von Bayern in Anerkennung seiner hervorragenden Leistungen die Geheimrathswürde verliehen und ihm diese Auszeichnung in einem sehr huldpollen eigenen Handschreiben mitgetheilt worden.
— 29. März. (W. T. B.) Die Mittheilung einiger Blätter, daß ein Theil der liberalen Kammerfraktion, beziehungsweise der linke Flügel derselben, eine besondere „freie Vereinigung“ bilden werde, wird von gut unterrichteter Seite als vollständig unbegründet bezeichnet.
Sachsen. Dresden, 29. März. Die Erste Kammer nahm in ihrer gestrigen Sitzung den Gesetzentwurf über die Entschädigung der Geistlichen und Kirchendiener mit geringen Aenderungen in der Fassung der Zweiten Kammer an.
— In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde nach längerer Diskussion die Novelle zu dem Gesetze über den Landeskulturrath mit mehreren von den Referenten vor⸗ geschlagenen Abänderungen gegen 12 Stimmen angenommen. Hierauf bewilligte die Kammer den Etat des Ministeriums des Auswärtigen und die Ausgaben für das Deutsche Reich. Eine kurze Debatte veranlaßte der Antrag der Majorität der Deputation, die Postulate für den Gesandten in Wien und den Weinisterresidenten in München abzulehnen. Die Kammer be⸗ willigte jedoch, dem Anrathen der Minorität der Deputation entsprechend, die gedachten Postulate mit 34 gegen 31 Stimmen.
Württemberg. Stuttgart, 28. März. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten (der ersten nach der Vertagung) sind laut Bericht des „St.. . f. W.“ folgende Anträge in Bezug auf das Eisenbahnwesen eingelaufen:
. Antrag von Schmid, v. Sarwey und etwa 36 Gen.: die hohe Kammer wolle
a) Der Königlichen Regierung gegenüber aussprechen: Die Abhülfe der Mißstände, welche im deutschen Eisenbahn⸗ wesen bestehen, sei durch das Zustandekommen eines im Sinne der Bestimmungen Art. 46, 8 und Art. 41 —47 der Reichs⸗ verfassung zu erlassenden Reichseisenbahngesetzes anzustreben, nicht aber durch Erwerbung irgend eines Komplexes deutscher Eisenbahnen auf Rechnung des Deutschen Reiches; b) die Königliche Regierung ersuchen, dieselbe möge allen Maßnahmen, welche auf eine Uebertragung von Eisenbahnen auf das Reich abzielen, ihre Zustimmung im Bundesrath versagen.
II. Antrag von Dr. Elben u. Gen. (Pfeiffer, Wächter, Finckh, Müller): Die Kammer möge beschließen: 1) die Regie⸗ rung zu ersuchen, sie wolle auch im jetzigen Stadium für das Zustandekommen eines wirksamen Reichs⸗Eisenbahngesetzes, durch welches in Ausführung der Bestimmungen der Reichs verfassung die aus der Zersplitterung des Eisenbahnwesens in einem großen Theil Deutschlands entspringenden volkswirthschaftlichen Schãden beseitigt werden können, nach Kräften thätig sein; 23) sie wolle, wenn der Ausgang der Verhandlungen über die neueste preußische Eisenbahngefetz vorlage nur die Wahl läßt zwischen der Uebernahme der preußischen Staatsbahnen auf das Reich oder
er einseitigen Hinlenkung der preußischen Eisenbahnpolitit auf
Schaffung eines über die preußischen Staatsgrenzen hinaus⸗ reichenden Uebergewichts des preußischen Eisenbahnsystems, sich für die Reform durch das Reich entscheiden.
IIl. . Oesterlen und Genossen stellen folgende Anfrage an
den Minister der Auswärtigen Angelegenheiten: In Erwägung, daß in politischer, finanzieller und wirthschaftlicher Beziehung das Wohl Württembergs, wie die föderatibe Grundlage des Reiches durch die preußische Vorlage wegen Uebertragung preußischer Staatsbahnen auf das Reich gefährdet ware, beehren sich die Unterzeichneten, den Herrn Minister darüber zu interpel⸗ liren: a. Was ist der Königlichen Staatsregierung über die Ab⸗ sicht der preußischen Regierung in dieser Hinsicht bekannt? b. Welcher Rechtsanficht ist die Königliche Regierung über die Frage, ob die preußischerseits geplante Uebertragung von Eisenbahnen an das Reich im Bundesrath durch einfache Stimmenmehrheit beschlossen werden könnte, oder ob sie eine Verfassungsänderung (Art. 78) involvirt? c. Ist die Königliche Regierung der Ansicht, daß für eine etwaige Zustimmung im Bundesrath die Zustimmung der württembergischen Landes— vertretung nöthig ist? d. Welche Stellung nimmt die Königliche Regierung ein bezüglich der Tarifreform 2c. im Eisenbahnwesen? Unterzeichnet ist diese Interpellation von Mohl, Schwarz, Probst, Retter, Hopf, Gutheinz ꝛc.).
Präsident v. Hölder wird diese Anträge und die Interpella⸗ tion auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen (Don⸗ nerstag) setzen.
Baden. Baden-Baden, 29. März. (W. T. B.) Die Königin Victoria ist mit der Prinzessin Beatrice und Ge⸗ folge heute Nachmittag 4 Uhr hier eingetroffen und in der Villa Hohenlohe abgestiegen. Lord Derby traf ebenfalls heute Nachmittag hier ein.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 28. März. Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl von Preußen ist mit Höchstseiner Gemahlin vorgestern in Linz angekommen und gestern von dort über Salzburg nach Italien weitergereist.
— Vorgestern waren in Prag die altczechischen Landtags⸗ abgeordneten versammelt, um die Antwort auf die Aufforde⸗ rung des Oberst⸗Landmarschalls zum Erscheinen im Landtage zu berathen. In dieser Versammlung wurde, wie die „Politik“ berichtet, „der Tiroler Landtagsmajorität für deren mannhaftes Auftreten gegen die alle Autonomie der Länder erdrückende Centralisation und der Landtagsmajorität in Zara für deren entschiedenes Ver⸗ urtheilen der politischen Korruption die wärmste Zustimmung ausgesprochen!.
—— Die „N. Fr. Pr.“ bespricht in ihrem heutigen Leitartikel die wirthschaftliche Krisis in Oesterreich, der sie wiederum die Entwerthung des Silbers zur Last legt. „Die Krise“, schreibt das genannte Blatt, „welche zuerst über die Aktien der Banken und über Indu striepapiere hereingebrochen, frißt weiter wie ein verheerendes Element und erfaßt nun die solidesten An⸗ lagewerthe Mitten im Frieden, und ohne daß auf dem ge— sammten Gebiete der inneren und äußeren Politik irgend ein beunruhigendes Ereigniß eingetreten wäre, fallen unsere Renten⸗ course ruckweise um mehrere Prozente, und damit parallel lãuft ein ebenso sprungweises Steigen der Goldeourse. Der Zu⸗ sammenhang beider Erscheinungen liegt klar zu Tage, sie be⸗ herrschen seit Wochen unseren Effektenmarkt, und Jene, welche unsere Artikel über die Mittel, der Krise ein Ziel zu setzen, ihrer Aufmerksamkeit würdigten, haben wohl schon erkannt, daß in der Entwerthung des Silbers und in dem Emporschnellen des Goldpreises die allgemeine, die große Ursache der Kalamität zu suchen ist, welche über unfer Land hereingebrochen ist.“
In demselben Blatt äußert sich auch Prof. Soetbeer wieder über die gleiche Frage. Derselbe verwirft den Vorschlag
der Herren Wolowski, Cernuschi, Seyd, Mees und Anderer, ein Uebereinkommen der großen handeltreibenden Nationen wegen gemeinschaftlicher Feststellung einer gleichmäßigen Werthrelatlon der Edelmetalle für das Münzwesen und damit eine fast unerschütterliche Stabilität des effektiven Geldes an⸗ zubahnen. Nachdem Prof. Soetbeer die allgemeine Preis⸗ steigerung auf 50 Proz. berechnet hat, fährt er fort: Wenn wir auch bereitwillig einräumen, daß die Entwicklung des Kreditwesens und die Papiervaluta in den Vereinigten Staaten, Italien, Oesterreich⸗Ungarn und Rußland zum jetzigen Minderwerthe des Geldes wesentlich beigetragen haben, so können wir doch den Hauptfaktor für die Steigerung der Preise nur in der gewaltigen Zunahme der Baarmitte! durch die kolossale Gold⸗ gewinnung in Kalifornien und Ausstralien erkennen. Die seit einigen Jahren eingetretene progressive Zunahme der Silberproduk⸗ tion bedroht uns jetzt von anderer Seite her mit einer weiteren Werthverminderung des Geldes. Die gleichzeitig wirksam ge⸗ wordene beginnende Werthverminderung des Silbers wird hiergegen Abhülfe gewähren. Wenn man erwägt, wie schädlich und störend in allgemeiner sozialer Hinsicht das Schwanken des Geldwerthes und namentlich ein starkes Sinken desselben wirkt, wie schwierig und langsam die sachgemäße und der Billigkeit entsprechende Ausgleichung der Geldeinkommen und der Kosten des Lebensunterhalts nach eingetretenen Preis⸗ revolutionen ist, so muß man es als eine Wohlthat ansehen, daß die jetzt im Werke begriffenen Münzreformen den Silber- preis hinabdrücken und in den vorgeschrittenen Kulturländern das Silberkourant beseitigen werden. Möglichste Stabilität des Geldwerthes, der jetzt mit der Kaufmacht des Goldes zusammen— faͤllt, ist eine zu wuͤnschenswerthe Sache, als daß fie, soweit solche überhaupt zu erreichen ist, nicht durch vorübergehende und einzelne Kreise treffende Opfer und Unzuträglichkeiten, wie sie die , des Silbers mit sich fuͤhrt, erkauft werden ollte.“
Pest, 28. März. Im Abgeordnetenhause wurde der Antrag 3sedenyi's, wonach sich die Sektionen erst nach den Feiertagen konstituiren sollen, angenommen. Die Mini ster r , nach Wien, wo dieselben bis Mitte April verbleiben.
Schweiz. Bern, 28. März. (N. Zürch. Ztg. Gegen das Militärsteuergefetz sind bis jetzt bei der Bundeskanzlei 263381 Unterschriften eingelangt: aus St. Gallen 7067, Wallis 3858, Appenzell A.⸗Rh. 1375.
— Köln. Ztg.) Die Gotthardbahn⸗Direktion be⸗ zeichnet die Nachricht, daß sie dem Bundesrath erklärt habe, sie halte sich gegenüber seiner offiziellen Kontrole des Gotthardbahn baues für dessen gegenwärtige Krisis nicht verantworilich, für ungenau.
Großbritannien und Irland. London, 28. März. (G. C.) Ueber die Ankunft des Prinzen von Wales in Suez und seinen Empfang in Kairo wird der Times von ihrem Spezial⸗ Korrespondenten berichtet: ‚„Als der „Serapis“ und das britische Geschwader auf der Rhede von Suez ankerten, wurden sie von den ägyptischen Kriegsschiffen begrüßt. Lord und Lady Lntton, Oberst Burne mit Gemahlin, Tscherif Pascha, Mustafa Pascha, General Stanton, Hr. Gordon, Hr. v. Lesseps, Kapitän Willoughby und andere wurden an Bord des „Se⸗ rapis!“ zum Frühstück empfangen. Lord Lytton hatte eine lange Unterredung mit dem Prinzen und begleitete ihn zum Bahnhof, wo er herzlichen Abschied nahm. Ein Extrazug brachte den Prinzen nach Kairo, und hier erwarteten der Khedive und die Prinzen, der Groß⸗ fürst Alexis von Rußland mit Gefolge und viele hochstehende Persönlichkeiten seine Ankunft. Um 6 Uhr Abends fuhr der Prinz mit dem Khedive und von einer staͤrken Ehrenwache be⸗ gleitet zum Palast Gezireh. Der Khedive verabschiedete sich nunmehr von dem Prinzen, der mit dem Großfürsten Alexis speiste und darauf die Oper besuchte. Kairo ist sehr voll. Heute stattete der Prinz dem Khedive einen Privatbesuch ab und unterhielt sich lange mit ihm. Nach dem Besuche des Prinzen hatte Sir Bartle Frere eine Unterredung mit dem Khedive sowie auch mit General Stanlon und Herrn Rivers Wilson. Lord Alfred Paget reiste heute Morgen nach Italien ab. Der Prinz nahm das Diner mit dem Großfürsten Alexis im Palast El Noussa ein. Am Sonnabend tritt der britische Thronfolger die Reise nach Malta an und der Groß fürst be⸗ gleitet ihn dahin auf einer russischen Fregatte.
— Der „Morning Post“ zufolge sind die Berichte über eine Reise der Kaiserin Eugenie und des Prinzen Louis Napoleon nach Deutschland aus der Luft gegriffen und hat weder sie noch der Sohn Chislehurst verlassen.
— Die indische Titel vorlage bleibt der Hauptgegen— stand, in welchem sich gegenwärtig das ganze politische Interesse vereinigt. Im Oberhause steht für den 30. die zweite Lesung auf der Tagesordnung, welche von der Opposition als solcher nicht beanstandet werden wird. Es steht indessen ei Amendement Lord Shaftesburys auf der Liste, welches vom Herzog von Bucclench befürwortet werden und dem Vernehmen nach die Unterstũtzung der Oppofition überhaupt erhalten soll. Im Unterhause soll gleich⸗ zeitig der Marquis of Hartington den Premier erfuchen, der Königin den Rath zu geben, sie möge den Erlaß der Prokla— mation über Annahme des neuen Titels hinausschieben, bis das Unterhaus Gelegenheit gehabt, den Antrag Prof. Fawcetts, der mit der Motion Shaftesbury im Oberhause der Hauptsache nach übereinstimmt, zu erörtern.
— Der „Times“ wird unter dem 26. d. aus Calcutta berichtet: Die Angelegenheiten in Khelat find noch nicht geord—⸗ net und unlängst fand zwischen den Bahoa⸗Häuptlingen und dem Khan ein Gefecht statt, in welchem der Letztere gänzlich geschlagen wurde. Major Sundeman, der bei den Stämmen großen Einfluß besitzt, geht nach Khelat, um über Beilegung der Streitigkeiten zu unterhandeln, und eine Truppenes korte begleitet ihn. Seinem Berichte zufolge ist thätliches Einschreiten unnöthig, da die indische Regierung gegen keine der beiden Parteien Ver⸗ pflichtungen hat. .
Frankreich. Paris, 28. März. Der „Köln. Itg.“ wird geschrieben: Die Politik der Tagesblätter bewegt sich noch immer wesentlich um Waddingtons Entwurf zur Reform des Unterrichtsgesetz es, ünd ste erweitert sich zu einem allgemeinen Wortkampf des liberalen Heerlagers gegen das klerikale. Das letztere thut, was es immer und überall zu thun gewohnt ist, es, jammert über Verfolgung und Bedrückung. Aus der Einstimmigkeit der liberalen Presse aber ist deutlich zu ersehen, wie sehr der Klerus auch hier durch seine Herrschgelüste und durch seine Art sich geltend zu machen, die öffentliche Meinung gegen sich auf⸗ gebracht hat. Die neuesten Proteste bes P apste s
gegen die Toleranz in Spanien sind nicht ohne Einwir⸗ kung auf die Stimmung in Frankreich. Indem sie dem Volke zeigen, was es von der „Freiheit“ des Ultramontanismus zu erwarten haben wjrd, dienen sie dazu, die antiklerikale Stim⸗ mung zu verstärken. — Der franzoͤsische Episkopat, der zur Gründung der katholischen Universitãt in Paris einen Verband geschlossen, wird sich morgen im erzbischöflichen Palast zu Paris versammeln und sich unter Kardinal Guikerts Vorsitz mit den Maßregeln zur Entwicklung dieses Werkes, zugleich aber auch mit Waddingtons Gesetzentwurf beschäftigen.
Versailles, 29. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde bei Gegelegenheit der Prüfung der Wahl des republikanischen Deputirten Gun ho für das Departement Finistère von dem bonapartistischen Depu⸗ tirten Prag ⸗Paris der Majorität des Hauses der Vorwurf ge⸗ macht, daß es ihr an Unparteilichkeit fehle und daß ste nur die Wahlen ihrer politischen Gegner für ungiltig erkläre. Nach leb⸗ hafter Debatte wurde die Wahl Guyho's bestätigt.
— 29. März. (W. T. B.) Der Konseilpräsident Du⸗ faure und der Minister des Innern, Riegrd, haben sich in der Kommission des Senats gegen eine allgemeine Amnestie ausgesprochen, dagegen für Begnadigung Einzelner.
Spanien. Es haben sich, wie man der „Köln. Ztg.“ schreibt, viele Freiwillige gemeldet, die sich noch den nach Cuba zu schickenden Verflärkungen aaschließen wollen. Neuerdings wurden wieder zwei Kavallerie⸗Regimenter nach der Insel geschickt. Seit der Besiegung der Carlisten ift die Beendigung des Aufstandes 2 noch eine Frage der Zeit und es giebt keine cubanische Frage mehr.
— Köln. Ztg. Das Breve des Papstes an den Kardinal-⸗Erzbischof von Toledo, dessen Veröffentlichung durch den letzteren den Grund zu einer Interpellation in den Cortes gab, ist vom 4. März datirt. Pius TX. bezieht sich im Eingang auf ein Schreiben des Kardinals, in welchem derselbe ihm von seiner an die Cortes gerichleten Petition für die Glaubenseinheit in Spanien Mittheilung gemacht hatte. Hier⸗ durch und durch die zahlreich aus allen Theilen Spaniens er⸗ schallenden Bitten bewogen, habe er seinen Nuntius nach Madrid gesandt, mit dem Auftrage, bei den Kammerdeputirten, den Ministern und dem Könige selbst mit aller Energie dahin zu wirken, daß die letzten Spuren der beklagenswerthen Kevolutionen der Jüngstzeit verwischt würden und das Konkordat vom Jahre 1851 nebst den später darauf abgeschlossenen Verträgen wieder in seine alte Rechte trete. Das Breve fährt dann fyort:
Und da die Verfassung von 1869 eine schwere Vergewaltigung gegen diesen Vertrag enthielt, eine Vergewaltigung, der man durch die Proklamirung der Kultusfreiheit Gesetzeskraft gab, so wandte unfer Nuntius gemäß den von uns empfangenen Instruktionen seinen gan⸗ zen Einfluß an, diesen Vertrag wieder in Kraft treten zu lassen, mit energischer Zurückweisung jeder Neuerung, die ihrer Natur nach der religiösen Einheit hätte schaden können. Gleichzeitig erachteten wir es für unsere Pflicht, dem katholischen Könige in einem eigenhändigen Schreiben unsere Änsichten in diesem Punkte auseinanderzusetzen. Selbst dann noch, als die spanische Presse den Text des neuen Ver⸗ fassunsentwurfé veröffentlichte, wie er den Cortes zur Berathung dor⸗ gelegt werden sollte und defsen eilftes Kapitel sich auf die gesetzliche Billi⸗ gung der Freiheit oder Duldung der nichtkatholischen Religiensbekennt⸗ nisse bezieht, selbst dann noch haben wir unserm Kardinal⸗ Staats sekretãr aufgetragen, dem Vertreter der spanischen Nation unter Zu zrunde— legung des in Frage stehenden vom 13. August 1875 datirfen Doku⸗ ments unsere auf Recht und Pflicht begründeten Einwürfe gegen das genannte Kapitel auseinanderzusetzen. Als die spanische Regierung uns hierauf mit einer Anzahl von Augeinanderfetzungen erwiderte, haben wir noch einmal die gleiche Klage erhoben, und unser Nuntius in Madrid fuhr fort, in seinen Konferenzen mit dem Staats Mi— nisterium zu verlangen, daß seine Beschweiden den öffentlichen Akten des Ministeriums eingereiht würden. Und trotz alledem erlebten wir den tiefen Schmerz, zu sehen, daß unsere eigenen Bemühungen wie die des Kardinal-Staatasekrerärs und unseres Nuntius zu Madrid gleich fruchtlos blieben. Noch einmal protestiren wir im Verein mit den Bischöfen und dem größten Theile der Gläubigen Spaniens dagegen, daß die Tole= ranz der nichtkatholischen Kulte Gesetzeskraft erlangt, wir protestiren dagegen als Lien eine Verletzung der Wahrheit und der Rechte der katholischen Kirche. Würde diese Duldung zur Thatsache, fo wäre damit der Verbreitung des Irrthums und in zwester Linie der Ver⸗ folgung der katholischen Kirche Thür und Thor geöffnet. Eine Un— zahl von Uebeln würde sich über diese erhabene Nation ergießen, welche von jeher diese Religionsfreiheit mit Unwillen von sich zurück gewiesen hat, welche mit ganzer Seele an der von den Vorfahren ererbten Religiongeinheit hängt, die so innig mit den Denkmälern und Ueberlieferungen der Geschichte, der Sitten und des Ruhmes dieser Nation verflochten ist.
Pius JX. wünscht, daß diesem Schreiben durch den Mund
der Kirche die größtmögliche Verbreitung unter allen Gläubigen
Spaniens zu Theil werde.
Italien. Rom, 29. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkamm er machte Biancheri die schrift⸗ liche Mittheilung, daß er das Präsidium der Kammer niederlege. Nachdem hierauf der Minister⸗Präsident Depretis erklärt, daß Biancheri das volle Vertrauen des neuen Kabsnets besitze, und nachdem Minghetti und Crispi ihrem Vertrauen zu Biancheri Ausdruck gegeben, lehnte die Kammer die Demission Biancheri's einstimmig ab. Nachdem der Minister⸗Präsident Depretis Zeit zur Prüfung der früher eingebrachten Regieru ngs vorlagen verlangt hatte, vertagte sich die Kammer bis zum 25. April d. J.
— Die „Opinione“ freut sich, bestätigen zu können, daß selbst die Organe der Linken erklären, daß in der Staats verwal⸗ tung zwar manche Veränderungen bevorstehen, an der Heeres⸗ und Fottenorganisation aber nichts geändert werden soll. Die „Opinione“ giebt darauf hin der Hoffnung Ausdruck, daß sich die neue Heeres⸗ und Marineverwaltung darauf beschränken werde, die von ihren Vorgängern angebahnten Reformen ge⸗ wissenhaft durchzuführen.
— In der Adresse der internationalen Deputation an den Papst, welche der Herzog Des Cars vorlas, finden sich folgende Stellen: .. „Deine Feinde wollen die Heerde vom Hirten trennen, sie halten sich für die Staͤrkeren, und halten mit ihren Hoffnungen und Absichten nicht zurück. Sie sagen es laut, daß sie Deine und unsere Geduld ermüden werden. Sie glauben, Deine heiligsten Rechte bestimmen zu können, und sehen aber nicht, wie gerade ihre Kraftanstrengungen Deine Rechte immer mehr verstärken, sie weigern fich in Deiner h. Person den Vertreter des absoluten Herrn unserer Seelen anzuerkennen, der, erfüllt von seiner Liebe, erleuchtet von seinem Geiste, bekleidet durch seine (Christi) Macht, der gesetzmäßige Ausleger seines h. Willens, auf Erben seine Justiz erhält und seine Gnade spendet. ...“, Niemals werden wir Vertrãge mit jenen machen, welche behaupten, Deine geistige Macht beziehe sich nur auf die Seelen und habe keine Gewalt über das öffentliche Leben der Nenschen? . ...,
— Dem „Schwäb. Merkur“ schreibt man aus Mailand unter dem 233. Die Ultramantanen sind mit ihrem Fest⸗ programm für Legnano fertig. Soeben verkündigt es der
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Katholische Beobachter“, das hiesige Organ derselben: Es wird das Gedächtniß des Sieges über Barbarossa darnach auf sieben⸗ fache Art gefeiert werden. Im Dom zu Alessandria errichtet man eine Statue von St. Ambrosius, dem Mailänder Patron. Dann wird eine Abordnung nach Rom zu Pius IX. gesandt, um dem Nachfolger Alexanders III. zu huldigen, demselben einen Protest gegen die Schismatiker und eine Ergebenheitsadresse zu überreichen. In der S. Simpliciankirche wird eine religiöse Feier mit ambrosianischem Lobgesang stattfinden. Eine Abend⸗ unterhaltung soll die Erinnerung an die Schlacht in verschiede⸗ nerlei Gestalt auffrischen. Eine Gelegenheitsschrift Traktätlein) wird vorbereitet. Endlich wird man Denksteine an die statt⸗ gehabte Feier errichten.
Türkei. (W. TB.) Aus Ragusa wird unter dem 29. März gemeldet: Der türkische Kommissar Wassa Effendi hat unter dem gestrigen Tage eine von hier datirte Proklamation erlassen, in welcher er, anknüpfend an das jüngste Kaiserliche Reform⸗Irade, bekannt macht, daß die auf vier Wochen festge⸗ setzte Amnestiefrist vom 24. d. M. ab gerechnet wird. Die binnen dieser Frist heimkehrenden und die Waffen niederlegenden Einwohner sollen außer den ihnen durch die Reformen gewähr⸗ ten Vortheil eine einjährige Befreiung vom Zehnten und eine zweijährige Befreiung von allen sonstigen gesetzlichen Steuern genießen. Alle übrigen Einwohner werden, wie bereits ander⸗ weitig gemeldet, nicht nur der Wohlthaten der Reformen ver⸗ lustig gehen, sondern ihr Befitz wird verkauft und der Erlös unter die Heimkehrenden vertheilt werden.
— Ein weiteres Telegramm von demselben Tage be⸗ richtet: Zwischen General Rodich und Mukhtar Pascha ist nunmehr eine Ver stän digung dahin erzielt worden, daß vom 28. d. bis zum 10. April inkl. in der Herzegowina die Feindseligkeiten vollständig eingestellt werden sollen. Mukhtar Pascha kehrt heute nach Trebinje zurück, Ali Pascha wird mor⸗ gen Ragusa verlassen.
RNnßlaud und Polen. St. Petersburg. 28. März. Eine Konsular⸗Konvention zwischen Rußland und Spanien ist, der R. Wr. zufolge, in diesen Tagen abgeschlossen wor⸗ den. Nach derselben werden 11 neue Konsulate und Vize⸗Kon⸗ sulate eingerichtet werden. — Die Aufhebung des baltischen General⸗Guberniats gestattet, nach demselben Blatte, eine reine Ersparniß von 80 000 Rbl. Der ungefähr 12 Proz. der ganzen ursprünglich ausgeworfenen Summe von 91909 Rbl. betragende Rest soll zur Bestreitung der Kosten für die in die- sen Gouvernements⸗Verwaltungen sich jetzt steigernde russische Korrespondenz, sowie zur Besoldung zweier Beamten aus der Kanzlei des General⸗Gouverneurs, welche das Ministerium wegen ihrer Kenntniß der speziellen Verhältnisse der Ostsee⸗ provinzen in Angelegenheit dieser Provinzen verwenden will, und endlich zur Unterstützung und Erziehung von Beamtenkindern verwandt werden.
— (St. Pet. Herold.) Im verflossenen Lehrjahr wurden in den Junkerschulen 4100 Junker unterrichtet. Unter diesen befanden sich 3410 Personen, welche sich zu Offizieren für Fuß⸗ Regimenter vorbereiteten, 480 für Kavallerie⸗ und 510 für Kosaken-Regimenter. Aus dieser Zahl haben mit vollständigem Erfolg gearbeitet 77 pCt.; mit geringem Erfolge, ohne daß die Hoffnung auf ein günstiges Resultat bei fernerem Verbleiben in der Schule aufgegeben werden mußte, 5 pCt.; vollständig er⸗ folglos, so daß sie aus der Anstalt ausgeschlossen wurden, 8 pCt. Wegen schlechter Führung wurden entfernt 2 pCt., nicht exami⸗ nirt wurden 2 pCt. und auf eigenen Wunsch traten aus den Anstalten 6 pCt. Als Offiziere sind endlich aus den Anstalten entlassen worden 1632 Mann.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 27. März. Die heutige „Post och Inv. Tidn.“ enthält folgende Ritthei⸗ lung: Bei der Berathung über den Gesundheitzzustand Ihrer Majestät der Königin, welche gestern zwischen dem Professor Friedreich aus Heidelberg, dem Leibmedicus Budde aus CEhristiania und den Professoren Malmsten und Abelin stattfand, und welche alle sowohl hinfichtlich der Beschaffenheit der Krankheit Ihrer Majestät, sowie der Behandlung derselben vollkommen übereinstimmende Ansichten hegten, wurde beschlossen, Ihrer Majestät, welche fortgesetzt und in un⸗ verändertem Grade an geschwächter Herzthätigkeit, Blutarmuth und Störungen in der Thätigkeit des Nervensystems leidet, anzurathen, zur Erlangung der großen und wichtigen Vortheile, welche ein mildes Klima und eine frische und reine Luft er— bieten können (je früher desto besser), nach der südlichen Schweiz abzureisen, um sich daselbst; in der Gegend des Genfer Sees, aufzuhalten, bis Ihre Maßjestät Anfangs Juni, oder, sobald die Witterungsverhältnisse solches erlauben, eine höher gelegene Ge⸗ birgsgegend besuchen kann, wo Ihre Majestät auch die Gelegen⸗ heit, ein mildes eisenhaltiges Wasser anzuwenden, erhält.
— Schwedens Zollein nahmen in 1875. Zufolge des nunmehr abgeschlossenen Hauptbuches der Königlichen General⸗ Zollverwaltung betrugen die Brutto Einnahmen im genannten Jahre 25.224853 Kronen 15 Oere gegen 30,405,975 Kronen 14 Oere in 1874, mithin 5 181,121 Kronen 99 Oere weniger. Nach Abzug der Erhebungskosten (2, 277,578 Kronen 93 Oere in 1875), Bonifikationen ꝛc. beträgt die Nettoeinnahme in 1875 21,317,657 Kronen 3 Oere gegen 26,424,629 Kronen 82 Oere in 1874, folglich eine Mindereinnahme von 5,106,972 Kronen
79 Oere.
Dänemark. Kopenhagen, 27. März. Das Lands⸗ thing nahm in seiner Sitzung am Sonnabend das Finanz⸗ gesetz für 1876/77 und das Gesetz, betreffend die Beobachtung der Feiertage der Volkskirche, in dritter Lesung mit allen gestellten Aenderungsanträgen einstimmig an. Beide Gesetzent⸗ wurfe wurden zum Folkethinge zurückgesandt. Ohne Debatte wurden die Gesetzentwürfe, betreffend das Uebungslager und die Nachtragsbewilligung zum Finanzgesetz, zur dritten Lesung verwiesen. — In der Sitzung des Folkethinges am Sonnabend gab der von Bojsen eingebrachte Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Veränderung des militärischen Strafrech tes, welcher zur ersten Lesung stand, zu einer längeren Ver⸗ handlung Veranlassung. Der Kriegs⸗Minister versprach in nächster Sesston, wenn er noch Minister sein werde, selbst einen bezuͤglichen Gesetzentwurf einzubringen. Er sei der Ansicht, daß die körperliche Züchtigung im Heere abgeschafft werden müsse, und daß man auch dahin kommen werde, den in der Marine noch gebräuchlichen geringen Rest der körperlichen Züchtigung aufgeben zu können. Wenngleich er mit dem Antragsteller einig sei, so könne er doch den vorliegenden Entwurf nicht annehmen, da er nicht im Stande sei, seine persönliche Ansicht gegenüber den im Heere und namentlich in der Marine herrschenden An⸗ fichten durchzuführen. Der Uebergang des Gesetzentwurfs zur zweiten Lesung und dessen Verweisung an eine aus 11 Mit⸗
gliedern bestehende Tommission wurde schließlich elnstimmig angenommen.
— . 29. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Folkething wurden bei der Berathung des Wehrgesetzes die von der Partei der Linken gestellten Amendements mit 565 und 39 Stimmen angenommen und die demgemäß abgeãnderte Vor⸗ lage mit 47 gegen 47 Stimmen abgelehnt. Der Reichstag wurde sodann durch ein Königliches Dekret geschlossen.
Amerika. (A. A. C.) Kabeldepeschen aus Washington und New⸗gork vom 27. ds. melden: Die Justiz⸗Kommission des Repräsentantenhauses erachtet jetzt die gegen den ehemaligen Friegssekretãär Belknap vorliegenden Beweise für hinreichend, und wird wahrscheinlich diese Woche die ‚Impeachment“ Artikel dem Hause unterbreiten. — In Massachusetts, Connecticut und Rhode⸗Island sind durch die heftigen Regengüsse in voriger Woche große Ueberschwemmungen eingetreten. Fabrik⸗ gebäuden und Brücken, sowie verschiedenen Theilen der Eisen⸗ bahnlinien wurde erheblicher Schaden zugefügt. .
— Eine Depesche der Times“ aus Philadelphia meldet die daselbst erfolgte Ankunft des Dampfers „Hammonia“ aus Hamburg mit den Ausstellungs⸗Kommissären der Schweiz und 1200 Tonnen Ausstellungsartikeln aus der Schweiz, Deutschland, Oesterreich, Dänemark und Aegyp en. Gleichzeitig ist der Nederland“! aus Antwerpen mit dem belgischen Kunst⸗ kommissar und 960 Kisten aus Belgien, Nußland und Deutsch⸗ land angekommen. . .
— Eine Kabeldepesche aus Rio de Janeiro meldet die am 26. d6. erfolgte Abreise des Kaisers von Brasilien nach den Vereinigten Staaten.
Asien. China. Die „Staatsztg. veröffentlicht ein Edikt der Kaiserinnen-Regentinnen, in welchem befohlen wird, daß der junge Kaiser im 4. Monat des laufenden Jahres seine Studien beginnen soll. Weng⸗Tung⸗ho, der Vize⸗Kanuzler des Groß Sekretariats, und der Vize-Präsident Hia tung⸗schan sind zu dessen Lehrern ernannt. Des Kaisers Vater, Prinz Tschun, ist mit der Oberleitung des Unterrichts betraut.
Afrika. Aegypten. Alexandrien, 30. März. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten wurde der zwischen den ägyptischen Truppen und dem König Johann von Abessnien verabredete Waffenstillstand von dem Letzteren ge⸗ brochen. Die ägyptischen Truppen brachten dem Könige jedoch eine schwere Niederlage bei. Derselbe wich nach Lahlali zurück und hat abermals Friedensvorschläge gemacht.
Statisti sche Nachrichten.
O. A. Schulz soeben im 38. Jahrgange (1876) erschienenes Allgemeines Adreßbuch für den Deutschen Bnchhandel, den Antiquar, Kolportage⸗, Kunst⸗, Landkarten ⸗ nnd Musikalienhandel sowie verwandte Geschäftszweige. Bearbeitet und herausgegeben von
ermann Schulz. Mit Heinrich Brockhaus' Bildniß. Leipzig, Schulz“ verzeichnet für 1876 im Ganzen 4750 Firmen aller auf dem Titel genannten Geschäftszweige (gegen 4531 im vorigen Jahre); davon beschäftigen sich 1176 nur mit dem Verlags ⸗ Buchhandel, 2109 nur mit dem Ver— lags ⸗Kunsthandel, 131 nur mit dem Verlags⸗Musikalienhandel, 10 mit dem Sortiments Kunsthandel als Hauptgeschäft), 150 mit dem Sortiments⸗Musikalienhandel (desgl.), 5 nur mit dem Anti- quariatshandel, und 2520 mit dem Sortiments⸗Buch, Antiquar, Kolportage, Kunst, Musikalien., Landkarten,, Papier und Schreib materialienhandel; unter den letzteren befinden sich jedoch viele, die ebenfalls sehr bedeutenden Verlag besitzen. — Von den auswärtigen Handlungen halten 1425 Auslieferungslager in Leipzig; nur 727 Sortiments⸗-Buchn‘ ꝛc. Handlungen nehmen unverlangt Neuigkeiten an und 2661 pflegen dagegen ihren Bedarf selbst zu wählen. — Das gesammte Kommissionswesen des Buchhandels vertheilt sich unter 7 Haupt⸗Kommissionsplätzen mit zusammen 223 Kommissionären, wovon auf Leipzig 115 (mit 4558 Kommittenten), Stuttgart 15 (600), Berlin 30 (287). Wien 31, (160). Budapest 11 (103), Prag 16 (68) und auf Zürich 5 (mit 91 Kemmittenten) kommen. — An neuen Etablissements sind im Jahre 1875 bis Ende Februar d. J. 365 erstanden, wogegen die Anzahl der erloschenen und verän— derten Firmen 449 beträgt. — Von der oben genannten Gesamrnt- zahl von 4750 Firmen mit 85 Filialen, welche sich auf 1170 Städte vertheilen, kommen 3622 (in 814 Städten) auf das Deutsche Rich, auf Luxemburg, 588 (in 198 St.) auf Oesterreich, 535 (in 128 St) auf die übrigen europäischen Staaten, 79 (in 24 St.) auf Amerika, 2 auf Afrika (Alexandrien), 3 auf Asien (1 Jedo, 2 Tiflis) und 2 auf Auftralien (Melbourne und Tanunda).
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
In Cöln verstarb am 24. März der Geh. Regierungs⸗Rath Christian Josef Matzerath, der langjährige Freund Ferdinand Freiligraths. Als Student und nachher als Auscultator und Refe— rendar im Cölner Landgericht verwandte er einen großen Theil seiner Zeit auf geschichtliche und litergrische Studien, die eine Anzahl poe— tischer Blüthen trieben. Zu Anfang des Jahres 1838 erschien bei J. G. Cotta in Stuttgart ein Band seiner Gedichte (in drei Büchern: Balladen und Romanzen, Vermischte Gedichte, Dithyramben, Elegien, Idyllen und dramatische Scenen). Mit Simrock und Freiligrath im Verein gab er das „Rheinische Jahrbuch für Kunst und Poesie“ (Cöln, Du Mont -Schauberg) in zwei Jahrgängen 1819 und 1841 heraus. Von ihm angeregt dichtete Niclas Becker im Herbst 1340 das Lied: „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein.“
— Wir erwähnten bereits vorgestern, daß auf der Kun st- und kunstgewerblichen Ausstellung in. München auch 4 Fo— lianten und ein Oktavband aus der berühmten sogenannten Sil— ber⸗Bibliothek des ersten, 1568 gestorbenen Herzogs von Preußen, Albrechts des Aelteren, welche die Königliche Bibliothek zu Königsberg aufbewahrt, ausgestellt sein werden. Der Herzog, welcher bekanntlich das Ordensland Preußen in ein protestantisches Herzogthum verwandelte und die Universität zu Königsberg gründete, war ein Freund der Wissenschaften und Künste. Er stand in lebhaftem Briefwechsel mit Melanchthon und vielen anderen bedeutenden Män⸗ nern seiner Zeit und benutzte diese Verbindungen auch zur An— legung der Schloßbibliothek zu Könige berg. Von den damals ange⸗ schafften Bächern ließ er eine Anzahl Erbauungsschriften von Nürn⸗ berger Meistern in ciselirtes und gravirtes, zum Theil vergoldetes Silber binden. Zwanzig dieser Einbände cxistiren noch, zum Theil ohne den Inhalt, welcher verfault ist, während die Silber⸗Hiblio thek im siebenjährigen Kriege in Cüstrin, wohin sie geflüchtet worden war, Jahre lang an einem feuchten Orte aufbewahrt wurde. Eine Vorstellung von der Pracht dieser Arbeiten mag die folgende Beschreibung eines der erwähnten Bände geben: Auf dem oberen Buchdeckel befindet sich das vereinigte Wappen des Herzogs und einer Gemahlin, einer braunschweigischen Fürstin, an dem die Helme und das die Schilde umgebende vergoldete Blätterwerk vortrefflich ciselirt sind; die Zwischenräume zwischen dem runden Wappen und dem dasselbe einrahmenden verschobenen Quadrat scheinen früher mit Zellenschmelz ausgefüllt gewesen zu sein. Darunter liest man die Jahreszahl 1555. Eine in Silber gravirte reiche Land schaft mit Gebäuden, Bergen und einem Flusse, welche von wandern⸗ den oder ruhenden Pilgern helebt ist, umgiebt das Mittelstück von allen Seiten bis an die gleichfalls vergoldeten Leisten, welche den Deckel einrahmen, um jenes und die Sravirungen bei der Benutzung des Buches
vor der Berührung mit der Tischplatte zu schützen. Das Mittelfeld l
der Rückseite zeigt in erhabener Arbelk den auferstandenen Christn. welcher den Drachen zertritt, und im Hint. rarunde die schlasenden Wächter, die Bäume des Gartens und die drei zum Grabe wallen⸗ den Frauen. Die Umgebung dieser Darstellung bilden hier die meisterhaft gravirten lebensvollen Figuren der vier Evangelisten mit ihren Symbolen, Johannes, welcher verzückt nach der durch das Fenster in den Wolken sichtbaren Jungfrau mit dem Kinde kbligt, und Lacas, der die Feder eintauchen will, sind in der oberen Hälfte, in der unteren der schreihende Marcus und der seinem Engel zu hörende Matthäus von einer reichen Architektur umgeben, deren ein= zelne Theile, wie Pilaster, Kapitäle u. s. w. mit den reizendsten Or⸗ namenten der Frührenaissance bedeckt sind. Den Rücken dez Buches theilen 6 vergoldete und vortrefflich ciselirte Bänder, in denen Früchte, Blätter und kleine Figuren ein reizvolles Ganje bilden, in 5 Felder, welche von schön verschlungenen Flechtbändern auf schraffirtem Grunde ausgefüllt werden. Die übrigen Bände sind nicht weniger mannigfaltig, Einer derselben, welcher eine deutsche Bibel einschließt und gleich⸗ falls die Jahreszahl 1555 trägt, ist segar ganz vergoldet, und auf beiden Seiten mit wundervoll ausgeführten Reliefdarstellungen be⸗ deckt; einzelne Felder mit wohl erhaltenem Email erböhen noch die Wirkung des Ganzen. Neben diesen Meisterwerken der Gold⸗ schmiedekunst erregt noch das Gebetbuch der ersten Gemahlin des Herzogs Albrecht, einer dänischen Prinzessin, Interesse. Es führt den originellen Titel „Feuerzeug christlicher Andacht“ und ist 1536 mit dem dänischen Wappen und auf allen Blättern neben und unter dem Text mit Malereien geschmückt worden. Das Seitenstück zu diesem Werk, das Gebetbuch des Herzogs Albrecht, besitzt Se. Kaiserliche und Königliche Heheit der Kronprinz, Höchstwelcher dasselbe ebenfalls für die Ausstellung zugesagt hat.
GSewerbe und Sandel.
In der gestrigen Generalversammlung der Baugesellschaft für Mitelwohnungen wurde der Geschäftsbericht vorgelegt; nach demselben bat die Gesellschaft im Jahre 1875 180 Qu-⸗Ruthen Bau⸗ terrain verkauft. Der Verkaufspreis ist von 20 Thlr. auf 22 Thlr. pro Qu.Ruthe gestiegen. Der Reingewinn beträgt S454 6, die Dividende wurde auf 1,0 MS pro Aktie festgesetzt.
— Die Halle ⸗Casseler Bahn, wegen deren Erwerbung für den Staat dem Landtage ein Gesetzentwurf vorgelegt ist, hat eine Länge von 221,233 Kilometer, wovon 24,033 auf die mitbenutzte Bahn⸗ strecke der Hannoverschen Südbahn v—on Münden bis Cassel fallen. Das Anlagekapitnl besteht in 1590) 000 Thlr. in Stamm— aktien Litt. B. der Magdeburg⸗Cöthen ⸗Halle Leipziger Eisenbahngesell⸗ schaft, von welchen 810900 Thlr. aus dem, §. 6 ibidem näher be— zeichneten Allerhöchsten Vermächtniß gezeichnet und 14,190, 000 Thlr., mit 4 oiger Staatszinsgarantie au-gestattet, anderweit be⸗ geben worden sind. Auf die Bahn waren — abgesehen von 794698 Thlr. Subventionsgelder, welche bei der Buchung der. Grunderwerbungs⸗ und Nutzungs- Entschädigungen abge⸗ schrieben worden sind, nach einem am 1. August 1873 aufgestellten Hau pltrechnangsabschluß 14 35116 Thlt, acht hem Gesch tern der Maadeburg⸗Cöthen- Halle ⸗Leipziger Eisenbahngesellschaft für das Jahr 1874 Ende des Jahres 1480 1,483 Thlr. definitiv verausgabt. Der Reservefonds hatte Ende 1874 einen Baarbestand von gl, 54h, is , der Erneuerungsfond einen solchen von 407 079 74 6 Die Brutto Einnahmen der Bahn betrugen: 1873: 5,320, 263 M. 1874: 6,5 15 781 , 1875: 6,422,837 6, die Reinerträgnisse, nach Dotirung des Reserve⸗ und des Erneuerungsfonds 1873: 462,504 AM, 1874: 715,167 , 1875: 1386 605 66 Der vom Staate garantirte Reinertrag beträgt: 1,702, So0 ς und wurden auf Grund dessen für 1373: 1.083, 3833 „6, für 1874: 62,603.11 6, 1875: 277,545, o „ Zuschüsse geleistet.
— Die Ritterschaftliche Privatbank in Pommern wird für das Jahr 1875 eine Dividende von o/o bezahlen.
— Der Verwaltungsratb der Aktien ⸗Gesellschaft Sool⸗ bad Salzungen hat die Dividende pre 1875 auf 330, also auf 23 ½ pro Aktie eestgestellt. . =
Leipzig, 28. Mätz. (W. T. B) „In der heutigen General—⸗ versammlung der Aktionäre der Leipzig: Dresdener Gij enhahn⸗ gesellschaft wurde der von der Regierung für die Bahn offerirte Kaufpreis von 99 Rente zu einem Courswerth von 700 0 abgelehnt und keschiossen, die Bahn nur gegen eine 100ͤ Rente bei einem Courswerth von 1009 M an die sächsische Regierung zu überlassen.
— Die Generalversammlung der Aktionäre der Württem— bergischen Notenbank vom 25. d. M. genehmigte die Bilanz. Aus dem Geschäftsbericht führen wir folgende Daten an: Die CEir⸗ kulation der Banknoten war am stärksten am 1. Februar 1875 mit 25,719,500 S6, am schwächsten am 16. September mit 21,697, 300 4A, die tägliche Durchschnittscirkulation war 24,411,300 M. und die duichschnittliche Baarbedeckung 123639. 900 6M. — Der Gesammtumsatz der Bank betrug 309, 4265, 525 t oder 59 Millionen Mark mehr, als im Vorjahre. Diskontirt wurden an Gulden und Thalerwechseln 112,6433567 6 oder L039, 000 6 mehr, als 1874. Der Diskonto wurde im Laufe des Jahres 6 Mal verändert und betrug durchschaittlich 419 660. In Darlehen wurde durchschnittlich ein Kapital von 16135300 1 ver⸗ wendet mit einem Zinsertrag von 5,51 0s9. Der Gewinnsaldo von 769, 137 1 vertheilt sich mit 6½ /“ — 585.009 MS an die Aktionäre, 76,913 M an den Reservefond, 383,222 M an Tantième und 69, 667 1 Gewinnantheil des Staates; der Rest mit 9380 06 kommt auf neue Rechnung; der Reservefonds erreicht nunmehr die Höhe von 317,345 4.
— Die Kommanditgesellschaft auf Aftien von Grimme, Natalis L Go. in Braunschweig vertheilt vro 1875 eine Dividende von 8 o/o. Der Umsatz erreichte die Höhe von 1.546, 00 M6, und wurden 22052 Stück Maschinen verkauft, also 3095 Stück mehr, als voriges Jahr. Die Zahl der selbstfabrizirten Maschinen hat sich gegen das Vorjahr um 2972 Stück vergrößert. — Das Gewinn ⸗ und Verlust-Konto zeigt einen Ueberschuß von 174,709 MS Neben den statutenmäßigen Abschreibungen empfiehlt die Verwaltung eine Extra -⸗Abschreibung von 8090 „ƽς auf Gebäude, und Grundstück—⸗ Konto, 3800 ο auf das Anlage-Konto der Cirkular-ElastieMa— schinenfabrik, endlich eine Extra⸗Ueberweisnng von 12000, M an das Delkredere⸗Konto; es verbleibt dann nach Zahlung der Dividende ein Gewinn⸗Saldo von 2868 6 vro 1876.
London, 29. März. (W. T. B.). . Dem „Evening Standart“ zufolge hat die Firma Streckeisen, Bischoff and Compagnie von der Seidenbranche, Great Winchester buildings, London, ihre Zahlungen eingestellt. Die Passiva sollen 120, C00 Pfd. Sterling betragen. ; ĩ
. 29. März. (W. T. B.). Die Regie rung heschloß, die Zahlung des Aprileoupons bis zum 1. Juli zu vertagen. Die hiesigen Vertreter der Mächte sind von diesem Beschluß heute offiziell in Kenntniß gesetzt worden. Dem Vernehmen nach hat sich die Regierung prinzipiell für die U nifikation der ottomanischen Staatsschuld entschieden. Die Verhandlungen mit den Delegirten der englischen und französischen Inhaber türkischer Coupons dauern fort.
ö. 29. . Abends. (W. T. B. Für den April coꝛxpon, dessen Einlösung, wie bereits gemeldet, bis zum 1. Juli c, verschoben ist, werden 6 vCt. Zinsen vergütet werden. Der offizielle Text der diesbezüglichen Erklärung wird erst morgen vublizirt werden, weil die⸗ selbe in dem die Motive enthaltenden Theile nachträglich abge⸗ ändert wurde.
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
Pest, Mittwoch, 29. März, Abends. In der heutigen Sitzung des Unterhauses beantwortete der Minister⸗Präsident Tisza eine Interpellation wegen der evercuellen zwangsweisen Heimsendung der Flüchtlinge aus der Herzegowina dahin. daß die bisherige Gastfreundschaft nicht nerpflichten könne, auch dann nach schwere Ogfer zu bringen, 1oenn den Flüchtlingen, die Heimkehr möglich geworden sei. — Die Sitzungen des Unter⸗ 3 sind bis zum 20. April vertagt worden,