*
steller, namenilich französische Möbel⸗ und Wagenfabrikanten unter dem chilenischen Publikum willige und liberale Käufer ge⸗ funden.
Die von der Regierung der Republik auf die Kusstellung verwendeten Kosten sind durch die Einnahmen aus den Ein⸗ trittsgeldern nur in sehr geringem Maße gedeckt worden.
Die für die Ausstellung bestehenden chilenischen und frem⸗ den Kommissionen sind gegenwärtig beschäftigt, jede für sich einen Bericht über dieses für Chile bedeutende Unternehmen aus⸗ zuarbeiten.
— Der Staatsrath hat am Ende des vorigen Jahres das Gesetz genehmigt, durch welches der Nationalkongreß den Voranschlag der Staatsausgaben für das Jahr 1876 festgestellt hat. In Gemäßheit dieses Gesetzes betra⸗ gen gedachte Ausgaben: für die Ministerien des Innern: 572,839 Pes. 46 C., der Auswärtigen Angelegenheiten und Kolonisation 263,003 Pes., der Justiz, des Kultus und öffent⸗ lichen Unterrichts 2,031,295 Pes. 6 C., der Finanzen 6,782,780 Pes. 63 C., des Krieges 1,957,498 Pes. 53 C., der Marine 1,222,986 Pes. 19 C., zusammen 16 830,402 Pes. 87 C.
Vereinswesen.
Das Direktorium der Hufelandschen Stiftungen bat seinen 45. Jahresberickt veröffentlicht. Aus demselben ergiebt sich für das Jahr 1875: 1) daß bei der Stiftungskasse zur Unter stützung nothleidender Aerzte die Gesammteinnahme 289.563 49 M, die Gesammtausegabe 23,9341 S, der Be—⸗ stand mithin 265, 629,6 S detrug. 2, Bei der Dr. Ignatz Braunschen Stiftung stellte sich die Totaleinnahme auf 10,768, io 66, die Ausgabe auf 600 M; es verblieb also ein Bestand von 10,168 M 10 g. 3) Bei der Stif— tungskasse zur Unterstützung nothleidender Wittwen von Aerzten ergab die gesammte Einnabme 124 617 Æ 99 ; die gesammte Ausgabe 27,117 M 99 , mithin einen Bestand von 97.500 S6. Das Direktorium begrüßt mit Freuden die eingetretene Vermehrung der Zahl der Mit—⸗ glieder, sowohl der ärztlichen, als auch der Wittwen Unter stützungskasse, als ein Zeichen der immer reger werdenden Theilnahme an dem Gedeihen der Stiftung und spricht den Regierungs- Mer izinal⸗ Räthen und Kreisphysikera für ihre Mühe im Interesse der Stiftung seinen Dank aus. Zugleich richtet dasselbe an alle Kollegen die Bitte, die Hufelardschen Stiftungen ihres Zweckes wegen fördern zu helfen, da bei den sich mehtenden Unterstuͤtzunge⸗Anträgen ins besondere von Wiitwen die vorhandenen Mitt! die Gewährung ven Unter stũtzungen nur in sehr beschränktem Magz bisher gestatteten.
Statisti sche Nachrichten.
Der Weinbau in der Provinz Hessen⸗Nassau im Jahre 1875. (Statistische Correspondenz) Die ungzunstigen Weinernten im Asfange der 50er Jahre, die den Weinbergsbesitzern im Rheingau, dem Hauptsitze des Weinbaus, große Verluste brachten, batten Lust und Vertrauen zu neuen Anlagen genommen. Seit dem Eintritt guter Jahre ist Beides zwar wieder zurückgekehrt, dennoch lassen die letzten Jahre eine Abnahme der mit Weia bebauten Flächen erkennen,.
1c JI 18
6 Her: ogthum
e, g , nn, Nachweisung
ungen des Weinbergs⸗Aresls im vormaligen vährend der letzten Jahre sind in folgender eise zusammengestellt: 1872 1873 1874 1875 Hekt. Helt,. Hel. Het. Größe des gesammten Weinberg Kd 3,574. co 3, 57 30 3,516, 8 3, 494.3. Hiervon in Ertrag. 2. 858,3 2,773, 6 2, S29, io 2.816,35
8
Was die angebauten Rekensoerten betrifft, so kommen beim
—
Weißwein für die weitere Verbreitung im Großen nur einige Sorten in Betracht und hierunter namertlich die kleine Rieslingtraube, welche dem Rheinwein seinen weitrerbreiteten Ruhm verschafft hat. Am häufigsten werden demnächst die Kleinberger Reben angebaut. Ihre Kultur findet vorzugsweise im untern Rheinthale statt. Den quantitiv reichsten Wein dagezen liefert die österreicher Rebe, die bauptsächlich dort gebaut wird, wo Qualitätsweine nach Erdenbe⸗ schaffenheit oder Sonnenlage nicht zu erreichen sind Nur unbeden⸗ tend ist dagegen die Verbreitung der Orleans und Traminertraube.
Vor den rothen Trauben wird namentlich Klebroth und Früh burgunder gepflanzt, ersterer in Aßmannshausen und an der Lahn, letzterer hauptsächlich in Camp und Osterspei.
Die gesammte in Ertrag stehende Weinbergsfläche betrug:
1872 1873 1874 1875 Hekt. Hekt. Hekt. Hekt. für Weißwein.. . 2AI5.60 2630.83 2665,30 2658, 3s . 1
Die Kultur der Rieslingrebe nimmt die Hälfte des ganzen be— pflanzten Weigberg / Areals in Anspruch; demnächst folgen die öster⸗ reicher und Traminer Reben, wie dies nachstehende Uebersicht ergiebt Es wurden angebaut:
a. Weißweine: 1872 1873 1874 1875 Hekt. Hekt. Hekt. Hekt.
Ries lingreben . 1,394.6 1,599,309 1,3373353 1,367, eo emischte Reben... 504.85 462, 10 517,13 449,25 a. ö 487, 10 487, 0 464.25 463. 75
Oesterreicher Reben .. 284, 302,8 310. 330.50 Traminer Reben... 28.280 23 a5 20 co 29.0 Grleangrehnin; 15 3 15 25 14,50 17,30
Zusammen 2714360 2,630.33 2,665, 0. 2, 065820
b. Rothweine: w 81, o0 84, 50 91, 0 S9, o0 Frühburgunder . 61.75 74, 25 74, 5, 69 00
Zusammen 142,1 158 15 165,5 158,0
Im Verhältniß zum Weißwein ist hiernach die Kultur des Roth weins nur unbedeutend.
Was nun die Weinkrescenz betrifft, so kommen hier Qualität und Quantität in Betracht. In beiden Beziehungen zeigt wohl kaum ein anderer Kulturzweig größere Abweichungen. Die Qualität der Weine zeigt nach Jahrgang, Gemarkung und Lage, nach Lese⸗ und Kellerbehandlung die größten Verschiedenheiten, von denen statistisch nur der Unterschied erfaßbar ift, ob im Allgemeinen eine Ernte vor⸗ züglich, gut, mittelmäßig oder schlecht ausgefallen ist. Die desfallsigen Angaben lassen erkennen, daß das Jahr 1875 nicht nur der Qualität, sondern auch der Quantität der Krescenz nach zu den guten Wein jahren zu rechnen ist.
— Unter den 668 Gutsbesißzern in Mecklenburg⸗Schwe⸗ rin, welche 1019 Hauptgüter 1875 im Besitz hatten, befinden sich eine Landesherrschaft, 3 fürstliche, 31 gräfliche, 264 freiherrliche und adlige und 302 bürgerliche Familien, 12 geistliche Stiftungen, 16 welt— liche Korporationen, 6 Bauerschaften, 2 Aktiengesellschaften und eine—⸗ Konkursmasse. Unter den 1019 Hauptzütern waren 602 Lehngüter und 417 Allodien. 1874 befanden sich 1019 Hauptgüter (605 Leha— güter und 414 Allodien) in Händen von 634 Gutsbesitzern, 1865 waren 100953 Hauptgüter (6175 Lehngüter und 3905 Allodien im Besitz von 652 Gutsbesitzern.
— Nach dem vor Kurzem erschienenen „Adreßbuch der Buch— und Steindruckereien in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz“ herausgegeben von Karl Klimsch beträgt die Zahl der Buch drucke— reien in Deutschland 1977, ia Oesterreich 423 und in der Schweiz 182, von welchen 398 bez. 111 und 10 mit Steindruckereien verbunden sind. Steindruckereien führt das Adreßbuch in Deutschland 1574, in Oesterreich 209 und in der Schweiz
135 auf. RKunst, Wissenschaft und Ziteratur. Die 9. Lieferung 4. Bandes (2. Abth.) des Deutschen Wörterbuchs von Jakob Grimm und Wilhelm Grimm, fortgesetzt
von Dr. Moriz Heyne, Dr. Rudolf Hildebrand und Dr Karl Weigand (Leipzig, S. Hirzel! enthält die Artikel Holzmarkt bis Hurre, bearbeitet von Dr. Moriz Heyne, und innerhalb dieser Grenzen die Wörter Honig, Horn, hübsch, Hüne, Huhn, Hund, Hundert und Hanger. Bemerkenswerth ist die Erklärung der Herkanft des Wortes „Hüne“. Der Begriff des Hunnen war seit dem 13. Fahrhundert auch auf den eines Riesen übertragen und hielt sich in dieser Bedeutung unter ver schiedener dialektischer Form bis ins 16 Jahrhundert hinein. Die oberdeutschen Gegenden lassen um die angegebene Zeit das Wort aussterben, während die niederdeutschen mit der Form hüne einen reichen Sagenschatz bewahren. Als der Sammelfleiß des 17. Jahr- hunderts Kuriosttäten, darunter die Sagen jener Landstriche, sammelte, wurde das Wort in der niederdeutschen Forin dem deutschen Publikum wieder bekannt gemacht, nun unterschieden von Hunne, obgleich die gelehrten Schriftsteller der Zeit sich des Zusammenhangs von Hüne und Hunne bewußt sind.
— Bei dem Brande des Rathhauses von Udine sind viele kostbare Kun stschätze zu Grunde gegangen, unter Andern aber ge— rettet worden die Madonna von Pordenone, das Freskogemälde von Pellegrino, sowie auch Bilder von Pellegrino, Floriani und Grossi, welche sich in der Loggia befanden. Die Krönung der Jungfrau von Girolamo aus Udine war bereits seit einiger Zeit in das Museum gebracht worden.
— Gräfin d'Agoult, in der literarischen Welt unter dem Namen Daniel Stern bekannt, ist am 5. d. M. im Alter von 72 Jahren zu Paris einer Brustentzündung erlegen.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Das Amteblatt veröffentlicht das von dem Minister des Innern und dem Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten unterm 22. Januar d. J. genehmigte Reglement für die provinzial— ständische Gärtnerlehranstalt tu Koschmin.
Gewerbe und Fsandel.
Die National- Hypotheken ⸗ Credit - Gesellschaft, eingetragene Genossenschaft zu Stettin, besteht nach dem in der Ge—⸗ neraloersammlung erstatteten Geschäftsbericht aus 9690 Mitgliedern mit 1B 001,109 M. Geschäftsantheilen. Das Geschäft beschränkt sich fast ausschließli auf hbypothekarische Beleihung von G:undstücken. Die beliebenen Grundstücke liegen größtentheils in Pommern, wohin über 7 Millionen, dagegen nach Brandenburg, Preußen, Posen und Schlesten 2, 1. 18 und 5 Millionen Mark gegeben sind. Im Gan— zen sind 13,650, 0006 Hypothekendarlehne gegeben, und zwar 11,840, 0004. unkündbar und 1810000 M kündbar. Auf Lombard sind 610. 0000 , auf Wechsel 4,450 M0. gegeben. Pfandbriefe der Gesellschaft sind UI,164,0090 S6 in Cirkulation, Depositen und Spargelder sind 21187000 Æ gugenommen, davon 2 Millionen mit halbjährlicher oder längerer Kündigung. Der Reservefond ist um ca. 506, 00 M er—⸗ höbt und beträgt ea. 130, 009 Die Generalversammlung genehmigte die Bilanz nnd Gewinnvertheilung mit 12) 0½ Dividende für die Geschäftsantheile und 9,3 / an die Hypothekschuldner von dem Ve— trage ihrer Hypothekenschuld.
— Nach dem J. Jahresbericht der Norddeutschen Feuer— Versicherungs⸗Gesellschaft zu Hamburg bezifferte sich die Einnahnie auf 1,065,392 S, die Ausgabe auf 712,597 M, so daß ein Ueberschuß von 353,794 M verbleibt. Unter der Einnahme figu— rirt eine Prämien ⸗Einnahme von 8ö0, 724 S, welche einer Ver— sicherungssumme von 185 Millionen entspricht. An Brandschäden wurden nur 1803725 S6 bezahlt, dagegen an Prämien für Rückver⸗ sicherung 350 559 S6. Von dem erzielten Neberschuß werden 217,380 46. zu Reserven für Schäden und Prämien der laufenden Versicherungen von ca. 100 Mill. S zurückgesetzt, so daß ein Reingewinn von 136,417 (S. verbleibt. Hiervon werden verwendet 45, 000 46 zu Dovi⸗ denden oder 225 „S per Aktie, auf Tantisme 4500 S, zur Verstär— kung der Presmien-Reserve 18060 M und zur Kapital-⸗Reserve 68, 97 „ Auf das statutenmäßige Aktienkapital siad bisher von l,50 0,000 S nur 300,000 6 eingezahlt worden.
Berlin, den 6. März 1876.
Seitens des Johanniter-Ordens sins durch den Major a. D. Grafen von Wartensleben-⸗-Seedorf, der zu diesem Zwecke mit Vollmacht nach Schönebeck entsendet worden ist, m Hülfscomits daselbst am 5. d. 1000 (S vorzüglich zu den Zwecken der Krankenpflege behändigt worden, und, da man unter den abnormen Verhaͤltnissen, in denen sich jetzt und auf längere Zeit hinaus gegen 2000 Einwohner diefer Stadt befinden, welche ohne Wohnungen in Massenquartieren unter—⸗ gebracht sind, den Ausbruch von Krankheiten befürchtet, ist Namens des Ordens die Verpflichtung übernommen, in diesem Falle das gesammte Honorar der Aerzte für die Behandlung von unbe— mittelten Kranken, ingleichen die Medizin derselben zu bezahlen und sie mit Lebensmitteln zu versehen.
Außer obigen sofort zur Verwendung kommenden 1000 S sind zu diesem Zwecke noch 2000 S aus der Ordens kasse zur Dispoßtion des Hülfscomités gestellt worden.
Der Vorstand des K. K. statistische Departements im Handels⸗-Ministerium, Hofrath Dr. Brachelli in Wien, behan⸗ delt in der in d. Bl. bereits mehrfach erwähnten 3. Auflage seines Werks: „Die Staaten Europas“ (III. Heft, Brünn, Buschak C Irrgang) die gewerbliche Industrie in den ver⸗ schiedenen europäischen Staaten auf Grund der neuesten statisti⸗ schen Ergebnisse. Das Urtheil eines so anerkannten, unparteii⸗ schen Fachmannes über die deutsche Indu trie hat unter den heutigen Verhältnifsen, welche bei Manchem das Vertrauen zu der gesunden Grundlage unserer Indu frie erschüttern, besonderes Interesse. Wir entnehmen deshalb diesem Werke diejenigen Stellen, die sich auf die deutsche Industrie im Allgemeinen beziehen.
In Betreff der Entwicklungsstu fe, auf welcher sich die gewerbliche Industrie in den europäischen Staaten befindet, sta⸗ tuirt Dr. Brachelli zunächst vier Klassen.
Die erste Klasse umfaßt nach seiner Darstellung die eigentlichen Industriestaaten“, nämlich jene Staaten, in welchen die gewerliche Thätigkeit „die größte Blüthe und ihren Kulmi—⸗ nationspunki“ erreicht hat. Diese Staaten sind der Reihenfolge nach Großbritannien, Frankreich, Sachsen, die Schweiz, Belgien, Württemberg, Preußen und das Reichsland Elsaß⸗Lothringen. Im prtußischen Staat blüht die Industrie hauptsächlich in den Provinzen Rheinland, Westfalen, Sachsen, Schlefien und Brandenlurg.
Zur zweiten Klasse rechnet der Verfasser jene Staaten, in welchen die Industrie einen sehr lebhaften Aufschwung ge⸗ nommen hat, aber im Vergleich mit der Urproduktion erst nach diesen einen Hauptnahrungszweig für die Bevölkerung abgicbt. Hier sinden wir Bayern, Baden, Hessen, die thüringifchen Staaten, Braunschweig, Anhalt, Oldenburg, Lippe und Waldeck⸗ Pyrmont.
Zur dritten Klasse zählt der Verfasser jene Staaten, „in welchen der fabrikmäßige Betrieb im Allgemeinen noch wenig entwickelt ist, der handwerks mäßige Gewerbefleiß aber und die Haus industrie sich entweder einer großen Ausdehnung oder mindestens einer sorgsamen Pflege erfreuen. Hierher gehören * Deutschland Lauenburg, Mecklenburg und Schaumburg ⸗ ippe.
Die vierte Klasse begreift jene Staaten, in welchen die In⸗ dustrie ganz unbedeutend ist. Ein deutscher Staat gehört nicht in diese Klasse.
Man sieht, daß der quantitativ überwiegende Theil Deutsch⸗ lands zu den Industriestaaten ersten Ranges Behört.
Der „Francais“ theilt einige Stellen aus einem Buche mit welches Herr Daudet dem Gedaͤchtniß des Herrn von Martignae gewidmet und welchem er ein sehr beredtes Vorwort vorangeschickt hat. Nachdem der Verfasser, ohne die von der Regierung der Re⸗ stauration begangenen Fehler zu verkennen, daran erinnert hat, daß „niemals eine Epoche lügenhafter dargestellt noch schlechter erkannt worden sei,“ fügt er hinzu:
Die Männer, welche von 1815 bis 1830 durch die Erbitte⸗ rung und Standhaftigkeit ihrer Gegnerschaft sich auszeichneten, wurden allein in helles Licht gestellt. Was die Männer der Regierung betrifft, jene großen Minister, die der Ruhm des französischen Volkes und der Stolz der monarchischen Partei find, so sprach man pon ihnen nur, um sein Mitleid auszu— drücken, über ihre Unfähigkeit richtig zu handeln und um ihr An— denken nach Möglichkeit herabzuziehen.
Stärker als die Verläumdung, die Herabwürdigung und der Schimpf hat sich allmählich dieses Andenken wieder gehoben, ja es bat zugenommen. Unterstützt von neuen Dokumenten hat es die Thore der Geschichte gesprengt. So strahlen heute die Größen der Restauration, welche endlich von dem Terrain Besitz genom- men haben, zu dem man ihnen bisher den Zutritt verweigert hat, mit unvergleichlichem Glanze neben den unvergeßlichen und geachteten Namen Richelieu, Decazes, Serre, Lainé, Baron Louis, Roy, Villele, Royer⸗Collard, Pasquier, Lafer⸗ ronnays, Martignae und vielen Anderen, die ihnen nach⸗ k
Sonderbar, nicht die Macht, der sie gedient haben, ist ihre Beschützerin in den Augen der Nachwelt. Im Gegentheil, sie sind es, die durch die Erinnerung an ihre patriotischen Be⸗ strebungen die Leidenschaft, die Undankbarkeit und die Ver⸗ gessenheit überwunden, und dadurch alle belehrt und allen vor dieser Macht Achtung eingeflößt haben. Wenn jetzt, da man die Restauration besser kennt, sie uns wie eine Zeit der Wiederherstellung erscheint, wohl werth, daß man sie ehre, so hat dies nicht allein seinen Grund in den Eigenschaften, den guten Absichten zweier Solveraine, die während dieser Epoche regierten, sondern auch, wir möchten sagen ganz besonders, darin, daß die Gruppe der Staatsmänner, die wir genannt haben, die Bürgschaft für dieselbe übernimmt, sie vertheidigt und sie rächt; weil die Vernunft dem Gedanken nicht Raum geben kann, daß so aufrichtige Herzen, so tapfere Seelen, so kluge Köpfe sich hätten bereit finden lassen, auch nur einen Tag Fürsten ohne jeden Patriotismus, mit selbstsüuͤchtigen und schlechten Absichten, ihre Unterstützung zu leihen. Heute wird die aufrichtige An⸗ ftrengung, die man damals machte, das monarchische Prinzip mit den modernen liberalen Ideen zu versöhnen, nicht mehr geleugnet. Es wird anerkannt und eingestanden, daß, wenn jene Anstrengung nicht mit Erfolg gekrönt worden, der Fehler weniger den Männern, die dies unternahmen, zur Last fällt, als den Zuständen, durch die sie beeinflußt wurden. Es war die verhängnißvolle Folge der Entfesselung der Doktrinen der Un⸗ ordnung und des Umsturzes, welche eben erst ein viertel Jahr⸗
hundert lang sich unter der zwiefachen Form der triumphirenden Demagogie und des siegreichen Despotismus sich geoffenbart ö
Am Donnerstag, 9. März, Abends 7 Uhr, findet im Restaurant de l'Europe, Charlottenstraße 37, eine Versammlung der Juristi⸗ schen Gesellschaft statt, in welcher Hr. Ober-Tribunals⸗Rath Struckmann einen Vortrag über die von der Reichs-Justiz⸗Kommission in erster Lesung in Bezug auf das Gerichtsverfassungsgesetz gefaßten Beschlüsse halten wird.
Mit Genehmigung des Chefs des Generalstabes der Armee ist ein Kommando des Eisenbahn-Regiments unter Führung eines Offiziers am Sonntag früh zur Hebung der an der Dahmebrücke gesunkenen Maschine nach Golßen abgerückt.
In Folge des Aufrufs des Polizei⸗Präsidenten von Madai vom 27. Dezember pr. sind für Bremerhaven nachträglich noch bei demselben 929, iz M eingegangen, dazr laut Bekanntmachung vom 14. v. Mts. 12, 038,6 MSG, in Summa also 12,958, 0 (416, welche nach Bremerhaven abgesandt sind.
Indem der Polijei⸗Präsident den Gebern für diese Gaben verbindlichst dankt, erklärt er zugleich die Sammlung für Bremer— haven für geschlossen.
Die Sammlung für Schönebeck besteht dagegen noch fort, und weitere Geldbeiträge für die vom Wasser so schwer Heimgesuchten werden auch ferner vom Polizei⸗Präsidenten angenommen werden.
In der auf gestern vertagten Sitzung der Todtenschau⸗Jury zu Poplar war, laut Telegramm des W. T. B.“ aus London, die englische Regierung durch den Advokaten Straight vertreten, welcher anzeigte, daß die Regierung eventuell das Kriminalverfahren gegen Kap tän Kuhn einleiten lassen werde. Außer dem Eivil-Ingenieur, welcher die Aussagen des Ingenieurs Harrington im Weentlichen be—⸗ stätigte, wurden heute der erste Steuermann über die Führung des Schiffs journals und sodann der erste und der zweite Maschinist, der Schiffszimmermann und der Boofsmann Wesiphal vernommen; die Aussagen derselben stimmen im Wesentlichen mit denen der früher vernommenen Zeugen überein. Die nächste Sitzung findet am Mitt— woch statt.
Den Antrag der Stadtverwaltung von Genua auf Auslieferung der Asche von Ehristoph Eolum bus hat die spanische Regie⸗ rung abschlägig beschieden, weil sich in Cuba ein allzugroßer Wider⸗ stand dagegen erhoben habe.
Theater.
Am Sonnabend ist Richard Wagner hier eingetroffen. Sein Aufeathalt wird sich bis zur Aufführung von „Tristan und Isolde“, also auf etwa 4 Wochen ausdehnen. .
— Am Donnerstag kommt in Krolls Theater zum Benefiz der Soubrette Fr. Marie Stolle das Lebensbild „Die Spitzenkönigin“ von Hugo Müller und L'Arronge, Musit von Bial, welches seit dem
Abgange der Fr. Stolle vom Wallnertheater nicht wieder zur Dar⸗
stellung gelangte, zur ersten Aufführung. Die Hauptrollen befinden sich in den Händen der Benefiziantin und des Frl. Hagedorn, sowie der HH. Eduard und Carl Weiß, Heder, Hauptmann und Bäckers.
— Der Kapellmeister des Woltersdorff⸗Theaters, ö.
Adolf Mohr, ist von Hrn. Direktor Thomas auf fernere vier Jahre
als Kapellmeister und Compositeur für diese Bühne gewonnen worden.
Redacteur: F. Preh m. Verlag der Crhediion Re ffn. Drack W. Eltne r. Vier Beilagen (einschließlich Börsen · Beilage).
Berlin:
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Dienstag, den 7. März
Deutsche s Reich. é
Gesetz, betreffend die Abänderung von Bestimmungen des Strafgesetzbuchs sür das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 und die Ergänzung desselben.
Vom 26. Februar 1876.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Raiser, König von Preußen ꝛe.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zu⸗ stimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
Art. JI. Die §5. 4, 55, 64, 70 Nr. 2 und 3, 88, g9ö, 102, 1093, 104, 113, 114, 117, 130a., 135, 140, 144, 145, 176, 177, 178, 183, 194, 200, 208, 223, 228, 232, 240, 241, 247, 263, 275 Nr. 2, 292, 296, 303, 319, 321, 360 Rr. 3, 4, 7 und 12, 361 Nr. 6, 363, 366 Nr. 3, 8, 9 und 10, 367 Nr. 5, 8 und 10, 369 und 370 des Strafgesetzbuchs in der durch die Gesetze vom 15. Mai 1871 und 10. Dezember 1871 festgestellten Fassung werden durch nachstehende, den bisherigen Zifferzahlen entsprechende Bestimmungen ersetzt:
§. 4. Wegen der im Auslande begangenen Verbrechen und Vergehen findet in der Regel keine Verfolgung statt.
Jedoch kann nach den Strafgesetzen des Deutschen Reichs verfolgt werden:
1) ein Deutscher oder ein Ausländer, welcher im Auslande eine hochverrätherische Handlung gegen das Deutsche Reich oder einen Bundesstaat, oder ein Münzverbrechen, oder als Beamter des Deutschen Reichs oder eines Bundesstaates eine Handlung begangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen im Amte anzusehen ist;
2) ein Deutscher, welcher im Auslande eine landes verräthe— rische Handlung gegen das Deutsche Reich oder einen Bundes⸗ staat, oder eine Beleidigung gegen einen Bundesfürsten be⸗ gangen hat;
3) ein Deutscher, welcher im Auslande eine Handlung be⸗ gangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen anzusehen und durch die Gesetze des Orts, an welchem sie begangen wurde, mit Strafe bedroht ist.
Die Verfolgung ist auch zulässig, wenn der Thäter bei Be⸗ gehung der Handlung noch nicht Deutscher war. In diesem Falle bedarf es jedoch eines Antrages der zuständigen Behörde des Landes, in welchem die strafbare Handlung begangen wor— den, und das ausländische Strafgesetz ist anzuwenden, soweit dieses milder ist.
§. 55. Wer bei Begehung der Handlung das zwölfte Lebensjahr nicht vollendet hat, kann wegen derselben nicht straf⸗ rechtlich verfolgt werden.
Gegen denselben können jedoch nach Maßgabe der landes⸗ gesetzlichen Vorschriften die zur Besserung und Beaufsichtigung geeigneten Maßregeln getroffen werden. Insbesondere kann die Unterbringung in eine Erziehungs⸗ oder Besserungsanstalt er— folgen, nachdem durch Beschluß der Vormundschaftsbehörde die Begehung der Handluug festgestellt und die Unterbringung für zuläͤssig erklärt ist.
§. 64. Die Zurücknahme des Antrages ist nur in den ge— setzlich besonders vorgesehenen Fällen und nur bis zur Ver— kündung eines auf Strafe lautenden Urtheils zulässig.
Die rechtzeitige Zurücknahme des Antrages gegen eine der vorbezeichneten Personen hat die Einstellung des Verfahrens auch gegen die anderen zur Folge.
& J0. 2) auf Zuchthaus oder Festungshaft von mehr als zehn Jahren erkannt ist, in zwanzig Jahren;
3) auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder auf Festungs⸗ haft von fünf bis zu zehn Jahren oder Gefängniß von mehr als fünf Jahren erkannt ist, in fünfzehn Jahren;
§. 88. Ein Deutscher, welcher während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges in der feindlichen Kriegs⸗ macht Dienste nimmt oder die Waffen gegen das Deutsche Reich oder dessen Bundesgenossen trägt, wird wegen Landes verraths mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher Festungs⸗ haft bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft nicht unter fünf Jahren ein.
Ein Deutscher, welcher schon früher in fremden Kriegs⸗ diensten stand, wird, wenn er nach Ausbruch des Krieges in der feindlichen Kriegsmacht verbleibt oder die Waffen gegen das Deutsche Reich oder dessen Bundesgenossen trägt, wegen Landesverraths mit Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft bis zu zehn Jahren ein.
Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervor⸗ gegangenen Rechte erkannt werden.
F. 95. Wer den Kaiser, seinen Landesherrn oder während seines Aufenthalts in einem Bundesstaate dessen Landesherrn beleidigt, wird mit Gefängniß nicht unter zwei Monaten oder 3 ' nig en von zwei Monaten bis zu fünf Jahren estraft.
Neben der Gefãngnißstrafe kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervor gegangenen Rechte erkannt werden.
§. 102. Ein Deutscher, welcher im Inlande oder Auslande, oder ein Ausländer, welcher während seines Aufenthalts im In⸗ lande gegen einen nicht zum Deutschen Reich gehörenden Staat oder dessen Landesherrn eine Handlung vornimmt, die, wenn er sie gegen einen Bundesstaat oder einen Bundesfürsten begangen hätte, nach Vorschrift der 58§. Sl bis 86 zu bestrafen fein würde, wird in den Fällen der 5§. 81 bis 84 mit Festungshaft von Einem bis zu zehn Jahren oder, wenn mildernde Umstände vorhanden sind, mit Festungshaft von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen der 5§. 85 und 86 mit Festungshaft von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft, sofern in dem an⸗ deren Staate dem Deutschen Reich die Gegenseitigkeit ver⸗ bürgt ist.
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der auswärtigen Re⸗ gierung ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.
§. 103. Wer sich gegen den Landesherren oder den Re— genten eines nicht zum Deuischen Reich gehörenden Staats einer
Beleidigung schuldig macht, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis zu zwei Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestrast, sofern in diesem Staate dem Deutschen Reich die Gegenseitigkeit verbürgt ist.
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der auswärtigen Regierung ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.
104. Wer sich gegen einen bei dem Reich, einem bundes⸗ fürstlichen Hofe oder bei dem Senate einer der freien Hansestädte beglaubigten Gesandten oder Geschäftsträger einer Beleidigung schuldig macht, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft.
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Beleidigten ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.
§. 113. Wer einem Beamten, welcher zur Vollstreckung von Gesetzen, von Befehlen und Anordnungen der Verwaltungs⸗ behörden oder von Urtheilen und Verfügungen der Gerichte be— rufen ist, in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet, oder wer einen solchen Beamten während der rechtmäßigen Aus⸗ übung seines Amtes thätlich angreift, wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu zwei Jahren bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß⸗ strafe bis zu Einem Jahre oder Geldstrafe bis zu eintausend Mark ein.
Dieselben Strafvorschriften treten ein, wenn die Handlung gegen Personen, welche zur Unterstützung des Beamten zugezogen waren, oder gegen Mannschaften der bewaffneten Macht oder gegen Mannschaften einer Gemeinde⸗, Schutz oder Bürgerwehr in Ausübung des Dienstes begangen wird.
§. 114. Wer es unternimmt, durch Gewalt oder Drohung eine Behörde oder einen Beamten zur Vornahme oder Unter lassung einer Amtshandlung zu nöthigen, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß— strafe bis zu zwei Jahren ein.
. 1I7. Wer einem Forst⸗ oder Jagdbeamten, einem Waldeigenthümer, Forst⸗ oder Jagdberechtigten, oder einem von diesen bestellten Aufseher, in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes oder Rechtes durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet, oder wer eine dieser Personen wäh— rend der Ausübung ihres Amtes oder Rechtes thätlich angreift, ,. ö Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu drei Jahren
estraft.
Ist der Widerstand oder der Angriff unter Drohung mit Schießgewehr, Aexten oder anderen gefährlichen Werkzeugen er⸗ folgt, oder mit Gewalt an der Person begangen worden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt in den Fällen des Absatz 1 Gefängnißstrafe bis zu Einem Jahre, in den Fällen des Absatz 2 Gefängnißstrafe nicht unter Einem Monat ein.
F. 1302. Ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes öffentlich vor einer Menschenmenge, oder welcher in einer Kirche oder an einem anderen zu religiösen Versamm— lungen bestimmten Orte vor Mehreren Angelegenheiten des Staats in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstande einer Verkündigung oder Erörterung macht, i mit Gefängniß oder Festungshaft bis zu zwei Jahren be⸗
raft.
Gleiche Strafe trifft denjenigen Geistlichen oder anderen Religionsdiener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes Schriftstücke ausgiebt oder verbreitet, in welchen Angelegenheiten des Staats in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstande einer Verkündi— gung oder Erörterung gemacht sind.
§. 135. Wer ein öffentliches Zeichen der Autorität des Reichs oder eines Bundesfürsten oder ein Hoheitszeichen eines Bundesstaats böswillig wegnimmt, zerstört oder beschädigt, oder beschimpfenden Unfug daran verübt, wird mit Geldstrafe bis ö Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren
estraft. . .
S8. 140. Wegen Verletzung der Wehrpflicht wird bestraft:
1) ein Wehrpflichtiger, welcher in der Absicht, sich dem Ein⸗ tritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu ent— ziehen, ohne Erlaubniß entweder das Bundesgebiet verläßt oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter sich außerhalb des Bun⸗ desgebietes aufhält: mit Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu dreitausend Mark oder mit Gefängniß von Einem Monat bis zu Einem Jahre;
2) ein Offizier oder im Offizierrange stehender Arzt des Beurlaubtenstandes, welcher ohne Eirlaubniß auswandert: mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten;
3) ein jeder Wehrpflichtige, welcher nach öffentlicher Be⸗ kanntmachung einer vom Kaiser für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr erlassenen besonderen Anordnung in Wider⸗ spruch mit derselben auswandert: mit Gefängniß bis zu zwei Jahren, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann.
Der Versuch ist strafbar.
Das Vermögen des Angeschuldigten kann, insoweit als es nach dem Ermessen des Richters zur Deckung der den Ange— schuldigten möglicherweise treffenden höchsten Geldstrafe und der , . des Verfahrens erforderlich ist, mit Beschlag belegt werden.
8. 144. Wer es sich zum Geschäfte macht, Deutsche unter Vorspiegelung falscher Thatsachen oder wissentlich mit unbegrün⸗ deten Angaben oder durch andere auf Täuschung berechnete Mittel zur Auswanderung zu verleiten wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft.
§. 145. Wer die vom Kaiser
zur Verhütung des Zusammenstoßens der Schiffe auf See,
über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammen⸗
stoße von Schiffen auf See, oder
in Betreff der Noth⸗ und Lootsensignale für Schiffe auf
See und auf den Küstengewässern erlassenen Verordnungen übertritt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft.
§. 176. Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
I) mit Gewalt unzüchtige Handlungen an einer Frauens⸗
1876.
person vornimmt oder dieselbe durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung unzüchtiger Handlungen nöthigt;
2) eine in einem willenlosen oder bewußtlosen Zustande befindliche oder eine geistes kranke Frauensperson zum außerehe—⸗ lichen Beischlafe mißbraucht, oder
3) mit Personen unter vierzehn Jahren unzüchtige Hand⸗ lungen vornimmt oder dieselben zur Verübung oder Duldung unzüchtiger Handlungen verleitet.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß— strafe nicht unter sechs Monaten ein.
§. 177. Mit Zuchthaus wird bestraft, wer durch Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine Frauensperson zur Duldung des außerehelichen Bei⸗ schlafs nöthigt, oder wer eine Frauensperson zum außerehelichen Beischlafe mißbraucht, nachdem er sie zu diesem Zwecke in einen willenlosen oder bewußtlosen Zustand versetzt hat.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß⸗ strafe nicht unter Einem Jahre ein.
§. 178. Ist durch eine der in den §8§8. 176 und 177 be⸗ zeichneten Handlungen der Tod der verletzten Person verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein.
§. 183. Wer durch eine unzüchtige Handlung öffentlich ein Aergerniß giebt, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark bestraft.
Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürger— lichen Ehrenrechte erkannt werden.
§. 194. Die Verfolgung einer Beleidigung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages (58. 185 bis 193) ist zulässig.
§. 2060. Wird wegen einer öffentlich oder durch Verbrei⸗ tung von Schriften, Darstellungen oder Abbildungen begangenen Beleidigung auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Beleidigten die Befugniß zuzusprechen, die Verurtheilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen. Die Art der Bekannt⸗ machung, sowie die Frist zu derselben ist in dem Urtheile zu bestimmen.
Erfolgte die Beleidigung in einer Zeitung oder Zeitschrift, so ist der verfügende Theil des Urtheils auf Antrag des Belei⸗ digten durch die öffentlichen Blätter bekannt zu machen und zwar, wenn möglich, durch dieselbe Zeitung oder Zeitschrift und in demselben Theile und mit derselben Schrift, wie der Abdruck der Beleidigung geschehen.
Dem Beleidigten ist auf Kosten des Schuldigen eine Aus⸗ fertigung des Urtheils zu ertheilen.
5 208. Hat der Zweikampf ohne Sekundanten stattgefun— den, so kann die verwirkte Strafe bis um die Hälfte, jedoch nicht über fünfzehn Jahre erhöht werden.
§. 223. Wer vorsätzlich einen Anderen körperlich mißhan⸗ delt oder an der Gesundheit beschädigt, wird wegen Körperver— letzung mit Gefängniß bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark bestraft.
Ist die Handlung gegen Verwandte aufsteigender Linie begangen, so ist auf Gefängniß nicht unter Einem Monat zu erkennen.
§. 228. Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist in den Fällen des §. 223 Absatz 2 und des §. 2234. auf Ge— fängniß bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bis zu eintausend Mark, in den Fällen der 8§. 224 und 227 Absatz 2 auf Gefängniß nicht unter Einem Monat, und im Falle des 5§. 226 auf Ge— fängniß nicht unter drei Monaten zu erkennen.
§. 232. Die Verfolgung leichter vorsätzlicher, sowie aller durch Fahrlässigkeit verursachter Körperverletzungen (58. 223, 230) tritt nur auf Antrag ein, insofern nicht die Köͤrperver⸗ letzung mit Uebertretung einer Amts-, Berufs- oder Gewerbs⸗ pflicht begangen worden ist.
Ist das Vergehen gegen einen Angehörigen verübt, so ist die Zurücknahme des Antrages zulässig.
Die in den §§. 195, 196 und 198 enthaltenen Vorschrif— ten finden auch hier Anwendung.
§. 240. Wer einen Anderen widerrechtlich durch Gewalt oder durch Bedrohung mit einem Verbrechen oder Vergehen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nöthigt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu sechs⸗ hundert Mark bestraft.
Der Versuch ist strafbar.
. 241. Wer einen Anderen mit der Begehung eines Ver⸗ brechens bedroht, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark bestraft.
§. 247. Wer einen Diebstahl oder eine Unterschlagung gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, oder wer einer Person, zu der er im Lehrlingsverhältnisse steht, oder in deren häuslicher Gemeinschaft er als Gesinde sich befindet, Sachen von unbedeutendem Werthe stiehlt oder unterschlägt, ist nur auf . zu verfolgen. Die Zurücknahme des Antrages ist zu⸗ lässig.
Ein Diebstahl oder eine Unterschlagung, welche von Ver— wandten aufsteigender Linie gegen Verwandte absteigender Linie oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangen worden ist, bleibt straflos.
Diese Bestimmungen finden auf Theilnehmer oder Begün⸗ stiger, welche nicht in einem der vorbezeichneten persönlichen Ver⸗ hältnisse stehen, keine Anwendung.
§. 263. Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvortheil zu verschaffen, das Vermögen eines Anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer That⸗ sachen einen Irrthum erregt oder unterhält, wird wegen Betruges mit Gefängniß bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. .
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden.
Der Versuch ist strafbar. -.
Wer einen Betrug gegen Angehörige, Vormünder oder Er⸗ zieher begeht, ist nur auf Antrag zu verfolgen. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. ⸗
§. 275. 2) unechtes Stempelpapier, unechte Stempel marken, Stempelblankette oder Stempelabdrücke für Spielkarten, Pässe oder fonstige Drucksachen oder Schriftstücke, ingleichen wer unechte