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— 22. März. (W. T. B) Ueber die Bildung des neuen Ministeriums wird gemeldet. daß der Deputirte Depreiis neben der Präsidentschaft des Kabinets das Ministerium der Finanzen übernehmen wird. Der italienische Gesandte in der Schweiz. Senator Melegari, hat das Portefeuille des Aeußern, der Deputirte Mancini das der Justiz angenommen. Nachdem der Deputirte Correnti Centrum) den Eintritt in das Rabinet abgelehnt hat, wird dasselbe voraussichtlich nur aus Mitgliedern der Linken bestehen. ; ̃ ̃
— Unter dem 22. März, Abends, wird weiter telegraphisch gemeldet, daß Nicotera das Portefeuille des Innern, Zannardelli das der öffentlichen Arbeiten, General Mezzacapo das des Krieges und Doppino das des Unterrichts übernehmen wird.
Türkei. Konstantinopel, 22. März. (W. T. B.) Die Pforte ist von dem Fürsten von Montenegro offiziell be⸗ nachrichtigt worden, daß der Fürst den Präsidenten des Senats und die Senatoren Boscovich und Urbissa nach Grahovo ent⸗ sendet habe, um daselbst seine Befehle wegen Aufrechterhaltung strikter Neutralität gegenüber den Insurgenten in der Herzegowina bekannt zu geben.
— Laut Telegramm des „W. T. B.“ aus Wien, vom 22. März, Abends, wird auch von Seiten der „Politischen Korre⸗ spondenz“ bestätigt, daß die Insurgenten das Waffenstill—⸗ stands-Anerbieten Mukhtar Paschas nicht abgewiesen hätten. Diese Wendung im Auftreten der Insurgenten sei so⸗ wohl durch die entschlossene Haltung der Organe der österreichi⸗ schen Regierung, als auch durch die wiederholten, vom Fürsten von Montenegro im friedlichen Sinne an die Insurgenten gerich⸗ teten Aufforderungen herbeigeführt worden. Wahrscheinlich wür⸗ den demnächst die türlischen Kommissäre und die Insurgenten in direkte Verhandlungen treten.
— Die türkische Botschaft in London läßt die In⸗ struktionen veröffentlichen, welche die Pforte soeben betreffs der Verwaltung der Vilayets (Provinzen) erlassen hat. Dieselben lauten nach der „A. A. C.“ im Auszuge: Jede Vilayet oder Provinz des Reiches wird unter die Leitung eines Vali oder Generalgouverneurs gestellt. Alle ottomanischen Unterthanen ohne Klassenunterschied werden in den Augen des Gesetzes als gleichgestellt erklärt, und die wichtigste Pflicht der Valis ist diejenige, dieses Recht jedem Individuum zu sichern. Den Valis liegt auch die Ausführung von Reformen ob; zu denen gehören: die neuen Wahlen für die Tribunale und Räthe, die Drganisation der Polizei, die Gefängnißverwaltung und die Reform in der Uebertragung von Grundbesitz, die Veränderungen mit Bezug auf den Militärdienst und die Instandhaltung der Chausseen u. s. w.; die Entwickelung des Ackerbaues und die Schätzung der Steuern. Die Valis sind besonders beauftragt, darauf zu achten, daß kein Regierungseinfluß auf die Wahlen ausgeübt wird, sowie jeden Einschüchterungsversuch zu bestrafen. Sehr strenge Vorschriften sind mit Bezug auf die Polizei, sowie auf verhaftete Personen ertheilt, damit eine strenge Gerechtigkeit geübt werden mag. Es soll ein Gefängnißausschuß, bestehend aus einem Präsidenten und vier anderen Mitgliedern (zwei Muselmännern und zwei Nicht-Muselmännern), ernannt werden, der darauf achten soll, daß Jedem Gerechtigkeit widerfährt. Die Valis sollen auch darauf achten, daß die Funktionäre in den verschiedenen Zweigen der Verwaltung ihre Pflicht thun und sich keiner Mißbräuche schuldig machen. Sie besitzen die Befugniß, Beamte nach einer gehörigen Untersuchung entlassen zu dürfen; aber in gewissen Fällen muß die Angelegenheit erst an die Pforte ge— wiesen werden. Die Valis sind befugt, mit dem Beistande der Polizei diejenigen Maßregeln zu treffen, die ihnen zur Aufrecht⸗ erhaltung der Ordnung am geeignetsten erscheinen dürften; aber in außerordentlichen Fällen müssen sie die Pforte sofort aus—⸗ führlich von den Umständen benachrichtigen. Allen Funktionären ist untersagt, die Polizei in ihren persönlichen Diensten zu ver— wenden, und der Polizei ist verboten, Lebensmittel, Thiere für den Transport von Material oder andere Dinge von den Ein⸗ wohnern zu requiriren. Die Valis sind angewiesen, von Zeit zu Zeit die Gefängnisse persönlich zu inspiziren, um darauf zu achten, daß die Gefangenen Beschäftigung haben und daß keiner über die ihm legal zuerkannte Haftzeit hinaus zurückgehalten wird. Die Valis dürfen sich weder in die Wahlen für die Tribunale noch in die Berathungen der letzteren mischen; aber wo augenscheinlich ein unnöthiger Verzug eintritt, mögen sie die Tribunale antreiben, ihre Prozedur zu beschleunigen. Erkenntnisse der Nizana⸗Tribunale in Eivil—⸗ und Kriminalangelegenheiten sollen in türkischer Sprache abge— faßt werden, aber mit einer Uebersetzung in arabischer, griechi⸗ scher, bulgarischer, bosnischer oder armenischer Sprache, je nach der Lokalität, versehen sein. Die Valis sollen nicht befugt sein, eine neue Steuer aufzuerlegen oder eine bestehende Steuer zu verändern. Ihre Pflicht ist es, darauf zu achten, daß die Steuern im gehörigen Verhältniß vertheilt und von den gehöri⸗ gen Beamten eingezogen werden. Die Mutessarifs sind Beamte, welche die Valis in den Sandjaks oder Abtheilungen der Vilayets repräsentiren; sie stehen unter den Valis, denen sie Berichte er— statten wüssen. In gerichtlichen Sachen erstatten sie indeß der Pforte direkt Berichte, senden aber den Valis Abschriften derselben. Die Kaimacans sind die Beamten in den kleineren Unterabtheilungen und stehen unter den Mutessarifs. Das fünfte und letzte Kapitel der Instruktionen gewährt den Lokal⸗ räthen und Tribunalen die vollkommenste Freiheit des Handelns, und die Verwaltungsräthe dürfen die Pforte von seder Un— regelmäßigkeit oder jedem Akt der Ungerechtigkeit auf Seiten der Exekutivbeamten, die zu ihrer Kenntniß gelangt sein mögen, benachrichtigen. Das Comité des Exekutivrathes der Pforte ist 5 auf eine strenge Ausfuhrung dieser Instruktionen
zu achten. ö
Pera, 17. März. (Allg. Ztg. Eine telegraphische De⸗ pesche vom 12. d. zeigt amtlich an, daß in Bag dad auf dem rechten Tigrisufer die Pest seit 19 Tagen ausgebrochen ist. — Die gestrige „Turquie“ meldet, daß die feit vier Jahren zwischen Oesterreich und der Türkei schwebenden Verhandlungen wegen des Eisernen Thores beendigt sind.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 20. März. Am 17. wurde der spanische Botschafter Marquis de Bedmar von dem Kaiser empfangen, und überreichte Sr. Majestät die Insignien des Ordens des gol⸗ denen Vließes, den der König von Spanien dem Minister des Kaiserlichen Hofes, Grafen Adlerberg, verliehen. Der Kaiser nahm die Ordensinsignien vom spanischen Botschafter entgegen und legte sie dem Grafen Adlerberg an. Der Feierlichkeit wohnten bei die Ritter dieses Ordens: der Großfürst Thron⸗ folger und der Reichskanzler Fürst Gortschakow. Hierauf ver⸗ abschiedete sich der Marquis de Bedmar, der zeitweilig seinen Posten verläßt, von Sr. Majestät. — Ueber die allgemeine Volkszählung im Jahre 1877 schreibt die „Moskf. Ztg.“, daß diese Zählung nach neuen, von einer besonderen Kom⸗
mission beim statistischen Centralcomité ausgearbeiteten Prin⸗ zipien ausgeführt werden soll. Unter der Leitung des statisti⸗ schen Gouvernements⸗Comités soll die Zählung in jeder Gouvernements⸗ und Kreisstadt von besonderen Kommissionen vorgenommen werden. Für die Unkosten der Volks⸗ zählung werden 2000 000 Rubel angewiesen werden.
Dänemark. Kopenhagen, 21. März. Der Gesetz⸗ entwurf, betreffend die außerordentlichen Veranstaltungen zur Beförderung des Vertheidigungswesens, kam gestern im Landsthing zur zweiten Lesung. Von dem Ausschuß war beantragt worden, den vom Folkething an⸗ genommenen Gesetzentwurf ad acta zu legen und zu dem ursprünglichen Regierungsentwurfe zurückzukehren. Carstensen hatte eine beträchtliche Erhöhung der Bewilligung zu den Befestigungsanlagen bei Agersösund beantragt. Der Kriegs -Minister empfahl den Ausschuß⸗Antrag, und wies die Auffassung, daß die Regierungsvorlage einen aggres⸗ siven Charakter habe, zurück. Der Folkethingsvorschlag wurde von Hauerslev und Hasle vertheidigt. Nach längerer De⸗ batte wurden Carstensens Amendements mit 26 gegen 20 Stim⸗ men verworfen, und der Ausschußantrag mit 38 gegen 11 Stimmen angenommen. Der Uebergang des Gesetzentwurses zur dritten Lesung wurde mit 36 gegen 12 Stimmen genehmigt. — Das Folkething nahm in seiner gestrigen Sitzung den Gesetz⸗ entwurf, betreffend das Uebungslager bei Hald, in dritter Lesung ohne Debaste an; derselbe geht jetzt zum Landsthinge. Das Nachtragsbewilligungsgesetz zum Finanzgesetze für 1876 77, dessen dritte Lesung statt'and, wurde mit einigen Ausschußänderungen einstimmig angenommen. Auch dieser Gesetz⸗ entwurf geht zum Landsthinge. — Eine Königliche Verordnung vom 17. d. bestimmt, daß mit dem 1. Oktober d. J. alles ältere Silbergeld aufhört, gesetzliches Zahlungsmittel zu sein.
Amerika. Washington, 22. März. (W. T. B.) Die Kommission des Senates hat ihren bezüglichen Bericht vorgelegt, in welchem sie sich gegen die Ernennung Dana's zum Gesandten der Vereinigten Staaten in London ausspricht.
New⸗JYJork, 22. März. (W. T. B.) Hierselbst hat man eine weitverzweigte Verbindung entdeckt, welche sich mit der An⸗ fertigung falscher Werth papiere der Vereinigten Staaten und der Banken beschäftigt. Vier der Hauptbetheiligten sind verhaftet. — Von der Füste werden zahlreiche Schiffbrüche in Folge der letzten Stürme gemeldet.
Montevideo, 21. März. (W. T. B. Das neue Mini⸗ sterium besteht aus Andre Vasquez, Finanz⸗Minister, Am— brosio Velazzo, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Mon⸗ tero, Minister des Innern, und dem Oberst Vasquez als Kriegs⸗ Minister. Ein Manifest des zum Diktator von Uruguay er⸗ klärten seitherigen Kriegs-Ministers Oberst Latorre kündigt die beabsichtigten Reformen in der Staatsverwaltung an.
Asien. China. Die zunehmende Unsicherheit des Schiffsvmr— kehrs in den chinesischen Gewässern hat Anstoß zu einem diploma— tisch⸗militärischen Vorgehen gegeben, an welchem auch das Deutsche Reich mit einem Theil seiner Kriegsflotte Theil zu nehmen im Begriff steht. Angesichts dieser Verhältnisse wird ein Blick auf die gegenwärtige Wehrmacht und das Vertheidigungs system China's von Interesse sein.
Als die Mandschus anfingen, China zu unterwerfen (1601), formirten sie, wie wir einem einschlägigen Aufsatz der „Allgem. Ztg.“ entnehmen, 4 Banner, die durch die Farben gelb, weiß, blau, roth unterschieden wurden. Der Kaiser Tien⸗ming fügte 1614 diesem Kontingent weitere 4 Banner hinzu, welche die Farben gelb, eingefaßt mit roth, weiß mit roth, blau mit roth und roth mit weiß trugen.
Diese 8 berühmten Mandschu⸗Banner bildeten den Kern einer Armee von 60,9000 Mann, welche indeß nicht allein aus Mandschus, sondern auch aus Mongolen und abgefallenen Chinesen bestand. Kaiser Tientsung formirte den mongolischen Theil seiner Armee ebenfalls in 8 Banner von ungefähr 17,000 Mann, die sich durch dieselben Abzeichen unterschieden.
Nach Eroberung des Reichs sahen auch die in der Armee dienenden Chinesen, von ihren Landsleuten gehaßt und ver⸗ folgt, sich genöthigt, für immer sich unter die Mandschufahne zu begeben. 1638 wurden von demselben Kaiser 2 chintsische Banner formirt, die später auf 4 vermehrt und 1642 in einer Gesammtstärke von 24,000 Mann definitiv in 8 Banner, den Mandschu⸗ und Mongolenbannern entsprechend, organisirt wur⸗ den. Diese noch heute bestehenden 24 Banner, etwa 105.000 Mann stark, bilden die Hauptstütze der jetzigen Dynastie. Sie sind in den großen Städten des Reiches vertheilt und leben in ihren Garnisonen in strengster Scheidung von den Eingeborenen.
Außer dieser Armee giebt es noch eine Kaiserliche Garde, deren Dienst sich lediglich auf den Schutz der Residenzen ꝛc. be⸗ schränkt, sowie ein drittes Heer, welches numerisch das stärkste ist und alle neuern Kriege Chinas geführt hat. Die Truppen dieser Armee sind in provinzweise vertheilten Armee⸗Corps orga⸗ nisirt, deren jedes in 5 Divisionen zerfällt; eine Division besetzt 3 6. die sich wieder in eine gewisse Zahl von Wachtstationen theilen.
Auf diese Weise ist jeder Landestheil des Reichs mit einem Posten⸗ und Kordonsystem überzogen, die alle unter dem Gouverneur der bewaffneten Provinz stehen und ein zusammen— hängendes Netz von strategischen Linien und Zwischenpunkten besetzt halten. Die wichtigeren Abschnitte und die Knotenpunkte der großen Kommunikationen im Lande sind durch Befestigungen verstärkt und mit Geschütz armirt.
Der Generalgouverneur jeder Provinz hat einen Stab von 3 Offizieren zur Seite; unter seinen Befehlen steht außerdem der Tataren⸗General und der Gouverneur der Provinz. Der erstere befehligt die Bannerleute, der letztere das Chinesenkon⸗ tingent der Provinz. Nächst dem Gouverneur rangirt der Ad⸗ miral, unter dem die Kriegs Dschonken und Wachtboote nebst den dazu gehörigen Seesoldaten stehen.
Die Zahl an Mannschaft, welche die 19 Provinzen des Reiches an die Armee zu geben und in derselben vollzählig zu erhalten haben, beträgt zusammen 651,677 Mann für diese dritte Armee Chinas. Im Jahre 1875 war dieselbe in nachstehendem Umfang mit Ofsizieren besetzt: chinesische kommandirende Generale resp. Admirale 16, General-Leutenants und Vize⸗Admirale 64, Obersten 284, Oberst⸗Lieutenants 373, Majors 425, Hauptleute S25, Lieutenants 1649, im Ganzen 7157 Offiziere. Ein großer Theil derselben (10 Proc.) sind Bannerleute und als solche die festen Stützen und die Träger des dynastischen Geistes im Heer⸗ system. Man hat mehreren von ihnen aus diesem Grunde größere Fommandos übertragen und sie auf die militärisch⸗wich⸗ tigsten Positionen vertheilt. Die Bewaffnung der vorstehend ge⸗ nannten Armee ist eine primitive; nur die in den Küstenplätzen stationirte Mannschaft ist zum Theil mit neueren Waffen ver— sehen. Eine Ausnahme in dieser Beziehung macht das Armee⸗
Corps des General⸗Gourerneurs Li⸗hung in Tien⸗tsin, welcher mit allen Kräften bestrebt ist, europäischem Ftriegsw.sen und moderner Kriegskunst Eingang in China zu verschasfen. Na⸗ mentlich ist die Peiho⸗ Mündung durch mehrere mit Kruppschen Kanonen armirte Forts, deren Besatzung nach preußischem Muster einexerzirt ist, in einen starken Vertheidigungszustand ge⸗ setzt worden.
Der zu einer kriegerischen Aktion bereite Theil der deutschen Friegsflotte, welcher Mitte Mai in Honkong zu einer Expedition versammelt sein kann, besteht aus den drei jetzt auf der ost⸗ asiatischen Station weilenden Fahrzeugen, den Korvetten „Hertha“ und „Ariadne“ und dem Kanonenboot ‚Eyclop;“ die anderen neuerdings dorthin entsendeten sind die Korvetten „Vineta“ und „Louise“. Das Fanonenboot „Cyclop“ hat besonders flachen Tiefgang, um in Buchten und Flußmündungen einlaufen zu können und führt 64 Mann und 3 Geschütze. Die deutsche Macht beziffert sich im Ganzen auf 1380 Mann und 57 Ge⸗ schütze meist schweren Kalibers.
Die kombinirte deutsch ⸗englisch⸗russische Flolte würde eine Gesammtmacht von 36 Kriegsschiffen, ausgerüstet mit einer 340 Geschütze zählenden Artillerie, repräsentiren.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Die Königlich bayerische Akademie der Wissen⸗ schaften feiert am kommenden Dienstag, den 23. d. M., ihr 17. Stiftungsfest durch eine öffentliche Sitzung. Der Vorstand der Akademie, Hr. Stiftspropst v. Döllinger, wird die Sitzung mit einer Einleitungsrede eröffnen, und nach der folgenden Ehrenerwähnunz der seit Jahresfrist verstorbenen Mitglieder der Akademie Freiherr von Liliencron, ordentliches Mitglied der historischen Klasse, eine Rede „über den Inhalt der allgemeinen Bildung in der Zeit der Scholastik⸗ halten.
— Aus Marbach, 19. März, schreibt man dem Schwäb. Merkur“: Heute traten hier der Ausschuß für das Schiller? denkmal und der Ausschuß des schwäbischen Sängerbundes zu einer gemeinschaftlichen Sitzung zusammen, um die Bestimmungen für die Enthüllung des Schillerstandbildes zu treffen. Als Tag wurde der Todestag des Dichters, der 3. Mai, festgesetzt. Das Standbild, von dem verstorbenen Bildhauer Rau geschaffen, steht von Pelargus, Hand in Erz gezossen, in dessen Werkstätte, das stattliche Fußzestell, ein Werk von Professor Dollinger, in rothem Sandstein aus— geführt, erhebt sich bereits in dem schönen Park der Schiller— höhe, einem landschaftlich schönen Punkte. Bei der Enthüllungs—⸗ feier wird sich der Festzug am Schillerhause vorbei auf die Höhe be⸗ geben. Nach einer Cantate, welche J. G. Fischer gedichtet und Falßt komponirt hat, und zu deren Aufführung sich eine Anzahl Vereine des schwäbischen Sängerbundes vereinigen wird, soll die Hülle fallen. J. G, Fischer hält die Festrede. Weiter wird der Künstlerchor, ein Schillerlied von Braun (Worte von Albrecht) und zum Schluß das Reiterlied gesungen. Marbach rüstet sich, die Gäste zu empfangen.
Gewerbe und HGandel.
Nach neucren Nachrichten gestaltet sich die finanziell Lage der Republik Uruguagay noch immer nicht günstiger. Die versprochenen Zinszahlungen auf die Staateschuld sind wiederum ausgeblieben und das Agio auf Gold ist seit Ende Januar von 200 auf 350 00 gestiegen. Man fürchtet, es werde der Privatemission der Bank Mauä K Co., welcher die Regierung 5 Millionen Thlr. schuldet, Zwangskurs verliehen werden.
London, 23. März. (W. T. B.) Die Bank von England hat heute den Diskont von 4 auf 3ν herahgesetzt.
Dem Vorsitzenden des Comité's für die Errichtung eines Denk mals für Anette von Dro ste zu Hülshoff, Dr. Levin Schücking zu Münster, ist im Auftrage Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin folgendes Schreiben zugegangen:
„Sehr geehrter Herr! Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit, die Frau Kronprinzessin, hat aus Ihrer Zuschrift mit großer Befrie— digung ersehen, daß man in der Heimath von Anette von Droste die Alsicht verfolgt, das GedLächtniß der edlen und hochbegabten Dichterin durch Errichtung eines Denkmals zu ehren. Ihre Kaiserliche Hoheit ist gern bereit, hierfür einen Beitrag zu gewähren und beauftragt mich, Ihnen zu diesem Ende die beifolgende Summe von 150 „ zu über senden. Genehmigen Sie, geehrter Herr, bei diesem Anlaß die Ver⸗ sicherung meiner vorzüglichen Hochachtung.
v. Norman, Kammerherr.“ Theater.
Da die Theilnahme des Publikums an den Aufführungen des Lebensbildes „Die Spitzenkönigin' im Krollschen Theaker noch immer eine sehr rege, ist die vorbereitete Novität „Schlau—⸗ meyer C Comp.“ für die nächste Woche hinausgeschoben.
— Das Residenztheater wurde gestern am Geburtstage Sr. Maßjestät des Kaisers unter der neuen Direktion des Hin. Claar mit Wilbrandts „Arria und Messalinag“ recht glücklich inaugurirt, wofern man von dem kleinen Unfall absieht, der leider den Festprolog störend zerschnitt. Das Gastspiel der Kaiserlich Königlichen Hof— schauspielerin Charlotte Wolter vom Hofburgtheater in Wien gestaltete überdies die Aufführung zu einem hervorragenden küänst— lerischen Ereigniß. Auch die Tragödie war für Berlin eine Nopität. Der Dichter hat in derselben zwei hochinteressante Frauencharaktere der Kaiserzeit mit glücklicher Wahl einander gegenüber gestellt: Arria, das Muster weiblicher Tugend und weiblichen Heldenmuths; Messalina, ihr Gegenbild an lasterhafter Verworfenhelt. Zwischen den tragischen Ausgängen beider Frauen, die der Dichter zusammen— fallen läßt, laß in Wirklichkeit nur ein Zeitraum von 6 Jahren, so daß der Geschichte keine zu große Gewalt angethan wird. Die von dem Dichter erfundene Episode der Liebe der Kaiserin zu Marcus dem Sohne der Arrig, ist mit Geschick benutzt, die ganze Handlung außerordentlich fesselnd, der scenische Aufbau von sorgfältige? künstle⸗ rischer Struktur. Die Zeichnung der naturalistisch angelegten Charaktere entbehrt, wie der Dialog, abgesehen von einzelnen Trivpialitäten, nicht einer gewissen geschichtlichen Färbung. Für die Darstellung der Messalina hesitzt Fr. Wolter eine umfangreiche Scala leidenschaft⸗ lichen an Nüancen reichen mimisch dramatischen Ausdrucks, und mit diesen Mitteln vermochte die Künstlerin um so vollständiger das Ziel des Dichters zu erreichen, als dieser gerade im Hinblick auf ste sich hat bei der Abfassung seiner Rolle leiten lassen. Man wird daher, um zu einem allseitigen Urtheil über ihre künstlerische Befähigung zu gelangen, noch andere Leistungen abwarten müffen. Da die Dame seit der vollen Entfaltung ihres Könnens hier nicht aufgetreten ist, so war sie dem hiestgen Publikum eigentlich nen. Zu verkennen war aber schon gestern nicht, daß Charlotte Walter den Ruf wohl verdient, der ihr vorausgeellt. An zahlreichen Ovationen, Hervorrufen und Lorbeeren Sei lens deß ausver—⸗ kauften Hauses fehlte es denn auch keineswegs. Die heimischen Mit— glieder, Hr. Keppler (Narcissus) und Hr. Norbert (Ma cus Paetus), unterstützten den Gast nach Kräften. Hr. und Fr. Schönfeld (Paetus Arria) aber übertrafen alle Erwartungen. Die Dircktion hat fur eine glänzende, in den Dekorationen und Requisiten möglichst historisch treue Ausstattung Sorge getragen. — Dem Vernehmen nach wird Charlotte Wolter während ihres Gastspiels außer der Messalina u. A. die Maria Stuart, Iphigenie und die Maguerite Gautier in der ‚„Cameliendame“ vorführen.
Redacteur: F. Preh m. Verlag der Expedition (Kesseh. Druck: W. Elsner. Fünf Beilagen
Berlin:
(einschließlich Börsen ⸗ Beilage).
y 72.
Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger un Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Donnerstag, den 23. März J.
1876.
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Aichtamtsliches.
Großbritannien und Irrland. (Monatsübersicht für Februar.) Die Königin traf zur Eröffnung des Par— lamentes in Begleitung der Prinzessin Beatrice am 7. von Osborne in London ein, wohin bereits Tags zuvor die Prin- zessin von Wales mit ihren Kindern von einem längeren Be⸗ suche am dänischen Hofe zurückgekehrt war. Der Prinz von Wales setzte seine Reise in Indien von Gwalior über Jeypore nach Nepal fort. Derselbe beabsichtigt, sich Anfangs März von Bombay wieder nach Europa einzuschiffen. Der Herzog von Edinburgh, welcher auf zwei Jahre in den aktiven Dienst der Marine tritt, übernahm das Kommando des für das Mittel⸗ meergeschwader bestimmten Panzerschiffes „Sultan“. Prinz Leopold trat Ende des Monats eine längere Reise nach dem Kontinent an und begab sich derselbe zunächst nach dem süd⸗ lichen Frankreich.
Am 8. erfolgte die Eröffnung des Parlamentes, diesmal durch die Königin in Person unter den bei solchem Anlaß herkömmlichen Feierlichkeiten. In der dabei verlesenen Thronrede wurden zunächst die Beziehungen Englands zu den übrigen Mächten als durchaus freundschaftlich bezeichnet, alsdann auf den Auf⸗ stand in der Herzegowina und Bosnien hingewiesen und dabei bemerkt, daß die Königin es für ihre Pflicht gehalten, sich den von den befreundeten Mächten versuchten Pazifizirungsversuchen, sowie den unter Respektirung der Autorität des Sultan ge⸗ machten dringlichen Befürwortungen anzuschließen, welche den berechtigten Klagen der eingebornen Bevölkerung abzuhelfen be— stimmt wären. Auf den Ankauf der Suezkanalaktien übergehend, wurde die Hoffnung ausgesprochen, daß das Parlament den Ab— schluß dieser, die öffentlichen Interessen auf das Tiefste be⸗ rührenden Angelegenheit ermöglichen werde. In Betreff des im vergangenen Jahre auf die Expedition nach West-China statt⸗ gehabten Angriffes fei zu hoffen, daß die von der chinesischen Regierung eingeleitete Untersuchung befriedigende Resultate herbeiführen werde. Bei Erwähnung der Reise des Prinzen von Wales wies die Königin dann darauf hin, daß der Titel der Souveräne des britischen Reiches bei der Uebernahme der Regierung Indiens keine entsprechende Veränderung erfahren habe und daß sie die jetzige Gelegenheit für günstig erachte, dies nachzuholen. Dem Parlamente werde daher eine darauf bezüg⸗ liche Bill vorgelegt werden. Was die Haltung britischer Kriegs⸗ schiffe in fremden Gewässern flüchtigen Sklaven gegenüber be⸗ treffe, so sei die Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung der diese Sache betreffenden Bestimmungen angeordnet worden. In Perak sei in Folge der Ermordung eines hohen britischen Beamten das Einschreiten von Truppen nothwendig geworden, doch sei eine Wiederherstellung der Ordnung und des gerechten Einflusses der britischen Regierung in Kürze zu erwarten. Auf die dem Parlamente vorzulegenden neuen Bills übergehend, hob die Thronrede speziell die die Einsetzung eines höchsten Appell⸗ gerichtshofes, den Elementar⸗ und Universitätsunterricht und die Abänderung der Handelsschiffahrtsgesetze betreffenden Vorlagen als besonders wichtige hervor.
In der am 8. abgehaltenen Sitzung des Oberhauses beantragte der Earl of Aberdeen, unterstützt von dem Earl of Ellesmere, die Ueberreichung einer Adresse an die Königin, in Erwiderung der Thronrede, welcher Antrag, nach einigen Be⸗ merkungen Lord Graneville's über die auswärtige Politik des gegenwärtigen Ministeriums, auch einstimmig angenommen wurde. In der Sitzung vom 10. überbrachte der Earl of Beauchamp, Ober ⸗Hofmeister der Königin, eine Königliche Bot— schaft, worin die Königin ihren Dank für die beschlossene Er— gebenheitsadresse aussprach. Am 22 wurde die von dem Lordkanzler vorgelegte neue Patentbill, welche von der in der voriährigen Session bereits angenommenen, im Unterhause aber wegen Mangels an Zeit nicht mehr erledigten Bill nur insofern ab⸗ weicht, als darin die Dauer des Schutzes für alle Erfindungen gleichmäßig auf 14 Jahre festgesetzt wird, während dieselbe in der vorjährigen Bill 7 und 14 Jahre betrug. Die Regierungs⸗ vorlage zur Bildung eines obersten Appellhofes (appellate juris- diction pill), wonach das Haus der Lords auch ferner als
höchster Gerichtshof bestehen, das bisherige Verfahren vor dem⸗ selben aber abgeändert werden soll, wurde in der Sitzung vom 25. in zweiter Lesung angenommen.
Das Unterhaus genehmigte in seiner Sitzung vom . ebenfalls einstimmig den von Herrn Ridley eingebrachten, von Herrn Mulholland unterstützten Antrag auf Ueberreichung einer Adresse an die Königin, nachdem der Marquis of Harlington die Politik der Regierung, namentlich in Betreff des Zirkulars über die Behandlung flüchtiger Sklaven an Bord britischer Kriegs—= schiffe und des Erwerbs der Suezlanalaktien angegriffen und der Premierminister dieselbe in einer längeren Rede vertheidigt hatte, in deren Verlaufe er bemerkte, daß der Ankauf dieser Aktien England im Frieden eine vermehrte Sicherheit für seine Verbindungen mit Indien gewähre, daß er aber über das etwaige Verhalten Englands im Mittelmeere im Kriegsfalle sich nicht weiter auslassen und nur erklären könne, es werde seine starken Stellungen im Mittelmeere niemals aufgeben. Am 10. wurde Seitens des Präsidenten des Handelsamts eine Vorlage über Handelsschiffahrt und von dem Schatzkanzler eine solche über Versicherungen gegen Seeunfälle eingebracht. Erstere hält sich streng an den beabsichtigten Hauptzweck, die Sicherung der Seeleute, und schließt sich hinsichtlich der Grundzüge eng an die provisorischen Gesetze an, welche am Schlusse der vorjährigen Session angenommen wurden, die letztere bildet nur eine Ergänzung der ersteren. Beide Vorlagen wurden in erster, die die Handels—⸗ schiffahrt betreffende am 17. auch in zweiter Lesung genehmigt. Am 19. wurde von dem Schatzkanzler der Antrag auf Be— willigung eines außerordentlichen Kredits von 4,080 0090 Pfd. Sterl. an die Regierung eingebracht, um sie in den Stand zu setzen, das Kaufgeld für die von dem Khedive erworbenen Suezkanal⸗ aktien und die mit dem Ankaufe verknüpften Kosten zu decken. Die sich an diesen Antrag anknüpfende Debatte, welche am 21. fortgesetzt wurde und an der sich die hervorragendsten Mitglieder der Opposition, wie Herr Gladstone und der Marquis of Hartington betheiligten, führte zu einer heftigen Bekämpfung der Regierungsvorlage, wenn auch, wie Herr Gladstone selbst einräumte, nur aus rein theoretischen Gründen. Dieselbe blieb
stimmung in erster Lesung genehmigt. Die am 17. von dem Premierminister eingebrachte Bill, wonach die Königin berechtigt sein soll, ihren Titeln einen anderen, das indische Reich be⸗ treffenden, hinzuzufügen, wurde in erster Lesung genehmigt, die weitere Berathung derselben aber von Seiten der Regierung, wie der Premierminister in der Sitzung vom 29. mittheilte, verschoben. Von weiteren Regierungsvorlagen wurden dem Unterhause die die Patentgesetzgebung und die Ernennung von öffentlichen Anklägern betreffenden angekündigt. Letztere soll indessen nur in dem Falle zur Berathung kommen, daß die Zeit dazu vorhanden sein sollte. Ein am 21. von Herrn Whitbread beantragtes Tadelsvotum gegen die Regierung wegen des von ihr erlassenen Zirkulars, betreffend die Behandlung flüchtiger Sklaven, rief eine längere Debatte hervor, welche von den Liberalen abermals zu heftigen Angriffen gegen die Regierung benutzt wurde, am folgenden Tage aber damit schloß, daß das Haus sich mit einer Majorität von 45 Stimmen für die von der Regierung angeordnete Einsetzung einer Königlichen Kom⸗ mission zur weiteren Berathung der nöthigen Vorschriften aus— sprach und es zugleich ablehnte, die erlassenen Verfügungen während der Dauer der Arbeiten dieser Kommisfion zu suspen= diren. Ein am 16 eingebrachter Antrag des Herrn Beresford Hope auf Vermehrung der Bischöfe der Staatskirche wurde durch Vertagung der Debatte in ablehnendem Sinne erledigt. Eine am 22. gestellte Frage, ob die Regierung beabsichtige, die nöthigen Schritte behufs Abschließung von Auslieferungs⸗ verträgen mit Ländern zu thun, mit denen solche bis jetzt nicht beständen, wurde von dem Unter-Staatssekretär für die Auswärtigen Angelegenheiten mit dem Bemerken bejaht, daß in dieser Beziehung bereits Unterhandlungen mit Rußland, den Vereinigten Staaten und Südamerika angeknüpft worden wären.
Das dem Parlamente vorgelegte Armeebudget für das Finanzjahr 1876/77 beläuft sich auf 15,281,500 Pfd. Sterl., 603, 90 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahre. Dieser Zuwachs ver⸗ theilt sich auf die Aufschläge für die Lieferung und Herstellung von Kriegsmaterial, für Bauten, den Sold und die Verpflegung der Armee und der Freiwilligencorps. Den Effektivbestand des Heeres in Großbritannien und den Kolonien ist auf 132, 8584 Mann angegeben, gegen 129,281! Mann in dem am 31. März ab⸗ laufenden Finaͤnziahre. Das Marinebudget beträgt 11. 288,872 Pfd. Sterl. (davon 197,480 Pfd. Ster! für Truppenbeförderung) oder 463,673 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahre. Von den Mehr⸗ ausgaben kommen allein 449, 992 Pfd. Sterl. auf die Anschläge für Dampfmaschinen und den Bau neuer Schiffe. Die Zahl der am 1. Dezember im Dienst befindlichen Schiffe und Fahr⸗ zeuge betrug 241 gegen 243 am 1. Dezember 1874. Die Schiffe für den allgemeinen Dienst bestanden aus 4 gepanzerten Linienschiffen, 11 Panzerfregatten und Korvetten, 31 anderen Schiffen derselben Kategorie und 77 Schaluppen und kleineren Schiffen, darunter 11 Segelschiffe, im Ganzen 122 Schiffe gegen 115 im Dezember 1874. Die Mannschasten der Flotte und Küstenwache belaufen sich auf 40,408 Mann gegen 40,600 im Vorjahre. Die für das Finanzjahr 1876577 erforderliche Summe für den Zivildienst belaͤuft sich auf 21, 139, 173 Pfd. Sterl. 423,562 Pfd. Sterl. mehr als in dem Finanzjahre 1875,76.
Bei den im Laufe des Februar abgehaltenen Ersatzwahlen zum Parlamente siegte die konservative Partei in Gast⸗-Bed⸗ fordshire, East-Suffolkssire, Berkshire, Dorsetshire, North⸗ Shropshire, Huntingdon und Ennißfkillen, die liberale Partei dagegen in Bureley, Leominster und Manchester. An letzterem Ort wurde an Stelle des verstorbenen konservativen Vertreters der Bruder John Brights, Jacob Bright mit einer Majorität von nahezu 2000 Stimmen gewählt. Derselbe gehört dem radikalen Flitzel der liberalen Partei an. Die vor Kurzem in Horsham stattgehabte Wahl ist für ungültig und der bei derselben von den Liberalen mit großer Maporitäͤt durchgebrachte Herr Hurst, wegen Bestechung Seitens seiner Agenten, seines Sitzes im Parlamente für verlustig erklärt. Bei der daselbst abgehaltenen Neuwahl unterlag der Solicitor General Giffard dem liberalen Kandidaten.
In Folge der Plünderung des deutschen Schooners „Anna“ an der chinesischen Küste und um weiteren Plünderungen vor— zubeugen hat die Admiralität verfügt, daß vier Kriegsschiffe aus den indischen Gewäfsern nach den chinesischen abgehen sollen. Die Unterstützung derjenigen Schritte, welche der deutsche Ge⸗ sandte in Peking in Angelegenheit der „Anna“ bei der chinesischen Regierung zu thun beauftragt wurde, ist von der englischen Re—⸗ gierung mit großer Bereitwilligkeit zugesagt worden.
In Westminster wurden am 15. die beiden Häuser des Kirchenparlamentes der Erzdiözese Canterbury eröffnet. Zur Verhandlung kamen die in Bonn gefaßten Altkatholikenbeschlüsse und wurde ein Antrag des Bischofs von Winchester angenommen, worin die Annäherung der anglikanischen, altkatholischen und orientalischen Kirche als wünschenswerth bezeichnet wurde,
Die mit der Prüfung der vorläufigen Projekte für den unterseeischen Tunnel zwischen England und Frankreich beauf- tragte gemischte Kommisston hat ihre Arbeiten am 6. Februar beendet und ist dabei zu einer übereinstimmenden Ansicht hin⸗ sichtlich der Ausführbarkeit des Unternehmens gekommen.
Eine Deputation des Londoner Gewerberathes, welche sich mit einer Beschwerde über den der Einfuhr von ausländischem Vieh auferlegten lästigen Bedingungen, von denen namentlich auch der deutfche Handel betroffen wird, an den Herzog von Richmond und Gordon wandte, wurde von diesem dahin be⸗ deutet, daß eine Aufhebung oder Modifizirung der betreffenden Verordnungen nicht in Aussicht gestellt werden könne.
Die gesammten Staagtseinnahmen während der Zeit vom 1. April bis 4. März einschließlich der am erstgenannten Tage in den Banken von England und Irland vorhandenen Guthaben belief sich auf 6,643,403 Pfd. Sterl. gegen 6, 307,025 Pfd. Sterl. der nämlichen Periode des Vorjahres. Wenn man die Gut⸗ haben der Regierung bei Beginn der beiden Finanzjahre un⸗ berücksichtigt läßt, so ergiebt sich für die elf Monate des laufen⸗ den Finanzjahres eine Mehreinnahme von 1L 513,910 Pfd. Sterl. gegen dieselben Monate in dem Finanzjahre 1874/75. Eine Minder⸗ einnahme hat sich nur bei den Einfuhrzöllen und der Ein— kommen ⸗ und Grundsteuer herausgestellt. Die Gesammtausgaben in der angegebenen Zeit betrugen für das laufende Finanzjahr 69. 364,677 Pfd. Sterl gegen 68, 054.9761 Pfd. Sterl. für das
6, 089, 150 Pfd. Sterl. gegen 5,811,932 Pfd. Sterl. am 4. März 1875. - : 2
Die offiziellen Berichte des Handelsamtes weisen für Februar eine abermalige Abnahme der Ausfuhr auf. Der Gesammtwerth derselben betrug 16, 482,505 Pfd. Sterl, 5.8 Proz. weniger als im Februar des vergangenen Jahres, wo sich der⸗ selbe auf 17,487,258 Pfd. Sterl. belief. Eine Zunahme im Werthe und Quantität zeigt fich nur bei Baumwollenwaaren, Jutegarn, Leinengarn, vegetabilischen Oelen und raffinirtem Zucker. Der Quantität nach hat noch die Ausfuhr von Kohlen und Koke um 24,6 Proz. zugenommen, dem Werthe nach hat sie aber um 3,1 Proz. abgenommen. Die größte Abnahme weisen nach beiden Richtungen Bier und Ale, Leinenwaaren, Wolle, Teppiche, Kupfer, Eisen und Stahl und Porzellan und irdene Waaren auf. Der Gesammtwerth der Einfuhr ist im Vergleich zum Vorjahre sehr bedeutend, um 30,2 Proz, gestiegen. Derselbe betrug im vergangenen Monate 33, 80, C97 Pfd. Sterl, gegen nur 25,925,518 Pfd. Sterl. im Februat 1875. Eine Abnahme nach Werth und Quantität weisen nur wenige Artikel auf. Eine bedeutende Vermehrung hat sich bei allen Nahrungsstoffen und Cerealien, mit Ausnahme von Gerste und Hafer, heraus⸗ gestellt. .
Am 17. kollidirte in der Nähe der Themsemündung der Hamburger Dampfer „Franconia“ mit dem britischen Dampfer „Strathelyde“. Der letztere jank sofort und gingen 37 Menschen⸗ leben verloren. Von der in Deal zusammengetretenen Koroners⸗ jury wurde der Kapitän der „Franconia“ der Tödtung für schuldig befunden und ein Haftbefehl gegen denselben erlassen, doch wurde Kapitän Rose gegen Bürgschaft von 1000 Pfd Sterl. auf freiem Fuß belassen. Eine weitere Koronersuntersuchung in dieser Angelegenheit wird Ende dieses Monats in Poplar eröffnet.
Landtags ⸗Angelegenheiten.
Berlin, 23. März. Der dem Hause der Abgeordneten vorgelegte Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Vereinigung des Herzogthums Lauenburg mit der preußischen Monarchie, hat folgenden Wortlaut:
Wir Wiltzelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ze, verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtags, was folgt;
§ 1. Das Herzogthum Lauenburg wird vom 1. Juli 1876 ab in Gemäßheil des Artikels 2 der Verfassungsurkunde für den preußischen Staat mit der preußischen Monarchie für immer vereinigt. . .
Mit demselben Tage treten daselbst die preußische Verfassung, sowie die nachstehenden Bestimmunger in Kraft. . .
§8. 2. Der bisherigen Zahl der Mitglieder des Hauses der Ab⸗ geordneten tritt Ein Abgeordneter für das frühere Herzogth um Lauenburg hinzu. Dasselbe bildet einen besonderen Wahlbezirk, deffen Wahlort die Stadt Mölln ist.
Bis zum Erlasse des im Artikel 72 der Verfassangsurkunde vor= behaltenen Wahlgesetzes erfolgen die Wahlen zum Hause der Ab⸗ geordneten im Herzogthum auf Grund der Verordnung vom 39. Mai 1819 (GesetzSammi. Seite 205) und der §§. 3 und 4 des Géekes vom 27 Jun 1860 (GesetzSamml. Seite 357) mit der Maß— gabe, daß, . ö
I) bis die neue Grundsteuer und die allgemeine Gebäudestener
zur Erhebung gelangen, bei der Bildung der Wahlabtheilungen die provisorische Grundstener nach Maßgabe des lauenhburgischen Gesetzes vom 7. Dezember 1872 (Offizielles Wechenblatt für daz Herzogthum Lauenburg, Jahrgang 1872, Nr. 74 Seise 339) und . . auf den im §. 29 der Verordnung vom 30. Mai 1849 be- stimmten einjährigen Zeitraum die Zeit, während welcher Jemand dem früheren Staatsverbande des Herzogthums an— gehört hat, ö. in Anrechnung zu bringen ist. .
Die zur Ausführung der Wahlen erforderlichen Anordnungen, insbesondere die Bestimmung der mit den Wahlangelegenheiten zu beaustragenden Behörden hat das Staats ⸗ Ministerium im Wege des Reglements zu erlassen. . ( — n 3. Das gilt flerium für Lauenburg wird aufgehoben. Die Geschäft: und Befugnisse desselben gehen, insoweit ste nicht in Ge⸗ mäßheit des §. 5 dieses G setzes den Provinzialbehsrden zufallen, auf diejenigen preußischen Minister über, zu deren Ressort die be⸗ treffenden Ängelegenheiten gehören, ö
8. 4. Die Prüfung und Dechargirung der Rechnungen über die Staatsverwaltung bis zum 1. Juli 1876 erfolgt nach den bisher geltenden Grundsätzen durch eine von Uns auf Vorschlag des Mi— nisters für Lauenburg zu bestellende Kommission. ö.
Die Prüfung und Dechargirung der spateren Rechnungen erfolgt durch die Ober⸗RKechnungskammer nach Maßgabe des Gesetzes vom 27. März 1872 (Gesetz⸗Samml. S. 278). ;
Das Staatsbudget des Herzogthums Lauenburg für das Jahr 1876 ist der Rechnungslegung auch für die letzten sechs Mongte dieses Jahres zu Grunde zu legen. . .
§. 5. Das Herzogthum wird in Bezug auf die staatliche Ver⸗ waltung der Probinz Schleswig Holstein zugetheilt. Es wird auf daffelbe der Wirkungskreis des Ober -⸗Präsidenten der Prepinz Schles⸗ wig⸗Holstein und der Regierung zu Schleswig nach Maßgabe des Allerhöchsten Erlasses vom 20. Juni 1868 (Gesetz Samml. S. bꝛ0), des Propinzial⸗Schulkollegiums und des Medizinalkollegiums in Fiel nach Maßgabe der Verordnung vom 22. September 1867 (Gesetz. Samml. S. 1570, des evangelisch⸗lutherischen Konsistoriums in Kiel nach Maßgabe der Verordnung vom 24. Seytember 1867 (Gesetz · Samml. S. 1669) und des Provinzial⸗Steuerdirektors für die Pro⸗ vinz Schleswig ⸗Hoistein nach Maßgabe der Verordnung vom 24. Auguft
1867 (GesetzSamml. S. 1360) ausgedehnt. .
Desgleichen werden die dem Appellationsgerichte und dem Ober- Staats auwalte zu Kiel in Beziehung auf die Justizaufsicht und Ver⸗ waltung zustehenden Befugnisse auf das Herzogthum ausgedehnt.
Dag lauenburgische Konfistorium wird aufgehoben.
Bie Organifation der Behörden zur Ausführung derjenigen Ge⸗ schäfte, welche in Preußen den Augeinandersetzungs behörden obliegen, bleibt Königlicher Verordnung vorbehalten. .
§. 6. Das Herzozthum bildet einen besonderen landräthlichen Kreis unter der Benennun ;
Kreis erzegthum Lauenburg. ⸗
Auf den Landrath dieses Kreises finden die Ss. 2 und 3. der Verordnung, betreffend die Organisation der Kreis. und Distrikts behörden, fowie die Kreispertretung in der Provinz Schleswig ˖ Holstein, vom 22. September 1867 (Gesetz Samml. S. 1587) Anwendung.
§. J. An dem provinzialständischen Verbande von Schleswig Holftein nimmt das Herzogthum nicht Theil. . ;
8. 8. Der Lauenburgische Landes Kemmunalverband bildet in seiner' gegenwärtigen Begrenzung und unter Beibehaltung seiner bis-· herigen Benennung einen besonderen kreisstäöndischen Verband mit den Rechten Liner Korporation und wird als solcher bis auf Weiteres von per Ritter und Landschaft des Herzogthums Lauenburg in ihrer bie
vorhergehende. Das Guthaben der Regierung bei den Banken
a uch ohne Wirkung und wurde die Vorlage ohne weitere Ab⸗
von England und Irland belief sich am 4. März 1876 auf
herigen Zusammensetzung vertreten.