— Auz Baden 24. März, schreibt man den „Schw. Merkur': Scharfe Kritik an de! Richtung der Monz schen Schule übt eing so— eden erichienene Geschichte des badischen Landes zur Zeit der Römer. Der Verfasser, Staatsrath K. v. Becker, der frũher cine böbere Stellung in russischem Dienste bekleidete und seit einigen Jahren seỹ nen Wohnsitz in Karlsrube genommen hat, faßt das Re sfaltat sei ger die umfassendste Beherrschung der einschlägigen Literatur bekunde nden Augführungen und der an Ort und Stelle wiederholt angescellten Unterjuchungen in neue Thesen zusammen, die mit der Mengschen Geschichtsauffassung in direktem Geaensatz stehen. Von Den Städten in Baden läßt Hr. v. Becker nur Constanz und Baden und ctwa noch Badenweiler und Ladenburg als römisch geiten. Den z5mischen Ursprung der Burgen verwirft er für das Zehntland völlig.
— Die Akademie frangaise hatte am 30. v. M. einen neuen fländigen Sekretär an Stelle des verstorbenen Patin zu er- nennen. Gewählt wurde Hr. Camille Doucet, ein drama⸗ tischer Dichter, mit 21 Stimmen. 7 Stimmen entfielen auf seinen Mitbewerber, Hin. Camille Rousset, den Historiter und Archivar, Verfasser des verdienstvollen Buchs über die Freiwilligen von 17922, und 1 Stimme auf Sylvestre de Sacy.
Gewerbe und Handel.
Pest, 3. April. (W. T. B.) In der gestern stattgehabten Generalversammlung der ungarischen allgemeinen Kreditbank wurde die Bilanz vorgelegt. Dieselbe weist nach be— Deutenden Abschreibungen einen Reingewinn von 485725 Fl, auf. Zur Ergänzung desselben auf 609,000 Fl. behufs Deckung der Zinsen
don 5 * für die Altien werden 1143275 Fi, dem. Reservefonds ent ⸗ nommen. Sämmtliche Anträge wurden genhmigt und der bisherige Verwaltung rath sowie die Direktoren wiedergewählt.
Verkehrs Anstalten.
Einer Mittheilung des württembergischen Finanz ⸗Ministers v. Renner in der Kammer der Abgeordneten zufolge haben die württembergischen Staatsbahn en bis 1. Zuli 1875 326 Mill. Mark Anlagekapital erfordert, inbegriffen aller Gelder, welche mit Hälfe von Anlehen, Grundstock. Restmitteln, Vorschüssen beschafft wurden. An Zinsen mußte die Staatskasse bis zu jenem Zeitpunkt im Ganzen 154 Mill Mark bezahlen. Dagegen betrug der Ertrag 140 Mill. Die Steuerpflichtigen 1 also von 1845 75 14,160, 900 4 aufbringen, wobei auch die Bauzinsen eingerechnet sind, welche sonst zum Anlagekapital gerechnet werden. Ohne diese sind die Zinsen aus dem Anlagekapital durch den Ectrag der Bahnen fast nahezu gedeckt. Außerdem aber stnd aus den Steuern 19500, 000 4A an der Eisenbahnschuld, somit am Anlagekapital getilgt worden. Rach Abrechnung dieser Tilzung an der Schuld beträgt jetzt der ir g Zims der Eisenbahnichuld 11,892, 900 M, der Ertrag aber ist ür 1855 auf 12605 000 M berechnet, somit ist für 182,6 der Reinertrag der Eisenbahnen nicht, ganz erforderlich zu Bezahlung der Zinsen aus der jetzigen Eisenbahnschuld. Der Minister fuͤgte hinzu, daß sich Württemberg demnach in einem günstigen Verhältniß be— finde und nach seiner Ansicht ruhig in die Zukunft blicken könne, vor⸗ ausgesetzt, daß in die jetzt bestehenden Verhältnisse keine Störung von außen hereintrete.
— Die Rentabilität der badischen Staats eisen bahnen beziffert sich, einer Correspondenz der St. A. f. W. zufolge, für das Jahr 1874 auf 3s o (gegen 426 e im Jahr 1873 und 446 do Is73J. Unter den einzelnen Strecken hat Giach dem Stand von 1573 den höchsten Prozentsatz die Linie Karlsruhe, Offenburg 1235 ), dann Mannheim. Heidelberg ⸗Larlsruhe ( Las do), Offen- urg-⸗Freiburg (Sit „M, die Rheinbabn Mannheim ⸗ Karlsrube (62) Basel Walde hut (5. ö), Durlach⸗Mäblacker (56, 9 Co). Ein Defizit ergiebt sich auf den Linien Königs bofen Mergentheim, Lauda · Wertheim, Singen . Villingen 2c. Unter den Privatbahnen stebt die Linie Karls. rahe Maxau immer noch weit obenan (mit 21.30 0j) im Jahre 1874 gegen 23 ca 1873 und 31, Y (ιο 1872. Die Wiesenthalbahn ertrug 1874 5,50 Os—c 5
New York,. 1. April. (B. T. B.) Der Dampfer des nord- deutschen Llovyd „Neckar“ ist hier eingetroffen.
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
Wiesbaden, 2. April. (B. T. B.) Heute ist in der hiesigen katholischen Pfarrkirche der altkatholische Gottes⸗ dien st durch Bischof Reinkens eröffnet worden. =.
Münster, 2. April. (B. T. Der B.) Oberpräßident v. Kühlwetter hat gestern Abend das Domkapitel zur Wahl eines Bisthumsverwesers aufgefordert und demselben gleichzeitig mitgetheilt, daß der Regierungsrath Hüger auf Grund des §. 6 des Gesetzes vom 20. Mai 1875 das Kirchenvermögen verwalten und in Verwahrsam nehmen werde.
Berlin, den 3. April 1876.
Unter den Landschaften, welche die Ausstellung des Berliner Künstlervereins während der letzten Wochen vor⸗ führte, ist an erster Stelle eines großen Bildes von K. F. Lessing zu gedenken, das die poetisch schöpferische Kraft des berühmten, trotz seines hohen Alters noch immer rüstigen Meisters nicht im geringsten ermattet erscheinen läßt. Das Motiv der dargestellten Scenerie hat der Maler, wie in mancher seiner früheren Land⸗ schaften, der Eifelgegend entnommen.“ Ueber eine sich weithin dehnende Gebirgsfläche, aus deren seitwärts ansteigendem Ter⸗ rain mächtige kahle Felsblöcke aufragen, blickt der Beschauer in eine meisterhaft vertiefte öde, leere Ferne und auf ihre am Horizont sich in blauem Duft verlierenden Hügel ketten; vom Vordergrund aber windet sich, an einem stillen Wasser vor⸗ beiführend, am Fuße der Höhen ein schmaler Pfad zu einem in Flammen stehenden einsamen Städtchen hin, über dessen Dächern sich die qualmenden Rauchwolken, von der schweren Luft nieder⸗ gedrückt, mühsam zu dem finsteren, von schwärzlich grauen Regen⸗ wollen verhüllten Simmel emporringen. Es ist vor allem der ernste elegische Ton der Schilderung, der ergreifende Zusammen⸗ klang des Menschenschicksals mit der wahr und charaktervoll wiedergegebenen, erhabenen Großartigkeit der Natur, der in dieser Kompostiion wie in früherer gleicher Art den Beschauer nach⸗ haltig fesselt; aber auch in seiner Behandlung, wenngleich sie vielleicht nicht völlig auf der Höhe modernster Malerei steht, wirkt das Ganze so frisch und kräftig, wie es tief und gesund empfunden ist.
Eine verwandte Natur schildert Hesse in einer großen Harzlandschaft, die aber doch durch die außerordentliche Feinheit ihres Tons nicht ganz für eine gewisse Leere des Motivs zu ent⸗ schädigen weiß. Desto interessanter erscheint Jacobs Ansicht von Subiaco“, ein in sattem, warmen Ton mit sicherer Bravour, nur ein wenig zu dekorativ behandeltes, dabei aber höchst originell aufgefaßtes und durch eine buntbewegte Staffage römischer Land⸗ leute sehr glücklich belebtes Bild des in malerischer Gruppirung mit seinen Häusern und Mauern an dem steilen Felsenhang emporsteigenden und von dem hochgelegenen Kastell bekrönten Städtchens.
Neben einer kleineren, sorgsamst durchgeführten italienischen Landschaft des verstorbenen Marko ist auch noch von Lutte⸗ roth ein ansprechendes, sonniges Capri⸗Bild vorhanden. Ein größeres Bild desselben Fünstlers, ein gut komponirtes Motiv aus einem Schloßpark mit einer prächtigen, sich schattend am Rande des glitzernden Sees erhebenden Baumgruppe und der Staffage einer Dame mit zwei Kindern in hellster Sommer⸗ kleidung, erstrebt in seiner eleganten, zarten und lichten Färbung, die von früheren Arbeiten des Malers erheblich abweicht, einen besonders 6riginellen koloristischen Effekt. Obgleich aber dabei die stille, sonnig heitere Stimmung der Natur keineswegs ver⸗ fehlt ist, so steht die gesammte malerische Haltung doch dicht an der Grenze einer süßlichen Manier, wie sie in dem noch duftiger verblasenen Ton eines Frühlingsbildes bereits entschieden un⸗ angenehm wirkt.
Viel glücklicher ist in einem Bilde von Hermes, röthlich blühenden Obstbäumen und Büschen, die mit ihrem dichten Gezweig tief über das ruhig hinfließende Wasser herabhangen, ein ganz ähnliches Frühlingsmotiv in jenem feinen silbergrauen Ton behandelt, durch den auch eine neue holländische Landschaft des Künstlers, ein Gehöft am Rande eines tief in das Bild sich hineinschiebenden, zwischen flachen Wiesengründen langsam daher⸗ ziehenden Kanals, sich ebenso auszeichnet wie durch die meister⸗ lich in ihr getroffene warme, leicht verschleierte Luft, die fast schläferige, sommerliche Ruhe der geschilderten Natur.
Durch eine glückliche Wiedergabe der anheimelnden land⸗ schaftlichen Stimmung tritt ferner ein Waldinterieur, Motiv aus der Rhön, mit weidenden Kühen von Koken, das trotz des seltsam zerhackten Baumschlags doch eine trefflich geschlossene und wahre Wirkung erzielt, sowie ein noch feiner getönter sonniger „Mittag im Kieferwalde“ von Danz hervor, der nur in der Staffage einer ruhenden Rinderheerde eine genauere Durchbildung der Formen vermissen läßt. Ein „Morgen im Dorf“ mit zur Weide ausziehender Schafheerde von Malchin würde bei der intimen Beobachtung der Natur und der liebe⸗ vollen Durchführung im Detail einen noch ungleich günstigeren Eindruck machen, wenn der Gesammtton klarer und frischer wäre. Neben zwei Bildern von Flickel, einer kleinen ‚„Donau⸗ landschaft“ von einfach schlichter und treuer Wahrheit und einer in ihrem dichten Grün etwas schwer und kalt gerathenen bewal⸗ deten Uferpartie, einem in sehr energischer Beleuchtung kräf⸗ tig und sicher behandelten „Sonntag in Schleißheim! von Quaglio und einem Motiv von der schwedischen Küste von Antonie Biel ist endlich noch eine meisterhafte Marine von Saltzmann, ruhig einherwogendes, von fern hinschweben⸗ den Segeln belebtes Meer, dessen leicht gekräuselte Wellen den zarten röthlichen Schimmer der am Horizont sinkenden Sonne wiederspiegeln, eine durch reichbewegte Staffage belebte, bei feinent grauen Ton nur allzu skizzenhaft behandelte „Straße aus dem Judenviertel von Warschau“ von Feddersen und eine „Straße aus Kairo“ von Ad. Boehm hervorzuheben, der hier in der Schilderung der malerischen Architektur, der dichten, bunten Volksmenge und der von den letzten Sonnenstrahlen durchglühten heißen Luft eine nicht geringers Meisterschaft zeigt,
als in früheren ähnlichen Bildern, deren Motive der Heimath entlehnt waren.
Den Orient vertreten außer dem eben genannten Maler noch Berninger und Körner, der Erstere mit zwei kleinen Straßenpartien von sehr entschiedener, aber nicht ganz über⸗ zeugender Tonstimmung, der Letztere mit einem Blick auf Stambul, hinter dessen in feinen grauen Duft gehüllten Häuser⸗ massen der klare Spiegel des Meeres sichtbar wird, während der tiefgetõnte, durch eine Staffage verschleierter Frauen belebte, übrigens etwas schwere Vorgrund mit seinen hohen Baum—⸗ gruppen von dem letzten warmen Wiederschein der nieder⸗ gegangenen Sonne durchleuchtet ist.
Außer einem prächtigen, in tiefgesättigtem, kraftvollen Ton mit meisterhafter Breite behandelten großen Stillleben, einer vor⸗ züglichen Arbeit von Hertel, müssen zum Schluß noch drei plastische Werke Erwähnung finden, eine von Silbernagel modellirte kleine Bronzestatuette des Fürsten Bismarck, die in der ruhig geschlossenen, charakteristischen Haltung des Darge⸗ stellten wie in dem scharf beobachteten Ausdruck des Kopfes als eines der gelungensten Porträts des Reichskanzlers erscheint, und die in bronzirtem Zinkguß ausgeführten, als Kandelaberträger gedachten Figuren eines Pagen und eines Edelfräuleins von Wiese, der auch hier seine Begabung für derartige dekorative Schöpfungen von neuem be⸗ kundet, in der weitaus gediegeneren der beiden Gestalten, der⸗ jenigen des Pagen in knapp anschließender Tracht der Früh rendissance, aber doch eine bedenkliche Neigung zeigt, den indivi⸗ duellen Reiz der von der Natur dargebotenen Formen einer äußerlich schwungvollen, schematischen Zeichnung zu opfern.
Der Anmeldungstermin für die internationale Aus⸗ stellung für Jugendpflege und Volksbildung, die, wie wir bereits eingehend berichtet, im Schloßparke zu Schönholz bei Berlin in Aussicht genommen, ist bis zum 15. April ausgedehnt worden, — eine Mäßtegel, welche jedoch eine Einwirkung auf die Eröffnung der Ausstellung nicht haben wird. Die Ausstellung wird in diesem Jahre von Dentschland, Oesterreich und der Schweiz be—⸗ schickt. Das regste Interefse für das Unternehmen haben die Handels kammern dieser Länder an den Tag gelegt, welche nicht nur die In⸗ dustriellen ihres Bezirkes zur Theilnahme direkt aufforderten, sondern auch zum Theil selbst die Bildung von Ausstellungscomités in die Hand nahmen. In Oesterreich hat außerdem die Montanindustrie sich des Untercehmens angenommen. Nächstdem hat der ge⸗ sammte deutsche Bächhandel eine rege Betheiligung an den Tag gelgt. An Ausftellungshallen sind elf in Äussicht genommen: Für Beschäfti⸗ gungs- und Unterrichtsmittel aller Erziehungsmethoden; für A. Lehr⸗ und Lernmittel und B. Erzeugnisse des Buchhandels; für ausgestopfte Thiere, lehrreiche Kunstgegenstände und Sammlungen; für photo graphische und mikrostopische Apparate und Darstellungen; sür Spiel⸗ waaren und Apparate zur Jugendunterhaltung; für Tura, Feuerlösch= und gymnastische Apparate; für Turn, und Touristen-Bekleidungs⸗ stücke und Fußreise⸗Utensilien; für Gartengeräthschaften; für Be⸗ wässerungs⸗ und Erleuchtungsapparate; für Kraftnahrungsmittel; für präparirte Speisen und Getränke zur Mitnahme auf Reisen.
Die Dynamit-⸗Explosion in Bremerhaven.
In der wegen der Bremerhavener Dynamit ⸗Explosion vom 11. Dezember 1875 eingeleiteten Untersuchung sind seit dem vom unterzeichneten Amte am 28. Januar 1876 veröffentlichten Berichte die nachfolgend zusammengestellten Thatsachen ermittelt worden:
Bremerhaven, am 25. März 1876.
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tz.
Des William King Thomas richtiger Name ist Alexander Keith. Er ist in Halifax (Nova Scotia) geboren, wo sein Vater John Keith und sein Dukel Sir Alexander Reith als Brauereibesitzer lebten. Letzterer, ein sehr angesehener und vermögender Mann, hatte dem jungen Nefsen eine Stelle in seinem Geschäfte gegeben.
Während des amerikanischen Secessionskrieges wurde Halifax ein Hauptrendezvousvlatz für Bleckadebrecher, namentlich seit 1864, als in Rassau und Bermuda, den früheren Hauptstationen des Blockade⸗ handels, das gelbe Fieber ausbrach.
Alexander Keith jun., von seinen Freunden gewöhnlich „Sandy Keith‘ genannt, zeichnete sich durch Enthusiasmus für die Sache der Südstaaten, durch Unterstützung flüchtiger Südländer und duech thätigenden Antheil, den er an den Unternehmungen der blockade brechenden Schiffe nahm, so sehr aus, daß er von seinen Gesinnungs · genossen den Namen Gonfederate Consal erhielt. Die Stellung in dem Geschäfte seines Onkels gab er auf, um sich ganz dem Blockadehandel zu widmen. Im Halifax Hotel, wo er Wohnung nahm, spielte er trotz jeines etwas vulgären Benehmens, namentlich seiner großen Unmäßigkeit im Essen und Trinken — wegen seines joviglen Wesens und seiner Freigebigkeit eine bedeutende Rolle. — Genaue Be— ziehungen zu den Kapitänen der in Frage kommenden Schiffe, namentlich auch des von ibm bei seinen Bremerhavener Ge— ständnissen erwähnten Schiffes „Old Dominion“, und. das unbedingte Vertrauen, welches er sich unter den Anhängern der Südstaaten und den flüchtigen Südstaatlern selbst er- warb, fuhrten seinem Geschäfte, reiche Geldmittel und erhebliche Aufträge zu. Sein Kredit bei den Banken in Halifax war un beschränkt. Gegen Ende des Jahres 1864 verschwand er plötz⸗ lich ven Halifax. Nach seinem Weggange stellte es sich heraus, daß er seine Auftraggeber durch Unterschlagung anvertrauter, Gelder und durch Fälschungen um große Summen (man nahm an, im Gan⸗ zen um 200 000 Dollars) beschwindelt batte. Unter den Geldern waren nach der Angabe eines Zeugen 32009 Dollars Versicherungs. gelder auf einen damals verunglückten Dampfer Caledonia. Thomas hatte das Schiff für den Eigenthümer versichert, zog die Summe
nach Untergang des Dampfer ein und unterschluz ste. Andere Sum- men hatte er dadurch erhalten, daß er statt der Güter, die er im
Auftrage Dritter mit Blockadeschiffen versenden sollte, werthlose Güter schickte and die Gelder für sich behielt. Der größte Theil der Gelder war ihm baar für sein Geschäft anvertraut. .
Durch ein Zimmermädchen des Halifars Hotel, welches er mit sich nahm, und welches, später von ihm verlassen, nach Halifax zurück. kehrte, erfuhr man, daß Keith sich nach New Jork gewandt habe und dort unter dem auch bei früheren Geschaftsreisen von ihm gebrauch ten Namen Alerander King Thompson lebe. Ueber seine damaligen New Yorker Beziehungen 1 Nichts ermittelt; er scheint den größeren Theil des von ihm aus Halifax mitgenommenen Geldes dort in Börsenspekulationen verloren zu haben; denn als er Anfangs 1865 in Highland (Illinois) wieder auftauchte, hatte er nur etwa S0, 00 Dollars bei sich. Nach Highlaud war er, anscheinend weil er sich in New - Pork nicht mehr sicher fühlte, auf Anrathen eines in New - York getroffenen früheren Halifaxer Bekannten gezogen, dem gegenüber er den Wunsch aussprach, in einem von Eisenbahnverbin⸗ dungen fern liegenden Ort ungestört leben zu können. In Highland lebte ec unter dem Namen Alexander King Thompsen in der Weise eines reichen Rentiers, freigebig, unbekümmert um seine Ausgaben. Er habe in New. Jork in Börsenspekulationen erheblich, gewonnen, erzählte er. Eines Tages bewirthete er alle Insassen seines Hotels mit Champagner, der für ihn allein im Hotel gehalten wurde, weil er, wie er sagte, einen Posten von 20000 Dollars aus New · York be⸗· kommen, den er schon verloren geglaubt hätte. Bei diesem Gelage lernte er Cäcilie Paris, die unaebeliche Tochter einer in St. Louis wohnenden Modistin Madame Paris kennen, die wegen Differenzen mit ihrer Matter deren Haus verlassen hatt; und, sich bei einer deutschen Familie in Highland aufhielt. Nach 14tägiger Bekannt— schaft verheiratheten sich beide. Sie hielt sich für krank; sie wolle einen reichen Mann heirathen und ein paar Jahre vergnügt leben, hörte man sie wiederholt äußera. Gegen Ende 1865 fänd ein von Keith in Halifax um 25, 000 Dollars beschwindelter Südländer, Oberst Luther R. Smoot, der den Spuren des Betrügers über New Jork und St. Lonis folgte, den Keith in Highland auf, ließ ihn verhaften und fuhrte ihn nach St. Louis, wo er sich mit ihm abfand. Dem Verlangen des Keith, se nen Aufenthalt andern Halifaxer Bekannten nicht verrathen zu wollen, erklärte Smoot nicht nachkommen zu kön nen. In Folge dessen 6. sich Keith geiwungen, Highland zu ver= lasfen, und er und seine Frau gingen im Januar 1866, wie dies schon früher mitgetheilt ist, mit dem Lloyo⸗Dampfer Hermann“ nach Europa. Nach Rückkehr aus seiner Haft erzählte Keith in Highland, er sei in Folge von Differenzen verhaftet gewesen, die er wegen. Bieckadebruchs mit der Regierung der Vereinigken Staaten . Die Sache zu ebnen, habe ihm 10 bis 15 Tausend Dollars gekostet. Unter seinen Bekannten in Highland war ein alter deutscher . bei dem er zuerst deutschen Unterricht genommen zu haben
eint.
Im Dezember 1870 war Thomas von Dresden ab in New-Nork. Er reiste mit dem Hamburger Dampfer „Thuringia! unter dem Namen William King Thompson Ein Mitpassagier. der ihn von Highland ab kannte, wunderte sich über die Veränderung der Vornamen, die Keith ihm gezenüber obne weitere Bemer⸗ kungen zugestand. Ihm sagte er, daß seine Frau mit den Kin- dern in Dresden lebe, während er im Begriff stehe, in Cali⸗ fornien über ihm gehörige Grundstücke zu verfugen. Daß er damals nicht nach Californien ging, vielmehr schon nach wenigen Wochen von New. Vork ab zurückfuhr, ist festgestellt. Dagegen ist über den Zweck seiner Reise Nichts konstatirt. Die frühere Annahme, daß seine Reise mit dem Untergange der City of Boston“ und der Hebung betreffender Versicherungsgelder in Verbindung gestanden, ift durch Nichts bestätigt. Im Gegentheil ist ermitteit, daß die 3 Kisten Pelzwerk, die als von Halifax durch James Thomas verschifft im Manifeste des Dampfers „City of Boston“ aufgefallen waren, un= versichert durch einen noch jetzt in Halifax lebenden James Thomas berübergesandt wurden.
In Betreff seiner Unternehmungen aus dem Jahre 1875 haben die sorgfältigsten New. Yorker Untersuchungen keinerlei Hinweisungen auf wissentliche Helfershelfer des Keith ergeben. Alle Personen, mit denen Keith bei den schon früher nach Privatbriefen mitge—⸗ theilten, jetzt aber durch offizielle Nachrichten vollkommen bestätigten Verhandlungen in Betreff des mit dem Dampfer „Rhein. hin= und zuräckeschafften Sprengfasses in Berührung gekommen ist, sind außer Verdacht der Mitwissenschaft. Versicherungen irgend welcher Art auf die von ihm gefährdeten Schiffe hat Thomas in Amerika nicht abgeschloffen. Bei der durch Skidmore vermittelten Aufnahme des Sprengfasses in das bonded warehouse in New-⸗York ist der Inhalt nur durch Anbohren des Fasses festgestellt. So erklärt es sich, daß die im Fasse befindliche Uhr damals nicht entdeckt wurde.
Ueber seine Reise mit dem Dampfer Celtic“ (14. Oktober 1875) werden Aeußerungen des Schiffspersonals nachgetragen, nach denen Keith anscheinend nur bis Queenstown mitreisen wollte und in Auf⸗ regung gerieth, als er nach Antritt der Reise hörte, daß der Dampfer, ohne dort, wie gewöhnlich, anzulegen, direkt nach New⸗ Jork fahre.
Was die europäische Ermittelung anlangt, so ist nachtcaglich festgestellt, daß das dem Uhrmacher Fuchs von Keith vorgelegte Uyr⸗ modell das von Rind in Wien gefertigte Originalwerk ist, ferner, daß die Uhr, welche im Dezember 1875 in Bremen von Keith in Reparatur gegeben wurde, zweifellos die von Fuchs gelieferte Uhr war. Die von dem Bremer, Uhrmacher nach der Erinnerung ange⸗ fertigte Zeichnung der Uhr ist von Fuchs als die richtige Zeichnung seines Werkes anerkannt. Die in Illustrationswerke übergegangene Fuchssche Zeichnung enthält, wo sie von der Bremer Zeichnung ab⸗ weicht, Ungenauigkeiten. Spuren von Mitwissern oder Helfern des Keith sind weder in Deutschland noch bis jetzt in England ermittelt. 24 ; 6 Untersuchungen sind indeß noch nicht definitiv ab geschlossen. —
Verficherungen auf Schiffe oder Schiffsgüter hat Keith bis 1875 in Europa nicht versucht.
Redacteur: F. Prehm.
Verlag der Expedition (K esseh. Vier Beilagen
leinschließlich Börsen · Beilage). 647)
Berlin:
Druck: W. Elsner.
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
M S1. Aichtamtliches.
Deutsches RNeich.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 30. März. Die Straßb. Ztg. schreibt: In den Veröffentlichungen der Landes- presse finden sich wiederholt Angaben, wonach die Kosten der Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern in Elsaß⸗Lothringen bis zu 70 Proz. der Brutto⸗Einnahmen dieser Verwaltung ausmachen sollen. Die Unxichtigkeit dieser Angaben ist so augenfällig, daß es sich nicht der Mühe verlohnen würde, sie zu widerlegen, wenn sich nicht doch Leser fänden, welche denselben Glauben schenken. So bringt das Els. J. in Nr. 76 eine Korrespondenz von einem seiner Leser über die Weinsteuer, in welcher Folgendes bemerkt ist: „I) Ist voll⸗ kommen anerkannt, daß die daherigen Bezugskosten der Wein⸗ steuer) über 50 Proz. des Nettoertrages ansteigen u. s. w.“ und knüpft daran einige nothwendigerweise unzutreffende Schlußfol⸗ , Tie thatsächlichen Verhältnisse sind folgende: Nach
en Ergebnissen des Jahres 1875 betragen:
Die Brutto-Einnahm en aus den der Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern in Elsaß⸗Lothringen unterstellten Reichs- und Landessteuern 26,513,563 6
die Gesammt ausgaben dieser Verwaltung mit Aus⸗ schluß der einmaligen außerordentlichen Ausgaben 211,002 66 und stellen sich also die Ausgaben im Großen und Ganzen auf 15,39 Proz. der Einnahmen.
Unter den Ausgaben sind die Kosten der Grenzzoll⸗Ver⸗ waltung und der Grenzaufsicht mit einbegriffen, welche als ein Theil der allgemeinen Verwaltungskosten des Deutschen Reichs streng genommen den Zolleinnahmen bei den elsaß⸗lothringischen Aemtern nicht unmittelbar gegenübergestellt werden können.
.Wenn man von den Einnahmen die Reichssteuern ein⸗ schließlich der Zölle und von den Ausgaben die betreffenden Verwaltungskosten in Abzug bringt, so verbleiben als
Einnahmen an Landessteuern 13,441,570 M, Ausgaben wegen derselben 1611, 002 M, und betragen mithin bei den Landessteuern die Ausgaben nur 12 Proz. der Einnahmen. ;
Hiernach ist es geradezu unverständlich, wie man zu der oben erwähnten Annahme gelangen kann, daß die Weinsteuer, welche von denselben Organen, wie der Eingangszoll, die Salz-, Tabak⸗, Branntwein⸗ und Biersteuer, die Lizenzgebühren, ver⸗ waltet und erhoben wird, einen Kostenaufwand von „50 Paosz. des Nettoertrages“ veranlasse.
Frankreich. (Monatsübersicht für Februar). Seit Anfang des Monats war die öffentliche Aufmerksam keit auf den 20. Februar gerichtet, an welchem die Wahlen für die Deputirtenkammer stattfinden sollten. Die „Wahl⸗ periode“ sollte dem Gesetze zufolge fünf Tage vor dem Wahl⸗ termine ablaufen. Versammlungen reihten fich an Versamm⸗ lungen, in denen die Wahlmanifeste der Central⸗-Ausschüsse wie die Programme der Kandidaten erörtert wurden. In einer Rede zu Lille erklärte Gambetta, daß er von der neuen Kam⸗ mer erwarte, sie werde das Unterrichtsgesetz beseitigen und der Welt erklären: Hier bin ich! Ich bin immerdar das Frankreich der freien Forschung und der Gedan kenfreiheit!“ Gleichwohl hatte um Mitte des Monats die Subskription für die katholische Universität in Lille bereits 1,070,145 Franes ein— getragen, und Msgr. Dupanloup, welcher am 4. aus Rom zu⸗ rückkehrte, das vom Papste gutgeheißene Programm für den katholischen Universitãtsunterricht mitgebracht. Nachdem Gam⸗ betta am 109. in Marseille und dann in Bordeauxn gesprochen, hielt er noch am 14 im 8. und im 20. Arrondissement Reden, in denen er für die Konstituirung einer maßvollen Republik ein⸗ trat, welche den Uebergriffen des Episkopats gegenüber zu treten habe.
Unter den Wahlschreiben verdient dasjenige des Sohnes Napoleons III. Erwähnung, worin derselbe als Erbe der Auto⸗ rität seines Vaters den bonapartistischen Wählern in Ajaccio verbietet, für den Prinzen Napoleon Jerome zu stimmen, dagegen die Kandidatur Rouhers empfahl. Der Riß in der Familie Bonaparte war damit offiziell angekündigt.
Der Vizepräsident des Kabinets, Buffet, ließ überall die Kandidaten des chiselhurster Bonapartismus unterstützen, und die Blätter, welche behaupten, seine Stellung sei bedroht, wegen Verbreitung falscher Nachrichten verfolgen, so daß selbst der „Moniteur“ kein Bedenken trug, es betrübend zu nennen, daß „ein Mann in der hohen Stellung des Herrn Buffet die Unduldsamkeit und Ausschließlichkeit bis zu dem Punkte treibe, daß er seine Sache und noch mehr die Sache der Regierung mit derjenigen der ärgsten Feinde der Verfafsfung und des Marschalls verwechselt.
Der Polizeipräfekt Renault ersuchte „in Erwägung, daß seine Stellung als Kand dat in Seine⸗Oise als unverträg⸗ lich mit seinem Amte gefunden werden könnte“, um seine Ent— lassung, zu seinem Nachfolger wurde Voisin ernannt.
Am 14. Februar fanden die letzten öffentlichen Wahl Ver⸗ sammlungen statt, und noch am letzten Tage wurden in Paris ö. 9. genannten neuen Polizeipräfekten zwei Versammlungen aufgelõöst.
Das Resultat der Wahlen vom 20. Februar, welche mit Ruhe vor sich gingen, war ungefähr folgendes: 421 end— gültig gewählte Abgeordnete: 76 Radikale, darunter 13 Intran⸗ sigenten, welche ihrem Programm gemäß Opposition gegen Gam⸗ betta machen; 149 feste liberale Republikaner von der Farbe der eigentlichen Linken, 10 vom linken Centrum, welche früher stets mit Thiers gestimmt haben, 37 Orleanisten, 28 Legitimisten und 61 Bonapartisten, welche somit die Hälfte der gesammten antirepublikanischen Opposition bilden. 108 engere Wahlen standen noch aus. Von verschiedenen Gruppen der Linken waren 138 Mitglieder der National⸗Versammlung als Kandi⸗ daten aufgetreten, 18 fielen durch, gewählt wurden dagegen 40 Radikale, 37 von der Linken und 43 vom linken Centrum, welches auch hier die meisten Wiederwahlen erlangte. Von den verschiedenen Gruppen der alten Rechten hatten sich war 2 Mit⸗ glieder zur Wiederwahl gestellt, aber nur 40 wurden gewählt, darunter Fourtou. Die ultramontanen Kandidaten, 32 * des besonderen Wohlwollens des Vize Präsidenten des Minister⸗ Fonseils, Buffet, und des Klerus erfreuten, erlitten eine voll⸗ stãndige Niederlage.
meldete darauf,
Berlin, Montag, den 3. April
Der genannte Minister, welcher in vier Wahlkreisen als Kandidat aufgetreten war, in keinem aber die Mehrheit erhalten hatte, nahm in Folge dessen seine Entlassung, mit ihm sein Unter⸗Staatssekretãr Desjardins. Das amtliche Blatt vom 24. daß Dufaure zum Vize⸗Präsidenten des Konseils ernannt worden sei und interimistisch das Portefeuille des Innern übernommen habe, sowie daß der Acerbau⸗Minister, der seine Entlassung nachgesucht, vorlãufig im Amte bleibe.
Durch den Ausfall der Wahlen vom 29. Februar hat das Land seinen Spruch dahin abgegeben: Frankreich will den ehrlichen Versuch mit der republikanischen Verfassung machen; es will nicht die Politik des „Kampfes“ und der „moralischen Ord⸗ nung“ welche Buffet vertrat, es will Ruhe und Ordnung, aber nicht die Freiheit im Geiste des Ultramontanismus. Frankreich ist liberal im Sinne des linken Centrums und hat, wenn nicht unvorhergesehene Zwischenfälle eintreten, Aussicht auf eine Periode der Ruhe und friedlicher Thätigkeit bis zum Jahre 1880.
Segen Ende des Monats begannen die Vorbereitungen für
die Stichwahlen des 5. März, von welchen die republikanische Majorität noch einen bedeutenden Zugang erwarten durfte, zumal nachdem der Versuch Rouhers, sich zum Führer der ge⸗ sammten monarchischen und klerikalen Fraltionen aufzuwerfen gescheitert war. Die Führer des linken Centrums hielten fast täglich Besprechungen über die künftige Haltung der Majorität und deren Stellung zu dem neuen Kabinet. Gambetta begab sich wieder auf eine Rundreise, um im Osten den Sieg der Ge⸗ mäßigten über die Radikalen durchzusetzen. Am Abend des 28. Februar traf derselbe von Marseille in Lyon ein und hielt dort eine Rede, worin er hervorhob, die Wahlen seien ein Protest gegen die Uebergriffe des Klerikalismus, der in der inneren und auswärtigen Politik schwere Gefahren herbeiführen würde, wenn man ihn gewähren lasse; die Republi⸗ kaner aber wollten Frieden mit dem Auslande und Fortschritt im Innern; ihr Losungswort sei Mäßigung, denn die Republik müsse Allen offen stehen, die sich aufrichtig um sie scharten. Er trat damit im Ganzen für das Programm ein, welches Thiers ö. 86 in der Nationalversammlung empfohlen und verfoch⸗ en hat. Die Beendigung des Krieges in Spanien wurde überall mit Jubel begruͤßt; nur die Ultramontanen sympathisir= ten mit den Carlisten, verstärkten aber dadurch nur den Eindruck dieser zweiten Niederlage ihrer Partei.
Der Ball, den der deutsche Botschafter am 12. Fe⸗ bruar veranstaltete, war besonders glänzend. Der Marschall Mac Mahon, der her von Nemours, der Prinz von Joinville, die Königin Isabella, die Minister Buffet und Decazes und das ganze diplomatische Corps erschienen auf demselben.
In dem Ausweise über die Gesammtziffern der französischen Ein⸗ und Ausfuhren während des Monats Januar erblickte der ‚Constitutionel- ein erstes warnendes Anzeichen, daß der in der letzten Zeit so blühende Handelsverkehr des Lan⸗ des im Rückgange begriffen sei. Die Gesammtziffer der Ein⸗ fuhren im JZanugr 1876*, sagte das angeführte Blatt, „über steigt jene vom Januar 1875 um 11 Millionen (279 gegen 268 Mill.) Die Differenz ist besonders merklich für die ver⸗ arbeiteten Artikel. Im Januar 1875 bezog Frankreich solche verarbeitete Artikel in Höhe von 34 Millionen aus dem Auslande, im Januar 1876 beläuft sich die Ziffer um 9 Millionen höher, auf 43 Millionen. Das ist aber noch von geringer Bedeutung im Verhältniß zu dem Folgenden. Das sicherste Zeichen für das Gedeihen des Handels und Gewerbes eines Landes ist unstreitig die Ziffer seiner Aus⸗ fuhren. Im Januar 1875 hatte sich nun die Ausfuhr der ver— arbeiteten Artikel aus Frankreich auf 158 Millionen belaufen, im Januar 1816 war sie auf 102 Millionen zurückgewichen. Die Ausfuhr der natürlichen Erzeugnisse unseres Grund und Bodens hatte im Januar 1875 120, im Januar 1876 nur 86 Millionen betragen. Im Ganzen ist unsere Ausfuhr von einem Januar zum andern um 92, nämlich von 290 auf 198 Mil⸗ lionen zurückgegangen.“ Dieser rapiden Abnahme der Absätze an das Ausland mochte übrigens die in mehreren Nachbar ländern herrschende Geschäftskrisis nicht fremd gewesen sein.
Das „Journal officiel! vom 10. veröffentlichte einen Bericht des Handels Ministers de Meauz an den Präsidenten der Republik betreffend die Erneuerung der Handels- und Schiffahrts verträge. Die Handels- und Schiffahrts⸗ verträge mit den Niederlanden, England und Belgien laufen darnach vom 390. Juni bis zum 10. August 1877 ab, diejenigen mit Italien und Oesterreich find bis zum 1. Juli J. J. und 1. Januar 1877 verlängert worden; Frankreich hat selbfst seinen Handelsvertrag mit der Schweiz gekündigt und auf dieser Seite sind seine Verbindlichkeiten am 20. November 1876 gelöst. Die französischen Handelskammern, die zu Rathe gezogen wurden, haben sich fuͤr die Erneuerung der bestehenden Verträge mit Einführung einiger Modifikationen, zu welchen die Ersetzung der Zölle ad valorem durch die spezifischen Zölle gehören, ausgesprochen. „Die Unterhandlungen mit den Nachbarstaaten, schließt das Dokument, können beginnen, oder sie haben vielmehr mit Italien schon begonnen, und es ist hohe Zeit, daß sie auch mit den an⸗ deren Staaten eingeleitet werden; es ist hohe Zeit, für die Zu⸗ kunft unseres Handels zu sorgen. Ihre Regierung, Herr Präsi⸗ dent, sieht diesen Berathungen und Unterhandlungen mit patrio⸗ tischem Vertrauen entgegen; denn sie werden abermals zeigen, was nach dem Mißgeschicke und den schweren Schlägen, die uns betroffen haben, unser Land von seiner Arbeit erwartet und welche Hoffnungen es in die Aufrechterhaltung der Ordnung und des Friedens setzt.“
Zur Eisenbahnfrage. 1
Unter dem Titel Reichs eisen bahnen, Materiglien zur Beur- tbeilung der deutschen Eisenbahnfrage, zusammengestellt von der Re—⸗ daktion des Berliner Aktionär (J. Neumann 6 Freystadt) ist eine Zusammenstellung derjenigen Artikel (Verl. des „Berl. Akt.“ erschienen, in welchen die genannte Zeitschrift seit Oktober v. J. mit Entschie denheit für den Erwerb womöglich sämmtlicher deutscher Eisenbahnen durch das Reich eingetreten ist. Ergänzt sind diese Artikel durch einige Materialien, welche den Entwickelungsgang der ganzen Ange⸗ legenheit veranschaulichen. Der letztere wird in der Einleitung des Buchs, wie folgt, geschildert: .
1876.
„Die Verfassung der Deutschen Nationalversammlung, der aus dem Dreikonigs Bündniß hervorgegangene Entwurf einer Verfassung des Deutschen Reiches und die ünchener Uebereinkunft zwischen Bayern, Württemberg und Sachsen vom 29 Februar 1350, sie alle erkennen nicht minder an, wie die Verf assang des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Jteihes, daß das Eisenbahnwesen ein 2 gemeinsamer Fürsorge sein muß. Und doch betrug im Jahre 1849 die Länge der Bahnen Deutschlands und Desterreichs erst 850 Meilen, die Länge des zusammenhängenden Bahnnetzes nur 624 Meilen, die Länge der Staatsbahnen nur 280 Meilen, die Zabl 4 (Aktiengesellschaften) aber freilich auch be- rei ö
Seitdem die gegenwärtig gültigen Grundgesetze in Kraft getreten fe ist in dem Reichstage unausgesetzt an die Verwirklichung der elben gemahnt. Schen in der jweiten ordentlichen Session des Reichstags des Nerddeutschen Bundes, am 2. April 1868, stellte der Abg. Harkort Anträge auf Verwirklichung des Artikels 45 der Verfaffung. Sie blieben damals in der Kommission zur Vocberathung derselben hängen und wegen des Schlusses der Sesston unerledigt. In der dritten 1 nahm der Abg. Harkort dieselben sofort wieder auf und der Reichstag pflichtete ihnen am 5. Mai 1869 bei, indem er ihre Ziele auf den ganzen Titel VII. der Verfassung er⸗ streckte. War in diesem Beschlusse noch von ‚reglementarischen Fest⸗ setzungen und allgemeinen administrativen Anordnungen“ die Rede, so ing der Reichstag des Rorddeutschen Bundes in seiner vierten und etzten Sessien bereits wesentlich weiter, indem er auf den Antrag des Abg. Miquel am 21. April 1870 den Bundeskanzler zur Vorlegung eines Gesetzes über das Eisenbahnwesen im Reiche aufforderte. Und wie dachte man damals, d. h. bereits zur Zeit des Norddeutschen Bundes, über die Nothwendigkeit einer geserlichen Regelung des Eisenbahnwesens von Seiten des Reiches? Der Abg. Miquel moti- virte dieselbe folgendermaßen: ‚Es ware Zeitverschwendung, wenn ich hier weitläufig entwickeln wollte, warum gerade in Eijenbahusachen eine einheitliche deutsche Gesetzgebung ein dringendes Bedürfgiß ist. Es ist auf keinem einzigen Gebiete des sozialen Lebens das Bedürf⸗ niß einer einheitlichen und gleichmäßigen Behandlung der einjchläzi⸗ gen Fragen Jedermann, selbst dem allerschroffsten Partikularisten, so schroff entgegengetreten, wie auf dem Gebiete der großen Verkehrs mittel. Wir brauchen nur die Karte der deutschen Eisenbahnen anzu sehen, um unz klar zu machen, wohin die Zersplitterung in die ein⸗ zelnen Souveränetäten, das ausschließliche Vertreten von Einzel- interessen kleiner Staaten auf diesem Gebiete geführt hat, zu welcher außerordentlich unzweckmäßigen Herstellung der Eisenbahnlinien, zu welcher einseitigen Verfolgung kleinlicher Interessen, zu welcher großen Veischwendung von Nationalvermögen.“ Der Abg. Günther-Sachsen setzte hinzu: „Es giebt kaum ein materielles Gebiet, auf welchem gleichmäßige und einheitliche Einrichtungen nothwendiger erscheinen, als auf dem des Eisenbahnwesens“, um daran zu mahnen, „möglichft einstimmig den dringenden Wunsch auszusprechen, daß das Eisenbahn- wesen von Bundeswegen so bald als möglich regulirt werden möge.“ Schon damals machte man sich jedoch auch bereits die Hindernisse klar; der Abg. Miquel faßte dieselben dahin zusammen: Gerade im Eisenbahnfach ist der Widerftand partikularistischer Reigungen so stark, daß es bis jetzt der preußischen Staatsregierung, die, wie ich glaube, geneigt ift, auf daz GHesetz einzugehen, nicht möglich gewesen ift, etwasz Wesentliches zu leisten, und gerade deswegen ist dieser An= trag sehr am Platze; er spricht noch einmal den entschiedenen Willen der Volksvertretung aus, daß auf diesem Gebiete die partitularistischen Hemmnisse nicht Sieger bleiben lollen!“ ö .
Der erste Reichstag des Deutschen Reiches knüpfte in seiner Sitzung vom 14. Juni 1871 direkt an den Beschluß des Reichetags des Norddeutschen Bundes vom 21. April 1879 an und wiederholte denselben wörtlich, indem der Berichterstatter, Abg. Dr. Hammacher, konstatirte, darüber, daß eine einheitliche und reformirende Eisen⸗ bahngesetzzebung für das Reich auf dringenden Bedürfnissen beruhe, könne nicht der mindeste Zweifel sein.“
Als gleichwohl die Sache nicht weiter rückte, ging im Jahre 1873 aus der Initiative des Reichstags als Nothgesetz das Gesetz über die Errichtung des Reichs-Eisenbahnamtes vom 27. Juni 1873 hervor. Nach den Verhandlungen sollte das Reichs ⸗Eisenbahnamt in erster Reihe die Aufgabe haben, den baldigen Erlaß eines Reichs ⸗Eisen bahn= gesetzeg energisch vorzubereiten. Die wuchtigen Reden des Fürsten⸗ Reichskanzlers bei Gelegenheit der Berathung des Gesetzes am 17. und 28. Mai 1873 sind gewiß sehr beachtenswerthe Marksteine auf dem langen Wege unserer Eisenbahnreform. .
In der Session von 1873, 1874 interpellirte der Abg. Freiherr v. Minnigerode unterm 23. Februar über den Stand der Angelegen⸗ heit. Der damalige Praäͤsident des Reichs Eisenbahnamtes, Hr. Scheele, beantwortete die Interpellation, indem er das Reichs ⸗Eisenbahngesetz als in der Ausarbeit ing begriffen bezeichnete und mit den Worten schloß: „So viel steht fest, daß mit der gegenwärtigen Gesetzge bung der Behörde die Mittel nicht gegeben sind, die erforderlich sind, um die Ziele zu erreichen, die der Reichstag im Auge hat und ohne deren Erfüllung die neue Institution — das Reichs Eisenbahnamt — werth— volle Dienste nicht leisten kann. .
Derselbe Abg. Frhr. v. Minnigerode wiederholte alsbald nach Eröffnung der Session von 1874 seine Interpellation und erhielt darauf am 9. November 1875 durch den gegenwärtigen Präsidenten des Reichs ⸗Eisenbahnamtes, Hrn. Maybach, eine Antwort von viel—⸗ sagendem Inhalt, eine Antwort, die in der Sitzung vom 29. Novem- ber 1875 eine Ergänzung erfuhr. Beide Reden durfen bei Beurthei⸗ lung der deutschen Eisenbahnfrage nicht übersehen werden.
An die Beschlüsse des Reichstages und die Erklärungen der Reichsregierung schließen sich sodann Resolutionen hervorragender Kör. perschaften auf dem Gebiete der wirthschaftlichen Interessen; des Deutschen Handels tages und des Deutschen Landwirthschaftsrathes, ferner eine Zusammenstellung der Gutachten der Organe des Handels standes und der Industrie über den zweiten Entwurf eines Reichs⸗Eisenbahn gesetzes, weiter ein Auszug aus dem Gutachten des Vereins Deutscher Privat. Eisenbahnverwaltungen über denselben Gesetzentwurf und end⸗ lich die Gutachten der Tarif Enquete ⸗Kommission und ihrer einzelnen Mitglieder.
Die Nr. A des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗ und Telegrapben⸗Verwaltung“ hat folgen den Inhalt; Verfügung: vom 31. März 1876. Versendung von Waaren mit , . unter der mißbräͤuchlichen Bezeichnung als Waaren proben.
— Nr. 9 des ‚„Armee⸗-Verordnungsblatts“, herausgege= ben vom Kriegs. Ministerium, hat folgenden Inhalt: Generalstahgs= Uebungzreifen im laufenden Jahre. — Bekleidung ꝛc. der zu Lazareth gehülten auszubildenden Mannschaften. — Eröffnung der Kurse bei den Kriegsschulen. — Gewährung der Lagerstellen an die, die Strafe des gelinden Arrestes verbüßenden Unteroffiziere und Mannschaften. — Ausführung des Gesetzes vom 25. Juni 1875, betreffend Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen in der Provinz Brandenburg. = An nahme der in ien nn lautenden Banknoten der Preußischen Bank und Abführung derfelben an die Reichsbankanstalten. — i. der beiden Garnisonärzte von Berlin. — Ausführung des Ge 4 vom 25. Juni 1875, betreffend Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen in den Hohenzollernschen Landen. — Raumbedürfniß an Montirungskammern für die Pionier Bataillone. — Reife⸗ 2c. Kompetenzen der bei Uebungen und Zusammenziehungen innerhalb des