Brennerschule in Berlin beziehen, angeschlesen. Der Aus. schuß bal sich dafür entschieden, in derselben einen Kursus von 4 Wechen und zwar in der Zeit, wo die meisten Brennereien stille fiehen, in den Monaten Jusi und August, einzurichten. Mit dicfem einen Kursus jollen aber die bezüglichen Bestrebungen nicht abgeschlefsen sein, später vielmehr vielleicht ein zweiter Kursus für jüngere Leute eingelegt werden. Auch soll das Endziel, die Errichtung einer Veifuchebrennerei im Anschluß an den neuen Viehhof fest im Auge ebalten werden — Den Schluß der Verhandlungen bildeten die Berichte des Hrn. Dr. Delbrück über die Erfahrungen über Mais · maischung, Berichle über den Betrieb der Maischapparate, der Dest illir apparate, speziell über einen neuen gußeisernen, in Deutschland patentirten Apparat ven Gebrüder Siemens in Charlettent urg ꝛc.
Gewerbe und Handel.
Berlin. In der gestrigen außerordentlichen Generalversammlung der Silberwaarerz Fabrik vorm. Franz Mosgau wurde die Liguidatien mit gretzer Majerität beschlossen und zu Liquidatoren die Herren Kommerzjien Rath Weigert, Samsen Sklower und David Hirschfeldt gewählt.
Wien, 26. Februar. (W. T. B.) Der Eisenkabnausschuß des Abgeordneten hauses hat die Gesetzrorlage, betreffend die Erhöhung der Garantie für den österreichischen Theil der Kaschau⸗Oderberger Bahn, angenommen. — Die Bilanz der ö sterreichischen Bank— gefellschaft weist pro 1875 einen Reingewinn von 673 810 Fl. nach. Der Brrttegewinn betrug 1 605.691 Fl Unter den Aktiven figurüren: Fassa 78 Oe 9 Fi. Portefeuille 4 663 455 Fl. Effekten 53 795 Fl, Deki⸗ toren 6,750,787 Fl, unter den Passiven? Accepte 3, 012922 Tl., Re⸗ ferpe für Dubiose Jos, 782 Fl, Kreditoren L637.183 FI. Die Ge⸗ neralversammlung ist auf den 29. März d. J. anberaumt, der Ver⸗ waltungtrath beantragt die Vertheilung einer Dividende von 12 51.
Prag, 25. Februar. (W. TB.) Die Arkeiten zur Rettung der im Engerthsschachte bei Kladno Verunglückten sind nunmehr beendet. Die Zahl der in Folge der Explosion Getödteten beträgt 19 4 sind schwer, 3 andere leicht verwundet.
Paris, 25. Februar. (W. T. B) Ein Delegirter des Comitss der französischen Gläubiger der Pforte begziebt sich im Laufe der nächsten Woche gleichfalls nach Konftantinopel.
NewYork, 25. Februar. (W. T. B.) Ein großes Meeting der Har delekammer von New ⸗Noik hat sich dahin ausgesprochen, daß die Wiederaufnahme der Baarzahlungen die unerlaäßliche Verbedingung für die Hebung des Börsen⸗ und Handelstzeschäfts sei.
Verkehrs⸗Anstalten.
Die nächste Konferenz von Delegirten der Handels— kammern und landwirthschaftlichen Centralvereine zur Berathung von Eisenbahnangelegenheiten, welche die Direktion der Riederschlesfisch⸗Märkijchen Bahn beruft, soll im Monat Mai statifinden. Bis zum 15. April sind etwaige Anträge für die Tager ordnung einzureichen, und haben sich also die Handels kammern und landwirthschaftlichen Centralvereine in den nächsten Wochen schlüssig zu machen, ob sie resp. welche Anträge sie stellen wollen. Falls genũgende An⸗ meldungen für die Tagesordnung nicht erfolgen, wird die Konferenz
selben Herrn
im Mai ausfallen und erst im Herbst statifinden. Vorläufig ist für die Maikonferenz erst eire Verlage vorhanden: Berathung über die Zuziehung ständiger Exrerten in Reklamationssachen, welche Frage trotz mehrfacher Berathungen rech immer keinen Abschluß gefunden hat. Die Propesitionen der Königlichea Direktion der Niederschlestsch Märkischen Eisenbahn gehen tahin: I) Die durch eine Expertise entstehenden 13 werden in allen Fällen von dem Reklamanten und der Eisenbahnvmerwalturg zu gleichen Theilen getragen und ven demjenigen, der auf Expertise anträgt, vorschuß. weise geleistet. 2) In allen Fällen, wo die Eisenbahnverwaltung auf Expertise antragen sellte, jedoch eine Eatschädigung nicht zu gewähren hat, werden die Handelskammern derselben erforderlichen Falls behülf⸗ lich sein, die ven Tem Reklamanten zu tragende Kostenhälf te wieder zu eilangen. Für Berlin ist bekanntlich Seitens des Aeltesten · Kollegiumz mit Hinweis auf den Umfang des Verkehrs das Exxer⸗ tiseverfahren von vorn herein für undurchführbar erklärt worden.
— Es ist das Gerücht verbreitet, daß der Verkehr auf der Bahnstrecke der Magdeburg ⸗Dalberstädter Eisenbahn von Berlin über Stendal nab Hannover und Magdeburg durch Wasser ebenfalls unterbrochen sei. Die Gesellschaft ersucht uns mitzutheilen, daß das Gerücht in jeder Beziehung unbegründet und der Betrieb auf diefer Strecke ungestöͤrt ist.
— Die Direktion der Gotthardbahn hat an den Verwaltungs- rath den Antrag zu einem Schreiben an den schweizerischen Bundes rath, betreffend die Finanzlage der Gotthardbahngesel', schaft, gestellt. Die zwei Bogen starke Drucchrift giebt zunächst eine Entstehungegeschichte der Bahn, führt aus, warum die Baukosten des Bahnnetzes auf 18,700 000 Fries, der jähiliche Reinertrag des Betriebes wäbrend der ersten 10 Jahre nach Eiöffnung derselben auf 6.312, 000 Fres, geschätzt worden, wie zur Ausführung der Bahn ein Privatkapital von 162009 000 Fres. und ein Subventionskapital von So / M00 000 Fres. für genügend erachtet worden. Auf dieser Grund⸗
lage berubt die Gesellschaft noch heut, allerdings mit der staatlich
gutgeheißenen Abweichung, daß, während ursprünglich das Privat kapital zu 5. in Aktien und zu *. in Obligatie nen beschafft werden sollte, die Schwierigkeit des Geldmarktes zwang, Aktien und Obligationen im Verhältniß von 1:2 auszugeben. In⸗ zwischen haben beim Bau gemachte Erfahrungen, sowie mitilerweile angestellte sehr eingehende technische Untersuchungen ergeben, daß die schließlichen Baukosten bedeutend von dem Voranschlage abweichen wärden. Schon im April vorigen Jabres legte der inzwischen ab— getretene Ober-Irgenieur der Wahn (Hr. Gerwig) ein auf Trrrain⸗ plären im Maßstabe von 1: 2500 gegrürdetes generelles Projekt für die noch nicht in Bau gerommenen Linien vor, dessen Voranschlag gegen den der internationalen Konferenz einen Mehrbetrag von ca. 34 000 000 Fres. beanspruchte, der auch gegen den von dem im Spaäͤtjahr 1872 eingereichten immer noch um 293 260 000 Fres. höher war. Sein Nachfolger als Ober⸗Inzenieur, . Hellwag, berechnete für die nicht gebauten Linien die Noth wendig ˖ eit von 66 Millionen Mebrkesten. Nicht minder sind die Kosten der im Bau begriffenen Tessinischen Thalbahnen Biasca -⸗Bellinzona⸗ Locarno und Lugano-Chiasso so gewachsen, daß dieselben bis zu ihrer gänzlichen Vollendung mit Einschluß der auf diesen Theil des Netzes entfallenden Quote der bisher erlaufenen Koften der Kapitalbeschaffung, der Zinsen während der Bauzeit und des bis zur Vollendung des Gonthard⸗Tunnels zu gewärtigenden Betriebs defizits voraussichtlich sich
auf ol, oo O Fics. stellen wird, gen 18559, 193 Zrez. im Vor. Auch die Kosten des großen Tunnels werden nunmehr auf
anschla re. 63. 373 900 Fries, gegen früher 59, 600 000 Fres, angesetzt. Somit durften sich die Gesammtkosten der Bahn ven 187 Millionen auf 239.4“, also um 102 Millionen erhöhen. ;
Jassy, 25. Februar. (W. T. B) Gentern hat der erste Eisen ˖ bahnzug auf der Strecke Ungheni ˖ Kischenew die Pruthbrücke passirt.
2
*
vv itterun Be heriekt
von der ScSewarte zu Hamburg vom 25. Februar 1876. Beobachtungszeit überall 8 Uhr Morgens.
Barometer aut O Gr. a. d. Meeres- spiegel reduc. in
Millimeter.
Null
764, 1 762,5 754,9 750, 0 751,0 752,4 750.8 752. 8 759.3 746,9 752, 8 755.0 759,2 757, 9 765, 760, 766, ? 758, 8ð 761,3 758,5
Temperatur in Celsius- Graden.
Stationen. Nind. Wetter.
St. NAathien Paris He,, Kopenhagen Christiansusd Haparanda Stockholm .. Petersburg.. Moskau...
SS V mãssig SO leicht bed. VNV still S leicht SW frisch
S leicht
MW leicht ORNo still Null Null W schwach wolkig NW frisen bedeckt XW frisch bedeckt?) WNW schwach bedeckt) WNW schwach bedeckts) XW frisch wolkig?) WSV schwach bedeckt) W mässig bedeckt SW still
wolkig NW schwach wolkig KVSW echwach
mãssig ) WNW Stuim bedeckt“)
Duust
Null heiter Schnee Flar klar!) Schnee
Neu fahr ass. Sv inemnnde . Hamburg.. Sylt Genie. Cassel J Karlsruhe. Berlin. Leipzig Breslau..
) Gestern Schnee. 2) Nachts Schnee, Einseglung voll Eis. 3) Leichte Böen. ) Nachts Schnee s) Schneektöen. 3) RKachts leichter Schnee. 7) Stürmisch, Regen und Schnee. „) Abends etwas Gravpeln und Schnee. ) Nachts Schnee.
Uebersicht der Witterung.
Barometer in ganz Deutschland und Skandinavien erheblich ge- stiegen, am Kanal gesunken. Während das gestern erwähnte Mini- mum von der Ostsee weiter nach Russland rückt und die Winde in Ostdeutschland nach NM umgegangen sind, naht ein neues vom Ocean und ist der Wind im Kanal, mässig w-hend, nach S und SO gekrimpt., was nunmehr auch für Norddeutschland bevorsteht. Noch weht mässiger NW in der Helgoländer Bucht. doch ist die Leberschwemmungsgefahr für Hamburg erheblich verringert. In Breslau weht seit gestern Nachmittag starker Sturm aus WNW, in Pest heute stürmischer West. Dis Temperatur ist in Stockholm um 8, in Deutschland and Oesterreich um etwa 3 Grad gesunken und ist an der deutschen Ostseeküste leichter Frost eingetreten.
Deutsche See warte.
Berlin, den 26. Februar 1876.
Der „Osservatore Romano“ in Rom veröffentlicht nach⸗ stehende Briefe von Papst Pius VII. und von der Mutter Napoleons J. an Kardinal Consalvi mit Bezug auf den Ge⸗ fangenen von St. Helena:
L. Pius VII. an den Kardinal Consalvi in Rom.
Unser geliebtester Kardinal! ⸗
Die Familie des Kaisers Napoleon hat Uns durch den Kardinal Fesch die Mittheilung zugehen lassen, daß der Felsen von St,. Helena ein verhängnißvoller Aufenihaltsort ist und daß die Gesundheit des armen Verbannten sich von Augenblick zu Augenblick verschlechtert. Wir haben diese Nachricht mit unendlicher Bekümmerniß verrommen, und Sie werden solche Empfindung ohne Zweifel mit Uns theilen, da wir Beide dessen eingedenk sein müssen, daß die Wiederherstellung der Religion in dem großen französischen Reiche, nächst Gott, ihm zu danken ist. Die fromme und muthvolle Initiative vom Jahre 1801 reicht für Uns hin, das nachfolgende Ünrecht großmüthig zu vergessen und zu vergeben. Savona und Fontainebleau sind nur Febltritte des Geistes und Verirrungen mensch= lichen Ehrgeizes; das Konkordat hingegen war ein vom christlichen, wie vom heroischen Gesichtspunkte aus gleich heilbringender Akt.
Die Mutter und die Familie Napoleons rufen Unser Mitleid urd Unsern Edelmuth an; Wir glauben ihnen mit Gerechtigkeit und Dankbarkeit enisprechen zu sollen. Wir sind gewiß, Ihren Intentionen zu entspröchen, wenn Wir Sie ersuchen, in Unserem Namen an die ver ⸗ bündeten Souveräne, speziell aber an den Prinz⸗Regenten zu schreiben, der Uns so viele Beweise feiner Hochachtung gegeben hat. Er ist Ihr lieber und guter Freund und Wir wünschen, daß Sie ihn er— fuchen, die Leiden einer solchen Verbannung zu mildern. Es wäre fuͤr Unser Herz eine Freude oßne Gleichen, zur Linderung der Qualen Napoleons beigetragen zu haben. Er kann Niemandem mehr Ge— fahren bereiten; so wünschen Wir denn, daß er auch für Niemanden ein Gewissensbiß sein möge.
Castelgandolfo, den 6. Oktober 1817.
Yius Fp. VIi.
II. Madama HNadre dell' Imperatore Na] leone L. an den Kardinal Consalvi.
Ich will und muß Ew. Eminenz meinen Dank aussprechen, für alles, was Sie zu unsern Gunsten gethan haben, seitdem die Laft der Verbannung auf meinem Sohne und auf mir liegt. Mein Bruder, der Kardinal Fesch, hat mir keineswegs verheimlicht, wie edelmüthig Sie das Gesuch meines zroßen und unglücklichen Pro— fkribirten von St. Heleng aufgenommen haben. Der Kardinal erzählte mir, daß Sie in Folge der so gerechten und chriftlichen Bitte des Kaisers sich berilten, bei der englichen Regierung zu interveniren sowie nach würdigen und fähigen Priestern zu feischen. Ich bin in Wahrheit die Mutter der Schmerzen, und der einzig mir gebliebene Trost befteht darin, daß ich weiß, der heilige Vater vergißt das früher Geschehen, um sich nur noch der Zuneigung hinzugeben, die er für alle Angehörigen meines Hauses empfindet.
Melne Söhne Lucian und Ludwig, die Ihre unveränderliche Freundschaft sich zur Ehre anrechnen, waren tief gerührt, als sie er⸗ fuhren, was der Papst und Ew. Eminenz ohne unser Vorwissen ge— than, um unsere, von den Mächten bedrohte Ruhe zu schützen. Nirgends finden wir Unterstützung oder Zuflucht außer bei der pöäpstlichen Regierung, und die Größe unserer Dank⸗ barkeit gleicht der Größe der Wohlthat. Ich bitte Ew. Eminenz, dem heiligen Pentifex Pius VII. meine Huldigung zu Füßen legen zu wollen. Ich sage dies im Namen meiner ganzen geächteten Familie, und vor allem im Namen desjenigen, der auf ödem Felsen eines langfamen Todes dahinstirbt. Seine Heiligkeit und Ew. Eminenz sind in Eurcpa die einzigen, die seine Leiden zu lindern trachten und ihr Ende beschleunigen möchten. Von ganzem Mutter⸗ herzen danke ich beiden und verbleibe Ew. Eminenz allzeit ergebenfte und erkenntlichste .
27. Mai 18518. Madama.
In der am 8. Februar abgehaltenen Sitzung der archäolo⸗ gischen Gesellich aft berichtete Prof. Dr. Curtius über die in den letzten Tagen zu Olympia gemachten Funde, namentlich auf epi⸗ graphischem Gebiete. An diesen Vortrag knüpste Hr. Baurath Prof. Adler eine durch Situations⸗ und Nivellementspläne unterstützte Er—⸗ laͤuterung des augenblicklichen Standes der Erdarbeiten, wobei er
schließlich die Hoffnung aussprach, daß es Zelingen werde, das in dem
diesseitig aufgestellten Arbeitsplane für die erste mit Ende Mai ab⸗
laufende Campagne gesteckte Ziel, nämlich vollständige Freilegung des Zeustempels und seiner Umgebung bis auf eine Durchschnittsdistanz von 30 Meter zu erreichen. .
Dr. von Sallet legte darauf zwei vor Kurzem vom König⸗ lichen Museum angekaufte viereckige Terracottaftückchen vor, welche in Palmyra gefunden worden sind. Die Dar stellung derselben, zwei opfernde Kaiser, einer mit dem Adlerscepter, findet sich genau ebenso als Rückseite einiger Denare des Kaifers Aurelian, von denen der Vortragende früher in seiner Zeit. schrift für Numismatik“ bewiesen hat, Faß sie sich auf den Kaiser Aureliag und seinen Mitregenten in Palmyra, Vaballathus, den Sohn des Odaenathus und der Zenobig, beziehen. Endlich besprach der Veortragente einige Abdrücke syrakusanischer Tetradrachmen von den Künstlern Phrygillos und Eumenos, um 400 v. Chr. geprägt, welche durch den merkwürdigen Kranz der Persephone: Aehren, Mohn— kopf, Eichel und Eichblatt ausgezeichnet sinz.
In der Sitzung der pbilosophisch historischen Klasse der Kaiser⸗ lichen Akademie der Wissenschaften in Wien vom 9. Fe⸗ bruar legte, wie die ‚Wien. Ztg.“ mittheilt, das wirkliche Mitglied Hofrath Ritter von Miklosich eine Abhandlurg über die Mundarten und die Wanderungen der Zigeuner Europas, Beiträge zur Kenntniß der Mundart der Zigeuner in Galizien, in Syrmien und in Ser— bien mit einem Anhange über den Ursprung des Namens Zigeu⸗ ner“ vor.
Der Anhang enthält einen Versuch, den Namen „Zigeuner“ zu erklären. Der Verfasser stellt denselben mit dem Namen Athingani (äßiyrrarros) zusammen. Der Name „Zigeuner“ ist von Griechenland, der europäischen Urheimath der Zigeuner Europas, ausgegangen. Ec wurde unmittelbar den Italienern, die Griechenland im Mittelalter beherrschten, und den Bulgaren überliefert; von den letzteren gelangte er zu den Rumänen, Magyaren, Slaven, Deutschen. Aus dMirraos entstand zunächst die mittelgriechische Form roirxarss, die der bul— garischen acigan, aciganin zum Vorbilde diente, an das sich die rumänische und die ubrigen Formen anschlossen. Schon im Bulaa— rischen kommt auch die Form ohne das aulautende a vor: eigan. Die Athingani — dir raros, 6 us eic“ Fe pοsr ri de So Her- arc. ob rd at abt Sosτes ob. α60 dau IJausdᷓioοσσ — werden in den Kirchengeschichten meist nicht erwähnt; es werden daher die dieselben betreffenden Nachrichten aus den byzantinischen Schriftstellern zusammengestellt. Aus diesen Nachrichten ergiebt sich, daß die Athingani vorzüglich in Phivgien und Lykaonien einheimisch waren und daß sie aller Wahrscheinlichkeit nach erst unter dem aus Pisidien gebürtigen Kaiser Nicephorus “) und zahlreicher unter dem aus Amorion in Phrygien stammenden Kaiser Michael nach Byzanz kamen. Es sei hier erwähnt, daß der barbarische Name 4 rαtοs dem arabischen Lãmasasizya (oergl. Koran, Sura 20, 87 bis 96) nachgebildet ist und daß sich die Athingani dem Glauben der Samariter, die auch mit dem angeführten arabischen Namen bezeichnet werden, anschließen. Was die Veranlassung zur Uebertragung des Namens der Sekte der Athingani auf die Zigeu— ner — denn an eine ethnische Identität der wabrscheinlich jüdischen Athingani mit den aus Indien stammenden Zigeunern ist nicht zu denken — anlangt, so können darüber nnr Vermurthungen aufgestellt werden: die wahrscheinlichste ist die, daß in Byzanz die Zigeuner aus dem Grunde Athingani genannt wurden, da ste unmittelbar aus jenen Gegenden nach Byzanz kamen, wo nach dem Zeugnisse der Ge— schichte die Athingani am zahlreichsten waren *), wie die Franzosen die aus Böhmen eingewanderten Zigeuner bobémiens nannten. Daß aber die Zigeuner unmittelbar aus den oben angeführten Ländern nach dem Westen kamen, dafür spricht der Umstand, daß alle Mund⸗ arten der Zigeuner Europas armenische Elemente enthalten, was nur durch die Annahme erklärbar wird, daß die Zigeuner sich auf ihrem Zuge aus dem fernen Indien nach dem Wesiten in Armenien aufge— halten haben. Dem gegenüber muß die Dzat (Djat)-Theorie, wenn ste exklusive Geltung beansprucht, abgewiesen werden.
Die Lehre von dem Zusammenhange der Athingani mit den Zigeunern war in älterer Zeit, wie es scheint, alleinherrschend. Goar (f 1653) brachte sie aus Griechenland nach Frankreich. Ein älterer Schriftsteller, C. Peucer, mag ste irgend einem Byzantiner verdanken.
) Atipgani Nicephoro clari. Goar. * Les Bohémiens venus de la Phrygie ou de plus loin, sagt Pouqueville, J., 365.
Sie wurde zuerst von Pagi zu Baronius, zuletzt von A. F. Pott in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, 7, 394, be kämpft und insofern mit Recht, als diejenigen, die jene Ansicht auf⸗ stellten, an Blutsverwandtschaft der Athingani mit den Zigeunern ge⸗ dacht haben. Es sell nicht verhehlt werden, daß diese Hypothese die Frage, wann der Name der Athingani auf die Zigeuner übertragen ward, ob nicht schon die arñrauoe des Kaisers Michael (6820 bis 829) Zigeuner waren, daher auch die Frage, wann die Zigeuner in Griechen. land eingewandert sind, unbeantwortet läßt, Fragen, auf die man vielleicht nie anders als mit Vermuthungen wird -autworten können. Diejenigen, die der Hypothese aus dem Grunde entgegentreten, daß nach derselben die Einwanderung der Zigeuner in das Gebiet des griechischen Reichs in eine zu fruͤhe Zest hinaufgerückt würde, ist zu entzegnen, daß uns zwar Nachrichten über die Zeit zu Gebote stehen, wo die Zigeuner zuerst in Mittel⸗Europa erscheinen, daß wir jedoch über die Zeit ihres ersten Auftretens in den Ländern des byzantinischen Reichs keinerlei Kunde besitzen, und daß der Annahme, sie seien schon im neunten Jahrhundert in Griechenland eingewandert, nichts entgegenstellt werden kann. Was auch gegen diese Deutung eingewendet werden mag, Eines hat sie vor den älteren Erklärungen voraus, daß sie nämlich sprachlich möglich ist; diesen Vorzug behauptet ste auch gegenüber den aller neuesten Deutungen, von denen die eine von Hin de Goeje, die an⸗ dere von Hrn. Bataillard aufgestellt wurde: der erstere leitet den Namen „Zigeuner“ ab von dem persischen tsjeng, einer Art Harfe oder Zither, während der letztere, einen Gedanken von J. G. Hasse und Vivien de Saint⸗Martin aufnehmend, dem Namen Zigeuner den Namen der irwara. Herodots, 5, 9, zu Grunde legt. Wer die Reihe aGuütirravos, drœιποs, zingano, acigan, cigan u. J. w. berũckichtigt, kann weder der einen, noch der anderen Erklärung beipflichten.
Ueber Hochwasser liegen heute folgende Mittheilungen vor:
Breslau, 25. Februar. Nach einem Telegramm der „Schle⸗ sischen Zeitung aus Glogau von heute Nachmittag findet seit Vor⸗ mittags 10 Uhr heftiger Eisgang von Steinau durch den Hafen statt, die Eisschollen berühren die Balkenlage der Oderbrücke und setzen die letztere in grohe Gefahr. Der Wasserstand beträgt 15 Fuß 7 Zoll. Der Damm ist völlig überschwemmt, Sprengversuche bei der Eisversetzung vor der Oderbrücke waren bis daher erfolglos.
Pest, 25. Februar. Ofen und Alt-Ofen sind überschwemmt, die meislen Gewölbe sind geschlossen. Auch die Stadt Waitzen ist stark unter Wasser gesetzt. ö
— 26. Februar, früh. (W. T. B.). Der Eisstoß steht fest bei Ercsin, die Gefahr in Alt⸗Ofen ist nech immer im Steigen.
Theater.
Gestern, Freitag, wurde in Krolls Theater neu einstudirt und mit neuen Gesjangteinlagen zum ersten Male „Die schöne Sünderin“ aufgeführt. Diese schon früher gern gesehene Posse von E. Görlitz, von Jacobson für die Krollsche Bühne bearbeitet, ift auch in ihrem neuen Gewande von dem zahlreich erschienenen Publikum mit Beifall aufgenommen worden. Die neu eingefügten witzigen Couplets mit der ansprechenden melodiösen Musik Conradi's, erregten bei dem wirkungsvollen Vortrage besonders durch Hrn. Ed. Weiß und Frl. Mejo in deren bewährten Händen sich die Haupt— rollen des Wildpret- und Geflügelhändlers Werner und seiner Frau befinden, viele Heiterkeit. Für eine angemessene Inscenirung und gute Ausstattung hat Hr. Direktor Engel Sorge getragen.
— Der Vertrag, nach welchem Hr. Claar die Direktion des Residenztheaters übernimmt, ist jetzt perfekt geworden. Der neue Direktor hat dem General⸗Intendanten v. Hülsen angezeigt, daß er mit dem Institute dem Kartellverein beitreten wolle.
— Im Einverständniß mit dem Gast, Hrn. Direktor Lebrun, werden im Stadttheater vorläufig an jedem Montag Vor⸗ stellungen zu halben Kassenpreisen stattfinden.
Redacteur: F. Preh m. Verlag der Erpedition (Kessel). Druck W. Elsner. Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
Berlin:
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich
* 23 50. Königreich Preußen. Ju sti z ⸗Minister iu m. — Allgemeine Verfügung vom 19. Februar 1876, — be—⸗ treffend die Untersuchunshaft und den Vollzug der Gefängniß⸗
ö. strafe und Haft. .
ie zur Zeit geltenden Regulative für die Untersuchungs⸗ und Strafgefängnisse stehen theils unter einander 3 in Einklang, theils entsprechen die in denselben enthaltenen Be⸗ stimmungen nicht dem Strafensystem des jetzt geltenden Straf⸗ gesetz buchs.
Um bis dahin, daß eine allgemeine Gefängniß⸗-Ordnung er⸗ gehen kann, einige der am dringendsten der Abhülfe bedürfenden Miß stände zu beseitigen, wird für die Gefängnisse im Ressort des Ministeriums des Innern, wie in dem der Jufstizverwaltung Folgendes bestimmt.
JI. Untersuchungshaft.
e §. 1. (Beschäftigung.) Untersuchungsgefangene können nicht zur Arbeit gezwungen werden. Dagegen ist ihnen selbst⸗ gewählte Beschãftigung, soweit eine jolche mit der Gefängniß⸗ Ordnung verträglich ist, ebenso wie die freiwillige Betheiligung bei den in der Anstalt eingeführten Arbeiten, letztere nach Maß⸗ gabe der im 5. 4 gegebenen Bestimmungen zu gestatten.
5. 2. (Bekleidung). Den Untersuchungsgefangenen ist die eigene Kleidung und Waäͤsche zu belassen, sofern dieselbe rein⸗ lich und ordentlich ist; im entgegengesetzten Falle wird ihnen Hauskleidung verabfolgt; es ist jedoch dafür Sorge zu tragen, daß sie auf Verlangen des Untersuchungsrichters in denjenigen Kleidern vorgeführt werden können, welche sie bei ihrer Verhaf⸗ tung getragen haben.
FS. 3. (Beköstigung) Die Beköstigung der Unter⸗ suchungsgefangenen erfolgt durch die Gefängnißverwaltung nach Maß abe der in der Anstalt eingeführten Speiseordnung.
Auf ihr Verlangen ist ihnen jedoch zu gestatten, sich selbst — aus eigenen Mitteln — zu beköstigen.
Die Selbstbeköstigung darf, nur von dem zur Beschaffung derselben ermächtigten Speisewirthe nach Anordnung des Ge— fängnißvorstehers verabfolgt werden. Wird ausnahmsweise durch den Untersuchungsrichter die anderweite Einbringung von Viktuglien in die Anstalt gestattet, so sind dieselben, ebenfo wie das Geschirr vor der Verabfolgung sorgfältig zu untersuchen; Backwagren find zu durchschneiden. .
Die im Wege der Selbstbeköstigung beschaffte Kost darf die Grenzen eines mäßigen Genusses nicht übersteigen. Der Genuß von Branntwein ist ausgeschlossen.
Die Ermächtigung, sich selbst zu beköstigen, kann im Falle des Mißbrauchs entzogen werden.
II. Gefängnißstrafe.
§. 4. (Bes chäftigung.) Die zu Gefängnißstrafe Ver⸗ urtheilten können in einer ihren Fähigkeiten und Berhältnissen angemessenen Weise beschäftigt werden; auf ihr Verlangen sind sie in dieser Weise zu beschäftigen.
Die Beschäftigung ist nicht auf die in der Anstalt einge führten Arbeiten beschränkt. ;
Unter den den Fähigkeiten und Verhältnissen angemessenen Arbeiten sind nicht blos solche zu verstehen, welche der Gefangene schon früher gelernt oder betrieben hatte.
Darüber, ob eine Arbeit den Fähigkeiten und Verhältnissen des Gefangenen entspricht, hat allein der Gefängnißvorsteher zu entscheiden. Ist die Möglichkeit einer solchen Arbeit vorhanden, so ist der Gefangene in der Regel zu derselben anzuhalten. Ausnahmen können nur durch die Aufsichts behörde gestattet werden.
Tie Zutheilung eines Gefangenen zu einem bestimmten Arbeits zweige erfolgt durch den Gefängnißvorsteher, welcher hier⸗ bei Wünsche der Gefangenen thunlichst zu berücksichtigen hat und ermächtigt ist, unter besonderen Umständen Gefangene von den sogenannten Reinigungsarbeiten zu entbinden.
Die Beschäftigung der Gefangenen außerhalb der Anstalt 85. 15 des Strafgesetzbuchs) ist nur mit ihrer Zustimmung zu— lässig. Dieselbe ist durch Erklärung zu Protokoll festzustellen. In der Regel haben alle Gefangene, deren Beschäftigung für nothwendig befunden wird, an den Werktagen eine gleiche Zahl von Stunden zu arbeiten und innerhalb derselben eine nach ihrer Leistungsfähigkeit bemessene Aufgabe zu erledigen, deren Vollendung jedoch nicht vom Fortarbeiten bis zum Schlusse der Arbeitszeit befreit. Der Gefängnißvorsteher kann jedoch un— ter Umständen die Dauer der täglichen Arbeitszeit und den Um— fang der Arbeitsaufgabe für einzelne Gefangene verkürzen. An den Sonntagen und den christlichen Feiertagen ruht die Zwangsarbeit. Gefangene jüdischer Religion sollen am Sab— bath und an den hohen jüdischen Feiertagen: Purim, Wochenfest, Zerstõrung Jerusalems, Neujahr, Versöhnungsfest, Laubhüttenfest und an den beiden ersten, sowie an dem letzten Tage des Passah nicht wider ihren Willen zur Arbeit angehalten werden. Gefan—= gene, die in diesem Falle von der Arbeit befreit sind, können da— gegen an den Sonntagen und an den christlichen Feiertagen mit geräuschlosen Arbeiten beschäftigt werden.
Der Ertrag der von den Gefangenen auf Anordnung des Gefängnißvorftehers verrichteten Arbeiten gebührt dem Staate. Nach Maßgabe der hierüber geltenden Bestimmungen kann jedoch den Gefangenen bei Fleiß und gutem Verhalten ein Thell des Arbeite verdienstes als Belohnung gutgeschrieben werden. Diese darf von denselben bis zu einem ven der Aufsichtsbehörde zu besätimmenden Höchstbetrage zum Ankaufe von Zusatz⸗Nahrungs⸗ mit eln ꝛc. verwendet werden.
F. 5. (Bekleidung) Den zu Gefängnißstrafe Ver⸗ urtheilten, gegen welche nicht gleichzeitig auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenxechte erkannt ist, wird bei Verbüßung der Strafe die eigene Kleidung und Wäsche belassen, sofern dieselbe reinlich und ordentlich ist; im entgegengesetzten Falle ist denselben Haustleidung zu verabfolgen.
Gefangene, gegen welche neben der zu verbüßenden Freiheits- strafe der Berlust ber Ghrenrechte ausgesprochen ist, haben stets Haus kleidung zu tragen.
§. 6. Beköstigung.) Die zu Gefängnißstrafe Ver⸗ urtheilten werden von der Gefängnißverwaltung nach Maßgabe
Speiseordnung beköstigt. Gefangene, in Betreff deren der Sefängnißarzt begutachtet, daß ihnen nach ihrer Körperbeschaffen⸗ eit oder früheren Lebensweise die den gesunden Gefangenen
Srste Beilage
Berlin, Sonnabend, den 26. Februar
ist, erhalten auf Anordnung des Gefängnißvorstehers eine ihrem Bedürfnisse entsprechende Kost von anderer Zusammensetzung oder Zubereitung.
. Die Verstattung zur Selbstbeköstigung ist ausgeschlossen. Eine solche kann nur in denjenigen Gefängnissen, welche zur Zeit noch der Einrichtung zur Durchführung der Bestimm ungen
Uebergangszeit zugelassen werden. Ebenso ist es unstatthaft, daß die zu Gefängnißstrafe Ver⸗ urtheilten mit Geldmitteln, welche von ihnen selbst oder von
der Gefängnißverwaltung verabfolgten Kost no usatz⸗ Nahrungsmittel (§. 5) kaufen, oder daß sie . von gen 3
S. J. (Trennung der im Besitze der Ehrenrechte befindlichen Gefangenen von ö 6 3 Ehrenrechte entzogen sind.) Soweit es der Raum der Anstalt gestattet, können Gefangene, welche sich im Besitze der Ehrenrechte befinden, die Unterbringung in einer Einzelzelle, und bei gemeinschaftlicher Haft die Absonderung von Gefangenen, welchen die Ehrenrechte entzogen sind, beanspruchen.
III. Einfache Haft.
§. 8. (Beschäftigung.) Die zur Haft Verurtheilten (mit Ausnahme derjenigen, welche auf Grund der §§. 361 Nr. 3— 88, 362 des Strafgesetzbuchs eine Haftstrafe zu verbüßen haben) können zur Arbeit nicht gezwungen werden. Ihnen ist selbstge⸗ wählte Beschäftigung, welche mit der Gefängniß-Ordnung ver— träglich ist, ebenso wie die freiwillige Betheiligung bei den in der Anstalt eingeführten Arbeiten nach Maßgabe der in §. 4 gege benen Beflimmungen zu gestatten.
F... (Bekleidung.) Sie behalten ihre eigene Kleidung und Wäsche, sofern dieselbe reinlich und ordentlich ist; im ent— gegengesetzten Falle wird ihnen Hauskleidung verabfolgt.
S. 10. (Beköstigung) Auf ihr Verlangen ist ihnen die Selbstbeköstigung nach Maßgabe der Bestimmungen des J. 3 zu gestatten. Machen sie hiervon keinen Gebrauch, oder wird ihnen die Ermächtigung zur Selbstb köstigung entzogen, so er— folgt die Beköstigung durch die Gefängnißverwaltung.
I7. Qualifizirte Haft (§5§. 361 Nr. 3—- s, 362 des Strafgesetzbuchs).
8 11. (Beschäftigung.) Die nach Vorschrift des §. 361 Nr. 3— 8 des Strafgesetzbuchs Verurtheilten nnen zu Arbeiten, welche ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessen sind, nach Maßgabe der in 5. 4 dieser Verfügung enthaltenen Bestimmungen innerhalb, und sofern sie von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden, auch außerhalb der Anstalt angehalten werden.
§. 12. (8 ekleidung) Sie erhalten Hauskleidung, so— 4 . der Gefängnißvorsteher eine Ausnahme für zulässig erachtet. 5. 13. (Beköstigung) Sie werden nach Maßgabe der in der Anstalt eingeführten Speiseordnung beköstigt.
Selbstbeköstigung ist unstatthaft.
V. Allgemeine Bestimmungen, welche auf Unter— suchungsgefangene und auf alle Arten von Straf— gefangenen gleichmäßig. 9 Anwendung zu bringen
sind.
§. 14. (Besuche.) Personen, welche nicht amtlich in der Gefangenanstalt beschäftigt sind, dürfen zu Gesprächen mit Gefangenen nur auf Grund besonderer Erlaubniß zugelassen werden. Vor Ertheilung derselben ist zu prüfen, ob gegen die 1 welche einen Gefangenen besuchen will, kein Bedenken vorliegt.
Die Srlaubniß hat zu ertheilen:
für Besuche bei Untersuchungsgefangenen:
der Untersuchungsrichter (der Vorsitzende der Strafkam— mer oder des Schwurgerichts),
für Besuche bei Strafgefangenen:
der Gefängnißvorsteher.
Jeder Gefangene darf in der Regel einmal im Monate Be⸗ suche annehmen. Bei gutem Verhalten desselben können jedoch mit Genehmigung der obengenannten Beamten auch in kürzeren Zwischenräumen Besuche zugelassen werden.
Besuche dürfen nicht in der Gefängnißzelle, sondern in der Regel nur in dem dazu bestimmten Sprechzimmer oder einem anderen Geschäftsraume stattfinden. Ausnahmsweise können Kranke von ihren Verwandten und Freunden in dem Kranken— zimmer besucht werden.
Die Gespräche der Besucher mit Untersuchungsgefangenen dürfen nur im Beisein des Untersuchungsrichters oder eines von diesem beauftragten Beamten, Gespräche mit Strafgefangenen nur im Beisein eines Gefängniß⸗Aufsichtsbeamten, und zwar in beiden Fällen nur in einer dem betreffenden Beamten bekannten Sprache geführt werden.
Jeder Mißbrauch des Besuchs zu unerlaubtem Verkehr hat die sofortige Entfernung des Besuchers zur Folge und es kann überdies dem Gefangenen die Erlaubniß zum Empfangen von Besuchen überhaupt entzogen werden.
Nach eröffnetem Hauptverfahren ist der verhaftete Angeklagte befugt, sich mit seinem Vertheidiger zu besprechen, und zwar ohne Beisein einer Gerichtsperson, wenn der Vertheidiger ein in Eid und Pflicht stehender Justizbeamter ist (5. 55 der Verord⸗ nung vom 3. Januar 1849 und §. 209 der Strafprozeßordnung für die durch das Gesetz vom 20. September 1866 und die beiden Gesetze vom 24. Dezember 1866 mit der Monarchie ver⸗ einigten Landestheile ꝛc. vom 25. Juni 1867).
§. 15. (Korrespondenz.) Ein schriftlicher Verkehr mit außerhalb der Anstalt wohnenden Personen darf nur stattfinden: bei Untersuchungsgefangenen:
unter 2 des Untersuchungsrichters (des Vorsitzen⸗
den der Strafkammer oder des Schwurgerichts), bei Strafgefangenen:
unter Vorwissen des Gefängnißvorstehers, und überhaupt nur insoweit derselbe dem Haftzwecke nicht nach⸗ theilig ist.
Die eingehenden und ausgehenden Briefe sind, — falls sie Untersuchungsgefangene betreffen, dem Unterfuchungsrichter (dem Vorsitzenden der Strafkammer oder des Schwurgerichts) — die
des Absatzes 1 entbehren, bis nach Herstellung derselben für die
Anderen für sie eingezahlt worden sind, sich zu der ihnen von
Preußischen Staats⸗-Anzeiger.
1876.
zustellen, unfrankirte Zusendungen aber urũck ĩ hat, falls der Gefangene sich 2. vor 2. . bereit erklärt hat und die Mittel besitzt, die Portogebühr zu ent⸗
richten. Nur dann, wenn der Inhalt des Briefes kinem Be— denken unterliegt, kann derselbe nach erfolgter Segenzeichnung durch den Beamten, welchem die Ueberwachung der Korrespon⸗ n, = dem,. befördert werden.
einem Untersuchungsgefangenen dürfen ohne Gen hmi
des Untersuchungsrichters (Vorsitzenden — 2 des Schwurgerichts), keinem Strafgefan genen ohne Genehmigung des Gefängnißvorstehers Schreibmateriallen in die Gefãngnißʒelle verabfolgt werden. Ebense sind die eingehenden Briefe aur mit Genehmigung der gedachten Beamten in ihren Händen zu be⸗ lassen. Wird diese Erlaubniß nicht ertheilt, so find die Briefe dem Gefangenen, nachdem er sie gelesen hat, abzunehmen, und für ihn bis zu seiner Entlassung aufzubewahren.
Vorbehaltlich weitergehender Bewilligung aus besonderen
Gründen darf jeder Gefangene nur alle vier Wochen e nen Brief absenden und einen Brief empfangen. Oefter eingehende oder wegen ihres Inhalts beanstandete Briefe sind nicht zu vernichten sondern, ohne sie dem Gefangenen mitzutheilen, zu dessen Per⸗ sonalakten zu nehmen. .
Im Allgemeinen ist die Lektüre auf die in der Anstalt vor— handenen Schriften erbaulichen, belehrenden oder unterhaltenden Inhalts zu beschränken. Die Ausgabe der Bücher erfolgt nach Maßgabe der Individualität des Gefangenen unter thunlicher Berücksichtigung der etwa ausgesprochenen Wünsche. Das Vor⸗ lesen von Schriften in den Zellen für gemeinschaftliche Haft ist . . Gewährung von Licht über die Einschlußstunde hinaus zu fördern.
Auch die Lektüre von Büchern, welche in der Anstalts— bibliothek nicht vorhanden sind, oder von anderen Druckschriften kann nach Ermessen der Gefängnißverwaltung gestattet werden.
Unter Umständen kann dem Gesuche eines Gefangenen um Zulassung einer Zeitung stattgegeben werden, in der Regel jedoch nur, wenn sich der Gefangene in einer Einzelzelle befindet.
IT. CTabakrauchen ꝛ.) Das Tabakrauchen und Tabalkauen ist in der Regel untersagt, kann aber bei guter Führung und unter Berücksichtigung der Individualität (bez. nach dem Ausspruche des Arztes, Gefangenen, welche sich in einer Einzelzelle befinden, in dieser, — Gefangenen in gemein— schaftlicher Haft aber nur auf dem Spazierhofe gestattet werden.
§. 13. (Das Brennen von Licht über die Ein⸗ schluß stunde.) Einzelnen Gefangenen kann im Falle guten Verhaltens auf ihr Ansuchen das Brennen von Licht über die Einschlußstunde gestattet werden.
§. 19. (Disziplinarstrafen.) Als Disziplinarstrafen kommen in Anwendung: J
1) Verweis.
2) Entziehung der Erlaubniß, über das Guthaben aus dem Arbeitsverdienste zum Zwecke des Ankaufs von Zusatz-Nah— rungsmitteln zu verfügen, — bis auf die Dauer von zwei Mo— naten.
3) Einziehung des vorhandenen Guthabens aus dem Ar— beitsverdienste bis auf Höhe des in einem Zeitraum von zwei Monaten angesammelten Betrages.
‚ * Entziehung der Bewegung im Zreien bis auf höchstens acht Tage.
5) Bei Einzelhaft: Entziehung der Arbeit unter gleichzei⸗ tiger Entziehung der Lektüre bis auf höchstens acht Tage.
6) Kostschmälerung, welche bestehen kann: a. in Entziehung der Brodportion zum Frühstück, Mittag⸗ oder Abendessen; b. in Entziehung der Frühstücks⸗, Mittags- oder Abendsuppe; oder c. in Entziehung der Fleischportion; zu a. b. c bis auf die Dauer von vierzehn Tagen; oder d. in Beschränkung der Kost auf Wasser und Brod je um den anderen Tag, bis auf die Dauer von acht Tagen. Auch kann die Entziehung der Fleisch⸗ portion verbunden mit Entziehung der Suppe und der Brodportion entweder am Morgen, oder am Mittage, oder am Abende auf die Dauer von höchstens vierzehn Tagen ausgesprochen werden.
7) Arrest, bestehend in einsamer Einsperrung in einem hierzu bestimmten, nur mit einer Pritsche versehenen Lokale mit oder ohne Aufgabe einer Arbeit, bis auf die Dauer von höchstens einem Monate. Diese Strafe kann geschärft werden (strenger Arrest): a. durch die Entziehung des Bettlagers, b. durch Ver⸗ dunkelung der Arrestzelle, c. durch Beschränkung der Kost auf Wasser und Brod, bis auf die Dauer von höchstens vierzehn Tagen, jedoch mit der Maßgabe, daß dem Gefangenen jeden vierten Tag das hausordnungsmäßige Bettlager, das Tageslicht und die hausordnungsmäßige Kost gewährt wird.
Die zu 1—6 aufgeführten Disziplinarstrafen können ver⸗ bunden zur Anwendung gebracht werden.
Wenn der Gefängnißvorsteher die Anwendung des strengen Arrestes (7 a. b. c.) für geboten erachtet, so muß vor der Voll⸗ streckung eine Erhebung durch schriftliche Vernehmung des An⸗ geschuldigten und der Zeugen stattfinden, auch der Anstaltsarzt daruber gehört werden, ob der körperliche Zustand des Gefange⸗ nen die Vollstreckung des strengen Arrestes zuläßt.
Körperliche Züchtigung und Lattenstrafe sind ausgeschlossen. Ebenso sind Fesselung, Zwangezstuhl und Zwangsjacke als Dis⸗ ziplinarstrafen unzulässig unnd dürfen nur zur augenblicklichen Bändigung bei thätlicher Mö idersetz lichkeit oder wüthendem Toben und Schreien angewende“ werden.
Ueber jede Diszip'. marbestrafung ist unter Angabe der Ver⸗ anlassung zu derses en ein Vermerk in die Personalakten des Gefangenen aufzunehmen.
Der Min ster des Innern. Der Justiz⸗Minister.
Gr. z. 4 Eulenburg. Leonhardt.
Die vorstehende allgemeine Verfü
e . gung vom 19. Februar , n den sämmtlichen Justizbehörden zur Nachachtung mit— Berlin, den 26. Februar 1876.
nach der Speifeordnung zu verabfolgende Kost nicht zuträglich
der übrigen Gefangenen dem Gefängnißvorsteher vorzulegen,
Der Justiz⸗Minister. Leonhardt.
welcher die etwa erforderlichen Empfängsbescheinigungen aug. An sämmtliche Justizbehõrden.