ührung der Beschlagnahme zuftändig ist. „Bei der Auswahl,“ . . führt das Erkenntniß aus, ist der Ober⸗-Prä⸗= sident an Beamte oder gar an besordere Kategorien von Be⸗ amten gesetzlich nicht gebunden; er kann einen Jeden dazu be⸗ stellen, welchem er persönlich das Vertrauen schenkt, daß er zur Vollziehung des Auftrages beonders geeignet sein werde. Hier aus folgt, daß, wenn ein Beamter diesen Auftrag erhalten hat, letzterer nicht, mag auch bei der Auswahl seine Eigenschaft als Beamter erheblichen Einfluß geäußert haben, ihm als Beamten ertheilt, anzusehen ist, und mithin auch sein Stell vertreter im Amte nicht ohne Weiteres als ihm für die Ausführung des Auf⸗ trags substituirt gelten kann.“
— Nach 5§. 331 des Strafgesetzbuches ist ein Beamter, welcher für eine in sein Amt einschlagende an fich nicht pflicht. widrige Handlung Geschenke oder andere Vortheile annimmt, fordert oder sich versprechen läßt, mit Geldstrafe bis zu einhun— dert Thaler oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten zu be⸗ strafen. Diese Bestimmung ist nach einem Erkenntniß des Ober⸗ Tribunals vom 4. April d. J. nur dann zur Anwendung zu bringen, wenn richterlich festgeftellt ist, daß sowohl der Wille und das Bewußtsein des Geschenkgebers als auch des Geschenk⸗ nehmers darin übereingestimmt haben, daß das Geschenk die Belohnung für die Amtshandlung darstellen solle.
— Die in der heutigen Börsen⸗Beilage abgedruckte tabel⸗ larische Uebersicht der Ausweise der deutschen Zettel⸗ banken vom 29. resp. 30. v. M. ergiebt folgende summarischen Daten. Es betrug der gesammte Kassenbestand der 19Banken 31,708, 000 S (gegen die Vorwoche mehr 807, 000 6), der Be⸗ stand an Wechseln betrug 672, 0000900 M (gegen die Vorwoche 25,691, 000 (6), die Lombardforderungen mit 97, 086, 000 0 überstiegen die der Vorwoche um 2.222.000 t,, der Noten⸗ umlauf im Gesammtbetrage von 926,136, 000 S6 ergiebt gegen die Vorwoche ein Mehr von 32,981, 000 4M; die täglich fälligen Verbindlichkeiten betrugen 171,896 66 (gegen die Vorwoche weniger 956 000 M), die an eine Kündigungsfrist gebundenen Verbindlichkeiten 164 887,000 S (gegen die Vorwoche weniger 678, 000 6
— Der Direktor der hiesigen Königlichen Gewerbe⸗Akademie, Geheimer Regierungs⸗Rath Professor Reuleaux, Mitglied der Jury der Weltausstellung von 1876 und Vorsitzender der Jury⸗ mitglieder des Deuischen Reiches, hat sich zur Weltausstellurng nach Philadelphia begeben.
— Dem Kreisthierarzt Dr. Koch zu Hoyerswerda ist die Kreisthierarztstelle des Kreises Rosenberg O. S. und gleichzeitig die kommissarische Verwaltung der Kreisthierarztstelle des Kreises Creuzburg O. S. übertragen worden.
— Der heutigen Nummer d. Bl. liegt der am 15. d. M. in Kraft tretende Fahrplan der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn bei.
— S. M. Aviso ‚Pommerania“ ist am 1. d. Mts. in Kiel, S. M. S. „Kronprinz“ an demselben Tage in Wil⸗ helmshaven in Dienst und S. M. Aviso „Pr. Adler“ eben⸗ Daselbst an demselben Tage außer Dienst gestellt.
Bayern. München, 4. Mai. Die Kammer der Ab⸗ geordneten setzte heute die Debatte über die Wahlen in dem Bezirke München J. fort. Der Abg. Kopp wandte sich gegen die gestrigen Auslassungen Wülferts. Fischer führte aus, Daß die seit 18655 festgehaltene Kammerpraxis für die vom Ma⸗ gistrat festgesetzte Urwahlbezirkseintheilung spreche und daß man mit dem Prädikat „gesetzwidrig“ allein nicht hätte auskommen können, um den Antrag auf Kassirung der sämmtlichen Urwahl⸗ bezirke zu begründen; deshalb sei das Prädikat „tendentiös“ hinzugefügt worden. In früheren Zeiten habe man sich gefragt: sind die vorgekommenen Unregelmäßigkeiten geeignet, das Haupt⸗ resultat zu alteriren? und danach wurden die Wahlen kassirt oder für gültig erklärt. Schüttinger sprach hauptsächlich gegen Den Münchener Magistrat. Der Mininsterial⸗Direktor Riedel führte wiederholt aus, daß eine unrichtige Auslegung des Gesetzes Seitens des Maaistrats nicht stattgefunden habe. Nachdem noch der Abg. Hänle in langer Ausführung sich gegen die Aeußerungen der ultramontanen Redner gewendet hatte, wurde ein Schlußantrag über Antrag 1 gestellt und dieser Antrag angenommen. Es folgten verschiedene persönliche Bemerkungen. Nachdem der Referent Hauck den Kommissionsantrag nochmals . hatte, wurde die Spezialdiskussion über Antrag 2 er⸗ ff net.
Der Referent Hauck motivirte den Antrag 2 des Aus⸗ schusses. Abg. v. Hörmann begründete den von ihm und Schauß eingebrachten Antrag: die Angelegenheit an die Abtheilung Zur weiteren Prüfung und Veranlassung weiterer Er⸗ hebungen zurückzuweisen. Hörmann führte aus, daß sein An⸗ trag nur im Interesse der patriotischen Partei liege. Anknüpfend a den neulichen Ausdruck Jörgs von „Surrogaten“, gab Hör⸗ mann der Befürchtung Ausdruck, daß die Zusammensetzung der jetzigen Kammer nicht mehr weit von solchen Surrogaten ent⸗ fernt sei. Der Redner beleuchtete sodann die vom Referenten aufgestellten drei Punkte, welche zur Kassation führen müßten, und führte aus, daß dieselben durchaus nicht geeignet seien, ein derartiges Resultat herbeizuführen; flagrante Gesetzes verletzungen seien nicht nachgewiesen. Hörmann schloß mit den Worten: „Wem: Sie dieselben nachweisen wollen, so empfehle ich Ihnen meinen Antrag. Ihren politischen Anschauungen stehe ich als entschiedener Gegner gegenüber, allein ich habe doch ein Interesse für Sie, d. h. den Wunsch, so⸗ wohl der Kammer als der Staatsregierung im Allgemeinen Achtung und Autorität zu erhalten. Wollen Sie diese Appel⸗ lation imbeachtet lassen, wollen Sie gründliche Untersuchung zurũckwe isen und damit den Shnen gebotenen letzten Ausweg abschnei⸗ den, dan n wird das Urthei! über Sie im Lande noch strenger lauten als jetzt. (Beifall) Nachdem noch Rittler für den Kommissio nsanttag, Schlör dagegen gesprochen und der Referent nochmals din Standpunkt der Mehrheit des Ausschusses hervor⸗ gehoben hatte, wurde, wie schäan gemeldet, der Antrag Hörmann abgelehnt und Absatz 1 des Kom missionsantrags in nament⸗ licher Abstimm ung mit 77 gegen 65 Stimmen angenommen, ebenso Absatz ? mit demselben Stimmenverhältniß.
— Die Er klärung des Ministerial⸗Kommissars v. Riedel in der Berathung der Wahlen von München J. am 3. d. M. lautete nach der Allg. Ztg.“ wie folgt:
Wenn die Königliche Staatsregierung sich heut an den Debatten über die Wahlen München J. betheiligt, sJ war ste weit davon ent- fernt, zu verkennen, daß dieser Gegenstand eine interne Angelegenheit der Kammer ist. Allein die Staatsregierung hält sich verpflichtet, diejenigen Aufschlüsse zu ertheilen, welche zu einer gerechten Beurthei⸗ lunz führen können, und sie erachtet sich zweitens für verpflichtet, sofern es sich um die Auslegung des Wahlgesetzes handelt, wenigstens ihrer⸗ seits mitzuwirken, daß diese Auslegung der Entstehung und dem Work—
laut des Gesetzes entsprechend ist. Da der Referent nach der Natur!
der Sache zurnächst wieder augeknüpft hat an eln zelne Ergebnisse, welche sich auf die Bevölkerungsziffer , jo habe ich mir jetzt schon dat Wort erbeten, un in dieser Beziehung einige Aufschlüfse zu geben. Waz die Sache selbst betrifft, so kann ich dem Hrn. Refe⸗ renten nur dankbar sein, wenn er wiederholt erklärt hat, daß es sich lediglich darum handle, ob der Ait. II verletzt ist oder nicht. Hrn. Huhn gegenüber möchte ich bemerken, daß, wenn er in der Ernennung der Persönlichkeiten der Wahlkommissare irgend einen Grund zur Kassirung findet, er sich dech überzeugen müsse, ob diese Ernennung irgend einen Einfluß auf die Wahl geübt habe, Was Huhn außer— dem von der Gemeindewahl gesagt, von dem Mißtrauen, das er zegen den Magistrat hat — diese Dinge schlagen bei der nächsten Wahl eben · so gut ein, wie bei der jetz, gen, wenn sie überhaupt einen Einfluß üben. Redner bezieht sich nun auf das Referat. Die Richtigkeit der Aeußerung des Hrn. Hauck, daß der Magiftrat dadurch, daß er nicht nach Distrikten eingetheilt, einen Fehler begangen habe, müsse er bestreiten. Sas einzige, was dem Magistrat allenfalls zur Last fällt, ist, daß in einzelnen Bezirken Rechnungsfehler vorkamen; allein darin lasse sich doch kein Anhaltspunkt finden für ein tendentiöses Vorgehen. Das Verfahren des Magistrats sei keineswegs derart gewesen, Daß man iüm Gesetzwidrigkeit babe vorwerfen können. Die Verstöße im Speziellen gehörten nicht bierher, so lange man sich nicht auf die einzelnen Thatschen einlafse. Was die Zutheilung der Militärbevölkerung bettifft, so ist es völlig richtig, daß der Magistrat die Bevölkerung von zwei Kasernen den nächstliegenden Distrikten zugetheilt hat. Bezüglich der Zutheilung der Militärbevölkerung bestände überhaupt keine Vor⸗ schrifst. Auch dieser Punkt rechtfertige die Kassation der Münchener Wahlen nicht. Was den dritten Pankt anlangt, so habe er (Redner) bereits in der Ausschußsitzung erklärt, daß die Bildung von Wahl bezirken unter 2900 Einwohnern nicht verboten sei. Was die Wahl, kreiseintbeilunz überhaupt betrifft, bemerkt Redner: daß es nicht leicht sei, in so kurzer Zeit eine Stadt wie München richtig einzutheilen, und wie man sich mit seinen Behauptungen, die Tendenz betreffend, in Obacht nehmen muß, beweise Hr. Hauck, der, obwohl selbst Ver⸗ waltungsbeamter, ebenfalls falsche Resultate erzielt habe. Redner erklaͤrte zum Schluß, daß keine Gruͤnde vorhanden Fie Wahl München J. zu kassiren, da diejenigen Gründe, welche eine Kassation rechtfertigen, nicht genügend erwiesen seien.
— Der Berichterstatter der fünften Abtheilung der Kämmer der Abgeordneten, Dr. Krätzer, stellt betreffs der Ab⸗ geordnetenwahl im zweiten oberbayerischen Wahl⸗ bezirke München rechts der Isar den Antrag: 1) „Die Kammer wolle beschließen: Die Wahl der HH. Dr. v. Langlois, Kopp, Ruppert, Kuhn, Schmelcher und Dr. Ratzinger, welche am 24. Juli 1875 im zweiten oberbayerischen Wahlbezirke München rechts der Isar zu Landtagsabgeordneten gewählt wurden, sei unter Verwerfung der gegen diese Wahl erhobenen Reklamationen als gültig zu erklären. 2) Die Eintheilung der Urwahlbezirke in der Stadt München rechts der Isar sei als gesetzwidrig zu erachten, deshalb zu vernichten, und sei für den Fall einer Zwischenwahl an die Königliche Staatsregierung die Bitte zu stellen, sie wolle eine den Gesetzen, insbesondere dem Art. 11 des Gesetzes über die Wahl der Landtagsabgeordneten vom 4. Juni 1848 entsprechende Eintheilung der Urwahlbe zirke durch die kompetente Behörde vornehmen lassen.
— Der „Allg. Ztg.“ wird aus München geschrieben: „Die Vorarbeiten für die in unserer Stadt nun vorzunehmenden neuen Landtagswahlen erfordern, wie wir vernehmen, noch einige Zeit, in Folge dessen die Vornahme der Neuwahlen nicht vor dem 23. oder 24. d. M. wird erfolgen können. Die liberale Partei wird sofort in den Wahlkampf eintreten und bereits morgen Abend eine allgemeine Versammlung des Vereins der liberalen Reichsfreunde abgehalten werden. Die nächsten Wochen werden uns voraussichtlich ein sehr bewegtes politisches Leben bringen.“ 9 7
Baden. Karlsruhe, 4. Mai. Der Großherzog und die Großherzogin sind heute Nachmittag von Wiesbaden in die Residenz zurückgekehrt.
— In der gestrigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde nur die allgemeine Diskussion über das Schulgesetz zu Ende geführt. In der heutigen Sitzung wurden bei der Spezialdiskussion Artikel J. und II. in der von der Kommission beantragten Fassung mit allen gegen die Stimmen der ultramontanen Partei angenommen.
Hessen. Darm stadt, 4. Mai. Der König der Bel⸗ gier stattete heute Vormittag, von Wiesbaden kommend, dem Großherzoge einen Besuch ab, welcher sofort von Sr. König⸗ lichen Hoheit erwidert wurde. Der König hatte das Absteige⸗ quartier bei dem Prinzen Ludwig genommen und ist Abends wieder nach Wiesbaden zurückgekehrt.
Mecklenburg⸗Schwerin. Rostock, 4. Mai. Die heu⸗ tige ‚Rost. Ztg.“ bringt von dem Hauptpastor Müller an St. Nicolai in Rostock eine Erklärung, welche zunächst sich miß ˖ billigend über die Angriffe der, Meckl. Anz.“ gegen Baumgarten wegen seiner Auffassung der Civilehe ausspricht und dann sagt: Mit Baumgarten bin ich der Ansicht: will man nicht mit der katholischen Kirche die Civilehe als Konkubinat betrachten, so darf man auch nicht die civiliter Getrauten vor dem Altare noch als Brautleute behandeln. Schließlich meint Pastor Müller noch: es sei zu beklagen, daß man im Publikum allgemein meine, es würden die in den „Meckl. Anz.“ kundgegebenen Ansichten von allen mecklenburgischen Geistlichen getheilt. Letzteres sei keineswegs der Fall; fänden alle, die anderer Ansicht, sich nur einmal zusammen, so würde sich zeigen, daß sie nicht eine ganz kleine Anzahl ausmachen.
Anhalt. Dessau, 4. Mai. (St. A.) Nach heute hier eingegangenen Nachrichten, ist in dem Befinden des Erbprinzen keine Verschlimmerung eingetreten und hoffen die Aerzte in eini⸗ gen Tagen auf eine Wendung zum Bessern.
Bremen, 3. Mai. Die Bürgerschaft berieth heute den Vertrag zwischen Preußen, Oldenburg und Bremen, be⸗ treffend die Unterhaltung der Schiffahrtszeichen auf der Unterweser. Als Senatskommissar war der Senator Gildemeister anwesend. Der Präsident Claussen gab zunächst ein Resumé der seit langer Zeit wegen dieses Gegenstandes geführten Verhandlungen. Seit 1860 habe Bremen jährlich bedeutende Kosten für die Erhaltung des Wangerooger Firchthurmes als einer Landmarke für die Schiffahrt aufge⸗ wandt. Im November 1867 theilte der Senat der Bürgerschaft mit, daß es ihm gelungen sei, eine Vereinigung mit Preußen und Oldenburg zu erzielen, wonach diese Unterhaltung künftig auf gemeinschaftliche Kosten ge⸗
schehen sollte (Bremen 1, Preußen 13, Oldenburg 1/9. Zunächst sollten 27,000 Thaler für die Befestigung des Thur⸗ mes verwandt werden. Die Bürgerschaft wünschte jedoch einen Bericht über die Auslegung eines Außenleuchtschiffes, dessen Erstattung indessen der Senat ablehnte, weil es nach der politi⸗ schen Neugestaltung Deutschlands nicht mehr Sache Bremens sein könne, für ein Leuchtschiff außerhalb des Wesergebiets zu sorgen. Im März 1868 bewilligte die Bürgerschaft zwar den bremischen Antheil für die Erhaltung des Thurmes, erachtete
jedoch zugleich das Außenleuchtschiff für nothwendig, und
wünschte, daß versucht werde, eine Uebereinkunft mit Preußen und Oldenburg über die gemeinschaftliche Herstellung und Unterhaltung sämmtlicher Weserschiffahrtszeichen unter Bestreitung der Kosten aus einer Seeschiffahrtsabgabe zu Stande zu bringen, wobei die Modalitäten in einem Kommissionsbericht der Bürgerschaft näher angegeben waren. Nach fünfjähriger Pause theilte dann der Senat der Bürgerschaft mit, daß es ihm gelungen sei, einen Vertrag zu Stande zu bringen, jedoch unter der Bedingung, daß Bremen auf seine Kosten ein Außenleucht⸗ schiff herstelle und einrichte und 1 der Wangerooger Thurm⸗ befestigungskosten, also 2,000 S6, übernehme. Kurz darauf erklärte die Bürgerschaft, sie ermächtige den Senat zum Abschluß eines Vertrages auf dieser Basis, und bewillige die Anschaffung eines Außenleuchtschiffes, welches nun seit Herbst 1874 ausgelegt ist. Auf Grund dieser Ermächtigung sei nun die vorliegende Konvention abgeschlossen.
Die Bürgerschaft hat nun heute durch Annahme des folgenden Antrags von Mosle die Vorlage verworfen: „Indem die Bürgerschaft auf die Mittheilung des Senats vom 15. Februar ge⸗ nehmigt, daß die Kosten der Unterhaltung der Schiffahrtszeichen der Unterweser von allen Schiffen, welche in die Weser einlaufen, gleichmäßig erhoben werden, muß sie doch den ihr vom Senat zur verfassungsmäßigen Genehmigung vorgelegten Vertrag mit Preußen und Oldenburg nach wiederholter Ueberlegung ihre Zu⸗ stimmung verweigern, weil es den Vorschriften der Verfassung des Deutschen Reichs (Art. 54 3. Abth. letzter Satz) wider⸗ streitet, daß die nach dem Vertrag zu erhebende Ab⸗ gabe zum Theil für die Unterhaltung der Sicherungs⸗ bauten der oldenburgischen Insel Wangerooge verwendet werden soll. Sie ersucht den Senat, nachdem nunmehr nach 8 jähriger Verhandlung sich herausgestellt hat, daß der Versuch, diese Angelegenheit im Wege des Vertrags mit den Nachbar⸗ staaten zu ordnen, als gescheitert zu betrachten ist, zur Regelung der auf die Dauer unhaltbaren bremischen Schiffahrtsabgabe (Gesetz vom 8 April 1840) und zur Herbeiführung eines reichs verfassungsmäßigen Zustandes die Vermittelung des Reichskanzlers in Anspruch zu nehmen, und dabei geltend zu machen, daß der Betrag, welcher von Bremen zu den Sicherungs⸗ bauten auf Wangerooge jetzt gefordert wird, nicht im richtigen Verhältnisse zu den Kraͤften Bremens steht, nachdem Bremen für die Schiffahrtszeichen, für das Fahrwasser und die Häfen der Weser sehr bedeutende Ausgaben, in letzter Zeit mehr als 10 Millionen Mark, willig auf die Staatskasse übernommen hat.“
Elsaß⸗Lothringen. Der „N. Frankf. Pr.“ wird ge⸗ schrieben, daß die Einführung des gemischten Schulsystems, wie solches in Deutschland allgemein in Gebrauch ist, der Haupt⸗ sache nach in Ober⸗ und Unter⸗-Elsaß als beendigt betrachtet wer⸗ den kann, wogegen Lothringen in dieser Angelegenheit namentlich innerhalb des französischen Sprachgebiets noch theilweise im Rück⸗ stand ist. Nach dem neuen System kommen überall, wo seither der Lehrer sämmtliche Knaben, die Schwester aber sämmtliche Mädchen unterrichtete, auch die letzteren in den oberen Klassen unter den erziehenden Einfluß des Lehrers. Für zahlreiche Gemeinden erwächst aus der Vereinigung der beiden Geschlechter auch ein pekunärer Vortheil, da solche Schulklassen, an denen seither ein Lehrer und eine Lehrerin mit vielleicht je 12 oder 24 Schüler beschäftigt waren, in eine Klasse verschmolzen werden. Das ge⸗ nannte Blatt wünscht, daß die Zeit kommen möge, wo die Be⸗ völkerung auch aus anderen als nur finanziellen Gründen sich mit dem neu eingeführten Schulsysteme befreunden werde.
Oesterreich⸗òUngarn. Wien, 5. Mai. Die „Wien. Abendpost“ schreibt: Die bevorstehende Begegnung der lei⸗ tenden Staatsmänner Deutschlands, Rußlands und Dester⸗ reich Ungarns in Berlin — mit einer leichten Licenz in der Titel⸗ frage wird sie die Drei. Fanzler⸗Zusammenkunft genannt — steht im Vordergrunde der öffentlichen Diskussion. Es liegt in der Natur der Sache, daß die mannigfachsten politischen VBer—= muthungen und Kombinationen an das Ereigniß geknüpft werden, aber der Hauptsache nach steht das Urtheil fest, daß dasselbe nur als ein wichtiges Friedens⸗ symptom und als eine jeden Zweifel ausschließende Bethäti⸗ gung des herzlichen und intimen Einvernehmens der Drei⸗ Kaiser⸗Mächte aufzufassen sei. Die Kongreßgerüchte, welche in jüngster Zeit aufgetaucht waren, betrachtet man nunmehr als nicht nur durch offizielle Erklärungen der einzelnen Regierungen, sondern als durch die Thatsachen selbst beseitigt. . .
— (W. T. B.) Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht die Handschreiben des Kaisers an den Grafen Andrassy und die Minister⸗Präfidenten der beiden Reichshälften, in welchen die Sinberufung der Delegationen zum 15. d. M. nach Pest angeordnet wird.
— 6. Mai. (W. T. B.) Der König und die Kö⸗ nigin von Griechenland sind hier angekommen.
Salzburg, 4. Mai. Wie den Tiroler Stimmen“ von hier geschrieben wird, soll das hiefige Metropolitankapitel, dem die Wahl für die Besetzung des erledigten Erzbisthums von Salzburg zusteht, die Absicht haben, den Wahlakt Ende dieses Monats vorzunehmen. Unter den Kandidaten werden derselben Quelle zufolge mit Bestimmtheit Dr. Eder, Prälat von St. Peter und Professor Dr. Johann Katschthaler in Innsbruck genannt. Wahlberechtigt sind elf Mitglieder des Domkapitels.
Lemberg, 4. Mai. Die polnischen Blätter nehmen, der „N. Fr. Pr.“ zufolge, die Nachricht von dem Zustandekommen des ö5sterreichisch⸗ungarischen Ausgleiches mit großem Gleichmuth auf. Der „Dziennik Polski“ meint, die Ungarn würden, eingedenk des jetzigen Erfolges, bei der jedesmaligen Er⸗ neuerung des Ausgleiches auf Vermehrung ihrer bisherigen Er⸗ rungenschaften dringen.
Pest, 4. Mai. Morgen wird ein Ministerrath zur Feststellung der, in der übermorgen stattfindenden Konferenz, der liberalen Partei zu ertheilenden Meldung über den Ausgleich abgehalten.
Das Abgeordnetenhaus hält morgen Sitzung. Auf der Tagesordnung stehen Gegenstände von geringerer Bedeutung.
Die ungarische Regierung beabsichtigt, wie die „Pr.“ meldet, die Hauptprinzipien der Ausgleichsrevision noch in diesem Monate dem ungarischen Reichstage zur Genehmigung vorzulegen und die Ermächtigung sich zu erbitten, die Gesetzent⸗ würfe auf dieser Grundlage auszuarbeiten. Da letztere für beide Reichshälften nicht nur dem Inhalte, sondern auch dem Wort⸗ laute nach identisch sein sollen und die bisherigen Beschlüsse blos prinzipieller Natur sind, so werden noch Berathungen zwischen den beiderseitigen Regierungen stattfinden müssen. Zur Durchführung der Detailarbeiten sind abermals gemeinsame Konferenzen in Aussicht genommen. Insbesondere dürfte Finanz⸗Minister Szell bald wieder nach Wien kommen, um
die endgültigen Stipulatienen in der Bankfrage zu ver⸗ einbaren. Ueber die Erledigung der Steuer⸗Restitutions⸗
sie durchaus nicht fuͤr
eine freimüthige und
wrwxrhasten. Eroberungen in Central⸗Asien seien für die dortige Bevölkerung
frage berichtet der, Pester Lloyd“ Folgendes: „Als die Steuer— Restitutionsfrage zur Sprache kam und die diesfällige Forde⸗ rung der ungarischen Regierung im Prinzip zugestanden war, wurde Behufs Ermittelung der Ziffer von jeder der beiden Regierungen ein anderer Modus vorgeschlagen. Nach⸗ dem dann die Berechnung auf beide Arten veranlaßt worden, zeigte sich nach dem österreichischen Schlüssel eine nicht bedeutende Differenz zu Gunsten Ungarns und die österreichifche Regierung war, wie sich wohl nicht anders erwarten ließ, loyal genug, die von ihr vorgeschlagene Methode der Berechnung auch dann nicht zu desavouiren, als diefelbe gegen den ungarischen Kalkül ein kleines Plus ergab.“
— In der am Sonnabend stattfindenden Parteikonfe⸗ renz wird Minister⸗Präsident Tis za, wie der „Pr.“ von hier berichtet wird, ausführliche Mittheilungen über die in Wien getroffenen Vereinbarungen machen und es der Partei anheimstellen, ob sie hierüber sofort in Erörterungen eingehen, oder ob diesbezüglich im Hause eine Interpellation an ihn gerichtet werden wolle. Auf letztere würde er ebenso, wie in der Konferenz, einen Vortrag halten und das Haus könne sodann entweder die Antwort einfach zur Kenntniß nehmen (was einer Annahme des Ausgleiches gleichkäme) oder auf die Tagesordnung setzen und über dieselbe debattiren. Zu dieser Meldung über die bevor—⸗ stehende Parteikonferenz bemerkt der „Pester Lloyd“: „Das Ein⸗ gehen in die Debatte wäre für die Regierung beinahe wünschens⸗ werther, da ein hierauf folgender Beschluß des Hauses, wenn er gegen die Regierung ausfällt, jede weitere Verhandlung mit der österreichischen Regierung überflüssig machen, wenn er hin— gegen ihr Vorgehen billigt, zugleich das Schicksal der im Herbste einzubringenden Vorlagen sichern würde.“
Niederlande. Haag, 5. Mai. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat dem Antrage des Deputirten Bruynkops zugestimmt, daß die Berathung des Antrags, betreffend die Aufhebung des Zuckerzolls auf unbestimmte Zeit vertagt werde. Von dem Deputirten Fransen van? de Putte soll da⸗ gegen in der Zuckerfrage eine besondere Interpellation an die Regierung gerichtet werden.
Grsßbritannien und Irland. London, 4. Mai. Der neue italienische Botschafter am hiesigen Hofe, Graf Menabrea, ist hier eingetroffen und wird demnächst der Kö⸗ nigin sein Beglaubigungsschreiben einhändigen.
— 5. Mai. (W. T. B.) Auf eine Anfrage des Depu⸗ tirten Johnstone erklärte Disraeli im Unterhaufe, die Pforte habe die Absicht, Montenegro zu besetzen, bestimmt in Abrede gestellt. Eine Nothwendigkeit, der Pforte irgend welchen Rath anzubieten, habe nicht vorgelegen.
— 6. PViai. (W. T. B.) Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Unterhauses lenkte der Deputirte Cochrane die Aufmerksamkeit des Hauses auf die durch Rußland erfolgte Okkupation von Khokand und verlangte die Mittheilung der hierauf bezüglichen Korrespondenz. Im Laufe der Debatte sprachen mehrere Redner für, mehrere gegen eine thätigere Po⸗ litik angesichts der Ausbreitung Rußlands in Centralasien. Disraeli erklärte, er fürchte Rußland nicht; Rußland habe seine vor Kurzem abgegebene Erklärung nicht als eine Drohung aufgefaßt; die russische Regierung wisse, daß England die in der Natur der Sache liegende Entwickelung des russischen Reiches in Asien nicht mit eifersüchtigen Blicken betrachte; ebenso sei es selbstverständlich, daß England ent⸗ schlossen sei, das indische Reich und seinen Einfluß im Orient aufrecht zu erhalten, Rußland kenne diese Absichten und halte unverträglich mit dem guten zwischen den beiden Ländern. Dieses Einvernehmen zwischen England und Rußland sei nie— mals inniger gewesen, als gegenwärtig. Der Premier sprach sich weiter mißbilligend über eine Politik aus, welche fortwährend nur grolle, ohne offen zu handeln, und erklärte, entschiedene Politik sei besser dazu geeignet, das gute Einvernehmen mit Rußland aufrecht zu Rußland habe eine große Mission im Orient, seine
Einvernehmen
ebenso vortheilhaft, wie die Englands in Indien für die indische Bevölkerung gewesen seien. Rußland habe eben so viel Recht
ö in Asien Eroberungen zu machen, als es England hatte, dies in Indien zu thun. —
Nach dieser Erklärung Disraeli's zog Cochrane seinen Antrag zurück. — Hierauf erklärte der Kanzler der Schatzkammer, Northeote, dem Deputirten Wolff gegenüber, daß die einzelnen Regierungen bis jetzt den See⸗ mächten noch nicht den Vorschlag gemacht hätten, den Suez⸗ kanal gemeinschaftlich zu erwerben, doch sei die englische Re⸗ gierung bereit, einen solchen Vorschlag zu acceptiren. Inzwischen seien Verhandlungen mit den verschiedenen Mächten im Gange, um eine Reduktion der Zuschlagstaxe herbeizuführen. Der Besitz der Suezkanal⸗Aktien gebe England eine für die Herbeiführung der Denaturalisation des Kanals günstige Stellung.
Frankreich. Paris, 4. Mai. Die ultramontanen Blätter bringen jetzt den Wortlaut der Rede, mit welcher der Erzbischof von Paris den Kongreß der katholischen Comitéès eröffnet hat. Dieser gegenüber erklärt die „Opinion“ heute: „Msgr. Guibert drückt sich unrichtig aus; nicht gegen die Religion, sondern gegen den Ultramontanismus zeigt man sich feindselig, und das ist ganz was anderes. In der Einen be⸗ wundern und achten wir die Moral des Evangeliums, im An⸗ deren verwerfen wir die Moral von Ignaz Loyola. Unser Fehler ist es nicht, wenn der katholische Klerus die erstere ver— lassen hat, um sich dem letzteren in die Arme zu werfen; unser
Fehler ist es nicht, wenn der katholische Klerus, die Ueberliefe—
rungen von Saint-Louis und Bossuet unterbrechend, sich zum Vasallen der Kurie des Vatikans machte, wenn er, der ganikanifche, römisch geworden und daran denkt, unsere Interessen, unseren Ver⸗ stand, unsere Freiheiten unter die Herrschaft des Papstes zu bringen.“ — Der „Köln. 3tg.“ wird u. A. geschrieben: ‚Die Zahl der Pilger, die sich bisher in den vom Fardinal⸗Erzbischof ausgeschriebenen zehn Wallfahrtstagen auf dem Mont⸗ martre einfanden, war gering; heute um 4 Uhr hatten sich außer den 140 bis 160 Zöglingen des großen Seminars von Meauz die nach Paris gepilgert waren, keine zehn Personen eingefunden, und unter diesen ward auch nicht einziger Offizier bemerkt. Die Geistlichkeit hatte auf einen großen Zudrang der Gläubigen gehofft, und nicht allein die Kapelle mit zahlreichen Fahnen, auf denen das flammende Herz Jesu abgebildet war, geschmückt, sondern auch von der Polizeipräfektur die doppelte Anzahl von Polizeiagenten verlangt. Die Bewohner von Montmartre selbst verblieben wie bisher kalt; es befand sich auf dem freien Platz vor der Kirche kein einziger Zuschauer.“ — Der Pro zeß der Erben des Paters Lacordaire, der jetzt ungefähr fünfzehn Jahre währt, wird augenblicklich wieder vor dem Civiltribunal von Chartres verhandelt. Der Pater
hatte sein Vermögen, ungefähr 600, 000 Fr., seinem Beichtvater;
oder eigentlich seinem Orden, den Dominikanern, hinterlassen, die in Frankreich nur geduldet, d. h. nicht gesetzlich anerkannt find. Obgleich die Famille des Paters, welche das Testament desselben angriff, alle Prozesse gewann, so erfanden die Dominikaner immer neue Ausflüchte, und die Familie Lacordaire hat jetzt ihren zehnten Prozeß angestrengt, weil die Mönche das Gut nicht herausgeben wollen.
— 5. Mai. (W. T. B.) Der Minister des Innern hat, wie die „Agence Havas“ meldet, beschlossen, alle Maires, welche nicht zugleich den Munizipalräthen angehören, sofort durch andere zu ersetzen. — An die Präfekten ist ein Rundschreiben erlassen worden, welches mildere Bestimmungen in Bezug auf den Straßenverkauf der Journale enthält. — Nach hier eingegangenen Nachrichten ist durch eine Feuersbrunst das Kollegium und die Bibliothek von Charleville (Arrondissement Meziéres) in Asche gelegt worden.
Spanien. Madrid, 5. Mai. (W. T. B.) Bei der Berathung der Deputirtenversammlung über die Reli⸗ gionsfrage wurde von dem früheren Minister Romero Ortiz ein Antrag eingebracht und begründet, durch welchen der be— zügliche Artikel der Konstitution vom Jahre 1869 wieder hergestellt werden soll. Ortiz sprach sich in längerer Rede für Hewissensfreiheit aus und richtete dabei u. A. die Frage an die Ultramontanen, ob sie etwa die 39, zur Zeit in Spanien vor— handenen, protestantischen Gotteshäuser wieder schließen oder etwa alle Protestanten aus Spanien vertreiben wollten. Der Deputirte Ferdinand Alvarez erklärte wiederum, daß dies allerdings ihre Absicht sei. Auf eine Anfrage von Ortiz erklärte hierauf der Justiz-⸗Minister. daß die Andersgläubigen die nämlichen bürgerlichen Rechte, wie die römischen Katholiken ge⸗ nießen sollten. Ter Antrag von Ortiz wurde übrigens mit 190 gegen 33 Stimmen abgelehnt. Ebenso wurde im weiteren Verlaufe der Sitzung ein zu dem Art. 11 der Konstitution ge— stelltes Amendement, nach welchem der Kultus der Andersgläu⸗ bigen nicht öffentlich ausgeübt werden solle, mit 163 gegen 12 Stimmen verworfen.
Italien. Rom, 2. Mai. Der König Victor Emanuel giebt morgen dem König und der Königin von Griechenland, dem Prinzen und der Prinzessin Carl von Preußen und dem Kronprinzen und der Kronprinzessin von Dänemark zu Ehren ein großes Banket im Quirinale, zu welchem auch der deutsche Botschafter und die Gesandten von Griechenland und Dänemark, die Minister, der Präfekt und der Bürgermesster von Rom ein⸗ geladen sind. — Heute Vormittag empfing der Papst den König und die Königin von Griechenland nebst ihren Kindern, und den Kronprinzen und die Fronprinzessin von Dänemark.
— Die „Gazzetta uffiziale“ veröffentlicht heute das Dekret, wodurch der General Graf Menabrea zum Botschafter am Hofe von St. James ernannt wird.
— Die Deputirtenkammer trat gestern in die Be— rathung des die Kompetenzkonflikte betreffenden Gesetzentwurfs ein.
— Am 30. v. M. wurde in Pescara (in den Abruzzen) eine sehr zahlreich besuchte Volksversamm lung abgehalten, welche sich mit dem Programm der neuen Regierung vollkommen em— verstanden erklärte.
— Der „Bersagliere“ hat Nachrichten von Corleone (Sicilien) erhalten, wonach in Folge der Erdstöße, die übrigens noch keinen beträchtlichen materiellen Schaden angerichtet haben, Unruhen religiös⸗fanatischen Charakters ausgebrochen waren, und daß die Regierung deshalb Carabiniers und Truppen dahin geschickt habe. Von Palermo haben sich die Universitätspro⸗ fessoren Cacciatore und Doderlein nach Corleone begeben, um Beobachtungen über die tellurischen Erscheinungen anzustellen.
— 6. Mai. (W. T. B.) Die Deputirten kammer hat den Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der Eides⸗ formel bei dem Civil⸗ und Kriminalverfahren, angenommen. — Feldmarschall Graf Moltke ist in Genua eingetroffen.
Türkei. Konstantinopel, 6. Mai. (W. T. B.) Ab⸗ dul Kerim Pascha ist an Stelle Derwisch Paschas zum Kriegs⸗Minister ernannt worden. — In Tatar Ba⸗ zardsjik in Bulgarien sind zwischen den bulgarischen Bauern und den Muhamedanern Unruhen ausgebrochen.
— (W. T. B.) Wie aus südslayischer Quelle über Ra⸗ gusa, 4. Mai, verlautet, hätte Moukhtar Pascha ca. 3500 Pferde zusammengezogen und stände anscheinend im Begriffe, eine abermalige Expedition nach Niksie zu unternehmen. Im Hafen von Klek ist gestern eine aus Asien kommende, 2800 Mann starke türkische Truppenabtheilung gelandet worden.
— Aus Ragusa meldet man der „Pol. Korr.“ von sla⸗ vischer Seite: In Ermangelung eines ausführlichen, später zu gewärtigenden Berichtes über die letzten großen Schlacht tage sind folgende Details eingelangt:
Gleich bei Beginn der Schlacht durchbrach Moukthar Pascha mit seiner Armee, an deren Tete 5000 Arnauten, eine wahre Elite⸗ truppe, stan den, das Centrum der Insurgenten, welches vom Corps des Lazar Sotschitza gebildet wurde. Mit einem Verluste von 200 Mann retirirten die Schaaren Sotschitza s. Dies war das Signal, daß auch die beiden Flügel der Insurgentenaufstellung unter dem Kommando der Brüder Peko und Peter Pavlovie zurück⸗ gedrückt wurden. Mittlerweile gingen acht türkische Bataillone, welche die Eskorte des Proviantzuges bildeten, vor, und reichten der ausgefallenen Garnison von Nikfie die Hand.
Auf diese Weise wurde der Proviant in die genannte Festung geschafft, welcher angeblich nicht für länger als 14 Tage ausreichen dürfte. Moukhtar Pascha verließ aber (angeblich) gar nicht den Ausgang des Duga Passes, und zwar aus Rück— sicht auf seinen Rückzug und verschanzte sich daselbst. Am 29. wurde er von den Insurgenten angegriffen, schlug jedoch den Angriff glänzend ab. Erst Sonntag, den 30, nachdem die Insurgenten 5009 Mann Verstär⸗ kungen, darunter 700 Krivoscianer () an sich gezogen hatten, wurde Moukhtar abermals angegriffen, und nachdem die Insurgenten unter seinen Truppen ein Blutbad angerichtet hat⸗ ten, zum Rückzuge nach Gacko gezwungen.
Die Insurgenten verloren in diesen Kämpfen 400 Todte und 800 Verwundete.
Die türkischen Dispositionen und die Haltung der türkischen Truppen wird selbst von den Insurgenten als gut bezeichnet.
Moukhtar Pascha wird morgen in Trebinje erwartet.“
— Von der bosnisch-kroatischen Grenze wird der „Pol. Corr.“ vom 1. d. Folgendes gemeldet: Aus dem be⸗ nachbarten Bosnien ist seit einigen Tagen weniger über neue Kriegsgeschehnisse zu vernehmen, was in offenbarem Zusammen⸗ hange mit Vorbereitungen auf beiden Seiten der Kämpfenden steht. Das Bemerkenswertheste, worüber augenblicklich zu be⸗ richten wäre, ist eine neue Proklamation, die von den Insurgenten Bosniens an die mahomedanischen Mitbürger erlassen wurde.
Diese Proklamation, mit cyrillischen Lettern gedruckt, cirkulirt in Bosnien in vielen Taufenden von Exemplaren. „Es ist nicht unmöglich, daß die ärmeren Klassen unter den Mahome⸗ danern, des ganzen Aufstandes bereits, überdrüffig, nebenbei be— sitzlos, diesen Verlockungen nicht werden zu widerstehen ver⸗ mögen, da sie nichts zu verlieren haben, möglicherweise aber zu gewinnen hoffen.“
. Wie verfichert wird, sind in dem Zeitraume vom 21. bis 26. April neuerlich 335 Familien mit 2825 Personen aus Bosnien nach Kroatien geflüchtet. Nach dem Gesammt— Ausweise über die Flüchtlinge weilen 7203 Familien mit 45,946 Personen aus Bosnien auf österreichischem Gebiete. = In Albanien werden die militärischen Rü stungen türkischerseits mit großem Eifer betrieben. In einem von der— selben Corr. veröffentlichen Schreiben aus Scutari vom 27. April heißt es: „Fast täglich treffen über Antivari Truppen ein, die vorlãufig hier ftationirt werden. Chefket Pascha, der Komman⸗ dant des hier sich sammelnden Armee ⸗Corps, ist ein sehr energischer Mann, welcher jeden einlangenden Truppentheil selbst inspizirt, und für dessen Bequartirung und Verpflegung per⸗ sönlich Sorge trägt. Wenn aus den bisher getroffenen mi— litãrischen Dis positionen Schlüfse auf die Absicht des Corps⸗ Kommando zu ziehen erlaubt ist, so könnte man annehmen, das Observations Corps würde von hier bis Podgoritza echelonnirt. Postgoritza ist ein Marktflecken hart an der montenegrinischen Grenze und ist durch zahlreiche Konflikte in den letzten Jahten bekannt. Dieser Flecken ist provisorisch mit neuen Kulas ver— sehen worden, und wird nach Thunlichkeit in einen vertheidi⸗ gungsfähigen Zustand gesetzt.“
— Ueber eine angebliche Erhebung in Grusien schreibt man der „Pol. Corr.“ aus Tiflis 20. April: „Wie neuestens aus dem sogenannten Turkisch⸗Grusien, d. i. aus den Vilajets von Kars und Erzerum, gemeldet wird, zeigt fich die dortige moha— medanische Bevölkerung auffallend renitent gegen die Anord— nungen der türkischen Autoritäten. Nicht blos die Einhebung der Steuern begegnet den größten Schwierigkeiten, auch die Rekrutirung und Einberufung der Redifs stößt bei der moha⸗ medanischen Population der genannten Paschaliks auf bedeu— tenden Widerstand. Die Pforte beeilte sich, Regierungskom— missare nach Türkisch-Grusien zu entsenden, um die ge⸗ schilderte Reniten;z zu brechen. Die offiziellen Send— boten fanden aber nicht nur kein Gehör, sondern wurden aus den meisten Ortschaften verjagt. Die Regierung in Konstantinopel glaubte anfaͤnglich die Sache nicht auf die Spitze treiben zu sollen und zeigte sich nachgiebig in der Hoff— nung, daß ihre mohamedanischen Unterthanen doch zur Be— sinnung kommen und der allgemeinen Gefahr gegenüber, die dem tüͤrkischen Reiche und dem Mohamedanismus durch den Aufstand der christlichen Völkerschaften droht, sich nicht indifferent zeigen werden. Nachdem aber bis nun die Bevölkerung doch keine Miene machte, zur Erfüllung ihrer Pflichten zu— rückzukehren, so beschloß man in Konstantinopel, eine größere Äb— theilung Exekutionstruppen nach diesen Vilajets zu entsenden, um die Renitenten nöthigenfalls zwangsweise zum Gehorsam zurückzuführen. Anstatt aber, daß diese Nachricht einen heil⸗ samen Schrecken verbreitet hätte, wirkte sie im Gegeniheil noch irritirender. Es erfolgte in vielen Orischaften eine förmliche Erhebung, welche zur Folge hatte, daß sehr viele Kaimakams vertrieben wurden.“
Belgrad,. 5. Mai. (W. T. B.) Das neue Ministe⸗ rium hat sich konstituirt und ist, wie folgt, zusammengesetzt: Stewcza, Präsident und Minister für öffentliche Bauten, Riftic, Vize⸗-Präsident und Minister des Auswärtigen, MilojkowiFe, Mi⸗ nister des Innern, Gruic, Justiz-Minister, Jovanovic, Finanz Minister, Tichomir Nicolie, Kriegs⸗Minister, Olinyna Wassilewic, Kultus-Minister. Das die Ernennung enthaltende Fürstliche Dekret soll morgen publizirt werden.
Rumänien. Bu karest, 5. Mai. (W. T. B.) Der Senat hat von den 11 Wahlmandaten, die vorläufig be⸗ anstandet waren, 4 nachträglich als gültig anerkannt. Die Regierung hat das zur Berathung vorgelegte Unterrich:s⸗ gesetz zurückgezogen.
— 6. Mai. (W. T. B.) Das Kabinet Floreseu hat seine Demission gegeben. Der Fürst betraute Manolachi, Costache und Jepureano mit der Bildung eines neuen Kabinets.
Dänemark Kopenhagen, 2. Mai. Die letzte Num⸗ mer des „Sozialdemokraten“ enthält eine Einladung zu einem sozialdemokratischen Kongreß, welcher hierselbst in den Tagen vom 5.— 8. Juni abgehalten und auf welchem u. A. ein gemeinschaftliches politisches Programm angenommen werden soll.
Nr. 18 des „Central⸗Blatts für das Deutsche Reich“ herausgegeben im Reichskanzler⸗Amt, hat folgenden Inhalt: Allge—⸗ meine Verwaltungssachen: Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. — Finanzwesen: Goldankäufe Seitens der Reichsbank. — Münzwesen: Uebeisicht über die Ausprägung von Reichsmünzen. — Militärwesen: Anerkennung einer Lehranstalt im Sinn: des §. 90, Ta. der Wehrordnung. — Zoll ⸗ und Steuerwesen: Kompetenz einer Steuerstelle. — Marine und Schiffahrt: Angabe des Schiffstonnen⸗ gehalts bei der Fahrt nach Konstantinopel. — Konsulatwesen: Er⸗ nennung und Exequatur ⸗Ertheilungen.
Nr. 17 des „Justiz⸗Ministerial⸗Blattes“ erthält eine Allgemeine Verfügung vom 2. Mai 1876, betreffend die Aus führang des §. 966 der Vormundschaftzordnung.
Neichstags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 6. Mai. In der vorgestrigen Abendsitzung der Justiz⸗ Kommission des Reichstages wurden die Schlußberathungen der Civilprozeß⸗Ordnung begennen. Die Berathungen ge⸗ langten bis §. 330. Die darauf bezüzlichen Anträge des Bundes- raihs wurden großentheils abgelehnt, Ein vom Abg. Herz beantragter Zusatz zu §. 140, nach welchem der Landesgefetzgebung vorbehalten bleiben soll, die stenographische Nieder schrift der mündlichen Verhandlung durch verpflichtete Stenographen anstatt des Protokolls durch den Gerichtsschreiber zuzulassen — wurde mit dem Hinweis auf die Inkorrektheit stenographischer Berichte abgelehnt. Ueber den Antrag desselben Abgeordneten, in 5§. 330 den Äbsztz 2 (»die Aufnahme des Zeugenbew ises kann einem Mitgliede des Prozeßgerichts oder einem anderen Gꝛrichte übertragen werden, wenn die Beweisaufnahme vor dem Prozeßgerichte erheblichen Schwierig—⸗ keiten unterliegen würde) zu streichen, wurde die Beichlußfassang ausgesetzt. Die nächste Sitzung fand heute Vormittags statt.
Landtags ⸗ Angelegenheiten.
Ueber die parlamentarische Geschäftslage schreibt die N. L. C.“: Im Abgeordnetenhause jsollen bis Pfiagsten noch erledigt werden: das Synodalgesetz, das Diszesangesetz, die auf die Halle⸗ Casseler bezw. Halle⸗Sorau- Gubener Eisenbahn bezüglichen Vorlagen, die Verlängerung des Etatsjahres, das Gesetz wegen der Amtesprache und das Kompetenzgesetz. Ist dies erreicht, so soll eine Vertagung