnerinnen und Neugeborenen nothgedrungen und ganz aus sich selbst zahlreiche Wartefrauen heran—⸗ gebildet, welche ohne jede besondere Vorbildung und ohne Orga⸗ nisation ihrem Berufe leben, und unter weschen sich viele recht tüch⸗ tige und geeignete Kräfte finden; manche derfelben befassen sich auch bereits mit Krankenpflege, und es können nicht wenige, obwohl es ihnen an jeder sachgemäßen Vorbildung fehlt, sowohl hinstchtlich der Geschicklichkeit und. Zuverlässtgkeit, als auch hinsichtlich der Hingabe und Aufopferungsfähigkeit den besten Krankes pflegerinnen zur Seite gestellt werden

Die berufsmäßige Ausübung der öffentlichen Krankenpflege schei⸗ det sich in den eigentlichen Hospitaldienst und in die sog. ambulante Krankenpflege, d. h. die Pflege Erkrankter in deren Wohnungen. „Für den Hospitaldienst handelt es sich wesentlich um Gewinnung jüngerer, rüstiger und unverheiratheter Personen, denen nach gehöriger Ausbildung und bei entsprechenden Leistungen auch eine angemessene Stellung in den zahlreich vorhandenen und jährlich neu entstehenden Kranken und Wehlthätigkeits-Anstalten sicher ist und denen bei her⸗ vorragender Befähigung die Stellen als Vorsteher resp. Vorsteherin⸗ nen der genannten Jnftitute in Aussicht stehen. Die Anstalten werden, fo, bald tüchtige ausgebildete Kräfte zu erlangen sind, nicht säumen, den— selben ,,, eine ihren Leistungen und ihrer Verantworllichkeit entsprechende Stellung zu gewähren, wie dies die geiftlichen Stden und Ko porationen für ihre Miiglieder in Anspruch nehmen.

Die ambulante Krankenpflege erfordert keineswegs, daß die sich derselben berufsmäßig Widmenden ihrer Familie völliz entzogen wer⸗ den und sich ganz ausschließlich mit derselben befassen; hier können auch verheirathete und verwittwete Personen, denen ein Nebenerwerb wünschenswerth ist und deren häusliche Verhaͤltnisse es gestatten, recht lohnende Verwendung finden.

Von den größeren Krankenanstalten des hiesigen Bezirkes, welche zur gründlichen Ausbildung von weltlichen Krankenpfleger und Pflegerinnen geeignet sind und die dazu erforderlichen Einrich⸗ tungen besitzen resp. zu * in der Lage sind, haben sich die stäͤdti⸗ schen Krankenhäuser zu Crefeld und Elberfeld in anerkennungs⸗ werthester Weise sofort bereit erklärt, Aspiranten aufzunehmen und für deren gründliche Ausbildung in der Krankenpflege Sorge zu tragen, während noch einige andere geeignete Anstalten, fobald deren Einrichtungen es gestatten, dem rühmlichen Beispiel folgen werden. Ueber die Bedingungen der Aufnahme in den genannten Kranken anstalten, die abzulegende Prüfung u. dergl. sind in nachstehendem Reglement die näheren Bestimmungen getroffen.

An die Verwaltungs⸗ und Medizinalbehörden unseres Bezirks, an die Sanitätskommissionen, Aerzte und alle Diejenigen, welche Interesse für die Sache der Krankenpflege haben und die Berechtigung und das Bedürfniß wie der bürgerlichen Armenpflege, so auch der weltlichen Krankenpflege anerkennen, ergeht die Aufforderung, sich die Förderung der Sache angelegen sein zu lassen, geeignete Perfonen darauf aufmerksam zu machen und lief tel behufs ihrer Ausbildung mit Rath und That zu unterstützen. Namentlich werden die Armen⸗ verwaltungen wohl daran thun, geeigneten Personen ihres Bezirks zur Ausbildung behülflich zu sein, um sich deren Dienste zur n . in der öffentlichen Armenpflege, wie namentlich auch beim Herrschen von Epidemien und dergleichen zu sichern. ;

Nachdem jetzt nach Lage der Gesetzgebung neue Niederlassungen geistlicher Orden und Kongregationen nicht mehr gegründet werden können, werden auch bei Errichtung neuer Kranken und Wohlthätig= keitsgnstalten die Vorstände derselben rechtzeitig geeignete Personen als Vorsteher, Pflegerinnen u. s. w. aufzusuchen und denselben event. zuvor die eiforderliche technische Ausbildung angedeihen zu lassen

haben. Reglement betreffend die Ausbildung geprüfter Krankenpfleger und Krankenpflegerinnen im Regierungsbezirk Düsseldorf.

6 Diejenigen, welche sich der Krankenpflege widmen und das Befähigungszeugniß als „geprüfte Krankenpfteger resp. Pflege⸗ rinnen, auf Grund dieses Reglements erlangen wollen, müssen gefund und rüstig, völlig unbescholten und im . guter Schulkenntnisse sein, dürfen auch in der Regel das Alter von 36 40 Jahren noch nicht

Bezirk Düsseldorf.

1867.

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Die Dauer der Ausbildung in einer der von uns namhaft ge⸗ machten Krankenanstalten beträgt nicht unter funf bis sechs Monate. . 2 Die vorgängige Feststellnng der zur Ausbildung erforder- lichen Qualifikation erfolgt durch * den Kreisphysikus desjenigen Kreises, in welchem die zur Ausbildung gewählte Krantenanstält sich befindet.

Erforderlich hierzu sind:

h ein —— 14

2) ein Zeugniß der Ortsbehörde über Unbes it sittiiꝛ Vite u Unbescholtenheit und gute

Mein Impf⸗ und Revaceinations.Zeuguiß.

Ueber die körperliche Befähigung Und“ den Besitz ausreichen der Schulkenntnisse geläufiges Lesen, Schreiben und Rechnen hat . 43 Phystkus durch eigene Untersuchung und Prüfung zu verge—⸗

ern.

„Für die Feststellung der Qualifikation und treffenden Zeuznisses ist eine Gebühr von sechs

8 53. Die Anmeldung zur, Aufnahme in die Krankenanftält er— folgt unter Vorlage des Qualifikationsattestes bei dem dirigirenden Arzt, welcher den Zeitpunkt des Eintritts bestimmt und überhaupt alle auf die Aufnahme und Ausbildung bezüglichen Anordnungen zu treffen hat.

§. 4. Die Aspiranten wohnen während der der Krankenanstalt, erhalten die erforderliche Unterweisung in der Krankenpflege, haben sich nach Anweisung an der Pflege der Kranken und an allen dazu gehörigen Dienstleistungen, Nachtwachen u. s. w. zu betheiligen, und sind den Anordnungen der Anstaltsärzte, sowie der angestellten Vorsteher u. derzl. pünktlich Folge zu leisten, auch die Hausordnung gewissenhaft zu beachten verpflichtet.

. Unfelgsamkeit, grobe Vergehen gegen die Hausordnung u. dergl. haben sofortige Entlassung zur Folge.

33 Vergůtung für Wohnung und Beköstigung wird von dem Krankenhausvorstand festgesetzt, und wird monatlich 30—= 40 0 nicht übersteigen.

In wie weit unhemittelteren Aspiranten, welche während der Ausbildung sich der Anstalt durch ihre Dienstleistungen besonders nützlich erweisen, eine Ermäßigung bewilligt werden kann, bleibt dem Ermessen des Vorstandes anheéimgestellt.

§. 6. Nach beendeter Ausbildung wird von Anstaltsarzt die Prufung anberaumt.

Dieselbe findet in der Anstalt vor einer aus dem Königlichen Kreisphysikus und dem Anstaltsarzte hestehenden Kommission statt und hat sich unter Zugrundelegung des während der Ausbildung be⸗ nutzten Leitfadens über das gesammte Gebiet der Krankenpflege zu erftrecken. Gleichzeitig haben die Examinanden auch ihre Geschicklich⸗ ö. 9 den erforderlichen Verrichtungen der kleinen Chirurgie nach—= zuweisen.

Die Prüfungsgebühr beträgt für jeden Kommissar neun Mark.

5. 7. Am Schluß der über die Prüfung von dem Kreis physikus Jufzunehmenden und uns einzusendenden Verhandlungen haben die Kommissarien ihr Urtheil über die erlangte Befähigung abzugeben, worauf denjenigen, welche die Prüfung bestanden, von uns das Be ähigunge zeügniß als „geprüfter Krankenpfleger resp. Pflegerin“ er. theilt wird und die Namen im Amtsblatt zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden.

Das Befähigungszeugniß wird in der ausdrücklichen Vorauz⸗ setzung ertheilt, daß der Inhaber bei Ausübung der Krankenpflege sich innerhalb der Grenzen der erworbenen Befähigung hält und sich namentlich mit dem selbständigen Kuriren von Krankheiten nicht befaßt. Bei Ueberschreitung dieser Grenzen wird event. das Befähi⸗ gungszeugniß und das Recht, sich als „geprüfter Krankenpfleger resp. Pflegerin“ bezeichnen zu dürfen, gemäß §. 53 Alinea 2 der Gewerbe⸗ Ordnung aberkannt werden.

Bei ungenügendem Ausfall der Prüfung kann dieselbe erst nach Ablauf eines Monats wiederholt werden.

§. 8. Diejenigen, welche nach erlangter Befähigung sich nieder⸗ zulassen und die Krankenpflege in den Wohnungen der Erkrankten be— iufsmäßig auszuüben beabsichtigen, haben sich unter Vorzeigung des Befähigungszeugnisses bei der Srtsbehörde und dem Kreisphysikus anzumelden.

Sofern sich ein Bedürfniß dazu herausstellt, haben die Orts— behörden dahin zu wirken, daß für die Hülfsleistunzen der Kranken pfleger und Pflegerinnen ein den örtlichen Verhältniffen entsprechender Tarif festzestellt wird. .

§ 9. Denjenigen, welche im eigentlichen Hospitaldienst verblei⸗ ben, wird, sofern die Prüfung eine hervorragende Befähigung nachgewiesen, behufs weiterer Ausbildung als Verwalter, Vorsteher u. dergl. thunsichst Gelegenheit verschafft werden, in der Anstalt selbst oder anserweitig gegen Bezug einer angemessenen Remuneration Ver—= wendung zu finden.

5. 10. Diejenigen Krankenanstalten des hiesigen Bezirks, welche zur Ausbildung geeignet sind und sich zur Aufnahme von Aspiranten nach vorstehendem Reglement bereit erklärt haben, werden im Amts⸗ blatt bekannt gemacht werden.

Zunächst sind vom 1. September d. J. ab die städtischen Kran— ö zu Crefeld und Elberfeld zur Aufnahme von Äspiranten ereit.

§8. 11. Ausnahmsweise können auch Personen, welche in anderen, als den von uns namhaft gemachten Krankenanstalten in der Kranken— pflege sich ausgebildet haben, zur Ablegung der Prüfung vor einer Kommisston des hiesigen Bezirkes zugelassen werden. Die betreffen den Gesuche sind an uns zu richten und es muß der Nachweis ge— führt werden, daß die Antrggstellenden mindestens ein Jahr Lang in einer größeren Krankenanstalt erfolgreich thärig gewesen sind. Königliche Regierung, Abtheilung des Innern.

Ausfertigung des be⸗ Mark zu entrichten.

Ausbildung in Anleitung und

dem dirigirenden

Die Herren Landräthe werden hiermit beauftragt, die Publizirung vorstehenden Reglements durch die Kreisblätter, sowie das sonstige Bekanntwerden bei den Kreizeingesessenen in geeigneter Weise zu veranlassen.

Duͤsseldorf, den 19. Juli 1875.

Anlage b. . Betrifft die Ausbildung weltlicher Krankenpfleger und Kranken . pflegerinnen. ;

Ew. Excellenz beehren wir uns in Erledigung des seitwärts be—⸗ zeichneten Hohen Erlasses gehorsamst zu berichten, daß in Folge unserer Verordnung, betreffend die Ausbildung weltlicher Kranken pfleger und Krankenpflegerinnen, vom 19. Juli v. J., deren Ausfüh— rung mit dem 1. September v. J. begonnen hat, in dem städtischen Krankenhause zu Crefeld ein Aspirant und eine Aspirantin aufgenommen worden und die beiden dort kreirten Stellen somit besetzt sind. Vahingegen ist für das städtische Krankenhaus in Elberfeld, für welches Seitens des dortigen Stadtraths ebenfalls zwei Freistellen kreirt sind, bisher keine Anmeldung erfolgt, wie denn auch in dem in Elberfeld seit mehreren Jahren bestehenden Hospital des Vaterländischen Frauenvereins, welcher sich ebenfalls die Ausbildung von Krankenpflegerinnen zur Aufgabe gestellt hat, bisheran keine Aspirantin sich gemeldet hat. Als Grund der bisherigen ,, n, d. werden übereinstim · mend die sehr günstigen Erwerbeverh 36. angegeben, sodann die Unbe ane des Publikums mit der neuen Einrichtung, da dasselbe sich von einer selbständigen, auf Erwerb gerichteten Krankenpflege noch keine rich-

überschritten haben.

tigen Vorstellungen zu bilden vermag und immer nur das Bild der barm.