werden auf die Kreissynodalkassen nach Maßgabe der in den §§. 72, 73 daselbst aufgestellten Normen repartirt, . Sowohl der Beschluß über die Bewilligung der Ausgabe als die Matrstel bedarf der Bestätigung durch die Staatsbehörde. Die Be⸗ stätigung ist insbesondere zu versagen, wenn Bedenken hinsichtlich der Srdnungsmäßigkeit des Beschlusses, der Angemessenheit des Verthei⸗ lungsmaßstabes, oder der Leistungsfähigkeit des Bezirks beste hen. Art“ 14 Rirchengesetze, durch welche neue Ausgaben zu landet kirchlichen Zwecken bewilligt werden (5. 14 der General Synodal⸗ ordnung vom 20. Januar 1876) und die endgültige Vereinbarung zwischen der Generalsyndde, und der Kirchenregierung über die Ver theilung der Umlage auf die Provinzen (58. 14 Absatz 2daselbst) be dürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung des Staats Ministeriums. Die Zustimmung ist in der Verkündigungsformel zu
rwähnen. z Hi Königliche Verorduung über vorläufige Feststellung des Ver= theilungsmaßstäbes (6. 14, Absatz 2) ift von dem Staats ⸗Ministerium
gegenzuzeichnen. .
Für die Untervertheilung in den Provinzen Preußen, Branden- burg? Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen kommt Artikel 10 zur Anwendung. Die Untervertheilung in der Provinz Westfalen and der Rheinprovinz erfolgt nach Maßgabe des § 135 der Kirchen ordnung vom 5. März 1835. Wegen der Bestätigung der Matrikel fur die Vertheilung auf die Kreissynoden findet Artikel 10, Absatz 2, und wegen der Vertheilung der Antheile der Kreissynoden auf die Gemeinden Artikel 3 Anwendung.
Art. 142. Die Gesammtsumme der auf Grund der Art. 9 Nr. 3, und 13 Nr. 2 zu beschließenden Umlagen darf,. — abgesehen von den Synodalkosten, — für pro- vinzielle und landeskirchliche Zwecke vier Prozent der Gefammtsumme der Klassen⸗ und Einkommensteuer der zur evangelischen Landeskirche gehörigen Bevölkerung nicht überst eigen. — (
Wie viel von den innerhalb dieser Grenzen zuläs— sigen Umlagen durch die Provinzialsynoden und wie viel durch die Generalsynode ausgeschrieben werden kann, wird durch landeskirchliches Gesetz bestimmt. .
Kirchengesetze, welche diesen Prozentsatz überschrei ten, bedürfen der Bestätigung durch ein Staatsgesetz. Dasselbe gilt, wenn Kirchengesetze eine Belastung der Gemeinden zu Gemeindezwecken anordnen oder zur
Folge haben. Auf die Stadtsynode Berlin dürfen keine provin⸗—
ziellen Umlagen ausgeschri eben werden.
Art. 3 und 10 wurden ohne Debatte genehmigt.
Nach den durch gesperrten Satz hervorgehobenen Vorschlä—⸗ gen der Kommission soll durch Repartition für jede bestimmte Gemeinde ein bestimmter Matrikularbeitrag zur Kreissynodal⸗ kasse festgesetzt werden, und zwar soll eine bestimmte Grenze fest⸗ gestellt werden, welche ohne Zustimmung des Landtags nicht über⸗ schritten werden darf. Der Abg. Klotz (Berlin) wollte ein Besteue . rungssystem in der Weise durchführen, daß als Norm ein bestimmter Prozentsatz des in jedem Jahre für die Mitglieder der Kirchen⸗ gemeinde festgestellten Einnahme⸗Solls der Klassen⸗ und klassi⸗ fizirten Einkommensteuer maßgebend sein sollte. Der Abg. Richter (Sangerhausen) wünschte den Maximalsatz von vier Prozent der Klassensteuer in der Weise vertheilt zu sehen, daß durch die Provinzialsynoden für provinzielle Zwecke drei, durch die Generalsynode für landeskirchliche Zwecke ein Prozent ausgeschrieben werden könne. Der Abg. v. Benda erklärte, trotz mancher Bedenken für die Kommissionsfassung stimmen zu wollen. Rachdem der Abg. Dr. Techow das Amendement Richter empfohlen, führte der Abg. Dr. Wehrenpfennig zu Gunsten der Kommissionsfassung, welche auch vom Ministerialdirektor Dr. Förster empfohlen wurde, aus, daß man der Generalsynode ohne Besorgniß vor möglichen Fehlgriffen die relative Selbst⸗ stndigkeit der Kommissionsbeschlüsse gewähren könne, da sich augenblicklich die provinziellen und landeskirchlichen Be⸗ dürfnisse nicht übersehen ließen. Der Abg. Schmidt befürwortete den Richterschen Antrag, worin sich ihm im Wesent⸗ lichen der Abg. Miquel anschloß. Der Staats⸗Minister Dr. Falk bestritt, daß bei der Zusammensetzung der aus Wahlen hervor⸗ gegangenen Generalsynode die Befürchtungen der Abgg. Schmidt und Miquel begründet seien. Nach einem Schlußwort des Referenten wurden Art. 14 und 14a mit Ausnahme des letzen Absatzes von 14a. in der Fassung der Kommissionsbeschlüsse angenommen. Der Ministerial⸗Direktor Dr. Förster sowie die Abgg. Dr. Wehren⸗ pfennig und Miquel erklärten sich gegen die von der Kommis⸗ sion vorgeschlagene Privilegirung der Stadt Berlin. Außerdem betheiligten sich an der Debatte hierüber und zugleich über Art. 8 und Sa. die Abgg. Dr. Techow und Dr. Virchow. Nach einigen Bemerkungen des Referenten wurde der Art. 8 mit einer redaktionellen Aenderung, und Art. Sa. unverändert nach der Fassung der Kommission angenommen, endlich der letzte Absatz des Art. 142. gestrichen. Die Art. 15 bis 19 wurden bis zum Schluß des Blattes ohne Debatte genehmigt.
— Nach 5§. 96 der Vormundschaftsordnung kann im Gel⸗ tungsbereich -der Depositalordnung vom 15. September 1783 die Auszahlung von Geldern aus dem Depositum auf Grund der dem Vormund erst durch die Vormundschafts⸗ ordnung übertragenen Rechte vor dem 1. Januar 1878 nicht verlangt werden. Da gleichwohl Auszahlungen aus dem Hinter⸗ legungsfonds an Vormünder in Widerspruch mit F§. 96 a. a. O. mehrfach angeordnet sind, so hat der Justiz⸗Minister in Gemäß⸗ heit eines Wunsches des Finanz Ministers die Vormundschafts⸗ gerichte auf die Unstatihaftigkeit solcher Anordnungen mit dem Bemerken hingewiesen, daß der Finanz⸗Minister nicht abgeneigt sei, einzelnen auf besondere Umstände gegründeten Anträgen der , auf Auszahlung des Guthabens der Mündel statt zu geben.
— Nach neueren Briefen aus Hayti scheint die in Jacmel ausgebrochene Revolution sich mehr und mehr auch über andere Theile der Insel verbreitet zu haben. Die inzwischen telegraphisch gemeldete Niederlage der Regierung und Flucht des Präsidenten Domingue nach St. Thomas dürfte hierdurch ihre indirekte Bestäti ung erhalten. Uebrigens lagen mehrere fremde Friegsschiffe (amerikanische, französische und englische) in den verschiedenen Häfen der Republik. Sr. Majestät Kriegsschiff „Victoria“ (Kapitän Donner) war am 4.5. April von Kingston nach Jacmel gegangen.
— Die „Weser⸗3.“ macht in ihrem Leitartilel vom 4 d. M. auf den Widerspruch aufmerksam, in welchen die Fortschritts⸗ partei des Abgeordnetenhauses dadurch verfallen sei, daß sie jetzt beschlossen habe, sich mit Beibehaltung des Dreiklassen⸗ Wahlsystems für die Stadtverordnetenwahlen bedingungs⸗ weise einverstanden zu erklären. Der Abg. Dr. v. Sybel hat sich in der Sitzung des Abgeordnetenhauses am 2. d. M. bei Gelegenheit der Eisenbahnfrage ebenfalls gegen dieses Wahlsystem, als „die Waffe des Sozialismus“ ausgesprochen. Dagegen hat auf dem westfälischen Städtetage zu Hamm der Ober⸗ Bürgermeister With. Becker von Dortmund das Dreiklassen⸗ wahlsystem gerade aus dem Grunde bekämpft, weil dasselbe den Sozialismus befõrdere.
— Der General⸗Lieutenant von Berger, von der Armee und Gouverneur von Ulm, ist von dort mit kurzem Urlaub hier eingetroffen.
— Der österreichisch⸗ungarische Minister des Aeußern, Graf Andrassy, wird, der auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers an ihn ergangenen Einladung folgend, am 9. Mai in Berlin ein⸗ treffen.
— Die am 15. d. M. in Kraft tretenden Fahrpläne der Oberschlesischen und der Nassauischen Eisenbahn liegen der heutigen Nummer d. Bl. bei.
Bayern. München, 3. Mai. (Allg. Ztg) Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung der Abgeordneten kam⸗ mer stand die Prüfung der Wahlen des Wahlkreises Mün⸗ chen J. Eine längere Diskussion rief ein Antrag Fischers hervor, wonach die allgemeine und die spezielle Diskussion zu vereinigen, die Spezialdiskussion der Anträge 1 und 2 aber zu trennen sei, sowie ein Antrag Jörgs, welcher der Spezialdiskussion eine allge⸗ meine voranschicken wollte. Der Antrag Fischers wurde abgelehnt, Jörgs Antrag angenommen. Der Referent Hauck leitete die Generaldiskussion ein und verwies auf seinen Bericht. Der erste Redner, Huhn, griff hauptsäch⸗ lich den Münchener Magistrat in heftigster Weise an. Frankenburger gab die Erklärung ab, daß die liberale Partei sich an der Generaldebatte nicht betheiligen werde, da ja der Vorredner gezeigt habe was alles in der Generaldiskusston zu sagen sei. Was die Liberalen zu sagen hätten, würde bei der Spezialdiskussion erfolgen. Außerdem sprach Schels für die Kasstrung der Münchener Wahlen, wobei er den Aus⸗ druck gebrauchte: die Distriktsbeamten seien mit Be⸗ dienteneifer den Anordnungen des Ministeriums nachge⸗ kommen. Dieser Ausdruck wurde von dem Minister Pfeufer energisch zurückgewiesen, und dem Abg. Schels, nach Feststellung, daß er den Ausdruck wirklich gebraucht habe, nachträglich ein Ordnungsruf Seitens des Präsidenten ertheilt. Hierauf wurde in die Spezialdebatte eingetreten. Nachdem Hauck den Antrag auf Vernichtung der Urwahlbezirkseintheilung u. s. w. motivirt hatte, ergriff der Ministerial⸗Kommissar Riedel das Wort und vertheidigte den Magistrat wegen der Bezirkseintheilung; das Verfahren desselben sei kein derartiges gewesen, daß man ihm Gesetzwidrigkeit vorwerfen könne. Riedel bewies ziffermäßig, daß die von Hauck angeführten Beispiele über Unregelmäßig⸗ keiten der Distriktseintheilungen nicht richtig seien, daß viel⸗ mehr gerade die Eintheilungen des Magistrats wohlbegründet waren. Früher habe man die Wahlen nur kassirt, wenn eine ganz eklatante Gesetzverletzung vorlag. Der Magistrat habe, wie die Akten nachweisen, bei der Bezirksbildung jenes Verfahren beobachtet, das er beobachten mußte, die übrigen Dinge seien nicht genug untersucht und aufgeklärt, um auf Kassation zu er— kennen. Der Korreferent Sing vertheidigte demnächst in länge⸗ rer Rede den Standpunkt der Minderheit des Ausschusses und gab zu, daß Verstöße vorgekommen seien; die Urwahlen in den betreffenden an Bezirken seien zu vernichten. Kopp sprach für den Komm en. Santrag und erklärte schließlich: Läßt der Magistrat wiel . der letzten Eintheilung wählen, so kassiren wir wieder.. fert Lrat in längerer Ausführung den dem Magistrat a, n Vorkvürfen entgegen, wendeie sich sehr ent⸗ schieden Ges ( hef wider die Wahlkommissäre erhobene Beschul⸗ digur ! *uCäT, dte e ießlich die Rechtsfrage. Nach der Rede Wulferts beantragte Schauß Vertagung der Debatte, womit fich die Kammer einverstanden erklärte. Morgen wird die Be⸗ rathung fortgesetzt.
— Die 8. Abtheilung der Kammer der Abgeordneten war gestern Abend einige Stunden mit der Berathung über Prü⸗ fung der Wahlen des Wahlkreises München II. beschäftigt. Die Mehrheit hat, gegen den Widerspruch der liberal gesinnten Abgeordneten, beschlossen, diese Wahlen als gültig zu erklären; auch soll der Kammer kein schriftlicher, sondern nur ein münd⸗ licher Bericht erstattet werden.
— 4. Mai. (W. T. B.) Bei der heute fortgesetzten Be⸗ rathung der Abgeordnetenkammer über die Kassation der Abgeordnetenwahlen von München J. wurde der von Hormann und Schauß gestellte Antrag, die Sache zur weiteren Prüfung und Veranlassung weiterer Erhebungen an die Ab⸗ theilung zurückzuverweisen, abgelehnt und der Absatz 1 und 2 des Kommissionsantrags, worin die Kassation der Wahlen von München J. ausgesprochen und ferner das Ministerium aufgefordert wird, dafür zu sorgen, daß der Münchener Magistrat bei den vorzunehmenden Neuwahlen das Wahlgesetz besser beobachte, in getrennter Abstimmung bei Namensaufruf mit 77 gegen 65 Stimmen angenommen.
Sachsen. Dresden, 4 Mai. Beide Kammern hielten heute Sitzungen ab. Die Erste Kammer erledigte eine An⸗ zahl Petitionen. Die Zweite Kammer nahm den bezüglich des Gesetzentwurfs, betreffend die Entschädigung der Geistlichen und Kirchendiener für den Wegfall von Gebühren, vereinbarten und von der Ersten Kammer bereits acceptirten Vermittelungs⸗ vorschlag nach kurzer Diskussion gegen 9 Stimmen an und be⸗ willigte hierauf fast ohne Debatte die Positionen 23 und 24 des Einnahmebudgets, Grundsteuer und Gewerbe und Personal⸗ steuer, wie sie sich nun nach dem vorgestern gefaßten Beschlusse gestalten. Auf Antrag der Finanzdeputation (Abth. X.) wurde sodann beschlossen, die Staatsregierung um Vorlegung eines Gesetzentwurfs, die Tagegelder und Reisekosten der Staatsdiener betreffend, zu ersuchen. Zum Schluß erledigte die Kammer eine Anzahl von Petitionen um Erbauung von fiskalischen Chausseen und Brücken.
Württemberg. In der Sitzung der Kammer der Standesh erren vom 28. v. M. fragte der Frhr. . Gemmingen den Ju stiz⸗Minister v. Mittnacht, ob er die Absicht habe, an eine Neuordnung des Vormundschaftswesens zu gehen. Der Minister antwortete: Er habe eine gewisse Scheu, ein der Reichs ⸗Gesetzgebung überwiesenes und von ihr voraussichtlich bald in Behandlung zu nehmendes Gebiet jetzt noch für die Landesgesetz⸗ gebung in Anspruch zu nehmen. Bald könnte einer württembergischen
Vormundschaftsgesetzgebung eine deutsche nachfolgen, und dieser
Wechsel wäre gewiß nicht zweckmäßig. Wünsche aber das Haus entschieden, daß man an eine neue Vormundschaftsordnung herantrete, so würde der Minister vorerst dem obersten Landes⸗ gericht die Frage vorlegen. Freiherr v. Gültlingen hielt eine Neuordnung in Württemberg für angezeigt, und führte Bestim⸗ mungen aus der bisherigen Ordnung an, um die Nothwendig⸗ keit der Regelung zu erweisen. Preußen habe erst 1875 eine selbständige neue Vormundschaftsordnung erlassen. Darauf erklärte der Ju stiz⸗Minister: Was Preußen thun kann, können wir nicht immer auch thun. Die Materie ist in der Reichs⸗Civilgesetzgebungs⸗Kommission bereits in Arbeit ge⸗ nommen, und Preußen ist vorgegangen, weil es von der Ansicht ausgeht, daß seine Vormundschaftsordnung die Grundlage der
deutschen bilden werde. Wenn die Kammer dafür ist, daß wir das preußische Gesetz jetzt schon übernehmen, möge sie sich in diesem Sinne aussprechen. Frhr. v. Gültlingen stand auf diese Erklärung des Ministers hin von einem Antrage ab. Irhr. v. Gemmingen erklärte sich von der Mittheilung des Ministers ebenfalls befriedigt.
Baden. Karlsruhe, 3. Mai. Bei dem Antrag für 1870 und 1877 die Einnahme der badischen Eisenbahn⸗ Betriebsperwaltung mit jährlich 62,022,162 „S6, und die Ausgabe mit 49, 3833, 404 S zu genehmigen (somit Reineinnahme von über 129 Mill. S) führt der Bericht des Abg. Dennig für die Erste Kammer aus, daß sich dabei eine durchschnittliche Rein⸗ einnahme von 1 Kilometer auf 11,895 (S6 stellt bei einer Be⸗ triebssstrecke von 1062, Kilometer Staatsbahnen und gepachteten Strecken mit Ausschluß der Privatbahnen. Dies Ergebniß wäre, wenn es erreicht wird, nach Ansicht der Kommission als sehr befriedigend zu bezeichnen, da es den Voranschlag für das nicht ungünstige Jahr 1873 um 864 „S6 für den Kilometer übersteigt.
— 4. Mai. (W. T. B.) Nachdem die Zweite Kammer gestern die Generaldebatte über die Schulgesetz⸗ novelle beendigt hatte, wurde heute der erste Artikel, betreffend die gesetzliche Einführung gemischter Schulen mit Beibehaltung des konfessionellen Unterrichts mit allen gegen die Stimmen der Ultramontanen angenommen.
Hessen. Darmstadt, 3. Mai. Der König der Bel⸗ it wird morgen zum Besuche des Prinzen Ludwig hier ein treffen.
Anhalt. Dessau, 2. Mai. Wie der „St.⸗A.“ mittheilt, ist der Erbprinz in München am Schleimfieber erkrankt. Die neuesten Nachrichten über den Gesundheitszustand des Erb- prinzen lauten weniger beunruhigend.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 3. Mai. Die gesammte hiesige Presse beschäftigt sich, sagt die ‚„Wien. Abdpost.“ mit der Mittheilung der „Politischen Correspondenz“ über den Abschluß der zwischen den Ministerien beider Staatsgebiete der Monarchie gepflogenen Ausgleichs verhandlungen. Uebereinstimmend wird die Nachricht, daß im Rathe der Krone eine vollständige Einigung bezuglich der Erneuerung der staatsrechtlichen Beziehun⸗ gen zwischen den im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Län⸗ dern und den Dependenzen der Stephanskrone erzielt worden sei und daß diese Einigung auch die Ouotenfrage betreffe, mit eben so viel patriotischtr Genugthuung als lebhafter Anerkennung für alle an den Verhandlungen betheiligten Faktoren begrüßt. Insbesondere verdient hervorgehoben zu werden, daß der Partei⸗ standpunkt der einzelnen Organe gegenüber der allgemeinen freudigen Würdigung des Ereignisses überwiegend in den Hinter⸗ grund tritt. Vielfach wird dem Gedanken Ausdruck gegeben, daß es bei dieser Vereinigung weder Niederlagen, noch Siege, sondern nur eine Verständigung über Interessen gegeben habe, bei welcher jedem Theile sein gutes Recht ge⸗ worden sei. Und ganz insbesondere wird in „innig dank⸗ barer Verehrung“ Sr. Majestät des Kaisers gedacht, dem, wie die „Tagespresse“ hervorhebt, der Löwenantheil an dem Erfolge des Tages gebühre. Seine Weisheit habe vom ersten Momente an den Standpunkt dargelegt, von welchem allein die richtige Lösung der aufgetauchten Fragen herbeizuführen gewesen sei.
— Die Königin der Belgier traf heute Morgens hier ein, und wurde von dem Kaiser auf dem Westbahnhofe empfan⸗ gen. Nachmittags reiste die Königin nach Pest weiter.
Der Minister⸗Präfident Fürst Adolf Auersperg hat seinen
durch die Ausgleichsverhandlungen mit der ungarischen Regie⸗ rung verzögerten Urlaub nunmehr angetreten und sich zu vier⸗ wöchentlichem Kurgebrauche nach Karlsbad begeben. Die Ge⸗ schäfte des , wird inzwischen der Minister des Innern, Freiherr v. Lasser führen. . — Die Bankfrage ist, wie die „N. Fr. Presse“ mittheilt, in der Weise geregelt worden, daß in Pest eine Bankdireklion mit ausgedehnten Prärogativen geschaffen und nur die Regelung einzelner Hauptpunkte der Centraldirektion der Nationalbank gewahrt wird. Es bleibt demgemäß auch der Metallschatz im ungetheilten Besitze der Bank, welcher es über⸗ lassen ist, nach ihrem Gutdünken mit der ungarischen Regierung ein Uebereinkommen darüber zu treffen, ob even muell ein Theil des Metallschatzes in Pest deponirt werden solle. Das Prinzip der einheitlichen Note, der einheitlichen Währung und der Einheit des Baarschatzes wurde somit aufrechterhalten.
Der „Pol. Corr. wird unterm 1. aus Berlin geschrieben: Die Lebhaftigkeit, mit der man in Wiener Blättern sich gegen die Normen wendet, welche das deutsche Reichsbank-Direk⸗ torium für die Beleihung von Papieren erlassen hat, und in welchen allerdings die österreichischen Papiere aus dem Geschäfts⸗ kreise der Bank gelassen sind, hat hier naturgemäß große Auf⸗ merksamkeit gefunden. Es ist als vollständig unrichtig und tendenziös zu bezeichnen, wenn die Nichtlombardirung öster— reichischer Papiere als eine Maßregel, charakterisirt wird, welche einer gegen Desterreich gerichteten Tendenz ent⸗ sprungen wäre. Die Deutsche Bank ist in ihrer Geschäftsführung zunächst der Nachfolger der bisherigen Preußischen Bank und hat aus dem Geschäftsgebrauche dieser auch ihre Geschäfts normen entnommen. DOesterreichische Papiere sind nun ebensowenig wie französische, englische oder italienische als solche angesehen worden, auf welche sich das Lombardgeschäft der Bank zu erstrecken hat. Es handelt sich also um nichts Neues. Bei dieser Gelegenheit ist auch zu erwähnen, daß die an den Geschäften der Bank hauptbetheiligten Privaten mit diesen Normen nichts zu thun haben. Die hiesige Börse hat übrigens im Allgemeinen einen weit beruhigteren Charakter, und sind in den letzten Tagen nicht unerhebliche Posten österreichischer Renten und Loose zu Kapi⸗ talsanlagen aus dem Markte genommen worden.
— 4 Mai. (W. T. B. Die Delegationen beider Reichshälften sind, wie die „Politische Correspondenz“ meldet, auf den 15. d. M. nach Pest einberufen.
Lemberg, 3. Mai. Die polnischen Blätter melden, Graf Dzie dus zyek i werde sich morgen nach Wien begeben, um in einer Audienz beim Kaiser die beabsichtigte Niederlegung der Landmarschallswürde zu motiviren. Bis zur neuen Kon⸗ stituirung des Landtages werde dem Abg. Pietruski die Leitung des Landesausschusses anvertraut werden.
Pest, 3. Mai. Die hiesigen Blätter besprechen den ab ge⸗ s chlos enen Ausgleich in größtentheils maßvoller Weise. „Ellenör“ bezeichnet es als großen Gewinn, daß wenigstens der quälenden Ungewißheit ein Ende gemacht ist. „Naplo“ giebt seiner Ueberzeugung Ausdruck, daß der ungarische Reichstag das
von der Regierung getroffene Uebereinkommen genehmigen werde. „Hon“ sagt, daß die Geschichte den Minister⸗Präsidenten Tisza
wegen seines Entgegenkommens nicht verurtheilen werde. Nur das Organ der Radikalen „Egyertetes“ verwirft entschieden den Ausgleich.
Schweiz. Bern, 4. Mai. (W. T. B.) Die Kom⸗ mission des Nationalraths für das Fabrikgesetz hat bei der zweiten Lesung den Normalarbeitstag auf 11 Stunden fest⸗ gesetzt. -In Neuenburg wurde heute unter zahlreicher Theil⸗ nahme der Bevölkerung das Denkmal des Reformators Wil⸗ helm Farel enthüllt.
Niederlande. Haag, 30. April. Der König und sein Bruder, Prinz Heinrich, halten sich seit einigen Tagen in Amsterdam auf. Prinz Alexander, der jüngste Sohn des Königs, ist hier von seiner Reise nach Algerien zurückgekehrt.
— Die Erste Kammer der Generalstaaten hat den Gesetz⸗ entwurf des Ministers des Innern, Heemskerk, zur Reorgani⸗ sation des höheren Unterrichts mit 28 gegen 4 Stimmen angenommen. Der König hat das Gesetz gestern bestätigt. — Nach Erledigung dieser Angelegenheit hat sich die Erste Kammer bis auf Weiteres vertagt. Dagegen wird die Zweite Kammer am nächsten Dienstag ihre Thätigkeit wieder aufnehmen. — Die Wiedereröffnung der Dampferlinie zwischen Vlissingen und England ist nunmehr auf den 15. n. M. anberaumt. Bekannt⸗ lich sollen die Dampfer jetzt nicht nach Sheerneß, sondern nach Queensborough geführt werden.
— 1. Mai. Gestern wurde in Vlissingen der 200 jährige Todestag des Admirals de Ruyter, der am 29. April in einer Seeschlacht an der sizilischen Küste fiel, festlich begangen. Ebenso fanden in allen Marineschulen entsprechende Feierlich keiten statt.
Großbritannien und Irland. London, 3. Mai. (E. C.) Die Regierung hat gemäß einer Parlamentsacte von 1870 es ab⸗ gelehnt, den amerikanischen Fälscher Winsloe aguszu⸗ liefern, nachdem die amerikanische Regierung die Zusicherung verweigert hat, daß die Untersuchung gegen Winsloe sich auf das Verbrechen beschränken werde, auf welches hin seine Aus⸗ lieferung verlangt worden ist. Die auf die Streitfrage bezüg⸗ liche Korrespondenz wird dem amerikanischen Kongresse vor⸗ gelegt werden und voraussichtlich die Aufhebung des im Jahre 1848 abgeschlossenen Auslieferungsvertrages erfolgen.
— Die Proklamation, in welcher die Königin Victoria die Annahme des Titels ‚Kaiserin von Indien“ verkündigt hat, lautet wörtlich wie folgt:
„Victoria R. Nachdem eine Akte in der gegenwärtigen Parla⸗
mentsesston genehmigt worden ist, betitelt: „Eine Akte, um Ihre gnädigste Majestät ju ermächtigen, einen Zusatz den Königlichen Titeln anzufüzen, die sich auf die Herrscherkrone des Vereinten König⸗ reichs und seiner Besitzungen beziehen“, welche Akte besagt, daß es durch die Akte für die Vereinigung von Großbritannien und Irland vorgesehen war, daß nach dieser Vereinigung der Königliche Titel, welcher der Herrscherkrone des Vereinten König⸗ reichs und seiner Besitzungen zugehört, ein solcher sein solle, wie es Se. Majestät durch Se. Königliche Prokla— mation unter dem großen Siegel des Vereinten Königreichs zu beftimmen geruhen würde; und welche Akte ferner besagt, daß kraft der genannten Akte und einer Königlichen Proklamation unter dem großen Siegel, datirt vom 1. Januar 1801, unser gegenwärtiger Titel sei: „Victoria, durch Gottes Gnaden des Vereinten Königreichs von
Großbritannien und Irland Königin, Vertheidiger des Glaubens;
und welche Atte besagt, daß durch die Akte über die bessere Regi⸗ rung Indiens verfügt ward, daß die Regierung von Indien, welche bis dahin mit Unserem Vertrauen der ostindischen Kompagnte zuer—⸗ theilt war, auf Uns übergehen und daß Indien fortan von Uns und in Unserem Namen regiert werden solle, und daß es schicklich sei, daß nun eine Anerkennung der Uebertragung der Regierung mittelst eines Zafatzes an Unserem Titel vollzogen werde, und welche Akte, nach den genannten Aufzählungen, verfügt, daß es Uns erlaubt sein soll, mit Rücksicht auf eine solche Anerkennung, wie vorhin gesagt, der Uebertragung der Regierung von Indien, durch Unsere Königliche Proklamation unter dem großen Siegel des Ver— einten Königreichs den Titeln, welche gegenwärtig der Herrscherkrone des Vereinten Königreichs und seiner Besitzungen, zugehözen, einen solch'n Zasatz anzufügen, wie es Uns als , scheint; haben Wir es für passend erachtet, durch und mit Uebereinstimmung mit Ugserem eheimen Rath zu bestimmen und zu erklären, und Bir thun es sierdurch: fo wie es herkömmlich ist, bei allen Gelegenheiten und in allen Instrumenten, worin Unsere Titel verwendet werden mit Aus⸗ nahme aller Gnadenbriefe, Befehle, Patentbriefe, Verleihungen,
Schreiben, Verfügungen und anderer derartigen Instrumente, welche
in ihrer Wirkung sich nicht jenseits des Vereinten Königreichs er⸗ strecken, soll den Titeln, welche jetzt der Herrscherkrone des Vereinten Königreichs und seiner Besitzungen zugehören, der folgende Zusatz gemacht werden, daß es heiße in lateinischer Sprache in diesen Worten: „India Imperatrix und in englischer Sprache in diesen Werten: Empress of India-. Und Unser Wille und Gefallen ist es ferner, daß der gengnnte Zasatz in den Befehlen, Gnadenhriefen, Verleihungen, Schreiben, Verfügungen und anderen derartigen Instrumenten, welche vorhin beionders ausgenommen sind, nicht angewendet wer e Und Unfer Wille und Gefallen ist es ferner, daß alle Gold-, Silber⸗ und Kupfermünzen, welche sich jetzt als gesetzliche Münzen des Ver- einten Könkgreichs in Umlauf befinden, und alle Gold⸗ Silber⸗ und Kupfermnünzen, welche an oder nach diesem Tage von Unserer Behoͤrde mit den gleichen Zeicken geprägt werden, ungeachtet dieses Zu⸗ satzes an Unserm Titel als kurrente und gesetzliche Münzen des genannten Vereinten Königreichs betracktet und angenommen werden sellen; und ferner, daß alle für die Besitzungen des genannten Vereinten König⸗ reichs geyrägten oder aus denselben stammenden Münzen, welche durch Unsere Proklamation als kurrente und gesetzliche Münzen dieser Be— sitzungen erklärt sind, in Betreff der Führung Unseren Titel der eines Theiles davon, und alle Münzen, welche spaͤter in Uwbereinstimmung mit dieser Proklamation geprägt und ausgegeben werden, ungeachtet diefes Zufatz 3 fortfahren sollen gesetzliche ünd kurrente Münzen dieser Besitzungen zu sein, bis Unser Gefallen Weiteres darüber erklären wird? Gegeben an Unserem Hofe in Windsor am 28. Tage des April 1876, im 39. Jahre Unserer Regierung.“
— 4. Mai. (W. T. B.) Nachdem der Deputirte James dem Unterhause die Mittheilung gemacht hatte, daß er einen Antrag eingebracht habe, dahin gehend, der Regierung formell ein Tadelsvotum für die Sprache zu ertheilen, in welcher die Proklamation über die Annahme des neuen Titels abgefaßt ist, erklärte der Premier Disraeli, er fasse die Interpellation James nicht nur als ein Tadelsvotum auf, sondern als ein Mißtrauensvotum. Die Berathung derselben wurde auf nächsten Donner stag festgesetz. Im weiteren Verlaufe . der Sitzung erklärte der Kanzler der Schatzlammer dem Deputirten Wolff gegenüber, er halte eine Diskussion über das Arrangement, betreffend die zukünftige Verwaltung des Suezkanals,
für inopportun.
Frankreich. Paris 3. Mai. In den Marseiller Journalen wird folgender Brief des Handels⸗Ministers an den Deputirten Labadie Betreffs des Handels vertrags
mit Italien veröffentlicht: f h Paris, 26. April.
Herr Abgeordneter, Sie erweisen mir die Ehre, an mich zu schreiben, um mich zu fragen, ob bei der jetzigen Lage der Dinge nicht eine neue Verlängerung des alten Handelsvertrages mit IJlalien nöthig werden würde.
Die italienische Regierung hatte uns in der That ersucht, daß die eingeleiteten Unterhandlungen derartig geführt werden möchten, daß ein Arrangement in der möglichst kurzen Frist für eine Dauer von 10 Jahren getroffen werden könne. Aber bei der allgemeinen Ablaufszeit der Verträge mit den anderen Mächten vom Juli 1877 ab, konnten wir darauf nicht ein gehen, und es ist unsrerseits stets seit dem Anfang der Verhand lungen so verstanden worden, daß die Dauer eines gegenwärtig abge⸗ geschlossenen Vertrages nicht. über den Monat Juli 1877 hinaus reichen dürfe.
In dieser Lage ist eine neue Verlängerung der früheren Konven⸗ tionen unaufschiebbar und werde ich mich mit dem Herrn Minister der Auswärtigen Angelegenheiten in Einvernehmen setzen, um Schritte in diesem Sinne bei der italienischen Regierung zu thun.
Genehmigen Sie u. s. w.
Der Minister des Ackerbaus und des Handels. Teisserene de Bort.
— Der „Moniteur“ erklärt die Gerüchte, daß der Herzog von Aumale das Kommando des VII. Armee⸗Corps aufgeben wolle, für unbegründet. Auf einen Artikel der „République Franzaise“, worin Vorlage der diplomatischen Korrespondenz über die orientalische Frage verlangt wurde, entgegnet der „Moniteur“, die französiche Regierung, welche ihre reservirte Haltung in den auswärtigen Angelegenheiten festhalte, sei keines⸗ wegs geneigt zu dieser Vorlage und eben so wenig gesonnen, öffẽntliche Kammerverhandlungen über die auswärtige Politik hervorzurufen.
— Der „Köln. Ztg.“ schreibt man: „Frankreich erlebt in diesem Augenblick das Schauspiel einer vom Episkopat aus organisirten allgemeinen Sturmpetition des , (katholischen“ Theiles der Bevölkerung Die Bittschriften gegen Wad⸗ dingtons Vorlage werden in den Pfarreien kolportirt und zur Unterschrift vorgelegt? ....
Versailles, 4. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Budgetkommission legte der Deputirte Albert Grevy seinen Bericht vor, in welchem verschiedene Reduktionen in dem Budget für das Ministerium des Auswärtigen vorgeschlagen werden. Die Kommission sprach sich indessen fast einstimmig für die Aufrechterhaltung desselben in seiner jetzigen Gestalt aus.
Italien. Rom, 5. Mai. (W. T. B.) Die Deputirten⸗ kammer beschloß, daß die Bureaus der Kammer die Baseler Konvention und den Wiener Vertrag über die ober⸗ italienischen Eisenbahnen zuerst und gesondert von den übrigen Eisenbahnkonventionen berathen sollen. Die Bureaus sind konstituirt und haben bereits die Berathung der ober— italienischen Eisenbahnkonvention begonnen. Der Deputirte Peruzzi sprach gegen die Konvention. Zu Vorständen der Bureaus sind 16 Mitglieder von der Rechten und 11 von der Linken gewählt worden.
Griechenland. Aus Anlaß der Abreise der König⸗ lichen Familie erließ, wie der „Polit. Corr.“ aus Athen ge⸗ schrieben wird, der Konseils-Präsident Kumunduros ein Rund⸗ schreiben an die Präfekten der Provinzen. Dasselbe hat folgenden Wortlaut:
„Der König reist mit der Königin und den Prinzen in einigen Tagen ins Ausland. Bei seiner Abreise läßt er unsers Land, in einer ruhigen Lage, sowohl nach innen als nach außen. Durch seine vor sichtige und überlegte Haltung hat Griechenland in diesen Zeiten dem äußeren Frieden und der inneren Ordnung wesentlich gedient. Diese Haltung wurde ihm durch seine, wahrhaften Interessen vorgeschrleben. Es ist gewiß, daß es dies geltend machen und fich feiner Beslimmung würdig zeigen kann. Ich halte fest baran, daß die Haltung Griechenlguds und seine Wichtigkeit im Dient ebenso wohlverstanden als ernst gewürdigt worden sind. Seine Geltung und seine Rechte werden daher, anerkannt und gleichzeitig durch Thatsa hen unterstützt werden, weil doch nur die gegenseitige Anerkennung durch Rath und That die freundschaftlich n und harmonischen Beziehungen gedeihen und erstarken läßt, indem sie die Bedingungen der Gerechtigkeit, ohne welche nichts Dauerhaftes geschaff n werden könnte, erfüllt. Griechenland kann demnach mit Geduld die Beurtheilung seines Verhaltens erwarten, welches seinen Ueberzeugungen und seinen allgemeinen Interessen entspricht. Die bestehenden Institutionen gewissenhaft achtend und nur für die Wohl fahrt des Lande besorgt, , das Königthum dafür die unwandel⸗ bar Liebe und Ergebenheit der Nation. Die aufrichtije Beachtung, der Gesetze und die Achtung der gegenseitigen Rechte können allein jede Gefahr fern halten und die Ordnung auf unerschütterlichen Gꝛundlagen sichern. Aus diesem Grunde reist der König heute vollständig ruhig und mit dem größten Vertrauen ab, aus diesem Grunde erwartet das Volk, der Häter er Instituüͤtionen und der Ordnung, hoff nungt voll die glückliche Rückkehr des Königs. Die griechische Natien wird abermals beweifen, daß sie würdig sei, zu den politischen Nationen gezählt zu werden, welche ihr Gedeihen und ihre Größe durch die Ordnung, die Freiheit und die Achtung der Gesetze gefunden haben. Auf den Patriotismus und die Weisheit des zriechischen Volkes ver⸗ trauend, hat die Regierung die Kraft und die Absicht, vollständig der Anhänglichkeit der Nation an die Ordnung und Ruhe zu entsprechen.
Türkei. Aus Ragusa, 4. Mai, meldet ‚W. T. B.: Nach zuverlässigen Nachrichten aus Montenegro hat der Fürst ein Beobachtungs-Corps an der 2Ostgrenze aufgestellt, weil die kriegerischen Ereignisse sich seinem Territorium genähert haben; die aus flavischer Quelle kommende Nachricht, daß die ganze Wehrkraft Montenegros mobil gemacht worden sei, entbehrt der Begründung. ö
— Aus Bosnien wird der „Pol. Corr.“ gemeldet:
„Sofort nach Ankunft des neuen Militãr⸗Ober⸗ Komman. danten in Bosnien, Redif Veli Pascha, erging der Befehl an alle Kommandos längs der bosnisch serbischen Grenze, mit thun⸗ lichster Beschleunigung provisorische Befestigungsarbeiten aufzu⸗ führen. Zu diesem Zwecke entsendete Redif Pascha 8 Genie⸗ Offiziere aus seinem Stabe an die betreffenden Grenzpunkte, um die Arbeiten zu leiten. Namentlich wird die Drinagrenze stärker befestigt. Es werden da ungemauerte Forts aufge⸗ führt. Munition und Kanonen werden in genügenden Quan⸗ titäten dorthin geschafft. Redif Pascha äußerte sich zu einem der hiesigen Konsular⸗ Funktionäre, daß die Pforte nichts gegen Serbien zu unternehmen beabsichtige, „wie⸗ wohl Grund genug zur Züchtigung desselben vorläge !. Die Pforte will den Friedenswunsch Europas heilig (religieusement) achten. Werden aber die Serben unser Grenze verletzen, dann werden wir noch die Mittel haben, sie nicht ungestraft gewähren zu lassen.“ Redif Pascha entwickelt große Thätigkeit und orga⸗ nisirt die Territorialarmee, welche in vier Divistonen eingetheilt wird. Er läßt die alten Festungen ausbessern und jeden in strategischer Beziehung wichtigen Punkt besetzen und armiren. Wie es heißt, beabsichtigt die Regierung des Vilajets Schritte zu thun, damit der Bischof von Djakovar, dessen Diözese weit nach Bosnien reicht, für die Beruhigung der Gemüther im katholischen Theile Bosniens seinen Einfluß geltend machen möge.
Amerika. New-⸗gork, 3. Mai. Die amerikanischen Blätter bringen den Wortlaut der kurzen Botschaft, in welcher der Präsident Grant von seinem Veto gegen die Herabsetzung
griechischen
des Präsidentengehaltes auf 25,000 Doll. Gebrauch macht. Der Präsident sagt, wenn er der betreffenden Bill seine Zustim⸗ mung verweigere, so könne man ihn nicht beschuldigen, daß er sein eigenes Interesse im Auge habe, da die Maßregel ihn nicht mehr angehe. ber er wi⸗ aus Erfahrung, daß ein Gehalt von 25,000 Doll. nicht hinreiche, um die Ausgaben der Präsidentschaft zu bestrei⸗ ten. Das Gehalt sei zu einer Zeit auf 25,000 Doll. festgesetzt worden, als die Vereinigten Staaten arm waren und kaum 3 Millionen Einwohner hatten, während sie jetzt vierzig Mil—⸗ lionen zählen und gleichzeitig der Wohlstand wie die Kosten der Lebensbedürfnisse zugenommen hätten. Der Präsident erinnert daran, daß damals auch die Kongreßmitglieder nur 5 Doll. für den Tag erhielten, während sie jetzt, die Session zu 5 Monaten gerechnet, täglich mehr als 30 Doll. bekommen.
— Der „W.⸗3.“ zugegangenen Nachrichten aus San Francisco vom Anfang v. M. melden: „Die Einwande⸗ rung der Chinesen strömt stärker wie je. Laut den Be⸗ richten amerikanischer Zeitungen sind alle von China nach Ka⸗ lifornien fahrenden Dampfer auf Monate hinaus besetzt und überdies sind Segelschiffe ohne Zahl mit chinesischen Arbeitern unterwegs. Schon lange ist den Weißen die Konkurrenz, welche ihnen der bedürfnißlose, industriell, wie kommerziell äußerst be⸗ fähigte Chinese macht, lästig. Seit dem Jahre 1853, wo das Bedürfniß massenhafter Arbeitskräfte zuerst das asiatische Element ins Land rief, haben sich die Chinesen in Kalifornien, und wenn auch in geringerem Maße, in einigen anderen westlichen Staaten, angesiedelt. Vor drei Jahren, als Verfasser dieses die Vereinigten Staaten besuchte, fand man sie schon in St. Louis, und in Denver am Fuße des Felsengebirges gab es schon ein „Chinesenviertel. Ja, im Staate Massachusetts beschäftigte eine große Schuhfabrik Tausende von chinesischen Arbeitern, welche sie sich hatte kommen lassen, um den steigenden Lohnforderungen der weißen Arbeiter zu entgehen. Bis zum 1. Januar 1874 waren in den Vereinigten Staaten 150,000 Chinesen angekom⸗ men. Aus dem chinesischen Arbeiter wurde ein Kaufmann, Handwerker, Fabrikant, ganze Geschäftszweige, wie z. B. der Holzhandel, kamen mehr und mehr in die Hand der Chi— nesen. Dabei war die Einwanderung keine freie, selbst⸗ ständige. In San Francisco bestehen sechs chinesische Compagnien, in deren Schutz und Botmäßigkeit sich die chinefischen Einwanderer unter Gelobung des strengsten Ge— horsams schon in dem Einschiffungshafen stellen.“
Eine San Francisco⸗Zeitung sagt: „Während sich unsere un⸗ gleich aufgeklärteren Arbeiter gelegentlich eines „Strikes“ damit begnügen, durch Ueberredung und Drohung Andere von der Arbeit abzuhalten stehen den chinesischen Organisationen in solchen Fällen viel wirksamere Mittel zur Verfügung. Da wird ganz einfach ein Preis von 300 Doll. auf den Kopf Desjenigen ausge⸗ schrieben der sich der „Gesellschaftsordnung“ nicht fügt; da wird ein Mörder gedungen, um die Widerspenstigen, die sich einen Funken individueller Freiheit bewahrt haben, aus der Welt zu schaffen. Hiergegen, als gegen eine neue Form der durch die Vereinigten Staalen⸗Verfassung verbotenen Sklaverei richtet sich die Agitation der Presse, der Meetings, aber bis jetzt vergeblich. „Wir dürfen uns,“ so heißt es, nicht einschläfern lassen und müssen nun erst recht mit vollem Nachdruck vorgehen. Die Aufgabe ist, die Macht der Compagnien auf die hier lebenden Chinesen zu brechen. Täglich kann man sich vor unseren Gerichten über⸗ zeugen, daß kein Chinese Zeugniß abzulegen oder auch nur sich zu beschweren wagt. Geheime Tribunale bedrohen ihn, in deren Hand sein Leben ist. Der täglich freche auf offener Straße auftretende Mord ist wahrlich Beweis genug für diese Zufstände. Wir müssen dahin wirken, daß diese verbrecherischen Compagnien, die offen gegen die Gesetze unseres Staates gerichtet sind, sich auflösen, daß sie auf jede Kontrole der hier lebenden Arbeiter verzichten. Jede Organisation zum Verbrechen ist ein Verbrechen, und man sollte die Verbrecher mit den Knöpfen auf den Mützen ins Zuchthaus schicken. Macht den chinesischen Arbeiter frei, nöthigt ihn, aus seinem Ghetto in Chinatown herauszutreten, trennk ihn von der Willkür der Compagnien und ihr gebt ihm die Möglichkeit, ein Mensch zu werden. Jetzt muß der Farmer seinen LÄrbeiter bei den Compagnien bestellen und jeder Gang, ber ankommt, ist schon von seinem Sklavenvogt begleitet. Also den Compagnien gegenüber setze man mit allem Nachdruck den Hebel an und die Chineseneinwanderung wird bald aufhören.“
Am 3. und 5. April fanden in San Franeis co Massen⸗ versammlungen statt, über welche den „H. N.“ Folgendes be⸗ richtet wird: „San Francisco, 4. April. Letzte Nacht wurde eine stürmische Anti-Chinesenversammlung in Süd San Francisco gehalten. Einer der Redner behauptete, es existire in hiesiger Stadt eine zwanzigtausend Menschen starke Organi⸗ fation, die sich alle verpflichteten, im Falle das Chinesen⸗ übel durch gesetzliche Mittel nicht ausgerottet werden könne, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen und das Uebel mit Feuer und Schwert auszurotten. Die chinesischen Compagnien haben heute dem Superrevisorenkollegium eine Mlttheilung überreicht, in der sie Schutz für Leben und Eigenthum verlangen. Diesen Schutz zu gewähren sind alle, bis auf wenige gewisse unbändige Klassen der Bevölkerung, bereit. Die große Masse der Bevölkerung verdammt alle Ge⸗ waltmaßregeln.“
San Francisco, 6. April.
Die gestern Abend in Union Hall und vor dem Gebäude abgen alie ne Versammlung war von
Gouverneur Irwin führte welche die Nach⸗
wenigstens 10,000 Personen besucht. den Vorsitz. Es wurden Beschlüsse angenommen, aus der Einwanderung der Chinesen entstandenen Nae theile auseinandersetzen und erklären, daß die einzige Abhülfe in einer Appellation an die Macht der Regie⸗ rung, Verträge abzuschließen, bestehe. Eine Delegation soll zu diesem Zwecke nach Washington gehen. Eine Menge Redner sprach zu Gunsten einer gemäßigten Hand⸗ lungsweise und zu Gunsten des Schutzes der bereits einge⸗ wanderten Chinesen gegen irgend welche Gewaltthaten. Vor⸗ bereitungen zur Unterdrückung von Unruhen sind getroffen wor⸗ den; das Chinesenviertel ist mit einem Polizeicordon umgeben, und die Fuhrer der Söhne des himmlischen Reiches haben diese ersucht, in ihre Wohnungen zu bleiben. Auch sie haben in Voraussicht etwaiger Unruhen sich bewaffnet,
Ueber Rew-Jork eingetroffenen Nachrichten zufolge hat auch in Britisch Columbia jetzt eine Agitation gegen chine⸗ sische Einwanderung begonnen.
Statistische Wachrichten.
Nach Mittheilung des statistischen Büreaus der Stadt Berlin' sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 23. April bis inki. 29. April er. zur Anmeldung gekom⸗ men! 314 Eheschließungen, 827 Lebendgeborene, 39 Todtgeborene, 492 Sterbefälle.