1876 / 95 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Apr 1876 18:00:01 GMT) scan diff

eine dahln lautende Resolution, die weiter zur Unterschrift in Stadt und Land cirkuliren und demnächst an das Abgeordneten⸗ haus eingesandt werden soll.

Bayern. München, 19. April. Die Staats ⸗Mini⸗ sterien des Aeußern und der Finanzen haben, wie der Corr. v. u. f. D.“ mittheilt, dem Präsidium der Abgeordnetenkammer einen Gesetzentwurf die pfälzischen Eisenbahnen betr.“ nebst umfassenden Motiven vorgelegt. Durch dieses Gesetz soll die Staatsregierung ermãchtigt werden, die in Artikel 1 des Gesetzes vom 28. April 1872 eingeräumte Gewährleistung eines jährlichen Zinsertrages bis 46 für das auf den Maximalbetrag von 3 600, 006 Fl. festgesetzte Bau⸗ und Errichtungs kapital zur Her stellung einer Eisenbahn von Bergzabern zum Anschlusse an die Bahn von Landau nach Zweibrücken auf den Maximalbetrag von 8 915. 000 S6 auszudehnen; ferner für den Fall der Her⸗ stellung einer Eisenbahn von Zweibrücken über Hornbach nach Laitsch und einer Bahn von Kaiserslautern nach Lauterecken mit einer Abzweigung nach Otterberg, einen jährlichen Zinsertrag von 45 Proz. in maximo zu gewährleisten.

Der Abgeordnete Frhr. v. Stauffenberg hat zu dem Landtagswahl⸗Gesetzentwurf folgenden Antrag einge⸗ bracht: JI) Für jeden Gemeindebezirk sind durch die Gemeinde⸗ behörden zum Zwecke der Wahlen Listen anzulegen, welche Vor⸗ und Zunamen, Alter, Stand oder Gewerbe und Wohnort der in der Gemeinde vorhandenen Wahlberechtigten enthalten müssen. 2) Aus⸗ wärts wohnende Bayern können sich in die Wählerliste einer der ihrem Wohnorte nächstgelegenen Gemeinden eintragen lassen. Die Anträge auf Aufnahme in die Wählerlisten find in diesem Falle mindestens 8 Tage vor dem Beginne der gesetzlichen Aus⸗ lagtermine an die Distriktspolizeibehörde zu richten und von die⸗ ser an die betreffende Gemeinde zu übermitteln. 3) Jeder Wäh⸗ ler darf nur in die Wahlliste einer Gemeinde aufgenommen werden. 4) Die Ab⸗ und Zugänge der Wahlberechtigten sind in den Wahllisten von Amtswegen nachzutragen.

Sachsen. Dresden, 20. April. Die Königin ist hier⸗ her zurückgekehrt. -Die Erste Kamm er nahm heute ihre Sitzun⸗ gen wieder auf. Auf der Tagesordnung der Sitzung befand sich der Statdes Justiz-Ministeriums. Die Deputation empfahl in allen Punkten Bewilligung nach den Beschlüssen der Zweiten Kammer mit Ausnahme des Berechnungsgeldes von 60 090 S6 für un⸗ vorhergesehene dringende Justizbauten, dessen Ablehnung sie unter Zustimmung der Staatsregierung vorschlug. Die Kammer trat allenthalben den Anträgen der Deputation bei.

HSessen. Darmstadt, 18. April. Die Mainzer Ztg.“ schreibt: Eine vor einigen Tagen hier stattgehabte Besprechung des Ministeriums mit den Delegirten der Stadt Mainz über die endgültige Regelung der Umführung der Eisenbahn um die Stadt i zwar noch kein definitives Ergebniß geliefert, wohl aber die noch bestehenden Meinungsdifferenzen sehr bedeutend reduzirt. Man darf deshalb mit Recht auf demnächstige Erledi⸗ gung der für Stadt und Land wichtigen Frage hoffen.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 19. April. Die Großherzogin Marie ist heute Nachmittag zwischen drei und vier Uhr von einem Prinzen glücklich entbunden.

Sachsen⸗ Coburg ⸗Gotha. Ueber die Reise Sr. Majestät des Kaisers nach ,, und Allerhöchst⸗ dessen Aufenthalt entnehmen wir thüring. Blättern Folgendes: Gegen 3 Uhr Nachmittags trafen am 18. April Se. Majestät auf dem festlich geschmückten Bahnhof in Meiningen unter dem Jubelruf einer sehr zahlreich versammelten Volksmenge ein und wurden von dem regierenden Herzog, von dem Herzog Bernhard nebst der Herzogin Marie, sowie von den übrigen Mit⸗ gliedern des Herzoglichen Hauses aufs Herzlichste bewillkommnet. Die Spitzen der Behörden des Staates, der Residenz und die Offiziere hatten sich ebenfalls zu dem festlichen Empfang auf dem Perron eingefunden. Nach kurzem Aufenthalt setzte sich der Zug unter Hurrahruf der Anwesenden wieder in Bewegung. In Hildburghausen konnte der Bahnhof die Menschenmenge kaum fassen. Der Bahnhof war mit Flaggen geschmückt, ebenso in der Stadt die offentlichen Gebäude, die Thürme, die Kaserne und mehrere Privatgebäude, die von der Bahn aus erblickt werden konnten. Kurz nach 4 Uhr nahte der Kaiserliche Zug und fuhr unter enthufiastischem Hochrufen der auf dem Bahnhof Versammelten langsam nach Eisfeld zu vorüber. Se. Maßsestät der Kaiser standen vor dem großen Mittelfenster des , , und grüßten freundlich nach dem Bahnhof her— über.

In Coburg trafen Se. Majestät Punkt 5 Uhr unter end⸗ losem Jubel der Bevölkerung auf dem mit Fahnen, Wappen und Guirlanden reich geschmückten Bahnhof ein und begaben Sich sofort durch die mit zahllosen Flaggen und in der Bahn⸗ hofsstraße mit einer prachtvollen Ehrenpforte geschmückte Stadt zu Seiner Erlauchten Verwandten, der Königin Viktoria, im Prinzenpalais, woselbst der Kaiser über eine Stunde verweilte. Sodann wurde nach einem kurzen Besuche bei dem Herzog das Diner ebenfalls bei der Königin von Großbritannien eingenommen. Nach acht Uhr begann im Herzog⸗ lichen Hoftheater die Festvorstellung der Oper „Santa Chiara“. Beim Eintritt wurden Se. Majestät der Kaiser wiederum mit stürmischen Hochrufen begrüßt, die sich am Schluß der Vorstellung wiederholten und von dem Kaiser mit freund⸗ lichem Dank entgegengenommen wurden. Mittlerweile war es halb zwölf Uhr geworden, und nun bewegte sich ein unabseh⸗ barer Zug von Fackeln und Lampions vom Markte aus auf den Schloßplatz, wo, unter den GFenstern des Kaiserlichen Gastes, das große Rondel, welches Die Fackelträger umschlossen, einem feurigen Kranze ähn⸗ lich erschien, während plötzlich der Schloßplatz, sowie der Hofgarten über den Arkaden in bengalischer und elel⸗ trischer Beleuchtung erstrahlte. Der Bürgermeister Muther brachte das Hoch auf Se. Majestät aus, und in den Jubelruf der Menge mischten sich die Klänge der Nationalhymne. Am 19. Morgens 9 Uhr haben Se. Majestät, wiederum stürmisch begrüßt und huldvoll dankend, die Stadt verlassen, um sich mit . telst Extrazuges nach Wiesbaden zu begeben. Im Auftrage des Kaisers bringt der Bürgermeister Muther den Dank Sr. Maje⸗ stät für die so herzliche Bewillkommnung zur öffentlichen Kenntniß.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 19. Aßril. (Pr.) Ueber das Ergebniß der gestrigen gemeinsa men Minister⸗ Konferenz verlautet bis jetzt nicht mehr, als bereits mit⸗ getheilt, nämlich daß die beiderseitigen Ministerien ihren Stand⸗ punkt dargelegt und der Kaiser sich die Entscheidung vorbehalten habe. Auch in den heute vorliegenden Pester Blättern finden sich nur wenig Andeutungen über den Stand der Verhandlun⸗

gen, obwohl in der ungarischen Hauptstadt sich derzeit mehr in das Geheimniß der Konferenzen eingeweihte Politiker befinden, als hier in Wien. Hon! und „Pesti Naplo“ berichten näm⸗ lich, daß die ungarischen Minister mit mehreren hervorragenden Mitgliedern der en n, , des Parlaments sich über die schweben⸗ den Angelegenheiten mit Ausschluß aller offiziellen Formen miibespro⸗ chen haben. Nach dem erstgenannten Blatte hat Sonnabend Abends in Ofen ein Ministerrath stattgefunden, dessen Gegenstand die Wiener Verhandlungen bildeten. Wie Nemzeti Hirado“ wissen will, haben die österreichischen und ungarischen Minister am Sonnabend Sr. Majestät das Minimum ihrer Ansprüche und das Maximum ihrer Zugeständnisse schriftlich überreicht.

Der „Hon“ bringt Konjekturen über die Chancen der gestri- gen Konferenz und meint, daß der Ausgleich noch keines wegs als abgeschlossen betrachtet werden können!. BPesti Naplo“ glaubt, daß die gestrige Konferenz jedenfalls zu end⸗ giltigen Beschlüssen geführt habe die Pester Abendblätter waren selbftverständlich nur auf Vermuthungen über die gestrige Konferenz angewiesen. Naplo“ meint, das Ergeb⸗ niß werde muthmaßlich nur darin bestehen, daß beide Regierun⸗ gen vor Sr. Majestät ihren Standpunkt vortragen und daß gemeinsam der Vermittelungsvorschlag des Grafen Andrassy erörtert würde. Uebrigens glaubt Naplo“ ver⸗ sichern zu können, „daß beide Theile von dieser Erörterung große Resultate erwarten. Allgemein sei man überzeugt, daß die Ver⸗ ständigung binnen kurzer Zeit zu Stande kommen werde. Die ungarische Regierung fei nämlich von ihrem Standpunkte bereits abgegangen und die österreichische werde den ihrigen in der Konferenz, bei welcher es sich hauptsächlich darum handeln werde, daß beide Theile der Monarchie einander gegenüber Billigkeit bekunden, nicht aufrecht erhalten können. Wenn aber die österreichische Regierung den Standpunkt, daß Verzehrungssteuerfrage und Quote zusammen zu ver⸗ handeln feien, aufgebe, so sei die Auffindung eines Mit⸗ telweges nicht unmöglich. Die ungarisch: Regierung fordere unter dem Titel der Verzehrungssteuern 3 Millionen, sei jedoch geneigt, provisorisch auch eine geringere Summe anzunehmen, bis innerhalb eines Jahres genaue delaillirte Berechnungen an⸗ gestellt werden, auf welche die österreichische Regierung dringt. Dieselbe ziehe nämlich im Allgemeinen die Richtigkeit der unga⸗ rischen Berechnungen in Zweifel, ohne jedoch von ihrer Seite authentische Rechnungen vorzulegen“.

Die „Pester Korrespondenz“ schreibt über die augen⸗ blickliche Situation Folgendes: „Beide Minister⸗Präsidenten hatten Audienz bei Sr. Majestät; die Situation ist unverändert geblieben. Trotzdem ist die schließliche Einigung auch zur Stunde noch nicht aussichtslos, wie denn auch die ungarischen Minister nach Pest in dem Sinne verfügt haben, daß sie ihren hiesigen Aufenthalt, welcher nur bis heute Abends berechnet war, noch weiter aus⸗ dehnen können und morgen noch jedenfalls hier bleiben. Es ist in der Natur der obschwebenden Differenzen gelegen, daß beide Minister⸗Präsidenten Sr. Majestãt ihre Portefeuilles zur Ver⸗ fügung stellten, jedoch thaten sie dieses nur in der Voraussetzung und mit der Bemerkung, daß etwa ein Anderer sich als fähiger erweisen würde, die Schwierigkeiten der Lage zu bewältigen; wir aber glauben feste Anhaltspunkte für die Annahme zu haben, daß die Krone weder das eine noch das andere Kabinet missen möchte und daher heute nicht minder wie bisher darauf gerechnet werden kann, daß noch im Laufe dieser Woche das Kompromiß gefunden und beiderseitig acceptirt sein werde. Hält die Krone die gegenwärtig an der Spitze der Geschaäfte stehenden Mi⸗ nisterien Auersperg und Tisza augenblicklich für unersetzlich, so werden wohl auch die beiden Parlamente sich dieser Anschauung nicht verschließen können und einem von beiden Seiten nach hartem Kampfe als unerläßlich erkannten Kom⸗ promiß die Ratifikation nicht versagen.' Der „Budapester Korrespondenz“ zufolge war bis Mittags über den weitern Ver⸗ lauf der Verhandlungen voch kein Beschluß gefaßt. Wie die⸗ selbe Korrespondenz erfährt, wird die an die österreichische Nationalbank gerichtete Note des ungarischen Finanz⸗ Ministers in einer heutigen Sitzung des Bankausschusses ver⸗ handelt und werde in der Antwort der Bankdirektion jedenfalls die Geneigtheit ausgesprochen sein, die Verhandlungen mit der ungarischen Regierung fortzusetzen.

Aus Tirol wird der „N. Fr. Pr.“ unterm 15. d. M. geschrieben: Die Veranstalter des tirolischen Landtags⸗ zusammenbruchs vom 9. v. M. haben sich doch eine größere Wirkung versprochen, als seither eingetreten ist. Zwar senden die Kooperatoren aus allen Dörfern gemäß einer von Brixen erhaltenen Weisung fortan Stimmungsberichte in die klerikalen Blätter, meist des kurzen Inhalts, daß die „angeseheneren“ Männer der Gemeinde durchwegs mit der Landtagsmajorität einverstanden seien; auch schreiben die bekannten Etschländer Adligen an das Wiener „Vaterland“, daß sie und das Volk „fest“ stehen. Aber trotz alledem lassen einige der heimgekehrten ultramontanen Abgeordneten bereits die Köpfe hängen. Man hatte im Klub ihnen vorgesagt, daß nur durch ein Verfahren, wie es der Tiroler Landtag beobachtet, die Glaubenseinheit vor dem Untersinken noch zu retten sei, und daß dann überhaupt eine bessere Regierung an das Staatsruder gelangen werde. Diese Erwartungen nun scheinen sich nicht zu erfüllen. Die Welt nimmt auch wenig Notiz mehr von jenem vorübergegangenen Vorfall vom 9. v. M., der keinerlei Entgleisung der Dinge verursachte. Derselbe bewirkte blos, daß gerade die zwei meist interessirten Stadt⸗ gemeinden Innsbruck und Meran durch legale, öffentliche Bürgerausschuß⸗Beschlüsse fich fast einhellig in antikleri⸗ kalem Sinne aussprachen, und daß die Protestanten ihre Sache rühriger denn je betreiben, indem zu ihrem Kirchenbau nun Mittel aus allen Ländern fließen. Alles das könnte unsere ULltramontanen füglich zum Nachdenken anregen, ob sie mit dem Landtags⸗Eklat vom 5. v. M. wohl das Gescheiteste geleistet haben? Das damalige Strohfeuer ist abgebrannt, und die künstliche „Aufregung des Volkes“ macht bereits da und dort der natürlichen Unzufriedenheit Platz über die Schädigung der materiellen Intereffen, welche durch den Landtagsstrike herbei⸗ geführt wurde. ;

Indessen sind die Rompilger Graf Brandis, Baron Di⸗ pauli und Greuter noch nicht zurückgekehrt; vielleicht bringen sie aus dem Vatikan, wie unsere Klerikalen glauben, neue Hoff⸗ nungen mit. ö

20. April. (W. T. B.) Die „Politische Korrespon⸗ denz“ schreibt über die Verhandlungen der österreichischen und ungaͤrischen Regierung, betreffend die Zoll⸗ und Han⸗ delsfragen, die Berathungen der beiden Regierungen hätten in manchen wesentlichen Punkten zu einer Verständigung ge⸗ führt, in anderen Punkten hätte dagegen bisher eine Verein⸗ barung nicht erzielt werden können. Bevor aber eine endgül⸗ tige Entscheidung erfolgen könne, hätten die ungarischen Minister

es nothwendig gefunden. nach Pest zurückzukehren, um sich mit den Parteigenossen in Einvernehmen zu setzen.

Pest, 19. April. Das ungarische Ab geordneten⸗ haus hält morgen seine erste Sitzung nach den Osterferien; die Vorlage des Gesetzentwurfs über die Territorial⸗Regulirung der ö aber, welche den wichtigsten Gegenstand der vor den Sommerferien stattfindenden Verhandlungen über innere Fragen bilden durfte und nach dem ursprünglichen Plan morgen hätte eingebracht werden sollen, wird, wie die Pr.“ mittheilt, nun muth⸗ maßlich erst am 22. erfolgen. Das ungarische Amtsblatt veroffentlichte in seiner Sonntagsnummer eine Verordnung des Ministeriums, kraft welcher abermals 22 Gerichte erster Instanz aufgehoben werden. Die Gesammtzahl der aufgelassenen Gerichts⸗ höfe dieser Kategorie hat hiemit die durch das Gesetz vorgesehene Höhe von vierzig erreicht. Die Maßregel selbst aber macht, wie Telegramme der Pester Blätter behaupten, in den hierdurch be— troffenen Kommunitäten böses Blut.

Der „Pester Lloyd“ beschäftigt sich mit der allgemeinen Lage und behauptet, daß die Beziehungen Oesterreich⸗Ungarns zu Rußland durchaus keinen Grund zu Besorgnissen bieten. In diesem Artikel wird weiter versichert, daß die, diplomatische Luft“ vollkommen rein sei. Ein Blick auf die Lage der insurgirten Provinzen bietet ein weniger erfreuliches Bild. Die Situa⸗ tion der türkischen Truppen unter Mukthar Pascha sei pre⸗ kär. Weitere Siege der Insurgenten werden wahrscheinlich die Insurgirung von ganz Bosnien zur Folge haben und die Stel⸗ lung bestimmen, welche Serbien einnehmen dürfte. Die türkische Schlappe könnte als Signal zu einem unmittelbaren Eingreifen der Aktionspartei in Serbien werden. Die militärische Nieder⸗ werfung des Aufstandes sei nicht zu erwarten. Die Ent⸗ scheidung liege ausschließlich in den Händen der Mächte. Eine energische Demonstration Serbien gegenüber würde Be⸗ ruhigung schaffen und den Werth des Demi Faiser⸗Bündnisses festsiellen. Erscheint die Kraft Serbiens sebunden, dann kann die Turkei die Pazifikation fortsetzen zunächst mit Hülfe der Waffen, dann im Sinne des Andrassy'schen Reformprojektes.

Schweiz. Bern, 19. April. In der heutigen Sitzung des Bundesraths wurde mitgetheilt, daß Serbien der Genfer Uebereinkunft, betreffend die Verbesserung des Looses im Kriege verwundeter Wehrmänner, beigetreten ist. Der Bundesrath genehmigte unter üblichem Vorbehalte das vom Genfer Großen Rathe angenommene Gesetz, betreffend Ab⸗ anderung der Titel 2, 5 und 6 des bürgerlichen Gesetz⸗ buches über Civilstand, Ehe und Scheidung. Auf die Frage, ob der Bezug der Militärst euer auch fuͤr das Jahr 1876 noch nach dem bisherigen Verfahren stattzu— finden habe, wurde entschieden, daß bis nach erfolgter Volks⸗ abstimmung über das eidgenössische Militärpflicht⸗Ersatz gese die Kantone nicht berechtigt seien, die Ersatz steuer für 1876 . ihrer eigenen Gesetzgebung zu erheben. Sowohl für den Fall der Annahme als für denjenigen der Verwerfung des Gesetzes müsse sich der Bundesrath die weitern Maßnahmen vorbehalten.

Die vom eidgen. Justiz⸗Departement zur Vorberathung der Gesetzentwürfe über das Stimmrecht, das Schweizer⸗ Bürgerrecht und die Doppelbesteuerung einberufene Kom mis⸗ sion, welche die erstern beiden schon einer ersten Berathung unter⸗ zogen hat, soll am nächsten Sonnabend in Lausanne wieder zu⸗ fammentreten. Inzwischen ist die nationalräthliche Fabrikgesetz⸗ Fommission ebenfalls neuerdings in Thätigkeit getreten.

Auch in dem Genfer Orte Bernett haben am 17. wie kürzlich zu Compestères, anläßlich eines altkatholischen Begräbnisses Ruhestörungen stattgefunden. Dasselbe war schon auf den Sonntag (16. angeordnet, mußte aber, da auf Anstiften des dort noch angestellten römisch⸗katholischen Geist⸗ lichen die Kirche von Innen verrammelt worden war, auf den 19. verschoben werden. Am 17. hatte der Staatsrath von Genf ea. 20 Mann Gensd'armerie und eine Anzahl Polizei⸗ Agenten an Ort und Stelle entsandt, die Kirchenthüre durch den Schlosser öffnen und die Hindernisse im Innern der Kirche hin⸗ wegräumen lassen; aber trotz der ansehnlichen Polizeimacht wurde der Leichenzug bei seiner Ankunft von der angesammelten Volksmasse mit Pfeifen, Zischen und Hohngeschrei empfangen und erst, nachdem die ärgsten Schreier verhaftet worden waren, konnte die Feiler in Ruhe zu Ende geführt werden. Sämmtliche verhaftete Personen sind nach Genf abgeführt worden.

Großbritannien und Irland. London, 19. April. Nach einem der „K. 3.“ zugegangenen Telegramm ist die pessi⸗ mistische Stimmung, welche die vorige Woche hindurch in politischen und finanziellen Kreisen geherrscht, einigermaßen ge⸗ wichen, was hauptsächlich dem Einvernehmen Deutschlands mit England zu verdanken fei. Auch in den hiesigen Regierungs⸗ kreifen fürchte man keine Lockerung des Dreikaiserbünd⸗ nisses. So schreibt die E. C.“: Unter den Befürchtungen und Verdächtigungen, welche in den Tagen der allgemei⸗ nen Panik neuerdings auf allen Seiten rege wurden, war es erfreulich, daß sich auf Deutschland nicht der leiseste Argwohn richtete, und daß der geängstigte Bürger fremder Sta uten mit Hoffnung und Vertrauen nach der deutschen Haupt⸗ stadt blickt. Die „Times“ gab bereits dieser Empfindung im Laufe ihrer Erörterungen uͤber die Lage Ausdruck. Andere Blätter machten ebenfalls Andeutungen in diesem Sinne, und heute läßt fich auch die „Hour“ in ähnlichem Tone vernehmen.

Die Wahl für den erledigten Parlamentssitz in Retford, auf deren Ausgang man sehr gespannt war, ist zu Gunsten der Konservativen entschieden, und zwar mit einer Ma⸗ joritaͤt von 187 Stimmen über den liberalen Kandidaten.

Der New ⸗Jorker Korrespondent der „Daily News“ meldet telegraphisch, daß der Bericht des Ausschusses in der Affaire des Generals Schenk so ausfallen würde, daß er unmöglich nach London zurückkehren könne.

Die Freiwilligen ⸗Corps haben auch in diesem Jahre am Ostermontag Manöver abgehalten. Bei Triny, auf der Grenze von Hertfordshire und Buckinghamshire waren einige 7o00 Mann angesammelt worden, mit welchen Prinz Eduard von Sachsen⸗Weimar und einige höhere Garde⸗Offiziere eine Manbverschlacht ausführten. Ein ähnliches Mansver fand bei Dover statt, bei dem die Krieger weniger zahlreich waren.

Das indische Amt beschloß, wie der „Köln. 3.“ tele⸗ graphirt wird, den Hafen von Kurrachee zu vertiefen. Die Schaffung einer neuen Präsidentschaft Scinde⸗Pendschab, also einer nord⸗ westlichen Gränzmark, gilt, demselben Telegramm zufolge, für wahrscheinlich; Sir Leiwwis Pell 's Sendung soll damit in Zu⸗ i nn stehen. Kurrachee würde der Hafen dieser Präsi⸗ dentschaft werden; es könnten dort gegebenen Falls Truppen

ausgeschifft werden, deren weiterer Befoͤrderung auf dem Indus

kein Hinderniß im Wege stände. Auch dürfte von der Insel Karak im persischen Golf wieder Besitz ergriffen werden.“

Frankreich. Paris, 19. April. In den Präfekturen stehen weitere Versetzungen in Aussicht, um die öffentliche Mei⸗ nung zu beschwichtigen. Indessen bleiben die republikanischen Blãtter dabei, mehr Ab⸗ als Versetzungen der der republikani⸗ schen Regierung feindlichen Beamten zu fordern. Die von dem Prãfekten de Chazelle eingereichte Entlassung ist übrigens noch nicht angenommen.

Die Verwaltung der Post und der Telegraphen soll vereinigt werden. Der Staatsrath hat ein dem Plane günstiges Gutachten abgegeben. Die endgültige Annahme dessel⸗ zen wird, wie die „Köln. 3. vernimmt, Anlaß zur Gründung eines neuen Ministeriums geben, welches außer Post und Tele⸗ graphen auch die Eisenbahnen verwalten soll.

Die Arbeiten des Kongresses der katholischen Ausschüsse, dessen erste öffentliche Sitzung gestern Abend um 8 Uhr stattfand, dauern bis zum 22. Diese Ausschüsse wurden nach dem Kriege (unter dem Kaiserreich würde man eine solche Organisation nicht geduldet haben), der „Köln. Ztg.“ zufolge, zu dem Zweck gebildet, die katholischen Interessen zu vertheidigen und durch alle möglichen Mittel der Kirche und dem Papste die frühere Machtstellung in und außer Frankreich wieder zurückzu⸗ geben. Von den neun Ausschüssen beschäftigt sich der erste mit dem „Werk der Gebete“, der zweite mit den „Pontifikalwerken“, der dritte mit den „Werken“ im Allgemeinen, der vierte mit dem Unterricht, der fünfte mit der Verbreitung der „guten“ Zei⸗ tungen, den Mitteln, ihnen Abonnenten und Anzeigen zu ver—⸗ schaffen, und mit der Gründung und der Verbreltung wohl⸗ feiler Blätter, um die Ordnung und die Religion zu verbrei⸗ ten“, der sechste mit der katholischen Staatsökonomie, der siebente mit der christlichen Kunst, der achte mit der Gesetzgebung, der neunte mit dem gelobten Land und den Christen im Orient.

Die gestrige erste öffentliche Sitzung war sehr zahlreich besucht. Unter den Anwesenden bemerkte man den Grafen de Mun, den Deputirten Kolb Bernard, den Direktor der Sternwarte Leverrier, viele Generäle und andere höhere Offiziere, so wie eine Anzahl von Damen. Der Ehren⸗ Präsident Kardinal⸗Erzbischof Guibert führte den Vorsitz. Nachdem eine Adresse an den Kardinal⸗Erzbischof von Paris vorgetragen und eine Depesche an den Papst, um dessen Segen zu erflehen, abgesandt worden war, hielt der Vize⸗Präsident Feller eine Rede, worin er die Arbeiten auseinandersetzte, mit welchen sich der Kongreß zu, beschäftigen habe. Er schloß mit einem Mahnruf zur Einheit an die Katholiken aller Parteien, und empfahl zugleich die unerschütterliche Festig keit in den Prinzipien und die Klugheit in den fuͤr ihren Triumph anzuwendenden Mitteln und Wegen. Der Pater Rey, Oberer der Oblaten von Marie, welche den Dienst in der provisorischen Kapelle auf Montmartre versehen, erstattete Be⸗ richt über die gegenwärtige Lage des „Werkes“, zu welchem die Katholiken bereits drei Millionen beigesteuert haben, worauf der Kardinal⸗Erzbischof Guibert das Wort ergriff, um zu zeigen, auf welchen Zweck die Anstrengungen des Kongresses abzielen müssen. Der Kardinal will, daß man mit Festigkeit, aber auch mit christlicher Barmherzigkeit und Geduld den Versuchen derer widerstehe, welche in den Gesetzen, in den Staatseinrichtungen, in I. Presse und anderwärts die katholische Religion vernichten wollen.

Die Wallfahrten haben wieder begonnen; 11,000 Pilger aus der Diözese Toulouse find heute in Lourdes einge⸗ troffen.

Versailles, 20. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Budgetkommission wurde wegen des von Tirard gestellten, auf die Einziehung der diplomatischen Vertretung Frankreichs bei der päpstlichen Kurie abzielenden Antrages eine Anfrage an den Minister des Aus⸗ wärtigen, Herzog von Decazes, gerichtet. Letzterer erklärte dar⸗ auf, Frankreich sei eine katholische Nation und müsse die Ver⸗ tretung bei der päpstlichen Kurie beibehalten. Er müsse sich gegen den Antrag Tirards aussprechen, sei aber damit einverstan⸗ den, daß die Gesandtschaft bei dem Könige von Italien zum Range einer Botschaft erhoben werde, falls die ita ienische Re⸗ gierung einen derartigen Wunsch zu erkennen geben sollte. In Deputirtenkreisen nimmt man an, daß sich die Budgetkommission für die Ablehnung des Tirardschen Antrages aussprechen wird.

Italien. Rom, 18. April. (Ital. Nachr.) Der Finanz⸗ Minister hat eine Kommission niedergesetzt, welche die ministe⸗ riellen, die Mahlsteuer betreffenden Verfügungen prüfen und Vorschläge machen soll, um die Eintreibung dieser Steuer unbe⸗ schadet des Interesses der Staatskasse den Kontribuenten mög⸗ lichst zu erleichten. Der „Roma“ in Neapel wird von hier berichtet: Die Minister scheinen sich mit dem General Garibaldi über die Arbeiten zur Regulirung des Tiberstroms ver⸗ ständigt zu haben, und der General hat sich dabei den Ministern Deprelis, Zanardelli, Mancini und Nicstera gegenüber, die mehrere Unterredungen mit ihm gehabt haben, sehr nachgiebig bewiesen.

Die „Opinione“ berichtet: Gestern überreichte der Vor⸗ stand des Vereins zum Schutze der italienischen Aus⸗ wanderung dem Minister des Innern eine von seinem Präsi⸗ denten, Senator Torelli, und den beiden Vize⸗Präsidenten Luzatti und Carpegna unterzeichnete Vorstellung, worin bis zur Erlassung eines neuen Gesetzes über die Auswanderung die Zweckmäßigkeit der Reform des Auswandererreglements vom 11. Februar 1859 und die Nothwendigkeit der Widerrufung des Cirkulars vom 18. Januar 1873 und der Erlassung liberaler Bestimmungen über die Auswanderung ausgesprochen wird. Der Baron Nicotera erklärte, daß bereits Anordnungen getroffen worden sind, welche den Wünschen des Vereins zum Schutz der italienischen Auswanderung vollkommen entsprechen werden.

Im Ministerium für Handel, Gewerbe und Ackerbau wird an Modifikationen des die Steuer auf Börsen⸗ geschäf te betreffenden Gesetzes gearbeitet.

Der „Liberta“ zufolge hätte der Marchese Carracciolo di Bella die Präfektur von Rom angenommen. Derselbe stammt aus den Südprovinzen und war lange Zeit italienischer Gesandter am St. Petersburger Hofe. Nach Neapel geht, demselben Blatte zufolge, Maye und nach Palermo Lini als Präfekten.

Am Sonnabend, den 15. d. M., traf eine Deputation der Wähler von Legnago in Bologna ein und überreichte dem Herrn Minghetti nachstehende Adresse, welche von 480 seiner Wähler unterzeichnet ist: Geehrter Herr Die Abstimmung in der Deputirtenkaumer am 18. d. M. hat Sie genöthigt, zwei Tage, nachdem Sie Europa feierlich angekündigt hatten, daß Italien endlich das Gleichgewicht der Einnahmen und Ausnahmen seines Staatshaushaltes, jene Fata Morgana unserer Finanzen, erreicht hat, Ihre. Vollmachten in die Hände Sr. Majestät zurückzugeben. Dem Geiste unserer konstitutionellen Einrichtungen gemäß, welche unser erhabener Monarch damals wie immer gewissenhaft auslegt, wurde Ihre

Erbschaft von der Partei Ihrer politischen Gegner angetreten.

Angesichts dieser Ereignisse und der Aenderungen, welche in der politischen Parteistellung eingetreten sind, entstand in uns ganz von selber der Wunsch, Ihnen unsere Meinung ganz offen aus zusprechen. Wir freuen uns, Ihnen versichern zu können, daß zwischen uns und unserem Vertreter nach wie vor die vollständigste poli⸗ tische Uebereinstimmung herrscht, und daß die Abstimmung vom 18. d. M. das Vertrauen und die Achtung und Liebe der Wähler des Kollegs von Legnago nicht im mindesten geschmälert hat. Wir bitten Sie daher unsere ehrerbietigften Grüße enigegen⸗ zunehmen. (Folgen die Unterschriften)

Der Abgeordnete Minghetti erwiderte darauf: Dieses Zeugniß der Achtung und Liebe meiner Wähler ist mir sehr theuer und heute theurer als je. Ich werde während der Parlamentsferien nach Legnago kommen, um mich persönlich dafür zu bedanken; aber ich bitte Sie (inzwischen), meine Herren, die mir diese Adresse hierher gebracht haben, sich bis dahin zu Dolmetschern meiner lebhaftesten Erkenntlichkeit zu machen. Die Ueberein⸗ stimmung der Ansichten und Gefühle mit meinen Wählern ist der größte Trost für mich, und sie giebt mir Kraft, jene Prinzipien, welche die Leitsterne meiner politischen Haltung ge⸗ wesen sind und deren Erfolge Sie ebenso gerecht und billig, wie wohlwollend beurtheilt haben, auch in Zukunft zu ver⸗ theidigen und aufrecht zu halten.

Wie der römische Korrespondent des „Kuryer Pozn.“ meldet, hat Ledochows ki als Titularkrche für seine Kardinals⸗ würde die Kirche Ara Coeli auf dem Kapitol erhalten, die durch den Tod des Kardinals Tarnoczy verwaist ist.

Die Klostergüterbehörde macht bekannt, daß in den ersten drei Monaten dieses Jahres für 1 117.872 Lire und seit dem Jahre 1867 bis zum 31. März dieses Jahres für 508,196,000 Lire Kirchengüter verkauft worden sind. Nach dem Generalberichte derselben Behörde über die Verwaltung von 1875 bestanden beim Beginne ihrer Thätigkeit in Rom 221 Mönchs⸗ und Frauen⸗Klöster, sogenannte religiöse Häuser. Bis zum Ende vorigen Jahres haben 2940 Brüder und Schwestern ihre Klöster verlassen müssen und Pensionen erhalten, nur nicht die von acht Häusern, welche in Folge anstrengter Prozesse noch nicht unterdrückt sind. Die jährliche Summe, welche die pensionirten Klosterbewohner von der Regierung erhalten, betrug im Jahre 1875 1,240,800 Lire, welche indeß von Jahr zu Jahr sich vermindern muß. Die Liquidationsbehörde zahlt ferner zu Kultuszwecken den noch fungirenden Priestern der Kirchen der unterdrückten Klöster jährlich 243,837 Lire und einigen Pfarrern 23, 000 Lire, ferner dem Stadtrath zur Unter⸗ haltung von Schulen 5009 Lire und 24000 Lire. Endlich be— theiligt sich die Liquidations behörde an den Kosten zur Unterhaltung des Lyeeums Quirino⸗Viseconti, der Sternwarte des Paters Secchi, der Bibliotheken und des Kirchnermuseunis mit 70, 000 Lire und zahlt jüährlich dem päpstlichen Kardinalvikariat für den Unterricht der Zöglinge fremdländischer Kollegien 15,000 Lire. Für die Unter⸗ haltung von 35 noch bestehenden Generalaten der religiösen Orden sind im vorigen Jahre dem Kardinalvikar 60, 006 Lire behändigt worden.

Türkei. Konstantinopel, 20. April. (W. T. B.) Ein weiteres Telegramm Moukhtar Paschas an den Kriegs— Minister meldet Details über die vom 13. bis 18. d. M. statt⸗ gehabten Gefechte. Es wird namentlich nochmals hervor- gehoben, daß die türkischen Truppen um die Hälfte schwächer als die ihnen gegenüber gestandenen 14000 Insurgenten gewesen seien. Moukhtar Pascha erklärt, er habe wegen Ermüdung seiner Truppen und wegen Mangels an Munition den ihm überlegenen und wohl verschanzten Insurgenten gegenüber dar⸗ auf verzichtet, bis Niksie vorzurücken und sei am 18. e. wieder in Gaczko eingetroffen, nicht ohne vorher abermals neue sieg— reiche Gefechte bestanden zu haben. Bei allen diesen Kämpfen hätten die türkischen Truppen 31 Todte und 56 Verwundete ge⸗ habt, die Insurgenten hätten gegen 900 Mann an Todten und Verwundeten verloren.

Die „Pol. Corr.“ stellt die letzten Vorgänge in der Herzegowina folgendermaßen dar: „Nach einer Meldung aus Mo star vom 19. April ist Achmed Moukhtar Pascha mit sei⸗ nem Corps in Gaezko wieder eingerückt, nachdem er die für Niksie bestimmten Proviantvorräthe in dem Blockhause von Préchika, welches drei Wegstunden von Niksie entfernt ist, in Sicherheit gebracht hat. In einem Zeitraume von sechs Tagen hat Moukh— tar Pascha sechs Treffen zu liefern gehabt. Seine Gegner waren mindestens 14 000 Mann stark und bestanden aus 7600 Insur⸗ genten und 7000 Montenegrinern. In allen sechs Gefechten zu⸗ sammengenommen hat das türkische Armee⸗Corps 31 Todte und 76 Verwundete gehabt. Die Verluste der vereinigten Insurgen⸗ ten und Montenegriner betragen 800 Mann.“

Aus Ragusa wird gemeldet: Auf die Nachricht von den blutigen Kämpfen längs des Duga⸗Passes sind die Insurgenten⸗ führer Luca Petkovie und Vucalovich, welche von Grebci aus Trebinje bedrohten, mit ihren Schagren in Eilmärschen zur Verstärkung der Insurgentenhauptmacht um Niksie aufgebrochen. Aus Cettinje hingegen wird gemeldet, daß Moukhtar Pascha in Folge der letzten blutigen Schlacht die Position zwischen Nopdrew und Presjeka aufgeben mußte und durch den Duga⸗ Paß den Rückzug nach Gaczko angetreten habe, bei Krstae jedoch von einer ihm in den Rücken gefallenen Insurgentenabtheilung aufgehalten worden sei, in Folge dessen bei Krstac ein neuer Zusammenftoß erwartet werde.“

Ueber den Aufstand in Bosnien schreibt man der „Pol. Corr.“ von der Ung, 17. April; Mit großen Anstren⸗ gungen sei es dem türkischen Ober⸗Kommandanten gelungen, bei Risopats 60900 Mann zu konzentriren. Unter diesen seien bei 4000 Redifs und Baschi Bozuks, so daß eigentlich nur 2000 Mann Nizams zur Verfügung stehen dürften. Die bei 5000 Mann starken Insurgenten hätten ihr Lager nach allen Regeln der Kriegswissenschaft befestigt. Bis zum 11. Abends hätten nur kleine Kämpfe stattgefunden, die aber Opfer kosteten. Die Insurgenten selbst geben ihren Verlust auf 280 Todte und viel mehr Verwundele an. Der Anführer Bejnovits soll ge⸗ fährlich verwundet sein.

Weiter meldet die „Pol. Corr.“: „Zwischen dem 11. Abends und dem 14. Morgens wurde Waffenruhe gehalten, ohne in⸗ dessen beiderseitig die Positionen zu ändern. Vom 14. an werden die Kämpfe mit großer Hartnäckigkeit fortgesetzt. Für die Türken handele es sich darum, die Insurgenten zum Ruͤck⸗ zuge zu zwingen, da sonst der Aufstand sich rasch in das Innere des Vilajets verbreiten würde. Die Insurgenten schienen im Nachtheil gewesen zu sein. Es ist dies daraus zu schließen, daß sie an diesem Tage mit den üblichen Sieges⸗ botschaften zurückhielten. Sollte es ihnen im Laufe der nächsten zwei bis drei Tage nicht gelingen, die Türken zurück⸗ zuwerfen, so werden sie sich auf Une zurückziehen müssen, wo sie Fühlung mit den Schaaren Golubs gewinnen dürften.

Was Golub selbst berrifft, so beabsichtigt er die Cernirung Grahovos. Dieser Punkt ist für seine ferneren Operationen sehr wichtig und soll um jeden Preis genommen werden. 700 Türken, welche durch einen Angriff auf Unac Golubs Absichten auf Grahovo vereiteln wollten, wären von ihm geschlagen und bis Klamec zurückgetrieben worden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 20. April. (BV. T. B.) Der „Golos“ verurtheilt die von gewissen Blättern an den Tag gelegten chauvinistischen Tendenzen auf das Entschiedenste und hebt wiederholt als durchaus nothwendig hervor, daß Desterreich und Rußland Hand in Hand gehen müßten, um stomplikationen zu verhüten. Die gegen Ruß⸗ land gerichteten Artikel der „Kölnischen Zeitung“ werden von hiesigen Journalen einer lebhaften Kritik unterzogen.

Nach dem „N. Mir.“ ist gegenwärtig ein Handels ver⸗ trag mit Spanien Gegenstand diplomatischer Unterhandlungen zwischen der russischen und der spanischen Regierung. Aus dem Projekt bezüglich der neuen Universität in Sibirien, das bereits dem gelehrten Comitè des Ministeriums der Volksaufklärung zur Prüfung zugegangen, berichtet der „Ssibir“, daß die Pro⸗ fessoren⸗Gagen der neuen Universität 13 Mal größer als die der hiesigen sein sollen.

Amerika. (A. A. C) New-Jork, 19. April. Kabel⸗ depeschen melden, daß der Kaiser von Brasilien New-⸗Jork verlassen und sich nach San Francisco begeben hat. Der Präsident Grant hat die Bill, welche den Gehalt des Prä—⸗ sidenten nach dem Jahre 1877 um die Hälfte reduzirt, mit sei⸗ nem Veto belegt. Der Finanz⸗Ausschuß des Senats hat sich zu Gunsten einer Vorlage erklärt, welche die Prägung von Silber⸗Dollars vorschreibt, die als gesetzliches Zahlungs⸗ mittel für Zahlungen im Betrage von nicht uͤber 20 Dollars, ausgenommen für Zölle und Zinsen der Staatsschuld, gelten sollen. Die Bill verfügt auch, daß der Handelsdollar nicht län⸗ ger gesetzliches Zahlungsmittel sein solle.

New⸗Jork, 20. April. (W. T. B.) Die an der mexi⸗ kanischen Grenze stehenden amerikanischen Truppen haben Befehl erhalten, die Einwohner von New⸗Laredo gegen die Gewaltthãäͤtigkeiten der aufständischen Mexikaner zu schützen. Eine bedeutende mexikanische Truppenmacht marschirt gegen Diaz. Die demokratische Konvention von Indiana hat Re⸗ solutio nen angenommen, in welchen die Aufhebung des Ge⸗ er ,, die Wiederaufnahme der Baarzahlungen gefor⸗

ert wird.

Nr. 15 des Justiz-⸗Ministerigl Blatts enthält eine Allgemeine Verfügung vom 19. April 1875, betreffend die Aus⸗ führung der Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875.

Zandtags⸗ Angelegenheiten.

Berlin, 21. April. Dem Hause der Abgeordneten ist ein Gesetzentwurf, betreffend die Umzugskosten der Staatsbeamten, vorgelegt worden. Das Bedärfniß einer Revi⸗ sien der bestehenden Vorschriften hat sich, wie die Motive erwähnen, schon seit längerer Zeit fühlbar gemacht und ist auch vom Hause der Abgeordneten wiederholt in Anregung gebracht. Nachdem die be—= treffende Materie inzwischen für das Reich durch die auf Grund des §. 18 des Gesetzes, betreffend die Rechteverhältnisse der Reichsbeam⸗ ten, vom 31. März 1873 grlassene Kaiserliche Verordnung vom 21. Juni 1875, betreffend die Tagegelder, die Fuhrkosten uad die Um⸗ zugskosten der Reichsbeamten ihre Regelung erfahren hat, erachtet die Staatsregierung nunmehr den Zeitpunkt für gekommen, mit der Re— vision der bestehenden Vorschriften vorzugehen. Durch die obige Ver⸗ ordnung vom 21. Juni 1875 ist die Mözlichkeit geboten, die wün— schenswerthe Gleichstellung der preußischen Stagtsbeamten mit den Reichsbeamten und eine im Wesentlichen gleiche Behandlung der gan⸗ zen Materie herbeizuführen.

Die Subkom mission für das Kompetenz zesetz hält jeden Tag Sitzung und wird der Hauptkommission wesentlich vorarbeiten, so. daß die Berathungen alsbald zum Abschluß gelangen können.

ür das Plenum wird bez. des Kompetenzgesetzes mit Ausschluß eines

heiles die Enbloc⸗Annahme beantragt.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des sftatistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiefigen Stan des ämtern in der Woche vom 2 April bis incl. 15. April cr. zur Anmeldung gekommen: 359 Ehe— schließungen, 789 Lebendgeborene, 386 Todtgeborene, 469 Sterbefälle.

Kunst, Wissenschaft und Titeratur.

Als vorläufige Bergthungsgegenstände für den in Düssel dorf, am 28. Juni d. J. stattfindenden I7. deut schen Aerzte—⸗ vereinstag werden von der Allg. Ztg.“ bezeichnet: J. Geschäͤfts⸗ bericht. II. Anzeigepflicht der Aerzte. III. Die Agitation gegen das Reichsimpfgesetz. I7. Welche Resultate hat die Aufhebung der Medizinaltaxe in Baden gehabt? V. Was kann der deut che Äerzte⸗ vereinsbund thun, um die Abfassung eines gedrängten Leitfadens für Medizinalstatistik zu veranlassen? VI. Der Ausschuß empfiehlt den Lokalvereinen die in München erschienene Broschüre: Der ärztliche Stand und das Publikum.

= Professor Heinrich Heppe in Marburg veröffentlicht unter dem Titel ‚Kirchengeschichte beider Hefen“ (Verlag der Sipmannschen Buchhandlung in Marburg; ein neues historisch-theo—⸗ logisches Werk, von welchem soeben die zweite Lieferunz, bis zum Tode Philipps des Großmüthigen reichend, erschienen ist. Die Publi= kation verdient die ö der Historiker wie der Theologen, weil die Stellung Hessens in der Geschichte der Reformation eine für die Entwicklung der letztern vielfach durchaus entscheidende war. In der Entwicklungsphase aber, in welche die evangelische Kirche in Preußen durch die sich vorbereitenden synodalen Neugestaltungen tritt, ist es von besonderem Interesse, an der Hand der Geschichte zu sehen, wie die evangelische Reformbewegung, wenigstens in Hessen, von Anfang an auf die Synodal⸗ und Preskyterial-Ver⸗ fa ssung hindrängte. Die Hervorhebung dieser Seite der hessischen en , wt macht daz erwähnte Werk auch für die Gegenwart ehrreich.

In der gestrigen Sitzung der geographischen Gesell⸗ schaft zu Paris wurde, einer Meldung des ‚W. T. B. zufolge, dem Afrikareisenden Or. Nachtigal die goldene Medaille überreicht.

Gewerbe und Sandel.

Paris, 20. April. (W. T. S.) Die 8Socists gènsrale hat heute den Delegirten des Comits's der französischen Inhaber von peruanischen Bonds die offizielle Erklärung abgegeben, daß sie auf den Vertragsentwurf, mit. der perugniscken Regierung vom 31. März c, welcher für die Inhaber der Bonds so ungünstig sei, verzichte und daß sie neue Vertragsvorschläge nur ron Seiten der Bondtinhaber entgegennehmen werde. Man glaubt, daß unter diesen Umständen der Abschluß günstiger Arrangements bei der zum . April 6 Ankunft des Präsidenten von Perun, Prado, er⸗= olgen wird.

. Verkehrs⸗Anstalten. Die für den Eisenbahnbetrieb woechtige Rechtssrage, ob das Vorhandensein eines vorschriftsmäßigen, d. h. den Auswar