1876 / 102 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 29 Apr 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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tenen Einwände für nicht stichhaltig erklären und behaupten, daß kein hinreichender Grund vorhanden sei, warum das An⸗ klageverfahren inhibirt werden sollte.

Aus Costa Rica wird der A. A. C.“ gemeldet, daß Señor Esquival zum Präsidenten dieser Republik gewählt wurde. Die New⸗JYJorker Zeitungen vom 26. d. Mts. ver⸗ öffentlichen Telegramme, wonach ein Krieg zwischen Sal⸗ vador und Guatemala ausgebrochen wäre, in den auch Honduras verwickelt werden dürfte.

Reichstags⸗Angelegenheiten.

Königeberg i. Pr. 28 April. (W. T. B.) Nach amtliche⸗ Mit⸗ teilung ist kei der am 24. d. im 4. Wahlkreise des hiesigen Regierungs⸗ bezirts (6. ndtreis Königsberg, Kreis Fischhaule⸗) stattgehabten Er⸗ satzwabl en Stehe des Ruterguie besitz'ns Siezfried, welcher sein Mandat niedergelegt hat, der Gutsbesißer v. d. Goltz auf Kallen,

Kreis Fischhausen, mit einer ableluten Maioritẽt von 5 Stimm mn zum Reichstagsabgeordaeten gewählt worden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

In der Sitzung der Akademie der physischen und Moralwissenschaften, welche am 24. auf dem Kapitol zu Rom abgebalt n wurde, machte Prof. Mommsen den Vorschlag, mit Hůlfe aller Archäclogen, der Academie des Sciences und der italie⸗ nischen Regierung eine neue verbesserte und vervollkommnete topo- graphische Beschreibung des alten Rom herauszugeben. Sin Vorschlag wurde einstimmig angenommen.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Wiesbaden, Sonnabend, 29. April. Se. M aje stät der Kaiser hielt heute Morgen eine große Parade über die hiesige und Biebricher BSarnison, welche jedoch

in Folge eines sehr heftigen Gewitterregens früher be⸗ endigt wurde. Des ungäünstigen Wetters wegen ist auch die projektirte Korsofahrt abgesagt. Anläßlich des heutigen Geburtstages des staisers von Rußland findet heute ein großes Diner bei Sr. Majestät statt, zu welchem die hier weilenden FJürstlichen Gãste, sowie Mitglieder der hiescgen russischen Kolonie Einladungen erhalten haben.

Pest, 29. April. Der „Pester Korrespondenz“ wird aus Wien gemeldet: Der ungarische Ministerrath, zu welchem auf Einladung Tisza's auch die Minister v. Trefort, Szenda, v. Pech und Bedelovies eingetroffen waren währte bis spãt in die Nacht und wurde heute Morgen fortgesetzt. Um 106 Uhr früh begab sich Tisza zu dem Grafen Andrassy, um diesem das Ergebniß der internen Berathung mitzutheilen. Nach. mittags werden die Minister Trefort und Pechy nach Pest zurück⸗ reisen, die übrigen bleiben vorläufig hier.

Berlin, den 29. April 1876. Königlich Preußische Lotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute beendigten Ziehung der 4 Klasse 153. Königl. Preuß. Klassenlotterie fielen: =

Der erste Hauptgewinn à 450900 60 auf Nr. 64,936.

1Lẽ Sewinn à 900090 6 auf Nr. 13137.

3 Gewinne à 15.0900 6 auf Nr. 13.877. 31,604. 52, 169. * 3. Gewinne à 6000 MS auf Nr. 50 827. 79,833. 80746.

44 Gewinne à 3000 S auf Nr. 1939. 3035. 5030. 5971. 8069. 10,109. 11,695. 12,249. 13,219. 15,863. 16,924. 17,18. 18,856. 20,455. 21.800. 23,409. 28,248. 29, 0904. 29,369. 30,201. 32.588. 36,954. 41,609. 42,7092. 45,186. 45,362. 47,A,703. 48,290. 51,515. 52,314. 55, 385. 57.73. 57,846. 63,749. 65,339. 67,504. 70.569 71,870. 73,749. 76,818. 77,131. S1, 504. S5, 704. S9, 407.

46 Gewinne à 1500 S6 auf Nr. 281. 5728. 7734. S343. 13,638. 13,840. 14. 439. 16, 254. 22,292. 22,784. 25,024. 27, 448. 28. 564. 28, 572. 28, 698. 29, 288. 30,436. 30, So7. 32078. 35,012. 353724. 35, 823. 38, 444. 46, 88. 48,613. 51, 433. 51, 934. 53,B971. 53. 407. 53 503. 55,968. 56.514. 59, 593. 60, 203. 61, 142. 63,554. 63. 911. 64,583. 67, 744. 72, 588. 74,302. 78, 536. S5, 246. 88,273. 91,934. 94,234.

1 Gewinne à2 600 S6 auf Nr. 1641. 2010. 2093. 2354. 2986. 7333. 7472. S015. S367. S972. 9318. 10360. 10401. 12,717. 13,114. 15,086. 15,I51. 16,903. 17,354. 17,958. 18,727. 19,602. 20,838. 21,101. 23 S850. 23,910. 25498. 27,756. 28,264. 29, 708. 30,375. 31,622. 32728. 33,760. 343333. 35,978. 36,256. 36313. 36,381. 36.382. 36,429. 39,141. 40, 284. 40,325. 41,529. 44,943. 44967. 47321. 49124. 49, Sw09. 50,199. 54.495. 54, 522. 55,528. 56,285. 56.456. 56,656. 57,153. 57,747. 59, 857. 60241. 60,496. 62,825. 64,043. 64,673. 65,213. 66,380. 69 468. 70.106. 70289. 74289. 74 369. 76,163 76, 802. 82,673. 84,317. 89, 484. g0, 972. 92,273. 92,406. 93,949.

Das deusche Gewerhemusaum hielt am Freitag Abend nnter Vorsitz des Prefessor Gropius seine diesjährige Generalver sammlung ab. Bei der zurächst vorgenommenen Neuwahl von vier Vorstands mitgliedern wurden die ausscheidenden: Herzog ron Ratibor, S. Elster, A. Ewald und Historienmaler von Heyden durch Akklamation wiedergewählt. Dem sodann von Hin. Direktsg Grunow erstatteten Jahresberichte entnehme wir, Faß das deutsche Gewerbemu seum im ver flossenen Jahre sich wie früher der Gunst der Kronpiinz— lichen Herrschaften, des Handels. Ministers, der städtischen Behörden und seiner zahlreichen Gönner zu erfreuen gehabt hat. Die Lokalfrage ist freilich durch den Beschluß des Abgeordnetenhausks, ein Polytech⸗ nmikum auf dein für das Gewerbemuseum bestimmten Platz an der verlängerten Zimmerstraße zu erbauen, wieder in weite Ferne gerückt. Die Zahl, der Jahresmitglieder hat abgenommen, sie fiel von 415 auf 368, so daß es nur durch den von 54. 000 auf 84,000 6 erhöhten Staatezuschuß und durch die städtische Friedrich Wilhelm stiftung möglich gewesen ist, den Aufgaben der Anstalt nach allen Seiten hin gerecht zu werden. Die Sammlung des Museums hat einen äußerst erfreulichen Zuwachs erfahren durch die vor Kurzem er— folgte Ueberweisung ven 6500 Nummern der Königlichen Kunst— kammer im Werthe von 14110000 M Außerdem ist die Sammlung um 7090 Nummern vermehrt worden. theils durch Geschenke, theils durch Ankäufe aus eigexen Mitteln; zu letzterem Zwecke sind 15 961,K1 66 verwandt worden. Tie Gipsahgüsse haben sich um 138 vermehrt. Die Ausstellung neuer Industrie Erzeugnisse hat beschränkt werden müssen da an deren Stelle eine reiche Sammlung japanischer Sachen dem Publikum zugängiich gemackt ist; von letzteren wird ein großer Theil in die Sammlungen des Museums übergehen. Der Besuch der Sammlung ist ebenfalls wiederum im Abnehmen gewesen. Die Bibliothek ist durch einen Zuwachs von 500 Bänden nunmehr auf 2100 Bücher gebracht worden; Abbildungen besitzt das Museum 7600. Unterrichtsvorlagen 1500. Besucht wurde die Bibliothek von 18.060 Personen. Die Unterrichtsanstalt ist im verflessenen Jahr peu organisirt worden. Es wurden im Ganzen ausgegeben 1634 Untertichtskarten gegen 1913 im Vorjahre. Außerdem sind 3 Ge⸗ meindelehrer⸗ Kurse mit zusammen 69 Lehrern und Lehrerinnen abge— halten Die Zahl der Freistellen ist verdoppelt worden und außerdem der Vorstand durch die Munifizenz des Handels-Ministers in der Lage gewesen, 50 Schülern der Kompesitionsklassen Stipendien in Höhe von hh0 50 6 zu 3Zewähren. Endlich haben mit staat · licher Unterstützung eine Anzahl in der Anstalt ausgebildeter Stuben maler unter Hislorienmaler Meurers Leitung eine Studienreise nach Italien unternehmen können. Im Ganzen estehen gegenwärtig 13 Vorbereitungsklassen und 4 Kompositiensklassen, in denen 14 Lehrer unterrichten. Die Einnahmen der Anstalt beliefen sich auf 9030 , die Ausgaben dagegen auf 29, 00 4 Das Museum hat auch im verflossenen Jahre eine bedeutendere Anzahl Gipsabgüsse und Photographien umgesetzt.

Die von der Deut schen Seewarte zu Hamburg mit den Wetterberichten ausgegebenen Wetterkar ken, welche den Luftdruck, die Lufttemperatur und die Niederschläge, die im mittleren Europa herrschen, täglich in graphischer Darstellung anzeigen, haben sich zu— nehmender Verbreitung zu erfreuen. .

Die Karten sind so gingerichtet, daß das geübte Auge mit einem Blick das Verhalten der Atmosphäre durch den angegebtnen Barome— terstand, den Wind nach seiner Richtung und Staͤrke, endlich die Temperatur, sowie das Verhältniß des bedeckten zum unbe— wölften Himmel übersehen kann, und so eine klare An⸗ schauung der Wetterverhältnisse fast das ganzen Welttheiles i . Diejenigen Orte, welche einen gleichen Barometer tand haben, sind durch Linien, sogenannte Isebaren verbunden, ebenso die Orte gleicher Temperatur durch Isothermen. Die Richtung des Windes wird durch Pfeile angedeutet, deren Beftedernug ie Stärke desselben durch eine Anzahl Striche ergiebt.

Die Orte, von welchen die Berichte täglich an die Seewarte auf telegraphisckem Wege eingehen, sind durch kleine Kreise markirt und das Verhältniß des bedeckten Himmels durch schwarze Quadranten angegeben. Bei ganz klarem Wetter ift der Kreis weiß, bei 4 be⸗ decktem Himmel ist ein Quadrant desselben schwarz, bei ganz bedecktem . ist der ganze Kreis schwarz. Ebenso sind für Regen, Schnee,

agel, Windstille, besoꝛ dere Zeichen eingeführt, welche sämmtlich auf

den Wetterkarten selbst in erläuterter Weise angegeben sind. Außer dem wird noch täglich ein Resumeé der allgemeinen Uebersicht der Witterung für Europa, sowie der Quantität der an den einzelnen Stellen gefallenen Negenmenge in Millimetern mitgeth ilt.

Die morgen auf der Rennbahn zu Hoppegarten beginnen den Frähjahrs-Pferderennen versprechen ebenso interessant als mannigfaltig zu weiden. Die Bahn, welche in diesen Tagen voneder Direktien in eingehender Weise besichtigt worden, befindet sich in durchweg befriedigendem Zastande, ebenso auch die übrigen Einrich⸗ tungen. Die morgen (Sonntag) stattfindenden Rennen, fünf an der Zahl, sind sämmtlich gut besetzt. In dem Eröffnungsrennen um den Staatspreis von 1500 S stad 9 Pferde angemeldet, darunter zwei Blue⸗Gown⸗Nachzuchten, deren Debüt in diesem Jahre überhaupt in umtangreicherem Maaße sich zeigen wird. Ja dem Preis von Dalwitz (Staatspreis i805 „M) werden 7 Pferde kon⸗ kurriren. Zu dem Staatspreis IV. Klasse von 15090 A find 3 Pferde angemeldet, während drs Begrüßungs - Han⸗ dicap wiederum 7 Pferde angenommen haben. Den Schluß des Tages wird sodann die Effenberg-Steeple⸗Chase (Staate⸗ preis 1300 6) auf eine Distanze von 4000 Meter bilden, zu welcher 7 Pferde angemeldet sind. Der Abgang der Extrazüge vom 2st bahnbof erfolgt um 1 Uhr 265 Min, 1 Uhr 45 Min. und 2 Uhr 15 Min, und die Rennen beginnen um 3 Uhr Nachmittags.

Vom Kunstmarkt. Am Montag, 1. Mai und am folgenden Tage von 10— 2 Uhr gelangt im Lepkechen Kunstauktionslokal eine Sammlung von Kupferstichen zur Versteigerung, die, aus 406 Num- mern bestehend, namentlich eine reiche Auewabl von Blättern nach klassischen Meistern allein mehr als 109 Stiche nach Rafael darbietet. Unter den Stechern sind neben Desnoyers, Wille, G. F. Schmidt, Steinle, Mandel, Bartolozzi, Sharpe, Strange, Woollet u. A. vorzüglich die neueren italienischen Meister, R Morgzehn, An—= derlonc, Folo, Garavaglia, Longhi, Toschi 2c. in meist guten, zum Theil vorkrefflichen Abdrücken vertreten. Am Mittwoch, 3. Mai, schließt sich hieran die Versteigerung einer anderen, nicht minder be⸗ achtenswerthen Sammlung, in der zum Theil dieselben Meister, na⸗ mentlich Desnoyers, Morghen, Wille, Volgato und Toschi (mit sei⸗ nen Arbeiten nach Correggio), sowie außer ihnen Schelte à Bolswert besonders reich und in gewählten Abdrücken erscheinen Daneben verdtent ein Avant la lettre von Müllers Sistina besonders hervor= gehoben zu werden. Ein Anhang des Katalsgs, der im Ganzen 217 ztummern umfaßt, weist eine Reihe von Blättern älterer Meister der deutschen und niederländischen Schulen nach.

In Stettin besteht seit einigen Jahren ein Verein aus Kaufleuten und Handlungsgehülfen, welcher sich die Aufgabe gestellt hat, jungen Kaufleuten das Fortkommen in trans atlan⸗ fischen Hasdelsplätzen zu erleichtern und durch fortdauernde Korrespondenz mit ihnen die Kenntniß der kommerziellen Verhältnisse sener Lander und auf diese Weise den Handelsverkehr Stettins mit ihnen indirekt zu fördern. Aus dem 4. Jahresbericht die ses Vereins zur Förderung überseeischer Handelsbeziehunzen ergiebt sich, daß der⸗ selbe eine vieise itige und anregende Wirksamkeit entwickelt. Die Mit⸗ gliederzahl belief sich Ende 1575 auf 197 Chefs kaufmännischer Geschäfte und 131 Handlungsgehnllfen. Die Beiträge der Chefs zur Kasse werden für das Jahr 1876 auf 7864 16 angegeben, wäh⸗ rend die Handlungsgehülfen ein Honorar für Unterricht, den der Verein ebenfalls veranstaltet, und als Mitglieder 2530 6 zahlen. Dem Vereine gehören auch 19 kaufmännische Häuser im Auslande, gioßentheils in transatlantischen Ländern an. Auf gestellten Antrag werden vom Vereine an junge Leute, welche in transatlantische Länder gehen wollen, Stipendien ertheilt, welche es ihnen ermöglichen, die Kosten des ersten Aufenthalts bis zur Gewinnung eines Engagements in transatlantischen Ländern zu bestrelten. Später werden diese Gelder meist wieder zurückgezahlt. Gegenwärtig liegen vier Anträge auf Er theilung solcher Stipendien ver, und Zwar für Reisen nach Valparaiso, Marocco, Capstadt und Austalien. Die jungen Leute bethätigen ihrerseits das Interesse an dem Verein da⸗ durch, daß sie in Korrespondenzen an den Verein die von ihnen erlangte Kunde der Handels verhältnisseů des betreffenden Landes mittheilen und gelegentlich auch Waaxenproben einsenden. Das neutste Heft enthält solche Berichte aus Rio Santos, Bombay, Potost, Batavia, Singapore und Port Said. Der beigefügte Bericht uͤber die Lehrthätigkeit und kommerziellen Bildungs mittel ergiebt, daß dieser Theil der Wirksamkeit des Vereins vorzugsweise als eine Vor— schule für Diejenigen, welche in transatlantische Länder gehen wollen, zu betrachten ist. Es wird Unterricht im Englischen und Spanischen ertheilt und fodann werden Vorträge in deutscher und englischer Sprache über versckiedene mit dem Handel direkt oder indirekt in Beziehung stehende Themata gehalten. Unter letzteren ist die Geo— graphie besonders reich vertreten. Ueber die gehörten Vorträge reichen die jungen Leute dem Vortragenden Aufsätze ein. Der Verein besitzt auch eine Bibliothek.

Die Zweite württembergische Kammer hat am 27. April mit großer Mehrheit für die Feier des 40 jährigen Jubiläums per Universität Tübingen, welche am 98.—11. August 1877 stattfinden soll, 50, 000 M bewilligt.

Am Dienstag, den 25. d. Mts. waren es 10 Jahre, daß Graf Tolßstoi die Leitung des 5ffentlichen Unterrichts in Ruß- fand übernommen. Der „Herold“ bespricht aus dieser Veranlassung den großen Aufschwung, den das Unterrichts wesen in dieser Zeit ge⸗ nommen hat: 1866 befaß das Reich 8 Universitäten, jetzt 18; damals 123 Knabenschulen, jetzt (gegen Ende d. J. 1875) 326, und zwar 133 Gymnasien, 69 Progymnasien, 53 Realschulen, 11 Fachschulen und 60 Seminare, statt der vor 10 Jahren vorhandenen 94 Mädchen- schulen beftehen jetzt nicht weniger als 66 Gymnasten und 148 Pro⸗ grmnasien für junge Mädchen. Diese Vermehrung, sagt der „Herold“, rührt daher, daß das Bedürfniß des Unterrichts sich immer alfgemeiner fühlbar mache, und der Zuwachs der Knabenschulen sei eine Folge der allgemeinen Dienstpflicht. Diese aber sei wieder unmöglich gewesen ohüe solchen Zuwachs der mitileren Schulen. Aber auch die Leistungen der Unterrichtzanstalten sind seit der Zeit gestiegen. Die Mittelichulen, der Elementar Unterricht sind sehr gehoben worden. Aus 9 Seminaren haben sich 60 ent⸗ wickelt, und noch ist diese Zahl ungenügend, um allen Nach⸗ Larglamer steigt die Zahl der Volksschulen, aber es sind Maß— regesn ergriffen, hier wirksam nachzuhelfen, namentlich durch die Er⸗ richtung von Schul—⸗Inspektionen, welche im Schulwesen erfahrenen Männern uͤberfragen werden sollen. Der Artikel des Herold schließt

mit dem Wunsche: Der An ang zur Vollziehung der Reformen ist

gläcklich gemacht mögen dieselben nun so fortgeführt werden, und noch lange von demselben Leiter!

Aus Kopenhagen eingegangenen Nachrichten vom 28. April zufolge wäre in der Nähe des Leuchtfeuerschiffes Falster bo“ ein deutfcher Schooner von dem englischen Dampfschiffe „‚Lindes⸗ farne“ übersegelt und sogleich gesunken. Die Besatzung des Schooners wäre, mit Ausnahme eines Matrosen, welcher nicht mehr gerettet werden konnte, von dem englischen Dampfschiffe aufgenommen und in Helsingör ans Land gesetzt worden.

Die ‚Nowoje Wremja“ bespricht das Projekt der Ver- einigung des Kaspischen Meeres mit dem Schwarzen und Asowschen in Veranlassung der Ankunft des Amerikaners Henry Curtis Spalding in St. Petersburg, eines der Erbauer der trans⸗ atlantischen Eisenbahn, welcher dicses Projekt zur Ausführung zu bringen wünscht. Das Blatt bringt dabei eine historische Skizze der schon früher in dieser Beziehung gemachten Projekte, aus denen er⸗ sichtlich, wie die Frage einer Vereinigung des Kaspischen mit dem Schwarzen Meere nichts Neues in Rußland sei. Diese Frage sci nach allen Seiten hin genau durchforscht worden und hätte schon am 29. Ottober 1859 zu der Entscheidung geführt: „das Projekt eines direkten Wasserweges zwischen dem Kaspischen urd dem Asowschen Meere mittelst der Flüsse Manytsch und Tuma auf sich beruhen zu lassen. Gegenwärtig sei nun diese Frage in einem noch großartigeren Plane wieder aufgetaucht. Ohne sich mit einem Kanal zu begnügen, wolle man die Meeresfläche des Schwarzen und Kaspischen Meeres unter gleiches Niveau briagen, somit einen bedeutenden Theil der am Kaspischen Meer gelegenen Steppen unter Wasser setzen, wie dies auch in Bezug auf die Sahara geplant würde.

Nach den Messungen von Fuß, Sabler und Ssawitsch betrage die absolute Höhe des Niveaus des Kaspischen Meeres 85 Fuß weniger als das Niveau des Asowschen Meeres. Dieses Meer befindet sich auf einer immensen Steppenfläche, selbst tiefer als die Meeresfläche des Ozeans. Wenn diese ganze umgebende Steppenausdehnung unter Wasser gesetzt würde, so müßte, bei fraglichem Nutzen in klimatischer Hinsicht und für die Schiffahrt, der daraus erwachsene Nach⸗ theil ein unberechenbarer sein. Es genüge, darauf hinzuweisen, wie Astrachan mit seinen 48000 Einwohnern davon berührt wer⸗ den müßte; an den Ufern des Kaspischen Meeres befänden sich außerdem mehr als 700 Salzseen, aus denen jährlich 9 Mill. Pud Salz gewonnen würden, alles das müßte auf dem Meeres- grunde begraben werden. Der Fischfang in der Umgegend von Astra⸗ chan beschäftige jährlich 60, (00 Menschen, und der daraus erzielte Gewinn beziffere sich jährlich auf 8 Millionen Rubel. Wovon sollten diese Ärbeiter leben, wenn die Katpische Steppe unter Wasser gefetzt würde? Was sollte aus der Rostow-Wladikawskes-Eisenbahn werden, mit den so, 000 Kalmücken, welche jetzt die Gouvernements Astrachan und Stawropol bewohnen? Der unternchmende Ameri⸗ kaner müsse alle diese Konsequenzen nicht vorausgeschen haben, oder sich vorstellen, daß die russische Steppe am Kagpischen Meere dasselbe wie die Wüste Sahara sei.

Ebenso wenig glücklich, meint das Blatt, sei die projektirte Ab—= leitung des Laufes des Don in die Wolga. Diesen sehr vꝛrlockenden Gedanken habe schon Peter der Große gehabt, welcher aber die Wolga in den Don lenken wollte, In jener Zeit seien die Nipel⸗ sirungen dieser Flüsse noch nicht bekannt gewesen, daher sei die Aus⸗ führung möglich erschienen; von Herrn Spalding werde ersteres Pro⸗ jekt aufgeftellt und dabei als Beispiel auf den Fluß Chicago hinge wiesen, welcher gegenwärtig sich in den Illinois erzieße und durch den Mississippi in den mexlkanischen Meerbusen auslaufe statt in den Meerbusen des h. Laurentius. Aber obiger Plan sei unausführbar, weil, wenn man den Don und den untern Theil der Wolga in einen Meereskanal verwandelte, die Süßwasserqualität dieser Flüsse zerstört werden würde und damit zugleich jeder segensreiche Einfluß auf das umliegende Gebiet, ohne dabei noch der Folgen einer Erhöhung des Niveaus des Kaspischen Meeres zu gedenken.

Theater.

Bei der pielseitig gewünschten Wiederaufnahme von „Die Reise um die Welt in 80 Tagen“ im Väctoria⸗Theater am Sonntag, ist es von besonderem Inkeresse, daß Hr. Direktor Emil Hahn den Phileas Fogg spielt.

Ein statistischer Rückblick auf die bisherigen Aufführungen der Salingré'schen Posse: „Die Reise durch Berlin im Friedrich= Wilhelmstädtischen Thegter stellt fest, daß Frl. Schmidt, so—⸗ wie die Ho. M. Schulz, Swoboda, Hagen, Brandt, Guthery und Broda ununterbrochen in den bereits am vergangenen Freitag erreichten IG Vorftellungen thätig waren, während Hr. Bollmann 93 Mal, Fil. Meinhardt 60 Mal und Frl. v. Csepesanyi 36 Mal bis zu dem erwähnten Zeitpunkt mitwirkten.

Die Dekorationen zu dem durch die Meininger Hoftheater ⸗Gesellschaft zur Aufführung kommenden Kleist— schen Schauspicll: Das Käthchen von Heilkronn sind aus dem Atelier des Kaiserlichen Hofmalers Lehmann in Pest und sollen, wie Augenzeugen versichern, brillant in, der Aus stattung und mit wahrhaft künstlerischem Geschmack ausgeführt sein.

Ein Gleiches gilt von den Kestümen, die, wie immer, nach histo—

rischen Gemälden und sonstigen geschichtlichen Ueberlieferungen an⸗ gefertizt sind und im Verein mit den aus Paris bezogenen Waffen und Rüstungen ein, treues Bild der romantischen Ritterzeit veranschaulichen. Die neuen elektrischen Apparate, von Bähr in Dresden konstruirt, unterstützen die von dem Qbermaschinen⸗ meister Carl Brandt aus Daimstadbt eingerichtete Maschinerie in sberraschendster Weise. Uedrigens wird Berlin in den nächstfolgenden Jahren auf den Besuch der Meininger Gäste verzichten müfsen, da dieselben, vorläufig im nächten Frühjahr, einem Rufe nach London folgen, wohin sie zu einem längeren Gastspiel geladen sind.

Dora Friese aus Wien beginnt morgen Sonntag im Wol⸗ ters dorff⸗Theater ihren Gastspiel⸗Cyclus mit dem Gãärtnerschen Genrebilde „Großpapa und Enkelin“ und der Durch Frl. Gallmayer bekannten Biftnerschen Posse „Eine gebildete Köchin. Vom Per. sonal des Woltersdorff Theaters gelangt hierzu Görlitz Schwank. „Eine vollkommene Fcan“ und das altkewährte Kalisch Weirauch che Liederspiel „Herrmann und Dorothea“ zur Aufführung, in welch Netz terem Hr. Direktor Thomas die Rolle des Lehrjungen Arigust spielen wird.

Redactenr: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kesseh. Druck! W. El gner. Fünf Beilagen. leinschließlich Böͤrsen Beilage).

Berlint

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

3 102.

Berlin, Sannabend, den 29. April

Dentsches Reich.

Bekanntmachung.

Postdampfschiffverbin dungen mit Dänemark und Schweden.

Die zur Postbeförderung dienenden Dampfschiffverbindungen mit Dan ce el und Schweden gestalten sich bis auf Weiteres, *. folgt:

Linie Kiel-Korsoer. Die Fahrten finden in beiden Rich= tungen täglich statt. Abgang aus Kiel: um 12 Uhr 390 Minuten Nachts nach Ankunft des Schnellzuges aus Hamburg. Ankunft in Kor soer: am nächsten Morgen nach 7 Uhr, zum Anschluß an den ersten Zug nach Kopenhagen; Ankunft daselbst um 10 Uhr 40 Mi—⸗ nuten Vormittags. Abgang aus Korsoer: um 10 Uhr Abends nach Ankunft des letzten Zuges von Kopenhagen. Ankunft in Kiel: am nächsten Morgen nach 5 Uhr zum Anschluß an den ersten Zug nach enn

Linie Stralsund⸗Malmçe. Die Fahrten finden vom 1. Mai bis Ende September in beiden Richtungen dreimal wöchentlich statt, und zwar aus Stralsund jeden Montag, Mitt- woch und Freitag, aus Malmoe jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend. Abgang aus Stralsund: mit Tagesanbruch. An kunft in Malmoe: an den betreffenden Tagen Mittags zum An⸗ schluß an den Schnellzug nach Stockholm. Abgang aus Malmee: 1 Uhr früh. Ankunft in Stralsundz an den betreffenden Tagen Vormittags zum Anschluß an den 12 Uhr 45 Minuten nach Berlin abgehenden Cisenbahnzug.

Linie Lübeck-Kopenhagen-Malmoe. Die Fahrten fin den täglich statt. Abgang aus Lübeck: gegen 4 Uhr Nachmit— tags nach Ankunft des ersten Zuges von Berlin. Ankunft in Kopen— hagen: am folgenden Tage gegen 8 Uhr Morgens. Ankunft in Malm oe: Mittags, zum Anschluß an den Schnellzug nach Stock— holm. Abgang aus Malmoe: Vormittags. Abgang aus Ko— penhagen: Nachmittags. Ankunft in Lübeck: Morgens zum An— schluß an den ersten Zug nach Berlin bz. Hannover.

Linie Stettin⸗Kopenhagen. Die Fahrten finden vor— läufig einmal wöchentlich statt. Abgang aus Stettin: Jeden Sonnabend, Mittags 1 Uhr. Ankunft in Kopenhagen: Sonntag, Morgens 5 Uhr. Abgang aus Kopenhagen: Jeden Mittwoch, ö 3 Uhr. Ankunft in Stettin: Donnerstag, Morgens

r.

Linie Ro stock⸗Nykjoöb ing. Die Fahrten besinnen am 19, April, und finden bis zum Schluß der Fahrperiode dreimal wöchentlich statt, und, zwar aus Rostock am Montag, Mittwoch und Freitag, aus Nykföbing am Dienstag, Donnerstag und Sonn— abend. Abgang aus Rostock: Vormittags gegen 9 Ühr nach An⸗ kunft der Züge aus Berlin, Hamburg 2c. Ankunft in Nykjöbing: an den betreffenden Tagen Mittags zum Anschluß an den Eisenbahn— zug nach Kopenhagen. Abgang aus Nykjöbing: Nachmittags, nach Ankunft des Eisenbahnzuges von Kopenhagen. Ankanft in Ro sst ock: an den betreffenden Tagen Abends zum Anschluß an den Eisenbahnzug nach Hamburg, Berlin ꝛc.

Berlin W., den 25. April 1876.

Kaiserliches General⸗Postamt.

Bersonal⸗Beränderungen.

Königlich Prenßische Armee.

Offiziere, Portepee-Fähnriche 2. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 15. April. Nachstehende sechs Kadetten vom Königlich säch— sischen Kadetten⸗Corps auf ihren Wunsch in der preußischen Armee, und zwar: Kadet Gentner bei dem Inf. Regt. Nr. 96 Kadet Frhr. von der Recke bei dem Husar. Regt. Nr. 12, Kadet von der Lühe bei dem Jäg. Bat. Nr. 2, Kadet Frhr. v. Mon teton bei dem Ulanen⸗Regiment Nr. iß, Kadet Gr. Oenckel v. Donnerzsmark bei dem 2. Garde Dragoner Regiment, Fadet Benda bei dem Inf. Regt. Nr. S5, als charakterisirte Port. Fähnr. angestellt. Wiesbaden, 20. April. v. Schwarz⸗ kopf f, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 96. dessen Kommdo. zur Dienst⸗ leistung bei des Fürsten Reuß j. L. Durchlaucht bis auf Weiteres verlängert. v. Tha den, Pr. Lt. vom Garde⸗ Gren. Regt. Nr. 2, deffen mit dem 6. Mai cr. ablaufende Kommdo,. zur Dienstleistung bei des Prinzen Alexander von Preußen Königliche Hoheit, auf ein Jahr verlängert. ; .

In der Gensd'grmerie. Berlin, 15. April. Schu⸗ but h, Major von der Gensd'arm. Brig. in Elsaß - Lothringen, zum Oberst⸗Lt. befördert. . ö

Im Beurlaubtenstande. Berlin, 13. April. Bauer, Sec. Ut. von der Landw. Kap. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 30, zum Pr. Lt. befördert. .

Abschiedsbewilligung en. Im aktiven Heere. Berlin, 15. April. Bernsee, Hauptm, und erster Depot Offiz. des Train-⸗Bats. Nr. 9g, mit Pension zur Disp. gestellt. Wies⸗ baden, 206. April. Reinhardt, See, Lt. a. B., zuletzi im da⸗ malig. Bad. Feld⸗Art. Regt. Nr. 14, Div, Art., zu der ihm früher nn siigtel Pension die Aussicht auf Anstellung im Civildienst ver⸗ liehen. v. Dorpows ki, vom Inf. Regt. Nr. 46 unter dem gesetz . lichen Vorbehalt ausgeschiedener Ses, Lt., der Abschied ertheilt.

Im Beurlaubtenstande, Berlin, 15. April. v. Pieschel, 3 Tt. a. D., zuletzt von der Landw. Kap. des 2. Bats. Landw.

egts. Nr. 26, unter Ertheilung der Erlgubniß zum Tragen der Landw. Armee⸗Mniform, der Charakter als Rittm. verliehen. ͤ

Beümte der Militärverwaltung. Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums. Den J. Apri! Waltsgott, Schedler, Bieter, Runde, Geißtzler, Manno, rause, Struff, Lüning, Sierke, Holst, Burckhardt, Schultze, Behro, Lüddecke, Athenstaedt, Struck, Eich, Hausmann, Hee⸗— ring, Panse, Gropen ießer, Schreiber Neumann, Köppen, Meyer, un d n err, Schönhols, Dahl, Kuckro, Guse, Rothfritz, Bruns, Holle, Kellner, Wirtgen, Ernst, Unter Apotheker des Beurlaubtenftandes, zu Ober Apo thekern befördert.

Herzoglich Braunschweigisches Kontingent.

Offiziere, Portepee-Fähnriche ze. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen— Im aktiven Heere. Den 25. April. v. Bau se, Pr. Lt. vom Hus. Regt. Nr. 17, der Char. als Rittm., und Ernst, Sec. Lt. von demselben Regt, der Char. als Pr. Lt. verliehen. v. Holy, Gefr., zum char. Port. Fähnr. in demselben Regt. befördert.

In der Kaiserlichen Marine. .

Offiziere 1c. Ernennungen, Beförderungen und , , Wiesbaden, 20. April Wallmann, Oe ster⸗ reich, See⸗Kadetten, unter Vorbehalt de Patentirung zu Unte r⸗Lts. ur Ses befördert, Foh anngs, Oberst Lt. zur Disp. und kom man⸗ irt zur Dienstleistung als Dezernent bei der Admiralität, unter Stellung à la suite der Marine, das Recht zum Tragen der Uniform des See. Bats. ertheilt. Goetz, ehemaliger Kaiserl. öste rreichisch er

Linienschiffs⸗ Fähnrich, in der Deutschen Marine, und zwar als Unter⸗ Lt. 6 e,, atent vom 18. März 1873 angestellt. Wie s⸗

baden, 22. April. Frhr. v. Maltz ahn, Lt. zur See, von seinem Kommando zb ienffli tuns beim Inf. Regt. Nr. I4 entbunden.

Nichtamtliches.

Italien. Rom, 26. April. Der König und die Königin von Hriechenland sind heute Vormittag in Neapel eingetroffen. Gestern ist die russische Korvette Swetlana“, unter dem Kommando des Groß fürsten Alexis vom Pyräus kommend, in den Hafen von Neapel eingelaufen. ö

Ital. Nachr.) Die „Gazzetta uffiziale“ veröffentlicht nachstehendes Königliches Dekret:

Artikel 1. Eine Königliche Kommission wird mit dem Auftrage betraut, alle statistischen Elemente zu sammeln, welche die Ge⸗ schichte der politischen Wahlen in Italien betreffen, und alle Reformwvorschläge zu prüfen, die gemacht worden sind, um das Wahlrecht zu regeln und auszudehnen, um die freie Ausübung desselben zu sichern, und um zwischen dem Wahlgesetze und den anderen gesetzlichen Bestimmungen welche die bürgerlichen Rechte und Pflichten feststellen, vollstãndige Harmonie herzustellen.

Art. 2 Sobald die Königliche Kommission die nöthigen präparatorischen Studien gemacht hat, wird sie diejenigen Maßregeln vorschlagen, welche nach ihrer Meinung am wirkfamsten dazu beitragen, das Wahlrecht allen Körpern zu ertheilen, welche nach dem Geiste unserer Einrich⸗ tungen berufen sind, die Nationalvertreter zu erwählen.

Mitglieder der Kommission sind die Abgeordneten Cairoli, Correnti, Conforti, Corte, Crispi, Guerrieri, Maurigi und Decchio.

In den Motiven, welche dem Dekrete vorgedruckt sind, heißt es: In Erwägung, daß die politische Einheit Italiens hergestellt und befestigt ist, daß die schwere Aufgabe, die Gesetze und die administrativen Institutionen in vollständigen Einklang zu bringen, beinahe ganz gelöst ist, daß Neuerungen eingeführt worden sind, welche die persönlichen und ökonomischen Verhältnisse der Bürger stark verändert haben, und daß in Folge davon der Wunsch und das Bedürfniß offenbar geworden ist, die Bestimmungen über die Ausübung des politischen Wahl⸗ rechts den Forischritten der bürgerlichen Gesellschaft gemäß ab⸗ zuändern; und in Erwägung, daß der Wunsch, die Zusammensetzung der Wahlkorporation umzugestalten und zu verbessern, verschiedent⸗ lich und auch in förmlichen Anträgen, welche im Parlamente ge⸗ stellt worden find, ausgesprochen worden ist, und in Erwägung u. s. w. Außerdem veröffentlicht die „Gazzetta ufficiale noch ein anderes Dekret, wo durch eine Kommission ernannt wird, welche im Interesse der Civilisation und der Hülfsbedürftigen Reform⸗ vorschläge machen soll, um die öffentliche Wohlthätigkeit darnach zu rege n, damit das „Armengut besser und um⸗ sichtiger verwaltet wird.

„Fanfulla“ berichtet: Die Gerüchte von der Abdankung des Königs Victor Emanuel, welche, man weiß nicht von wem und zu welchem Zweck in Umlauf gesetzt worden sind ebenso unbegründet wie absurd. Man bringt damit die Unterredung in Zusammenhang, die Se. Majestät mit dem General Cialdini in San Roffore gehabt haben soll. Sie, müssen des halb von neuem erklaren, daß der General Cialdini dieser Tage weder in S. Rossore noch anderwärts Gelegenheit gehabt hat vom Könige empfangen zu werden, und wenn er mit dem einen oder andern Staatsmann Unterhandlungen gepflogen haben sollte, so werden sich dieselben wahrscheinlich auf die Uebernahme des Kommandos vom Generalstabe bezogen haben, die er bisher immer standhaft abgelehnt hatte. Wir glauben aber mittheilen zu dürfen, daß die betreffende Ernennung bald erfolgen wird.

Der Pap st empfing gestern eine Deputation des Vereins gegen die Entweihung der Sonn- und Festtage.— Der Vatikan korrespondirt noch immer mit dem päpstlichen Runtius in Madrid über die religiöse Frage.

28. April. (W. T. B.) Der König hat heute Vor⸗ mittag dem Prinzen und der Prinzessin Carl von Preußen einen langeren Besuch abgestattet, welchen dieselben um Mittag erwiderten.

Der Aufstand in der Herzegowina und in Bosnien 1

Dem englischen Parlamente ist kürzlich das Blaubuch über die Vorgänge in der Türkei vorgelegt worden, nach welchem wir eine kurze Barstellung der Entstehung der Insurrektion gegeben haben (s. Kir g4 Id. Bl' unter Greßbritannien und Irland). Ueber die kriegerischen Ereignisse auf dem Schauplatz Fes Aufstandes bringt das „Militärwochenblatt“ eine Reihe von Artikeln, denen wir Nach⸗ stehendes entnehmen: . . .

Die Herzegowina bildet einen Kreis des unter Leitung eines Statthalters stehenden General⸗ Gouvernements Bosna und, führt heute nach dem Sitze der politischen Behörden die Bezeichnung „Kreis Moftar“, weicher wiederum in 9 Bezirke zerfällt. Der Flächeninhalt beträgt 220 Quadratmeilen mit 230, 000 Einwohnern.

Die Herzegowina ist ein Gebirgsland und wird durchwegs von den dinarischen Alpen, den letzten Gliedern der südlichen Kalkalpen, durchzogen. Becken und Karstformen bilden das charakteristische Ge⸗ präge der einzelnen, mannigfache Sondernamen tragenden Berggrup⸗ pen, die sich vorwiegend als steiles, steini ges, vegetations⸗ und wasser · lofes Mittelgebirge darstellend, einen trostlosen Anblick gewähren. Die Länge des Hauptrückens beträgt etwa 42 Meilen, die Breite ist sehr wechselnd, von 15 bis über 5 Meilen. Die Höhe bleibt stetz bedeutend und übersteigt gegen Südosten zu in pielen Partien die Waldregion. Unter den Fiüffen der Herzegowina ist die Narenta der bedeutendste, ste ist der einzige, der sich ins Meer ergießt. Ihre häufigen Ueber—⸗ schwemmungen sind aber die Ursachen der Versumpfung des sie um⸗ gebenden Landes, der Verpestung der Luft und töͤdtlicher Fieber. An zwei Punkten wird das Herzegowinsche Gebiet vom adriatischen Meere bespült, an den das österreichische Territorium durchbrechenden Enclaven Klek und Suttoring. Die nördlichere dieser Dalmatien durchschneidenden Enclaven besitzt den vorzuglichen Golf von Klek, doch ist das Seegebiet wie die mit der Küste parallele Chaussee österreichisch und dürfen daher beide nur mit Genehmigung der Wiener Regierung benutzt werden. Der Charakter der Ortschaften ist weilerartig in den ö. wohnen Menschen und Vieh meist friedlich hei einander.

Von den 6 Städten des Landes fällt militärisch nur Trebinje ins Gewicht, denn es sperrt mit seiner zerbröͤckelten Umfassung und davor liegenden tiefem Graben die Straße, die nach Montenegro und in die Suttoring führt. K

Von aͤhnlicher Wichtigkeit ist die als Stadt. unbedeutende Festung Niksics an der montenegrinischen Grenze. Sie ist besser erhalten, hat Festungsraum bis zu 2500 Mann, jowie 12419 Geschütze, sperrt zwei Straßen nach Montenegro und ist ein Stützpunkt für offensive

1876.

Kastellen und kleinen Blockhäusern, welche zur Vertheidigung der Straßen und Bewachung der Trinkwasser liefernden Quellen be⸗ stimmt sind.

Chausseen und Landstraßen kennt das Land nicht. Nur im Naren⸗ tathale führt ein erhaltener Landweg von der dalmatischen Grenze nach Mestar; da die Fortsetzung zur Küste aber über österreichisches Gebiet führt, so ist die Straße militärisch unterbunden und die im Golfe von Klek ausgeschifften türkischen Truppen müssen einen elenden Neitweg benutzen, der von Klek nach Stolas führt und hier erst in die erwähnte Straße mündet. Der Transport von Lebensmitteln wird von der österreichischen Regierung durch ihr Gebiet gestattet.

Das Land ist so arm an Ressourcen, daß den Truppen sãmmt⸗ licher Proviant auf dem Serwege zugeführt werden muß, im Hoch= sommer ist fast überall Wassermangel. Das Klima ist in den vielen Sumpfgegenden, namentlich an der Narenta, äußerst ungesund, ein hoher Krankenstand daher unausbleiblich.

Betrachten wir nun die kämpfenden Parteien, so sind die In⸗ surgenten keine organistrte Kriegsmacht, Fondern undisziplinirte Bauernhaufen, denen die Verzweiflung das Schwert in die Hand ge⸗ drückt hat. Die Herzegowina zählt ungefähr 360900 streitbare Män- ner im Alter von 158-50 Jahren; da aber Mohamedaner, Juden und Zigeuner sich von der Bewegung fern halten, so ver⸗ bleiben kaum 20000 eigentliche Herzegowiner zum Kampfe. Unter ihnen gelten die Zubzianer, die Bewohner der Sut⸗ torina, als die wildesten. ö

Die Führer sind aus den Reihen der Ortsältesten gewählt, als mili⸗ tärischer und politischer Führer der ganzen Bewegung fiqurirt Ljubibra⸗· titsch, ein Serbe, der durch zündende Beredtsamkeit seine Stammesgenoh sen zur Begeisterung hinzureißen versteht. Von andern Führern muß noch Vukovits, ein Greis und Schwiegervater des Fürsten Nikita von Montenegro, hervorgehoben werden. Einige ausländische Abenteurer und Slavophilen haben sich der Bewegung angeschlossen.

Die Kriegführung der Insurgenten ist ihrem Charakter ent⸗ sprechend graufam und beschränkt sich auf einen durch die Beschaffen⸗ heit des Rriegsschauplatzes ungemein beguͤnstigten Gnerillakampf. Zum Rückzuge gezwungen sind sie unerreichbar, denn in der Raschheit der Bewegung auf dem wüsten Steingerölle ihrer Felsen kommt ihnen der Fremde niemals gleich. . .

Die türkische Armee trägt in ihrer Organisation, Bewaffnung und zum größten Theil auch in ihrer Bekleidung modernes Gepräge.

Nach den Reorganisationsprojekt von 1866, das aber erst 1878 zum Abschluß gelangen soll, soll, die Stärke des Heeres 702,000 Mann betragen, wovon 210.000 Linie (Nizàm), 192,000 Reserve (Redif) und 300.000 Territorialmiliz sind.

Das Reich zerfällt in 6 Armeecorps-Bezirke, jedes Corps besteht aus 18 Linien. und 6 Jägerbäkäillonen und 15 Batterien, welche letzter mit Metallvorderladern (System ̃E Hitte) und Gußstahl⸗ hinterladern ausgerüstet sind. In der Herzegowina stehen Gebirgs⸗ batterien, deren einzelne Bestandtheile auf dem Rücken der Maulthiere in Packsätteln transportirt werden. -

Die Kriegführung der Türken ist der der Insurgenten entsprechend, Osman Bey versicherk, es sei noch immer üblich, daß die Komman⸗ Danten, um die Truppen anzufeuern, die Plünderung nach dem Siege und 50 Piaster für jeden Kopf versprechen. Vortheilhafte Eigen⸗ schaften der türkischen Soldaten sind Mäßigkeit, Geduld, Gehorsam und Zähigkeit; unvortheilhaft macht sich das Heimweh, eine überall verbreitete, förmliche Krankheit, sowie die Untauglichkeit zu Künsten und Gewerben fühlbar. . .

Die Besoldung ist niedrig und unregelmäßig, die Mundverpflegung dagegen gut.

Landtags Angelegenheiten.

Die Kommisston des Abzeordnetenhauses für das Gemeindewesen hat über die Petitionen aus Iserlohn und Oberhausen, welche Beschwerde führen, daß der unter diesen Städten betriebene Bergbau Bodensenkungen und in deren Gefolge Zerstörungen an Gebäuden und sonstigen ÄUnlagen hervorrufe, einen sehr eingehen⸗ den Bericht erstattet. Rücksichtlich der Petition aus Oberh ausen hat die Kommission beschlossen, folgende Resolution vorzuschlagen:

In Erwägung

1) daß es bei der Abweichung der in der Angelegenheit erho—⸗ benen technischen Gutachten noch nicht als festgestellt zu erachten ist, daß der Berghaubetrieh die Veranlassung zu den Bodensenkun⸗ gen in und bei Iserlohn nicht gegeben habe;

2) daß jedoch das Zusammentreffen des Bergbaues und der Bodensenkungen, sowohl der Oertlichkeit, als der 31 nach einen solchen ursächlichen Zusammenhang als sehr wahrscheinlich erschei⸗ nen läßt;

56 zu erwarten ist, die Königliche Staatsregierung werde eine weitere vermittelnde Thätigkeit dähin eintreten lassen, daß die in der Verhandlung vom I89. Februgr d. T. versuchte Vereinbarung durch die legitime Vertretung der Stadt Iserlohn und des Berg= werksvereins' acceptirt oder zur Grundlage für anderweitige aus—= gleichende Verhandlungen benutzt werde; ö

4) daß die Königliche Staatsregierung ebenfalls bereits die Ver= pflichtung anerkennt, zum Schutze gegen den Bergbau einzuschreiten, indem dieser durch den Ministerial⸗ Erlaß vom 8 März d. J. bereits auf beftimmte Grenzen einzeengt ist. außerhalb welcher der Stadt durch den Bergbau kein neuer Schaden zugefügt werden kann;

5) daß die vorliegende Petition geeignet ist, die aus Anlaß der Petition der Stadt Oberhausen (S. II. Rr. 8906) gefaßten Beschlüsse zu unteistützen,

beschließt die Kommission, dem Hause der Abgeordneten zu em⸗ ehlen:

ö . Königlichen Staatsregierung die Petition der städtischen Be⸗ hörden zu Iserlohn behufs fernerweiter Herbeiführung möglichsten Schutzes gegen die eingetretenen Beschädigungen der Grund- und Gebäundebefitzer und behufs Benutzung bei der empfohlenen Revision des Berggesetzes zur Berücksichtigung zu überweisen. .

Der Regierungskommissar, Freiherr v. d. Heyden ⸗Rynsch, erklärte, daß diese Resolution der Königlichen Staatsregierung annehmbar sein werde mit Ausnahme der Punkte zu 3 und 4, welche einen Mangel an Vertrauen gegen die Bergbehörden ausdrückten, den die Staats⸗ regierung als verdient nicht anerkennen könne, worauf indessen der Antragfteller erwiderte, daß die Resolution nicht allein kein Mißtrauen gusdrücke, sondern sich als entgegenkommend charakterisir

In Betreff der Petition aus Jserlohn beschloß die Kom⸗ mission, dem Haufe der Abgeordneten zu empfehlen:

I) die Petition, so weit sie unzureichenden Rechtsschutz behauptet, der Königlichen Staatsregierung zur Berücksichtigung in so fern zu überweifen, als gemeinschädliche. Einwirkungen des Bergbaues vor; liegen, gegen welche die Bergbehörden Schutz zu . nach 5. 196 des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 verpflichtet sind, mit dem Anheimgeben, die Berggesetzgebung nach dieser Richtung hin einer Revision zu unterziehen; 2 J

2) die Petition der Königlichen Staatsregierung in soweit zur Erwägung zu überweisen, als zur schnelleren egulirung der Schäden und zur Sicherstellung der Entschädigungen (S8. 143 ff. ibid.) eine Vervollständigung der Gesetzgebung erforderlich erscheint.

Die XV. Kommission des Hauses der Abgeordneten bat den Bericht über den Gesetzentwurf, betreffend die Aufsichts⸗ rechte des Staats bei der Vermögensverwaltung in den

katholischen Diszesen erstattet. Die Kommission hat nur we—⸗

Dperationen gegen die schwarzen Berge. Außer den erwähnten beiden

Festungen befinden sich in der Herzegowina noch eine größere Zahl von

nige Aenderungen in dem Gesetzentwurf in Vorschlag gebracht.