1876 / 104 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 02 May 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Ihre Königlichen Hoheiten der Landgraf und die Landgräfin von Hessen, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin⸗ zessin Ludwig von Hessen, die Herzogin von Hamilton mit Tochter, die Fürstin von Leiningen, der Fürst und die Fürstin von Hohenlohe⸗ Langenburg, der Regierungs-Präsident von Wurmb und der Graf Eltz Einladungen erhalten hatten.

Zum Ehrendienst bei Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland während Allerhöchstdessen Anwesenheit in Berlin find befohlen worden: der kommandirende General des 1. Armee⸗Corps, General der Infanterie v. Blumenthal, der Militärbevollmächtigte am Kaiserlich russischen Hofe, General— Lieutenant v. Werder und der Flügel-Adsutant Major v. Lindequist. Ferner werden während des Aufenthalts Sr. Majestät hierselbst die Commandeure des Branden- burgischen Kürassier⸗Regiments ((Kaiser Nicolaus J. von Rußland) Nr. 6 und des Ulanen-Regiments Kaiser Alexan— der von Rußland (1. Brandenburgisches) Nr. 3, die Obersten v. Möllendorff und v. Frankenberg-Lüttwitz in Berlin anwesend sein. Außerdem haben das Kaiser Alexander Garde⸗-Grenadier⸗ Regiment Nr. 1, das Brandenburgische Kürassier⸗Regiment (Kaiser Nicolaus J. von Rußland) Nr. 6 und das Ulanen⸗Re⸗ giment Kaiser Alexander von Rußland (1. Brandenburgisches) Nr. 3 je einen Ordonnanz-Offizier zu Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland zu kommandiren.

Am rergangenen Sonnabend fand die vom Hof Jagdamt veranstaltete diesjährige Trappenjagd auf den Feldmarken von Britz, Buckow, Groß und Klein⸗Ziethen, Lichtenrade und Schönfeld statt.

Außer Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen August von Württemberg hatten 29 Herren der Einladung Folge gegeben. Es wurden 8 Hähne und 1 Henne zur Strecke gebracht, später aber noch 2 Hähne gefunden, so daß das Gesammtresultat sich auf 11 Trappen beläuft. Der stärkste Hahn hatte eine Flügel⸗ spannung von 239 Meter und ein Gewicht von 15 Kilogramm.

Die Regierung der Republik von San Domingo hat wiederholt den Wunsch ausgesprochen, einen Freund⸗ schafts⸗, Handels- und Schiffahrtsvertrag mit Deutschland abzuschließen, der auch von den an dem Handel mit jenem Lande vornehmlich betheiligten freien Hansestädten Bremen und Hamburg für wünschenswerth erachtet wird. Der Reichskanzler hat deshalb den Bundesrath ersucht, sich damit einverstanden zu erklären, daß das Präsidium wegen eines ab— zuschließenden Vertrages mit der Regierung von San Domingo in Verhandlung trete. Bei den bezüglichen Vertragsverhand⸗ lungen würde der zwischen Deutschland und Costa Rica am 18. Mai v. J. geschlossene Handels ꝛc. Vertrag im Allgemeinen zum Anhalt zu nehmen und zugleich der Inhalt der von Ham— burg unter dem 12. Mai 1855 und von Preußen an 27. Februar 1861 mit San Domingo vereinbarten, indessen wegen der bald danach auf der Insel eingetretenen politischen Veränderungen nicht zur Ratifikation gelangten Verträge mit zu berückfich— tigen sein.

Der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Dr. Delbrück wird während der Dauer seiner am 1. d. M. angetretenen vierwöchentlichen Beurlaubung in Angelegenheiten von Elsaß⸗Lothringen durch den Wirklichen Geheimen Ober⸗Re⸗

ierungs Rath und Direktor Herzog, in Reichs⸗Justiz⸗Angelegen⸗ . durch den Wirklichen Geheimen Ober-Regierungs⸗Rath und Direktor von Amsberg, in allen anderen Reichs⸗Angelegen⸗ heiten durch den Wirklichen Geheimen Ober⸗-Regierungs⸗Rath und Direktor Eck vertreten werden.

In der heutigen (46. Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher am Ministertische Reichskanz er Fürst v. Bismarck, der Vize⸗Präsident des Staats⸗-Ministe⸗ riums Finanz⸗-Minister Camphausen, der Handels⸗Minister Dr. Achenbach, der Minister für lantwirthschaftliche Ange⸗ legenheiten Dr. Friedenthal und mehrere Regierungskommüs⸗ sarien beiwohnten, machte der Präsident zunächst die Müätheilung, daß die Abgg. Lassen und Fritze, ersterer aus prinzipiellen Be— denken, letzterer in Folge seiner Ernennung zum Kreisgerichts⸗ Direktor ihr Mandat niedergelegt haben. Darauf legten die Abgg. Cremer, Dr. Perger Dr. Franz, v. Czarlinski, v. Moszeenski, Virnich, Lange und Reincke den Eid auf die Verfassung ab. Es folgte die dritte Berathung des Gesetzentwurfes, betreffend die Uebertragunz der Eigenthums⸗- und sonstigen Rechte des Staates an Eisenbahnen auf das Deutsche Reich. Zunächst er— griff das Wort gegen die Vorlage der Abg. Dr. Hänel, welcher bedauerte, daß die Debatte über die Vorlage, statt die wirth⸗ schaftliche Seite der Frage hauptsächlich ins Auge zu fassen, lediglich politische Programmreden für die nächsten Wahlen her— vorgerufen habe. Wenn man ein so gefährliches Präzedenz schaffe, daß ein Partikularstaat auf legislativem Wege seine Stellung im Bundesrathe bestimmen könne, so verlege man den Schwerpunkt der Reichsregierung von dem Centrum in die Peripherie, man zerreiße Bundesrath und Reichstag, und mache beide zum Spiegelbild der Partikularlandtage. Die Vorlage sei sehr inhaltsschwer, da alle ferne— ren Konsequenzen bereits virtuell in derselben lägen. Denn man könne nicht die Reichsverfassung nur in einem Theile des Reiches durchführen, und so einen Gegenbund im Bunde schaffen, sondern man werde trotz der Uebernahme der preußischen Bahnen durch das Reich ein jetzt unmöglich erschei⸗ nendes Eisenbahngesetz schaffen müssen. Durch die Vermischung

zweier Aufgaben, der Reform des Eisenbahnwesens und der Organisation der Exekutivgewalt des Reiches, werde der eigentliche. Kernpunkt der Frage, der wirth⸗

schaftliche Gesichtspunkt verdunkelt. Deshalb werde seine Partei gegen die Vorlage stimmen. Der Abg. Dr. v. Sybel wies darauf hin, daß aus den Reihen der Freunde der Vorlage auch die wirthschaftliche Seite erschöpfend behandelt sei, und betonte, daß jegliche Polemik gegen die Vorlage sich nicht gegen diese, sondern gegen die Expropriation sämmtlicher Bahnen zu Gunsten des Reiches gewendet habe. Davon stehe in der Vorlage nichts.

Indem wir uns vorbehalten, auf diese Rede morgen näher einzugehen, bemerken wir, daß bis zum Schlusse des Blattes noch die Abgg. Windthorst (Meppen) und Dr. Loewe das Wort ergriffen hatten.

Nach den vorläufigen Aufstellungen des statistischen Amts des Deutschen Reichs über den Waarenverkehr des Zollgebiets im 1. Quartal 1876 sind in dem gedachten Zeitraume an folgenden zollpflichtigen Waaren zum Ver⸗ brauch eingeführt worden:

Kaffee 536,529 (465,914) Ctr., Kolonialgewürze 21,695 (20593) Ctr., Südfrüchte 1313304 (133,374) Ctr., Wein

227091 C276. 276) Ctr., Salz 220,427 (208,655 Ctr., Baumol 445747 (58,576) Ctr,, Baumwollene Garne 108, 885 (106, 904)

Ctr., Leinwand, Segeltuch, Zwillich, Drillich 78,290 (66,884 Ctr., Zucker aller Art 80015 (105,000) Ctr., Reis 2853, 054 G0 043) Etr., Rohtabak 230 728 (375,ů 794) Ctr., Heringe 147,258 (92927) Tonnen, Schweine 264746 (199,163) Stück, Leinöl 163,576 (136,417) Ctr', wollene Garne 70,539 (70,995) Ctr., baumwollene Gewebe 11,604 (12,457) Ctr., wollene Zeug- und Filzwaaren 29,842 (32,705) Ctr., Leder 27,385 (26,163) Ctr.

Die in Klammern beigefügten Zahlen geben die durch— schnittliche Einfuhr in denfelben Quartalen der 3 Vorjahre. Ausführlicheres Zahlenmaterial enthält die heute im amtlichen Theile der Ersten Beilage abgedruckte vorläufige Uebersicht über die Einfuhr der im 1. Quartale 1876 in den freien Verkehr getretenen wichtigeren Handelsartikel.

Die Mittheilung der „Elberf. Ztg.“, daß die preußische Regierung ihre Geneigtheit zu erkennen gegeben habe, das kürz⸗ lich erlassene Einfuhrverbot für niederländisches, bek⸗ gisches und luxemburgisches Rindvieh wieder aufzu— heben, entbehrt, sicherem Vernehmen nach, jeder thatsächlichen Unterlage. Daß dieses Verbot nicht „voreilig“, sondern auf Grund sehr sorgfältiger und umfassender Ermittelungen erlassen wurde, ist anderweit u. A. durch die kürzlich veröffentlichten Verhandlungen der technischen Deputation für das Veterinär— wesen bekannt geworden.

Der Hauswirth macht sich, nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 31. März d. J, des Haus frie— densbruches schuldig, wenn er wider den Willen des Miethers in die vermiethete Wohnung eindringt. Dieses Vergehens macht sich der Wirth selbst dann schuldig, wenn er die wohlbegründete Besorgniß hat, daß der Nutzungsberechtigte die gemiethele Woh⸗ nung mißbraucht. „Die Wohnung“, führt das Erkenntniß des Ober⸗Tribunals aus, „steht unter dem Schutze des Hausfriedens, Art. 6 der Verfassungs-Urkunde. Das Gesetz vom 12. Februar 1850 gestattet davon nur wenige Ausnahmen. Keine derselben giebt dem Eigenthümer das Recht, wider den Willen des Mie⸗— thers in die vermiethete Wohnung einzudringen. Nach der Natur der miethweisen Einräumung einer Wohnung ist daher der Ver⸗ miether verpflichtet, wo er ein rechtliches Interesse an dem Be— treten derselben hat, bei einer Verweigerung des Miethers die Entscheidung und Hülfe des Richters in Bezug auf seine Be⸗ rechtigung und den Zeitpunkt der Besichtigung anzurufen.“

Bayern. München, 29. April. Die Anträge, welche die zweite Abtheilung bezüglich der hiesigen Wahl en der Kammer zur Annahme vorlegte, lauten vollständig: „Hohe Kammer wolle be— schließen: 1) Die gesammte Urwahlkreiseintheilung von München L. d. J., und mit dieser die sämmtlichen Wahlmännerwahlen und die Abgeordnetenwahlen Münchens l. d. J. seien zu vernichten. 2) Nachdem durch die Urwahlkreiseintheilung durch den Ma⸗ gistrat der Stadt München das Landtagswahlgesetz ver⸗ letzt worden ist, nachdem das Geheimniß der Wahl viel— fach nicht beachtet worden ist und andere Mißbräuche statt⸗ gefunden haben, so sei das Staats⸗Ministerium des Innern zu ersuchen, dafür Sorge zu tragen, daß bei einer Neu⸗ wahl der Magistrat München das Wahlgefetz besser beachte; insbesondere 1) bei der Bildung der Urwahlbezirke Art. 11 des Wahlgesetzes und Art. 3 Ziff. 1 der Vollzugsinstruktion in Anwendung komme; 2) bei der Wahlhandlung die Befähigung der Wähler nach gleichen Normen geprüft, Nummern der Wahl⸗ zettel und Namen der Wahlmännerverzeichnisse nicht bekannt egeben, die Zettel während der Wahl nicht nach Portionen ee. außer dem Wahlausschuß Niemand Einsicht in die Wählerverzeichnisse und Wahlzettel gestattet oder ermöglicht, das Aufstellen von Centraltischen nicht geduldet, endlich am Schlusse des Skrutiniums die Wahlzettel unter Siegel gelegt werden.

Sachsen. Dresden, 30. April. Der Großherzog von Oldenburg ist heute früh nach Weimar abgereist.

1. Mai. (Dresd. Journ. Die Zweite Kammer begann heute die Berathung derjenigen Positionen des Einnahme⸗ budgets, welche die direkten Steuern betreffen. Die Finanz⸗ deputation (ölbth. A.) hat sich in drei Theile getheilt, deren einer, vertreten durch den Abg. Krause, für die Jahre 1876,77 die Erhebung der Grundsteuer und der Gewerbe⸗ und Personalsteuer nach den bisherigen Sätzen, dagegen Nichterhebung der Einkommensteuer und eine radikale Reform des Einkommensteuergesetzes beantragt. Der andere Theil (Referent Abg. Kirbach) will für die jetzige Finanzperiode die Grundsteuer in Höhe von 7 pro Einheit, die Gewerbe⸗ und Personalsteuer nach „m des bisherigen Be⸗ trags, die Einkommensteuer in Höhe von 4 Simplen bewilligen und dabei den Grundfatz feststellen, daß in künftigen Finanzperioden die Grundsteuer vorläufig in Höhe von 5 3 erhoben, der noch übrig bleibende Theil des Staatsbedarfs aber, unter Aufhebung der Gewerbe. und Personalsteuer, durch die Einkommenstener gedeckt wird. Der Rest der Deputation (Referent: Abg. v. Oehlschlägel) will dem Vorschlage der Regierung gemäß die Grundsteuer und die Ge⸗ werbe⸗ und Personalsteuer mit n des bisherigen Betrags und die Einkommensteuer in Höhe von 5 Simplen bewilligen.

Sach senWeimar⸗Eisenach. Weim ar, 1. Mai. Gestern Nachmittag kam der Großherzog von Oldenburg zu einem Besuche am Großherzoglichen Hofe hier an.

Anhalt. Dessau, 30. April. Der Herzog, dessen Geburtstag gestern hier durch eine Parade und ein Festdiner gefeiert wurde, befindet sich nach dem „A. St. A.“ zur Zeit in Wien, wohin der Herzog über Venedig und Triest aus Italien zurückgekehrt ist.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 1. Mai. Nach einer Meldung des W. T. B.“ wird sich der Minister-Präsident Graf Andrassy im Laufe der nächsten Woche für einige Tage nach Berlin begeben.

(W. T. B.) Nachrichten von bester Seite versichern, daß, nachdem die Beseitigung der bestandenen Schwierigkeiten gelun⸗ gen, morgen der Ausgleichsvertrag des österreichischen und des ungarischen Ministeriums perfekt werde.

Die gestrige „Wiener Zeitung“ veröffentlicht den Aus⸗ weis über den Stand der gesammten Staatsschuld von den im österreichischen Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern mit Ende Dezember 1875. Danach betrug an diesem Tage die konsolidirte Staatsschuld 2.679, Sßßs, 769 Fl., gegen 2649484475 zu Ende Dezember 1874; die schwebende Schuld gö, 418,489 Fl. gegen 71,823 83 Fl. Die gesammte Staatsschuld stellte sich auf 2,789,591, 052 FI., gegen a e zu Ende Dezember 1874, also um 53, 982,407 Fl.

öh er.

Die„Wien. Abenpost“ reproduzirt folgende Nachricht der Köln. 3.“: „Der Botschafter Graf Zichn hat die ernste Er— klärung an die Pforte gerichtet, daß DesterreichUngarn keinen Grund zu bewaffnetem Vorgehen wider Montenegro sehe, daß es

die Verantwortung eines solchen Schrittes der Pforte überlassen und sich die Erwägung vorbehalten müsse, inwiefern es gewisse

Begünstigungen, die es der Pforte zu ihrer Vertheidigung zu—=

gestanden, wie beispielsweise die Ausschiffung von Truppen und

Kriegsmaterial im Hafen von Klek, auch noch einräumen könne, wenn die türkische Regierung die Aufgaben der Defension mit

jenen der Aggression vertauschen würde.“

Das „Fremdenblatt“ konstatirt in Betreff der Aus⸗ daß auf beiden Seiten die Hoff⸗ nung, daß eine Krise vermieden bleiben wird, keineswegs auf⸗

gleichverhandlungen,

gegeben worden sei. Ueber eine Demonstration, welche unreife Jugend am 28. in der ungarischen Landeshauptstadt in Scene setzte, spreche man in ungarischen Regierungskreisen mit dem Achselzucken des Mitleids. Studenten, zogen mit Fackeln zum Handelstandsgebäude, wo sich der Klub der liberalen Partei befindet; dort wurde stürmisch Halljuk gerufen, ohne daß sich einer der Abgeordneten blicken ließ. Die Fenster des Klubs blieben verhängt, und als die Demonstranten endlich inne wurden, man sei entschlossen, sie unberücksichtigt zu lassen, zogen sie zum Klub der Rechten, wo sie die gleiche, wohlverdiente Be⸗ handlung fanden, und zum Klub der äußersten Linken, wo sich

Simonyi endlich zu einer Ansprache herbeiließ. Man könne es

nur billigen, daß Minister-Präͤsident Tisza nicht darauf einging, die Demonstration zu verbieten.

Schweiz. Der Korrespondent der, N. Zürich. Ztg. schreibt

aus Bern unter dem 29. April: Das Resultat der Staats⸗ rechnung pro 1875 soll, dem Vernehmen nach, nicht so un⸗ günstig ausfallen, als man gefürchtet und es sollen namentlich beim Militär⸗Departement mit nicht ganz 11 Mill. Ausgaben so ziemlich bei allen Posten die bewilligten Kredite nicht vollständig benützt worden sein. Das in Aussicht stehende Gesammtdefizit von ungefähr 800,000 Fr. würde eine Reduktion von über 300,009 Fr. erfahren haben, wenn nicht zur Zeit der Rechnungs⸗ ablage der größere Theil der Kantone noch mit der Einzahlung der dem Bunde zufallenden Hälfte der letztjährigen Militär⸗ ersatzsteuern im Ruͤckstande gewesen wären. Genaueres wird die Staatsrechnung, die nächste Woche dem Bundesrathe vorgelegt wird, selbst bringen.

28. April. Wie bereits telegraphisch gemeldet, hat der Bundesrath in seiner heutigen Sitzung der Errichtung eines Bisthums auf Grund der Bestimmungen der Berfaffung der christ katholischen Kirche der Schweiz die Genehmigung er— theilt. Der betreffende Beschluß lautet wörtlich: „In Folge An—⸗ suchens des Synodalraths der christkatholischen Kirche der Schweiz hat der Bundesrath nach Prüfung der Aktien und eines Berichtes des politischen Departements, woraus sich ergiebt, daß die von einer Anzahl von Kirchengemeinden und Ortsvereinen verschiede⸗ ner Kantone zur Begründung einer christkatholischen Kirche an⸗ genommene Verfassung vom 14 Juni und 21. September 1874 in den Art. 21— 26 die Errichtung eines Bisthums vorsehe, für welche die Genehmigung des Bundesrathes nachgefucht wird; in Erwägung, daß diese Bestimmungen über die Errich⸗ tung eines Bisthums nichts dem Bunde oder den Rechten der Kantone Zuwiderlaufendes enthalten; daß die Feststellung dieser Thatsachen ausschließlich den Gegenstand und den Inhalt der Bundesgenehmigung bildet; in Anwendung von Art. 50, Lemma 4 der Bundesverfassung („die Errichtung von Bis⸗ thümern auf schweizerischem Gebiete unterliegt der Genehmigung des Bundes“ beschlossen: der Errichtung eines Bisthums auf Grund der Bestimmungen der Verfassung der christkatholischen Kirche der Schweiz wird die Genehmigung ertheilt.“ Die nationalräthliche Kommission für Vorberathung des Fabrik⸗ gesetzes hat die erste Lesung desselben beendigt; die zweite wird nächsten Donnerstag beginnen. Der Normal-Arbeitstag ist auf 10 Stunden angenommen.

Belgien. Brüssel, 27. April. Die Kammer der Abgeordneten hat vorgestern ihre durch die Osterferien unter⸗ brochenen Arbeiten wieder aufgenommen. In der gestrigen Sitzung beantwortete der Kriegs⸗-⸗Minister die vor den Ferien vom Brüsseler Abg. Bergé angesagte Interpellation wegen einer Rüge, welche der Oberst eines in Gent garnisonirenden Kavallerie⸗ Regiments, auf Befehl seines Brigade⸗Generals, vor dem ver⸗ sammelten Offizier⸗Corps an zwei Mitglieder desselben erlassen, weil dieselben einem bürgerlichen (civil, d. h. un kirchlichen, Leichenbegängniß sich angeschlossen hatten. Aus den Erklä⸗ rungen des Ministers geht hervor, daß die Rüge in den Um⸗— ständen des besonderen Falls ihren Grund habe und das Prin—⸗ zip der verfassungsmäßigen Gewissensfreiheit unangetastet lasse. Sie sei durch disziplinarische Rücksichten geboten gewefen und habe übrigens von Seiten des Divistons⸗Generals, wegen der Form, in der sie erlassen worden, einen Tadelbrief an den General⸗Major veranlaßt, den der Minister der Kammer vorlas. Der Abg. Bara, der frühere Justiz-Minister, gab sich mit dieser Rechtfertigung nicht zufrieden, und forderte von dem Minister eine unumwundene Erklärung darüber, ob es einem Offizier unbenommen bleiben solle, sich an unkirchlichen Leichenbestat⸗ tungen zu betheiligen. General Thiebauld sprach fich in Folge dessen dahin aus, daß in dem fraglichen Fall blos eine Oppor— tunitätsfrage obgewaltet habe und die Offiziere in der Aus⸗ übung ihrer Gewissensfreiheit unbeeinträchtigt bleiben sollen.

Bara hatte, wie der „Allg. Ztg.“ geschrieben wird, bei die⸗ sem Anlaß mehrere andere Fälle religisser Intoleranz in seine Rede hereingezogen, und namentlich in dieser Beziehung die Art und Weise gerügt, wie der Klerus bei der in der vorigen Woche vor⸗ genommenen Ueberführung der Königlichen Särge aus der alten Kirche zu Laeken in die Gruft der neuen, hinsichtlich des Sarges des protestantischen Königs Leopold J., verfahren habe, indem derselbe, getrennt von den übrigen, durch eine Hinterthür in die Gruft getragen worden sei. Die Beisetzung hatte in früher Morgenstunde, in Gegenwart des Königs und des Grafen von Flandern, umgeben von wenigen Offizieren und Würden⸗ trägern ihres Hauses, denen sich ex officio der Justiz⸗Minister und der Bürgermeister von Laeten angeschlossen hatten, statt⸗ gefunden, und der Klerus hat dabei nicht anders verfahren, als es das in solchen Fällen übliche Ritual ihm gebot. Der Sarg des Königs wurde von seinen beiden Söhnen ganz mit den⸗ selben Förmlichkeiten und durch dieselbe Thür in die Kirche gebracht wie nachher der der Königin Luise, des Kron⸗ prinzen und der Prinzessin, Tochter des Grafen von Flandern; nur mußte dies gesondert geschehen, indem der Klerus, gerade im Namen der Gewissensfreiheit, die vorgeschriebenen Ge⸗ bete nicht über die sämmilichen Särge sprechen durfte. Das Publikum hatte allerdings erwartet, daß die definitive Beisetzung in der neuen Gruftkirche eine öffentliche Feier werden sollte, aber dies stimmte nicht mit dem Wunsche des Königs überein, der dieselbe als eine Familienangelegenheit betrachtete, und wie der

Justiz⸗Minister Lantsheer dem übelberichteten Hrn. Bara ver⸗ sicherte, ist die stille Todtenfeier in allen ihren Einzelheiten durch⸗ aus nach Anordnung des Königs erfolgt, so daß die in belgi⸗

Etwa 500 Menschen, darunter 100

schen und auswärtigen Blättern geäußerten Klagen wegen einer dem Andenken König Leopolds J. geschehenen Unbilde jedes Grundes entbehren; der Klerus ist in diesem Fall von In⸗ toleranz freizusprechen.

Großbritannien und Irland. London, 1. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unter hauses erklärte der Unter-Staatssekretär im Departement des Aeußeren, Bourke, auf eine Anfrage Simons, in Folge der bei der spanischen Regierung gemachten Vorstellungen habe letz= tere die in Haft genommenen Personen des kürzlich in den Antillen mit angeblicher Kriegekontrebande weggenommenen Schiffes „Octavia“, welche englische Unterthanen seien, wieder in Freiheit gesetzt. Auch sei die Freigabe des Ka⸗ pitäns und seiner Familie, welche deutscher Nationalität seien, anbefohlen, aber das Schiff selbst werde noch immer festgehalten und dauerten die Verhandlungen hierüber noch fort.

Im Oberhause kündigte Lors Selborne an, daß er morgen die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Proklamation, betreffend die Titel bill, lenken und bezüglich derselben weitere Aufklärungen Seitens der Regierung beantragen werde.

Zu den Erörterungen über die Verfassung von Helgo— land, welche in jüngster Zeit im Oberhause und in englischen und deutschen Blättern geführt wurden, tritt nun noch das Schreiben eines auf Helgoland wohnenden Preußen an die „Times“. Dasselbe bezweckt eine Entkräftung der in der „Köl⸗ nischen Zeitung“ gemachten Angaben und eine unparteische Darstellung der wirklichen Zustände auf der Insel. Der Verf. fühlt sich im Interesse der Wahrheit und der deutschen Presse, die er nicht gern falsch berichtet sehe, gedrungen, zu konstatiren, daß ihre Rechte und Privilegien von England keineswegs beeinträch— tigt würden denn die ihnen genommenen Rechte seien gleich—⸗ bedeutend mit Spielbanken⸗ und Strandrecht und daß sie nicht gegen ihren Willen und hart, sondern verhältnißmäßig sehr leicht und von einem aus Helgoländern bestehenden Amt be⸗ steuert würden. „Despotismus und Unzufriedenheit“ sei den Bewohnern der „Nordseeperle“ nur aus den Zeitungen bekannt.

Frankreich. Paris, 30. April. Der bisherige Präfekt der beiden Sevres, Marquis d'Auray, hält seine Ab⸗ setzung blos für ein Interim und wagt dies dem Minister Ricard in einem offenen Briefe ins Gesicht zu sagen. „Man habe ihn“, so schreibt er, für einen zu guten Katholiken an⸗ gesehen, um ihn für fähig zu halten, einer Politik des Mißtrauens gegen die römische Kirche seine Stütze zu verleihen.“ Er schließt mit folgender Drohung: „Nach einer längeren und entscheidenderen Erprobung des Regiments das Sie als einge⸗ richtet und dauerhaft ansehen, wird die Reihe wieder an die Abgesetzten kommen, und diese werden unverändert zurückkehren.“ Bezeichnend ist, daß die ultramontanen Journale, welche über diesen Brief wie über einen Sieg frohlocken, ebenso wie die bonapartistischen Blätter ihre Angriffe gegen die Ausstellung von 1878 fortsetzen. Alle scheinen einer bestimmten Parole zu gehorchen, denn nicht weniger als sechs derselben, die heut fruͤh eingetroffen, wenden das Wort „Uebermuth“ an, um den Ge— danken der Regierung zu bezeichnen, die Völker zu einem Wett— kampf auf dem friedlichen Gebiet der Künste und der Industrie zu berufen.

Die gestrige Abstimmung des preußischen Landtags erregt, obgleich sie nicht unerwartet kommt, hier Aufmerk⸗ samkeit. Blätter von so ganz verschiedener Gesinnung, wie z. B. die „République Frangaise“ und die legitimistische „Ga⸗ zette de France“, äußern sich über den Gegenstand in fast iden· tischer Weise: alle erklären das Ergebniß des Votums für einen bedeutenden Erfolg und sprechen den Glauben aus, daß eine weitere Centralisation der deutschen Eisenbahnverwaltung unter der Aegide des Reiches nicht zu vermeiden sei.

Die „Indep.“ erklart die auffallende Erscheinung, daß trotz der Aufhebung des Belagerungszustandes noch kein neues Blatt erschienen, daraus, daß das Kapital jede Unter⸗ stützung hartnäckig verweigere.

Aus Al gier wird der „Köln. Ztg.“ unterm 30. April tele⸗ graphisch gemeldet, daß der Aufstand der Bonazidis vollständig bewältigt, der Marabut und die Scheiks gefangen und andere Vornehme des Stammes als Geiseln mitgenommen wor⸗ den seien.

Spanien. Madrid, 2. Mai. (W. T. B.) Der Minister des Innern Romero Robledo hat mehreren Deputirten gegenüber erklärt, daß das Ministerium aus der Annahme des vom Finanz⸗Mmister Salaverria vorgelegten Budgets eine Kabinetsfrage mache.

Wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, hätte Don Carlos, ehe er am 4. April London verließ, ohne zu sagen, wohin er sich begeben werde, ein Dekret unterzeichnet, durch welches er einen Zwölfer⸗Ausschuß, Junta Carlista genannt, mit der Leitung der Partei ⸗Angelegenheiten betraut hätte. Den Vorsitz führe der Graf Valdespina, Geheimer Rath von Don Carlos. Von den übrigen Mitgliedern wür⸗ den die Gererale Tristany, Argonz, Vinalet, Lizaraga, Alemann und Boet, sowie der Oberst Zubiri genannt. Valdespina wäre am 27. April in Bordeaux gewesen und werde in Pau bei Don Carlos' Gemahlin erwartet. Die Weisungen der Junta gingen dahin, die Ereignisse abzuwarten. Dabei rechne die Partei zunächst wieder auf die baskischen Pro⸗ vinzen. Da die Madrider Regierung genöthigt sei, die Son⸗ derrechte der Basken der öffentlichen Meinung im übrigen Spanien zu opfern, so seien die Carlisten überzeugt, daß die Unzufriedenheit, die unter den Basken deshalb 9 , müßte, bald einen neuen Aufstand hervorrufen werde, wobei denn der Beistand der Geistlichkeit und deren Einfluß auf die Bevölkerung gebührend in Anschlag komme.

Italien. Rom, 29. April. Nach der „Gazzetta“ von Neapel machten der König und die Königin von Griechenland vorgestern dem Prinzen und der Prinzessin Carl von Preußen ihren Besuch und nach ein paar Stunden die preu— ßischen Herrschaften den griechischen ihren Gegenbesuch.

In der Sitzung der Deputirten kammer vom 26. befragte der Abg. Francesco Paternostro den Minifter des Innern wegen des Verbotes der Volksversammlung in Mantua. Herr Nicotera erklärte, daß er im All⸗ gemeinen dem Grundsatze des Barons Ricasoli huldige, Vollsvoersammlungen dürfen nicht verboten werden, weil liberale Regierungen Repressiv⸗, aber keine Präventivmaßregeln gegen sie anwenden müssen“, daß aber auch liberale Regierungen von dieser Sache Ausnahmen machen dürfen, wenn sie die Ab⸗ haltung von Volksversammlungen unter Umftänden für gefährlich erachten. Für den gegenwärtigen Fall verlange er eine Indemnitätsbill, weil der angekündigten Versamm⸗ lung, auf welcher die Abschaffung der gesetzlich eingeführten und unentbehrlichen Mahlstener verhandelt werden sollte, ander⸗

wärts bereits hächst bedauernswerthe Unordnungen voraus— gegangen und die Gemüther im Allgemeinen so aufgeregt gewesen wären, daß auch in Mantua Excesse in Aussicht gestanden hätten. Die Regierung gedenke dem Parlamente bald Modifikationen des die Mahlsteuer betreffenden Gesetzes vorzuschlagen, wodurch die Ausführung desselben für die Steuerpflichtigen weniger vexatorisch die Einnahme der Staatskasse aber nicht vermindert würde. Nachdem Herr Nicotera schließlich die Hoffnung ausge⸗ sprochen hatte, daß das Land die betreffende Vorlage des Finanz-Ministers geduldig abwarten und sich durch Aufreizun⸗ gen von Unruhestiftern, welche ganz andere Dinge als das

Wohl der Bevölkerungen im Auge hätten, nicht irre machen lassen werde, erklärte sich der Interrogant mit dem ministeriellen Bescheide zufrieden und bereit, dem

Ministerium die verlangte Indemnitätsbill zu votiren. Darauf befragte der Abg. Massari den Minister des Innern wegen der in Corato vorgekommenen Unordnungen und welche Maß⸗ regeln die Regierung ergriffen, um die Schuldigen zu bestrafen

und ähnlichen Auftritten vorzubeugen, indem er hinzu⸗ fügte, daß für die in Corato der dortige demokra—⸗ tische Verein zur Verantwortung gezogen werden müßte.

Hr. Nicotera erklärte, daß, sobald er von den Unruhen in Corato in Kenntniß gesetzt worden, energische Befehle zu ihrer Unterdrückung abgegangen wären, daß die Schuldigen verhaftet seien und der gerechten Strafe nicht entgehen würden. Sollte sich bei der angeordneten Untersuchung herausstellen, daß der demokratische Verein von Corato die Unordnungen angestiftet habe, so soll er nicht nur aufgelöst, sondern auch die schuldigen Mitglieder desselben bestraft werden. Nachdem der Minister noch die Schlußbemerkung gemacht hatte, daß nicht die Regie⸗ rungstaxen sondern die Kommunalsteuern den Vorwand zu den Unruhen gegeben hätten, erklärte sich der Interrogant mit der Antwort des Herrn Nicotera befriedigt. Nach Erledigung der Interrogationen trat die Kammer in die Berathung des Ge⸗ setzentwurfs ein, welche die Lage der ackerbautreibenden Bevölkerung betrifft.

Am 27. setzte die Kammer die Verhandlungen über den Gesetzentwurf fort, wonach eine Untersuchung über die Lage der italienischen Landbevölkerung angestellt wer— den soll. Es sprachen die Abgeordneten Alvisi, Correnti, Tos⸗ canelli, Nervo, Corte. Der Minister entgegnete auf die ihm ge⸗ machten Empfehlungen. Gestern sollte zum Schluß der General⸗ berathung der Berichterstatter Boselli das Wort ergreifen.

Auf der Versammlung der sardinischen Bischöfe und Erzbischöfe in Oristano soll nur über Disziplinarfragen verhandelt werden. Schaaren von französischen Pilgern kommen über Nizza und Genua, andere über den Mont Cenis nach Rom, um am 5. Mai, dem Tage Pius V. vom Papste gesegnet zu werden.

Griechenland. Athen, 2. Mai. (W. T. B.) Der Prozeß gegen das Gesammt-Ministerium Bulgaris wegen Verletzung der Verfassung hat gestern seinen Anfang ge—⸗ nommen. Die Angeklagten Bulgaris, Valassopulos, Nicolopulos und Grivas erschienen persönlich auf der Anklagebank, Tringhetta war durch Krankheit entschuldigt.

Türkei. Konstantinopel, 1. Mai. (W. T. B.) Der General⸗Direktor der Posten und Telegraphen, JHaver Pascha, wird morgen in Begleitung des General-Sekretars von hier ab⸗ reisen um sich behufs Abschlusses von Postkonyentionen nach Wien, Rom und Paris zu begeben. Der Pforte ist ein Telegramm aus Ragusa vom gestrigen Tage zugegangen, nach welchem 600 flüchtig gewordene Familien in die Heimath zurückkehren wollen. Behufs der Rückkehr derselben sind ent⸗ sprechende Maßregeln getroffen.

Der „Agence Havas“ geht eine aus südslavischer Quelle stammende Meldung aus Ragusa vom 1. Mai zu, welche bestreitet, daß die Verproviantirung von Niksie in der in den tür— kischen Berichten behaupteten Weise stattgefunden habe und hier⸗ über vielmehr Folgendes wissen will: Moukhtar Pascha sei am Freitag in fortwährendem Gefecht mit den Insurgenten in Presjeka angekommen. In der darauf folgenden Nacht hätten sich 500 Einwohner aus Niksie aufgemacht und die von Mukhtar. Pascha bei seinem vorigen mißglückten Zuge gegen Nikfie in Presjeka zurückgelassenen Proviantvorräthe auf ihren Schultern nach Niksic hereingeholt. Moukhtar Pascha hätte zwar am Sonnabend die Aufständischen aufs Neue an⸗ gegriffen, auch eine Verschanzung derselben weggenommen; nach einem den ganzen Tag hindurch dauernden Gefechte sei Moukhtar Pascha jedoch schließlich genöthigt worden, sich nach Nozdrew zurückzuziehen, wo er sogar von den Insurgenten ein⸗ geschlossen sein solle.

2. Mai. (W. T. B.) Eine der Regierung aus der Herzegowing zugegangene Meldung lautet dahin, daß Moukhtar Pascha wieder in Gaczko eingetroffen ist, nachdem er Niksie verproviantirt hatte. Auf dem Ruückmarsche hat Moukhtar Pascha mehrfache siegreiche Gefechte bestanden.

Rumänien. Bu karest, 1. Mai. (B. T. B.) Auf Veranlassung der Regierung ertheilte die Deputirtenkammer in ihrer heutigen Sitzung dem Ministerium ein Vertrauens⸗ votum.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 29. April. Die „St. Petersb. Wedomosti“ wendeten in diesen Tagen der polnisch-jesuitischen Agitation in Angelegenheiten des Orients ihre Aufmerksamkeit zu; das Blatt sagt, die polnische Propaganda habe sich mit den Jesuiten vereinigt und Rom zum Zentrum ihrer Thätigkeit gewählt. Es sei der polnischen Propaganda die Idee aufgetaucht, daß der gegen⸗ wärtige Moment höchst günstig sei, ihre Zwecke zu verfolgen und mit Benutzung der orientalischen Wirren sich an die Spitze der Bewegung zu stellen. Mit der Ankunft des Kardinals Ledochowsky in Rom habe im Vatikan eine er⸗ höhte Thätigkeit begonnen. Pius IX. habe mit dem polnischen Kardinal fortwährend Berathungen. Die Thätigkeit desselben habe sich aber nicht auf Rom beschränkt, sondern ent⸗ falte sich über Deutschland und Rußland, Oesterreich und Frank⸗ reich, selbst das protestantische England erfreue sich der Auf⸗ merksamkeit des Kardinals. Daß Graf Ledochoweky und die ihm ergebene Partei eine wichtige Rolle bei den sogenannten „diplomatischen Enthüllungen“, welche zuerst in dem klerikalen römischen Blatt, Roma“ eischienen, gespielt habe, sei keinem Zweifel unterworfen. Seit der Ankunft Ledochowskynss im Vatikan seien die polnischen Träumereien wieder aufgelebt, der Ton ihrer Organe sei provozirend geworden. Besonders zeichne sich in dieser Beziehung der „Dziennik Polski“ aus, dessen Konstantinopeler Korrespondent offen die Meinung ausgesprochen habe, daß die Polen die orientalischen Wirren zur Wiederherstel⸗ lung ihrer politischen Selbständigkeit benußen müßten, wobei er sich direkt an Oesterreich gewendet, welches gegen den russi—

schen Panslavismus die Waffen ergreifen müßte, der bei den Südslaven sich bemerkbar mache und schleunige Maß⸗ regeln erfordere, um mit Erfolg „gegen diese Hodra anzu⸗ kämpfen.“ ... „Wie bekannt,“ fügt das Blatt hinzu, „giebt es in Europa keine einzige politische Verwickelung, welche die Phantasie des Polonismus nicht benutzte, um ihre unrealisirbaren Hoffnungen verwirklichen zu wollen. Ganz natürlich, daß die orientalischen Wirren ebenso wie die Macht des Kardinals Ledochowsky. Veranlassung zu neuen Träumereien boten. Zum Glück sind nicht nur die drei Kaiserreiche, sondern ganz Europa. von den Wohlthaten, welche man von dem slavischen Reiche, das sich zwischen dem Baltischen und dem Schwarzen Meere ausbreitet, ein Recht zu erwarten hat, überzeugt. Durch die letzte Erklärung der russischen Regierung zerfallen die Verleum— dungen der polnisch⸗klerikalen Agitatoren in Nichts. . . . .

Schweden und Norwegen. Christiania, 27. April. In der heutigen Sitzung des Storthinges wurde das ordent⸗ liche Budget des Kriegsdeparrtements in der von der Regierung beantragten und von dem Militärausschuß befürwor⸗ teten Höhe von 1,409, 000 Species einstimmig und ohne Debatte angenommen. Nur ein Posten, die Bewilligung von 1100 Species zur geistlichen Bedienung des Militärs auf den Uebungsplätzen, welchen der Militärausschuß zu streichen vorgeschlagen hatte, rief eine längere Debatte hervor. Mit 81 gegen 25 Stimmen wurde jedoch schließlich auch dieser Posten bewilligt.

Amerika. New⸗NJork, 1. Mai. (W. T. B.) Die Staatsschuld der Vereinigten Staaten hat sich im Monat April d. J. um 2,781,000 Doll. vermindert. Im Staatsschatze befanden fich Ende April 77,605,000 Doll. in Gold und 5,161,000 Doll. in Papier.

Mexiko, 12. März. Die in verschiedenen Theilen des Landes ausgebrochenen revolutionären Erhebungen entbehren bis jetzt jedes gemeinsamen Planes, und die Regierung scheint, soweit sich dies von hier aus beurtheilen läßt, die Be⸗ wegung im Allgemeinen zu dominiren. Ueberhaupt sind die vier Jahre des Friedens, die das Land genossen, nicht ohne moralische Wirkung geblieben; das Volk hat die Wohlthaten geregelter Zustände schätzen gelernt und läßt sich schwerer bewegen, wegen Personenfragen zu den Waffen zu eilen, als sonst wohl. Nur in dem Staate Oajaka scheint der Aufstand eine größere Ausdehnung gewonnen zu haben, da die Regierung, die Stärke der dortigen Insurgenten unterschätzend, mit unzulänglichen Kräften zum Angriff schritt und eine zweimalige Niederlage erlitten hat. Zur weiteren Bekämpfung des Aufstan⸗ des bedarf die Regierung vor Allem Geld. Der Präsident hat deshalb zunächst den Versuch gemacht, von einer Versammlung der bedeutendsten Kapitalisten Mexikos ein freiwilliges Anlehen von 500,000 Pesos zu erlangen. Da aber dieser Versuch ge— scheitert, so ist durch Dekret vom 6. d. Mts. für das ganze Land eine außerordentliche Kontribution von 7 Proz. von allen Kapitalen und Kapitalwerthen von über 20,9090 Pesos ausge— schrieben worden. Kapitale von 5 20,000 Pesos zahlen n Proz., Industrielle mit weniger als 5000 Pesos Kapital den Betrag einer Monatsmiethe ihrer Geschäftslokale ꝛc.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 2. Mai. Die Budgetkommission des Hauses der Abgze⸗ ordneten beschäftigte sich gestern mit den Vorlagen über den Ankauf der Eisenbahnstrecke Halle⸗Cassel durd' den Staat und die Zins—⸗ garantie für die Linie Halle⸗Sorau⸗Guben. Der erstgedachte Entwurf wurde einstimmig, der zweite mit 1 gegen 3 Stimmen ge⸗ nehmigt, nachdem dem Vorschlage des Abg Stengel gemäß ein Zu— satz beschlossen war, wonach die Staatsregierung die garantirten 5pro— zentigen Obligationen in 45 prozentige konvertiten soll.

Der Abgeordnete H. Kreutz (Altena ⸗Iserlohn) veröffentlicht in der „Köln. Ztg.“ eine Erklärung, daß er in der Sitzung vom 29. v. M. an welcher er wegen eines Fußleidens nicht habe theilnehmen können, unbedingt für den Gesetzentwurf, betreffend den Uebergang, der Eigenthums- und sonstigen Rechte des Staats an Eisenbahnen auf das Deutsche Reich gestimmt haben würde.

Vereinswesen.

Leipzig, 309. April. (Leipz. Ztg.) Heute Vormittag hielt der Reichsverein für Sach sen, welcher nach 5§. 2 seiner Statuten „die Bekämpfung reichsfeindlichr Bestrebungen durch festes Zusammen⸗ halten und thatkräftiges Zusammenwirken Aller, denen die Größe des. Reichs, dessen und der Einzelstaaten Wohlfahrt und kreiheitliche Ent- wickelung am Herzen liegt“, bezweckt, im Schüßenhause seine dies⸗ jährige Landesversammlung ab. Der erwählte Vorsitzende, Prof. Dr. Biedermann, berichte zunächst im Namen des Vorstandes über dessen Thätigkeit im verflossenen Vereins jahre und über den Stand der Vereingzangelegenheit seit der letzten Landesversammlung vom 18. April v. J. und schloß mit der Erklärung, daß der Verein mit dem Ergehniß einer Wirksamkeit bei den Landtagswahlen zufrieden sein könne. Die Presse anlangend, so habe der Vorstand in Lieser Richung dahin zu wirken gesucht, daß er an 98 Blätter im Lande gegen 50 größere Artikel verschiedenen Inhalts, welche in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ erschienen, in Abklatschen zur weiteren Verbreitung gesandt habe. Hinsichtlich des Wahlfonds wäre im Vergleich zu den An strengungen der sozialdemekratischen Partei eine größere Rührig- keit und Opferwilligkeit im Interesse des Vereinszweckes sehr wünschenswerth. Nachdem der Kaufmann Sparig den Kassenbericht erstattet hatte, ging man zu einer Besprechung über die nächsten Reichstagswahlen und über die dabei vom Verein den anderen Par⸗ teien gegenüber einzunehmende Stellung über, aus der nur erwähnt werden mas, daß im Vorstand selbst darüber, ob man gegebenen Falls zu einem Kompromiß mit den Konservativen und, der Fortschritts—⸗ partei die Hand bieten solle, im Prinzip eine Einigung nicht zu er— zielen gewesen ist. Als weitere Gegenstände standen auf der Tageg- ordnung noch Verabredungen mit den anwesenden Geschäftsführern des Vereins und sonftigen Vertrauensmänzern über die Organisation der Partei in den einzelnen Wahlkceisen, und die Neuwahl des Vor⸗

standes. . ; Kunst, Wissenschaft und Literatur

Professor Dr. Behn wurde einstimmig zum Präsidenten der Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinischen deutschen Akademie der Natur⸗ forscher in Dresden wiedergewählt.

Die große goldene Medaille, welche dem Dr. Nach ˖ tigal von der Pariser geographischen Gejellschaft verliehen worden ift, hat einen Durchmesser von 68 Millimetern und (nen Geldwerth von nahezu 1600 Francs (800 M6). Auf der einen Seite trägt sie das Reliefbild der Minerva, auf der anderen eine Eichen krone, um welche herum und in welcher sich die Inschrift befindet: Société de Géographie, foudée à Paris en 1821, au doctenr G. Nach- tigal, pour ses voyages dans l'Afrique centrale 1869 - 1874.

Rom, 29. April. It. R) In Corleona auf der Insel Sicilien und auch in Rom wurde gestern früh gegen? Uhr Erd—

beben verspürt. Gewerbe und Handel. . Vom Berliner Pfandbrief-Institut sind bis Ende April er. 25.513, 200 Ss 4oso0 und 6,4 600 M 5e, zusammen 52,317,890 S Pfandbriefe ausgegeben. Es sind zugesichert, aber