1876 / 96 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Apr 1876 18:00:01 GMT) scan diff

werden nach den obigen Ergebnissen schließlich nur Diejenigen übrig bleiben, welche auf Kosten der Gesammtheit gern billig telegraphiren möchten, oder die den doktrinãren Ansichten von känstlicher Vermehrung der Telegrammen⸗Produktion durch Staats prãmie huldigen.

Zur Beseitigung der wilden Fischerei ist in den S§§. 6 und 7 des Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874 nähere Vorsorge getroffen worden. Der 5§. 6 eit, welcher sich auf FKüsten⸗ und Binnenfischerei bezieht, verordnet, daß Fischerei · berechtigungen, welche, ohne mit einem bestimmten Grundbefsitze verbunden zu sein, bisher von allen Einwohnern oder Mitglie⸗ dern einer Gemeinde ausgeübt werden konnten, künftig in dem bisherigen Umfange der politischen Gemeinde zustehen sollen. Sodann ist durch 5. 7 eit. der freie Fischfang in den Binnen⸗ gewäffern aufgehoben und dagegen ein Fischereirecht gleichfalls für die politischen Gemeinden begründet worden. Ueber die Ausübung dieser den politischen Gemeinden übertragenen Fischerei⸗ rechte trifft 3. 8 des Gesetzes die näheren Bestimmungen. Nach einem Cirkular⸗Reskript des Ministers für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten vom 22. Jebruar d. Is. sind diese Vorschriften bis jetzt in vielen Fällen nur unvollständig durch⸗ geführt. Der Minister hat deshalb die Kgl. Regierungen und Landdrosteien noch besonders darauf aufmerksam gemacht, daß gerade in der Beseitigung der wilden Fischerei eins der wirksamften Mittel gefunden werden muß, um den durch unge⸗ regelte und schonungslose Ausübung der Fischerei geschãdigten Fischbestand wieder zu verbessern, und daß die theils im Fische⸗ reigesetze schon erlaffenen, theils durch die Ausfũhrungsverord⸗ nung nach 5§. 22 daselbst noch zu erlassenden fischereipolizeilichen Vorschriften nur geringen Erfolg versprechen können, wenn nicht zugleich der wilden Fischerei gesteuert wird. Hierbei bemerkt der Minister, daß es den politischen Gemeinden zwar frei steht, die Fischerei ruhen zu lassen, dagegen aber nach 5. 8 des Gesetzes das Freigeben des Fischfanges unbedingt verboten ist. Um die wilde Fischerei und uberhaupt den unberechtigten Fischfang mög⸗ lichst zu ver indern, hat das Gesetz vom 30. Mai 1874 in den S8§. 11 und ff. durch das vorgeschriebene Erforderniß der Er⸗ laubnißscheine und Bescheinigungen eine der wichtigsten Kontrol⸗ maßregeln eingeführt. Darnach bedarf derjenige, welcher die Fischerei in den Revieren anderer Berechtigter oder über die Grenzen der eigenen Berechtigung, beziehungsweise des freien Fischfangs hinaus betreiben will, eines nach näherer Vorschrift des Gesetzes ausgestellten und beglaubigten Erlaubniß⸗ scheins, welchen er bei Ausübung der Fischerei zu seiner Legiti⸗ mation stets mit sich zu führen und auf Verlangen des Aufsichts- personals und der Lokal⸗Polizeibeamten verzuzeigen hat. Auch derjenige, welcher die Fischerei aus eigenem Rechte oder als Pächter betreiben will, bedarf einer Legitimation, die jedoch nicht den Charakter eines Erlaubnißscheins, sondern nur den einer Bescheinigung über die erfolgte, in 5. 16 des Gesetzes vorge⸗ schriebene Anzeige hat. Indessen sind von dieser Verpflichtung diejenigen befreit, welche in geschlossenen Gewässern sei es aus eigenem Rechte oder als Pächter die Fischerei betreiben wollen.

Die §§. 12 ff. enthalten nähere Vorschriften darüber, von wem die Bescheinigung oder der Erlaubnißschein auszustellen und zu beglaubigen ist und der §. 49 bedroht denjenigen, welcher bei Ausübung der Fischerei ohne die vorgeschriebene Legitimation betroffen wird, mit Geldstrafe bis zu 30 S oder mit Haft bis zu einer Woche.

Die von einer Bezirksregierung entwickelte Ansicht, daß die Bestimmungen des Gesetzes vom 10. April 1872 bezüglich der Bekanntmachung der Königlichen Verordnungen, durch welche das Recht zur Entziehung oder dauernden Beschränkung des Grundeigenthums verliehen wird, durch die Vorschrift des 58. 2 Al. 2 des Gesetzes vom 11. Juni 1874 abgeändert seien, ist von dem Handels ⸗Minister in einem Reskript vom 5. v. Mts. für berechtigt nicht erachtet worden. Es find diese Verordnungen demnach nicht allein durch die Amtsblätter bekannt zu machen, sondern es ist auch in Gemäß⸗ heit des §. 5 des Gesetzes vom 10. April 1872 eine Anzeige davon in die Gesetz⸗Sammlung aufzunehmen.

Nach einem Cirkularreskript des Ministers der geist— lichen ꝛc. Angelegenheiten vom 22. v. Mts. ist die Frage, ob ein katholischer Pfarrer berechtigt ist, in den Kirchenvor⸗ st and einer zu der Pfarrgemeinde gehörigen Filial⸗, Kapellen⸗ rc. Gemeinde, welche einen eigenen Geistlichen nicht hat, als Mit⸗ glied einzutreten, nach 5. 5 Nr. 1 des Gesetzes vom 20. Juni v. J. verneinend zu beantworten.

Nach §5§. 86 und 87 der rheinischen Gemeindeordnung vom 23. Juli 1845 stellt nach einem Erkenntniß des Gerichts⸗ hofes zur Entscheidung der Kompetenz⸗Konflikte, vom 8. Januar d. JZ. die von dem Gemeinderath angeordnete Repartition der Sinquartierungslast nach dem Steuer⸗ fuße sich als eine Vertheilung von Gemeindeauflagen dar. Die Frage, ob zu derselben ein Gemeindemitglied als Forense heran⸗ gezogen werden kann, ist mit Ausschluß des Rechtsweges lediglich durch die Aufsichtsbehörde zu entscheiden.

Zur eigenen Ausübung des Zagdrechts auf seinem Grund und Boden ist der Besitzer nach dem Jagdpolizeigesetz vom 7. März 1850 nur auf solchen Besitzungen befugt, welche in einem oder mehreren an einander grenzenden Gemeinde⸗ bezirken einen land⸗ oder forstwirthschaftlich benutzten Flächen⸗ raum von wenigstens dreihundert Morgen einnehmen und in ihrem Zusammenhange durch kein fremdes Grundstück unter⸗ brochen sind. Diese Vorschrift hat nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 24. März d. J. auch auf ein solches Grundstück Anwendung, welches einen eigenen Gutsbezirk bildet.

Die Verfälschung oder fälschliche Anfertigung einer öffentlichen Urkunde, um Behörden oder Privat- personen zum Zwecke des besseren Fortkommens zu täuschen, ist, wenn keine sonstige rechtswidrige Absicht bei der Verfälschung vorliegt, nicht als Urkundenfälschung im Sinne des 5. 267 des Strafgesetzbuches, sondern ausschließlich als eine Uebertretung gemäß 5. 363 des Strafgesetzbuches zu bestrafen. Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 24 März d. J. In demselben führt das Ober-⸗Tribunal aus: „Durch §. 363 ist die in der Abficht, Behörden oder Privatpersonen zum Zwecke des besseren Fort⸗ kommens des Thäters zu täuschen, verübte Fälschung von Schriftstücken der darin bezeichneten Art von der im 5. 267 unter Strafe gestellten Urkundenfälschung als eine leichtere, nur als Uebertretung anzusehende Kategorie von strafbaren Hand⸗ lungen ausgeschieden.“

Der General⸗Postmeister Dr. Stephan begiebt sich in nächster Woche in Telegraphen⸗Dienstangelegenheiten nach Eng⸗ land und Frankreich.

Lauenburg. Ratzeburg, 22. April. Die „Lauenb. 3.“ schreidt: Am Gruͤndonnerstage hat in Büchen eine Versamm⸗

lung achtbarer Männer aus dem Hergogthum Lauenburg statt⸗ 4 an der auch Mitglieder des Landtages teilgenommen. weck war: Abfassung einer Erklärung an das preußische Haus der Abgeordneten in Betreff der Beschlüsse und Auslassungen, die, unter Leitung eines Herrn von der Sandt in der Stadt Lauenburg von einem s. g. Bürgerverein gefaßt sind. Ob⸗ wohl dieselben bei ihrer Verlesung in jenem hohen Hause allge⸗ meine Heiterkeit erregt hatten, hat man es doch für rãthlich ge⸗ halten, eine Gegenerklãrung durch eine öffentliche Volks versamm⸗ lung zu veranlassen, weil von Seiten der Fortschrittspartei der lauenburgische Landtag nicht als ein genügendes Organ der öffentlichen Meinung hier zu Lande betrachtet worden ist.

Bayern. München, 20. April. Die zweite Ab⸗ theilung der Kammer der Abgerdneten hat, wie die Allg. Zig.“ mittheilt, bezuglich der beanstandeten Münchener Landtagswahlen gestern Abend nur den Hauptantrag des Referenten, Abg. Hauck die sämmtlichen hiesigen Wahlen zu kassiren dem genannten Blatte zufolge, erledigt; die weiteren Antrãge desselben, welche verlangen, daß gegen den Magistrat München und gegen das hiesige Rentamt J. Disziplinarunter⸗ fuchung eingeleitet werden solle, werden erst morgen zur Be⸗ rathung gelangen. Für die Kassation der Wahlen hatten fich 14 ultramontane und gegen dieselbe 7 liberale Abgeordnete er⸗ klärt. Von dem anwesenden Regierungskommissär Ministerial⸗ Rath v. Riedel, wurde der Hauptantrag des Referenten vom Rechtsstandpunkt aus in sehr eingehender und gründlicher Weise bekampft, und es soll. der „Allg. Ztg.“ zufolge, kein Mitglied der Mehrheit der Abtheilung, obwohl einige hervorragende Juristen zu derselben gehören, den Ansichten des Regierungskommissãrs entgegengetreten sein. Die Angelegenheit wird in den ersten Tagen der kommenden Woche in der Kammer zur Berathung gelangen.

Dem „Eorr. v. u. f. D.“ wird aus München geschrieben: „Die nun bekannt gegebenen Resultate der Prüfungen der vor einem Jahre eingetretenen Einjährig⸗Freiwilligen behufs Erlangung des Qualiñkationsatteftes zum Re serve⸗ Offizier sind großentheils sehr ungünstig ausgefallen, so daß eine nicht un⸗ bedeutende Zahl der Prüflinge als Gefreite oder Gemeine zur Reserve versetzt wird. Man hört hier wie bei den Prüfungen für den Freiwilligendienst die gleiche Klage über den Mangel einer gründlichen Bildung und der dadurch bedingten Unmög⸗ lichkeit einer gedeihlichen Fortbildung.“

Sachsen. Dresden, 21. April. Beide Kammern hielten heute Sitzungen ab. Die Erste Kammer bewilligte Abth. 2 des Ausgabebudgets, den Bau⸗Etat, fast ohne Debatte durchweg nach den mit den Beschlüssen der Zweiten Kammer übereinstim⸗ menden Anträgen der Deputation.

Die Zweite Kammer verwies das Königliche Dekret, be⸗ treffend die Einführung einer neuen Gebührentaxe für die Kosten⸗ berechnungen der Verdaltungs behörden erster Instanz, an die Gesetzgebungsdeputation, die sich darüber mit der Finanz deputa· tion zu vernehmen hat, und bewilligte hierauf PFos. S und 9 des Einnahmebudgets mit geringen Erhöhungen bez. unver⸗ ändert. In Bezug auf das K. Dekret Nr. 38, die Entschädigung der Geistlichen und Kirchendiener für den Wegfall von Gebühren betreffend, blieb die Kammer bei den früher von ihr gefaßten Beschlüssen allenthalben stehen.

In der zweiten Kammer ist von nationalliberaler Seite der Antrag eingebracht, daß Verwaltungsbeamie im un—= mittelbaren Staatsdienste in Wahlkreisen, welche ganz oder theil⸗ . zu ihrem Amtsbezirk gehören, nicht sollen gewählt werden önnen.

Baden. Karlsruhe, 20. April. Der Großherzog, die Großherzogin und der Erbgroßherzog, sowie die Prinzessin Victoria und der Prinz Ludwig Wilhelm haben sich heute Nach—= mittag zum Besuch des Kaisers nach Wiesbaden begeben. Die Großherzogin wird während des Aufenthalts Sr. Majestät in Wiesbaden dortselbst verbleiben, während der Großherzog beabsich⸗ tigt, mit dem Erbgroßherzog und den jüngern Großherzoglichen Kindern nächsten Sonntag, den 23. April, nach Karlsruhe zu⸗ rũckzukehren.

Hessen. Der „Allg. Ztg.“ wird aus Hessen unterm 19. ge⸗ schrieben: Seit dem Inkrafttreten der neuen Gesetze sind vier katholische Pfarrstellen zur Erledigung gekommen, und ist wegen nicht gesetzmäßiger Wiederbesetzung derselben die Sperrung der Gefälle verfügt worden. Es sind dieses: Castel, Budenheim (beide bei Mainz), Weißkirchen (bei Offenbach) und Unterschönmatten⸗ waag (im Odenwald). Da nach dem Gesetze die ordnungsmäßige Wiederbesetzung solcher Pfründen innerhalb eines Jahres zu ge⸗ schehen hat und die erste Ende Juli v J. in Erledigung kam, so wird bis dahin die Entscheidung des maßgebenden Prinzips erfolgt sein.

Oldenburg. Oldenburg, 20. April. Die heute im Großherzogthum vorgenommenen Landtagswahlen sind, der „Wes. Ztg.“ zufolge, fast durchweg oppofitionell ausgefallen.

Oesterreick⸗ Ungarn. Wien, 20. April. Den Mel⸗ dungen hiefiger Blätter zufolge dürften die ungarischen Minister noch einige Tage in Wien bleiben, da unter dem Vorfitze des Monarchen weitere Konferenzen über die schwebenden Aus⸗ gleichsfragen stattfinden sollen. Im Laufe des gestrigen Tages empfing der Kaiser zuerst den Grafen Andrassy, dann den Minister⸗Präsidenten Fürsten Auersperg, später den ungarischen Finanz⸗Minister Szell und den diesseitigen Finanz⸗Minister Baron Pretis. Im Laufe des Nachmittags traten die dies⸗ seitigen Minister zu einer längeren Berathung zusammen. Außer diesen Aeußerlichkeiten ist über die bisherigen Verhand⸗ lungen nichts Verläßliches bekannt.

In der gestrigen Sitzung des Ausschusses der öst erreich i⸗ schen Rationalbank kamen die Vorschläge der ungarischen Regierung, betreffend die Gründung einer selbständigen un⸗ garischen Bank zur Diskusston. Die Direktjan empfahl die Ablehnung der ungarischen Vorschläge, welcher An⸗ trag nach kurzer Befürwortung von Seiten einiger Bank⸗ ausschußmitglieder einstimmig zum Beschlusse erhoben wurde. Wie nachträglich gemeldet wird, bestanden die er⸗ wähnten Vorschläge in Folgendem: Die österreichische Nationalbank errichtet in Pest eine selbständige Bank mit unabhängiger Leitung; die neue ungarische Bank tritt zur Wiener Nationalbank in ein Kartell verhältniß; die Noten beider Banken sollen in der ganzen Monarchie den Zwangsceurs besitzen; die beiderseitigen Gewinne wären zu gleichen Theilen zu repartiren; die Statuten beider Banken sollen nur durch gemeinsames Einverstãndniß abgeändert werden können. Selbstverständlich hat sich der Bankausschuß nicht mit einer einfachen Ablehnung dieser Propositionen begnügt, sondern seinen Beschluß in ausführlicher Weise motivirt,

dabei aber der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß es der Weisheit der ungarischen Regierung gelingen werde, einen solchen Modus zur Läfung der schwebenden Frage ausfindig zu machen, durch welchen die Einheit der Geldzeichen in der österreichisch⸗ ungari⸗ schen Monarchie gewahrt bliebe. Die bezügliche, in vorm einer Denkschrift abgefaßte Antwort wurde bereits dem ungarischen Finanz · Minister Szell überreicht. Wie es heißt, sollen bereits zwischen der ungarischen Regierung und den Leitern der National⸗ bank neue Verhandlungen auf wesentlich veränderter Grundlage eingeleitet worden sein.

21. April. Gestern um 11 Uhr Vormittags hat im Palais des Ministers des Auswärtigen in Wien abermals eine gemeinsame Ninister⸗Konferenz stattgefunden, welcher Graf Andraffn präsidirte. Ueber das Ergebniß derselben ist bis⸗ her nicht das Mindeste bekannt. Je näher der Zeitpunkt der Entscheidung in der schwebenden Ausgleichsfrage heran⸗ rückt, so wird dem „Prag. Abbltt.“ von hier geschrieben, desto drängender werden begreiflicherweise die Journalgerüchte, welche dieselbe unablãssig begleiten. Das von den leitenden Kreisen streng gewahrte Geheimniß erleichtert jenen Sensations politikern insofern ihre Aktion, als sie kein Korrektid finden können, aus⸗

enommen in dem gesunden Sinne der Bevölkerung, die alle

erüchte nach ihrem wahren Werthe zu taxiren weiß. Ueber den gestern unter dem Vorfitze des Kaisers abgehaltenen Minifterrath wissen die Journale bereits so Manches zu er⸗ zählen, während man es sich doch an den Fingern abzählen kann, daß sie hierüber eben so wenig erfahren haben können, wie über alle früheren Verhandlungen. Es fehlt darum allen Journalmeldungen, welche der Situation einen besonders kriti⸗ schen Charakter beilegen möchten, die reale Bafis, aus der sie die Berechtigung zu derartigen Schlüssen zu schöpfen im Stande wären, und fie können höchstens das einzige Moment für sich anführen, daß die Verhandlungen in das entscheidende Stadium gelangt find und ihren Abschluß finden werden, Während über die zwischen den beiden Regierungen statt findenden Verhandlungen noch immer der dichteste Schleier des Geheimnisses gebreitet ist, sind die Journale über die gleichlaufend Seitens der ungarischen Regierung mit der Na⸗ tionalbank geführten Verhandlungen heute schon in der Lage, melden zu können, daß der Bankausschuß die Vorschläge der ungarischen Regierung auf Errichtung einer Kartellbank ein⸗ stimmig abgelehnt habe. Damit ist in der Bankfrage eine neue und ncht unweseniliche Komplikation geschaffen, vorausgesetzt, daß jene Meldungen in der Form, in der sie vorliegen, so un⸗ bedingt lauten, als fie der Oeffentlichkeit übermittelt werden. Der nie ders sterreichische Land tag verhandelte gestern über den Bericht des Gemeinde⸗ und Verfassungsausschusses, betreffend einige Aenderungen der Landesordnung und der Landtagswahlordnung. Rach längerer Debatte wurde folgender Antrag des Abg. Dr. Stöger angenommen: „Der Landtag wolle den Landesausschuß beauftragen, in der nächsten Session einen Gesetzentwurf vorzu⸗ legen, durch welchen einerseits eine der Besölkerungszahl und der Steuerleistung der Stadt Wien entsprechende Vermehrung der Änzahl der Abgeordneten derselben, anderseits aber eine Vermehrung der Zahl der Abgeordneten der Landgemeinden vor⸗ geschlagen wird.“

Pe st, 20. April. In der heutigen Sitzung des Abgeord⸗ netenhauses bat Minister Trefort das Haus Namens des Minister⸗Präsidenten Tisza, mit Rücksicht auf die Wiener Ver⸗ handlungen und die Abwesenheit mehrerer Minister die Be⸗ rathungen auf einige Tage zu verschieben. Der Prãsident sprach diesen Beschluß aus.

Großbritannien und Irland. London, 21. April. (W. T. B.) Die amtliche London Gazette veröffentlicht die Ernennung des bisherigen Sesandten in Rom, Sir Paget, zu dem Range eines Botschafters. Demselben Blatte zu⸗ folge ist der Hafen von Kiangtscheu auf der Insel Hainan seit dem 1. d. für den auswärtigen Handel geöffnet.

Glasgow, 22. April. (W. T. B.) Heute früh brach hier eine furchtbare Feuers brunst aus: die Hauptverkehrsader der Stadt, die Buchanan⸗Street, in iwelcher sich die meisten Magazine befinden, steht in vollen Flammen. Bis jetzt ist es nicht gelungen, des Feuers Herr zu werden.

Frankreich. Paris, 20. April. Es bestätigt sich, daß der MNarschall Mac Mahon dem Feste in Orleans dem (447. Jahrestage der Befreiung der Stadt durch die Jungfrau) an⸗ Dohnen wird. Er reist, der „Köln. Itg.“ zufolge, in Gejell⸗ schaft des Kriegs- und des Handels ⸗Ministers am 6. Mai dorthin. Am 7. (Sonntag) ist großer Gottesdienst in der Kathedrale, um 2 Uhr Preisvertheilung an die Aussteller, dann Besuch der Ausstellung. Des Abends wohnt der Präsident der Ueberreichung der Fahne der Jungfrau an den Bischof Du⸗ panlop an.

In der heutigen Sitzung des Budget⸗Aus⸗ schusses wurden, laut Telegramm der „Köln. Ztg.“, diplo⸗ matische Aktenstücke über die orientalischen Ange⸗ legenheiten von der Regierung vertraulich und unter dem ausdrücklichen Vorbehalte, daß dieselben streng geheim gehalten werden müßten, mitgetheilt.

Die Ernennung des Msgr. Leguette zum Erz bisch of von Lyon hätte demselben Blatte zufolge zu Schwierigkeiten mit dem Vatikan geführt; Frankreich wolle nämlich nicht in die Gründung eines abgetrennten Bisthums in Saint-Etienne ein⸗ willigen.

Das Hauptinteresse nimmt noch immer der Kongreß der katholischen Comitès und die Rede des Kardinals Guil⸗ bert in Anspruch, namentlich der Schluß derselben, welcher lautet: Man muß es unsern Gegnern überlassen, sich zu entehren, und seien Sie überzeugt, sie werden nicht ermangeln, es zu thun. Sie entehren sich indem sie uns außerhalb des gemeinen Rechts stellen. Sie werden uns die Freiheit zurücknehmen, aber nicht dabei stehen bleiben, weil es in dem Uebel wie in der Gerechtig⸗ keit eine Logik giebt. Nach den Beschimpfungen werden wahr⸗ scheinlich die Gewaltthätigkeiten folgen; dann wird der Kampf kommen und uns der Sieg angehören. Meine Herren! Sagen Sie nur, wer sind die Besiegten und die Sieger von 18717 Wer sind die Besiegten? Ist es der Erzbischof von Paris? Sind es die beiden auf dem Montmartre gestorbenen Generäle, neben welchen wir unsere Kirche errichtet haben? Wer sind die Be= siegten? Sind es die Geifeln? Sind sie nicht die Sieger? Wir find die Sieger, weil, um zu siegen, es hinreicht, zu sterben. Die Andern müffen tödten, um zu siegen. Um zu leben, müssen sie nothwendig Lärm schlagen, Ehren, Reichthümer erwerben. Um zu fiegen, brauchen wir zu sterben.“

Der „Moniteur“ ertheilt dem Kardinal durch fol⸗ gende Auslassung eine gelinde Zurechtweisung: Wir glau⸗ ben, daß der vom Kardinal⸗Erzbischof von Paris gegen das Gesetz über die Verleihung der Grade vorgebrachte

Tadel übertrieben ist. Weder die Regierung noch die Majoritãt haben bis jetzt die Idee gehabt, die Universitãts freiheit zu unter · drucken, die auf den breitesten Grundlagen besteht und bestehen wird. Man will einfach dem Staat ein Monopol zurüũckerfstatten, das ihm von Rechts wegen angehört, und das man ihm nicht streitig gemacht haben würde, wenn, als das Gesetz angenommen wurde, Frankreich eine endgültige Regierung, Monarchie, Faiserreich oder Republik gehabt hätte. Zu dem Schlußpassus bemerkt der „Moniteur“: „Die Sreigniffe, welche der Kardinal erwähnt, sind augenscheinlich in dem Gedãchtniß Aller, und sie dürfen nicht aus dem⸗ selben verschwinden, weil sie an die abscheulichsten Missethaten erinnern, welche die anti⸗sozialen Leidenschaften hervorrufen konnten. Aber wir glauben, daß es ungerecht ist, die republikanische Partei mit denen zu verwechseln, welche sie unter der Kommune entehrt haben. In der schrecklichen Katastrophe des Monats Mai 1871 darf man keinen politischen Gedanken suchen, und dies ist der Grund, weßhalb in diesem Augenblicke die öffentliche Meinung der Amnestie so wenig güũnstig ift, welche einen Theil der Verbrecher, die ihre Namen an die Brandftiftungen und Mordthaten der Kommune gelnüpft haben, nach Paris zurückführen würde. Dies ist aber ein Grund mehr, eine Majoritãt, die republitanisch sein kann, ohne deshalb aufzuhören, gemäßigt zu sein und alle Rechte des Gewissens und der Religion zu achten, mit den Anstiftern des unglücklichsten aller Aufstände nicht zu verwechseln. Wir sind überzeugt, daß die Geiftlichkeit unter dem jetzigen Regime keine Gewaltthätigkeit zu fürchten hat.“

Die „Indep.“ sagt, man finde in diesen erzbischöflichen Auslaffungen die ganze Phraseologie wieder, die man jetzt überall höre: Die Klerikalen ftellen sich als Opfer und Maͤrtyrer hin, nach ihren Auslaffungen wären sie die Unterdrückten, genössen keinerlei Freiheit, die Laienwelt aber habe eine „Verschwörung gegen die katholische Religion organifirt.

„Daß aber ungeachtet ihrer Klagen die Klerikalen es leines⸗ wegs aufgegeben haben, ihren Feldzug gegen die moderne Ge⸗ sellschaft fortzusetzen, ging, wie die sst. 3.“ berichtet, aus der gestrigen zweiten Sitzung des Kongresses hervor. In derselben verlangte ein gewisser Lallemand, daß die „Enfants assistès“ (die neugebornen Kinder, deren Erziehung die Verwal⸗ tung auf sich zu nehmen hat) unter die Obhut der katholischen Ausschüsse gestellt würden, um die nöthige körperliche und geistige Erziehung zu erhalten. Louis Milcent, Auditor im Staats⸗ rath, welcher über die katholischen Gesellenvereine Bericht er⸗ sfaattete, suchte darzuthun, daß die Kirche alle Arbeiter in ihre Hand bringen müffe, und erließ zugleich einen Aufruf an die Arbeitgeber, damit dieselben das Werk“ dadurch begünstigen, daß sie den Arbeitern, die zu demselben gehören, den Vorzug gäben. Der Vortrag des betreffenden Berichts gab zu einem Doch für den Grafen de Mun Anlaß. Nach demselben erhob sich der Senator de Beleastel, um den Wunsch auszudrücken, daß man den „Apoftel der Gesellenvereine“ bald in der Deputirtenkammer mit feiner ganzen Kraft, seiner ganzen Beredsamkeit und seinem ganzen Glauben sehen werde. Aus dieser Sitzung ist noch her⸗ vorzuheben, daß eine Depesche vorgetragen wurde, worin der Papst den katholischen Ausschüssen seinen apostolischen Segen ertheilt, und daß Louis de Cissen, Bruder des Kriegs⸗Ministers, einen langen Bericht über die Heilighaltung der Sonn⸗ und Festtage er statteic.

Die „Rep. Fr.“ verlangt in Bezug auf die Am nestie⸗ frage, daß auf die erste Redaktion Philippoteaux zurückge⸗ gangen werde, welche die Verjährung für alle insurrektionellen Akte bewillige, auf die keine Todes strafe stehe. So bleibe die Verfolgung der Urheber und Mitschuldigen der Brandstiftungen und Mordthaten vorbehalten, die aber, deren Verbrechen geringer und bis jetzt nicht bestraft seien, fänden ihre Ruhe und Sicher⸗ heit wieder. Auch solle das Begnadigungsrecht des Präsidenten dahin erweitert werden, daß er auch die Konsequenzen der ent⸗ ehrenden Strafen für null und nichtig erklären könne.

Ein Telegramm aus Algier vom 19. d. M. meldet, daß der Aufstand im Süden der Provinz Constantine nunmehr lokalisirt ist. Die Insurgenten sind in ihrer Dase blokirt, und General Carteret hofft, daß, wenn die Verstãrkung, die er erwartet, eingetroffen, denselben strenge Bedingungen auferlegt werden können.

21. April. (W. T. B.) Der Marschall⸗Präsi⸗ dent hat heute früh die Königin von Großbritannien begrüßt, als dieselbe bei der Weiterreise nach Cherbourg Paris auf der Ringbahn berührte. Die Kommission für die Weltaus stellung hat fich bei der Wahl des Aus stellungs⸗ platzes nunmehr definitiv für das Marsfeld und den Trocadero entschieden.

Spanien. Radrid, 17. April. Nächster Tage wird der Finanz⸗Ninister den Cortes das Budget vorlegen. In dem Bericht, den er demselben vorausschicken wird, sind, wie der Kor⸗ respondent der „Köln. Ztg. erfährt, zunächst die Ursachen der mißlichen Finanzlage erwähnt. Die gegenwãrtige Regierung, die einem äußerst kostspieligen Kriege ein Ziel setzte, ohne eine neue Anleihe zu machen, wird, wie der Bericht erklärt, allerdings Zeit brauchen, um eine Ordnung der Finanzen zu erreichen. Sie wird aber das Kapital der Schuld nicht herabsetzen, und aufs Genaueste die Zinsen bezahlen, wenn auch nach ver⸗ ringertem Zinsfuß. Mit der Zeit wird eine beständige Amortifirung fie in den Stand setzen, die 3 Prozent wieder voll stãndig zu bezahlen. Sie wird die Einkünfte Spaniens durch eine bessereFinanz⸗ verwaltung und durch eine Erhöhung der Steuern vermehren. Sie ist entschlossen, Alles für die Wiederaufrichtung der Finanzen Spa⸗ niens zu thun, indem sie ihren Gläubigern den höchsten Zins fuß bezahlt, der ihr im Augenblick möglich ist, und indem sie sich größere Opfer auferlegt, als irgend eine andere Nation. Das Rationalvermõgen wird 25 Prozent seiner Einkünfte dem Staat bezahlen, und die Ausgaben für die Armee, für welche der Kriegs⸗Minister 700 Mill. Realen verlangte, werden um ein Drittel verringert werden. Der Finanz ⸗Minister weist dann schließlich darauf hin, daß er ungeachtet des Krieges schon bedeutende Mehreinkünfte erzielt hat, unter Anderen 80 Millionen auf den Tabak, und daß Zölle schon erheblich mehr eintragen, da die Grenz und Küstenstrecken, die während des Krieges nicht überwacht werden konnten, von den Zollwächtern wieder besetzt sind.

Italien. Rom, 19. April. tal. Nachr.) Das Diritto⸗ bringt ein Verzeichniß der Ges— etzentwürfe, welche die Re⸗ gierung dem Parlamente während der nächsten Monate zur Berathung vorzulegen gedenkt. In erster Reihe stehen die Budgemmodiftkationen, die sie für nöthig hält. Dann kommen die Vorlagen, welche die Hafenarbeiten in Genua, die Regulirung des Tiberstroms und die Reform des Wahlgesetzes betreffen. Ueber die bisher erwähnten Vorlagen werden, wie das „Diritto“ hofft, die Meinungen nicht weit auseinander gehen, über andere herrscht aber die größte Verschiedenheit der Ansichten,

Die Blätter der Rechten haben sich schon ganz offen aus⸗ gesprochen, indem sie verlangen. daß die Deputirtenkammer sich nach den Budgetverhandlungen sofort mit den Handels verträgen und den Eisenbahnkonventionen befasseri mässe, was nach dem Diritto“ weder zweckmäßig noch möglich wäre; denn nach dem Standpunkte zu urtheilen, auf welchem die Unterhandlungen über die Handels vertrãge standen, als sie vor ungefähr einem Monate abgebrochen wurden, hätte auch das Ministerin Minghetti dieses Kapitel von seinem Programm streichen 1 die Verlängerung der alten Vertrãge bis zum Ende des laufenden Jahres verlangen müssen, weil höchstens mit der Schweiz der Abschluß eines neuen Handelvertrages möglich ge⸗ wesen wäre. Daher werde das Minifterium Depretis, gerade wie auch das abgetretene Kabinet hätte thun müssen, dem Par⸗ lamente erst im November die Entwürfe zu den neuen Sandels⸗ vertrãgen in Frankreich, Oesterreich Ungarn und der Schweiz vorlegen.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten hat eine Kom⸗ mission ernannt, welche Vorschlãge ausarbeiten soll: zu genügen⸗ der Postverbindung aller Theile Italiens und zu regel⸗ mäßiger Dampfschiffahrt mit der Levante sowie den an⸗ dern Ländern des Orients und mit dem Occidente. Italienischen Blättern zufolge ist der frühere italie⸗ nische Gesandte am russischen Hofe, Herzog Caracciolo di Bella zum Präfekten von Rom ernannt worden, der Präfekt von Udine, Com. Bardesono, zum Präfekten von Mailand, der Präfekt von Venedig, Com. Manz, zum Prä⸗ fekten von Neapel, der Präfekt von Pavia. Com. Bargon, zum Präfekten von Turin, der Präfekt von Maserata, Com. Tasalis, zum Präfekten von Genua, der Parlaments⸗ Deputirte, Com. Gravina, zum Präfekten von Bo⸗ logna, der Staatsrath Zini zum Präfekten von Palermo, der Präfekt von Avelline Com. Binda zum Prä⸗ fekten von Pavia. Der Unter-Präfekt von Voghera ist wegen seines Cirkularschreibens an die Bürgermeister, worin der Minifter Nicotera eine Beeinflussung der Wähler zu Gunsten der Wiedererwählung des Minister⸗Präsidenten erkennen zu müssen geglaubt hat, seines Amtes und seiner Besoldung ent— setzt worden.

Da der leidende Zustand des Kardinal Antonelli sich nicht bessern zu wollen scheint, so ist ihm der Kardinal Berardi als Coadjutor beigegeben worden. Den Ital. Nachr.“ zufolge wäre im Vatikan beschlossen worden, daß Monsignor Mer millod von der Grenze des Kantons Genf aus vermittelst eines Unterhändlers mit der Schweizer Regierung wegen seiner Rückkehr in seine Diözese Verhandlungen pflegen solle, und gäbe man sich der Hoffnung hin, daß es ihm bald gestattet sein werde, nach Genf zurückzukehren.

Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Dänemark sind unter dem Namen Graf und Gräfin From⸗ borg in Neapel angekommen und im Hotel Gran Bretagna ab— gestiegen.

Griechenland. Athen, 21. April. (W. T. B.). Der Minister-Präsident Comunduros hat aus Anlaß der bevorstehenden Abreise der Königlichen Familie nach dem Aus⸗ lande ein Cirkularschreiben an die Präfekten gerichtet, in welchem die im Innern und nach Außen herrschende Ruhe her⸗ vorgehoben und die Hoffnung ausgesprochen wird, daß die friedliche Politik Griechenkands bezüglich der Orient⸗— frage anerkannt und von der Türkei durch thatsächliche freund⸗ schaftliche Politik werde erwidert werden.

Türkei. Konstantinopel, 21. April. (W. T. B.) Durch einen Jrade des Sultans ist die Bildung eines militärischen Lagers in Seutari (Albanien) behufs Ueberwachung von Montenegro angeordnet worden.

Von militärischer Seite erhält die „Polit. Corr.“ fol⸗ gendes Tableau über die effektiven Streitkräfte der Insur⸗ genten und Türken in der Herzegowina: Die Streit⸗ fräfte der Insurgenten bestehen nach dieser Darstellung aus: 1100 Mann der Stãmme Piva, Jezerae und Drobnjak, unter Lazar Socica, mit 250 Snider⸗ 4090 Wänzelgewehren, 300 Miniekarabinern und einer Anzahl Vorderladern; 850 Mann der Stämme von Gacko, größtentheils unter Führung des Popen Bogdan Zimonic, mit 150 tũrkischen Snider⸗ gewehren, 100 Gewehren System Wänzel und im Üebrigen Vorderladern; 1200 bis 1300 Mann der Stämme Banjani und Rudina, von denen cirea 450 Nann unter Fuͤhrung eines provisorisch an Stelle des gefallenen Wojwoden Naksim Bacevie getretenen Kapitän fechten und mit 280 tũrkischen Wänzelgewehren, im Uebrigen mit Vorderladern bewaffnet sind; 350 Mann der Stämme von Nevesinje, unter Drago Obren, mit 50 Wänzelgewehren und 150 Vorderladern; 300 Mann der Stämme von Zubei und Korjen, unter Trifko Vukalovie, bewaffnet mit Wänzelgewehren; 300 Mann der Stämme von Suma, unter dem Popen Melentije; circa 1000 Mann Katholiken aus dem Popovo Polje, unter Führung des katholischen Geistlichen Jvan Mufsie; 459 Mann, unter Peko Pavlovic, ein Corps das, ursprünglich S800 Mann zählend, bereits 15090 Mann an Todten und 200 Mann an Ver⸗ wundeten verloren hat; endlich aus kleineren Banden unter Füh⸗ rung von einigen Ausländern, auf welche übrigens keine großen Stücke gehalten werden. Im Ganzen beziffert sich die Streit⸗ macht der Insurgenten auf 4500 Mann, bewaffnet mit 700 Snider⸗, 1500 Wänzelgewehren, einigen Hinterladern verschiedener Systeme, im Uebrigen mit Vorderladern.

Die Streitkräfte der Türken wurden Mitte März d. J. mit 23, 000 bis 25,000 Mann berechnet, mit der Bemerkung, daß dies den Rest von 40 000 Mann, welche nach und nach auf din Kriegsschauplatz gebracht wurden, darstellt; 17, 000 Mann sollen in Folge von Gefechten, Krankheiten, Kälte und Hunger in Abgang gekommen sein. Dieselben bestehen aus Nizam⸗Truppen, Redifs und Baschi⸗Bozuks. Die ersteren sollen den Kern der Streit⸗ macht bilden; aber auch diese sollen seit 1862 bedeutend an Werth eingebüßt haben; denn sie seien in einer ganzen Reihe von Gefechten nur ein einziges Mal (28. Januar) angriffsweise vorgegangen und hätten sich auf Distanzen gehalten, die den Insurgenken ermöglicht hätten, unbelästigt abzuziehen.“

Von der Una, 18. April, wird derselben Korrespondenz geschrieben: „Ueber die mehrtägigen Kämpfe, welche sich bei Riso vac zwischen Insurgenten und Türken entsponnen haben, sind wir in der Lage, Genaueres melden zu können: Wiewohl bei Risovae sich mindestens (69000 Türken befanden, welche mit Ausdauer und Tapferkeit kãmpften, gelang es ihnen doch nicht, die Insurgenten aus ihren vortrefflich gewählten und gut befestigten Pssitionen zu vertreiben. Am 15. Vormittags neigte sich schon der Vortheil den Auf stãndischen zu, welchen es in den Nachmittagsstunden schließlich gelang, die Türken

zurückzuwerfen und eine kleine Strecke zu verfolgen.

Mann gelangten nach Novi. Die Insurgenten erbeuteten einige kundert Gewehre, Munition, Pferde und Schlacht vieh. Uebrigens

ist dieser Sieg den Aufstãndischen theuer zu stehen gekommen.

Wenn die Verluste derselben auf 550 Mann veranschlagt wer⸗ den, so ist dies eher zu niedrig gegriffen. Wie die Pol. Corr.“ annimmt, durften die Verhältniffe des Vilasets sich in der nãchsten Zeit noch bedenklicher gestalten. Die Insurrektion dũrfte sich wahrscheinlich nach dem Herzen der Provinz ausbreiten und Banjaluka würde bald bedroht sein. Die Pforte verfüge über keine Truppen mehr. Die moham⸗ medanische Bevölkerung schaue sehr trübe in die Zukunft. Nach einer weiteren Mittheilung der „P. C.“ hätte die Kunde, daß die türkische Regierung die in Mesopotamien und Bagdad stehenden Truppen nach Konstantinopel berufen wolle, in der türkischen Hauptstadt einen panischen Schrecken hervorgerufen, weil man Seitens dieser Truppen die Ein⸗ schleppung der Pest nach Europa befürchtet.

Amerika. Aus Washington melden Kabeldepeschen der .A. A. C.“ vom 19., daß die Anklagekommission des Reprä⸗ fentantenhauses den Einwand des Vertheidigers Belknaps gegen die Kompetenz des Gerichtshofes in Gemäßheit der An⸗ klage Artikel verworfen hat. Das Haus hat sich bis zum 27. vertagt. Zefferson Davis wird sich am 1. Mai zu einem sechsmonatlichen Aufenthalt nach Europa begeben, um für die Herstellung eines direkten Handels zwischen den Städten des Missiffippithales mit Europa zu wirken. Das Haytische Konsulat hat per Kabel Depeschen aus Kingston erhalten, welche mittheilen, daß die Revolution in Hayti die Oberhand gewinne, daß General Domingue, der Präsident, die Flucht ergriffen habe, (also nicht, wie eine Depesche des W. T. B. meldete, erschossen wäre) daß aber der Vize⸗Präsident sowie der kommandirende Genera erschossen worden wären.

Wie der „Agence Havas“ aus St. Thomas vom 21. April gemeldet wird, ist der flüchtige Präsident der Republik Haiti, General Domingue, dort eingetroffen. Die neue Re⸗ gierung in Haiti hat sich noch nicht organifirt. Die Fremden sind von den Aufständischen bisher nicht belästigt worden.

Die neuesten aus Mexiko mit dem englischen Post⸗ dampfer von Vera Cruz in Havana eingetroffenen, bis zum 30. März reichenden Nachrichten lauten sehr widersprechend. Während das „Diario“, das offizielle Regierungsorgan, er⸗ klärt, daß das Land, ausgenommen die Staaten Daxara und Vera Cruz, ruhig sei, und daß der Frieden höchstens durch kleine planlos umherstreifende Banden geftört werde, wird von anderer Seite behauptet, daß zwar die Erklärung des Kriegs zustandes in vielen Provinzen die Ausbreitung der Revolution verhindert habe, daß aber Oaxaca sich noch in den Händen der Insurgen⸗ ten befinde, da die Bewegungen des Generals Alatorra bis jetzt fruchtlos waren. Ferner heißt es: General Escobedo befand sich in Queretaro. Er hat der Bundes- regierung 3000 Mann zur Verfügung gestellt, und weitere 3000 Mann binnen 14 Tagen angeboten. Die Zahl der unter Waffen stehenden Gegner der Regierung im ganzen Lande wird auf 10 060 geschätzt. Eine große Versammlung in der Nähe der Hauptstadt, welche ihre Sympathie mit der revo⸗ lutionären Bewegung tumultuarisch zu erkennen gab, wurde von der Landpolizei angegriffen und augeinandergetrieben, wobei ca. 100 der Versammelten getödtet wurden. Es bestätigt sich, daß Rocha sich ergeben hat. Der Isthmus von Tehuanteper war mit Ausnahme von Juchitan in den Händen der Rebellen. Die Arbeiten an der Centralbahn in Nueva Leon find eingesteklt. Der Bahnverkehr zwischen Vera Cruz und Mexiko ist in Felge der Verheerungen, welche die Insurgenten angerichtet, beinahe vollständig unterbrochen. General Lonza hat Tehuacan wieder genommen und verfolgt die Insurgenten, welche die Bahn zer⸗ störten. Die „Review“ schreibt die Schuld an den Unruhen der Kirchenpartei zu.

Nr. 16 des ‚Central⸗-Blatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichskanzler ⸗Amt, hat folgenden Inhalt: Allge— meine Verwaltungssachen: Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Münzwesen:; Uebersicht über die Ausvräzung von Reichsmünzen. Finanzwesen: Nachweisung über die bis zum 31. März 1856 präkludirten, ferner über die an diesem Tase im Umlaufe bezw. im eigenen Bestande der deutschen Notenbanken vor= handen gewesenen, sowie über die nach erfolgter Einlösung vernichteten Banknoten; Geldankäufe Seitens der Reichshank. Marine und Schiffahnt: Erscheinen des 4. Verzeichnisses der Ergänzungen ꝛc. zum Signalbuch für die Kauffahrteischiffe und des 1 Nachtrags zur amt- sichen Schiffsliste; Abänderung des Verzeichnisses der Kommissionen für die Prufung der Seeschiffer. Zoll. und Steuerwesen: Kom⸗ petenzen von Steuerstellen. Konsulatwesen: Ernennung ze.

Nr. 10 des „Armee⸗Verordnungsblatts“, heraus⸗ gegeben vom Kriegs Ministerium, bat folgenden Inhalt: Rationz⸗ Angelegenheit Abänderung der Jaftruktion für die Krigade ·Kem⸗ mandos der Fuß Artillerie, der Vorschrift zur Verwaltung der Ar- tillerie⸗ Depots, der allgemeinen Geschäftserdnung für die Fortifika= tions und Artillerie Bauten und der Vorschrift äber das Geschäfts⸗ verfahren bei den techniscken Revisionen. Abänderung der Anleitung für Roßärzte zu dem Verfahren bei Vornahme von Sektionen ge⸗ iödteter und gestorbener Pferde der Truppen. Bekanntmachung ver⸗ vielfältigter Bestimmungen. Teplitzer Bade⸗Angelegenheit. Be⸗ richtigung eines Druckfeblers in der Geschäftsordnung für das Gar⸗ nison Bauwesen. Zweiter Nachtrag zum Schulverzeichniß vom 19. Januar 1876. Einrichtung einetz neuen Remonte Depots in der Provinz Preußen. Ermächtigung des Dr. med. Gieseler zu Moskau zur Ausstellung von Zeugnissen für deutsche Militärpflichtige im In⸗ vern Rußlands. Sritter Nachtrag zum Schulverzeickniß vom 19. Januar 1876. Todtenschein für einen gewissen Adolph Sodinger. Extraordinäre Verpflegungszuschüsse für Oranienburg und Lingen pro 2. Quartal 1876 Bekanntmachung der Lebens · Ver sicherungs⸗ Anstalt für die Armee und Marine.

Kunst, Wissenschaft und Literatur. Wie dem „Auslande“ aus Cairo geschrieben wird, hat Pro⸗ fessor Dum ich en aus Straßburg den ganzen Winter über jünf Monate, in Theben gearbeitet und zwar fast ausschließlich in einem

ungeheuren Felsengrabe auf dem Wertufer des Nils. Jenes bisher nur in seinen oberen Räumen näher bekanate und untersuchte Grab enthält in drei Stockwerken vertheilt sechsunddreißig Säle, die alle mit Inschriften bedeckt sind.

In der letzten Sitzung de⸗ Societät der Wissenschaf⸗ ten in Upsal!a' wurde u. A. Professor Emil Du Bois⸗Rey⸗ mond in Berlin zum Mitgliede derselben erwählt.

Der Florentiner Professor Gilbert Havi, der bekanntlich zum permanenten Aufseher des Pariser Meter · Dbservatorin me trnannt worden, hat sich dieser Tage von Fleren: nach Paris begeben, um den Sitzungen der internationalen Metermessungs⸗ kommission beizuwohnen und sich in dem m übertragenen Amte be⸗ stätigen zu lassen.

Die Türken zogen sich auf Banjaluka zurück und nur 1800

Mr. Morier, der großbritannische Ge charts M üger in München, hat ein Bach geschrieben, welches unte: dem Tue, Selb st⸗