Hamm, 18. April. Auf die Tagesordnung des zum 1. Mai hierher einberufenen außerordentlichen westfä⸗ lischen Städtetages ist die dem Abgeordnetenhause vor⸗
liegende Stäãdte⸗Ordnung gesetzt.
Baperu. München, 18. April. Unter dem Vorsitze des Prinzen Luitpold wurde heut eine mehrstündige Sitzung des Staatsrathes abgehalten, in welcher weitere Vorlagen für den Landtag — dessen Dauer bis zum 31. Mai d. J. verlängert wurde — zur Berathung gelangten. Nach der Allg. Ztg.“ wäre insbesondere eine die Eisenbahnen in der Pfakz betreffende Regierungsvorlage zu erwarten. — In der zweiten Abtheilung der Kammer der Abgeord⸗ neten wird morgen die Berathung über die Beanstandung der Münchener Wahlen fortgesetzt und, wie man glaubt, zum Abschluß gebracht werden.
— Prinz Arnulph ist am Charsonnabend Abend von Paris, wohin er sich vor 14 Tagen begeben hatte, wieder hierher zurückgekehrt. — Der Justiz⸗Mini ster Dr. v. Fäu stle hat einen 14 tägigen Urlaub erhalten und wird sich in das Allgäu begeben. Mit der Leitung des Justiz⸗Ministeriums bleibt der Staatsrath v. Bomhard betraut.
— 19. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der zweiten Abtheilung der Abgeordneten kammer wurde der Antrag des Referenten, die Wahlen in München l. wegen Verletzung des Art. 11 des Wahlgesetzes bei der Bildung der Urwahlbezirke für un giltig zu erklären, angenommen.
Nürnberg, 18. April. (Allg. Ztg.) Die Regierung von Unterfranken hat die Beschwerde gegen die Auflösung des neuerdings gegründeten katholischen Vereins in Kitzingen abgewiesen.
Baden. Karlsruhe, 19. April. (Fr. J.) Die Kom⸗ mission der Zweiten Kammer für den Gesetzentwurf der Pfarrdotation ist in ihren Berathungen so weit vorgeschritten, daß der Bericht in der nächsten Zeit zur Verhandlung im Plenum gelangen wird. Da die katholische Kirchenregierung in Freiburg dem Staats⸗Ministerium erklärt hat, von den dem katholischen Klerus zugedachten Dotationen keinen Ge— brauch machen zu können, und dabei das Gesuch um Nicht⸗ anerkennung des Gesetzes für die katholische Kirche gestellt hat, so wird sich die Dotation nur für die evangelische Landes geist⸗ lichkeit praktisch bewähren. Nach den bei der evangelischen Ober⸗ Kirchenbehörde gemachten Erhebungen werden 384 Pfarrstellen davon berührt werden; von den zutigen Inhabern dieser Stellen haben etwa drei Fünftel die Pelition gegen die Revers⸗ Bestimmung unterzeichnet. Diese Bestimmung ist nun von der Kommission aus dem Entwurf entfernt worden, und ein von dem Ministerium begehrtes Substitut wird hierfür nur mit Schwierigkeiten zu erlangen sein. — Die unter Vorsitz des Ober⸗Schulraths⸗Direktors Nock vom 10 — 13. d. M. hier abgehaltene Konferenz sämmtlicher Gymnasial⸗ Direktoren und mehrerer Universitäts-Professoren Badens unter Betheiligung des Ministers Dr. Jolly hatte die Aufgabe, ein⸗ zelne Unterrichtszweige der Gelehrtenschulen dem Zeitgeiste mehr anzupassen, die Forderungen der Abiturienten⸗Prüfung genau zu präzisiren und die Ferienordnung neu zu reguliren. Bei dem erfien Punkt wurde die weitere Ausbildung des mündlichen Ausdrucks im Deutschen betont, dagegen das Griechische und die lateinischen Styl- Uebungen beschränkt, letztere nur im Zusammenhang mit der Lektüre der Klassiker zu⸗ gelassen. Für die Abiturienten⸗Prüfung wurde weniger Gewicht auf den Nachweis massenhaften Gedächtnißstoffs, als vielmehr auf die Klarheit des Urtheils und deutlichen Auedruck desselben gelegt. Bezüglich der Ferienordnung wurde bestimmt, daß die Hauptferien sechs Wochen, von Ende Juli bis Mitte September, dauern und über Pfingsten acht Tage schulfrei sein sollen.
Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha. Coburg, 18. April. Heute um 5 Uhr Abends erfolgte die Ankunft des Deutschen Kaisers mit dem Kronprinzen unter großem Jubel der Be⸗ völkerung. Abends findet großes Diner und im Theater, wo des Herzogs Oper „Santa Chiara“ aufgeführt wird, Galavor⸗ stellung, darauf großer Fackelzug statt. Die Stadt ist festlich geschmůckt.
— 20. April. (W. T. B.) Die Königin Victoria hat heute Vormittag 10 Uhr die Räckreise nach England an⸗ getreten.
Sachsen⸗ Altenburg. Altenburg, 17. April. Unter den Schriftstücken, zu deren Veröffentlichung die jüngste Land⸗ tagssession Veranlasfsung gegeben hat, befindet sich auch der Be⸗ richt der Finanzkommission über die Rechenschaftsberichte der Finanzverwaltung während der Finanzperiode 1868 und 1869 — 1871. Obschon diese Rechenschaftsberichte sich auf schon länger zurückliegende Jahre erstrecken, so bieten dieselben doch deshalb noch jetzt ein größeres Interesse, weil sie gerade die Zeit des Ueberganges aus den früheren Verhältnissen des deut⸗ schen Bundes in den Norddeutschen Bund betreffen. Im Gan⸗ zen zeigt sich dabei, daß dieses Uebergangsstadium von Sachfen⸗Altenburg, Dank seinen geordneten Finanzen, verhältniß⸗ mäßig leicht überstanden worden ist.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 18. April. (. Pr.“) Heute Mittags statteten die ungarischen Minister dem Minister⸗ Präsidenten Fürsten Auersperg einen Besuch ab, worauf um 2 Uhr die gemeinsame Konferenz unter Vorsitz des Kaisers stattfand. Ueber dieselbe meldet die „Pester Corr.“ Nach⸗ stehendes: „Der große Ministerrath, welcher heute behufs Srledigung der zwischen beiden Regierungen der Monarchie obschwebenden handelspolitischen Fragen unter Vorsitz Sr. Majeflat abgehalten wurde, währte von 2 bis nach 6 Uhr. Schon die beträchtliche Dauer des Ministerraths läßt auf die Größe der Schwierigkeiten schließen, welche zu be⸗ wältigen waren und wohl auch noch zu bewältigen sein werden, bis gesagt werden kann, die Angelegenheit sei als abgeschlossen anzufehen. Als einziges miltheilbares Ergebniß ist. zur Stunde nur so viel zu konstatiren, daß die Endentscheidung in der Hand Sr. Majestät liegt und es von den Aller⸗ höchsten Disposttionen abhängig ist, ob noch eine weitere Plenarkonferenz stattzufinden habe oder nicht. Nach der Kon⸗ ferenz versammelten sich die ungarischen Minister bei Baron Wenckheim, „um nach dem Diner, welches sie dort einnahmen, unter einander Berathung zu pflegen.“ Ungefähr dasselbe be⸗ richtet auch die Budap. Corr.“ indem sie schreibt: „Es wurde in der Konferenz kein Protokoll geführt und demnach auch keiner⸗ lei Beschluß gefaßt. Nachdem alle obschwobenden Angelegen⸗ heiten beiderseits eingehend besprochen und die Standpunkte
beider Ministerien auseinandergesetzt wurden, behielt sich Se. Majestãt die weitere Entschließung vor. Es ist nicht unmöglich, daß unter Vorsitz Sr. Majestät noch eine Konferenz stattfinden wird, jetzt ist diesbezüglich ebenso wie über den weiteren Verlauf der Verhandlungen kein Beschluß gefaßt. —
„Die Fragen, um welche sich die ganze Diskussion dreht sagt das „Prag. Abbltt.“, sind ausschließlich wirthschaftlicher, beziehungsweise finanzieller Natur, und das politische Moment splelt hierbei nur insoferne eine Rolle, als von dem Ergebnisse der gegenwärtigen Verhandlungen auch die Festigung oder weitere Lockerung der bestehenden Beziehungen zwischen beiden Reichshälften abhängig ist. In erster Linie kommt gegen⸗ wärtig die Erneuerung des 3oll⸗ und Handelsbünd⸗ nisses zwischen beiden Reichshälften, beziehungsweise die weitere Erhaltung des einheitlichen Zollgebietes in Betracht. Stunden diesbezüglich die Sachen so, daß es sich einfach um die Fortdauer des bestehenden Zustandes handeln würde, dann wäre vielleicht die Verständigung nicht allzu schwierig. Zufälliger Weise laufen aber fast alle unsere 6 mit auswärtigen Staaten in diesem oder im nächsten Jahre ab, und da die Erneuerung derselben nur im Einverständnisse beider Reichshälften erfolgen kann, so ist es natürlich, daß sich auf beiden Seiten widersprechende Interessen geltend machen. Ungarn hat nämlich als industriearmes Land kein Bedůrfniß, die bestehenden Zölle zu erhöhen, im Gegentheile würde es manche derselben im Interesse seiner Konsumenten gerne noch weiter er⸗ mäßigen. Für die westliche Reichshälfte aber ist es geradezu eine Lebensfrage, die heimische Industrie, welche seit einigen Jahren mit außerordentlichen Fatalitãten zu kämpfen hat, nicht noch weiter verkünmern zu lassen und dazu bedarf es vor Allem eines wirksameren Schutzes gegen die ausländische Konkurrenz. Es kommt jetzt nun darauf an, diese widerstreitenden Interessen derart in Einklang zu bringen, daß sich kein Theil benachtheiligt sieht, eine Aufgabe, die in der That nichts weniger als leicht ist. Minder schwierig gestaltet sich das Verhältniß bezüglich des zweiten Punktes des gegenwärtigen Verhandlungsprogramms, die Zollrückvergütung betreffend. Ungarn verlangt nämlich, daß die bisher aus der gemeinsamen Zollkasse rückvergüteten Steuer—⸗ betrãge für Exportartikel, welche im Inlande der Verzehrungs⸗ steuer unterliegen, künftighin aus der Kasse jener Reichshä fte bezahlt werden sollen, welche die bezügliche Steuer eingehoben hat. Im Prinzipe hat die diesseitige Regierung die Berech⸗ ligung dieser Forderung zugestanden, nur der Modus der Be⸗ rechnung und Kontrole macht noch einige Schwierigkeiten. Was jedoch die weitere Forderung Ungarns betrifft, es möge ihm eine Vergütung der Verzehrungssteuer für alle aus der westlichen Reichshälfte nach Ungarn eingeführten Bier⸗ Spiritus« und Zucker⸗Quantitãten gewahrt werden, so soll diesbezüglich bisher auch nicht einmal eine formelle, geschweige denn eine prinzipielle Einigung erzielt worden sein, wie denn überhaupt dieser Punkt bei den gegenwärtigen Konferenzen die größten Schwierigkeiten bietet, weil die Berechtigung Ungarns zur Erhebung einer sol⸗ chen Forderung in der diesseingen Reichshälfte allseits be⸗ stritten wird.
Als letzter Programmspunkt bei den gegenwärtigen Ver—⸗ handlungen figurirt die Bankfrage, das heißt die Forderung Ungarns nach einer selbständigen Zettelbank. Da hiebei auch die Valutafrage und die Erhaltung der einheitlichen Währung in Betracht kommen, so ergeben sich auch nach dieser Richtung be⸗ deutende Schwierigkeiten, zumal auch die Frage aufgeworfen wurde, in welcher Währung Ungarn, falls es zur Errichtung einer eigenen ungarischen Zeltelbank käme, seine Beiträge für die gemeinsamen Staatsausgaben leisten würde. Bisher soll jedoch diese Angelegenheit in den Ministerkonferenzen noch nicht detaillirt zur Sprache gekommen sein, sondern lediglich zwischen den un⸗ garischen Ministern und den Leitern der Nationalbank den Ge⸗ genstand der Diskussion gebildet haben.“
Pest, 19. April. Wie hiesige Blätter melden, ist die An⸗ gelegenheit der Militärbequartierung bereits so weit ge⸗ diehen, daß der aus einigen fünfzig Paragraphen bestehende einschlägige Gesetzentwurf von den hierbei betheiligten drei Re⸗ gierungen endgültig festgestellt wurde. Im Sinne des vereinbar⸗ ien Entwurfes wird die zu vielen Klagen Anlaß gebende Ein⸗ quartierung mit der Zeit gänzlich wegfallen. Die wichtigste Be— stimmung des Gesetzentwurfes ist jene, daß alle Bequartierungs⸗ Anordnungen in Zukunft im Einver nehmen mit den betreffenden Landesvertheidigungs-Ministern durchgeführt werden, und jede Dislokation nur mit Zustimmung des Landesvertheidigungs⸗ Ministers erfolgen kann.
— Das ungarische Abgeordnetenhaus nimmt morgen seine Sitzungen wieder auf. Wie die „Pester Korr.“ meldet, gedenken die in Wien weilenden ungarischen Mmister bereits an der morgigen Sitzung theilzunehmen, so daß deren Abreise von Wien im Laufe des heutigen Tages erfolgen dürfte.
Schweiz. Die, N. Zürich. Ztg.“ erhält folgende Korrespon⸗ denz aus Bern: „Wie man vernimmt, wird die vom Bundesrathe zur Untersuchung der Situation der Gotthardbahn nieder⸗ gesetzte Fommifsion schwerlich ihre Arbeit so schnell vollenden können, daß das Resultat derselden und die sachbezüglichen An⸗ träge schon im Monat Mai der internationalen Gotthardbahn konferenz unterbreitet werden kann und es wird die letztere wahr⸗ scheinlich noch etwas weiter hinausgeschoben werden müssen. Die einzelnen Unterabtheilungen dieser Kommission sind übrigens in voller Thätigkeit an der Lösung ihrer Aufgabe.“
Niederlande. Luxem burg, 19. April. (W. T. B.) Der Generaldirektor der Justiz, Funck, welcher auch mit der kö der Eisenbahnen beauftragt war, ist heute ge⸗ torben.
Großbritannien und Irland. London, 18. April. Die Königin wird, nach der „G. C.“ am 21. hier zurück erwartet. Am Tage vorher werden die Königlichen HJachts sich nach Cherbourg begeben, um die Monarchin an den Hof nach Portsmouth überzuführen. — Don Carlos wäre, einem Tele⸗ gramm der „K. 3.“ zufolge, seit vier Tagen mit seinem Vater und dem General Velasco von London verschwunden. Selbst die Carlisten wüßten nicht, wo er sich aufhalte; Don Carlos hätte bei der Abreise nur erklärt, er gehe nach Norwegen.
— Das Auswärtige Amt hat dem Parlamente die diplomatische Korrespondenz über den Aufstand in der Herzegowina vorgelegt. Dasselbe enthält der „E. C.“ zu⸗ folge auf 109 Seiten 93 Schriftstücke, unter welchen die bereits bekannten Aktenstücke, das österreichische Reformprojekt und die darauf bezüglichen türkischen Dekrete, den breitesten Raum ein⸗ nehmen, sowie die aktenmäßigen Belege, welche Lord Derby zur Darlegung seiner Politik den Anfechtungen seiner Gegner ent⸗ gegenhãlt.
Ueber den Ursprung der Erhebung und ihre Bedeutung in den ersten Entwickelungsstadien enthalten die Berichte des britischen Konsuls Holmes Aufschlüsse. Nach seiner Angabe wurde der ganze Aufruhr von einer Bande von 1984 Föpfen eingeleitet. Diese bestand aus Flächtlingen, die auf montenegrinisches Gebiet übergetreten waren und die Er⸗ laubniß zur Rückkehr nachgesucht und erhalten hatten. Bei der Heimkehr erhoben sie die Fahne des Aufstandes. Durch Drohungen und Gewaltthat verstãrkten die Aufrührer ihre Schaaren und brannten denjenigen ihrer Landsleute, welche nicht gesonnen waren, sich anzuschließen, die Dörfer nieder. Es wurde ein türkischer Kommissar entsendet, mit den Insurgenten zu unterhandeln. Gleichzeitig aber erhielten dieselben von flavischer Seite aus allen Richtungen her Ermuthigung und Unterstützung an Geld, Waffen und Mannschaften. Sie sahen sich unter allen Umständen veranlaßt, die türkischen Unterhand⸗ lungsvorschlãge einfach abzulehnen, und die Pforte appellirte dessalb an das Foreign Office, um durch englische Vermittelung in Wien, Belgrad und Montenegro zu sorgen, daß die sichtlichen Hauptquellen des Aufstandes verstopft würden. Lord Derby machte unterm 12. August 1875 dem englischen Geschäftsträger in Wien von der zwei Tage vorher aus Fonstantinopel an den türkischen Botschafter in London gerichteten Depesche über diese Angelegenheit Mittheilung, erwähnte, daß die türkische wie die englische Regierung vom österreichischen Kabinet befriedigende Zusicherungen über die dem Aufstande gegenüber beobachtete Haltung empfangen habe, daß aber die Pforte doch die Vermittelung der englischen Regierung in dem angegebenen Sinne für erwünscht erachte, und wies ihn an, dem entfprechend mündlich zu wirken. Unter demselben Datum wurde Sir H. Elliot, der englische Botschafter in Konstantinopel, ebenfalls über die Sache in Kenntniß gesetzt und erhielt die Weisung, falls er dazu Gelegenheit habe, dem Fürsten von Montenegro zu rathen, die Erhebung nicht zu fördern. Ferner wurde er beauftragt, den englischen Agenten in Belgrad in gleichem Sinne zu instruiren. Dann aber fügte der Mi⸗ nister hinzu:
Im Uebrigen ist Ihrer Majestät Regierung der Ansicht, daß die türkische Regierung sich auf ihre eigenen Hülfsquellen verlassen sollte, um den Aufstand niederzuwerfen. Sie sollte ihn als einen lokalen Ausbruch von Ruhestörungen behandeln, statt ihm internationale Bedeutung zu verleihen, indem sie sich an andere Mächte um Unterstützung wendet.“
Das Verhalten der Pforte gegenüber diesem Rath ist be⸗ kannt. Es folgte der Vorschlag, aus welchem die Einsetzung der Konsularkommission in Mostar hervorging. Auf wieder⸗ holtes Andringen des Grafen Beust sprach Lord Derby in einer vom 25. Januar datirten Note dem englischen Botschafter in Wien die Zustimmung Englands zu dem Reformentwurf des Grafen Andrassy aus und instruirte gleichzeitig den Vertreter Großbritanniens in Konstantinopel unter demselben Datum folgendermaßen:
„Die Vorschläge des Grafen Andrassy laufen in der That auf wenig mehr als ein Ersuchen hinaus, daß die Pforte die Reformdekrete von 1835, 1856 und vom 2. Oktober und 12. Dezember vori⸗ gen Jahres, also die Maßregeln zur Besserung der Lage der nichtmohamedanischen und überhaupt der ländlichen Bevölkerung im ganzen Reiche, welche öffentlich proklamirt worden sind, praktisch zur Anwendung bringen möge. Manche dieser Reformen berühren nicht blos die christlichen Unterthanen der Pforte, sondern würden der ganzen Beyölkerung zu Gute kommen, wie z. B. die Ab⸗ schaffung der Steuerverpachtung, welche be sonders wohlthätig für die Landeigenthümer wirken muß, welche in Bosnien auf jeden Fall meistens Mohamedaner sind. Ihrer Majestät Regierung ist daher nicht der Meinung, daß die Vorschlaͤge des Grafen Andrassy mit dem Artikel X. des Pariser Vertrages im Widerstreite stehen. Sie sieht in denselben wesentlich Wünsche und Empfehlungen für die Genehmigung der Pforte bei ihren Bemühungen dem Aufstande ein Ende zu machen, und findet in ihnen keine Einmischung in die Beziehungen zwischen dem Sultan und seinen Unterthanen oder in die innere Verwaltung des Reiches. Auch sieht Ihrer Majestät Regierung nicht ein, daß die Pforte es schwer finden sollte, dem in solcher Weise ertheilten Rathe zu folgen und den Mächten in irgend einer Form die Maßregeln mitzutheilen, welche demgemäß getroffen werden sollen. Was Ihrer Majestät Regierung als wesentlich erscheint, ist, daß die Pforte schnell und energisch an die Ausführung der Reformen geht. Es ist augenscheinlich nach den Berichten von Ihrer Majestät Konsuln, daß die eingeborenen Muselmänner in Bosnien und der Herzegowina und selbst die Behörden an Ort und Stelle sich nicht über die Wichtigkeit der aufrichtigen Annahme und ehrlichen Durchführung der Reformen klar geworden sind. Ew. Excellenz sollte daher bei der Pforte ernstlich darauf dringen, daß es unerläßlich sei, mit Ausführung dieser Reformen Männer von Thatkraft und Ent⸗ schlofsenheit zu beauftragen, welche sich nicht durch die öriliche Apathie und das Vorurtheil abschrecken lassen und im Stande und gewillt sind, Scheußlichkeiten wie die Ermordung der nach Popovopolie zurückkehrenden Flüchtlinge zu unterdrücken, und welche das Aeußerste thun werden, der christlichen Bevölkerung das Gefühl der Sicherheit zurückzugeben. Ohne ein solches Gefühl kann eine gründliche Beruhigung der aufständischen Bezirke füglich nicht erwartet werden.“
Frankreich. Paris, 18. April. Wie der „Köln. 3tg.“ geschrieben wird, ist man auch in der Provinz nicht befriedigt von den Personalveränderungen in den Präfekturen; man findet es herausfordernd, den republikanischen Departements Männer von „der moralischen Ordnung der Broglie und Buffet“ vorzusetzen, und wünscht, daß die unpopulären Präfekten ganz beseitigt würden. Zwar sagt der „Moniteur“, die Ver⸗ waltung werde angehalten werden, streng verfassungs⸗ mäßig zu verfahren, zuerst müsse dieselbe aber Stetigkeit erhalten; die Gegner verlangen jedoch zuerst eine durchgreifendere Aen⸗ derung der Präfekturen. Darum erregt auch der Brief des bisherigen Präfekten von Cental, Mr. de Chazelles, der nach den Ober⸗Pyrenäen versetzt werden follte, aber seine Entlassung nahm, weil er doch nach seinem neuen Bestimmungsort keine neue Gesinnung mitbringen könne, und der sich in Ausdrücken bewegt, welche die Einen würdig, die Anderen unhöflich finden, großes Aufsehen. Einige sind auch schon seinem Beispiel gefolgt und um ihre Entlassung eingekommen; ebenso ca. 189 Maires und Beigeordnete, und darum eben fordern die entschiedenen Republikaner eine vollständige Umgestaltung des Präfektenperso⸗ nals und der gesammten Verwaltung.
— Der Senator Picard und der Deputirte Corentin Gugho, die von einer Versammlung der republikanischen Senatoren und Deputirten beauftragt worden waren, einen Gesetz entwurf über die Sinstellüng der Verfolgungen gegen die, welche an dem Aufstand der Commune betheiligt gewesen, auszu⸗
arbeiten, haben ihre Arbeiten beendet. Der Gesetzentwurf lautet nach der „K. 3. wie folgt: „Art. 1. Vom Tag der Veröffent⸗ lichung des vorliegenden Gesetzes an wird keine Verfolgung mehr stattfinden wegen Vergehen, die auf die aufstãndische Bewegung von 1871 Bezug haben, selbst dann nicht, wenn in der Zwischen zeit Akte der Verfolgung oder der Untersuchung vorgenommen worden find, welche die gewöhnliche dreijãhrige Verjährung unterbrechen. Art. 2. Unter Abweichung von Art. 13 des Gesetzes vom 9. August 1840 hören die Militärgerichte schon jetzt auf, sich mit den Verbrechen zu beschäftigen, welche zur nämlichen Zeit begangen worden sind; die in contumaciam Verurtheilten sind, wenn sie verhaftet wer⸗ den oder sich stellen, allein vor den Kriegsgerichten des Militär⸗ distrikts verantwortlich, wo sie verurtheilt worden. Art. 3. Die oben erwähnten Verbrechen kommen vor das Geschworenengericht, nachdem sie vor die Anklagekammer des Appellationshofes ver⸗ wiefen worden sind, von dem das Geschworenengericht ab⸗
hängig ist.“
Italien. Rom, 16. April. Gtal. Nachr) Da Opposttionsjournale behauptet hatten, daß ganz entgegen dem Cirkulare, welches der Minister der Interessen be⸗ trefft Wahleinwirkungen an die Präfekten gerichtet hat, der Unterpräfekt von Vogherg bei der Wieder⸗ erwählung des Minister ⸗Präsidenten in Stradella zu Gun⸗ sten desselben eingetreten sei; so hat Heir Nicotera von dem Präfekten in Pavia Auskunft über diese Angelegen⸗ heit verlangt und dieser ihm berichtet, daß der Unterpräfekt von Voghera auf Befragen erklärt hat, bei Vertheilung der Druck— bogen für den Verbalprozeß die Wähler eingeladen zu haben, sich an der Wahl zu betheiligen, wiewohl er wisse, daß sie Wil⸗ lens seien, ihrem alten Vertreter ihr Vertrauen von Neuem zu schenken. Außerdem hat der Präfekt bemerkt, daß das ministerielle die Einmischung der Beamten in Wahlen betreffende Cirkular dem Unterpräfekten von Voghera erst nach Vertheilung der Druckbogen an die Wähler zugekommen ist. Der Minister hat darauf die Zusendung einer Kopie des betreffen den Briefes des Unterpräfekten verlangt und dabei zu verstehen ge⸗ geben, daß er zu zeigen gedenke, daß die Präfekten selbst das nicht thun dürfen, was der Unterpräfekt von Voghera gethan hat.
— Der Minister für Handel, Gewerbe und Ackerbau, Ma⸗ jorana Calatabiano, hat ein Cirkular an die Präfekten und Präsidenten der Handelskammern gerichtet, worin er ihnen die strengste Sparsamkeit empfiehlt und die Präfekten ersucht, die Lklusgaben⸗Budgets der Handelskammern zu überwachen und möglichst zu reduziren.
— Nach dem „Appenire economico“ von Modieo ist in der
Gemeinde Spaccaforno eine Verordnung des Unter-
präfekten veröffentlicht worden, welche die unter den dortigen Bauern in der heiligen Woche üblichen Bußübungen und Geißelungen, die trotz entgegenstehender obrigkeitlicher Ver⸗ bote auch dieses Jahr vorgenommen werden sollten, bei schwerer Strafe untersagt.
— Der Mailänder „Perseveranza“ wird von hier berichtet: „Der Kardinal Ledochowski entwickelt eine außerordentliche Thätigkeit, giebt fich aber das Ansehen dabei, als ob er die Haupfleitung im Kardinalskollegium übernommen hätte, und das mißfällt vielen Kardinälen und selbst solchen, die nichts von versöhnlichen Maßregeln hören wollen. Die Rede, die er im letzien Konsistorium an den Papst gehalten, ist sehr unklug be⸗ funden worden. Die Gegenwart des Kardinals Ledochowski in Rom und die Art und Weise seines Auftretens haben den mehr oder weniger verdeckten, aber doch bestehenden Antagonismus des fremden und des italienischen Elementes im Kardinals-Kol— legium mehr ans Tageslicht gebracht.“
Türkei. Gegenüber den letzten „Ag. Hav.“ liegt heute nachstehende Meldung vor: Konstantinopel, 19. April. (W. T. B.) Von der Re—⸗ gierung wird folgendes Telegramm Moukhtar Paschas an den Kriegs-Minister vom gestrigen Tage ver⸗ öffentlicht: „Wir sind nach fortwährenden, auf dem Marsch und Rückmarsch den Insurgensen 6 Tage hindurch gelieferten sieg⸗ reichen Gefechten in Gaczko eingetroffen. Die Truppen haben glänzende Erfolge über den Feind errungen, welcher indeß zwei Mal uns an Zahl überlegen und ungefaͤhr 14,000 Mann stark war. Dieses Mal führte der Fürst von Montenegro offen gegen uns Krieg, an 7000 gut equipirte und regelmäßig organifirle Montenegriner hatien sich den Insurgenten ange⸗ schlossen, um uns zu bekämpfen“ (Gaczko liegt etwa 50 Kilometer nördlich von Nikfie und 30 Kilometer rückwärts vom Dugapaß, auf der einzigen Straße, auf welcher die Verproviantirung unternommen werden konnte, ohne monte⸗ negrinisches Gebiet zu berühren. Niksic bildet die äußerste Ecke eines in spitzem Winkel an der nördlichen Grenze Montenegros einspringenden türkischen Gebietstheils. Es fragt sich nunmehr, ob nach der aktioen Theilnahme montenegrinischer Truppen, welche die Depesche behauptet, ein neuer Versuch, die bedrãngte Festung zu nehmen, auf der östlich heranführenden Straße, welche einen Winkel montenegrinischen Gebietes durchschneidet, unternommen werden kann.)
— Ueber die vorstehend erwähnten Gefechte in der Herze⸗ gowina entnehmen wir der „Pol. Corr.“ solgendes Ausführ⸗ lichere:
ö Gleich nach Ablauf. der Waffenstillstandsfrist traf Moukhtar Pafcha Anstalten, um das von Proviantmangel arg bedrohte Niksie mit Lezensmitteln zu versehen. Er orga⸗ nisirte zu diesem Behufe eine aus 25 Bataillonen bestehende Czpedition, mußte aber sofort mehrere Bataillone davon ablösen, um dieselben nach Trebinje zu dirigiren, welches mittlerweile von verschiedenen Insurgenienschaaren bedroht wurde. Es standen ihm am 13. April 18 Bataillone regulärer Truppen zur Ver⸗ fügung, welche er bei Krstac am Eingange des Duga⸗Passes konzentrirte.
Am 14. wurde der Dugapaß von den Türken ohne beson⸗ dere Schwierigkeiten forzirt, und nur zwischen der tür kischen Arrieregarde und einer vom Popen Zimunic befehligten Insur⸗ genten⸗Abtheilung entwickelte sich ein lebhafteres Feuergefecht, in welchem die Insurgenten gesiegt zu haben behaupten, währenb in Wirklichkeit diefe Behauptung elne ganz fiktive ist, da Moukhtar Pascha sich von diesem Engagement durchaus nicht
Nachrichten der
behindert fand, sein ganzes Armee⸗Corps durch den Paß zu bringen. Am 14. d. wurde Moulhtar auf seinem weiteren Vormarsche durch zahlreiche In⸗
surgenten⸗Abtheilungen unter Peko Paylovich und Lazar Sotschitza aufgehalten und es entwickelte sich in der Nähe des türkischen Blockhauses Presjeka ein größeres Treffen, welches
den ganzen Tag andauerte. . Daß auch an diesem Tage von einem Siege der Insurgen⸗
denselben übernachtet haben. Am darauffolgenden Tage ver⸗ suchte Achmed Moukhtar die Insurgentenlinien, welche sich inzwischen dichter geschlossen hatten, zu durchbrechen, was zu einem mörderischen Kampfe führte. Die Insurgenten hielten nicht blos tapfer Stand, sondern gingen selbst zur Offensive über und zwangen, allerdings unter furchtbaren Verlusten für sie, die Turken zu einer mäßigen rückgängigen Bewegung bis Odzine Poljane. —
Am 16. erneuerte Moukhtar den Angriff gegen die In⸗ surgenten, indem gleichzeitig die türkische Besatzung von Nilsie einen Ausfall machte. Es konnte ihm aber nicht gelingen, bis Niksie vorzudringen, da die Türken von Niksie eiligst zur Rück⸗ kehr in die Festung gezwungen wurden. So stehen Türken und Insurgenten, von den mehrtäg gen Kämpfen erschöpft, seit zwei Tagen einander gegenüber.
— Aus Bosnien wird der Pol. Forr.“ gemeldet: Im Kozara-Gebirge dürfte es wahrscheinlich zu ernsten Kämpfen kommen, da dort über 2000 Insurgenten stehen, die wohlorga— nisirt und bewaffnet sind.
— 20. April. (W. T. B.) Derwisch Pascha ist an Stelle Riza Paschass zum Kriegs-⸗Minister und Ab dul Kerim Pascha zum Marine⸗Minister ernannt worden.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 16. April. Dem bereits kurz signalisirten Artikel des „Journ. de St. Pe ers⸗ bourg“, welcher den jetzt vielfach coursirenden Allarm⸗ nachrichten entgegentritt, entnehmen wir nachfolgende Stellen: „Seit einigen Tagen ist eine Strömung der Spekulation eingetreten, die sich auf falsche politische Nachrichten stützt. Wir kämpfen jetzt nicht zum ersten Male gegen dieses Manöver und wissen im Voraus, daß trotz aller unserer Anstren⸗ gungen der leichte Gewinn, den das auf die Leicht⸗ gläubigkeit des Publikums gegründete Spiel gewährt, niemals gehindert werden wird. Wir brauchen indeß mit der gegen das Ende des vorigen Jahres unternommenen Campagne gegen die Verbreiter von Depeschen, die zur Einschüchterung der Gemüther erfunden waren, nicht unzufrieden zu sein. Verschiedenen sind damals die Masken abgerissen worden Einzelne unter ihnen haben es vorgezogen, Halt zu machen. Das war immer schon etwas. Aber diese Art treibt schon wieder neue Zweige und man muß sich abermals ans Werk machen, um sie auszurotten. Wir wissen wohl, daß die Aufgabe den Veranstaltern der Panique durch die unklare Situation der orientalischen An⸗ gelegenheiten sehr erleichtert wird. Ist doch nichts leichter, als Ben? Verwandten eines schwer Kranken Schrecken einzujagen! Die Insurgenten von Bosnien und der Herzegowina sind noch nicht zu ihren heimischen Heerden zurückgekehrt; die von den türkischen Behörden ihnen gemachten Versptechungen sind noch nichterfüllt, und außer dem, daß die materiellen Mittel ihnen fehlen, um die Er⸗ füllung zu beschleunigen, würde diese von den Insurgenten⸗ Chefs doch noch nicht als eine genügende Bürgschaft für die Zukunft angesehen werden. Alles dies schafft eine schwierige Lage, und wie wenig man auch zum Pessimismus geneigt sein und wie geringes Interesse man daran haben möge, ihn zur Schau zu tragen, so fehlt es doch nicht an Stoff dazu,
Wir bleiben aber doch dabei, diese Auffassung der Sachlage als eine sehr wenig stichhaltige zu bezeichnen. Und zwar weil wir, um die Lage und die Konsequenzen, zu denen sie führen kann, zu beurtheilen, keinen Augenblick den festen Ent⸗ schluß. der Mächte, sich durch keinen Zwischenfall von ihrer Friedenspolitik abwendig machen zu lassen, aus dem Auge verlieren. Diese Politik aber bedeutet dennoch keine absolute Beseitigung aller heikelen Fragen, son⸗ dern das geduldige Aufsuchen der zu ihrer Lösung auf fried—⸗ lichem Wege nöthigen Mittel, und zwar zu solcher Lösung, welche gerechten Forderungen, begründeten Beschwerden Genug⸗ thuung schafft, ohne daß das höchste Interesse der Aufrecht⸗ erhaltung des Friedens dadurch berührt werden könnte.
Man weiß in dem Lager der Allarmisten, daß alle be⸗ unruhigenden Gerüchte an dieser Uebereinstimmung der Mãchte scheitern müssen. Darum sucht man die Existenz dieser Ueber⸗ einstimmung selbst in Zweifel zu ziehen. Die Wiener Politische Korrespondenz“ hat diesem Gerücht, das in der österreichischen Hauptftadt verbreitet worden war, ein sehr kategorisches Dementi entgegengesetzt, das wir für durchaus berechtigt halten.
Die Allarmisten müssen daher jetzt sich anderswo nach Stoff umsehen. Und dieser, sollte es scheinen, fehlt ihnen auch nicht; es könnte ihnen schon genügen, sich über die türkischen und ägyptischen Werthe zu ereifern, welche den Kapitalisten wie den Spekulanten so viele Täuschungen bereitet haben Aber man koͤnnte sagen, daß nach diefer Seite nichts mehr zu thun ist; die Ader ist erschöpft, selbst eine weitere Baisse ist unmöglich geworden, und man sucht auf dem Markte nach neuen Objekten, oder vielmehr man strebt danach, eine Generalpanique ins Werk zu setzen, die alle Werthe gleichmäßig und unter⸗ schiedslos umfassen solle. Je mehr Wasser getrübt wird, desto mehr hofft man im Trüben zu fischen. Die Presse ist dabei in vieken Fällen mehr Opfer als Mitschuldige dieser dunkeln Ma⸗ növer; ihre Mltschuld würde höchstens aus dem Leichtsinne entspringen, mit welckem fie oft falsche Nachrichten aufnimmt, die aus einem Zwecke, der nicht eingestanden werden kann, in die Welt geschickt werden. Es giebt dagegen nur ein Mittel: Das Publikum muß mißtrauisch werden. Was uns betrifft, so wer⸗ den wir uns der Pflicht nicht entziehen, es immer und im wer wieder zu warnen vor dem Verbreiten falscher Nachrich⸗ ten, mögen diese nun aus Leichtgläubigkeit oder aus Wohlwollen hervorgegangen sein. .
19. April. (W. T. B.) Zufolge Ministerialbeschlusses ist die Zeitung ‚Graschdanin‘ wegen eines Artikels über die Herzegowina, in welchem heftige Angriffe gegen die österreichische Regierung enthalten waren, suspendirt worden.
Dänemark Kopenhagen, 18. April. In Veran⸗ lassung des Geburtstages des Königs haben mehrfache Ol densverleihungen stattzefunden. Prinz Friedrich Jerdi⸗ nand Georg Christian Carl Wilhelm von Schleswig⸗Holstein⸗ Sonderburg⸗Glücksburg ist zum Ritter des Elephanten-Ordens ernannt worden; das Nitterkreuz des Dannebrogs⸗ Ordens haben u. A. der Legations⸗-Sekretär in Berlin, Baron E. Gyl⸗ dencrone, und der dänische Konsul in Memel, H. S. Lund, erhalten.
Amerika. Aus Washington melden Depeschen der „A. A. C.“ vom 16. d. M.: Hrn. Bel kn aps. Vertheidiger hat beschlossen dafür zu plaidiren, daß in Folge des Rücktritts seines Klienten aus dem Ministerium der Senat in dem gegen den— selben schwebenden Anklageverfahren keine Jurisdiktion besitze.
— Der Kaiser von Brasilien ist laut Meldung aus
Washington vom 17. einem ernstlichen Unfalle entgangen. Bei einer schnellen Fahrt durch die Sechste Avenue lam sein Gefährt mit einem schweren Wagen in Kollisiön und wurde gänzlich zertrümmert, er selbst blieb unverletzt. Im Laufe des Tages stattete er dem Gouverneur Tilden und mehreren öffentlichen Gebäuden einen Besuch ab, Abends besuchte er ein Meeting der
—
Herren Moody und Sankey.
New⸗YVork, 19. April. (W. T. B.) Nach einem dem hiefigen Konsulate der Republik Haiti aus Kingston zugegan⸗ genen Telegramme hätten die Aufständischen in Haiti die Oberhand behalten. Der Präsident der Republik, General Do⸗ mingue, der Vize⸗Präsident und der kommandirende General sollen von den Aufständischen erschossen worden sein.
— Aus Panama liegen bis zum 21. März reichende Nach⸗ richten der ‚A. A. C.“ vor, denen zufolge der frühere Präsident von Guatemala, Gonzalez nunmehr Oberbefehls haber der Armee von Salvador, den gegenwärtigen Präsidenten von Guatemala, Barrios, gezwungen hat, diese Republik in einen Vertheidigungs⸗ zustand gegen die mögliche Invasion ihrer Territorien oder wei— tere Operationen in Honduras Seitens der Armee von Salvador zu setzen. Barrios hat eine Armee von 15 000 Mann versammelt. Die Truppen sind gut equipirt und mit Remingtongewehren be⸗ waff net. Barrios hat den Oberbefehl der Armee übernommen und die Hauptstadt verlassen, um die Operationen an der Grenze Salvadors zu leiten. Guatemala hat auch 3009 Mann Truppen in Honduras stehen. Barrios ist mit Geldmitteln reichlich versehen. Gonzalez ver⸗ fügt nur über 7000 Mann, denen die vereinigten Armeen von Honduras und Guatemala bereits eine Niederlage zugefügt haben. Die Armee von Gonzalez zog sich von der Grenze von Honduras zurück, um sich in Salvador zu konzentriren. Barrios repräsentirt die liberale Partei in Centralamerika, Gonzalez die klerikale Partei. Die Frage, welche dieser Parteien die herr⸗ schende sein soll, ist, der „A. A. C.“ zufolge, die Ursache des drohenden Krieges.
— (A. A. C.) Ueber die jüngsten politischen Veränd⸗⸗ rungen in Uruguay meldet der „Buen. Ayr. Stand.“: Präsident Varela und der Finanz-Minister flüchteten aus dem Regierungsgebäude und suchten ein Asyl im franzö⸗ sischen Konsulat, wo sie baten, an Bord eines französischen Schiffes nach dem Auslande gebracht zu werden. Oberst Latorre und feine Freunde proponirten die Bildung eines geheimen Raths, um durch denselben die Republit zu regieren, wie es der Fall wäh⸗ rend der neunjährigen Belagerung war. Schließlich proklamirte eine Volksmenge den Obersten Latorre zum Diktator. Oberst Vasquez wurde zum Kriegs⸗-Minister ernannt und Telegramme meldeten die Abschaffung des Kriegsamtes. Die Armee sollte auf nur 200 Mann als Garnison für Montevideo vermindert und ihr Sold um 3 Dollars per Mann herabgesetzt werden. Ein Ausschuß wurde ernannt, um die Zahl der Personen, die Staatspensionen beziehen, zu kürzen.
Statistische Nachrichten.
Elberfeld, 18. April. (Elberf. Z (Verhältniß der Wirthschaften zur Bevölkerungszahl) Unsere Stadt hat bei 80 000 Einwohnern und einem Flächeninhalt von Eso Quadrat⸗ Meilen 55 Gastwirthschaften, 219 unbeschränkte Schankwirthschaften, 17 Kleinhandlungen mit Branntwein, 196. Bierwirthschaften, im Ganzen 487 Wirthschaften überhaupt. Mithin kommen auf eine Wirthschaft 161 Einwohner. In Barmen ist das Verhältniß felzendes: Einwohnerzahl 83,00 auf Gass Qaadratmeilen, Gastwirthschaften 56, unbeschränkte Schankwirthschaften 204, Kleinbanzlungen mit Branntwein 17, Bierwirthschaften 97, in Summa 374 Witthschaften, d. h. eine Wirthschaft auf 222 Einwohner.
Bei 20 anderen Städten Rheinlands und Vestfalens stellt sich das Verhältnitz durchgehends noch ungünstiger, als in Elberfeld. Es sind dits: Crefeld lauf je eine Wirthschaft) 131 Einw., Neuß 1I16 Einw, Remscheid 88 Einw, Solingen 114 Einw., Lennep 93 Einw., Coblenz 107 Einw. Bonn 112 Einw., Mülheim a. Rh. 1 Einw., Mülheim a. d. Ruhr 1I6 Einw., Trier 113 Einw., Jietlobn 127 Einw, Dortmund 126 Einw., Hagen 96 Einw, Bochum Rz Einw., Blelefeld 112 Einw., Herferd 137 Einw, Minden 127 Einw', Münster 101 Einw. Soest 110 Einw., Paderborn 158 Einw.
Gewerbe und Handel.
Die Zeitzer Eisengießetei⸗ und Majchinen bau- Actsen-Geseklfchaft kann neben angemessenen Abschreibungen (ine Dividende von MM für das letzte Geschäftsjahr zur Vertheilung bringen. Die Abschreibungen betragen beim Maschinen, Utensilien. und Werkzeug⸗Conlo 1070 = 21,351 ; beim Geschirr⸗Conto 20)/o = S675 „, und beim Modell⸗ und Zeichnungs⸗Conto ebenfalls 20/9 16 b62 SM. Ferner sind 16,84 S auf ausstehende Forderungen abgeschrieben und der Resrvefonds mit 10 des Reingewinnz, also mit 6680 M dolirt, wodurch derselbe nunmehr die Gesamrthöhße von 50,186 (S6 erreicht hat. Der Gesammtumsatz des Jahres 1875 be⸗ frug S885, 000 (S, stellte sich mithin niedriger, als der des vergangenen Jahres.
London, 20. April, Mittags. (W. T. B.) Die Bank von England hat heute den Diskont von 3 auf 20 herabgesetzt.
— Die Handelskammer von Venedig hat eine vergleichende Uebersicht der Ein und Ausfuhr des dortigen Hafens veröffent⸗ licht, wonach der Werth der im Jahre 1875 eingeführten Artikel 2270277, 5311 E, 23,454,322 E veniger, als der im Jahre 1874 einge⸗ führten beträgt, und der Werth der im Jahre 1875 ausgeführten Artikel 1755352373 E, A, 447 953 E weniger, als der im Jahre 1854 eingeführten Artikel, waz im Ganzen einen Ausfall von 44 901,875 auemacht.
Verkehrs⸗Anstalten.
Die „Times“ veröffentlicht den Wortlaut einer Denkschrift, welche der amerikanische Ingenieur Spalding de russischen Regie- rung vorgelegt hat, und in welcher er einen Kanalbau vor clägt, ber daz Katpifche Meer mit dem Mitte ländischen Meere verbinden und verhindern soll, daß dieser größte aller Landseen, wie zu be⸗ fürchten steht, allmählich in einen großen Sumpf verwandelt werde. An Größe hat er, gleich dem Araisee und anderen asiatischen Zen bekanntlich seit geschichtlichen Zeiten schen bedeutend abgenommen. Die Gewalt des Wassers selbst, das vom Schwarzen Meere in den 118 Fuß tiefer gele⸗ genen See hinabströmen würde, gedachte der Ingenieur zur Er⸗ leichterung der Riesenarbeit nutzbar zu machen, und um das Becken bes Kaspischen Meereg noch rascher bis zum Niven des schwarzen Meeres zu füllen, schlägt er vor, den Don von seinem natürlichen Taufe ab und in die Wolga zu leiten. So, glaubt er, könne das Werk in 25 Jahren ausgeführt werden.
New ⸗ York, 18. April. Der Dampfer „Greece“ der Natis nal⸗Dampfschiff Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier
ten nicht die Rede sein konnte, geht aus der Thatsache hervor, daß die Türken ihre innegehabten Positionen behauptet und auf
Am 17. wurde dieser Einwand vom Anklagegerichtshof in Berathung gezogen und die Entscheidung bis zum 19. vertagt.
eingetrh ffn.