Als Anlagen sind dem Entwurfe beigegeben: die Ver⸗ ordnungen über die Schwurgerichte in den Provinzen Preußen und Pommern des Königreichs Preußen.
— Nach näheren Nachrichten über den am 2. d. M. in der Nähe des Kap Malen erfolgten Zusammen stoß des eng⸗ lischen Handels dampfers Sylton Castle⸗ mit dem italienischen Postdampfer Agrigento“ von der Gesellschaft „Trinacria“ haben von den an Bord des „Agrigento“ befindlichen 50 Personen nur 33 ihr Leben gerettet, darunter die meisten Reisenden der ersten Klasse. Die Ueberlebenden sind mit dem Hylton Castle nach Athen gebracht worden. Die dort vorgenommene Durchsicht der Schiffslisten hat ergeben, daß unter den Reisenden J. und II. Klasse Deutsche sich nicht befunden haben Daß unter den Zwischendeckspassagieren, deren Namen nicht ein⸗ getragen worden, Reichsangehörige fich befunden, erscheint nach den Aussagen der Geretteten nicht wahrscheinlich. Es sind indeß Ermittelungen im Gange, um darüber bald thunlichst Gewißheit zu gewinnen. Der Kaiserliche Ge⸗ sandte von Radowitz habe die Absicht gehabt, mit dem italienischen Schiff zu reisen; diese aber im letzten Augenblick aufgegeben, um die Reise gemeinschaftlich mit einem ihm befreundeten englischen Gelehrten, welcher sich schon für das griechische Schiff entschieden hatte, machen zu können.
— In Ergänzung der in der gestrigen Nummer d. Bl. gegebenen Uebersicht über die Landtagsarbeiten ist noch zu erwähnen, daß Seitens des Herrenhauses außer den in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause erledigten, gestern unter Nr. 1—5 aufgeführten Vorlagen berathen sind:
I) Hesetzentwurf, betr. die Ablösbarkeit der Erbeigens⸗ und Srbpachtsverhältnisse der Moor- und Vehn⸗Kolonien in der Provinz Hanxover.
1 Gesetzentwurf, betr. die Ablösung der Servituten, die Thei⸗ lung der Gemeinschaften und die Zusammenlegung der Grundsflücke für die Provinz Schleswig⸗Holstein. .
3) Uebersicht über die fiekalischen Bergwerke, Hütten und Salinen in Jahre 1874. .
4) Nebersicht über den Fortgang und Stand der Staatseisenbahn⸗ bauten im Jahre 1875.
Die beiden erstgedachten Gesetzentwürfe sind dem Hause der Abgeordneten zugesandt, in Betreff der Beschlußfassung hinsicht⸗ lich der unter Nr. 3 und 4 aufgeführten Vorlagen ist der Staatsregierung Mittheilung gemacht. . .
Zur Zeit liegen zur Berathung, beziehungsweise Beschluß⸗ fassung dem Herrenhause vor:
a. Von den vom Hause der Abgeordneten herübergekom⸗ menen Vorlagen: . .
D Gesetzentwurf, betr. die Anwendung der für den Verkehr auf den Kunststraßen bestehenden Vorschriften auf den Kreis Ziegenrück vom 1. Januar 1877 ab. ᷣ
2) Gesetzentwurf, betr. die Einführung der Kreiscrdnung in den Grafschaften Wernigerode und Stolberg.
3) Gesetzentwurf, betr. die Aufhebung der Parochialtxemtionen.
4) Gesetzentwurf, betr. die Erhöhung der Gebühren der Notarien im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln.
b. Von den von der Staatsregierung gemachten Vorlagen:
5) Gesetzentwurf, betr. die Verwaltung der den Gemeinden und öffentlichen Anstalten gehörigen Helzungen in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommmern, Posen und Schlesien (Bericht ist von der Azrarkommission erftattet). ö
6) Uebersicht über die von der Staatsregierung gefaßten Ent sließungen auf Anträge und Resolutionen des Herrenhauses in der Session 1875. .
(In der Kommission f. d. Geschäftsordnung berathen und Antrag formulirt.) .
D Uebersichten über den Fortgang des Baues und die Ergebnisse des Betriebes der Stadteisenbahnen in den Jahren 1873 und 1874.
c. Von sonstigen Berichten:
8) Bericht der Staatsschulden⸗Kommisston über die Verwaltung des Staatsschuldenwesens im Jahre 1874.
9) Bericht der Matrikel⸗Kommission.
16). Bericht der Petitiens⸗Kommisston über die Petitionen, betr. den Religionéunterricht in den Volksschulen.
— Seitens der Abgeordneten Windthorst (Meppen) und Genossen wurde bekanntlich in der ersten Session (1873 74) der laufenden Legislaturperiode der Antrag gestellt, das Haus der Abgeordneten aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervorgehen zu lassen. Das Abgeordnetenhaus beschloß,. die zweite Berathung dieses Antrages auf 6 Monate zu vertagen, indessen blieb durch den inzwischen erfolgten Schluß der Session der Antrag unerledigt. Vor Kurzem ift nun in der Kommission des Abgeordnetenhauses bei Vorberathung der Städteordnung der Versuch gemacht worden, das allgemeine und gleiche Wahlrecht in das fädtische Gemeindewesen einzuführen.
Mehrere Städtevertretungen bezw. Versammlungen in Städten haben sich bereits für das allgemeine gleiche städtische Wahlrecht ausgesprochen. Eine am Sonntag in Berlin abge⸗ haltene soʒialdemokratische Volks versammlung beschloß einstimmig, nach den Ausführungen des Abg. Hasselmann an das Abgeord⸗ netenhaus eine Resolution zu senden, in welcher der entschiedenste Protest gegen jede Städteordnung ausgesprochen wird, bei wel⸗ cher die Stadtverordnetenversammlung nicht nach dem all— gemeinen Stimmrecht gewählt wird. Äuch die Stadtverordneten zu Wittenberg und der liberale Wahlrerein zu Halle a. S. haben sich gegen das Dreiklassen⸗Wahlsyftem erklärt. Eine Bürgerversammlung von Magdeburg hat am J. d. Mts. an das Abgeordnetenhaus eine Petition votirt, da⸗ hin gehend, daß unter Beibehaltung eines Census das Dreiklassensystem beseitigt und direkte Wahlen mit geheimer Abstimmung eingeführt würden. Auch der nationalliberale Wahl⸗ verein zu Frankfurt a. M. hat in seiner Versammlung vom 8. April das in der Städteordnung vorgeschlagene Wahlsystem verworfen.
Für das in der Vorlage angenommene Dreiklassensystem mit geheimer Abstimmung haben sich bis jetzt der schlesische und der pommersche Städtetag ausgesprochen. Der erstere hat be⸗ schlossen, für das letzte Alinea in §. 14 folgende Fassung zu beantragen: „Der Klassensteuer⸗Stufensatz kann durch Orts⸗ ftatut bis auf 3 S6 herabgesetzt und bis auf 12 M erhöht werden“, dabei aber statt des Erfordernisses des einjährigen den zweijährigen Wohnsitz zu verlangen. Auf dem pommerschen Städtetag waren 37 Städte durch 61 Abgeordnete vertreten; man entschied sich nit allen gegen 3 Stimmen für Beibehaltung des Dreiklassensyftems mit dem in dem Entwurf vorgeschlagenen Tensus von jährlich 6 S6 Steuern.
»Den Streit über das beste Wahlrecht in jede städtische Vertretung hineinzutragen, schreibt die „Nat. 3.“, in wei⸗ cher sich ein ultramontanes oder radikales Element findet, ; für denjenigen ein verlockender Gedanke sein, Prinzip daraus macht, daß die' Kommunen und örperschaften der Tummelplatz des politischen
recht in den Kommunen ist bis jetzt Boden noch ein unerprobtes Experiment. Wo in größeren Landestheilen gleiches Stimmrecht der Bürger besteht, da ist das Bürgerrecht selbst nichts weniger als allgemein, und das ge⸗ schmähte Dreiklassensystem hat doch immer den Vorzug, daß es ein wenngleich beschränktes Stimmrecht auf einen weit größeren Kreis von Ortsangehörigen auszudehnen gestattet. Wer aber Beides zugleich will, weiteste Ausdehnung und Gleichheit der Stimmberechtigung, hat die nächste Pflicht uns glauben zu machen, daß diese Preisgebung der kommunalen Selbstverwaltung an die Masse der Unbemittelten und Ungebildeten in Deutschland die Gefahren nicht in sich birgt, welche anderwärts schrecken⸗ erregend daraus erwachsen sind.“ . — Hieran knüpft das genannte Blatt Mittheilungen aus dem im Jahre 1871 erschienenen Aufsatz von Dr. Friedr. Kapp über die New⸗Jorker Stadtverwaltung, welcher jetzt in der Sammlung „Aus und über Amerika. (Berlin J. Springer 1876) wieder abgedruckt ist, deren wir in Nr. S5 d. Bl. ausführlicher Erwähnung gethan haben. Der Verfasser schildert in dem erwähnten Aufsat die großen Unterschleife und Betrügereien, welche in der Stadt⸗ verwaltung von New⸗York aufgedeckt worden sind und geht den Gründen nach, aus welchen Erscheinungen dieser Art auf dem Boden einer hochentwickelten Kultur erwachsen konnten. Dr. Kapp legt ausdrücklich Zeugniß dafür ab, daß private Moral und Bildung in New⸗gork nicht tiefer stehen, als in jeder andern großen Stadt. „Die edelsten und gebildet sten Geister der Nation, unabhängige Männer und politische Denker üben in ihren engeren Kreisen den natürlichen Einfluß aus, welchen geistige Ueberlegenheit in der ganzen Welt bedingt. Die Presse ist mit den reichsten Hülfsmitteln ausgestattet und viel besser redigirt als die deutsche. Die Bildungsanstalten blühen. Das Familienleben der großen Mehrzahl der Bürger ist rein und unbescholten.“ Einzig und allein eine verkehrte Rückwirkung der politischen Entwickelung auf die kommunale Verfassung hat nach Dr. Kapps Ansicht die Korruption in die städtische Verwal⸗ tung eingeführt. Die Ertheilung des städtischen Wahlrechts an jedes großjährige männliche Individuum mit den nothwendigen Konsequenzen, die sich daran hefteten, sei der Keim des Uebels geworden, welches sich einige Dezennien hindurch nur langsam, später in reißend steigender Progression Bahn gebrochen hat.
— Die Grundbuchämter sind mehrfach von der irrigen Annahme ausgegangen, daß auch bei einfachen Auflassungs⸗ verhandlungen zwischen Theilnehmern an einer Erbschaft, oder zwischen Aszendenten und Deszendenten, ohne Weiteres die eine Steuerbefreiung bezw. Erleichterung gewährenden Be⸗ stimmungen der Kab.⸗Ordre vom 21. Juni 1844 und des Ge⸗ setzes vom 22. Juli 1861 Pos. 29e und 55 resp. 28e und 54 der Tarife zu den Verordnungen vom 19. Juli und 7. Augu st 1867 Anwendung finden. Seitens einiger Grundbuchämter ist in derartigen Fällen geradezu den zur Auflassung Erschienenen eine besondere Beurkundung des der Auflassungserklärung zu Grunde liegenden Veräußerungsgeschäfts behufs einer vermeint⸗ lichen Ersparung von Kosten abgerathen, und dadurch eine nach⸗ trägliche Heranziehung der Betheiligten zur Entrichtung des vollen Auflassungsstempels gemäß §5§5. 1 und 2 des Stempel⸗ gesetzes vom 5. Mai 1872 veranlaßt worden.
Der Justiz⸗Minister hat die Grundbuchämter darauf auf— merksam gemacht, daß die den Ansatz des Kaufwerthstempels ausschließenden bezw. heschränkenden gesetzlichen Bestimmungen lediglich da zur Anwendung gelangen, wo die zwischen Theil⸗ nehmern an einer Erbschaft zum Zweck der Theilung der zu letzterer gehörigen Gegenstände abgeschlossenen Kauf⸗ oder Tausch⸗ verhandlungen resp. die Uebertragsverträge zwischen Aszendenten und Des cendenten beurkundet worden find, und daß, sobald dies bei Auflassungsfällen der gedachten Art weder in einer dem Grunbuchamte sogleich oder innerhalb einer erbetenen Frist vor— gelegten förmlichen Urkunde, noch in einem bei Gelegenheit der Auflassung selbst errichteten bezw. in das Auflassungsprotokoll mit aufgenommenen Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit geschehen ist, auf Grund der 5§§. 1 und 2 des Stempelgesetzes vom 5. Mai 1872 der Ansaß des vollen Werthstempels für die Auf⸗ lassungserklärung erfolgen muß.
Zugleich hat der Justiz⸗Minister darauf hingewiesen, wie es hiernach im Interesse der Betheiligten und zur Vermeidung einer vom Gesetze nicht beabsichtigten vermehrten Heranziehung der materiellen Rechtsgeschäfte zur Besteuerung geboten ist, daß durch die Grundbuchämter in allen Fällen, in welchen eine über das der Auffassungserklärung zu Grunde liegende Veräußerungs- geschäft errichtete Urkunde gänzlich oder theilweise von dem Werthstempel befreit sein würde, den Betheiligten, bei der den— selben in Gemäßheit der allgemeinen Verfügung vom 12. Mai 1873 vorzulegenden Frage, ob sie eine solche Urkunde vorlegen wollen, zugleich die Folgen bemerklich zu machen sind, welche ein Unterlassen der Beurkundung des getroffenen Abkommens
nach sich zieht.
— Die Bevollmächtigten zum Bundesrath: Königlich bayerischer Ministerial⸗Rath von Los, Königlich sächfischer Ge⸗ heimer Justiz Rath Held, Königlich württembergischer Minister der Justiz und der Auswärtigen Angelegenheiten von Mitt—⸗ nacht und Großherzoglich hessischer Ministerial⸗Rath Finger sind von Berlin wieder abgereist.
— Der General⸗Lieutenant Stein⸗ von Kaminski, Commandeur der 13. Divifion, ist mit Urlaub von Münster hier eingetroffen.
Breslau,. 10. April. Wie die „Schles. Ztg.“ berichtet, ist das hiesige Für stbischöfliche Konvietorium für Theo⸗ logie⸗Studirende durch Verfügung des Ober⸗Präsidenten Grafen von Arnim-Boytzenburg vom 3. April d. J. ge⸗ schlossen worden, weil eine auf Grund des 3 9 des Gesetzes vom 11. Mai 1873 angeordnete Revision desselben nicht voll⸗ ständig hat ausgeführt werden können, da von dem Präfekten die Vorlegung des nach 5. 9 der Statuten zu führenden Buches „Personalia“ verweigert wurde.
Düsseldorf, 8. April. Die hiesige Königliche Regierung hat an die Kreis- und Schu linspektoren ihres Bezirks folgende Verfügung erlassen: ö !
Wir haben neuerdings wiederholt die Bemerkung gemacht, daß sich sowohl Kreisschulinspektoren wie Lokalschulinspektoren unseres Bezirkes an öffenllichen Agitaticnen betheiligt haben, welche gegen wirkliche oder angeblich beabsichtigte Maßnahmen der Königlichen Staatsregierung auf dem Gebiete des Schulwesens gerichtet sind, und daß die benannten Beamten zu soichen Fragen der Schul⸗ organisation, deren Regelung erst von der Zukunft erwartet werden kann öffentlich prinzipielle Stellung genommen haben, wodurch das
auf deutschenm
inspekioren unseres Bezirkes für die Zukunft von allen offentlichen Kund⸗ gebungen der Art fern zu halten und daß dieselben es sih im Gegentheil angelegen sein lassen werden, überall auf die Herstellmng friedlicher Verhältnisse hinzuwirken und das Vertrauen in die wohlwollenden Absichten der Regierung zu stärken. — Von dieser Verfũgung wollen Sie den Ihnen unterstellten Lokal-⸗Schulinspektoren Kenntniß geben, um auch in gleichem Sinne auf die Haltung der Lehrer hinzuwirken. Königl. Regierung. Abtheilung des Innern. gez. v. Junker.
An jämmtliche Herren Kreis⸗Schulinspektoren und die Stadt⸗
Shulinspektoren des Regierungsbezirks Düsseldorf.“
Bayern. München, 6. April. Trotz der großen Ma⸗ jorität, mit welcher die liberalen Wahlen in München vollzogen wurden, — 286 liberale gegen 28 ultramontane Wahl⸗ männer — ist die klerikale Partei in der Kammer doch entschlossen, dieselben wegen einzelner formaler Unregelmäßig⸗ keiten, welche vorgekommen sind, zu kassiren. Die Ultramontanen würden in diesem Falle, wie der „Schwäb. Merkur“ bemerkt, erft recht die Majoritãt haben, da sie 79 gegen 72 Stimmen zählen würden, denn die fünf Abgeordneten dürften nicht mitstimmen. Die Sache werde wohl bald nach Ostern ins Plenum kommen und es sei auch nicht abzusehen, was mit der bis jetzt erzwungenen Verzögerung der Entscheidung ge⸗ wonnen werden salle. Wichtiger ist, daß die dann nothwendig werdenden Neuwahlen, sowohl die Ur als auch die Abgeord⸗ netenwahl sobald vorgenommen werden als das Gesetz es er⸗ laubt, denn darüber bestehe nicht der mindeste Zweifel, daß das neue Ergebniß dem seithrrigen genau entsprechen werde. — Ueber die Vorgänge in der Sonderkommission zur Vorberathung des Jörgschen Wahlgesetz⸗Initiativantrages verlautet man⸗ cherlei. So soll der Abg. Beckh (Advokat aus Nürnberg) das Verlangen gestellt haben, den katholischen Geistlichen das Wahl⸗ recht zu entziehen, damit selb ver ftändlich aber nicht durchge⸗ drungen sein und Frtzr. v. Stauffenberg soll beantragen, alle Personen von der Wahl auszuschließen, welche nicht lesen und schreiben können, eine Forderung, welche wieder an der klerikalen Partei scheitern wird. Die Arbeit an dem Problem eines neuen Wahlgesetzes ist unter den gegebenen Verhältnissen gänzlich un⸗ nütz, diese Signatur ist dem Unternehmen von Anfang an ge—⸗ geben worden und sie wird es auch behalten. — Dem ESisen⸗ bahnausschuß liegen bis jetzt 45 verschiedene Petitionen in Eisenbahnangelegenheiten vor.
Sachsen. Dresden, 10. April. Die Zweite Kam⸗ mer berieth heute über eine, die Einführung eines Bibelauszugs in den Volksschulen betreffende Petition des allgemeinen sächsischen Lehrervereins und schloß sich nach einstündiger Debatte unter Ablehnung eines Antrags, die Petition auf sich beruh en zu lassen, und eines anderen Antrages, bei der Staatsregierung die Ein⸗ führung der vom Professor Hofmann in Leipzig ausgearbeiteten Schulbibel zu verlangen, mit großer Mehrheit dem Äntrage der Majorität der Deputation an, welcher in der Hauptsache darauf hinausgeht, weitere Srörterungen dieser Frage, bez. unter Be⸗ fragung der Bezirks⸗-Schulinspektoren, zu veranlassen.
Württemberg. In der Sitzung der Kammer der Abgeordneten vom 7. d. M. bemängelte bei Berathung des Stats Kap. 118, „Eisenbahnen“, der Abg. Pfeiffer die in Gebrauch stehende Berechnung der Rentabilität der württembergischen Bahnen und machte dabei darauf auf⸗ merksam, daß bei einzelnen Süwrecken das auf Anlegung der Bahn verwendete Kapital in den offiziellen Berechnungen in verschiedenen Jahren um äußerst geringe Beträge erhöht angegeben werde; so sei bei einer Strecke das An⸗ lagekapita! diesmal um 5 Fl. höher angegeben gegen das Vorjahr, um 5 Fl aber könne man kaum eine Verbesserung an einer Bahn vornehmen; es werden da wohl Gelder auf das Anlagekapital geschlagen sein, die sonst aus Betriebsgeldern bestritten werden. Bei einer andern Strecke sei das Anlazekapital sogar geringer gegen früher, ohne daß von einer Ausscheidung etwas gesagt wäre. Man könne sich überhaupt aus den gegebenen Zahlen kein Bild über die wirkliche Rente der Bahnen machen, weil die schon in Be⸗ trieb stehenden Bahnen mit den erst im Bau begriffenen zusam⸗ mengeworfen seien. Bei der neuerdings angeregten Frage der Reichseisenbahnen sei es aber doppelt nothwendig, ein klares Bild der Rentabilität der Bahnen zu haben. Er möchte bitten, dafür Sorge zu tragen, daß die Zahlen im Etat übersichtlicher und korrekter zusammengestellt werden. Der Redner stellte schließlich eine Berechnung auf, nach welcher sich bei den Eisenbahnen eine Mindereinnahme von 4, 180 000 6 bezüglich der Rentabilität ergebe, indem die Ausgaben 16,710,000 6, die Einnahmen 123530, 0090 66 betragen. — Der General⸗Direktor, Geheimer Rath v. Dillenius erklärte, die verlangte Ausscheidung der Kosten für die im Betrieb befindlichen und die erst im Bau begriffenen Bahnen betreffend, verweise er auf die Jahresberichte des Ministeriums der Verkehrsanstalten an den König, in wel⸗ cher immer das gesammte Anlagekapital ohne Amortifatisn ganz genau angegeben sei. Was die Aenderung im Anlagekapital betreffe, so gehe eine solche hervor aus Bahnhofumbauten, Er⸗ setzung hölzerner Brücken durch eiserne u. s w. Wenn das Anlagekapital einmal geringer angegeben werde, als früher, so rühre dies vom Verkauf von Grundflächen und Material her, welche beim Bau übrig geblieben seien. Der General⸗Direktor stellte sodann die Aussetzungen des Vorredners über die Rentabilitätsberechnung im Einzelnen richtig. — Der Finanz⸗Minister v. Renner wies ebenfalls die Be⸗ mängelungen des Abg. Pfeiffer wegen angeblicher Unklarheit in der Rentabilitäts berechnung zurück und hielt an der vollständigen Richtigkeit der im Etat angegebenen Zahlen fest. Der Abg. Pfeiffer habe in seiner weitläufigen Auseinandersetzung zunächst die im Etat enthaltenen Notizen benutzt, es seien dabei Ver⸗ wechselungen unterlaufen, eine nähere Darlegung derselben sei in Zeitkürze nicht möglich, er, der Minister, sei aber zu einer Besprechung derselben bereit, wobei sich ergeben werde, daß die Aufstellungen im Etat richtig seien. — Ein Antrag des Fanzlers v. Rümelin: eine Bitte an die Regierung zu richten, beim
Hauptbahnen mit dem Etat der Kammer vorzulegen, wurde schließlich mit 50 gegen 31 Stimmen abgelehnt.
Mecklenburg. In einer Versammlung des liberalen Wahlvereins zu Wismar sprach sich, wie den „Hamb. Nachr.“ geschrieben wird, der Reichstagsabgeordnete Bürger⸗ meister Haupt auch über die mecklenburgische Verfafsungs⸗ frage aus und äußerte sich über den Weg zu ihrer Lösung dahin, daß diese nicht anders als durch ein Eingreifen des Reichs zu erwarten sei. Zwar habe der Bundesrath die Erwartung ausgesprochen, daß das Land die Reform aus sich allein hervor=
Aunsehen und daz Vertrauen, welches ihr Beruf erfordert, leicht auf das Empfindlichste geschädigt werden kann. Wir sprechen die Erwar⸗ tung aus, daß es nur eines Hinweises auf das Unstatthafte eines
Parteikampfes werden. Das allgemeine gleiche Stimm—⸗
Ü solchen Verhaltens bedürfen wird, um die sämmtlichen Herren Schul⸗
bringen werde, allein eine Initiative des Reichs, zu welcher die mecklenburgischen Abgeordneten unaufhörlich zu treiben hätten, bleibe die einzige Hülfe.
nächsten Etat eine Berechnung der Rentabilität einiger
Sachsen Coburg ⸗ Gotha. C oburg, (B. L B.) Die Königin Victoria und? die Beatrice find heute Abend hier eingetroffen.
10. April. Prinzessin
Oesterreich⸗ungarn. Wien, 9. April. Dem Abdblt.“ wird von hier geschrieben: Das Interefse lonzentrirt sich joridauernd in ganz licher Weise auf die Verhandlungen?“ die gegen⸗ wärtig im Palais auf dem Ballplatze unter dem Bor— size des Grafen Andrassy zwischen den beiderseitigen Ministern statifinden. Inwieweit dieselben einen günsftigen oder unbefriedigenden Fortgang genommen haben, ist die Oeffent⸗ lichkeit zu erkennen nicht in der Lage, da über die Verhandlungen xortgesetzt volles Schweigen beobachtet wird, und das, was in der ungarischen Presse zu Tage tritt, unter dem Vorrechte tendenziösen Charak⸗ ters steht, daher zu einer gewissen Reserve herausfordert. Nach ziemlich übereinstimmenden Meldungen der Blätter foll der Ein⸗ tritt der Osterfeiertage den natürlichen Abschluß der Konferenzen bilden und glaubt man bis dahin mit dem Berathungsmateriale fertig zu werden. Man darf an dieser Annahme hoffentlich mit größerer Berechtigung festhalten, als an der Meldung einiger Pester Organe, nach welchen die ungarischen Minister er⸗ Alärt haben sollten, sie würden am Gründonnerstag abreisen, wenn bis dahin auch keine Einigung erzielt worden sein sollte. Die Oeffentlichleit kann überzeugt sein, daß in solchem Tone die Verhandlungen sich keineswegs bewegen und daß zwischen diesen und den Stimmen der ungarischen Presse ein sehr wesentlicher Unterschied besteht“ — Die Mehrzahl der Land— tage wird in dieser Woche ihre Berathungen beschlieken. Eine Ausnahme dürften nur der galizische und der niederösterreichische Landtag bilden, die auch noch nach den Osterfeiertagen durch einige Zeit ihre Sitzungen fortsetzen werden.
— 10. April. (W. T. B.) Auch in hiesigen unterrichteten Kreisen wird versichert, daß die von einem hiefigen Blatte dem Statthalter von Dalmatien, General Rodich, zugefchriebenen und von den Journalen „Golos“ und „Ruski Mir⸗ wiedergegebenen Aeußerungen über Rußland jeder thatsächlichen Ünter—⸗ lage entbehren.
— Der „Presse“ wird unterm 6. aus Berlin geschrieben: „Die föderalistischen Tendenzen in Oesterreich und Deutschland haben in dem Prinzen Heinrich von Hanau in Prag einen Gönner— gefunden, der sich der Bestrebungen, die Reaktionäãre in Deutschland und Oesterreich zu einer großen Föderalisten⸗ partei zu vereinigen, sehr warm annimmt. Unter seiner Pro⸗ tefktion fanden in der böhmischen Hauptstadt vor einiger Zeit Konferenzen zu diesem Zweck statt, an denen von deutscher Seite Konftantin Frantz und der bekannte Schimmel- pfeng theilnahmen, während von czechischer Seite Pa⸗ lack anwesend war; der Kardinal Schwarzenberg wurde über die Resultate der Berathungen auf dem Laufenden gehalten. Es wurde ein uns vorliegendes bei Huttler in München ge— drucktes Programm ausgearbeitet, das die Grundzüge der Po— litik der neuen Partei enthält, und den Stimmführern der Ül— tramontanen, Partikularisten und Föderalisten in Deutschland und Oesterreich, eben übersendet wird.
Lemberg, 8. April. Der von den Ruthenen eingebrachte Antrag auf Gleichberechtigung der ruthenischen mit der pvolnischen Sprache an der Ackerbauschule zu Dublany wurde jeute im Landtage nach sehr erregter Debatte abgelehnt.
Frankreich. Paris, 9. April. Gestern hielt der mit dem Gesetzentwurf über die Reorganifation des fran— zösischen Generalstabes betraute Senats⸗Ausschuß eine Sitzung; es lagen ihm nach der „Köln. Ztg.“ drei Systeme vor: entweder den jetzigen Zustand auf⸗ recht zu erhalten und aus dem Generalstabe ein ge⸗ schlossenes Corps zu machen; oder daß derselbe einen allen Ka— pazitäten geöffneten besonderen Dienst bilde, oder endlich ein ge⸗ mischtes System. Am meisten Anklang schien das letztere zu finden, das General Billot befürwortete. Der Gesetzentwurf des Kriegs-Minifters läßt zwar wenig Neuerungen zu, doch beschloß man, ihn den Verhandlungen zu Grunde zu legen.
— Bis jetzt sind von der Deputirtenkammer 13 Wahlen für ungültig erklart, für 3 wurde eine Untersuchung eingeleitet, S sind noch zu prüfen. Dieser Zahl gegenüber äußert das „Univers“: »Klerikale sind nicht nur die Katholiken, sondern auch solche, die an Gott glauben konnten. Solche darf es nicht mehr geben; man braucht nur noch ein Gesetz zu machen: Fortan sind Leute, die des Glaubens an. Gott verdächtig sind. weder Wähler, noch Kandidaten, noch wählbar!“ Anstand gegen die Behörden und Gehorsam gegen die Gesetze seien aber nicht die Sache der Klerikalen, erwidert die Rep. Fr.“ — Uebri— gens sind dieselben, wenigstens jetzt noch, zum entschiedenen Widerstand entschlossen. Nach dem „Univers“ würden sie sich ihre Rechte nicht verkürzen lassen, sie seien Bürger und wollen ihre Rechte üben, und sie würden alle Deputirte, welche eine „brutale“ Handlung unter dem Vorwande „klerikalen Druckes“ zurückgewiesen, in die Kammer zurücksenden; das würde heißen: die Geistlichkeit wolle sich bei den nächsten Wahlen dieselben Unge⸗ setzlichkeiten zu Schulden kommen lassen.
— Der Aus schuß der Deputirten kammer hat die allge⸗ meine und die theilweise Amnestie verworfen und nur die An— wendung von Milde befürwortet. Wegen des Einstellens der Verfolgung gegen noch nicht verurtheilte Insurgenten will sich der Ausschuß erst mit der Regierung verständigen.
Die ultramontanen Blatter erörtern das Resultat der französischen Finanz-Kombination in Aegypten; sie machen daraus eine „Niederlage Frankreichs“, um wo möglich den Herzog v. Decazes zu ftürzen. „Es wird nach und nach auch hier, wie in Deutschland und Italien, Me⸗ thode, schreibt man der „R. Ztg.“, mit Schadenfreude auf Miß⸗ erfolge der Regierung hinzudeuten, um den Finger Gottes nachzuweisen.“ Uebrigens ist die Niederlage in Betreff jener Anleihe noch gar nicht entschieden; noch ist ein Zusammenwirken des französischen und englischen Geldes und Einflusses in Aussicht; „Figaro“ wenigstens spricht von Wün— schen des Khedive und von Verhandlungen zwifchen Derby und Decazes, welcher Say hinzugezogen hat. Die meisten Blätter behandeln darum auch die ganze Angelegenheit mit großer Zurückhaltung und kehren jetzt fast nur noch die finanzielle, nicht mehr die politische Seite heraus. Man hofft auf ein Zu⸗ sammengehen mit England. — Wag die finanzielle Seite betrifft, so fürchtet man ernste Folgen. Die Schatzscheine (3. h. die fo— genannte schwebende ägnptische Schuld) betragen ungefähr 600 bis 709 Millionen. Davon haben die großen Finanz⸗Gesell⸗ schaften in Paris 250 Millionen, Aegypten (hauptsaͤchlich Alexan⸗
Prag. publizistische
aus schließ
Fänden, d. h. sie wurden in Paris in Report gegeben. In Baris befinden sich demnach an 350 Millionen ãgytischer Schot⸗ 8 für 2883 . den 22 ae, des shedive die
ehmer fehlen dürften. (S. d. tele ĩ achricht
— —* rf (S graphischen Nachrichten
— Eine Anzahl von Familien vätern hat, der Almoseniers der Armee, eine Petition um Abschaffung des militärischen Zweikampfes gerichtet, der jedes Jahr in den Reihen der Armee Opfer forderte, deren Blut für die Ver⸗ theidigung des Landes, der Ordnung und Sicherheit, nicht aber auf unnütze Weise vergossen werden dürfe, und Zweikãmpfen, welche falsches Ehrgefühl und bedauern werthe Vorurtheile der fũr die Vertheidigung des Rechtes bewaffneten Soldaten auf⸗ erlege. Die Unterzeichner verlangen daher für ihre Kinder Ge— wissen freiheit, und vom Kriegs⸗Minister die Initiative zur Ab⸗ schaffung des militãrischen Zweikampfes.
— Die Gambettisten haben ihr Programm in der Arbeiterfrage aufgestellt, das im Ganzen vorsichtig gehalten ist. Sie erkennen an, daß der Arbeiter der Kenntnisse und der Erziehung bedürfe, und der Sicherung gegen unverschuldete Noth. Als Kind brauche er daher den Elementar-Unterricht, als Jüngling hat er die Lehrzeit und die FZachschulen. Für die Organisation des Lehrwesens sind die gewerblichen Schieds⸗ gerichte kompetent; im Mannesalter müßten Ersparnisse und gegenseitige Hülfsleistung ihn schützen, nicht durch unglückliche Zufãlle zum Proletarier herabzufinken. Für das Greisenalter seien Verpflegungskassen nöthig. Besonderes Gewicht legen sie auf. die Organisation der Sparkassen, Gesellschaften zu gegen⸗ seitiger Sülfsleistung, Versicherung gegen Unglücksfãlle, Pfand⸗ häuser u. s. w. J
— Ueber einen in der Provinz Constantine aus ge⸗ brochenen Auf stand berichten die dortigen Blätter folgendes Nähere: Etwa tausend Zelte der Uled⸗bu⸗Azid, der Selmi und der Rahmann haben sich empört und lagern in dem Dorfe El— Amri, einer Etappe von der Oasis von Biskra in sũdwestlicher Richtung. Sin Schäfer von Bled⸗el⸗Amri, Namens Ahmed⸗ben⸗ Aichi, hat sich an die Spitze der Aufrührer gestellt. Er ist nur 22 Jahre alt und, wie man sagt, ohne persönlichen Einfluß; in Constantine wird aber die Bewegung einer höher stehenden Persönlichkeit zugeschrieben. Im letzten Herbste hatte Möammed Jaya, der Scheik der Uled⸗bu⸗2lzid, der französischen Behörde Grund zur Unzufriedenheit gegeben. Luf den Antrag seines Kaids, Si Bulakras, wurde er bor die Strafkommission von Batna gestellt und zu einem Monat Gefäng— niß nebst Verlust seiner Würde verurtheilt. Er steht im Verdachte, den Aufstand angezettelt zuẽ haben. Er hat sagt man, dem Ahmed⸗ ben⸗Aichi das Pferd, welches er jetzt reitet, und die grüne Fahne, die ihm vorangetragen wird, zum Geschenke gemacht. Die Uled⸗bu⸗Azid sind der nämliche Stamm, welcher im Jahre 1871 die Ansiedler der Derraudmühle umgebracht hat; sie kommen jeden Sommer mit ihren Heerden in die Abdel-Noor und gehören zu dem Kom— mando der Kaids von Biskra, Si-Ahmed-⸗ben-Gangh. Die Stämme der ößllichen Sahara von Eonstantine zerfallen in zwei feindliche Parteien, die mächtige Familie der Ben⸗Ganah und die Familie Ali Bey's, des ehemaligen Kaids von Tugurth. Es wäre also möglich, daß die Partei Ali Ben's mit den Auf stãn⸗ dischen Verbindungen unterhält. Der Befehlshaber der Provinz Constantine ist sogleich nach Biskra abgegangen und die Truppen der Garnison von Biskra find bereits nach dem Süden aus ge— rückt. Am letzten Dienstag hieß es in Constantine, die Auf— rührer hätten auf die bloße Kunde von dem Heranrücken der Truppen die Flucht ergriffen.
— 19. April. (W. T. B) Ueber die gestrige Unter⸗ redung Lord Derby's mit dem Herzog Decaz es meldet der Messager de Paris“, daß zu der Konferenz zwei Mitglieder des französischen Syndikats für die ägyptische Anleihe hin— zugezogen wurden, um ihre Pläne und Rnfichten auselnander zu setzen. Derby ersuchte sie um einen schriftlichen Entwurf, der ihm heute früh zugestellt wurde.
BVersailles, 10. April. (W. T. B.) Der Senat be— willigte in seiner heutigen Sitzung den Kredit von I, 750 000 Fres. für die durch die Ueberschwemm ung Heimgesuchten und ver— tagte sich hierauf bis zum 10. Mai c. — Dle Deputirten⸗ kam mer erklärte die Wahl Rouhers als Deputirten für Ajaceio für ungültig. Die Wahl desselben für Riom ist bereits für gültig erklärt worden.
. Spanien. Madrid, 4. April. In den letzten 48 Stunden ist — so schreibt man der „Köln. Ztg.“ — die religiõse Frage entschieden in ein anderes Fahrwasser getrieben worden. Sowohl die Regierung, als auch der vom Kongresse ernannte Aus— schuß, der den Verfassungsentwurf pruͤfen soll, scheme ge⸗ neigter, der öffentlichen Meinung in Spanien und in den Nachbar⸗ ländern Rechnung zu tragen. Das Interesse, welches der F. 11 überall im Auslande erregte und die keineswegs freundliche Behandlung, die ihm von dem größten Theile der lideralen europäischen Presse zu Theil wurde, seien nicht ohne Einfluß geblieben. In der letzten Sitzung des genannten Prüfungsausschusses, wo die Regierung vertreten war, wurde daher beschlossen, den §. 11 im Sinne der Unverletz barkeit der Tempel und Kirchhöfe zu deuten. Kein Spanier kann fortan wegen seines Bekennt⸗ nisses verfolgt werden, so lange dasselbe mit der christlichen Moral vereinbar ist, und Alle sind zum Staats dienst berechtigt. Indessen dürfen die Nichtkatholiken keine kirchliche Handlung außerhalb ihrer Tempel und Kirchhöfe vornehmen; jede ãußere Kundgebung ist ihnen streng untersagt, und namentlich sollen sie nicht durch Inschriften die Orte ihrer Versammlung öffentlich kennzeichnen. Auch in Betreff der Freiheit in Wort und Schrift, wofür der „Iniparcial“ täglich eintritt, müssen sie sich mit dem Hinweise auf die Gesetzgebung über öffentliche Ver⸗ sammlungen und Presse begnügen. Immerhin ist es ein er— freuliches Zeichen, daß an die katholischen Preßerieugnisse in Zukunft derselbe Maßstab gelegt werden wird. Die kirchlichen Veröffentlichungen werden scharf überwacht und müssen, wie alle übrigen Tageblätter, zwei Stunden vor ihrer Ausgabe dem Gouverneur vorgelegt werden. Viele Bischöfe haben deswegen ihre Diözesanblättchen „aus Mangel an Preßfreiheit“ eingehen lassen und ergehen sich über das Ministerium, namentlich seit dessen Einlenken in der religiösen Frage, in groben Schmähungen. (S. a. unter Italien.)
unter Anleitung
Italien. Rom, 6. April. Die „Gazetta ufficiale ver Iffentlicht ein Dekret des Ministers des Innern an die Prã⸗ fekten, durch welche sie zu unparteiischer Aufrechterhaltung des Ansehens der Gesetze aufgefordert werden. Die Regie⸗ rung, heißt es darin, wird nie fragen, wie die Präfekten denken, wie sie abstimmen, mit welcher politischen Partei sie sympathisiren; aber sie werden unfehlbar zur Rechenschaft gezogen werden, wenn fie
drien) 200, England 100 und 100 befinden sich in verschiedenen
sich ihres Amtes bedienen sollten, um Parteileidenschaften zu hegen
und zu begũnstigen, Störung in die Staats verwaltung zu bringen und Zvietracht und Unzuftieden heit in der Bevölkernng u erwecken. l Namentlich wird den Präfetten der Polizeidienst und di offent⸗ Iiche Sicherheit ans Herz gelegt. Die Energie, mit welche die Au oritãt der Gesetze aufrecht erhalten werden muß, soll jedoa nie in Willkür ausarten. Der Minister wird diejenigen Polizei- beamten, welche die Autoritãt des Staats ohne Rũcksicht auf die Person und den Stand der Uebertreter des Gesetzes innerhalb
der gesetzlichen Schranken trãftig aufrecht halten, gegen alle Angriffe und Verfolgungen in Schutz nehmen, oc fich
aber Willkürakte zu Schulden kommen laff= erbittli Arme des Richters . , — Das Ministerium hat, der Liberta“ zufolge, 10 Kom⸗ mig ionen ernannt, welch: über die wichtigsten Vorlagen be⸗ rathen und demnächst Bericht erstatten sollen, über das neue Wahlgesetz über den die Reform der Einkommensteuer vom be⸗ weglichen Eigenthum betreffenden Gesetz entwurf, Eintreibung der Mahlsteuer, Verwaltung der Wohlthaͤtigkeiisanstalten, Abschaf⸗ fung des Zwangscourses, Unterstützung einer einzigen Dampf⸗ schiffahrsgesellschaft u. s. w. .
— 10. April. (B. T. B.) Das Journal ‚Diritto“ bezeichnet die Nachricht., daß die Regierung mit . . . Rothschild über eine Verlängerung der in der Baseler Kon⸗ vention festgesetzten Frist verhandele, als durchaus unbe⸗ gründet.
. Der päpstlichen Kurie ist dem Vernehmen nach ein Bericht des päpstlichen Nuntius in Madrid zugegangen, worin es heißt, daß Spanien einer Wiederherstellung des ,öon⸗ kordats vom Jahre 1851 nicht entgegen sein werde, wenn Seitens der Kurie gegen den die Kultusfreiheit betreffenden Artikel kein unbedingter Widerspruch erhoben werde.
Türkei. Der Wortlaut der Proklamation Vass Paschas, eines der Spezial- Kommissäre der Pforte zur Her⸗ stelung des Friedens in den aufständischen Provinzen, liegt nun⸗ mehr in der „D. Ztg.“ vor. Derselbe ist folgender:
Proklamation. Se. Majestät der Sultan) haben Allergnãdigst geruht zu befehlen, daß für die Insurgenten in der Herzegowina eine allgemeine Amnestie veröffentlicht werden foll, welche ihnen freistellt innerhalb vier Wochen, vom 24 d. an gerechnet, die Waffen pieder⸗ zulegen und in ihre Dörfer zurückzukehren. Die Rehierüng Se. Kai⸗ serlichen Maiestät bringt diesen Befehl zur allzemeinen Kenntniß, damit alle, welche sich fügen, nicht nur die genannte Gnade genießen, sondern auch des 3ehnts für ein Jahr und der anderen gesetzmäßigen Steuern für zwei Jahre enthoben sein werden. Alle diejenigen aber, welche sich nicht fügen und welche nicht in der oben genanzten Zeit in ihre Häuser zurückkehren, sollen nicht nur von der Taiserlichen Gnade nnd Großmuth ausgeschiossen bleiben, sondern es solles anch ibre Länder und Güter konfiezirt und öffentlich verkauft werden)? ? hiervon wird an diejenigen vertheilt, welche den Betehlen? stät Folge leisten und in ihre Dörfer zurückkehren.
Ragusa, 16328. März 1876.
Der Präsident der Reform-Kommission:
P. Vassa.“
April. (Pol.
lle Donau⸗ antinopel in 19
Rustschuk, 3. festungen werden auf Besehl aus Kons Stand gesetzt. Von Tophansé brachte man nac Schumla, Widdin 2c. schweres Geschütz. Die Garnisonen sind indessen überall sehr gering, da alle verfügbaren Kräfte nach der serbischen Grenze geschickt werden. Man erwartet hier den großen Generalstab aus Konstantinopel, der nach Nisch geht. Ueber die Zahl der bei Nisch aufmarschirten Truppen verlautet, daß dieselbe bis heute 32000 Mann betragen soll, die aber außerordentlich reich mit Artillerie versehen sind. Neue Trans⸗ porte über Varna sind angesagt.
. —— Wie man der „Corresp. hongroise“ aus Belgrad berichtet, hätte der Ausschuß der Skupschtina, der sich zu einem Wohlfahrtsausschuß konstituirte, die Besetzung der strategisch wichtigen Punkte in Bosnien gefordert und würde in seiner Forderung durch den Generalstabs⸗ Chef Zach unterstützt. Dieser meine, daß die türkischen Truppen gegen Serbien im Anzuge begriffen feien, und daß nur noch der Einmarsch der Serben in Bosnien die Konzentrirung der Türken an der serbischen Grenze verhindern würde, — Ueher die Rüstungen schreibt man dem „Kelet Nepe“ aus Belgrad, 4. April, daß bereits Alles vorbereitet sei; selbst der Tag sel be⸗ stimmt, an welchem die serbischen Truppen die Grenze überschreiten sollen. Die Brigaden der Nationalmiliz“, so heißt es in der Bel⸗ grader Korrespondenz des genannten Blattes, „hätten bereits Ordre, unter dem Vorwande von Uebungen an die Grenze zu marschiren. Wenn also die Serben mit 50 —=60 000 Mann die Drina über- schreiten und in Bosnien einziehen, wo reguläre türkische Truppen kaum zu finden seien und wo hinter ihnen auch die Rajah sich erheben würden, so könnten sie mit Wahrscheinlichkeit auf Erfolg rechnen.“
— Nach der neuen Heeresorganisation wird, wie man der Allg. Ztg.“ mittheilt, vor allem der Generalstab, der zur Friedenszeit aus sechszig Offizieren zusammen⸗ gesetzt ist, auf den Haupt-, Divisions- und Brigadestab eingetheilt. Der Haupt⸗ oder Central⸗Generalstab besteht aus drei Abtheilungen und der allgemeinen Kanzlei. In den Wirkungskreis der ersten Abtheilung gehören sämmtliche auf die innere Organisation und Schlagtüchtigkeit des Heeres Bezug habende Arbeiten; die zweite befaßt sich mik den topo⸗ graphischen und geographischen Aufgaben und dem dazu gehörigen Zeichnen; die dritte ist historisch⸗ literarisch, indem fie die kriegsgeschichtlichen Data. zu sammeln, zu ordnen und druckfähig zu machen hat. In der allgemeinen Kanzlei werden persönliche Angelegenheiten erledigt. Dieselben Geschäfte haben auch die Divisions- und Brigade⸗ Generalstäbe, natürlich nur im engeren Umfange, zu verrichten. Der Generalstab steht unter dem Kriegs-Minifterium. Sämmt— liche Truppen, sowohl des stehenden Heeres als auch der Nationalmiliz, werden in Divisionen formirt. Solcher giebt es sechs: von Drina, West⸗Morawa, Süũd⸗Morawa, Timok, Donau und Schumadija. Die Kommandos derselben sind zu Waljewo, Tschatschak, Tschuprija, Zajetschar, Poscharewatz (Passarowitz! und Kragujewatz. Jede Division, in welcher selbst⸗ verständlich alle Militärzweige vertreten sind, ist aus 123 —15 Bataillonen Infanterie à 800 Mann, 5—7 Eseadronen, 2 - 5 Feld und Bergbatterien, einer Sanitäts⸗-Abtheilung u. f. w. zusammengesetzt. Das Kommando des Central ⸗Generalstabs bilden zur Kriegszeit der Chef und Vize⸗Chef dessel⸗ ben, 2 —3 höhtre und niedere Generalstabs Offiziere, 2—3 Adjutanten. 5 = 6 Qndonnanz⸗Offiziere, der Artillerie⸗ Inspektor und dessen Adiatant, der Inspektor des Genie-Corpa und dessen Adjutant, der kriegsgerichtliche Kommissar, der Lager⸗ tommandant, der Felvbischof, der Intendant ꝛc. Das Diviston⸗/ kommando bilden oer Divisionskommandant, 2 — 3 Adjutan -= der Ehef des Divistons⸗Generalstabs mit 2— 3 Gener jj . Dffizieren, der Chef der Ariillerie, der gleichzeitig , .
Corr.) A st
.
derselben jst, der Referent des Genie orps, ber zugleich Kon!