1876 / 100 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Apr 1876 18:00:01 GMT) scan diff

man nach einer Ausdehnung der Staatsbahnen streben müsse. Ein Reichseisenbahngesetz, welches nur die Oberaufsicht des Reiches über die Bahnen aufstelle, führe keine erfolgreiche Loösung der Frage herbei, und würde wohl nie die Zustimmung des Reichstages erlangen. Gestützt auf eine längere Darlegung der bis- her befolgten Eisenbahnpolitik, versicherte der Mininer, daß die Negierung fortfahren werde, das Staatsbahnsystem auszubilden, und empfahl die Vorlage zur Annahme. Beim Schlusse des Blattes ergriff der Abg. Berger das Wort.

Nach §5§5. 1 und 2 der Verordnung über die Sub⸗ hastation von Grundstücken von geringem Werthe vom 2. Dezember 1837 sind die Gemeinden verpflichtet, die dort bezeichneten Subhastations⸗Patente an den sonst zu öffentlichen Bekanntmachungen bestimmten Stellen in der Orts⸗ gemeinde auszuhängen und demgemäß in ihre für die Publikation lokalpolizeilicher Verordnungen errichteten Gitterkasten aufzu⸗ nehmen. Eine Bezirksregierung ist der Ansicht gewesen, daß diese Verpflichtung durch §. 16 der Subhastationgordnung vom 15. März 1869 aufgehoben sei, weil letzterer Paragraph vorschreibt, daß der Aushang nach dem Ermessen des Richters an der zur öffentlichen Bekanntmachung be⸗ stimmten Stelle erfolgen solle, also nicht, wie es in 3 1 J der Verordnung vom 2. Dezember 1837 heiße.

ach dem von dem Minister des Innern in der Rekursinstanz unterm 16. v. M. erlassenen Bescheide entspricht indessen diese Auslegung des 5. 16 der Subhastationsordnung vom 15. März 1869 weder den Worten noch dan Sinne des Gesetzes. Der gedachte Paragraph schreibe ebenso, wie der §. 1 der Verordnung vom 2. Dezember 1837 den Aushang der Subhastationspatente an der zu öffentlichen Bekanntmachungen bestimmten Stelle in der Orts⸗ gemeinde vor und die Weglassung des in der Verordnung vom 2. Dezember 1837 beigefügten Wortes sonst“ sei ohne die sup⸗ ponirte Bedeutung, weil vor, wie nach der Subhastationsord⸗ nung vom 15. März 1869 die Stellen, an welchen der Aus⸗ hang öffentlicher Bekanntmachungen in der Ortsgemeinde zu erfolgen hat, ein für alle Mal bestimmt seien. Das in §. 16 der Subhastationsordnung vom 15. März 1869 vorgesehene Ermessen des Richters beziehe sich nicht darauf, an welcher Stelle der Aushang erfolgen soll, sondern lediglich dar⸗ auf, ob im konkreten Falle der Publikationsmodus des Aushanges überhaupt eintreten soll. Da für den betreffenden Regierungsbezirk durch eine Amtsblattsverfü⸗ gung der Regierung vorgeschrieben sei, daß der öffent⸗ liche Aushang von Lokal ⸗Polizeiverordnungen in ver⸗ gitterten Kasten, welche in der Nähe der Kirche oder an dem Hause des Ortsvorstehers anzubringen seien, bewirkt werden solle, so könne die Gemeinde sich der Verpflichtung nicht entziehen, in den Fällen des §. 16 der Subhastationsordnung vom 15. März 1869 die Subhastationspatente in ihre, für die Publikation lokalpolizeilicher Bekanntmachungen bestimmten Gitterkasten aufzunehmen, und den Gitterkasten auf ihre Kosten eine solche Ausdehnung zu geben, daß diese Aufnahme erfol⸗ gen kann.

Im Anschlusse an den Cirkularerlaß vom 14. November 1868 hat der Minister des Innern zur Ausführung der be⸗ stehenden Vorschriften über die Vornahme öffentlicher Aus⸗ spielungen innerhalb des preußischen Staates Nachstehendes bestimmt:

1) In jede Erlaubniß zur Veranstaltung einer Lotterie ist ausdrücklich das Verbot aufzunehmen, Prämien auszusetzen, welche, sei es unmittelbar, sei es mittelbar durch Bezahlung des Werthes der verloosten Gegenstände in Geld zu gewähren sind oder welche in Immobilien bestzehen.

Unter das Verbot der Ausspielungen von Geldgewinnen fällt auch die Ausspielung von Gewinnen, welche in der Rückzahlung der Einsätze an Inhaber der Loose bestehen.

2) Die Genehmigung öffentlicher Ausspielungen ist, wenn dieselbe von den Ober⸗Präsidenten auf Grund des Allerhöchsten Erlasses vom 2. November 1868 ertheilt wird, an die ausdrück⸗ liche Bedingung zu knüpfen, daß der Vertrieb der Loose auf den Umfang der Provinz, für welche die Genehmigung ertheilt ist, beschränkt bleibe, und daß ein, diese Beschraͤnkung aus—⸗ drückender Vermerk in die Loose sowie in die Prospekte der Ausspielungen aufgenommen werde.

3) Bei der Genehmigung von Ausspielungen Seitens des Ober⸗Präsidenten sind die Modalitäten der Ausspielungen von dem Ober⸗Präsidenten selbst festzustellen, und ist deren Fest⸗ stellung nicht den ihm untergeordneten Behörden zu überlassen.

4) Die Genehmigung von Ausspielungen ist nur auf Grund eines vollständigen Ausspielungsplanes zu ertheilen, welcher die wesentlichen Bedingungen der Ausspielung, insbesondere die Zahl und den Preis der Loose, die Zahl und Art der Gewinne, die Zeit der Ziehung und bei solchen Ausspielungen, bei welchen aus den Einsatzgeldern anzulaufende Sachen die Gewinngegen⸗ stände bilden sollen, den Gesammtwerth der auszuspielenden Gegenstände, ergiebt. Auch ist die Genehmigung an die Be— dingung zu knüpfen, daß der Unternehmer die diesfälligen Be⸗ stimmungen in den Prospekt und in die Loose aufnehme.

Die Zahl und den Werth der Gewinne von der Zahl der abgesetzten Loose abhängig zu machen, kann dem Unternehmer nur gestattet werden, falls ihm diese Befugniß und das Ver⸗ hältniß, in welchem eine Verminderung der Gewinne in ihrer Zahl oder in ihrem Werthe zulässig sein soll, ausdrücklich bei der Ertheilung der Genehmigung eingeräumt worden ist. Wenn letzteres nicht geschehen ist, bleibt dem Unternehmer nur über— lassen, die unabgesetzten Loose auf eigenen Gewinn und Verlust zu behalten.

5) Es ist nicht zu gestatten, Freiloose zu einer staatlich noch nicht genehmigten künftigen Ausspielung als Gewinne auszusetzen.

Die Kaiserliche Reichs-Disziplinarkam mer zu Potsdam verhandelte heute in der Untersuchungssache gegen den Grafen Harry v. Arnim. Der Gerichtshof war zusammen⸗ gesetzt aus den Herren Ober⸗Tribunals⸗Rath Johow (Prä⸗ sident). Wirklicher Legations⸗Rath Reichardt, Geheimer Postrath und Ober-⸗Postdirektor Balde, Geheimer Justiz⸗Rath Sello, Kreisgerichts⸗Rath Wenzel (Beisitzer). Die Staatsanwaltschaft vertrat der Wirkliche Legations⸗Rath Wilcke. Der Angeklagte war zum Termin nicht erschienen, sondern durch den Rechts⸗ anwalt Quenstedt vertreten. Nach längerer Verhandlung wurde gegen den Grafen Arnim auf Entlassung aus dem Dienste und Verurtheilung in die Kosten des Verfahrens erkannt.

Auf das Gesuch eines nicht verhaftenden Angeklagten, den Termin für die mündliche Verhandlung in zweiter In⸗ stanz zu verlegen, ist, wenn die Zeit noch ausreicht, der Richter in jedem Falle verpflichtet, vor Eintritt des Termins den An⸗ geklagten zu bescheiden. Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 31. März d. J.

Der General der Infanterie von Stosch, à la suite des See⸗Bataillons und Chef der FKaiserlichen Admiralität, ist nach beendigtem Urlaub hierher zurückgekehrt.

Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte, Herzoglich fachsen⸗ meiningische Staats⸗Minister Giseke, ist in Berlin eingetroffen.

Der zum Kaiserlichen Konsul in Port au Prince auf Haiti ernannte Dr. Graser hat sich in diesen Tagen, nach einem kurzen Aufenthalte in Hamburg, auf seinen neuen Posten begeben.

Gestern starb hier nach mehrwöchentlichen schweren Leiden der frühere bayerische Rechtspraktikant Carl von Vincenti. Im Herbst v. J. behufs Vorbereitung für den Konsulatsdienst in das Auswärtige Amt berufen, hat er in der kurzen Zeit seiner hiesigen Thätigkeit sich die Anerkennung seiner Vorgesetzten, sowie die Liebe seiner Kollegen zu erwerben verstanden. Das Auswärtige Amt verliert in ihm einen tüch⸗ tigen jungen Beamten, der zu den besten Hoffnungen berechtigte.

Seit einigen Tagen haben in Berlin die Arbeiten zur Herstellung der unterirdischen Luftdruck-Post begonnen. Es sind bereits über 1000 Meter Röhren gelegt; angefangen wurde in der Genthiner Straße; die Herstellung der Gebäude für die in den verschiedenen Gegenden der Stadt erforderlichen Stationen und Dampfmaschinen ist gleichzeitig in Gang gesetzt. Der Gene⸗ ral⸗Postmeister besichtigte gestern die bezüglichen Anlagen. Von dem Magistrat der Hauptstadt ist auch bei dieser Gelegenheit der Verwaltung der Posten und Telegraphen ein in jeder Beziehung anzuerkennendes Entgegenkommen bethätigt worden.

Am 1. d. M. ist die Verbindungsbahn Sachsen⸗ hausen-Louisa (Station der Main⸗-Neckarbahn bei Frankfurt a. Main) zunächst für die Ueberleitung des Güterverkehrs in Betrieb genommen worden.

Die Stadtverordnetenversammlung von Nordhausen hat sich einstimmig für Beibehaltung des Dreiklassen⸗Wahl⸗ systems ausgesprochen.

Bayern. München, 25. April. In der 3. Abtheilung der Kammer der Abgeordneten wird morgen Abend die Wahl des Wahlbezirkes Weißenburg und in der 2. Abtheilung die Wahlen der Wahlbezirke Bayreuth und Regensburg zur Be⸗ rathung gelangen. Zur Berathung des von der 2. Abtheilung bezüglich der Münchener Wahlen in die Kammer zu erstattenden Berichts ist, bis jetzt eine Sitzung noch nicht anberaumt; es wird, wie der „Korr. v. u. f. D.“ meint, eine solche erst gegen Ende der Woche stattfinden können, so daß der Gegenstand auch erst in der kommenden Woche in die Kammer selbst wird zur Be⸗ rathung gelangen können. Eine Stimme in dem angeführten Blatte rechnet aus, daß die neue Volkszählung von keinem wesentlichen Einfluß auf die im Jörgschen Entwurf enthaltenen Zahlen sein werde. Eine Vermehrung der Zahl der Abgeordneten werde gegen den Entwurf auf keinen Fall stattfinden, denn auch nach der neuesten Volkszählung seien höchstens 160 zu wählen. Was die größeren Städte betrifft, so hat nach der neuen Zählung München 193,444 Einwohner, sonach 6 Abgeordnete zu beanspruchen, wie im Entwurfe. Nach demselben bildet ferner die Stadt Regensburg bereits einen selbständigen Wahlkreis. Auch nach der neuen Volkszählung haben die Städte Bayreuth (19, 178) und Hof (18,267) immer noch nicht eine so große Bevölkerung, um einen Wahlkreis für sich bilden zu r, Die Stadt Bamberg (26, 058) bildet be⸗ reits im Entwurfe ellen eigenen Wahlkreis. Nürnberg (91,017) hat nach dem Entwurfe 3 Abgeordnete. Würzburg (44,984) hat auch jetzt noch nicht die für 2 Abgeordnete erforderliche Ein⸗ wohnerzahl. Die Stadt Augsburg (57,210) hat bereits nach dem Entwurfe 2 Abgeordnete, Fürth (27,369) einen. Die übrigen Städte können in keiner Weise in Betracht kommen.

Baden. Karlsruhe, 25. April. (Frkf. J.) Das Staats-Ministerium hat den von der römisch⸗katholischen Gemeinde Säckingen auf Grund der inzwischen erfolgten Volks- zählung vom 1. Dezember v. J. ergriffenen Rekurs gegen die ministerielle Verfügung der Mitbenutzung der Fridolins⸗ Pfarrkirche Seitens der Altkatholiken verworfen, weil das gesetzliche „Erheblichkeits⸗Prozent⸗Verhältniß / durch die Volkszählung nicht alterirt worden sei. Der Einzug der kllt⸗ katholiken in die Kirche ist auf Sonnabend, den 29. d. M, angeordnet.

HGeffen. Darmstadt, 25. April. Die Budgetarbeiten des Finanzausschusses der Zweiten Kammer nahen, wie das „Frkf. J.“ mittheilt, ihrem Abschluß und der Bericht des Aus⸗ schusses dürfte in nächster Woche ausgegeben werden. Im großen Ganzen sind die von dem vorigen Landtage begehr ten Reformen, namentlich in dem direkten Steuerwesen, durch das Entgegen⸗ kommen der Regierung angebahnt worden; eine völlige Ueber⸗ einstimmung in der Veranlagung der Einkommensteuer wurde nicht erzielt. Ebenso bestehen noch Tifferenzen bezüglich der Weinsteuer.

Reuß j. L. Gera, 26. April. Das Minsterium bringt in einer Bekanntmachung wiederholt in Erinnerung, daß fuͤr diejenigen auf Grund der Gesetze vom 7. Januar 1860 und vom 4. Juli 1870 ausgegebenen Kassenscheine des Fürsten⸗ thums Reuß j. L., welche bis Ende Juni 1876 bei der Fürst⸗ lichen Hauptstaatskasse hier oder bei den Fürstlichen Bezirks⸗ steuereinnahmen in Schleiz und Ebersdorf zur Einlösung prä⸗ sentirt werden, noch Ersatz geleistet wird, daß aber die bis dahin nicht eingelösten Stücke mit dem 1. Juli 1876 völlig werthlos bleiben und hiergegen auch eine Berufung auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht statifindet.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 26. April. (W. T. B.) Die ungarischen Minister haben heute dem Kaiser über den Erfolg ihrer Besprechungen mit den Parteien in Pest be⸗ richtet. Der Kaiser hat hierauf den Grafen Andrassy zu sich beschieden. Die Konferenz soll morgen fortgesetzt werden.

Die Situation immt, wird dem „Prag. Abblt.“ von hier geschrieben, eine immer freundlichere Gestaltung an und selbst die eingefleischtesten Pessimisten, die noch vor Kurzem den ganzen politischen Horizont mit schweren Gewitterwolken verhängt sehen wollten, werden zugestehen müssen, daß die schwierigste Frage des Augenblicks, die Erneuerung des Zoll⸗ und Han dels bünd⸗ ni sses, Dank den patriotischen Bemühungen beider Ministerien, so gut wie gelöst zu betrachten ist. Die ungarischen Minister, die sich mit ihrer Partei in Pest in Berührung gesetzt haben, haben in derselben jenes volle Vertrauen gefunden, das ihnen ihre Partei vor und während des Verlaufes der Verhandlungen ent⸗ gegenbrachte. In der großen Klubkonferenz hat nur ein dem Gros der Partei gegenüber verschwindender Bruchtheil sich auf einen jede Transaktion ablehnenden Standpunkt gestellt. Mit

solchen Elementen kann die Geschichte nicht rechnen und sie fallen

auch nicht schwer in die Wagschale. Dagegen aber ist es bedeutsam, daß der Appell der ungarischen Minister an die Partei selbst von der imponirenden Mehrheit mit räckhaltloser Zustim⸗ mung beantwortet wurde, und daß nunmehr die ungarischen Minister, nach Beseitigung der letzten Schwierigkeiten in Wien erscheinen, um den Ausgleichspakt perfekt zu machen. Mit dem⸗ selben wird auf lange hinaus neuerdings eine unverrückbare Basis für die wirthschaftliche Entwickelung beider Reichshälften gelegt worden sein, von der aus der Gesammtstaat die Regelung seiner wirthschaftlichen Beziehungen zum Auslande wird vor⸗ nehmen können. Wie die „Presse“ erfährt, wird morgen hier eine Besprechung von Mitgliedern beider Häuser des Reichsrathes in Angelegenheit der Heeres abrüstungsfrage stattfinden. In der Versammlung wird Hr. Arthur de Marcoartu, ehemals Mitglied der spanischen Cortes, Bericht erstatten über die Konferenzen, welche er in dieser Angelegenheit mit zahlreichen Staatsmännern und Parlamentsmitgliedern der verschiedenen europäischen Staaten gepflogen hat.

(W. T. B.) Die von verschiedenen Seiten gebrachte Meldung, wonach die russische Regierung in Vorschlag gebracht haben sollte, die Herzegowina und Bosnien als autonome Tributarstaaten zu konstituiren, wird in hiesigen Regierungs⸗ kreisen als unbegründet bezeichnet.

Zu den schwebenden Fragen des Orients liegt heute, sagt die „Wiener Abendpost“ vom 25. keine Nachricht von Belang vor. Die Presse und die öffentliche Meinung sind allmählich von der Besorgniß imminenter Verwicklungen zurück⸗ gekontmen und insbesondere die englischen Blätter, welche sich in jüngster Zeit einigermaßen besorgt gezeigt hatten, heben jetzt übereinstimmend die befriedigenderen Momente der Situation hervor, die übrigens nach den eingehenden Erörterungen, die ihr bereits zu Theil geworden, keiner neuen Beleuchtung be⸗ dürfe. Daß der überwiegende Theil der englischen Presse das Prinzip der Nichtintervention und des absoluten Gewähren⸗ lassens auf dem Insurrektionsschauplatze vertritt, bedarf nicht erst ausdrücklicher Erwähnung.

Olmütz, 25. April. Die hiesige Handelskammer be⸗ schloß, Petitionen an die Regierung und den Reichsrath um Aufhebung der ärarischen Mauthen zu richten.

Lem berg, 25. April. Golejewski und Genossen legten in der heutigen Landtagssitzung einen Dringlichkeits antrag be⸗ züglich Abänderung der Landtagswahlordnung vor, dem⸗ zufo ge der Landtag künftighin in Lemberg und Krakau tagen soll. In der Abendsitzung des Landtags wurde eine Resolution beschlossen, wonach die Regierung aufgefordert wird, bei den gegenwärtigen österreichisch⸗ ungarischen Ausgleichsverhandlungen auch die Modalitäten einer geeigneteren Produktion und eines entsprechenderen Verkaufes des Salzes in Berücksichtigung zu ziehen. Ferner wurde der Landesausschuß angewiesen die Zweck⸗ mäßigkeit der Reorganisation der galizischen Handelskammern und die Abänderung ihrer Wahlordnungen zu prüfen und der nächsten Session diesbezügliche Anträge einzubringen.

Pest, 25. April. Ueber den gestern abgehaltenen Mi⸗ nisterrath veröffentlicht die ‚Pester Corr.“ Folgendes: „Nach⸗ mittags um fünf Uhr traten die Minister zu einer Berathung zusammen, um hinsichtlich der Endentscheidung in der Aus⸗ gleichsfrage Beschluß zu fassen. Der Beschluß, welcher für das

Vorgehen der Minister maßgebend sein soll, dürfte, Andeutungen

zufolge, die uns von beachtenswerther, wenn auch nicht ent⸗ scheidender Seite zukommen, darin gipfeln, daß das Ka⸗ binet die vom Minister⸗Präsidenten in den mit den Abgeord⸗ neten gepflogenen Besprechungen dargelegten Punkta⸗ tionen als Basis für die weiteren Verhandlungen zu accep⸗ tiren bereit ist, sich jedoch außer Stande sieht, dieselben in der bestehenden Fassung ohne wesentliche Aenderung namentlich bezüglich der Bankfrage im Parlamente zur Annahme zu bringen. Wie gesagt, wir präzisiren im Obigen nur Andeu⸗ tungen, eine direkte Verlautbarung der Regierung in Bezug auf das Ergebniß des Ministerrathes kann unter den obwalten⸗ den Verhältnissen billigerweise gar nicht erwartet werden.“ Hierzu bemerkt die „Presse!: Die Mittheilung der „Pester Corr.“ dürfte wahrscheinlich mehr der Stimmung in Pest als den Beschlüssen des ungarischen Ministerrathes Rechnung tragen. Die momentane Strömung in der ungarischen Hauptstadt ist eben dahin ge⸗ richtet, den Abschluß des Ausgleichswerkes auf Grundlage der von Tisza bekannt gegebenen Punktationen zu vereiteln. Die allernächsten Tage schon werden darüber Aufschluß geben, ob das Kabinet Tisza sich kräftig genug fühlt und die Verantwortung dafür übernehmen will, den Ausgleich mit Desterreich unter den in Wien festgestellten Bestimmungen ab⸗ zuschließen, oder ob es für seinen Theil das Mißlingen des Ausgleichs als etwa vortheilhafter für Ungarn worzieht. Nach dem „Ellenör“ hat der Ministerrath festgestellt, die Ver⸗ zehrungssteuer⸗Forderung Ungarns aufrecht zu erhalten dem Vorschlage bezüglich der Bank nur unter der Bedingung der Theilung des Metallfonds und Neuorganisation der Direktion sich anzuschließen und, wenn nicht ein „anständiger“ Ausgleich erzielt würde, bei der Demission zu verharren. „Hon“ berichte ebenfalls, die Minister seien nicht nach Wien gereist, um der Ausgleich auf der bisherigen Basis abzuschließen, sondern un weitere Konzessionen anzustreben, und wenn diese nicht zu æ⸗ zielen wären, auf der Demisston zu verharren.

Schweiz. Bern, 26. April. Das eidgenössische Pot⸗ departement hat, einem Telegramm der „Köln. 3tg.“ zufolse, die Ermächtigung zum Abschluß eines Vertrages mit dn Niederlanden, betreffend Geldanweisungen nach dern ostindischen Kolonien, erhalten. Eine Korrespondenz es Bern im „Journal de Genéve“ macht darauf aufmerksam, daßdie künftige Berner Konferenz vorerst wegen der Gotthad⸗ bahn sich weniger mit der Feststellung neuer Subventionen als mit der Frage zu beschäftigen haben werde, ob das Unternelnen mit der gegenwärtigen Gesellschaft weiter geführt werden Inne oder die Bildung einer neuen Gesellschaft ins Auge zu issen sein werde.

Niederlande. Haag, 21. April. Die Erste Kammer hat seit einigen Tagen ihre Thätigkeit wieder aufgengmen. Vor der Hand aber beschraͤnkt dieselbe sich auf die Benthun⸗ gen in den Abtheilungen. Der Staatsrat, wscher mit der Voruntersuchung der durch die Regieung den Kammern zu unterbreitenden Anträge beauftrag ist hat einen Gesetzentwurf zur Einführung Ber aus⸗ schließlichen Goldwährung vom Finanz⸗Minister erhan. In Folge eines neuen Unwohlseins wird de nig in fich an der bevorstehenden Reise des Königs nich derhauht⸗ stadt nicht betheiligen. Prinz Alexander, d üngste Sohn Ihrer Majestaäten, wird hier im Anfang nächstemtonats von seiner Reise nach Algerien zurückerwartet. In id del⸗ burg starb foeben R. W. Graf von Lijnden, e- Präst⸗

dent der Provinz Zeeland, ein ven allen Parteien (er gehörte zur gemäßigteren konservativen Partei) gleich geachteter Mann.

Großbritannien und Irland. London, 25. April. Gestern eröffnete das Parlament wieder seine Sitzungen; im Unterhause kam abermals die Titelbill zur Sprache; dann theil te der Schatzkanzler mit, es sei eine Rgierungsvorlage zur FKonsolidirung der Zollgesetze in Vorbereitung und er beabsichtige dieselbe im Laufe der Session einzubringen.

Die Dankadresse englischer Geistlichen und Laien an Dr. von Döllinger und die anderen Urheber der Bonner Altkatholiken⸗Konferenz hat der „Pall Mall Gazette“ zufolge nunmehr die Unterschriften von 3620 Geistlichen und 4093 Laien erhalten. Die Zahl der Bischöfe, welche die Adresse unterzeichneten, beträgt bereits 33.

Zu den gestern erwähnten Unruhen auf Barbadoes wird der „E. C.“ geschrieben: Die beunruhigenden Nachrichten, welche das hiesige westündische Comité aus Barbadoes erhalten hat, wurden von den kürzlich hier angekommenen Vertretern der Plantagenbesitzer der Insel, den HH. Phillips und Bruce Austin, sofort dem Kolonialminister mitgetheilt, damit die Re⸗ gierung die nöthigen Maßregeln zur Wiederherstellung der Ord⸗ nung in der Kolonie ergreifen möge. Die offizielle Bestätigung dieser Nachrichten scheint demnach immer noch zu fehlen, und es bleibt die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß in den Tele⸗ grammen an das westindische Comité die Zustände auf der In⸗ sel in all zu schwarzen Farben geschildert werden. Sicher hat aber der Gouverneur von Barbadoes, Pope Hennessy, durch übereifrige Befürwortung eines Konföderationsplanes, der bei der weißen Bevölkerung der Insel durchaus keinen Anklang fand, eine sehr bedenkliche Aufregung der Farbigen gegen die Weißen hervorgerufen. Die Bevölkerung der Insel betrug nach der Volkszählung von 1871 162,042 Personen, wovon nur 16,560 Weiße, alle Uebrigen Farbige, meist Schwarze waren. Zur Bewältigung des Aufstandes sind, laut der „A. LI. C.“, bereits zwei britische Kriegsschiffe, die Schraubenschaluppe „Dryad“ und die Schraubenkorvette „Druid“ von Spanisch⸗ Honduras auf dem Wege und man hofft, daß die Besatzungen dieser beiden Schiffe (362 Mann) im Verein mit dem auf der Insel stationirten 2. westindischen Regiment, welches, mit Aus⸗ nahme der Offiziere, gänzlich aus Negern besteht, im Stande sein werden, die Ordnung wiederherzustellen. Die „Daily News“ will übrigens wissen, daß die leßten amtlich en Nachrich⸗ ten von der Insel beruhigend lauten, die Truppen in die Stadi zurückberufen wurden und keine weiteren Ruhestörungen zu be⸗ fürchten wären. (y9gl. d. Tel.)

An der Grenze des Penschab haben, nach Meldung der „E. C.“, unlängst Scharmützel zwischen britischen Truppen und den Afridies stattgefunden, wobei die Engländer drei Todte und zwei Verwundete verloren. Von Peschawur wur den Truppen zur Vertheidigung von Tscherat abgesandt.

26. April. (W. T. B.) Dem Staatssekretär der Ko⸗ lonien, Carnarvon, sind von dem Gouverneur von Barbadoes weitere telegraphische Nachrichten über die dortigen Vor⸗ gänge zugegangen. Dieselben melden, daß die Ruhe seit dem letzten Sonnabend wiederhergestellt ist. Es wird hinzuge⸗ fügt, daß die Nachrichten über die Ruhestörungen, wie die Militär⸗ Behörden konstatiren, überhaupt übertrieben waren, die Truppen haben keinen Schuß abgegeben und keine Person der weißen Bevölkerung ist von den Negern verwundet worden.

Frankreich. Paris, 25. April. Die Sitzungen der Generalräthe in 60 Departements sind gestern eröffnet wor⸗ den. In den Eröffnungsreden zeigten sich die Präfekten sehr zurückhaltend; ihr Hauptthema war, wie es Hr. Hendls im Auxerre⸗Departement ausgesprochen: „Wir wollen eine gute Verwaltung herstellen; das wird der beste Dienst sein, den wir der Republik leisten können.“

Man ist auch im Allgemeinen mit dieser Zurückhaltung wohl zufrieden, nur die klerikalen Blätter verdoppeln ihre Angriffe gegen die ganze Regierung, namentlich gegen den Unterrichts⸗Minister; die „Gazette de France“, die Union“, das „Univers“ kritisiren noch immer seine in der Sorbonne gehaltene Rede auf das Heftigste, und was sie ihm am meisten vorwerfen, ist, daß er Proiestant ist. „Die Klerikalen, welche mit soviel Eifer alle möglichen Freiheiten fordern,“ sagt die „Indép.“, „zeigen sich sehr wenig achtungsvoll für die Gewissensfreiheit, sie betrachten das Kabinet als irreligiss und klagen dasselbe an, mit den Atheisten und Revolutionären Hand in Hand zu gehen, nur weil es die Rechte des Staates in dem höheren Unterricht vertheidigt!' Dem Verhalten der Regiments⸗ Almoseniers ist jetzt ein Offizier entgegengetreten. Die Almoseniers verbreiten seit einiger Zeit in den Kasernen eine Flugschrift, welche den Titel führt: „Le soldat sans religion“, und in welcher alle Militärs, die den Syllabus nicht anerkennen wollen, beschimpft werden. Dies veranlaßte den Obersten des in Lorient liegenden 62. Regiments zu folgendem Tagesbefehl: „Die Schrift: „Le soldat sans religion“ soll sofort aus den Kasernen beseitigt werden. Der Verfasser hat seinen Zweck nicht erreicht. Es erregt nur Ekel, daß er mit seiner giftigen Feder ein Wesen beschrieb, welches sein kranker Geist sich in einem Anfall von Wahnsinn schuf. Wie konnte ein Mann in einer Weise, wie er es gethan, die französische Uniform schänden? Derselbe weiß nicht, wie achtungswerth eine Armee ist, deren Wahlspruch immer war und sein wird: Gehorsam, Einheit, Geduld, Mäßigung, Aufopferung und Barmherzigkeit. Von heute ab wird hier nach der provisorischen Kapelle des Sacré coeur de Jéèsus auf Montmartre gewallfahrtet, die errichtet wurde, weil es noch längere Zeit dauern wird, bis die Kirche selbst fertig ist. An den nächsten fünf Tagen finden, nach der „Köln. 3.“, die Wallfahrten der verschiedenen Gemeinden von Paris, des Seminars der fremden Missionen, der Schüler der Karmeliterinnen, der Verbindung des „Apostolats des Gebets“ u. s. w. statt; am Sonntag ist die Hauptwallfahrt. Der päpstliche Nuntius pilgert an diesem Tage nach Montmartre. Die Pilger, die sich nach Rom begeben, sind gestern von Paris abgegangen. .

Die Feuerwehr des Chateau d'Cau manöprirte gestern Morgen vor Herrn v. Madai, der von Herrn Voisin, Poligzei⸗ Präfekten von Paris, begleitet war.

Aus Älgier, 25. April, wird gemeldet: General Carteret erhielt Verstärkungen. Die belagerten Au frührer, außer Stande Lebensmittel zu erlangen, werden sich ergeben müssen.

Spanien. Madrid, 26. April. (W. T. B.) Die Cortes haben die drei ersten Artikel der Konstitution ge⸗ nehmigt. Die Budgetkommission hat in Uebereinstimmung mit der Regierung beschlossen, ihren Bericht der Kammer nicht vorzulegen, ohne zuvor mit den Staatsgläubigern konferirt zu haben. Der Prinz von Wales wird sich am nächsten Sonntag nach Lissabon begeben.

Italien. Rom, 26. April. (W. T. B.) In Bezug auf die gestern gemeldeten Veränderungen im diplo⸗ matischen Dienste theilt die Opinione“ mit, daß der Votschafter in Paris, Nigra, selbst seine Ver⸗ setzung an einen anderen Posten beantragt habe und daß der Botschafter in Konstantinopel, Graf Corti, aus⸗ ersehen sei, Nigra in Paris zu ersetzen. Zur Zeit halte aber das Ministerium die Abberufung des Grafen Corti von Konstantinopel noch nicht für opportun, und erscheinen des⸗ halb die Nachrichten über einen Nachfolger des Grafen Corti in Konftantinopel einstweilen noch verfrüht.

(W. T. B.) In der heutigen Sitzung der De⸗ putirtenkammer erwiderte der Minister des Innern, Nicotera, auf eine bezügliche Anfrage, daß er die behufs Auf⸗ hebung der Mahlsteu er beabsichtigte Versammlung in Mantua untersagt habe, weil er Gründe hatte, zu befürchten, daß dabei Unordnungen vorkommen würden. Auf eine weitere Anfrage machte der Minister Mittheilungen über die jüngst in Corato durch die Gemeindesteuern verursachten Unruhen und fügte hinzu, daß die Schuldigen gerichtlich verfolgt würden.

Wie die Turiner „Unita Cattolica“ wissen will, betrachte der Minister des Aeußern, Melegari, die vatikanische Frage als eine europäische Frage, die vermittels eines europäischen Kongresses gelöst werden müsse. Demgemäß sei Melegari ent⸗ schlossen, Vertreter von Oesterreich, Preußen, Frankreich, Spanien und Portugal zu einem Kongreß nach Rom einzuladen. Die „Ital. Nachr.“ bemerken, der Vatikan sei über diese Mittheilung des Turiner Blattes in große Aufregung gerathen, und der Papst habe Don Margotto in Turin durch den Koadjutor des Kardinals Antonelli anfragen lassen, was Wahres an dem be⸗ abfichtigten Kongresse sei.

Griechenland. Der „Pol. Corr.“ schreibt man aus Athen, 16. April: „Der Simonieprozeß, der größte Prozeß, welcher seit dem Bestande des Königreichs Griechenland aus⸗ getragen wurde, dürfte noch ein Nachspiel haben. Die hohe Synode hat die zwei hier anwesenden Erzbischöfe aufgefordert, Athen bis auf Weiteres nicht zu verlassen. Nach den bestehenden Vorschriften müssen die verurtheilten Kirchenfürsten entweder ihrer kirchlichen Würde entsetzt oder einfach abberufen werden. Andererseits erlischt schon morgen die Frist, binnen welcher die drei Erzbischöfe die Geldstrafen zu erlegen haben werden. Sollten sie das Geld nicht auftreiben können, so soll, wie die Blätter wissen wollen, die Schuldhaft über sie verhängt werden.“

Türkei. Aus der Herzegowina, 24. d. M., wird der „Pol. Corr.“ gemeldet: Bei Trnowa Poljana hat gestern zwischen der früher von Ljubibratie und nun von Jakfie befehligten In⸗ surgentenschaar und einem türkischen Detachement ein kleineres Gefecht stattgefunden, wobei die Türken 12 Todte und einige Verwundete auf dem Kampfplatze gelassen haben. Für heute sieht man einem neuen Gefechte entgegen. In Klek sind in den letzten Tagen abermals zahlreiche türkische Truppen ausgeschifft worden. „Ihrem Vormarsche dürften sich, der „Pol. Corr.“ zufolge, „diesmal nur kleinere Insurgentenbanden widersetzen, da das Gros der Insurgenten unbeweglich zwischen Niksie und Krstac den auf eine neue Vorruͤckung sinnenden Mukhtar Pascha observirt und in Schach hält.“

Ueber die Schlacht im Duga⸗Passe erhält das „Wiener Tagblattü' aus Ragusa vom 22. April folgenden Auszug aus einem eigenhändigen Schreiben Lazar Socica's:

Am 13. April marschirten die Türken unter Mukhtar Pascha ge⸗ gen den Duga⸗Paß an. Wir entsendeten Pop Bogdan mit den Zavodjanern nach Krste, damit er die Türken angreife. Ich und Peko stellten uns unter Presjeka im Duga ⸗Passe auf und erwarteten Mukhtar Paschg. Pop Bogdan schlug sich mit den Türken zu beiden Seiten des Duga⸗Passes. Während des 13 und 14. erwarteten ich und Peko Mukhtar bei Presjeka, und er griff uns nicht nur mit den Trup— pen an, welche mit ihm marschirten und Proviant brachten, sondern 26 mit der Besatzung von Presjeka, die Kanonen und Mitrailleusen

atten.

„Wir schlugen uns mit ihnen drei Tage und Nächte ohne zu essen, zu trinken, zu schlafen. Am dritten Tag, das war am Oster— sonntag, griffen uns im Rücken die Bewohner von Nikste mit einem Tabor Nizams an und diese ven Niksie ausgefallenen waren nicht mehr als 15 Minuten von Truppen Mukhtars enlfernt, so daß eine Vereinigung zwischen ihnen und Mukhtar zu befürchten ist. Da mir die Munition beinahe ausgegangen war und da wir sahen, daß wir die Schlacht nicht fortsetzen konnten, besprachen wir uns, daß ein Theil unserer Truppen den Niksicern entgegenrücken, und wir mit blankem Yatagan Mukhtars Verschanzungen angreifen sollten.“

„So jagten wir Mukhtars Schagren ins Verderben und warfen die Niksicer bis Niksie zurück. Wir hatten dabei 330 Türkenköpfe abgeschnitten, und hatten unsererseits 50 Todte und Verwundete.“

Ueber den Aufstand in Bosnien hat die „Pol. Corr.“ unter dem 23. April folgende Nachrichten erhalten: Banjalu ka ist bedroht. Es gelang einer Insurgentenabtheilung, sich bei Prnjavora festzusetzen. Ueber die Stärke dieser Schaar variiren die Angaben. Man schätzt dieselbe auf 600 Mann und soll sie nur die Vorhut eines größeren Insurgentencorps sein. Prnjavora liegt auf der Straße zwischen Brod und Banja⸗ luka und durch die Besetzung dieses Ortes von den Insurgenten ist die Verbindung des Inneren Bosniens mit dieser Grenze vollständig unterbrochen. Zur Rekognoszirung der Stärke des Feindes wurde eine 160 Mann zählende Abtheilung Redifs und Baschi⸗Bozuks gegen Prnjavora entsendet. „In der Nähe dieses Ortes sitießen die Türken auf die Insurgenten und wurden, da sie numerisch zu schwach waren, fast aufgerie⸗ ben. Nur zehn Mann sollen entkommen sein.“ Man will die Wahrnehmung gemacht haben, daß die Insurgenten außer⸗ ordentlich schußsicher sind, was im vorigen Herbste nicht der Fall war. Die türkischen Offiziere behaupten, die Leute müssen den Winter mit Schießübungen zugebracht haben. Andere tür⸗ kische Militärs sind der Meinung, daß man es hier gar nicht mehr mit den „alten“ Leuten zu thun habe; es scheinen vielmehr neue Kämpfer zu sein, die das Waffenhandwerk sehr gut verstehen. Die Schaar Golubs, die mehrere tausend Mann beträgt, hat neuerdings eine Vermehrung an Artillerie⸗Nlaterial erhalten und hat die Be⸗ schießung von Grahowo begonnen. Während Golub hier operirt, gehen die anderen Anführer konzentrisch vor. Die Haupichefs des Aufstandes find jetzt: Grubor, Bilbija, Smil⸗ janiis, Marinkovits, Milanovits, Degpotits, Uzelatz, Radisavlje⸗ vits, Stosan und Golub. Alle operiren nach einem Plane und verfolgen denselben Zweck: so rasch als möglich Serajewo zu erreichen. Die Waldungen um Pounjg beherbergen 1500 Insurgenten, die sich daselbst unter der Anfüũhrung eines gewissen Bajalitza organisiren. Die Türken versuchten die Aufständischen in ihren Waldschlupfwinkeln zu cerniren, „mußten aber gegenüber den zahlreichen, gut bewaffneten In⸗ furgenten diesen Versuch bald aufgeben. Wo sich die Insur⸗ genken nicht halten können, von dort ziehen sie rasch ab, über⸗ liefern aber früher Alles den Flammen. Wie versichert wird, ist

von der Centralleitung des Aufstandes der Befehl ertheilt wor⸗ den, die Dörfer, die v rlassen werden müssen, in Asche zu legen. Zwischen Podowa und Föostainitza sieht man allnächtlich Feuersäulen aufsteigen. In dem erwähnten Distrikte sellen bei 100 Dörfer in den letzten Tagen in Flammen aufgegangen sein. Fast im ganzen Umkreise von Grmetz fanden zwischen dem 19. und 22. bedeu ende Kämpfe statt. Auf diesem günsti⸗ gen, waldumsäumten und hügeligen Terrain wur en bei 2000 In⸗ surgenten organisirt und bewaffnet. Ein Regiment Nizams, verstärkt von 600 Redifs und 400 Baschi⸗Bozuks, rückte in Eil⸗ märschen aus Serajewo heran und warf sich ungestüm auf die Insurgenten. Diese, den Türken an Zahl überlegen, hielten Stand und warfen dieselben zwei Mal zurück. Die Türken ver⸗ loren bei 220 Mann an Todten und Verwundeten und schickten sich am 22. Abends zum Rückzuge an. „Die Türken“, bemerkt die „Pol. Corr.“, haben das Unglück, daß ihre Truppenmacht fast überall in unzureichender Stärke auftritt und daher nur selten etwas ausrichtet, was natürlich zur Erböhung des Muthes der Insurgenten beiträgt und in Folge dessen letztere sich geradezu für unbesiegbar halten.“

Gleichzeitig wird auch bei Prije dor gekämpft. Dieser Ort ist von Schanzen umgeben und da die Insurgenten hier keine Kanonen führen, dürfte denselben die Einnahme nicht so leicht werden Die Türken aus der Umgebung von Prijedor flüchteten sämmtlich in die Stadt und vermehrten zwar dadurch die Zahl der Vertheidiger, ohne jedoch die Vertheidigung dadurch zu stärken, indem die sehr geringen Vorräthe an Mehl, welche sich in den „Dutschans“ efinden, sehr bald zur Neige gehen und dann die Leiden einer proviantlosen belagerten Stadt be⸗ ginnen dürften. Eine Oka (26 Pfund) Weizen kostet in Pri⸗ jedor bereits 100 Para (gleich 20 Kr), während sie noch vor Kurzem um 30 bis 35 Para überall erhältlich war. Auch der Travniker Kreis, wo nicht nur die katho⸗ lische Bevölkerung sehr zahlreich, sondern auch die maßgebende ist, wurde von der Bewegung ergriffen. Dort steht ein Francis⸗ caner, Frater Franjo, an der Spitze. Man erwartet stündlich einen Zusammenstoß bei Travnik selbst, wohin eine starke Ab⸗ theilung Insurgenten gezogen ist. Die bosnischen Katholiken sind wohlhabend und fehlt es ihnen nicht an Waffen. Sollte es ihnen daher gelingen, Travnik in ihre Gewalt zu bekommen, dann wäre, wie sich der Gewährsmann der „Pol. Corr.“ aus⸗ drückt, „auch das Schicksal von Serajewo besiegelt“. Die Türken haben am 19 einen Versuch gewagt, Unatz wieder zu gewinnen. 1500 Redifs und Baschi⸗Bozuks näherten sich dem Orte und griffen ihn von zwei Seiten an. Sie wurden jedoch zurückgeschlagen. Dabei ist aber der Ort fast ganz in Flammen aufgegangen. Der Kampf dauerte zwei Stunden und endigte mit dem Rückzuge der Türken, die 27 Todte auf dem Kampfplatze zurückließen.

Rumänien. Bukarest, 26. April. (W. T. B.) Die außerordentliche Session der Kammer wird morgen durch den Minister-Präsidenten Floresco im Namen des Fürsten eröffnet werden.

Amerika. Mexiko. Einer Korrespondenz der „Morning Post“ aus Mexiko zufolge erstreckt sich der herrschende Auf⸗ stand über zwölf Staaten der Republik und sollen die Auf⸗ ständischen in allen Provinzen 20 000 Mann stark sein, während die Regierung über 24,000 Mann reguläre Truppen und S000 Mann Miliz verfügt. In Mexiko selbst wäre man (der angeführte Brief trägt das Datum des 16. März) ziemlich gleich gültig gegen die ganze Bewegung. Uebrigens soll den Auf— ständischen jeder feste Zusammenhalt und eine einheitliche Leitung fehlen.

Afrika. Aegypten. Kairo, 26. April. (W. T. B.) Wie aus Massnah hierher gemeldet wird, haben die ägyp⸗ tischen Truppen in Abessynien den Rückmarsch nach Aegypten angetreten. Dieselben werden demnächst eingeschifft werden.

Kunst, Wissenschaft und Titeratur.

Berlin, 27. April. Der diesjährige Chirurgen-Kongreß wurde am Sonnabend geschlossen.

Piofessor Palmieri hat ein vom 19. April datirtes Schrei⸗ ben an die neapolitanischen Blätter gerichtet, worin er die zahlreich an ihn gestellten Anfragen, ob ein größerer Ausbruch des Vesuvs bevorstehe oder nicht, mit der Bemerkung zurückweist, daß er wohl der Beobachter, nicht aber der Prophet des Vesups sei. Seit dem großen Ausbruche vom Jahre 1872 sei der Berg bis zum Dezember des verflossenen Jahres in vollkommen ster Ruhe geblieben. Zu An fang dieses Monats aber habe sich im Innern des alten Kraters eine Bodensenkung gebildet, wie dies vor dem Ausbruche im Mai 1855 auch im Dezember 1854 der Fall gewesen sei. Am 18. Dezember verflosse nen Jahres verwandelte fich die Bodensen kung in einen thätigen Krater, der mit großer Gewalt Rauch- und Aschensäulen hervorstieß. Beim Hinabblicken in den inneren Heerd dieses neuen Schlundes ge— wahrte man auch Flammen, welche die Rauchsäulen durchzuckten. Seitdem haben mehrfach Aschenregen stattgefunden, welche sehr schäd⸗ lich auf die Vegetation der nächstgelegenen Bodenflächen einwirken, der Beobachtung aber nichts Außergewöhnliches darboten. Ob die Neugierigen das Schauspiel der sich ergießenden Lavaströme mit ihren glühenden Flammenbomben genießen werden, getraut Palmieri sich nicht zu entscheiden. Der Seismograph freilich zeige eine zunehmende Er—⸗ regung, was wohl nach den bisherigen Erfahrungen auf einen bevor— stehenden Ausbruch schließen lassen würde.

Die Bibliothek des British⸗Museum wurde im ver⸗ flossenen Jahre um 36,786 Werke und Broschüren, darunter 27,293 durch Ankauf bereichert. Im Departement für Kupferstiche und Zeichnungen wurden während des Jahres 128561 Acquisitionen ge⸗ macht, die wichtigsten darunter durch Ankäufe bei der Versteigerung der Galichonschen Kollektion in Paris. Das Museum wurde im verflossenen Jahre ven 5233317 und der Lesesaal für Zwecke des Studiums oder der Forschung von 105,310 Personen besucht.

Der „‚Courrier de Lyon meldet, daß M. Stewart, der reiche, jetzt verstorbene amerikanische Industrielle dem Musée de LénXxem- bourg in Paris das berühmte Bild von Meissonnier, 1807, das er erst im vorigen Jahre für 300,000 Fr. gekauft, vermacht habe.

Gewerbe und Handel.

Aus dem Geschäftsbericht der Berlin - Anhaltischen Eisenbahn-Gesellschaft theilen wir felgende Deten mit: Die Einnahmen betrugen 16, s70, 949 S6 (— 3965 302 6 gegen 1874). Da—⸗ von fallen auf Zinsen aus dem Neubaufonds für die Gelder, welche auz bem Ertrag der von 1874 an bereits dividendeberechtigten Aktien entnommen sind für die Zeit bis zur Fertigstellung der dafür herge⸗ stellten Anlagen 361,461 M (— 383,438 M); Nebeneinnahmen N7, 716 M0 (566,424 66 als Folge von Buchung änderungen, nament⸗ lich betreffs der Wager miesheß; Personenverkehr 5,617,595 C 175,137 1M; Gnterverk hr 8917 155 M (— o,o c). Von der Einnahme wird verwendet für Dividende 4170750 (268.000 A) ; für Eisenbahnstener 420,468 M (— 65, 000 M ; für

Prioritäten 1275, 00 M6. (unverändert,; für Erweiterung der Bahn-