1876 / 75 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Mar 1876 18:00:01 GMT) scan diff

kage, durch eine einsichtige Verwaltung, durch eine nicht aus— sckließlich von den NRüqdsichten guf den unmittelbaren finanziellen Erfolg beengte Erleichterung deg Verkehrs der Entwickelung des Han. dels und der wirthschaftlichen Kräfte des Landes Dienste zu erweisen, deren Werth die Vortheile einer energischen Aufsichts führung weit überbietet. Da die Aufwendungen für die Hebung und Erleichterung des Verkehrs bei den Staatsbabnen nicht lediglich in der steigenden Rente der Bahn, sondern zugleich in der Hebung des Wohlstandes und der Steuerkraft des Landes ihre Rechnung finden dürften, so ist die Verwaltung der Staatsbabnen nicht in gleichem Maße wie die PVrivatbahnverwaltungen durch finanzielle Rücksichten beengt und mehr, wie diese, in der Lage, mit solchen Anwendungen vorgehen zu können, welche nicht sofort durch eine entsprechende Verkehrs zunahme aufgewogen werden. Alle derartige, mit vorübergebenden finanziellen Opfern verbundene Aufwendungen, alle Einrich⸗ tungen und Srleichterungen des Verkehrs, deren känftiger Erfolg nicht völlig sicher ist oder erst im Verlaufe einer länge⸗ ren Zeitperiode allmählich eintreten kann, werden leicht von einem Theile der Verwaltungen der Privateisenbahnen vermieden und ver— zögert, insbesondere, wenn die augenblickliche Erhaltung oder Steige⸗ rung ihrer Rente und ihres Kredits denjenigen Interessen entspricht, welche in der Berwaltung der einzelnen Unternehmunzen vertreten sind. Während die Staatsaufsicht sich der Regel nach außer Stande sicht, einer solchen Haltung wirksam entgegenzutreten, wird dieselbe durch ein entsprechendes Vorgehen auf den fiskalischen Linien wider standslos durchbrochen, sobald die Erhaltung des eigenen Verkehrs die Verwaltungen nöthigt, den gleichen Weg zu betreten.

Endlich giebt die Verwaltung eines ausgedehnten eigenen Besitzes von Eisenbahnen dem Staate das einfachste Mittel, sowohl auf eine sorgfältige Verwaltung der Privateisenbahnen, als auch auf eine dem allgemeinen Interesse entsprechende gleichmäßigere Ge⸗ staltung des Verwaltungs! und Betriebsdienstes rer Eisen— bahnen hinzuwirken. Erfahrungsmäßig wird das für die Betriebsleitung erfordeilsche höhere Beamtenpersonal der Privat⸗ bahnen im großen Umfange aus den im Staatseisen bahndienst aus gebildeten Beamten entnommen, so daß die Staatseisenbahnverwal⸗ tung thatsächlich die Pflanzschnle für die höheren Eisenbahnbeamten bildet. Die genauere Kenntniß der letzteren von den Einrichtungen der Staateeisenbahnen, und die natürliche Geneigtheit, denselben bei den ihrer Leitung anvertrauten Privateisenbahnen Aufnahme zu ver— schaffen, sichert Allem. was sich bei der Staatseisenbahnverwaltung als praktisch zweckmnäßig bewährt hat, die Verbreitung in höherem Maße, als es die Einwirkung der Aufsichtsbehörden zu erreichen vermag.

Die Gesammtlänge der im Betriebe befindlichen preußischen Staats eisenbahnen beträgt gegenwärtig 4280 Kilometer, die Länge der vom Staate verwalteten Privateisenbahnen 2917 Kilometer. Nach Inbetriebnahme der durch die Kreditbewilligung der Jahre 1873 bis 1835 genehmigten Erweiterungen des Staats Eisenbahnnetzes, sowie derjenigen Linien, welche den vom Staate verwalteten Privat— bahnen noch konzessionirt sind, wird sich die Regicrung im Besitz eines von ihr verwalteten Eisenbahnkomplexes von ca. 10,909 Kilometer befinden und die Leitung des Verkehrs auf bedeutenderen Verkehrsrouten Norddeutschlands wirksam zu be— einflussen im Stande sein. Die weitere Vervollständigung dieses aus—⸗ gedehnten Eisenbahnbesitzes und die Ansbildung der einzelnen Linien desselben zu möglichst selbständigen Verkehrsrouten muß als die Auf— gabe der künftigen Eisenbahnpolitik Preußens angesehen werden, wenn innerhalb des Verkehrsgebietes der preußischen Eisenbahnen, dem Staate durch den Betrieb der von ihm verwalteten Linien ein den Verkehr regelnder Einfluß dauernd gesichert werden soll.

Es ist nicht zu verkennen, daß die Verwerthung dieses Einflusses in der Hand der preußischen Reglerung die Verkehrsverhältnisse und den Eisenbahnbetrieb benachbarter, von dem preußischen Verkehrege— biete eingeschlossener Bundesstaaten wesentlich berühren wird. Die Verkehréleitung, die Tarifstellung, die Betriebsorganisation der preu— ßischen Staatsbahnen würden innerhalb des garzen, unter dem Ein— flusse der dominirenden Staatsbahnlinien stehenden Verkehrö— gebietes die vorwiegenden Normen bilden, und die Schwie— rigkeit, die Interessen der ränmlich mit betheiligten Bundes— staaten neben den preußischen in gerechter Weise wahrzunehmen, würde überwiegend von der preußischen Regierung nach eigenem Er— messen zu lösen sein. In dieser Erwägung hat die preußische Regie— rung nicht eher den bezeichneten Weg betreten wollen, als bis die Möglichkeit einer anderen, für die betheiligten Bundesstaaten günsti— geren Lösung ausgeschlossen itt. Preußen hält sich für verpflichtet, zunächst dem Reiche die Möglichkeit zu gewähren, seinerseits den Einfluß auszuüken, den anderenfalls die preußische Regierung auszu— üben genöthigt sein würde.

Durch die Reichtverfassung ist die Aufsicht über das Eisenbahn— wesen im weiteren Umfange auf das Reich Übertragen worden. Gleichwohl fehlt der Reichsaufsicht diejenige materielle Grundlage, welche stch für den preußischen Staat als die nothwendige Ergänzung und Voraussetzung der Ausübung des gesetzlichen Aufsichtsrechtes er— weist. Abgesehen von den im äußersten Westen belegenen elsaßloth— ringischen Bahnen welche bei ihrer Lage und ihrer geringeren Aus— dehnung nicht genügen, um durch die Verwaltung derselben auf den Eisenbahnbetrieb innerhalb des Deutschen Reiches regelnd und bestimmend einzuwirken, besitzt das Reich keine eigenen Bahnen. Auch würde dasselbe nicht wohl durch den Bau neuer Linien zu einem für den bezeichneten Zweck genügenden Besitze von Eisenbahnen gelangen können, nachdem der Ausbau des dentschen Eisenbahnnetzes bereits so weit vorge— schritten ist, daß ein selbständiger Betrieb der noch zu bauenden HDaupibahnen kaum mehr möglich ist. Nur durch die freiwillige Uebertragung eines geschlossenen, durch das ganze Gebiet der Eifen— bahnen sich erstreckenden Komplexez bereits bestehender Linien würde daher dem Reiche die Möglichkeit gegeben werden können, sich die neben der Ausübung der Reichsaufsicht erforderliche Einwirkung auf den Eisenbahnbetrieb zu veischaffen und die ihm verfassungsmäßig obliegende Aufgabe zu erfüllen.

Die Uebertragung des gesammten preußischen Staatgeisenbahn— besitzes auf das Reich erscheint deshalb unter den oßwaltenden Um— ständen als der natürlichste Weg zur Lösung der bezeichneten Aufgähe.

Das Reich ist vor Allem und in erster Reihe zu dieser Löfung berufen.

So segensreich das Machtmittel des Eisenbahnbesitzes in der Hand, des preußischen Staats für den Verkchr und die wirthschafiliche Entwickelung innerhalb des engeren Siagtsgebiets wirken mag und künftig bei weiterer energischer Ausbildung wirken wurde, so' wird dasselbe doch in der Hand des Neicks noch weittragendere Wirkungen hervorzubringen geeignet sein. Die höhere Machtstellung des Reiches, die. Aufsichtsgewalt über das Eisenbahnwesen innerhalb des weiteren Reichsgebietes und die Vereinigung mit der Verwaltung der Elsaß Lothringischen Eisenbahnen werden woesentlich dazu beitragen, dem ngtürlichen Einfluß der Verwaltung der Staatslinien auf die Entwickelung des Eisenbahnwesens eine größere Tragweite und eine verstärkte Bedeutung zu geben.

Manches würde dem partikulaten Elnflusse des preußischen Staates unerreichbar bleiben, was das Reich im gleich zeitigen Besitz der preußischen Staatsbahnlinien unschwer und obne Widerspruch durch— zuführen in der Lage erscheint. Nicht wenige derj⸗nigen Erscheinungen, welche das Verkehrsleben durch die Schwankungen und Wandlungen in, den Interessen der Eisenbahnverwaltungen beuntuhizt haben, würden durch die allmähliche Konzentration des Eisenbahnwesens in der Hand des Reiches fern gehalten werden, wenn durch die domini— renden Linien der Reichs bahnen inmitten der Verkehrsbewegung auf den übrigen Linien die gesicherte und unentbehrliche Grundlage für eine mehr stetige und ruhige Entwickelung geschaffen würde. Zudem würde die ausgiebige Verwerthung des Einflusses der preußischen Staatseisenbahnverwaltung außerhalb der Grenzen des preußischen Staatsgebietes leicht einer Abneigung begegnen können, welche vor— aussichtlich in demselben Maße wächst. wie die Erweiterung des fiskalischen Eisenbahnbesitzes ein verstärktes Uebergewicht Preußens begründet. ;

Nicht der preußischen Regierung, sondern der Reichsregierung

sellte daher die Verwerthung des in dem Besitze der preußischen Staate bahnen und der künftigen Erweiterungen derselben gegebenen Machtmittels vorbehalten bleiben.

Die volle Bedeutung desselben für die Entwickelung des Eisen⸗ kahnwesens liegt auch richt sowohl in den Zwecken des engeren Staateinteresses, als vielmehr in der besonderen Aufgabe, welche dem Reiche gezenüber der gegenwärtigen Gestaltung der Eigenthumz— verhältnisse der deutschen Eisenbahnen durch die Reichsverfassung zu— gewiesen ist.

Das gemeinsame Ziel der verfassungsmäßigen Bestimmungen über die Ausübung der Aufsichtézewalt des Reiches über das Eisen⸗ bahnwesen ist die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen für die Zwecke des allgemeinen Veikehrs und der Landesverthei⸗ digung.

In Betreff der Zwecke des allg meinen Verkehrs ist dem Reiche die besondere Aufgabe gestellt, die Transportleistung der Eisenbahnen für die Bedürfnisse des Verkehrs in mözlichst weitem Umfange ver— wendbar zu machen und zugleich dieselbe billiger, sicherer und gleich mäßiger zu gestalten. Daher ist vor allem die Fürsorge für die Ausbildung des durchgehenden Verkehrs durch Herstellung in ein⸗ ander greifender Fahrpläne, durch den Uebergang der Tranavort- mittel von Bahn zu Bahn, durch Beseitigung von Zwischen.-Expe— ditiͤnen und aller derjenigen Hindernisse, welche sich in der Eigenart des Eisenhahnbetriebes der freien Bewegung der Güter vom Produktions- zum Konsumtiensgebiete hindernd entgegenstellen, dem Reiche über- trogen werden. Die natürliche Entwickeluag des Eilenbahnwesens, die Erweiterung des gesammten Eisenbahnnetzes im In- und Aus⸗ lande und die Ausdehnung des Absatzgebietes der gesammten wirth— schaftlchen Produktion hat die stetige Erweiterung und Vermehrung der direkten Verkehrs beziehungen unter den Eisenbabnverwaltungen zur nothwendigen Folge. Die im direkten Verkehr beförderten Transportmassen durchlaufen auf den der Richtung entsprechend n Linien die Strecken der an dem Verkehr betheiligten Verwaltungen, wie ein einheitliches, einer Verwaltung unterstehendes Gebiet. Da durch gestalten sich disse Linien für den betreffenden direkten Verkehr zu einheitlichen Verkehrstouten, auf welchen der Transportdienst für den Verhandesverkehr durch übereinstimmende Interessen geleitet und durch übereinstimmende Einrichtungen geregest wird. Die Aus— bildung solcher Routen für den durchgehenden Verkehr, auf welchen die verschiedenen zu Verhänden vereinigten Verwaltungs gruppen in der Vermittelung des Verkehrs konkurriren, hat bereits eine bedeutende Höhe erreicht. Gerade in dem auf diefen Routen sich bewegenden großen Weltverkehr, in welchem die Mitbkewerbung der konkurrirenden Interessen am lebhaftesten hervortritt, gelangen diejenigen Verbesserungen und Erleichterungen des Transportverkehrs zunächst und vorzugsweise zur Einführung, deren Förderung als die weitere Aufgabe der Reichsaussicht bezeichnet ist. Er— mäßigungen der Fahr« und Frachtpreise, schnellere Beförderung, Erleichterungen des Reiseverkehrs, technische Verbesserung der Betriebs— anlagen, übereinstimmende dienstliche Ordnung, Vereinfachung und prak⸗ tischere Gestaltung der Einrichtungen des Expeditions- und Tranz— portdienftes, kurz alle diejenigen Wandlungen, in welchen sich die all— mähliche Vervollkommnung des Eisenbahnwesens vollzogen hat, sind zuerst auf den Hauptverkehrsrauten hervorgetreten. Hier macht sich das Bedürfniß in höherem Maße geltend, während das Interesse der Verwaltungen in der größeren Frequenz seine Rechnung findet. Von diesen Hauptverkehrsrouten haben sich die bewahrt befundenen Aen— derungen auf die verkehrtärmeren und weniger unter dem Einflusse der Konkurrenz stehenden Linien des Lokal? und Nachbarverkehrs übertragen.

Die Ausbildung und leistungsfähige Gestaltung dieser Haupt— routen für die Anforderungen des großen Verkehrs muß daher als die vornehmste Aufgabe der Reichszaufsicht über das Eifenbahnwesen angesehen werden.

Ein schwer zu überwindendes Hinderniß für die Durchführung derselben liegt aber in der mehrerwähnten Gestaltung der Eigenthums⸗ verhältnisse der Eisenbahnen. Dieselben werden von einer erheblichen Anzahl selbständiger Verwaltungen betrieben, deren jede ihre beson— deren Betriebseinrichtungen hat und durch ihre besonderen Interessen bestimmt wird. Je mehr und je weiter die Verkehre beziehungen, deren Ver⸗ mittelung den Eisenbahnen zufällt, über das engere Gebiet der ein— zelnen Verwaltungen hinausgehen, je größer also die Zahl der Ver— waltungen ist, welche an den einzelnen Transportleistunzen Theil nehmen, um so nachtheiliger tritt die Einwn kang dieser Verschieden—⸗ heiten hervor. Die Bildung direkter Verkehre, die Einrichtung durch⸗ gehender Zuge, Preisermaͤßigungen und Verkehrserleichtezungen j 'der Art werden in demselben Mate verhindert oder wenigftenz ver— zögert, als die Zahl der bei der Trantportleistung mitwirkenden Verwaltungen sich erhöht. In gleicher Weise wird die Verein— fachung und übereinstimmende Gestaltung aller formellen Vorschriften, welche für die Benutzung der Eisenkahnen Seitens des Publikams maßgebend sind, und hierdurch die Möglichkeit, das letztere an die sorgfältige Beachtung derselben zu gewöhnen, durch die Vermehrung der selbständigen Betriebsfaktoren beeinträchtigt Die Verständigung kann nur durch zeitraubende und umständliche Verhaydlungen der be— theiligten Verwaltungen gewonnen werden und bleibt immerhin von dem Widerspruch einer Einzelnen derselben abhängig.

Diese Nachtheile treten um so schärfer hervor, je mehr die Ja— teressen der einzelnen Verwaltungen auteinandergehen. Wenn Die Hebung des Verkehrs einer gemeinsamen Verkehrsrbute nicht über— einstimmend dem Interesse der betheiligten Verwaltungen entspricht, sondern mit dem überwiegenden Interesse irgend einer derfelben an einer kenkurrirenden Route im Wideistreit fteht, so wird diese voraussichtlich allen Maßnahmen entgegentreten, welche geeignet sind, der Entwickelung des Verkehrs auf der ersteren Route förderlich zu sein. Die Aufsichts— behörde werd nicht immer oder nicht nachhaltig diesen Widerstand zu unterdrücken in der Lage sein, so daß durch denselben thatsaͤchlich die Verkehrsentwickelung auf der ganzen Route gestört wird.

Zur Beseitigung dieser Nachtheile wird das Bestreben darauf gerichtet sein müssen, daß einerseits für die Haupt— verkehrsrouten die Zahl der betriebsleitenden Verwaltungen so weit eingeschränkt werde, um die zur Pflege des durch— gehenden Verkehrs erforderlichen Einrichtungen und Vereinbarungen, wie sie dem wachsenden Bedürfniß und den fortschreitenden Erfah— rungen ertsprechen, ohne Schwierigkeiten und Weiterungen herbei führen zu können und daß andererseits an der Retriebsleitung der Hauptverkehrsrouten nur solche Verwaltungen Theil nehmen, deren Interessen übereinstimmend die Pflege des Verkehrs der gemeinsamen Route erfordern. Die gegenwärtige Zerstückelung der Bahnlinien in den meisten Hauptverkehrtzrouten, wie solche durch die den einzelnen Verwaltungen unterstehenden Bahrkomplexe bevingt ist, wird allmählich durch eine planmäßige Behandlung der auf den Bau neuer Linien und die Zusammenlegung der vorhandenen gerichte⸗ ten Bestrebungen zu beseitigen sein.

Wenn daher zunächst in der Ausbildung und Konsolidation der vorhandenen Routen für den durchgehenden Verkehr die weitere Ent— wickelung des Eisenbahnwesens vorzugsweise zu suchen ist, so erscheint es nicht zweifelhaft, daß die Konkurrenz dieser Routen unter einander neben der direkten Einwirkung der gesetzlichen Aufsichtsgewalt ein wichtiges Element für die Belebung, die Erleichterung und die Ausdehnung des Verkehrs derselben bildet. Die Lage des deutschen Eisenbhahnnetzes, dessen Linien nach allen Richtun— gen die Grenzen des Reiches überschreiten, ist verschieden von der— jenigen der englischen Eisenbahnen, welche überall an den Meere ; küsten endigen. Wenn bei den letzteren eine dauernde Verständigung der konkurrirenden Linien über die Theilung des Verkehrs in vielen Fällen möglich gewesen ist, so kann dagegen bei den ersteren die Mög— lichkeit einer solchen Verständigung nur in beschränkterem Umfange und meistens nur für eine engere Zeitdauer zugegeben werden. Nur innerhalb eines begrenzten Verkehrsgebiets ist eine dauernde Unter— drückung der Konkurrenz durch Verftändigung möglich, nicht aber in einem Verkehrsgebiet, dessen Grenzen sich von Jahr zu Jahr ändern und erweitern, in welchen die Strömungen und die wechselnde Richtung des Verkehrs nicht lediglich von der Produktion und den Verhältnissen des Inlandes, sondern ebenso von denjenigen

des Auslandes abhängig sind. Unabhängig von Verstãndigungen die⸗ ser Art bleibt aber diejenige Konkurrenz, welche nicht in der Preis. stellung für die Trans pertleistung hervortritt. Gerade hier wird es die Aufgabe sein, den Wetteifer der konkurrirenden Linien zu wecken und zu keleben, um durch zweckmäßigere Geftaltung der Betriebz. Einrichtungen der einielnen Bahnen, durch Beseitigung unnöthiger Disparitäten, durch Einführung und Verbreitung von Erleichterungen des Verkehrs das Ziel der Einheit des Betriebes ungeachtet der Ver— schiedenheit der Eigentbumsverhältnisse und der Interessen, so weit wie möglich, zu verwirklichen.

Wenn das Reich in die Lage käme, für alle Richtungen des Ver— kehrs je eine Ler für die Vermittelung derselben vorhandenen Routen im eigenen Besitz zu haben, so würde hierin eine wirksame Garantie für die dauernde Förderung der Verkehreinteressen gefunden werden können. Wenn aber auch eine solche Gliederung des Reichs und Privateisenbahnbesitzes nicht überall, nicht sofort oder nicht vollständig zu erreichen ist, so würde doch, um die Einwirkung des Reiches auf die Verkehrsleitung nicht lediglich von der erfolgreichen Durch- führung der Anordnungen der Aufsichtsgewalt abhänzig zu machen, der Besitz und die Verwaltung des ausgedehnten Netzes der unter preußischer Staateverwaltung stehenden Eisen— bahnlinien für das Reich von hoher Bedeutung sein. Durch den Besitz dieser Transportlinien und deren zukünftige Ergänzung wird die Reichsregiezung in die Lage kommen, in den Verkehr der einzelnen Routen wirksam einzugreifen, und die übrigen Verwaltun— gen dahin zu führen, in ihrem eigenen Interesse, den Anforderungen des allgemeinen Verkehrs in Bezug auf Gleichmäßigkeit, Sicher— heit und den Unfang der Transportleistung diejenigen Zugeständnisse zu machen, welche die Aufsichtsgewalt nicht zu erzwingen vermag.

Auch für die Zwecke der Landesvertheidigung würde mit dem Uebergange der preußischen Staatseisenbahnen auf das Reich ein be— deutsamer und zugleich der verfassungsmäßigen Aufgabe des Reiches entsprechender Schritt gescheben. Der glückliche Ausgang de letzten Krieges hat die großartige Wichtigkeit eines den strategischen Zwecken adaptirten Eisenbahnnetzes offen gelegt. Es if die Auf⸗ gabe des Reiches, für die Verwerthung disselben zum Schutze des Reichsgebietes Sorge zu tragen. Die von der Natur wenig beschützten Grenzen des Deutschen Reiches machen es für die Landesvertheidigung unerläßlich, die schleunigste Aufstellung der fär die Deckung gefährdeter Grenzen erforderlichen Truppenmaffen vorzu— bereiten. Ein durch alle Corpsbezirke verzweigtes Netz von Trans- portlinien, durch welches die beschleunigte Konzentration nach jeder Richtung hin ermöglicht wird, ist daher die erste, die möglichste Steigerung der militärischen Leistungsfähigkeit der einzelnen Linien, die weitere Aufgabe der Landesvertheidigung. Während für die erstere die Mitwirkung des Reiches bei Prüfung der auf die Her— stellung neuer Linien gerichteten Anträge erforderlich ist, muß für die Erreichung der letzteren die eigene Verwaltung eines größeren Theiles der deutschen Eisenbahnen und der damit verbundene nachhaltige Einfluß auf die Verwaltung der übrigen von entscheidender Beden— tung sein. Die Gleichmäßigkeit aller Einrichtungen der Verwaltungen und des Betriebs, die übereinstimmende Ausbildung der ing denselben mitwirkenden Beamten, die mit der Zunahme des Verkehrs fort— schreitende Erweiterung der Bahnanlagen und des Fuhrparks der Eisenbahnen sind für die militärische Leistungsfähigkeit von derselben Bedeutung, wie für die Vermittelung des Friedens verkehr. Alles, was dazu dient, die Leistungsfähiakeit der Eisenbahnen für den allgemeinen Ver- kehr zu steig ern und die Transportleistung vollkommener zu gestalten, muß in gleichem Verhältniß auch der Leiftungsfähigkeit der Eisenbahnen für den Landesschutz zu Gute kommen. Eine Konzentration wichtiger Eisenbahnen in der Hand des Reichts ist daher zugleich für den Schutz der Grenzen und die wehrhaftere Geftaltung der Vertheidi— gungsfähigkeit des Reiches ein bedeutungsvolles Mittel, dessen Werth um so höher anzuschlagen ist, als für die meisten deutschen Staaten weder in der Gesetzgebung, noch in den Verleihungsurkunden der Eisen— bahnkonzessionen derjenige Vorbehalt gemacht ist, durch welchen in anderen Ländern der künftige unentgeltliche Erwerb der Priyateisen⸗ bahnen dem Staate gesichert ist.

Mit dem Uebergang des Eigenthums der Preußischen Staats— eisenbahnen wird zugleich der überwiegend größere Theil aller dem Staate an dem Eigenthum, den Intraden oder der Verwaltung von Eisenbahnen zustehenden Rechte, mögen dieselben auf Gesetz, Kon— zession oder Vertrag beruhen,

obliegenden rpflichtungen mit der Abtretung der Staatsbahnen dem Reiche zu rlassen sein.

Die gegenwärtige Gesetzesvorlage bezweckt die vorläufige Ermäch— tigung der Regierung, mit dem Reiche in Vertrags verhandlungen ein— zutreten, welche die Uebertragung in dem bezeichneten Umfange zum Zwecke haben, ohne einer Prüfung des Ergebnisses derselben Seitens der Landegvertretung zu präjudiziren.

Würden die vorbezeichneten Bestrebungen der Regierung Preußens wegen Uebertragung des preußischen Bahnbesitzes auf das Reich an dem Widerspruch maßgebende: Organe des Reichs scheitern, so könnte es nicht zweifelhaft sein, daß alsdann Preußen selbst an die Lösung der gedachten Aufgaben mit voller Energie heranzutreten, und vor Allem die Erweiterung und Konsolidation feines eigenen Staats. bahnbesitzes als das nächste Ziel seiner Eisenbahnpolitik zu betrachten baben würde. Den Rücksichten, welche Preußen gegenüber scinen Bundesgenossen obliegen, wäre Genüge geschehen, und Nichts würde entgegenstehen, der nachtheiligen Zersplitterung des Eisenbahnwesens und dem Ueberwiegen der Privat⸗-Eisenbahnindustrie selbständig ent—Q gegenzuwirken. Daß durch die Erweiterung des prenßischen Staats- bahnbesitzes, durch die volle Entfalturg des in dem Besitze und der Verwaltung derselben liegenden Einflusses das Uebergewicht der mit den preußischen Bahnen verknüpften Interessen über die Grenzen des preußischen Staatagebiets hinaus sich fühlbar machen würde, ware eine wahrscheinliche Folge der alsdann von der preußischen Eisenbahnpolitik nothwendig einzuschlagenden Richtung.

Was die einzelnen Bestimmnngen des Gesetzentwurfes anbetrifft, so findet sich Folgendes zu bemerken:

Zu 1. Bezüglich der Staatsbahnen würden die Verträge sich sowohl auf die im Bau, als auf die im Betriebe besindlichen Linien zu erstrecken haben. Zu den ersteren sind auch diejenigen zu rechnen, bei welchen die eigentliche Bauausführung in Ermangelung der Fest stellung spezieller Vorarbeiten noch nicht begonnen hat.

Das bei dem Bau und Betriebe der Staatsbahnen beschäftigte gesammte Personal, würde hierbei, sein Einverftändniß vorausge etzt, in den Dienst des Reiches ühbernemmen werden, andernfalls würde das Reich nach dem Vorgange bei Abtretung der Preußischen Bank die Befriedigung ihrer gesetzlich begründeten Ansprüche zu übernehmen haben. Hiermit würde gleichzeitig das Reich die Verwaltung aller bei den einzelnen Staatsbahndirektionen bestehenden Penstont⸗, Kranken⸗ und sonstigen im Interesse der Beamten oder Arbeiter er— richteten Kassen nebst den betreffenden Fonds übernehmen. Der Kauf— preis würde, da die Absicht einer Bereicherung Seitens des einen oder anderen der vertragschließenden Theile selbstverständlich ausgeschlossen bleiben muß, in einer angemessenen, dem wirklichen Werthe der Ge— sammtheit der abzutretenden Staatsbahnen entsprechen den Entschä— digung bestehen. Die Berechnung des Wathes dieser als Ein Ob⸗ jekt zu betrachtenden Gesammtheit würde am Beften auf der Grund- lage des vom Staate verwendeten Anlagekapitals mit den Bauzinsen unter Berücksichtigung der seitherigen und zukünftigen Ertrageverhält- nisse nach billiger Veranschlagung erfolgen müssen und die Entschädi⸗= gung in der Form einer der Amortisation unterliegenden Rente zu gewähren sein.

Der Zeitpunkt der Uebernahme der im Betriebe befindlichen Bahnen wäre derart festzusetzen, daß alle bis zu demselben aufkom⸗ menen, wenn auch nach denselben zur Einziehung gelangenden Re— venüen dem preußischen Staate verbleiben.

Mir dem Eigenthum der Staatsbahnen werden zugleich alle Zubehörungen derselben, namentlich alle Rechte, welche dem Staate bezüglich der Bahnhöfe u. s. w. anderer Verwaltungen eingeräumt sind, sewie umgekehrt, alle Verpflichtungen, welche bezüglich der eigenen Bahn⸗=

an die Staatsbahnen anschließenden Bahnstrecken,

strecken vam Staate den angrenzenden Babnverwallungen eingerãumt

sind, auf das Reich übergehen. Hierher gehörer Pachtrechte, Mit⸗

henutzung rechte, Verwaliunge, Bariebg. und Mitkeiriebsrechie aller Art. Das Reich würde endlich mit der Uebernahme der Staats⸗ bahnen zugleich in alle von der bis herigen Verwaltung eingegangenen

4 und die daraus erwachsenden Rechte und Pflichten ein⸗ (Len.

Zu 2. Durch den Uebergang dei Eigenthums und der Verwal. tung der Staatseisenbahnen auf das Reich wird gleichzeiti⸗ die Noth wendigkeit bedingt, daß auch die Verwaltung und der Betrieb der nicht im Eigenthum des Staates stehenden Eisenbahnen auf das Reich übergeht, insoweit nicht etwa auf Grund der bestehenden Ver— wräge ven ren Eigenthümern gegen diefe Uebertragung ein berechtigter Widerspruch erhoben werden könnte. Bei Bahnlinien von geringer Ausdehnung würde diese Uebertragung unzweifelhaft im eigenen Interesse der Bahneigenthümer liegen, weil die Ausscheidung aus der Gefammi— heit der Staatzeisen bahnverwaltung und die Nolhwerdigkeit der Er— richtung besonderer Verwaltungestellen für solche Bahnstrecken auf die Rentabilität derselben sehr nachtheilig einwirken müßte. Auch bei Bahnlinien von solcher Ausdehnung, daß dieselben ohnehin einen selbständigen Verwaltungs apparat erforkein und auch obne die Unterstüͤtzung der oberen Leitung des Staatseisenbabmwesens sich den ihnen gebührenden Antheil an dem großen Verkehr zu sichern in der Lage sind, wird die fortdauernde Vereinigung der Verwaltung dieser Bahnen mit der Verwaltung der Staatseisen bahnen urzwefel⸗ haft im öffentlichen Interesse dringend erforderlich sein. Abaesehen davon, daß eine Trennung der oberen Leitung der Verwaltung so daß dieselbe künftig für die jetzigen Staatsbahnen durch bi⸗ Nichsregierun für die unter Staatsverwaltung stehenden Eisen⸗

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95er; 16 26 291 9rund⸗

. ĩ b J ] des Be⸗ s allgemeine In— des Ve ind der wirthschaftlichen Krãäft hn 1 Lardes: heile, welches neben dem finanziellen Interesse der Eigenthümer durch die obere Leitung der Verwaltung gewahrt werden soll, im höheren Grade zesichert er. scheinen, wenn die Summe aller Erfahrungen, welche sich aus der oberen Verwaltung der Staatéeisenbahnen künftig für die Reichsre—⸗ gierung ergeben, zugleich bei der oberen Verwaltung Lieser nicht fis— kalischen Bahnen ihre Verwerthung finden kann. Für den Uebergang der dem Staate hinsichllich der Veiw altung oder des Betriebes ĩ Uehrigen selbständig verwalteter

Elie

einzelner, im

Eisenbahnen zustetzenden Rechte auf das Reich wird auch ins Gewicht fallen, daß diese Rechte vielfach einer finanziellen Be—= theiligung des Staates an den Eisenbabnunterneh⸗ mungen sind.

Zu 3. Die Vermögensrechte, welche dem Staate an den ihm nicht ausschließlich gehörenden Eisenbahnen zustehen, sind eineiseits Antheilsrechte, welche der Staat durch die gemeinsame Aut führung von Eisenbahnunternehmungen mit anderen Staaten, oder durch die Betheiligung an dem Altien kapital von Privat⸗Eisenbahngesellschaften erworben hat, andererseits Berechtigungen verschiedener Art, welche theils auf vertragsmäßiger Bestimmung, theils auf hesetzlichem oder konzessionmäßigem Vorbehalt beruhen. .

In wie weit die Uebertragung der Miteigerthun unter Betheiligung anderer Staaten ausgeführten Essenbahnfstrecken deren Zustimmung bedarf, richtet sich nach den Bestimmungen der bezüglichen Staateverträge.

Die U hertragung der Aktienantheile des Staats an halb der Staatsgebietes belegenen Eisenbahnen auf das Reich er⸗ scheint aus dem Grunde gerechtfertigt, weil der Aktienbesitz des Staates wesentlich dazu bestimmt ist, den Einfluß desselben auf die Leitung der betreffenden Privat- Eisenbahnunternehmmungen neben dem staatlichen Aussichtsrechte zu sichern und mit der Uebertragung des letzteren auch das mit dem Aktienbesitz verburdene Stimmrecht für den Staat insofern seinen Werth verlieren würde Der gleichzeitige Uebergang der übrigen Berechtigungen ver— mögengrechtlicher Natur, welche dem Staate an den nicht in seinem Eigenthum befindlichen Eisenbahnen zustehen, auf das Reich recht⸗ fertigt sich im Wesentlichen dadurch, daß dieselben zum groen Theil den Besitz der preußischen Staatsbahnen zur Vorsussetzung haben.

Die bei verschiedenen Eisenbahnen dem Staate als Garanten ugleich übertrazene Verwaltung und Hetriebeleitun , sowie ein Theil derjenigen Berechtigungen, welche dem Staate für die Uebernahme er Zin' garantie eingeräumt sind, namentlich das Recht, unter ge⸗ wissen Voraussetzungen den Bttrieb der Bahn zu übernehmen, das die Bahn gegen Erstattung des Anlagekapitals zu erwerben, selbft das in einigen Fällen vorbehaltene Recht des unentgeltlichen Erwerbe einzelner Bahnstrccken würden für den Staat mit der Uebertragung der Stagtabahnen die besondere Bedeutung verlieren, welche sie durch die Einfügung der betreffenden Strecken in das Gesammtnetz und den Gesammtbetrieb der unter Staatsverwaltung siehenden Bahnen fi den Staat erhalten.

Insoweit diese Rechte den Besitz der setzen, würde deren Uebertragung zwar an wendig sein, immerhin aber der h der preußische Staat aller Einwirkung betreffenden Bahnen begeben hat.

Für die Abtretung dieser Rech nach Lage des ein, elnen Falles eine . Feftstellung vorbehaltene

an den

den inner⸗

MaM Recht,

Staatsbahnen nicht voraus⸗ sich nicht unbedingt noth— entsprechen, nachdem sich die Betriebsleitung der

* der näheren Ermitteln

gleicher Weise über die

Verpflichtungen des Staat nicht in seinem Eigenthum

Jehenden Ejsenbahne etroffen, wie solches unter 2 ̃ geschehen ist

Garantiepflicht, welche der Staat bei eit bahnunnternehraungen für die Zinsen des

gehört namentlich

Reihe von Prxivateisen ! lagekapitals, sei es, daß dasselbe in Aktien oder Obligationen besteht, übernommen hat. zieselbe bildet regelmäßig die vertrage mäßige

Gegegleistung der dem Stagte eingeräumten Rechte oder der Ueber— tragung der Verwaltung und des Betriebes an den Staat,

; so daß dieselbe schon aus diesem Grunde ebenfal

d s vom Reiche zu übernehmen ift. Insoweit die Verwaltung und Betriebsleitung der Bahn mit der Garantiepflicht verbunden ist, würde überdies durch die Tre nunz beider das Interesse der betriebleitenden Verwaltung an dem finanziellen Ergebnisse dersclben zum Nachtheil des Garanteg auf— gehoben werden. Insoweit die Betriebeleitung dagegen dem Bahn— eigenthümer verblieben ist, würde doch die im Faöteresse des Garanten erforderliche Kontrole derselben ihre praktische Bedeutung verlieren, wenn sie nicht von derjenigen Stelle ausgeht, welche durch die Ver— waltung ihres eigenen Eisenbahnbesitzes und die Ausübung der Auf— sichts befugniffe über die Eisenbahnen hierzu vorzugsweise geeignet ist. Eberso, wie die Garantiepflicht, würden auch alle sotftigen dem Staate hinsichtlich der ihm nicht gehörenden Eisenbahnen obliegenden vermögenzrechtlichen Verpflichtungen, soweit sie nicht als Zube— hörungen der einzelnen Staats bahnverwaltungen bereits durch die Bestimmung unter 1 übertragen werden, unter die vorliegende Be— stimmung fallen.

Zu 5. Mit der vollständigen Uebertragung der gesammten Staatseisenbahnveiwaltung auf das Reich erfcheint endlich auch der Ueberganz der Aufsichtsrechte des Staates über das Eisenbahnwefen geboten.

Dieselben Erwägungen, aus welchen in der allgemeinen Be— gründung des vorliegenden Gesetzentwurfs die Nothwendigkeit be— gründet ist, der Aufsichtsgewalt des Reiches durch die Uebertrazung des preußischen Stagtseisenbahnbesitzez die für die wirksame Aus— übung deiselben erforderliche materielle Grundlage und Unter— stützung zu veischaffen, rechtfertigen in gleicher Weise die Uebertragung der Aufsichtsbefugnisse des preußischen Staates über das Eisenbahnwesen auf das Reich. Ebenso wie die Aufsichtsgewalt des Reicheß, so, würde auch diejenige des preu— ßischen Staates ohne die gleichzeitige Einwirkung durch die Verwal= tung eigener Bahnen und ohne die durch dieselbe bedingte praktische Anregung Gefahr laufen, zu einer mehr formalen Anwendung gesetz⸗ licher und reglementarischer Vorschriften sich umzugestalten. Durch

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die Uebertragung dez staaflichen Aufsichtstechtes auf das Reich würde di: Ausübung ker Eisenbahnaufsicht eine wesentliche Stärkung er. fahren. Die nachtheilige Schwächung, welche für die Gesammt— wirkung der gesetzlichen Aufsicht durch die gegenwärtigze Theilung derselben zwischen Reich und Landesregierung nothwendig herbeigefũhrt wird, muß bei einem ausgedehnten Staategebiete, wie das preußische, sich in höherem Grade fählbar machen. Jede, wenn auch nur in der Auffaffung oder Behandlung des einzelnen Falles hervortretende Vr— schiedenheit zwischen den Reichs⸗ und Staatabehörden gewinnt eine um so größere Tragweite, je weiter sich das Gebiet erstreckt, welches durch eigen ctwaigen Mangel an Uebertinstimmung Ferührt wid. Die Vereinigung der getrennten Befugnisse in der Hand des Reichs maß daher an und für sich als der sicherfte und einfachste Weg an— gesehen werden, um die volle Wirkung des gesetzlichen Auf sichtsrechts zu erreichen und dauernd sicher zu stellen.

Für das Gebiet der preufssschen Eisenbahnen steht dieser Lösung ein Bedenken nicht entgegen. Der Verzicht auf die dem Staate ver⸗ hliebenen Aufsichtsbefugnisse entspricht im Gegentheil dem wohlver⸗ standenen Interesse des Staates, damit die wirkung volle Autübung derselben durch die höhere Machtstellung des Reiches und Purch die in dem weiteren Reichsgebiete aus dem Betriebe und der Verwal⸗ tung der Reichsbahnen, wie auz der Aufsicht über das gefammte deutsche Eisenhahnnetz erwachsende Kenntniß der Betriebs. und Ver— kehrsverhältnisse die gesicherte und unentbehrliche Grundlage erhält.

Bei der Abtretung der Aufsichtsrechte des Staates an daz Reich verden dagegen alle diesnigen Befugnisse auszuscheiden sein, welche lediglich die Wahrung der Landezinteressen betreffen und demgemãß der Landesregierung zu belassen sind. Hierher würde namentlich die Anwendung der gesetzlichen und polizeilichen Vorschriften zum Schutze der Adjazenten von Cisenbahnen die Wahrung der Interessen der öffent⸗ lichen Wege, Ströme, Kanäle, Häfen z. die Rechte des Staates in Be— zug auf die Enteignung des Grundbesitzes zum Zwecke von Eisenbahnan⸗ lagen, endlich die Aufsicht üer die Erfüllung derjenigen Bedingungen und Verpflichtungen zu rechnen sein, welche den Eisenbahnen im Interesse der betreffenden Landestheile in den Konzessioren oder besonderen Verträgen etwa auferlegt sind. Aus demsel ben Grunde würden auch die Hoheitsrechte des Staates bezüglich der Konzessionirung von Eisenbahnen von der Uebertragurg auf das Reich aus juschlichen sein. So wesentlich die Mitwirkung des Reiches bei der Prüfung der Konzessionegesuche aus dem Gesichts⸗ punkte erscheinen muß, um die Interessen der Landes vertheidigung und des allgemeinen Verkehrs sowohl hinsichtlich der Erwei⸗ terung des gesammten inländischen Eisenbahnnetzes, als auch hinsichtlich der Gestaltung der einzelnen Verwaltungsgebiete zu wahren, so ist doch, abgesehen hiervon, die Anlage neuer Cisenbahnen mehr noch für die Landes als für die Reichsinteressen von Bedeu— tung, Es muß dies umsomehr angenommen werden, als nach er Ausführung der bis jetzt genehmigten Bahnen der Ausban der Haupt⸗ Fahnen nahezu vollendet sein und die Fürserge für die Herstellung der lediglich lokalen Interessen dienenden Nebenlinien mehr der Landes— regierung, als dem Reiche zufallen wird.

Durch die im §. 2 des Gesetzentwurfs enthaltene Bestimmung ist die verfassungsmäßige Genthmigung det Vertrages, hinsichtlich der Uebertragung der das fizkalische Interesse berührenden Rechte und Pflichten vorbehalten worden

* J

weitesten Umfange sich empfiehlt,

gen in der Organisation der

Behönden duich die vorgängige Prüfung d:s Staatshaushalts Etats ohnehin zur Kognition der Landesvertretung gelangen würden.

Landtags⸗ Angelegenheiten.

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Berlin. Die X. Kommission des Herrenhauses zur Berathung

der Gesetzentwürfe: 1) betreffend die Aushebung exemtionen Nr. 37 der Dꝛucksache gelische Kirchenverfassung alt mo v Monarchie besteht z sitzen der Elwange ßenden Bredt, Schriftführer, Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode, Stellver

ter des Schriftführers, v. Waldaw und Reitzenstein, Graf zu Dehna Finckensteir, Ur. v. Goßler, De. Dove, Fleck, Dr Heseler, 2. Rath, Graf v. d. Schulenburg-Angern, Henrici, v. Kleist⸗Retzow,

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zraf v. Keassow. ; ommission des Herrenhauses zur Berathung der ürfe: 1) betreffend Zaständigkeit der Verwaltungs- riogltungsgerichtsbehörden im Ge der ; ie Befähigung mmengesetzt aus af zur Lippe, v. Gordon, Hasselbach, Graf zu Eulenburg, Knebel-⸗Doeberitz, v. Thaden,

1 ö C J 8 X erren: tzenplitz, 9 69 1

hl 2 54 , * 8 Stellvertreter des Schuhmann, We

Fürst zu Salm -Reiffericheid Dyk, Dr. Sulzer,

* =. Ktoy Stellvertreter

* ) 7

. 1 er * 4 Er,

v. Forcken beck, D. Dernhurg, v. v. Winterfeld.

Ueber das Resultat der zwischen Vertranens männern der Frak— tionen des Abzeordnetenhauses stattgehabten Besprechungen bezüglich der zum Berichte der Eisenbahn-Untersuchung s kom mission zu stellenden Resolutionen theilt die „Nat. Ztg.“ mit, daß die nationalliherale Fraktion die Laskerschen Vorschläge: die preußische Regierung aufzufordern, eine Aenderung des Aktien zefetzes beim Bun— desrathe dahin zu beantragen, daß die Aufsichtsrechte des Staata, sofern das öffentliche Interesse es erheischt, vermehrt, die Verant— wortlichkeit und Ersatzpflicht der Gründer verschärft und die Aktio— näre in ihren Rechten besser geschützt werden, angenommen und den übrigen Fraktionen zur Kenntnißnahme mitgetheilt hat.

Die Synodalordnungskommission des Abgeordneten⸗ hauses hat den von der kirchlichen Gesetzgebung handelnden Art. 12 nach eingehender Ditkussion erledigt. Nach der „N. L. C.“ hat die Kommission hierbei folgende Grundsätze angenemmen: 1) die Staats gesetze gehen den Kirchengesetzen vor. (Antrag Gneist.. 2) Kirch— liche Gesetze oder Verordnungen, welche im Widerspruch mit den Staatsgesetzen stehen oder treten, sind durch Königliche Verordnung auf Antrag des Staats-Ministerinms außer Kraft zu setzen. (Antrag Wehrenpfennig.) 3) Die Verordnung ist dem nächsten Landtag zur verfassungsmäßigen Genehmigung vorzulegen. (Antrag v. Bendu). 4) Die Sanktion eines von der Provinzialsyzode oder von ver Generalsynode beschlossenen Gesetzes darf bei dem König nicht eher beantragt werden, als bis durch eine verantwortliche Erklärung des Staats. Ministeriums fest⸗ gestellt worden ist, daß gegen das Gesetz von Staatswegen nichts zu erinnein ist. In der Vertündigungsformel ist die Feststellung zu er— wähnen. (Antrag Wehrenplennig) 5) Die Bestimmungen dieses Artikels gelten auch in dem Bezirk der Kirchenordnung vom 5. März 1835 für die Provinz Westfalen und die Rheinprovinz (Regierungs— vorlage).

Statistische Nachrichten.

Im statistischen Bureau sind jetzt die Einzelheiten der letzten Volkszählung zusammengestellt worden. Die Gesammtbevölke⸗ rung der preußischen Monarchie ist danach seit 1871 von rund 24, 600,000 auf 25,3700 000 Einwohner gestiegen, mithin um l, 190, 00 oder 4 *. Die Zunahme der Kevölkerung tritt am stärksten in der Stadt Berlin hervor, wo sie 17 * betrug, darauf folgen der Regierungsbezirk Arneberg mit über 13 *, die Regierungshezirke Potsdam und Düssldorf mit 10 3 und der Regierungsbezirk Wieg— baden mit über 7 x. Zunächst kommen dann die Lauddrostei Han. nover und der Regierungsbezirk Cöln.

(A. 3) In dem jetzt zu Ende gehenden Winterbalbf ihr studirten auf den 17 Universitäten des Deutschen Reichs,

welche evangelisch⸗theologische Fakultäten haben, 1565 Therlogie, 72 weniger als im letzten Scmmerh albjahr, und zwar in folgender Vertheilung: Leipzig 357, Tubingen 233, Halle 187, Berlin 162, Erlangen 134 Göttingen 78, Jena 64, Bonn 51, Kiel 50, Straßburg 50, Marburg 46, Königs erg 44. Breslau 39, Greifz= wald 33, Rostock 25, Gießen 23, Heidelberg 9; gegen das Sommer⸗ semester hat Berlin um 40 zugenommen, und damit den Platz vor Erlangen gewonnen, wogegen Straßburg hizter Bonn, Köͤaigsberg hinter Marburg, Rostock hinter Greifswald zurücgetreten ist

Stuttgart, 25. März. Die Frühjahrsprüfungen für Ein

zrig⸗Freiwillige haben in der Zeit vom 13 —24. d. Mit.

gefunden. Zu der Prüfung waren 167 Bewerber zugelassen wor⸗ den, wovon 9 nicht erschienen, beziehungsweise wäbr⸗nd der Prüfung zurückgetreten sind. Es wurden somit geprüft 93 Kandidaten, von welchen 40 (alio ungefähr 40 0½) die Prüfung bestanden, 58 wegen ungenügender Kenntuisse zurückgewiesen werden mußten.

Gewerbe und Sandel.

Das Sinken des Silbervpreises und die damit im engsten Zusammenhange stehende Münzfrage beschäftigt die Presse dauernd und zieht als internationale Frage fast alle Staaten in Mit— leidenschaft. In Frankreich und den Staaten der laleinischen Münz— konvention ist die Silberfrage eine geradezu brennende geworden, und die Verhandlungen in der Sitzung des französischen Senats vom 21. d. M., namentlich aber die Rede dez Hmm. E. de Parieu hat gezeigt, ein wie starkes Gewicht die Argumente haben, die für die Einführung der reinen Goldwährung in Frankreich geitend gemacht werden. Die Stellung Dentschlaads zu dieser Frage wurde in der K. 3.“ unter dem 20. 8 M. fo gendermatzen charakterisirt: Was aber igsbesondere Deutschland angeht, so pflichten wir gern den Stimmen bei, welche Deutschland beglückwünschen, daß es, nachdem einmal die Goldwährungetheorien die Geister zu bchertschen und die Gesetzgeber zu beunruhigen anfiggen, rechtzeitiz seinen Gatschluß ge⸗ faßt hat. Deutschland kann nun vorläufig mit verbältnißm iger Ruhe der weiteren Eatwickelung der münzpolitischen Krise am Welt— markt zusehen und ihre Lösung abwarten. Die bewährte staatamän⸗ nische Leitung, die unsere Münzreform soweit glücklich geführt hat, wofür wir wohl den preußischen Finanz- Minister an erster Stelle kennen dürfen, wird uns heffentlich nicht minder glücklich auch weiter führen.

Die „B. Börs. Ztg.“, die sich in einer Reihe von Artikel? ein— gehend mit dieser Frage beschäftigte und deshalb an dieser Stelle schon früher erwähnt ist, giebt folgende statistische Schätzungen über die Silber⸗ und Goldvroduktion. Es betrug danach bie jährliche Silbergewinnung ung-fähr:

um das Jahr 1800

um das Jahr 1846 . 1851 —1860 durchschnittlich . 1861 —1870 ö 2.660, 0009 1871 —1874 . 6e

Berechnet man den Werth des Silbers noch nach dem früheren gewöhnlichen Satze von 30 Thlr. oder g0 MS für das Pfand Silber und vergleicht den so gefundenen Werth der Produktion dieses Edel metalls mit demjenigen des Goldes, so ergiebt sich folgende an. näherude Schätzung für die gesammte Gewinnung in der Periode von Anfang des sechszehnten Jahrhunderts bis auf die Gegenwart:

Gold Sil ber Mill. Mark Mil. Mark

12,400 26 500 2 . 12, 600 242090 , 1,750 1,360

Die hier angegebenen Schätzungen für die Gold. und Silber— produktion während der letziverflossenen Jahre (1971 —74) werden

vielleicht auf Grund vollständigerer Nachweise noch modifizirt Artikel

1.802.000 Pfd. 1B7 80, 0M) 2089000 ,

n,

von 1800 bis 1848.

werden. Die „A. Z.“ bespricht in einer Reihe fortlaufender Sinken des Silberpreises und das inte Verhältnisse und diejenigen O Berücksichtigung. V Da

Diese e ĩ ion Ter

heil auf große von Jah mit einander Die Gesammtproduktion war nach amtlichen Quellen: Jahr Gold Silber

162.090.0090 159,867, 009 172, 161,000 187, 92,000 186, 960, 000 162, 000, 100 162, 009, 009 162,002,000 162, 000,000 162 000, M1) 186,000 000 2066, 000.00 208, 00 0, 000 202, 000, 0090 230 600,900 286, 09090, 600

1800 62,496,900 1846 175,351,500 1849 312,466, 050 1859 350, 437,950 1831 414.063, 900 1852 730, 000,000 1853 620 0000090 1854 ö d, M 000 1856 590, 00,000 1858 98 000 009 1862 430,009, 000 1864 452, 00, 000 1265 180, 06, 6060 1866 484,009,000 13873 414,000,000 874 562, 000.000 1875 388 006,009 322,000, 000 Da also die Produktion des Goldes im Sinken und die des Silbers im Steigen begriffen ist, und da das Gold gegenwärtig fast achtzehnmal weniger Transportkosten erfordert als das Silber, jo glauben wir hinlänglich erwiesen zu haben, daß von einer Disquali— fikation des Goldes als Werthmesser durch Ueberproduktion und Fallen des Preises unter den gegeuwärtigen Verhältnissen keine Rede sein kann.“

Inzwischen bringt die ‚E. E.“ die folaende Mittheilung, die wir hier wegen der darin enthaltenen statistischen Angaben heranziehen: Der parlamentarische Sonderausschuß zur Untersuchnag über das Fallen der Silberpreise nahm gestern seine Thätigkeit wieder auf. Es wurden mehrere Sachperständige, Theilhaber angesehener hiesiger Firmen im Edelmetallgeschäft, sowie einer der Redakteure des „Economist“ zu Rath gezogen. Nach der Angabe Sir Hector Hay's hat sich die gesammte Silberproduktion von 8, 000 000 E im Jabre 1852 auf 16060, 6004 im Jahre 1875 gesteigert und betrug 1868 1015000 K, ist 9509 600 . 1870 158315100 *, 1871 1,510,090) , 1872 13,B,050 000 R, 1873 16020 000 *. 1874 14300900 E, 1875 16,190, 0)09 . Die Hälfte der Gesammt⸗ produktion treffe auf die Vereinigten Staaten. ctwa ein Drittel auf Mexiko und Südamerika, der Rest, ungefähr 2000 604 im Jahre, auf alle anderen Länder, England selbst mit einbegriffen. Die Ent münzung des Silbers in Deutschland sei unnöthiger Weise ein Grund für den Fall des Silberwerthes geworden; der entmünzte Betrag sei au und für sich ungenügend gewesen, um eine solche Entwerthung herbeizuführen, aber die Furcht, daß deutsches Silber in größerer Menge auf den Markt geworfen werde, habe hauptsächlich die Preise gedrückt. Wenn nicht Frankreich das Silber entmünze, müsse danel be in wenigen Jahren seinen. Werth wieder gewinnen. Ein anderer Sachverständiger hielt die obigen Ziffern für zu niedrig gegriffen, und 18,000,900 A für die annähernde Gesammtsumme der jährlichen Silberproduktion.

Verkehrs⸗Anstalten.

New⸗York, 25. März. (W. T. B) Der Dampfer „Hollsnd“ der National ⸗Dampfschiffs Compagnie (S. Messimesche Linie) ist hier eingetroffen.