1876 / 84 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Apr 1876 18:00:01 GMT) scan diff

7. en

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Die heutige Rum mer des Deutschen Reich s⸗ und Königlich Preußischen Staats -Anzeigers enthält in der ersten Beilage:

. Rr. 2 der auf den EGisenbahnen Deutschlands (excl. Bayerns) im Monat Februar 1875 beförderten Züge und deren Verspätungen, aufgestellt im Reichs⸗Eisenbahn⸗Amt;

in der Handelsregisterbeil age: Rr. F der Tarif⸗ ꝛc. Veränderungen der deut⸗

schen Eisenbahnen.

Aichtamtliches. Deutsche s Reich.

Preußen. Berlin, 6. April. Se. Majestät der gaiser und König nahmen heute die Vorträge des Kriegs⸗ Ministers Generals der Infanterie von Kameke, und des Chefs Des Nilitär⸗Kkabinets, des General⸗Adjutanten von Albedyll, entgegen.

Zhre Majestät die Kaiserin⸗Königin besichtigte heute die Ausstellung des Vereins zur Beförderung des Garten⸗ baues im Saale des Admiralsgartenbades. Heute findet im Königlichen Palais eine musikalische Abendunterhaltung statt.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittags militãrische Meldungen entgegen und empfing darauf den Prinzen Wilhelm Radziwill, sowie den Vize⸗Ober⸗Teremonienmeister von Roeder. .

Nachmittags 5 Uhr fand bei Ihren Kaiserlichen Hoheiten ein kleineres Diner statt, zu welchem der Reichskanzler Fürst Bismarck mit Gemahlin, der englische Botschafter Lord Odo Russel mit Gemahlin, der Kaiserliche Botschafter am Königlich italienischen Hofe, Geh. Legations⸗Rath von Keudell, der Vize⸗ Dber⸗Ceremohienmeister von Roeder und andere Personen von Distinktion eingeladen waren. . .

Abends 7 Uhr empfing Se. Kaiserliche Hoheit den Vorstand der Garnison⸗Baugesellschaft in Gofiyn im Großherzogthum Posen und besuchte später die Vorstellung im Opernhause.

Der Bundesrath hielt gestern die 13. Plenarsitzung. Den Vorsitz führte der Staats⸗Minister Dr. Delbrück. 2

Es wurde zunächst Beschluß gefaßt über die geschãftliche Behandlung der Vollagen, betreffend die stattgefundenen Er⸗ hebungen über die Verhältnisse der in Fabriken beschäftigten Frauen und Minderjährigen, und betreffend den Entwurf eines Gesetzes über die Untersuchung von Seeunfãllen. .

Dierauf wurde ein Ausschußbericht erstattet über die Be⸗ schlüfsfe des Reichstages zu den vorgelegten Gesetzentwürfen wegen Abänderung des Titels VIII. der Gewerbeordnung und wegen der eingeschriebenen Hülfskassen. Den Gesetzentwürfen wurde Zustimmung ertheilt.

Endlich wurde eine Eingabe vorgelegt.

Der Ausschuß des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen trat heute zu einer Sitzung zusammen.

Der V. Ausschuß hat dem Bundes rath mehrere Anträge zu 48 des Eisenbahnbetriebs⸗Reglements vorgelegt. Der Bundesrath hat diese Anträge in seiner Sitzung vom 24. v. M. genehmigt und auf Antrag des Praͤstdenten des Reichs⸗Eisenbahn⸗Amtes beschlossen, diese Aende⸗ rungen mit dem 1. Juli d. J. in das Leben treten zu lassen. In derselben Sitzung hat der Bundesrath beschlossen, sich mit dem Abschluß eines Auslieferungsvertrages zwischen Deutschland und Oesterre ch⸗Ungarn einverstanden zu erklaren und den Reichs⸗ kanzler zu erfuchen, mit der österreichisch⸗ ungarischen Regierung auf Grund eines vom Ausschuß vorgelegten, vom Bundesrath in einigen Punkten abgeänderten Entwurfs in Verhandlung zu treten.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten kündigte bei der dritten Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die Vereinigung des Herzogthums Lauenburg mit der preußischen Mon⸗ arch ie, der Abg. Dr. Virchow an, daß er eventuelle Abände⸗ rungsanträge erst bei der zweiten verfassungsmäßigen Berathung stellen werde, während der Abg. Dr. Hammacher die Quellen charak⸗ terisirte, aäus denen die Anregung zu solchen Anträgen kommen könnte. Der Reichskanzler Fürst Bismarck nahm hierbei Gelegenheit, die Stellung der preußischen und der lauenbur⸗ gischen Regierung zu der Vorlage, soweit sie von der Debatte be⸗ rührt wurde, wie folgt, klar zu legen:

Ich weiß nicht, ob in drei Wochen, wo der Hr. Abg. Virchow dasjenige, was er inzwischen in dem Herzogthum Lauenburg an Be— schwerden von Leuten, wie sie durch die eben verlesene Resolution charakterisirt worden sind, wird erheben können, vorbringen wird, ich dann bei meiner schwankenden Gesundheit und bei einer nothwen— digen Badekur, die mir bevorsteht, in der Lage sein werde, mich hier für das Herzogthum Lauenburg und für die Vorlage auszusprechen; ich hoffe es, aber ich bin doch nicht sicher und ich erlaube mir des halb, über die gesammte Stellung der beiden Regierungen, der preu⸗ ßischen wie der lauenburgischen, zur Sache hier heute noch einige Bemerkungen zu machen.

Ich muß sagen, ich habe es mir im Ganzen nicht so schwierig gedacht, den preußischen Staat zu vermögen, daß er ein wohlhabendes, wohlstehendes, wohlgelegenes Herzogthum, das man ihm auf dem Präfentirteller anbietet, annehme. Ich bin üherhaupt diesem wohl- habenden Lande gegenüber nicht darauf gefaßt, gewesen, es als eine ausgequetschte Citrone bezeichnen zu hören. Ich fehe hier die Quelle davon: die Resolution dieser Leute, deren Bildungszustand hinreichend gekennzeichnet ist durch den Inhalt, und die zum Theil dem Lauenburgiichen Staatsverband, so Diel ich weiß auch Herr von dem Sandt, nicht angehören. Rekrutirt find sie wahrscheinlich aus der mehrere Tausend betragenden Ein⸗ wohnerschaft der Vorstädte von Lauenbarg, wesentlich Schiffer, mehr nach Hamburg gravitirend, ste kommen auf den Berg oben, wo das Herzogthum liegt, nicht oft hinauf, sie kommen nicht nach Lauenburg und haben ihr Gewerbe unten an der Elbe, Bekanntlich ist die große Anzahl von Sozialisten, die das Herzogthum Lauenburg aufzuweisen hat, es war bei einer der Reichstags wahlen die Stimmenzahi der Art, daß die Sozialisten relativ die stärkfte Stimmenzahl aufwiesen, stärker, als sede der beiden anderen Parteien von diesen Sozialisten, deren Ursprung in diesem rein ackerbauenden Lande Gegenstand wissen⸗ schaftlicher Motivirung sein könnte ich. will nur sagen, die Gesetz⸗ gebung war so beschaffen, daß kein Arbeiter unter keinen Umständen krgend? je einen Flecken Land erwerben konnte, da überall doppeltes Eigenthum war, Bauerngůter und Rittergüter. Die Bauerngüter waren Erbpacht, die Rittergüter Lehn, und seit Jahrhunderten, kann man sagen, ist sorgfältig darauf hin

gewirthschaftet, die Bevölkerung nicht über Maß nach Abzug der Städte 7 bis 15 Hundert auf die Quadratmelle zwei Meilen von Hamburg in einem fruchtbaren Lande wachsen zu lassen. Daß der Arbester in oft fehr harter Abhängigkeit vom Bauern steht, sich in der Unmöglichkeit sieht, irgendwie eine Unabhängigkeit zu erwerben, und ahnliche Ursachen in der Gesetzgebung, die auf dem Lande

den Sozializmus verbreiteten, so daß der Arbeiter in dem Sozialis. mus Rettung gegen eine unvernünftige Gesetzgebung jucht, das ist klar, und ven diesen Sozialisten wird der Hr. Abg. Virchow fehr viel Beschwerben über die Mißregierung in Lauenburg extrahiren önnen, denn ich habe mich besenderer Popnlarität bei den Sogialisten nie erfreut. Es überrascht mich, so viel Schwierigkeiten gerade von Seiten des Hrn. Abg. Virchow . hören. Ich hatte geglaubt, er würde mit einer gewissen vornehmen Vergessen delt über Dinge, die zehn Jahre rückwärts liegen, hinweggehen. Wenn es nach ihm damals z-gangen wäre, wäre weder von einer aus ge quetschten noch vollen Citrone hier die Rede, sondern Lauenburg würde sich im Besitz des Herzogs von Augustenburg und unter dem Schutz des Frankfurter Bundestags befinden, der nach der Politik des Hrn. Abg Virchow, die er damals vertreten hat, noch heute die herrschende

otenz in Deutschland sein würde. Ich würde in Stelle des Herrn

bgeordneten nicht gern an diese Phase erinnert haben, er zwingt mich aber dazu, ihn darauf aufmerksam zu machen, daß er mehr als jeder Andere in der Lage war, ein dargebotenes Geschenk nicht so genau zu fritisiren ich will an ein populäres Sprichwort nicht erinnern —, aber doch nicht so scharf zu kritisiren an den Formen, unter denen dieses fehr stattliche und hübsche Herzogthum von seinem Herzog und nicht von der Volkeversammlung Preußen angeboten wird.

Ich bin eigentlich nicht dazu da, daß ich leidenschaftliches In⸗ teresse für diese Vorlage haben sollte; ich hatte immer darauf ge⸗ rechnet, daß, wenn ich einmal nicht im Stande sein würde, Reichs kanzler zu sein, ich in meinen alten Tagen das lauenburgische Geschäft daß ich in meinen alten Tagen mir das lauenburgische Mini. sterium als Altentheil würde reserviren können. Auf diese . verzichte ich, ob Eh freudig oder nicht, das ist meine Sache, i halte aber darauf, daß die Bedingnngen, unter denen Lauenburg hier angenommen werden soll als Mitglied des preußischen Verbandes, auch den jetzigen legalen Vertretern des Herzosthums gerecht seien, und ich werde sie Darüber befragen; wenn sie ihnen nicht gerecht sind, meine Herren, dann halte ich mich für verpflichtet als Minister für Lauenburg, die Verhandlungen zu vertagen. Es liegt das sonst nicht in meiner Ab⸗ sicht, aber wenn Sie glauben, daß der Herzog und sein Minister ein so sehr großes Interesse haben, dies Herzogthum los zu werden und sich hier alle moͤglichen Ausstellungen gefallen zu lasseu, dann ist dies eine faktisch unrichtige Voraussetzung. Ich weiß überhaupt nicht, warum Sie dieses Geschenk denn ein solches ist es was dem preußischen Staate hier dargehoten wird, als ein Dancerzeschenk be⸗ handeln; einmal sind der König von Preußen und seine Minister keine Danai, die zu fürchten wären, und zweitens ist die Gefahr, daß dieses trojanische Hieg in seinem Innern fünf ritterschaftliche Abge⸗ ,, mit nach Preußen hineinschmuszgeln könnte, doch nicht o groß.

Die Bemerkung des Reichskanzlers, daß der Abg. Dr. Virchow die Beschwerden „extrahire“, gab dem Letzteren Gelegen⸗ heit, auf die Stellung des Hauses zu dieser Frage in der Konfliktsperiode zurückzukommen. Der Reichskanzler Fürst Bismarck erwiderte hierauf:

Der Herr Vorredner hat a . die Stellung des Abgeordneten hauses in den Jahren 1865, 61 65 mir gegenüber wahren zu müssen geglaubt; ich glaube, daß dies üderflüssig war. Ich erkenne meines Erachtens ich habe Objektivität genug, um mich in den Ideen⸗ gang des Abgeordnetenhauses von 1862 bis 1865 vollständig einleben zu können, und habe die volle Achtung vor der Entschlossenheit, mit ber die damalige preußische Volksvertretung das, was sie für Recht hielt, vertreten hat. Daraus mache ich Niemand einen Vorwurf. Sie konnten damals nicht wissen, wo meiner Ansicht nach die Politik schließlich hinausgehen sollte; ich hatte auch keine Sicherheit, daß sie faktisch dahin hinausgehen würde, und Sie hatten auch das Recht, wenn ich es Ihnen hätte sagen können, mir immer noch zu antworten: uns steht das Verfassungsrecht unseres Landes höher, als seine auswärtige Politik. Da bin ich weit entfernt ge . wefen, irgend Jemandem einen Vorwurf daraus zu machen, oder bin es wenigstens setzt, wenn auch in der Leidenschaft des Kampfes ich es nicht immer gewesen sein mag, und ich glaube, Sie werden mir gerechterweise das Zeugniß nicht versagen können, daß ich meiner⸗ seits in den zehn Jahren, die seitdem ins Land gegangen sind, nie, auch nicht in gereißten Diskusstonen, an den damaligen Konflikt er⸗ innert habe. Ich habe meinerseits alle Feindschaft von damals vergessen und ihr die volle Versõöhnung der Landsmannschast und der gleichen Liebe zum Vaterlande substituirt. Wenn das von anderen Seiten mir nicht in gleichem Maße entgegengetragen ist, so ist das gerade das Be⸗ dauern, dem ich vorhin in einer vielleicht mißverstandenen oder un- vollkommenen Weise Ausdruck gegeben habe. Was ich aussprechen wollte, ist nicht, daß der Herr Abgeordnete mir vor zehn Jahren gegenüberstand, sondern daß er mir noch gegenübersteht, und zwar nicht blos sachlich, sondern prinzipiell und, wie ich fürchte, sogar perfönlich in einer Weise, wie ich sie nicht erwidere. Die Achtung, die ich vor dem Herrn Vorredner als wissenschaftlicher Größe und als einer der Existenzen, die unserem Vaterland zum Ruhmne gereichen auf dem Gebiete der Wissenschaften, habe, ist hei mir größer, als die Empfindlichkeit, die ich auf politischem Ge— biete mitunter berechtigt wäre ihm gegenüber zu haben. Wenn er an dem Ausdruck „Geschenk“ sich stößt, so habe ich damit nur sagen wollen, daß ich nicht glaube, daß in irgend einem anderen europäischen Lande man so viel Schwierigkeiten haben würde, dem Steate einen so wohl gelegenen und erwünschten Zufsatz zuzubringen. Die jetzige rechtliche Lage ist doch auch nicht so Prekär und unsich er, wie der Herr Vorredner sie schilderte. Die Personalunion von Lauenburg und Preußen ist nicht nur durch die Verfassung des Nord= deutschen Bundes, sondern auch durch die Reiche verfassung vollständig sanktionirt, und die Reichtverfassung und die Reichsgesetze sind ihrer- seitz auch, für Preußen gültig. Wir befiaden uns alse in einem reichsverfassungsmäßig vollkommen legalisirten Zustande, indem Se. Majestät der König als Herzog von Lauenburg entsagen kann, wenn t l aber zu entsagen nicht die Pflicht, wohl aber die Ab—

cht hat.

Wenn der Herr Vorredner zweifelhaft gewesen ist, ob er die Hülfe des Herrn Präsidenten hat aarufen sollen gegen meine Aeuße⸗ rung, wie er sie selbst wiederzab und wie sie ja auch wohl richtig sein wird er habe die Absicht, Urtheile gegen mich und meine lauen burgische Politik zu extrahiren so glaube ich, kann man über den Unterschied der Tragweite dieser Wendung und den Unterschied dessen, was der Herr Vorredner hier wirklich sagte und that, doch nur in sehr ißfindiger Weise rechten. Der Herr. Vorredner sagt: ich, kahn jetz; noch nicht reden, weil ich in drei Wochen erfst Mitthellungen aus dem Laade erwarte, oder wie er sich sonst auedrückte. Thatsache war, daß er drei Wochen Frist haben wollte, damit ihm dielenigen Mittheilungen aus dem Lande zugehen könnten, deren Urheber etwa noch Neigung haben sollten, sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Wenn das hier öffent lich proklamirt wird und in Zeitungen, die doch in Lauenburg gelesen werden, von diesen Herren, die dort sympathisiren mit dem Herrn Vorredner, veröffentlicht wird und die Ueberreste der Ritterschaft, die dort noch vorhanden find, werden das gewiß mit viel Aufmerk= famkeit lesen fo ift doch von dieser Kundgebung: daß er bereit sei, solche Erklärungen, wenn sie ihm zugehen, hier geltend zu machen, bis zu dem Worte „extrahiren' kein weiter Weg.

Bei der hohen wiffenschaftlichen Bedeutung des Herrn Vorredners kann ich mir die kleinliche Genugthuung einer geographischen Be= * nicht versagen. ö

er Theil von Hannover, der auf dem rechten Elbufer liegt, grenzt nicht mit Lauenburg, es schiebt sich ein mecklenburgischer Ge⸗ bietstheil dazwischen. Die Kontinuität des alten Lauenburg war immer unterbrochen. Allerdings gehörte früher im Amte Artlenburg noch linkselbisch ein schmaler, jetzt seit 50 Jahren hannoverscher Land⸗ strich zu Lauenburg, der dann iwiederum die durch die obere Elbe un terbrochene Kontinuität mit dem hannoverschen Amt Neuhaus, welches früher auch zu Lauenburg gehörte, herstellte.

Ich möchte, da ich einmal das Wort habe, doch in Bezug auf

die Instnuationen, die in den Resolutionen gelegen haben, welche in

Volks versammlungen verlesen wurden, in Dezug auf die Verschlech⸗ terung der Finanzen noch ein Wort bemerken. Die lauenburgischen Finanzen find außerordentlich gut und sie werden auch eber Hüsse ergeben. abgesehen von dem großen Vermögen, was dem Kreise als solchem zugebilligt wild. Es ift das ein um so günstigeres Zeugniß für die Verwal⸗ tung, als Lauenburg bekanntlich von der Reichs esetzzebung ziemlich stiefmũtterlich behandelt worden ist. Lauenburg hatte einen Elbzoll und einen Transitzoll, die ihm zusammen, wenn ich nicht irre, unge- fähr 140 000 Thaler einbrachten für dieses kleine Ländchen. Beides wurde bei der Herstellung des Norddeutschen Bundes ohne jede Ent- chädigung aufgehoben, und dadurch die Finanzen des Landes aller- dings um so mehr in Verlegenheit gebracht, als Lauenburg schon kurz vorher unerwarteter Weise die Schuld von 25 Milli onen dänischer Thaler die . aus dem Sasteiner Vertrage zu zahlen hatte, auf seine lauen burgischen Staatseinnahmen übernommen hatte, und dafür S5 900 Thaler jährlich aufzuwenden hat, bis sie getilgt sein wird, Es kam ifo für das kleine Land ein plötzlicher Ausfall; von 230 0900 Thaler jährlicher Einnahmen, anf den in Bezug auf die Elbzölle Lauenburg um so weniger gefaßt sein kennte, als die in ganz gleicher Lage be⸗ findlichen übrigen deutschen Staaten, wie Anhalt und Mecklenburg, eine immer nicht volle, aber doch sehr annähernde und die augen- blickliche fiaanzielle Verlegenheit hebende Entschädigung dafür bekamen. Es war dies eine Härte und Abneigung, die Lauenburg zu erfahren hatte und die damals im Lande mit ziemlicher Bitterkeit empfun-⸗ den ist, weil man sah, daß Analt und Mecklenburg die Eutschädi⸗ ung dafür bekamen, und die Herzoglich lauenburgischen Finanzen onnten damals wirklich in Verlegenheit gerathen. Das Land hat aber niemals mit einem Defizit gewirthschaftet, hat den Ausfall von 146,000 Thalern getragen, und es hat die Verzinsung und Tilgung 2. 6 Millionen' danischer Thaler getragen und nie ein Defizit ehabt. z Das Land Lauenburg lieferte früher, man kann es Civilrevenue nennen an Neberschuß an die dänische Krone jährlich eine Summe, die, foviel ich mich erinnere, zwischen 150, C00 und 250, 000 Thaler ge⸗ wechfelt hat, die baaren Üäberschüsse des Landes, die man gewisser⸗ maßen als die Civilliste des Königs von Dänemark betrachten konnte, und dieser Umstand erklärt die Thatsache, daß das Land alle diese gefährlichen Stöße, die seine Finanzen erlitten, hat ohne Schiffbruch überdauern können, indem durch die Theilung, bie Se. Maiestät der König mit dem Lande über das Domanium vorgenommen hat, die Könialiche Civilliste von durchschnittlich 200 000 Thaler jährlich auf den budgetmäßigen Ertrag von 34 000 Thaler jährlich, respeklive das Amt Schwarzenbeck reduzirt worden ist, Se. Majestäͤt sich also mit circa Tos 00 Thalern jährlich weniger begnügt haben, als frũher. Daß Se. Majestät diese reservirte Civilliste, die auf die Gäter fundirt war und die den budgetmäßzizen Ertrag von 34,000 Thalern trugen, schließlich nicht für sich selbst behalten, sondern mir als Dotation geschenkt hat, das ändert in den finanziellen Verhält⸗ nissen Lauenburgs 6 nichts; denn Niemand würde Sr. Majestät als dem Herzog eine Bemerkung darüber machen können, wenn er sich bei diesem reichen Landes vermögen als Domanialantheil ein Hauspatri⸗ monium von nur 34,005 Thalern jährlich budgetmäßiger Repenüen refervirte. Ich erwähne dies ausdrücklich, weil in den Volksversamm⸗ lungen auch darüber eine Menge Lägen kolportirt werden. Ich bin fur diese Dotation, die mir im Lande von vielen Uebelwollenden vorgeworfen wird, ausschließlich Sr. Majeftät dem Kaiser und Herzog zu Danke verpflichtet, der die Gnade gehabt hat, sie mir aus Seinem eigenen Vermögen zu überweisen.

Sodann wurde das Gesetz angenommen.

Als zweiter Gegenstand der Tagesordnung folgte der Ver⸗ trag zwischen Preußen, Oldenburg und Bremen über die Schiffahrtszeichen an der Unterweser. Nach⸗ dem der Abg. Dr. Dohrn Bedenken dagegen erhoben hatte, daß in diesem Vertrag auch über die Straͤndbefestigungen bei der Insel Wangerooge Bestimmungen getroffen seien, ergriff der Handels⸗Minister Dr. Achenbach das Wort:

Meine Herren! Zunächst will ich rücichtlich dieses Vertrages konstatiren, daß die Verhandlungen, welche seit langer Zeit über die Seczeichen' von der. Weser geführt worden sind, sich stets gewiffermaßen unter der Leitung und Direktion des k haben; es ist kein Schritt in dieser Angelegen= eit geschehen, waͤre und nicht die Billigung der Reichsbehörden erfahren hätte, Die lange Zeit, welche verflossen ist, um di⸗ Verhandlungen zum Abschluß zu bringen, beweist Ihnen hinlänglich, daß auf der einen Seite große Schwierigkeiten zu überwinden waren, aber von sämmtlichen bethei⸗ ligten Staaten ein erheblicher Werth darauf gelegt wurde, eine Eini⸗ gung berbeizuführen. . ; ;

Es wird nun, was die Bestimmungen des Vertrages im Allgemeinen anbetrifft, von dem Herrn Vorredner darauf hingewiesen, daß haupt⸗ sächlich! ein Bedenken gegen die Annahme des Vertrages darin be= stehe, daß die Strandbefestigungen auf der Insel Wangerooge mit in den Vertrag hineingezogen seien, und die Schiffahrt abgaben sich auf die Erhaltung dieser Strandbefeftigungen beziehen.

Meine Herren! In Betreff dieses Punktes fährt der Herr Vor⸗ redner weiter an, daß Bremen durch seine Mitkontrahenten gleichsam dazu genzthigt worden fei, die Strandbefestigungen in den Bereich der Verhandlungen aufzunehmen, daß es die schließlichen Abmachungen angenommen habe, weil es na Lage der Dinge hierzu gezwungen gewesen wäre. Dem gegenüber muß ich freilich feststellen, daß gerade Bremen es gewesen ist, welches die Wangerooger Angelegenheit mit in die Verhandlungen gezogen hat. Ich glaube, daß es nicht ganz ungerechtfertigt ist, wenn ich wenigstens eine Zeile aus einem Schreiben von 7. Rovember 1877 zur Kenntniß des Hauses bringe. Es ist an dieser Stelle gesagt: . ; -

„Es möge uns gestattet sein, mit dem Vorstehenden einen Gegenstand in Verbindung zu bringen, welcher zwar abgesondert in Änregung gekommen ist, aber seiner Natur nach, wie uns scheint, in engem Zufammenhange mit der Angelegenheit der Weserschiff⸗ fahrtszeichen stehtt.

Es folgt dann eine längere Ausführung über die Erhaltung der Insel Wangerooge nebst den hiermit in Verbindung stehenden Vor⸗ schlägen. Baß diefer Gegenstand mit den Weserschiffahrtszeichen kombinirt gehälien ist, beruht also gerade auf dem ursprünglichen, übrigens durchaus gerechtfertigten Vorschlage Bremens.

Meine Herren! Das Reich hat der Erhaltung der Insel Wange= rooge mit Räcksicht auf die Schiffahrt und Schiffahrtszeichen, sogar eine so hohe Bedeutung beigelegt, daß, als die Verhandlungen sich zu fehr in die Lange zogen, im Jahre i874 von Reichsaufsichtswegen . ist. Es heißt in der betreffenden Mittheilung an

reußen: Die genannten Schiffahrtszeichen sind für die südlich von Helgoland fahrenden, insbesondere aber für alle nach der Weser Eder Jade bestimmten Schiffe von der höchsten Wichtiskeit. Sie möchten leicht von der See zerstört werden, wenn die Vorkehrungen zu ihrer Sicherung auagesetzt bleiben, bis die betheiligten Bundes⸗ staaten sich über die Modalitäten derselben geeinigt, haben werden. Unter diefen Umständen habe ich mich für verpflichtet gehalten, in Ausübung der dem Reiche obliegenden Oberaufsicht über die See⸗ schiffahrtszeichen (Ges. vom 3. März 1875, Gesetzbl. S. 47) die gebolenen Maßnabmen zur Sicherstellung des Wangerooger Kirch fhurms und Leuchtfeuers nunmehr meinerseits einzuleiten und die

Kaiferliche Admiralität um die ungesäumte Errichtung der hierzu

erforderlichen Strandwerke zu ersuchen u. s. w. ;

In Folge dieser Entschließung find von Reichswegen die Strand⸗ befesllgungen ausgeführt, und durch den Reichshaushaltg- Etat die be treffenden Gelder zur Verfügung gestellt worden, wie Sie denn auch im laufenden Etat eine Posttion zur Unterhaltung der hergestellten Strandwerke auf Wangerooge vorfinden. Es ist daher in dieser Sache sogar von Aufsichtzwegen von der Reichsbehörde vor⸗= gegangen und diese Initiative vom Reichstag wohl, auch unter den Gesichtspunkten genehmigt worden, wie ich sie eben aus dem Schreiben der Reichsbehörde mitgetheilt habe.

der nicht zur Kengtaiß des Reiches gekommen

Nun ist mir daslenige, waz der Hr. Dr. Dohrn in dieser Be- Rehung verträgt, durchaus nichts Neues. Ein Mitglied des Reichstages, welches sehr wohl im Stande ift, die Verhältnisse zu deurtheilen, ich habe sein Schreiben vorliegen, es lautet erwa so, wie Hr. Dohrn die Sache vorgetragen hat, geht nämlich von der Ansicht aus, daß es unzulässig sei, eine derartige Kombina- tion vorzunehmen und. daß die Seezeichen auf Wangerooge für die Schiffabrt absolut kein Interefs. mehr Hätten, nach. dem Seitens Bremens ein Leuchtschiff bei der Schlüsseltonne ausgelegt worden sei. In Folge dieser von sehr geschätzter Seite an mich gelangten Mittheilung habe ich Veranlassung genom men, die betreffenden Behörden über den Gegenstand zu böͤren. Es sind insbesondere die betheiligten preußischen Sciffahrtsbehõrden vernommen und die Aeußerungen derselben sie liegen hier in den

Akten vor gehen dahin, daß diese Schiffahrtszeichen fortgesetzt für

die Schiffahrt eine hohe Bedeutung besitzen und als eine „oth= wendigkeit für dieselbe anzusehen seien. Dieselbe Ermittelung ift auch von Reichswegen vorgenommen worden. Die Admiralität, über den Gegenstand zu einer gutachtlichen Aeußerung von Seiten des Reichs aufgefordert, hat fich fur die absolute Nothwendig⸗ keit der Erhaltang der betreffenden Seezeichen ansgesprochen. Wenn demgemäß in dem vorliegenden Vertrage die Strand= befestigungen mit den Schiffahrtsjeichen auf der Weser kombinirt worden sind, jo liegt das meiner Ansicht nach in der Natur der Sache. Die Seczeichen auf Wangerooge würden nicht zu erhalten sein, wenn die Insel selbst verschwinden und durch das Andrängen der Meeres- wogen weggeschwemmt werden sollte, ;

Hiernach, meine Herren, kann ich diesen Vertrag, der, wie ge— sagt, nach unsäglichen Schwierigkeiten zu Stande gekommer ist, der auf dem porliegenden Gebiete nützliche Einrichtungen trifft, nur Ihrer Annahme empfehlen. Ich bemerke dabei, daß, wenn etwa sin späterer Zeit das Reich die Seezeichen in seine aus—⸗ schließliche Verwaltang und Unterhaltung nehmen, und als— dann beabsichtigt werden sollte, die Schiffahrts abgaben abzu- schaffen, dieser Vertrag keinen Augenblick hinderlich sein werde, in dieser Beziehung dasjenige zu thun, was für zweckmäßig anerkannt werden möchte Zur Zeit aber berührt dieser Vertrag einen Gegen= stand, defsen Regulirung unter allen Umständen absolut nothwendig erscheint und bei dem gerade die Verhältnisse Beemens den Ausgangs⸗ punkt für das ganze Verfahren gebildet haben. Augenblicklich sind gerade die Bremer Schiffe rücksichtlich der Unterhaltang der Schiff- fahrtszeichen auf der Weser ausschließlich mit der Schiffahrtsabgabe belaftet. Es sind Beschwerden gerade aus Bremen an das Reich ge⸗ langt, und, wenn ich nicht irre, sogar Prozesse gegen den bremischen , ee n, . *

ieses Verhältniß aufrecht zu erhalten, ist positiv unmöglich. Die Sache hat ihre befriedigende Regulirung gefunden in e, trage, der sich der einstimmigen Annahme Seitens der verschiedenen Staaten erfreut hat. Ja, an den letzten Verhandlungen, die über den Vertrag in seiner gegenwärtigen Gestalt stattgefunden haben,

stnd Persönlichkeiten betheiligt gewesen, welche früher abweichender

Meinung waren, und die mit dieser früheren Ansicht nicht weiter hervorgetreten sind

Ich glaube daher, es würde eine schwere Schädigung der mehr⸗ fach bezeichneten Jateressen eintreten, wenn dieser Vertrag nicht zur Annahme gelangte, oder wenn nur die Effektuirung desselben wesent-⸗ lich verzögert werden sollte. Ich empfehle Ihnen daher die Annahme des Vertrages und eine schleunige Behandlung desselben.

Auf den Antrag des Abg. Dr. Hammacher wurde der Vertrag hierauf an die Budgetkommission verwiesen.

Der Gesetzentwurf, betr. die Auflösung des Lehnsverbandes in der Provinz Westfalen, wurde auf den Antrag des Abg. Schmidt (Stettin), der auf die bereits er⸗ folgte Zustimmung des Provinziallandtages und auf die sorg⸗ fällige Durchberathung im Herrenhause hinwies, en bloc ange⸗ nommen.

Schließlich wurde eine Reihe von Petitionen von Beam⸗ ten um Aufbesserung der Gehälter und Gewährung von Woh⸗ nungsgeldzuschüssen nach dem Antrage der Butgetkommission durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. Schluß 4 Uhr.

Nächste Sitzung: Freitag 1 Uhr.

Nach der vom Reichs-Eisenbahnamt herausgege⸗ benen Nachweisung wurden im Monat Februar d. J. auf den unter 63 verschiedenen Verwaltungen stehenden Eisenbahnen Deutschlands exkl. Bayerns mit einer Gesammtlänge von 24,163, Filometern befördert:

an fahrplanmäßigen Zügen 10,437 Courier⸗ und Schnell-, 69,693 Personen⸗, 29, 654 gemischte und 64 403 Güterzüge; an außerfahrplanmäßigen Zügen 916 Personen und gemischte und 19,547 Güterzüge.

Im Ganzen wurden 536,110,834 Achs kilometer bewegt, von denen 137,976,216 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeförderung entfallen.

Es verspäteten von 1043851 fahrplanmäßigen Courier⸗ und Schnell⸗, Personen⸗ und gemischten Zügen (exkl. der Posen⸗ Creuzburger, Oels⸗Gnesener, Berlin⸗Dres dener, Leipzig⸗Dres⸗ dener und Berlin⸗Potsdam⸗Magdeburger Bahn, deren Ver⸗ spätungen nicht mit in Vergleich gestellt sind) 1613 Züge oder 1,3, Prozent. Von diesen Verspätungen wurden jedoch 619 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervorgerufen, so daß durch im eigenen Betriebe der Bahnen liegende Ursachen 994 Verspätungen bei O, gz Prozent die beförderten Züge ent⸗ standen. sa ö Folge der Verspätungen wurden 384 Anschlüsse ver⸗ ãumt.

In demselben Monate des Vorjahres verspäteten auf 527 Bahnen durch im eigenen Betriebe liegende Ursachen 808 Züge, gleich 0 s9 Prozent der beförderten Züge.

Das Verzeichniß der fremden Konsuln im Deutschen Reiche 1876“ erscheint in diesen Tagen als Separatabdruck des Deutschen Reichs Anzeigers und kann zum Preise von 25 3 durch die Expedition des Letzteren, sowie durch Carl Heymanns Verlag hierselbst bezogen werden.

Seitens des Finanz⸗ AMinisters und des Ministers des Innern ist den Beamten . Ressorts die Verwendung von Prioritätsaktien, beziehungsweise Obligationen der Nieder schlesisch⸗Märkischen Sisenbahn, sowie von Prioritäts⸗Obligationen der Münster⸗Hammer Eisenbahn zur Bestellung von Amts kautionen gestattet worden.

In der strafgerichtlichen Untersuchung gegen den General⸗ vikar Kopp, den Pastor Frohms und den Kaplan Vogt zu Hildesheim wegen gesetzwidriger Uebertragung, resp. Ausübung eines geistlichen Amtes hat das Ober⸗Tribunal in der Sitzung vom 1. März d. J. folgende Prinzipien angenommen: 1) Die Uebertragung eines geistlichen Amtes Seitens eines geist⸗ lichen Oberen ist nicht nur in der ausdrücklichen Ertheilung eines Auftrages, sondern auch in der stillschweigenden Genehmigung der freiwilligen Uebernahme einzelner Amtshandlungen zu finden, und eine derartige stillschweigende Uebertragung ist deshalb auch strafbar, wenn sie den maigesetzlichen Vorschriften widerspricht. Ebenso ist die den maigesetzlichen Vorschriften widersprechende Genehmigung einer Uebertragung strafbar, nicht nur wenn die Uebertragung durch einen berechtigten Dritten (Patron), sondern auch wenn sie durch einen Unberechtigten er'olgt.

Y Das „Vikariüiren“ eines angestellten Geistlichen in be⸗ nachbarten Amtsbezirken ist als „Stellvertretung oder Hülfe⸗ leistung“ im Sinne des 4 vom 11. Mai 1873 zu erach⸗ ten und bedarf demnach der staatlichen Genehmigung, widrigen⸗ falls der betreffende Geistliche strafbar ist, gleichviel ob er mit Autorisation seines geistlichen Oberen oder ohne eine solche vikariirt.

Die Bundes raths⸗Bevollmãchtigten: Großherzoglich olden⸗ burgischer Geheimer Ober⸗Regierungs Rath Selkmann und Senator der freien und Hansestadt Hamburg Dr. Schroeder sind in Berlin eingetroffen.

Der General⸗Major von Oppermann, Inspecteur der 5. Festungs⸗Inspektion und bisher kommandirt zur Dienst⸗ leistung beim General⸗Telegraphenamt, ist nach Entbindung von diesem Kommando in feine Garnison Mainz zurückgekehrt.

Der bisherige Spezial⸗K’ommissarius Regierungs⸗Assessor Rintelen zu Brilon ist in das Kollegium der Königlichen General-Kommission zu Münster als Hülfsarbeiter ein⸗ geführt.

Der daselbst beschãftigt gewesene Regierungs⸗Assessor Hell⸗ weg ist als Spezial⸗Kommiffarius in Arnsberg stationirt.

Der Staatsanwaltsgehülfe Humperdinck ist zum Regie— rungs . Assessor ernannt und wird im vorgenannten Kollegium beschãftigt.

Posen, 5. April. Gestern starb hierselbst der erste Prä⸗ sident des Appellationsgerichts, Wirklicher Geheimer Ober⸗Justiz⸗ Rath Graf von Schweinitz und Crain. Am 2. März 1799 in Schlesien geboren, trat derselbe mit 23 Jahren in den Justiz⸗ dienst, wurde Richter in Schmiedeberg und später Kreisgerichts⸗ Direktor in Hirschberg, von wo er als Appellationsgerichts⸗Rath nach Stettin, dann nach Glogau versetzt wurde. Am 1. Juli 1856 trat er als Vize⸗Präsident bei dem Appellations gericht in Posen ein und wurde am 27. Februar 1861 als Chef⸗Präsident mit der Justizverwaltung des ganzen Departements betraut. Aus Anlaß seines am 4. Oktober 1871 gefeierten funfzigjährigen Dienstjubiläums wurde dem Grafen v. Schweinitz der Charakter als Wirklicher Geheimer Ober⸗-Justizrath verliehen. Die Thaätig⸗ keit und Bedeutung des Verstorbenen geht über die Grenzen seines Amtes weit hinaus, denn neben seinen Berufswissenschaften pflegte er mit Neigung und Erfolg auch andere wissenschaftliche Gebiete, besonders Erd- und Gebirgskunde; am besten kannte er die Gebirge seiner Heimath: in Folge dessen wurde er beim Aus—= bruch des Krieges von 1866 in das Hauptquartier des Ftron⸗ prinzen berufen. Später erhielt er auch eine Einladung zur Er⸗ öffnung des Suezkanals. Die wissenschaftliche Ausbeute seiner Reisen pflegte er in Vorträgen zu edlen Zwecken mitzutheilen.

Merseburg, 2. April. Auf die Glückwunschdepesche, welche die hiesigen stãdtischen Behörden an Se. Majestät den Kaiser und König aus Anlaß des Allerhöchsten Geburtstages abgefandt haben, ist, der ‚M. 3. zufolge, folgende Antwort

eingegangen: . Berlin, den 27. März 1876. Des Kaisers und Königs Majestät haben die Aoresse des Ma— gistrats und. der Stadt verordneten zum 22. d. M. und die darin Sr. Majestät ausgesprechenen Glückwünsche mit großer Befriedigung aufzunehmen geruht und lassen Ihnen für dieselben von ganzem Herzen danken. Den in der Adresse enthaltenen Ausdruck der Freude über die Nachricht, Se. Majestät werde während der diesjährigen Herbst⸗ übungen des 1JI. Armee Corps in Merseburg verweilen, lafsen Se. Majestät mit der Versicherung erwidern, daß Allerhöchstdieselben sehr gern Ihr , . zeitweise in Merseburg nehmen werden. Der Geheime Kabinets Rath v. Wilmowski.

Baden. Karlsruhe, 4. April. Eine Darlegung in der „Karlsr. Ztg.“ bespricht eingehend die gegen den Erwerbssteuer⸗ Entwurf von einer Anzahl Handelskammern gerichteten Einwendungen. Nicht allein hätten sich die wissenschaftlichen Stimmen wieder mehr den Ertragssteuern zugewendet, auch die Gesetzgebung hätte allerwärts in den bedeutenderen Staaten die Einrichtung, daß neben der Einkommensteuer es Ertragssteuern sind, welche den wesentlicheren Theil des direkten Steuererträg⸗ nisses aufbringen. Die badische Gesetzgebung wolle mit der neuen (übrigens von den Ständen ausdrücklich verlangten) Reform der Gewerbesteuer den bestehenden Boden der Steuergesetzgebung wahren, sie wolle neben der Neukatastrirung des landwirth⸗ schaftlichen Geländes, der Häuserwerthe und neben der schon durchgeführten Reform der Kapitalrentensteuer auch auf diesem wichtigen Gebiete Ertragsanschläge schaffen, welche mit jenen der andern Steuergebiete in richtigem Verhältniß annähernder Gleichwerthig keit stehen. Damit gerade hoffe sie auch für die Gemeindebesteuerung, die ja nur lokale Ertragsquellen fassen kann und soll, richtige und gerechte Grundlagen zu schaffen. Das allerdings sei richtig, daß die Reform der Gewerbesteuer die großen Erträge und nament⸗ lich die großen persönlichen Verdienstkapitalien, die bisher über eine Summe von verhältnißmäßig geringer Bedentung geradezu frei waren, schärfer faßt. Aber das solle ie auch, und es solle künftig nicht mehr ein Bankdirektor oder der Chef eines ähn⸗ lichen industriellen Etablissements mit 6000 und mehr Mark Gehalt 22 66 29 8 Gewerbesteuer zahlen (gerade so viel, wie ein Lokomotivführer mit 1000 Fl. Gehalt an Klassensteuer), während der Beamte, Arzt, Künstler, Anwalt 115 66 15 Steuer von 6000 S bezahle. Die Folge einer Ablehnung der Vorlage wäre nach den Darlegungen der Widerlegung zunächst das Fortbestehen von Gesetzen, welche im Lauf der Zeit zwar einträͤglich geblieben, aber in der Lastenvertheilung ungerecht ge⸗ worden seien. Prinzipiell sei die Schaffung einer revidirten Ge⸗ werbesteuer auch deswegen hoch erwünscht, weil ohne solche die Gesammtrevision des Ertragsteuersystems, d. h. der Boden fehle, auf welchem die Einkommensteuer Fuß fassen könnte, wenn ein mal feststehe, daß letztere für sich allein als badisches Experi⸗ ment nicht versucht werden dürfe und solle.

Hessen. Darmstadt, 5. April. Die Königin von Großbritannien und Irland traf heute von Baden⸗Baden zum Besuch der Familie ihres Schwiegersohnes, des Prinzen Ludwig, hier ein; die Rückreise sollte um 5 Uhr erfolgen. Der „Allg. Ztg.“ wird unter dem 4. d. M. geschrieben: Nachdem die Alt⸗ katholiken⸗Versammlung zu Worms, welche schon vor 14 3 hätte stattfinden sollen, aber des Hochwassers wegen verschoben werden mußte, gestern endlich abgehalten worden ist, soll nächsten Sonntag, 9. d., in Mainz eine große Alt⸗ katholikenVersammlung stattfinden. Dieselbe wird im Akademie⸗ saale tagen, welcher zu diesem Behufe von den städtischen Be⸗ hörden bereitwillig zur Verfügung gestellt worden ist.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha 3. April. Die Königin Vietoria wird nächsten Sonnabend in Coburg er⸗

dort bis zum 20. d. M. verweilen.

wartet und dem Vernehmen der „Weim. Ztg.“ nach Einige Tage zuvor

trifft der regierende Herzog, von seiner Reise nach Italien zurückgekehrt, in Coburg wieder ein, um bei der Ankunft Ihrer Majestät zugegen zu sein.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 3. April. Die „Straßb. Ztg.“ schreibt: ‚Die gestrige Nummer des „Elsässer Journals“ enthält einen Artikel, welcher für uns als von einer regen Theilnahme für die Landesinteressen inspirirt, zwar er⸗ freulich erscheint, welchen wir aber nicht ohne einige Worte der Erwiderung vorübergehen lassen dürfen. Der Verfasser befür⸗ wortet die Vertretung Elsaß⸗Lothringens im Bundesrathe, geht aber dabei von Voraussetzungen aus, welche völlig irrige sind und auf einer mißverstandenen Auslegung der betreffen⸗ den Staatsrechtslehrer beruhen. Er citirt zunächst von Rönne, welcher schreibt: „Der Bundesrath ist eine Versammlung von Vertretern der Mitglieder des Reiches“ u. s. w., und folgert nun, daß, weil Preußen, Bayern, Sachsen u. s. w. im Bundesrath als Mitglieder vertreten seien, auch Essaß⸗Lothringen darin vertreten sein müsse. Der Ver⸗ fasser übersieht hier vollstãndig die eigenartige Stellung Elsaß⸗ Lothringens. Die von ihm nach v. Rönne aufgeführten Länder Bayern, Sachsen u. s. w. sind Mitglieder des Reichs, während das Reichsland keine Mitgliedjchaftsrechte hat, es ist viel⸗ mehr ein Verwaltungsgebiet des Reichs.

Folgende Stelle des Artikels: „Soll Elsaß⸗Lothringen im Bundesrathe vertreten sein, so ist darunter zu verstehen, daß die Regierung von Elsaß⸗-Lothringen darin vertreten sein soll; es ist daher streng verfassungsmäßig, daß der Kaiser diese Ver⸗ treter ernennt“, beruht gleichfalls auf einem Trugschluß, denn der Kaiser ist nicht Landesherr von Elsaß⸗-Lothringen, wie er Landesherr in Preußen ist, sondern er ist als Vertreter des Reichs Verwalter der staatlichen Hoheitsrechte in Elsaß⸗-Lothrin⸗ gen. Es wäre eine Vertretung des Reichs bei sich selbst, ein völliger Widerspruch, wenn das Reichsland durch stimmberech⸗ tigte Bevollmächtigte im Bundesrath vertreten sein würde.

Man sieht, man begegnet hier Voraussetzungen, welche kei⸗ neswegs der Sachlage entsprechen. Wir wollen hoffen, daß diese Vorschläge noch eine präzisere und detaillirtere Begrün⸗ dung finden. Bis dahin ist es kaum möglich sie zu besprechen, weil man schon bei den ersten Punkten mit dem Verfasser in Widerspruch gerathen würde, da sich derselbe nicht einmal über die staatsrechtliche Stellung des Reichslands zuvor informirt hat. Weit geeigneter, als sich mit der Vertretung Elsaß⸗Lothringens

im Bundesrath zu beschäftigen, welche keineswegs die praktische Bedeutung haben würde, die sich diejenigen, welche sie wünschen, vielleich von ihr versprechen,

wäre es, wenn die Vevölkerung Elsaß- Lothringens sich im Reich zunächst das Maß des Einflusses sichern wollte, das ihr von der Reichsverfassung eingeräumt ist. Durch die Ausübung des Wahlrechts steht Elsaß⸗-Lothringen ein Recht an der Bildung eines der wichtigsten und einflußreichsten Organe der Reichsgewalt, des Reichstags, zu. Es soll uns freuen, wenn die Bevölkerung bei den nächsten Reichstagswahlen durch die Wahl von Vertretern, welchen das Wohl ihres Landes ernstlich am Hrerzen liegt, zunächst den Beweis liefert, daß es ihr darum zu thun ist, soweit es in ihren Kräften liegt, sich den erforderlichen Einfluß zu verschaffen, und hoffen wir, daß der Verfasser des Artikels im „Elsässer Journal“ hierzu das seinige beitrãgt.“

Die „Straßb. 3.“ äußert sich über die Ausweisung von Com munarden dahin: Zur Richtigstellung des Sach⸗ verhalts diene, daß in hiesiger Stadt 39 Communarden bis her sich aufhielten. Von diesen wurden 5 ausgewiesen, wozu noch ein sechster demnächst hinzukommen wird. Von diesen 6 Indi⸗ viduen haben sich 3 des Diebstahls, der Unterschlagung und ge⸗ meiner Verbrechen schuldig gemacht; eins derselben zählt sogar zu den gefährlichsten Straßburger Dieben. Ein vierter machte unter erschwerenden Umständen Konkurs, ein fünfter lebte hier im Konkubinat und ließ seine Frau mit 2? Kindern zu Lyon im Elende fitzen. Diese 5 Personen sind also sämmt⸗ lich als Feinde der Gesellschaft zu betrachten, gegen welche keine Regierung irgendwelche Nachsicht üben wird. Ein anderer end⸗ lich hat sich auf politische Agitationen eingelassen, welche den Zweck hatten, die Ruhe eines Nachbarstaates, mit welchem wir in Frieden leben, zu gefährden. Man sieht aus diesen That⸗ sachen, daß von politischen Verfolgungen, als welche man da und dort die Maßregel der Ausweisung der Communards dar— zustellen suchte, nicht die Rede sein kann.

Schweiz. Bern, 3. April. (N. Zürch. Zig.) Das offizielle Gesammtergebniß der gegen das Militärsteuergesetz ein⸗ gelangten Referendumsbegehren weist 80,549 beglaubigte und rechtzeitig eingelangte Unterschriften auf.

Chur, 3. April. (N. Zürch. Ztg.) Die Resultate der Abstimmung über die Verfassung sind zwar noch viel⸗ fach unbekannt, aber die Verwerfung ist schon jetzt fast sicher. Der letzte Termin der Abstimmung ist der nächste Sonntag. In Chur sind 679 Ja, 644 Nein.

Niederlande. Aus Rotterdam, 1. April, wird dem „Schw. M.“ geschrieben: Als in der vorigen Woche gegen die in Katwyk wohnenden Jesuiten, welche sich als nichts beftzend, die Gemeindesteuer zu bezahlen weigerten, im Exekutionswege einge— schritten werden sollte, wurde dem die Verhandlung eben er⸗ öffnenden Beamten ein Schriftstück übergeben, in welchem eine Amsterdamer Firma sich als die Eigenthümerin der beweglichen nnd unbeweglichen Habe dieser Herren repräsentirte. Das 3Zwangs⸗ verfahren mußte demgemäß sistirt werden.

Spanien. Madrid, 5. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Senates beantragte Silva, die

Fueros in Biscaya und Navarra aufzuheben und eine administrative und konstitutionelle Einheit in allen Provinzen herzustellen. Der Minister⸗Präsident Canovas del Castillo erklärte, eine solche Einheit bestehe bereits; die Delegirten der baskischen Provinzen würden demnächst erscheinen, um mit der Regierung wegen ihrer inneren Verwaltung zu unterhandeln.

Italien. Rom, 5. April. (W. T. B.) Der Kassa⸗ tionshof hat den Rekurs der von dem Geschworenengericht wegen der Ermordung Sonzognos Verurtheilten verwor⸗ fen. Der Kriegs-⸗Minister Mezzacapo machte gestern dem Feldmarschall Grafen Moltke einen Besuch.

Türkei. Konstantinopel, 5. April. (W. T. B.) Das Gerücht, daß der bisherige Finanz⸗Minister Jussuf Pascha durch Ghalib Bey ersetzt werden solle, bestätigt sich nicht. Jussuf Pascha verbleibt vielmehr auf seinem Posten, dagegen ist Saadullah Bey zum Handels⸗Minister ernannt worden.

(Gortsetzung des politischen Theils in der Ersten Beilage.)