Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 25. März. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute Vormittag in Gegenwart des Gouverneurs und des Kommandanten von Berlin militärische Meldungen entgegen, empfingen den General⸗Feldmarschall Grafen Moltke, fowie den Commandeur und eine Deputation des Offi— zier⸗Corps des Kürassier⸗Regiments Königin (Bommersches) Rr. 2, welche die Ehre hatten, den Dank des Offizier ⸗Corps für eine demselben Allergnädigst verliehene, an der Kartusche zu tragende Auszeichnung abzustatten, und hörten den Vortrag des Civil⸗Kabinets.
Um 121 Uhr nahmen Se. Majestät den Besuch Sr. Hoheit des Prinzen Alexander von Hessen, welcher auf der Durchreise hier eingetroffen ist, entgegen.
— Gestern fand im Kaiserlichen Palais ein größeres Diner statt. — Ihre Majestät die Kaiserin-Königin erschien Abends mit Ihren Königlichen Hoheiten den Großherzoginnen von Sachsen und von Baden und der Erbprinzessin von Hohenzollern in der Generalversammlung des Vater lãndischen Frauen⸗Vereins.
Heute war Ihre Majestät mit Ihren Hohen Gästen in der Kaiserin Augusta⸗Stiftung in Charlottenburg anwesend, und traf nachher mit Sr. Majestät dem Kaiser und König in de Blumenausstellung der Flora zusammen. — Ein kleines Familiendiner findet heute auf dem Königlichen Schlosse statt.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz geleitete gestern früh 8 Uhr Se. Großherzogliche Hoheit den Prinzen Ludwig von Hessen nach dem Potsdamer Bahnhofe. Im Laufe des Vormittags empfing Höchstderselbe Se. Durchlaucht den Fürsten zu Salm-⸗Horstmar, den General der Infanterie und kommandirenden General des IV. Armee⸗ Corps v. Blumenthal, den General⸗Lieutenant v. Voigts⸗Rhetz, Commandeur der 20. Division, und einige andere Offiziere zur milltärischen Meldung. Abends 6 Uhr besuchte Se. gaiserliche Hoheit die Vorstellung im Schauspielhause und begab Sich um gz Uhr zum Thee zu Ihren Majestäten.
— Zur Feier des Kaiserlichen Geburtstages fand am 22. März auf der deutschen Botschaft in Paris ein glän⸗ zendes Fest diner statt, zu welchem der Fürst von Hohenlohe die Mitglieder der Botschaft, den bayerischen Geschäftsträger, Geh. Legations⸗Rath von Rudhart, und die dreißig Comité⸗-Mitglieder des deutschen Hülfsvereins als die natürlichen Vertreter der dortigen dꝛutschen Kolonie eingeladen hatte. Während der Tafel brachte der Botschafter nach der „Köln. 3.“ folgenden Toast auf den Kaiser und König aus:
Meine Herren! Ich lade Sie ein, mit mir anf da3z Wohl Sr. Majestät des Kaisers zu trinken. Es ist das erste Mal seit her Wiederherstellung des Deutschen Reiches, daß deutsche Bewohner die— ser Stadt sich auf offiziellem Boden vereinigen, um dem Kaiser zu seinem Geburtsfefte ihren ehrfurchtsvollen Gruß darzubringen. Wir thun es heute im Gefühle freudiger Begeisterung. Und wir haben allen Grund dazu. Sind doch die Deutschen im Auslande vorzugs— weise berufen, und ich möchte sagen befähigt, die Wandlung zu wür— digen und zu schätzen, die in der Machtstellung Deutschlands vorgegangen ist. In der Heimath geschieht es bisweilen, daß der Blick im Parteikampf getrübt wird; die Freude an dem Gewonnenen wird Manchem vergällt in den Rei⸗ bungen, die jede große Evolution im staatlichen Leben der Völker mit sich führt. Wir aber freurn uns ungetheilt, daß jene Zeiten hinter uns liegen, in welchen die Deutschen im Ausland zwar als Kultur volk einen beschränkten Grad von Achtung genossen, in denen aber die Nation nichts galt. Wir freuen uns, daß ein Reich hinter uns steht, das seiner ganzen Anlage nach und durch den Geist semer Regierung wie seiner Bevölkerung friedlich, doch mächtig genug ist, seine Angehörigen zu schützen; wir freuen uns, daß wir stolz sein dürfen, uns Beuische zu nennen. Und daß dem so ist, das verdanken wir der propidentiellen Fügung, die an die Spitze Preußens einen König gestellt hat, der in einem jener Augenblicke, in welchen die Geschicke der Nationen auf Jahrhunderte hinaus bestimmt werden, den richtigen Entschluß zu fassen wußte; dem es gegeben war, mit weiser Umsicht und hohem Muthe den Gedanken, der alle deutschen Herzen erfüllle, zur glänzenden That zu gestalten. Und wenn ich vorhin eine Unterscheidung gemacht habe zwischen Deutschen im Aus— land und Deutschen in der Heimath, so will ich jetzt meine Unterschei⸗ dung in einem Punkte berschtigen. In einem Punkte sind alle Deut schen einig, welcher Parteistellung sie angehören mögen. Einig sind alle in der Verehrung für unsern Kaiserlichen Herrn, einig in dem Wunsche, daß ihn Gott noch lange erhalten möge. Und so lassen Sie uns diesen Wunsch zusammenfassen in ein kräftiges Hech!
Der Aufforderung des Redners wurde von allen Anwesen— den aus vollster Brust entsprochen.
— Se, Hoheit der Prinz Alexander von Hessen ist heute früh aus St. Petersburg hier angekommen und im Hotel Royal abgestiegen.
— Der Bundesrath hielt gestern die 12. Plenar⸗
sitzung unter Vorsitz des Staats⸗Ministers Dr. Del brüsck.
Eine Vorlage, betreffend den Entwurf eines Gesetzes wegen der Anstellung von Militäranwärtern im Privat-Eisenbahndienste, wurde dem betreffenden Ausschusse überwiesen.
Hierauf wurde Beschluß gefaßt über die Wahl eines Mit— gliedes der Cholera⸗Kommission und über die bei der Pensioni⸗ rung eines Militärgeistlichen in Anrechnung zu bringende frühere pfarramtliche Gemeindedienstzeit.
Ausschußberichte wurden erstattet über a. den Erlaß von Bestimmungen über die Behandlung der bei den Kassen ein⸗ gehenden verfälschten ze. Reichsmünzen; b. den Erlaß von Be— stimmungen über die Behandlung nachgemachter ꝛc., sowie be—= schädigter ꝛc. Reichskassenscheine; c. dse Erwägung des §. 48 des Eisenbahnbetriebs⸗Reglements; d. den Abschluß eines Aus⸗ lieferungsvertrages mit Oesterreich⸗Ungarn.
Endlich wurden einige Eingaben vorgelegt.
— Die in der gestrigen Nummer d. Bl. enthaltene Notiz über die Entwürfe der Reichs⸗Justiz gesetze war, wie wir zur Ergänzung derselben hinzufügen, der „B. A. C.“ ent⸗ nommen.
Zugleich bemerken wir in Betreff des Entwurfs der Straf⸗ prozeßordnung, daß nicht die zweite, wie in dem gestrigen Artikel angegeben, sondern bisher nur die er ste Lesung desselben statt⸗ gefunden hat.
— Die vielfach übliche Veröffentlichung von Fahr⸗ plan⸗Aenderungen lediglich unter Angabe der Nummer der betreffenden Eisenbahnzüge ohne weiteres Merkmal, insbesondere ohne alle Bezeichnung von Abgangszeit und Abgangsstation, bezw. Ankunftszeit und Ankunftsstation, erweist sich als unge⸗ nügend, indem die Zugnummern aus dem Coursbuche nicht ersichtlich und die vollständigen Fahrpläne, namentlich dem von den Eisenbahnstationen entfernter wohnenden Publikum, meist
nicht zur Hand sind. Das Reichs Eisenbahnamt hat des⸗ halb Anlaß genommen, bei den Bundesregierungen — erkl. Bayerns — auf entsprechende Abhülfe hinzuwirken.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Herren⸗ hauses befindet sich in der Beilage.
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Uebertragung der Eigen⸗ thums⸗ und sonstigen Rechte des Staates an Eisen⸗ bahnen auf das Deutsche Reich, vorgelegt worden. Der⸗ selbe hat folgenden Wortlaut:
§. 1. Die Staatsregierung ist ermächtigt, mit dem Deutschen Reiche Verträge abzuschließen, durch welche 1. die gesammten im Bau oder Betriebe befindlichen Staatseisenbahnen nebst allem Zubehör und allen hinsichtlich des Baues oder Betriebes von Staatseisenbahnen bestehenden Berechtigungen und Ver— pflichtungen des Staates gegen angemessene Enschädigung kaufweise dem Deutschen Reiche übertragen werden; 2) alle Befugnisse des Staates bezüglich der Verwaltung oder des Betriebes der nicht in seinem Eigenthum stebenden Eisenbahnen, sei es, daß die⸗ selben auf Gesetz, Konzession oder Verteag beruhen, an das Deutsche Reich übertragen werden; 3) im zleichen Umfange alle sonstizen dem Staate an Eisenbahnen zustehenden Antheils⸗ und anderweiten Vermögen rechte — gegen angemessene Entschädigung — an das Deutsche Reich abgetreten werden; 4) ebenso alle Verpflichtungen des Staates bezüglich der nicht in seinem Eigenthum stehenden Eisenbahnen vom Deutschen Reiche gegen angemessene Vergütung übernommen werden, und 5) die Eifenbahnaufsichtsrechte des Staates auf das Deutsche Reich übergehen.
§8 2. Be üglich der im 8. 1 unter 1, 3 und 4 eiwätnten Verein⸗ barungen bleibt die Genehmigung der beiden Häuser des Landtages vorbehalten.
— Durch den Staatshaushalts-Etat für das Jahr 1876 ist die Errichtung von 22 neuen Richterstellen — und zwar 10 bei dem Stadtgericht in Berlin, 4 bei dem Kreisgericht in Berlin, 6 bei dem Kreisgericht in Beuthen in Oberschlesien, 1 bei der Gerichtsdeputation in Charlottenburg und 1 bei dem Stadtamt in Frankfurt a. M. — sowie von 11 neuen Gehülfen— stellen bei der Staatsanwaltschaft — nämlich 6 bei dem Stadt— gericht in Berlin, je 1 bei den Kreisgerichten in Berlin, Beuthen in Oberschlesien, Bochum, Dortmund und Essen — in Aus— sicht genommen. Es liegt im dienstlichen Interesse, diese Stellen, wenn dieselben durch den Etat definitiv genehmigt sind, als⸗ bald zu besetzen, und wird deshalb denjenigen Justizbeamten, welche sich um dieselben bewerben wollen, die schleunige Ein⸗ reichung ihrer Gesuche nach Maßgabe der allgemeinen Verfügung vom 260. März 1874 anheimgegeben.
— Der Minister der geisllichen z. Angelegenheiten hat eine Bezirksregierung darauf aufmerksam gemacht, daß in einer Ver⸗ fügung, welche sie bezüglich der vierwöchentlichen Kurse des Turnunterrichts erlassen, die Bereitwilligkeit der Lehrer zur Theilnahme an dem Kursus zu stark betont, dagegen nicht erwähnt habe, daß die Einberufung eines Lehrers auch ohne eine von ihm abgegebene ausdrückliche Erklärung der Bereit⸗ willigkeit erfolgen könne bezw. müsse. Manche Lehrer mögen zur Theilnahme geneigt sein, deren Einberufung wegen bereits erlangter Befähigung überhaupt kaum nothwendig, oder wenig—⸗ stenz für die nächsten Jahre unzulässtg, weil für viele andere Lehrer die Ausbildung dringlicher sei, Einzuberufen seien die⸗ jenigen Lehrer, welche in den Semshgren keine ausreichende An⸗ leitung erhalten, haben und solche, welche einer Wiederholung und bezw. einer Weiterbildung bedürfen, oder die in den letzten 10 Jahren aus den Seminaren hervorgegangenen Lehrer können ausnahmsweise zu den Kursen zugelassen werden.
— An der Konferenz, welche der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten zur hung über Errichtung einer Versuchsstation für Moor kultur und Moorwesen auf den 3. April ei fen hat, werden außer verschiedenen Räten des riums nachfolgende Herren Theil nehmen: Dr. Lammers von Bremen, Professor Dr. Märcker von Halle, Professor Dr. Orth von Berlin, Br. Köpke von Bremervörde, Landdrost von Quadt und Conducteur Peters von Osnabrück, Oberförster Clauditz und Wasser-Bauinspektor Oppermann von Meppen, Rittergutsbesitzer Rimpau auf Cunrau (Sachsen) und von Massenbach auf Saleschen (Preußen), Senator Holtermann aus Stade, Dr. Hammacher zu Berlin, Geheimer Regierungs-Rath Roloff aus Aurich und B. A. Winters aus Rendsburg.
Den Theilnehmem der Konferenz ist eine Vorlage über— mittelt, in welcher die Aufgabe der Versuchsstation näher prä⸗ zisirt und verschiedene Fragen aufgeworfen sind, welche sich auf die Organisatijon der Anstalt beziehen.
— Einem Artikel der „Tribune“ vom 24. d. Mls., welcher den Pseudokonserpatismus der Kreuzzeitung und der Germania bespricht, entnehmen wir Folgendes:
. .. „Dann aber komint es zu einem kleinen häuslichen Streit unter beiden Ehren-Konservativen. Die Kreuzzeitung hatte er— klärt, ihren Grundsätzen treu zu bleiben, weil sie dieselben für halte. Das
sie die einzig möglichen Grundlagen des Königthums klerikale Blatt ertheilte in Folge dieser beschränkten Auffassung seiner Genossin folgende Lektion:
„„Diese Gestnnung, geben wir der Kreuzzeitung zu be— h eine r
denken, ist nicht die Grundlage, auf welcher sich eine wahrhaft ken— servative Partei sammeln kann. Die Monarchie zu stützen, kann unter gewissen Voraussetzungen, heispielsweise in Preußen, (ine der Aufgaben sein, welche eine konservative Partei zu verfolgen hat; aber es darf niemals das Haupt- und Endziel des Strebens sein. Wenn eine Partei keinen tiefer und fester gelegten Grund kernt, als das Königthum, dann baut sie auf wenig Bisseres als Sand. Das Königthum zu konserviren, ist unter Umständen unendlich werthlos . . . Nein, der Zweck der stagtlichen Ordnung ist nicht das Königthum, sondern wo dieses besteht, soll es selbst auch nur dem wahren Zwecke der staatlichen wie iner jeden Ordnung auf Erden dienen, das ist: Die Menschen hienieden zuzubereiten, dereinst Bürger des außerir⸗ dischen Reiches zu werden. Wo und wann das Königthum hierzu gute Dienste zu leisten vermag, wird eine konservative Partei das⸗ selbe, wie andere zu diesem Zwecke geeignete Einrichtungen zu verthei⸗ digen haben; wo und wann es aber diesem Zwecke seindlich entgegen tritt, verliert es das Interesse für die Konservativen.“
Die Anwendung diefer Grundsätze auf das Königthum der Hohenzollern läßt uͤber die innersten Wünsche des Ultrgmon— lanismus nicht den geringsten Zweifel. Das preußische König⸗ thum hat aufgehört, für die Germania eine unterstützungswerthe Institution zu sein, da es dem „außerirdischen“ (vatikanischen, Reiche keine „guten Dienste“ leistet. Die Kreuzzeitung hat auf diese Belehrung ihrerseiis nichts erwidert.
Es mag fein, daß sich gegen den Sprachgebrauch auch hei politischen Bezeichnungen nicht leicht ctwaz ausrichten läßt. Dann aber wird es zur Ergänzung des politischen Wörterbuchs doch gut sein, zu konstatiren, daß die „konservative“ Fahne in der Hand Derer, die sie allein echt zu führen behaupten, in Preußen heute das Feldzeichen für die Revolutionäre geworden ist.“
— Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, Seconde⸗Lieutenant vom 1. Garde⸗Regiment zu Fuß, ist zum Premier⸗Lieutenant befördert worden; ebenso Se. Durchlaucht der Fürst zur Lippe, General⸗Major à la suite der Armee, zum General⸗Lieutenant.
— Sr. Hoheit dem Herzog Elimar von Oldenburg, Oberst⸗Lieutenant à la suite der Armee, ist der Charakter als Oberst verliehen worden.
— Se. Durchlaucht der Fürst von Bismarck, Chef des 1. Magdeburgischen Landwehr ⸗Regiments Nr. 26, ist zum General der Kavallerie befördert worden.
— Ihren Durchlauchten dem Fürsten von Pleß, dem Fürsten zu Putbus, dem Fürsten zu Wied und Sr. Er⸗ laucht dem Grafen zu Stolberg⸗Wernigerode, Oberst⸗ Lieutenants à la suite der Armee, ist unter Verleihung eines Patents ihrer bisherigen Charge der Charakter als Oberst ver⸗ liehen worden.
— Der General⸗Lieutenant von Voigts⸗Rhetz, à la suite des Königs Grenadier⸗Regiments (2. Westpreußisches) Nr. 7 und Commandeur der 20. Division, hat sich nach beendigtem Urlaub in seine Garnison Hannover zurückbegeben, ebenso der General⸗Major Freiherr von dem Bussche⸗Haddenhausen, Commandeur der 60. Infanterie⸗Brigade, nach Metz.
— Der General⸗Major v. Karezewski, Direktor des Militär⸗Oekonomie⸗Departements, ist unter Verleihung des Cha⸗ rakters als General⸗Lieutenant in Genehmigung seines Abschieds⸗ gesuches mit Pension zur Disposition gestellt worden.
— Der General⸗Major v. Hym men, Commandeur der 6. Kavallerie⸗Brigade, ist aus Anlaß seiner Beförderung zum General⸗Major zur Absattung persönlicher Meldungen von Brandenburg a. /H. hier eingetroffen.
— Der russische Botschafter am Königlich großbritannischen Hofe, Graf Schuwaloff, traf vorgestern Abend aus London hier ein. Derselbe verweilte Abends laͤngere Zeit bei dem Reichs⸗ kanzler Fürsten von Bismarck.
Greifswald, 23. März. Der Geburtstag Sr. Ma⸗ jestät des Kaisers und Königs wurde am gestrigen Tage von der Königlichen Universität in herkömmlicher Weise feierlich begangen. Die Festrede in der Aula hielt der Professor der Theologie, Dr. Wellhausen, über die beiden Schöpfungsberichte in der Bibel. Die von zahlreichen Theilnehmern aus allen Ständen besuchte Feier wurde durch einen Festgesang eingeleitet und geschlossen.
Bayern. München, 24. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Abgeordneten kammer wurde der An— trag der Abgg. Stief u. Gen. auf Aufhebung des Schul⸗ geklds bei den Volksschulen nach längerer Debatte mit 78 gegen 69 Stimmen abgelehnt. Der Kultus-Minister v. Lutz hatte sich bei der Berathung mit dem Antrag im Prinzip ein⸗ verstanden erklärt.
SDachsen. Dresden, 24. März. ⸗ mer verwies in ihrer heutigen Sitzung den Gesetze Abänderung einiger Bestimmungen des Gesetz
5s vom 9. April 1872, die Reorganisation des Landeskulturraths be⸗ treffend, ebenso ohne Debatte den anderweiten Nachweis über den Stand des Kasernenbau-Vorschußfonds von 4200, 000 MS zur Schlußberathung und erklärte eine Petition, bez. Beschwerde des Kirchenvorstandes zu Schöneck, die Oeffentlichkeit der Kirchenvorstandssitzungen be—⸗ trefftnd, für unzulässig.
Baden. Karlsruhe, 23. März. (Karlsr. 3) In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer kam der Gesetz⸗ entwurf, die dienstlichen Verhältnisse der Angestellten der CivilstaatsUözerwaltung betreffend, zur Berathung. Es nahm zunächst Ministerial-⸗Präsident v. Freydorf das Wort, um gegenüber der früher bereits eingebrachten Interpellation über das Petitionsrecht der niederen Diener, speziell den Erlaß des Justiz-Ministeriums vom 20. Dezember v. J. den Standpunkt der Regierung darzulegen.
An der sich hieranschließenden Debatte betheiligten sich die Abgg. Förderer, Schneider, Lamey und Ministerial-Präsident v. Freydorf.
Es folgte nun die allgemeine Diskussion über den Gesetz⸗ entwurf selbst, wobei außer dem Berichterstatter Ahg. Schmidt die Abgg. Krausmann, Heilig, Morstadt, Hennig, Bär, Lender und Slaats-Minister Dr. Jolly sprachen. Sämmtliche Redner drückten ihre Befriedigung über die Gesetzvorlage und die Kommissionsanträge aus.
Zu §. 1 des Entwurfs hatte die Kommission die Streichung des Schluͤßsatzes beantragt.
Im Laufe der Spezialdiskussion wurde von den Abgg. Stösser, Grimm und Lamey ein Antrag auf Wiederherstellung Der Regierungsvorlage eingebracht. Die Abgg. Edelmann, Lender und Förderer beantragten Einfügung der §§. 10 und 11 des Reichs beamten⸗Gesetzts hinter Art. J des Entwurfs und die Abgg. v. Blittersdorf und Genossen wollten den Wunsch der
Kanimer nach Vorlage eines die Rechtsvmerhältnisse der Notare
ordnenden Gesetzentwurfs zu Protokoll erklärt wissen.
An der Debatte betheiligten sich Dr. Jolly, Grimm, v. Blit⸗ tersdorf, v. Freydorf, Junghanns, Stigler, Schneider, Edelmann und der Berichterstatter. Bei der Abstimmung gelangte Absatz 1 des Art. 1 zur Annahme und wurde Absatz 2 dem Antrage Stösser gemäß nach dem Wortlaut der Regierungsvorlage wieder⸗ hergestelll. Das Amendement der Abgg. Edelmann und Ge— nossen wurde abgelehnt, dagegen die von den Abgg. v. Blitters⸗ dorf und Genossen beantragte Resolution angenommen.
Die Fortsetzung der Berathung wurde auf morgen vertagt.
Elsaß⸗Lothringen. Saargemünd, 23. März. Zu den am 31. März und 1. April d. J. dahier stattfindenden Fest⸗ lichkeiten gelegentlich der Feier des 100 jährigen Jubiläums des Königlich bayerischen 5. Chevauxrlegers-Regiments „Prinz Stto“ ist bereits folgendes Programm ausgegeben: „Am 31. März: Caroussel, Abends 8 Uhr: Abendessen der Mannschaften. Abendunterhaltung der Unteroffiziere. Nach dem Caroussel: Reunion der Festgäste und des Offiziercorps. Am 1. April: Tagreveille mit Musik. Große Parade; Feld⸗ messe. Nach der Parade: Festessen der Mannschaften und der Unteroffiziere. Abends 5 Uhr: Banket der Festgäste und des Offiziercorps.“ Zum Feste selbst erwartet man eine große An⸗ zahl von Gästen der hohen und höchsten Kreise.
Metz, 22. März (Straßb. Ztg. Die öffentlichen Feier⸗ lichkesten zum Geburtsfeste des Kaisers haben gestern Abend mit dem von sämmtlichen Musikkapellen der Garnison ausgeführten großen Zapfenstreich ihren Anfang genommen. Die Straßen, durch welche derselbe zog, waren vielfach durch Gassterne und bengalische Flammen erleuchtet. Auf dem
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Königsplatze wurde Halt gemacht und, während die Kapellen einige Musikstücke ausführten, ein brillantes Feuerwerk abge⸗ Gouverneur der Goldküste habe König von Dahomey gerichtet, in welchem er denselben
brannt. Als später der Zug auf dem Theaterplatze anlangte, wurde auch dieser und die Kathedrale bengalisch beleuchtet; letztere gewährte einen imposanten Anblick. Heute früh wurde Reyeille durch die Stadt geschlagen. Um 10 Uhr war in der Kathedrale, sowie in der evangelischen Militärkirche Fest⸗ gottesdienst und um 12 Uhr fand auf dem Königsplatze große Parade statt. Als der Gouverneur, Herr General von Schmidt, vor derselben das Hoch auf den Kaiser aus⸗ brachte, donnerten von dem äußersten Ende der Esplanade die Kanonen. dem herrlichsten Wetter begünstigt und fanden unter starker Theilnahme des Publikums statt. Heute Nachmittag sindet in den Räumen des Militärkasinos ein großes Festessen statt, welchem Abends im Theater eine Galavorstellung folgt. Die höheren Lehranstalten feierten theils gestern, theils heute den Geburtstag des Kaisers durch Reden und Gesangvorträge. Außer den Kasernen und öffentlichen Gebäuden sind auch viele Privathäuser beflaggt. Im Theater kommt Gutzkows vater⸗
ländisches Lusspiel „Zopf und Schwert“ zur Aufführung.
Hesterreich⸗- ungarn. Pest, 23. März Im Ab ge⸗ dnetenhause wurden die sanktionirten Gesetze über die einde⸗Ordnung und das Dis ziplinarverfahren promul⸗ In fortgesetzter Generaldebatte über den Entwurf, Be⸗ ref des Königsbodens begrüßte der Sachse Fabricius ie Vorlage als der er seit lange schon dring⸗ lichen administrativen Regelung. s Vorlage, indem er besonders betonte, wesen' der sächsischen Verfassung der Gemeinder gipfle, deren namentlich hinsichtlich der Kulturinteresser und der Vermögens⸗ verwaltung durch die Nationsur iversität vertreten sei und durch die Comitatsverfassung nicht ersetzt werden könne. Helfy, von der Opposition der Linken, stimmte unter lebhaftem Beifalle der Majorität diesmal entschieden mit der Regierung, welche fertfah⸗ ren möge, das gleiche Recht für Alle zu üben. Aehnlich äußerte sich Orban (ebenfalls von der Opposition), welcher noch Garan⸗ tien für die korrekte Verwendung der von der Nationsuniversität verwalteten Fonds wünschte. = 24. März. (W. T. B) Das Abgeordnetenhaus hat die von der Regierung wegen Regelung des Königsbodens ge— age mit allen Stimmen gegen diejenigen der Sieben⸗ bürgenschen Sachsen angenommen.
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Schweiz. Bern, 23. März. Anschluß an unsere gestrige Mittheilung über die am 18. d. M, von der »Inter⸗ natibnale“ und „Kommune“ hier abgehaltene Festversamm⸗ lung zur Feier des Jahrestages der Pariser Kommune, wird noch über einen Exzeß bei dem Fackelzug, welcher einen Theil der Festlichkeiten bilden sollte, Folgendes berichtet: „Lange vor dem Abmarsche des 3 r Plattform, von der der Abmarsch erfolgen s sowie der t chauer öt. ꝛ
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Bern, 23. März. (N. Zürich. Ztg.) Der National⸗ rath hat das Militärbesoldungsgesetz nach längerer Dis⸗ kussion an den Bundesrath zurückgewiesen.
Srwvßbritaunien und Irland. London, 23.
Die „Engl. Korr.“ schreibt:; Die von der Straße von 2 laceg eintreffende Nachricht, daß nicht nur die Rädelsfül bei der Ermordung des unglücklichen Residenten
auch der ansässtge Radschah Ismail, der Hauptfeind der En der, in die Hände
z ĩ 15 ( wasiw sst⸗ Refrtesiaung 1 Er I oz cht orim in weiteren Kreisen allgemeinse Befriedigung und Erleichterung.
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ichtete man bei dieser Gelegenheit lange Dauer des eßens und unsichere Zustände, sowie neue Ausbrüche unter den xrachsüchtigen Malaien nach Beendigung
der Insurgenten sich einem anderen eingeborenen Fürsten ergab und daß dieser letztere ihn ohne Umstände den Engländern aus⸗ lieferte, giebt den Ereignissen eine ebenso unerwartete als günstige Wendung. Augenscheinlich herrscht unter den Eingebornen theils eine den Engländern freundliche Stimmung, theils wohl auch eine hehe Meinung von ihrer Macht vor. Das Ergehniß in wegen q Für die heimische Regierung hat tt Sache auch sonst noch insofern Werth, Umständen schwierigen wird, da bei diesem günstigen Abschlusse Aufrechterhaltung des tatus quo mit englischen Residenten bei den Malaienfürsten möglich erscheint.
— Der portugiesische Gesandte in London, Saldanha, ist sehr bedenklich erkrankt
— Ueber die projektirten Polospiele, welche demnächst von englischen Kavallerie-⸗Offizieren in Berlin veranstaltet wer⸗ den sollen, wird neuerdings einiges Nähere bekannt. Als Zeit⸗ punkt für die Reise ist die Woche vor dem großen Derby⸗Rennen
fes geseßt worden. Besßimmt zur Theil nahme sind die Polo⸗Abö⸗
theilungen aus den Offizier⸗Corps der Garde Kürassier⸗Regimen⸗ ter, des 5. und 12. Lancier⸗Regimentes und des unter dem Na⸗ men der Scots Greys bekannten auf Schimmeln berittenen Garde Dragoner⸗Reglmentes.
— 24. März. (W. T. B.) Deputirte Samuelson an, er werde den Kanzler der Schatz⸗ kammer am nächsten Montag darüber interpelliren, ob derselbe
nach der ihm jetzt gewordenen eingehenderen Information gewillt
sei, die Ansichten aufrecht zu erhalten oder zurück zu nehmen, die er in der Sitzung vom 14. v. Mis. über die Möglichkeit, daß Aegypten seinen finanziellen Verpflichtungen werde genügen können, ausgesprochen habe.
— 25. März. (W. T. B.). Im weiteren Verlauf der gestrigen Unterhaussitzung erklärte der Staatssekretär der Kolonien, Carnarvon, auf eine bezügliche Anfrage Cuttesloe's, er habe keine genaueren Mittheilungen über die Expedition
Die sämmtlichen Feierlichkeiten waren von
9 2 a KBehärde o5allor 595 9 pie r* der Kolonialbehörden gefallen sei, erregt hier
derselben. Daß aber der Auf⸗ stand zunächst nichl weit um sich griff, daß darauf der Führer
diesem Falle ist scho: seiner mora⸗
Herzog von
Im Unterhause zeigte der
nach Whydah erhalten, glaube indessen, daß die Befürchtung des Ausbruches neuer Feindseligkeiten unbegründet sei. Der ein Schreiben an den
ersuchte, die sich alljährlich wiederholenden Einfälle der Eingeborenen und die Menschenopfer zu verhindern. — Der Staatssekretãr des Aeußern, Derby, erwiderte auf eine An⸗ frage Hamptons, die niederländische Regierung habe der englischen mitgetheilt, die Kammern würden sich demnächst über die Frage der gänzlichen Aufhebung der Zucker zölle schöüssig machen; sie warte auf die Entscheidung derselben, um ihre Po⸗ litik hinsichtlich der Zuckerkonvention darzukegen. Die englische Regierung, erklärte Derby weiter, habe in derselben Angelegen⸗ heit auch mit der französischen und belgischen korrespondirt; England könne die Zuckerzölle nicht wiederherstellen, sondern müsse vielmehr auf das Entgegenkommen der auswärtigen Re⸗ gierungen in dieser Zrage rechnen.
Frankreich. Paris, 23. März. Das gestrige „Journa ossiciel“ veröffentlichte die erste Serie der Veränderungen in dem Personal der höheren Verwaltung. Gänzlich ent⸗ lassen werden nur fünf Präfekten, nämlich die Herren von Traer (Bouches⸗du⸗Rhoöne), Guiges de Champvaus (Gard), Pascal (Gironde), Baron Behr (Loiret) und Baron Foucauld (Vogesen). In Pensionsstand werden vier Präfekten versetzt: Herr von
Champagnac (Lot⸗-et-⸗Garonne), von Landrous (Haute⸗Garonne) Raffier⸗Dufour (Var) und Ferrand (Indre⸗et⸗-Loire). Drei Präͤ⸗ fekten endlich, Chambon (Meurthe et⸗Moselle), Douc eur (Vaueluse) und Després (Tarn-et-⸗Garonne), werden zur Disposition gestellt. — Der „Semaine religieuse“ von Lille zufolge sind für die dortige katholische Universität schon bis jetzt 2, 660,090 Francs gezeichnet worden.
— Der Berliner Korrespondent des „Journal des Debats“ bespricht die gegenwärtigen Beziehungen Deutschlands zu
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1e *
Frank eich in folgender Weise: „Die deutschen Armeen“, sagt *. 89 . 9
er, „haben Frankreich im Jahre 1870 ohne Schwierigkeit erobert; wir sind jetzt unsererseits Eroberer geworden, wir überschwemmen Deutschland mit unseren Produkten. Das sind auf ökonomischem und auf militärischem Gebi te zwei einander gegenüberstehende Thatsachen, die für die Bedeutung beider Länder beide gleich wenig beweisen. Die wahre Wichtigkeit eines Volkes mißt man an der intellektuellen Macht, welche sich durch die ansteckende Kraf der von ihm ausgehenden Ideen kund giebt. In welcher Richtung pflanzen sich aber jetzt die Ideen in Europa fort? ... Bei genauer Besichtigung würde man vielleicht finden, daß wir in mehr als einem Punkt, und zwar in Punkten, die man leicht näher bezeichnen könnte, von den Ideen Deutschlands beherrscht werden, obgleich wir gegen seinen Genius protestiren; Deutsch⸗ land seinerseits empfängt von uns nur industriellen und künst⸗ lerischen Einfluß. . . . Deutschland ist hente mehr als je urserer Aufmerksamkeit würdig, und wenn man es für zweck— mäßig hält, unsere Vertretung in Berlin zu ändern, so soll man einen Mann oder Männer hinschicken, die sehr intelligent, sehr forschlustig, sehr eifrig sind, die nicht eine schwere Tracht von Vorurtheilen mitbringen und welche die Stimmungen des Land das sie vertreten, richlig wiederspiegeln.“ — 241. März. Per
Rieard, hat, wie die „Agence Havas“ mittheilt, die Maires von Paris empfangen und dabei sich dahin geäußert, daß das Ministerium den republikanischen Institutionen zum Sieg ver helfen wolle, daß es aber ain Präsidenten, am Lande und an sich einen Verrath begehen würde, wenn es diesen Sieg nicht durch weise und eminent konferxvative Maßregeln zu erriggen
les, 24. ärz. (W. T. B.) Die Deputir⸗ beschäftigte sich mit Prüfung der Wahl n Stichwahlen im Dez ient Morbihan gewählten n ultramontanen ; Die Kommission die Einleitung einer Untersuchung beantragt, ich dieselbe festgestellt werde, daß der Gewählte seine X en Wahlumtriebe .
us zu danken habe de Mun erklärte, eine :
1f 3 7 5; For Mahl 2 fon . allem Zweif daß 3 bei der Wahl zu seinen Gun⸗
sten intervenirt habe. Die Religion sei durch die Republila⸗
ner bedroht und de habe der Klerus vollständig Recht, wenn er bei den V
ligien intervenire. Gambet widerte, von den Republikanern würden weder gegen die Religion, noch gegen die ehrlichen aufrichtigen Katholiken irgendwelche Angriffe gerichtet, er glaube im Gegentheil, daß der französische Klerus selbst viel mehr um Eingriffe von Seiten des Vutikans besorgt sei. Gam⸗ betta erklärte ferner, es sei nothwendig, den Klerus auf sein Gebiet in der Kirche zurückzuführen und ihm nicht zu gestatten, daß er die christliche Kanzel zur politischen Rednertribüne umgestalte. „Wir beantragen eine Untersuchung, damit die Thatsachen festgestellt werden, und da— mit die Regierung veranlaßt werden kann, dem Klerus in Er⸗ innerung zu bringen, daß er ein Vermittler der Eintracht und der Verföhnung zu bleiben hat.! Die Kammer beschloß hier⸗ auf mit 309 gegen 170 Stimmen die vorgeschlagene Unter⸗ suchung — Im weiteren Verlaufe der Sitzung beschloß die De— putirtenkammer, die Wahl der A mnestie⸗Kommission mor⸗ gen vorzunehnien. Die Radikalen hatten beantragt, die Wahl der Kommission bis nächsten Dienstag zu verschieben.
Italien. Rom, 24. März. (W. T. B.) Das neue Kablnet wird sich, wie der „Diritto“ erfährt, nicht vor nächstem Dienstag der Kammer vorstellen können, weil sich das Eintreffen des Senators Melegary, des seitherigen Gesandten bei der Schweiz, welcher das Portefeuille des Auswärtigen übernimmt, verzögert. . .
Ueber die politischen Antezedentien des Herrn Depretis ent⸗ nehmen wir einer Wiener Korcespondenz der Bohemia / Folgendes: Agostino Depretis, ein reicher Grundbesigzer aus Stradella, war zuerst längere Zeit, nachdem er das Rechts studium abjolvirt hatte, in Turin als Advokat thätig. In das sardinische Parla⸗ ment gewählt, schloß er sich der gemäßig en Linken an und war mehrmals Vizeprästodent der Kammer, dann vom November 1859 bis 1860 Präfekt von Brescig. Mehr hervorgetret: ist er aber erst seit dem Feldzuge Garibaldi's auf der Insel Sizilien. Nach⸗ dem nämlich Garibaldi Palermo erobert hatte, eruannte er De⸗ pretis, der ihm mit den „Tausend von Marsalg gefolgt war, zum Prodiktator von Sizilien, während Garibaldi sich lediglich die militärische Führung vorbehielt. Dennoch ist er durchaus kein Republikaner. Dies zeigte er schon auf Sizilien. Seine ersten Regierungsakte dort waren, dem König Victor Emanuel die Wege zur Annexion zu ebnen. Er erließ eine Anzahl Dekrete, welche di⸗ von Garibaldi eroberte Insel fester an das italienische (damals noch sardinische) Königshaus knüpfen sollten, und am 5. August 1869 ordnete er, ohne Wissen Garibaldi's, an, daß alle Beamten dem Könige Victor Emanuel den Eid der Treue, sowie auch den
Eid auf die monarchische Konstitution leisten sollten. Ein späte⸗ res Dekret verfügte, daß alle in Palermo geprägten Münzen das Bild des Königs Victor Emanuel tragen sollten. Dadurch führte er den Bruch mit Garibaldi herbei: Letzterer trat in einer Proklamation an das Volk am 12. September 1860 dem „un⸗ zeitigen Drängen“ Depretis entgegen, und als Depretis dessenunge⸗ achtet auf der sofertig'n Annexion bestand und Garibaldi dieselbe verweigerte, reichte Depretis am 17. September 1869 mit seinem ganzen Minifterium seine Entlassung ein, worauf Mordini durch Dekret Garibaldi's zum Prodiktator ernannt wurde. Später wurde Depretis dreimal Minister des Königs Victor Emanuel. Das erste Mal trat er am 3. März 1862 in das Fabinet, und zwar übernahm er im Ministerium Rattazzi das Portefeuille der öffentlichen Ar⸗ beiten. Er blieb auf diesem Posten bis zum 9. Februgr 1863. Das zweite Mal trat er am 28. Juni 1866, also unmittel bar nach dem Kriegsausbruche, in das Kabinet Ricasoli; diesmal als Marine⸗ Minister. Während er auf diesem Posten war, wurde die See⸗ schlacht bei Lissa geschlagen, und Depretis war es, der in seiner Eigenschaft als Marine-Minister den Prozeß gegen den Admiral Persang einleitete. Am 4. Februar 1367 übernahm er provi⸗ sorisch statt des Marine⸗Ministeriums den Posen eines Finanz⸗ Ministers, bei Gelegenheit einer theilweisen Ministerkrise, die mit 3 Parlaments und dem Räckmitte des Finanz⸗ ja endete. Depretis verwaltete aber die italie⸗
nischen Finanzen nur bis zum 4. April 1867. Anfang März 18676 war er der Kandidat der Opposition bei der Kammerprä⸗ sidentenwahl, doch hatte sich damals die O noch nicht aus den Reihen der Rechten verstärkk, daher wurde nicht er, sondern Biancheri gewählt.
— Die „Gazzetta dell' Emilia! von Bologna schreibt: Am 15. März hat hier der große Prozeß gegen die hier in⸗ haftirten 779 Mitglieder der Internationale begonnen. Die Angeklagten wurden in drei Omnibussen von dem Gefängnisse San Giovanni in Monte abgeholt und nach dem Schwurgerichts⸗ saale gebracht. Da diese Wagen aber nur 35 einmal transportiren konnten, so mußten sie die einmal machen. — Als Vertheidiger fungiren 17 Ad⸗ vokaten, darunter auch die zwei Universitäts⸗Professoren Cen⸗ neri und Bust. Zur Bewachung der Angeklagten auf dem Transport zum und dann im Gerichtssaale selbst wurden zwei Bataillone Linien-Infanterie und eine Abtheilung Karabinieri aufgeboten.
Türkei. ( 24. meldet aus Be
die Wiener „Politische Korrespondenz“ vom
ad: Der serbische Kriegs⸗Minister trifft wohl Maßnahmen, als r Krieg unabänderlich feststünde; nach einer neuen Grdre de bataille ist die serbische Armee in sechs Opera⸗ tionsdivisionen eingetheilt, eine jede zu 6000 bis 7090 Mann, gleichzeitig ist auch ein großes Apancement beim Offizier⸗Corps verkündet. Wenn man aber von diesen Verfügungen des Kriegs⸗ Ministers absieht, kann doch nur mit dem größten Nachdruck betont werden, daß die den Ausschlag gebenden politischen Fak⸗
f Erhaltung des Friedens hinwirken. In Folge dessen ist auch die friedliche Strömung die über⸗ wiegende und wird es trotz der andauernden Ministerkrisis hoffentlich auch weiter bleiben.
Amerika. Mexiko, 18. ar. Die Staates Campeche hat am 20. Dezember v. setz angenommen:
Art J. Alle Geistlichen jeder Religion, welche in der ausgeübt wird, verpflichten sich ohne allen Vorbehalt vor de politischen oder munizipalen Antorilät ihres Wehnerts, die Konstitution der rereinigten tien Mexikes f z nebst ihren Supplem enten und Reformen, so wi
welcher sich weigert, den vorstehenden er nachdem er ihn erfüllt, durch irgend ein welcher ihn beschworen hat, verlangt, daß eines religißsen Aktes diesen Schwuc bellion betrachtet und nach Artikel 11190 gegen die Confederation befstraft zerder gni en).
Att. III. Die Angestellten oder öffen 3e welche Beist and leisten zum Widerruf, welches auch die Mittel oder di lich von ihren Posten eatfernt und dem
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— (A. A. C) entschieden, daß die Gefetze des Staates Kalif r ie Ve stoßen, hat das Kollegium der Supervisors in Se ine auf den Vorschlag des Mayors ein Comits angesehener Bürger beauftragt, eine Massenversammlung einzuberufen, um in derselben der öffenilichen Stimmung über die Angelegenheit Ausdruck zu gebe und eine Deputation zu wählen, welche die Angelegenheit dem Kongreß unterbreiten soll. Der letzte Dampfer aus China brachte 1000 Kulis mit. Die Kuli⸗Importeure haben für die nächften sechs Monate die Verdecke aller ankommenden Dampfer gepachtet. Das Vorgehen der Supervisoren wird in San Francisco günstig kritisirt.
Afrika. Aegypten. (W. T. B.) Die . Agence Havas * n eldet aus Kairo: der Khedive habe Disraeli ersucht, denjenigen Theil des Berichtes Caverns, der sich mit der Untecsuchung der gegen⸗ wärtigen Verwaltung und derjenigen des Vorgängers des jetzigen Khedive, Said Pascha, beschäftige, nicht zu veröffentlichen; aber der rein finanzielle Theil des Berichts werde von Seiten des Khedive selbst demnächst veröffentlicht werden. Die Einlösung der am 1. und am 15. . Mts. fälligen Coupons der ãgypti⸗
schen Schuld sei sichergestellt und zwar erfolge diejenige der ersteren bei dem Bankhause Glyn⸗Mills, diejenige der letzteren bei der Banque ottomane.
Kunst, Wissenschaft und Literatrir. J
eber den Fortgang der Arbeiten an dem Codex diploma- . . ö wird gemeldet, daß der Archivar De. Posie jetzt an der ältesten Geschichte des sächsischen Jürstenhauset arbeitet, deren 1. Band, die Urkunden bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts umfassend, in Bälde erscheinen soll. Ueberhaupt steht eine schn Uere Publikation in AÄussicht. Den noch fehlenden 3. Band des Leipziger
Üükundenruches wird Dr. Joseph Förstemann in Leipzig, die Urkunden der Ugiversttät Leipzig wird Dr. Sruno Stübcl un die Kartularien det Städte Chenmitz urd Freiderg wird Dr, Ermijch liefern. Das Ganze ist auf 10 Bände berechnet. Für die Fertsetzang hat Pr. Pesse