1876 / 109 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 08 May 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Semer kungen.

) Die Reihenfolge der Eisenhahnen ist nach der Größe der mittleren Verhäͤltnißzahl (gecmetr. Mittel) zwischen der auf je Eine Verspätung der Courier, Schnell., Personen. und gemischten Züge auf eigener Bahn entfallenden Anzahl von Zügen dieser Gattungen und der auf je Cine Verspätung entfallenden Zahl der von 6 Zuggattungen zurückgelegten Achskilometer bestimmt (Col. 34, 55 u. 36).

2 Es entfällt: a. die größte Zahl der beförderten Züge auf die Sächsischen Staatsbahnen mit 23,310 Zügen (lfde. Nr. 41, Col. 10); b. die größte Zahl der zur ü cge legten Achskilometer aller Züge auf die⸗ selbe Bahn mit 55,528,499 Achskilometern, und der Courier, Schnell- Per sonen⸗ und gemischten Züge mit 11,369, 241 Achskilometern (i fde. Nr. 41, Col. 31 und 32): e. die größte Leistung pro Kilometer Bahn⸗ länge auf die Niederschlesisch⸗Märkische Bahn mit 51,500 Achékilo⸗ metern (lfde. Nr. 35, Col. 3, 31 u. 33).

3) Durchschnittlich beträgt: a. die auf jeden Kilometer Bahn- länge von der Gesammtsumme der Achskilometer entfallende Zahl 23, 200 Achskilometer (Col 3, 31 und 33); b, die mittlere Verhältnißzahl zwischen der auf je Eine Verspätung entfallenden Zugzahl und der auf 9 Eine Verspätung entfallenden Zahl von Achskilometern 3941 (Col. 34,

zuf ben Stationen zurück: a. Courier und Schnellzüge 45

) Die größte Fahrgeschwindigkeit (inkl. Aufenthalt auf den Stationen) haben: a. von den Courier⸗ und Schnellzügen diejenigen der Magdeburg ⸗Halberstãdter Bahn mit 58 Kilometern pro Stunde Fahrzeit (lfde. Nr. 4, Col. 38); b. von den Personenzügen diejenigen der Ober⸗ lausitzer und Cottbus Großenhainer Bahn mit 42 Kilometern vro Stunde Fahrzeit (fde. Nr. 61, Col. 39); 8. von den gemischten Zügen die⸗ jenigen der Entin⸗Lübecker Bahn mit 32 Kilometern pro Stunde Fahr⸗ zeit (fde. Nr. 50, Col. 40.

5) Durchschnittlich legen pro Stunde Fahrzeit 6 ,

m., . er⸗ sonenzüge 33 Klm., e. gemischte Züge 4 Klm. (Col. 38, 39 u. 40.

6) Die Zahl der zurückgelegten Achskilom. ist von den Verwaltungen i. Nr. 6, 8, 9, 12, 26, 38 und 45) nach approximativem Ueber- . von allen übrigen Verwaltungen nach genauer Berechnung angegeben.

7) Von den Gesammtverspätungen in Col. 22 - 7 wurden her⸗ vorgerufen:

a. durch Betriebsstörungen in Folge des am 12. und 13. März herrschenden Orkans: in Min. Fällen.

bei der lfd. Nr. 8 (Hessischen Ludwigs Bahn) 313 9 7 (Nain ⸗Weser 5 14 S (Bergisch Märkische .

bei der lfd. Nr. S (Gerlin⸗-Görlitzer Bahn ö 13 (Rheinischen 3

i 10 5909 np. . 1 15 Main · Neckar *

41 9 . ö 23 (Nagdeb Leipziger 89091 5 ä. 35 NViederschl · Maärkische 3099 4 x A441 (Sãächsische Staats⸗ . b. durch Betriebsstörungen in Folge von Ueberfluthungen, Damm⸗ beschädigungen ꝛc. in ( . Min. Fällen. bei der lfd. Nr. 3 (Hessischen Ludwigs ⸗Bahn 573 37 4 (Magdeburg · Dalberstãdter S6 (Elsaß . Lothringischen S (Bergisch · Mãrkische II1L Breslau. Schweidn. Freib. IT (Berlin⸗Stettiner 24 (Württembergische Bahnen 25 (Berlin · amburger Bahn )

. .

) P

8 Bei der Bahn) ift der regelmäßige Betrieb auf der Strecke Berlin Magdeburg erst seit dem 22. März wieder vollständig hergeftellt.

35 und 36). Aichtamtliches.

Großbritannien und Irland. London, 6. Mai. Der „Economift“ erkennt die große politische, strategische und wirthschaftliche Tragweite der dem preußischen Abgeordnetenhause gemachten Reichseisen bahn⸗Vorlage an. Politisch erstrebe sie eine festere Einigung Deutschlands, strategisch größere Kriegs⸗

tüchtigkeit; aber auch ihr ökonomoscher Erfolg sei wahrscheinlich, wie sich dies aus dem günstigen Beispiele schließen lasse, welches die Staatsbahnen in Belgien und anderen Staaten geben.

Dem Kommandanten der australischen Flotten⸗ station wird demnächst die Aufgabe zufallen, die Einge⸗ bornen einer Insel der Aurora⸗Gruppe zu züchtigen, auf welcher vor einigen Monaten die Mannschaft des Kaͤuffahrers Laelia“ niedergemacht wurde.

Die „Times“ enthalten einen Artikel über den Hirten⸗ brief des Kardinals Cullen, welchem wir Folgendes ent⸗

nehmen:

Der Ton, in welchem Kardinal Cullen in seinem vor Kurzem erlassenen Hirtenbriefe sich über die Erziehung in Irland äußert, ist kein unklarer. Unzufriedenheit im Allgemeinen mit Allem, was bis jetzt für die Erziehung in Irland geschehen ist, äußert sich darin und zugleich wird der Ratb ertheilt, daß kein Ver— besserunge plan angenommen werden dürfe, durch welchen nicht dem Kardinal Cullen und seinen Untergebenen abfolnte Gewalt in die Hände gegeben würde. Das jetzt in Irland eingeführte System des Elementarunterrichts flößt dem Kardinal die ernstesten Besorg⸗ nifse ein. Nicht sowohl in dem Sinne, 6 es kein Gutes wirken könne, in der gewöhnlichen Laienauffafsung des Wortes, als vielmehr darin, daß er es für sehr wahrscheinlich hält, es könne durch dasselbe kirchliches Unheil angestiftet werden. Ebenso unzufrie⸗ den ist der Kardinal mit der Universitätsausbildung. Der Zustand, in dem sich dieselbe befindet, ift seiner Ansicht nach, ein schmachvoller. Die Protestanten hätten seit Jahrhundert ein Monopol dafür besessen, und, wenn sie auch somit keinen Vortheil daron gehabt hätten, doch wenigstens das Einkommen der Universitäten für sich genossen. Die von Gladstone eingebrachte Bill hätte insofern eine falsche Richtung verfolgt, als darin der katholischen Hierarchie nicht die vellständige Kontrcle über Alles gegeben worden wäre. Die Katholiken, meint der Kardinal, müßten eine gute Uni⸗ verfität für sich baben, obgleich die dafür erforderlichen Mittel natür= lich aus protestautischen Quellen beschafft werden müfsen. Kein Plan dürfe angenommen werden, der den Katholiken nicht eine wahrhaft katholische Ausbildung sichert, oder, wie diese Worte später erklärt werden, der die katholische Hierarchie nicht als den alleinigen Inbegriff aller geistigen Wahrheit für Irland anerkennt und ihr nicht die Macht verleiht, alle die Lehren auszuschließen, welche in irgend einer Weise in Widerspruch zu ihren eigenen stehen.

Die irische Erziehungẽ frage ist verhältnißmäßig eine neue. Zu Kardinal. Bhately's Zeiten, als Dr. Murray die Ansprüche der irischen Geistlichkeit vertrat, schien die Sache auf dem besten Wege zu einer schließlichen Erledigung zu sein. Die Regierung hatte damals auch die entfernteste Idee aufgegeben, sich in den katholischen Elementar⸗ unterricht einzumischen. Sie war bereit, unter gewissen Garantien das dafür nöthige Geld vorzustrecken und für alle Glaubens bekennt nisse in Irland so viel zu thun, wie die Katholiken wenigstens nie im Stande gewesen sind, für sich selbst zu thun. Auch war Dr. Murray durchaus nicht unbillig. Damals hörte man nichts von den übermäßisen Ansprüchen, welche Kardinal für bloße Gerechtig⸗ keit gegen seine Glaubensgenossen hält. Das Syftem der irischen National-Schulkollegien war allerdings ein Kompromiß, aber einer für beide Parteien, und was Sätens der Proteftanten dabei aufgegeben wurde, war keineswegs unbedeutend. Der Unter schied zwischen D.. Murray und Kardinal Cullen ist kein geringer. Derselbe ist, wie wir meinen, in der neuen Stellung, welche die katholische Hierarchie in letzter Zeit überall ein⸗ genon men hat, und in den neuen Beziehungen derselben zu weltlichen Dingen, die auf natürliche Weise immer schroffer geworden find, be— gründet. Dr. Murray, der vor den letzten vatikanischen Dekreten auftrat war ein Mann von Welt und von praktischem Verstande. Er wünschte das irische Volk erzogen zu sehen und war nur besorgt, daß dabei nicht unbillig gegen seinen eigenen Gauben verfahren würde. Kardinal Cullen, der erst nach jenen Dekreten auftritt, ist gleichtalls ein Mann ven Welt und Talent und hat genug praktiscken Verstand, um die Beziehungen zwischen Mittel und Zweck klar erkennen ju können. Die starke oder, beffer gesagt die schwache Seite der Stellung, die er einnimmt, ist die, daß es ihm gleichgültig zu sein scheint, ok seine Landsleute eine Schulausbildung genießen oder nicht, und vor Allem besorgt ist, daß, soll Lies zweifelhafte Verfahren zur Anwendung gebracht werden, dies ohne Nachtheil für die „katholische Wahrheit“ geschehe. Damit stimmen auch seine Ansichten über Uni⸗ versitätsausbildung vollständig überein. Hierin, wie in allen anderen Dingen, darf kein Kompromiß zu Stande kommen. Wenn die Trländer nicht grade so ununterrichtet werden sollen, wie Kardinal Cullea es für ste am besten hält, so können sie, foweit es den Kardinal. betrifft, ebenso gut unterrichtet bleiben. Unterricht scheint der Kardinal, anstaitt ihn für den größten Segen, den der Staat bieten kann, zu halten, eher als einen Einfluß an— zusehen, der denen, die ihn empfangen, ebenso gut schaden als nützen kann. Aller Unterricht muß daher mit der größten Sorgfalt über- wacht und alle seine möglichen erratischen Tendenzen mit rücksichts- loser Energie unterdrückt werden. Selkst in seiner einfachsten Ge- stalt läuft er ftets Gefahr mit den Lehren der katholischen . in Konflikt zu gerathen. Schon die bloße séefellschaft protestantischer Kinder ist doller Gefahren für ihre Mitschüler. Kann der Unter- richt alse kein katholischer sein, so darf er uberhaupt gar nicht statt— finden. Alle. Projekte durch welche er nicht den katholischen Geist⸗ lichen vollständig unterworfen wird, müssen deshalb von allen getreuen Gliedern der frommen Heerde des Kardinal Cullen einstim⸗ mig verworfen werden. Eigenthuͤmlich ist dabei aber, daß Kardinal Eullen nichts über die Quellen der Unterrichts mittel sagt, die er auf diese Weise von ihrer ursprünglichen Beftimmung aßzuleiten vor- schlägt. Das Einkommen der irischen Rational Schulkollegien fließt bekanntlich aus den jährlichen vom Parlamente gemachten Bewillt—⸗ gungen. Aus Kardinal Cullens Sprache durfte man aber schließen, daß dasselbe vielmehr aus den freiwilligen Beiträgen frommer Kaiho⸗ liken stamme, über die der katholischen Hierarchie natürlich das aus⸗

Wir können nur auf das Tiefste bedauern, daß Kardinal Cullen einen solchen Ton in feinem Hirtenbriefe angeschlagen hat. Als eine Appel⸗ lation an die Vernunft, oder als ein Hinweis auf das, was wün—⸗ scheaswerth ift, verdient derselbe natürlich keinerlei Beachtung. Nichts⸗ destoweniger aber kann dadurch in Irland großer Schaden angerichtet werden. Wir wünschen das irische Volk gut unterrichtet zu sehen und bedauern deshalb, daß Kardinal Cullen so bereit ist, dieser Aufgabe Hindernisse in den Weg zu legen und sich dem schließlichen Erfolze gegenüber so vollständig indifferent zeigt. Die Klasse von Leuten, denen er seinen Befehl gegeben hat, werden kein Bedenken tragen, denselben wörtlich auszuführen. Für sie, wie für ihren Führer, ist der Unterricht eine Sache von untergeordneter Bedeutung. Was ihnen wirklich am Herzen liegt, ist die Aufrechterhaltung eines geistigen Systems, welches ihnen vortrefflich zusagt und für welches ste eine unbegränzte Hingebung zeigen und ohne Zweifel auch fühlen. Das Interesse, welches ihre Heerden daran haben, ist aber weit weniger klar. Sollen die Irländer ununterrichtet bleiben, bis daß ihre geistlichen 56 ihren Streit mit der modernen Welt auggeglichen oder letztere

ch unterworfen haben, so dürften sie, unserer Ansicht nach, noch auf lange Zeit in Unwissenheit verharren. Aber gerade dies wünschen wir nicht und kännen kaum glauben, daß es in ihrem eigenen Interesse liegen sollte. Wir haben uns bereit gezeigt, den halsstarrigen Ver— trelern des Katholizismus große Konzesstonen zu machen, aber was wir auch thun mögen, nichts will ihre stets wachsenden An— sprüche befriedigen. Das Schlimmste bei der Sache ist, daß die modernen Streiter der Kirche weit davon entfernt sind, in der Wahl ihrer Waffen oder in ihrem ganzen Feldzugeplane sehr wählerisch zu sein. Wir sprechen hier nicht nur von den. Beschuldigungen, welche Kardinal Cullen auf das Andenken des pr. Whaiely und Die jenigen gehäuft hat, die ihm auf seinem Wege folgten. Derartige Anzriffe sind so wirkungslos, daß ste kaum eine Abwehr verdienen. Aber eine sirenge Blockade des Schulunterrichts ist ein unheilvolles Ding und Kardinal Cullen scheint bestrebt zu sein, sie über Irland zu ver⸗ hängen, damit er sie unter den von ihm gestellten Bedingungen wieder aufheben könne. Die Irländer selbst geht dies am meisten an. Kardinal Cullen nebst Gefolge haben gerade so viel Macht, Unheil zu stiften, als ihnen das etwas leichtgläubige Vertrauen ihrer Anhänger giebt. Sobald das irländische Volk einmal zu der Ueberzeugung gelangt, daß diese Leute sich um ihre wahren Interessen nicht kümmiern, und daß ihnen die Serge dafür nicht anvertraut werden kann, wird ihre jetzige scheinbare Regierungsgewalt ein Ende nehmen. Angenblicklich aber ist sie nur zu wahr und nachtheilig. Kardinal Cullen verkündet uns drohend Krieg und andere Strafen als die nothwendigen Felgen unseres süůndhaften Zustandes. Unserer eigenen Ansicht nach stehen Ursache und Wirkung in einem natürlicheren Zusammenhange mit einander, können Bigeterie und die damit veibundene Unwissenheit nirgends lange ohne ihre entsprechende Strafe bestehen und kann kein Volk sich erheben, welches nicht im Stande ist, sie abzuschütteln. Wäre ein Beweis nöthig, um uns in unserer Ansicht zu bestärken, so brauchten wir nur auf Irland zu blicken wie es ietzt ist und wie Kardinal Cullen es auch in Zukunft gern haben möchte.

Landtags⸗ Angelegenheiten.

Berlin, 8. Mai. Die Rede, welche der Minister der

geist lichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Falk in der Sitzung des Hauses der Abgeordneten am 5. d. M. über den, den Massenaustrütt aus der evangelischen Landeskirche betreffenden Antrag der Abg. Dr. Virchow und Klotz hielt, hatte folgenden Wortlaut: Es dürfte, meine Herren, wohl angemessen sein, wenn ich ber its in diesem Stadium der Erörterunz über den Antrag der Herzen Klotz und Virchow das Wort ergreife. Sie werden sich am wenigsten wun dern, wenn ich dasjenige, was der Hr. Regierunge kommissarius in der Kommission als Endresultat seiner Erwägungen aussprach, auch meinerseits mit der dringenden Bitte wiederhole, dem Antrage keine Folge zu geben. Ich kann dem Hrn. Abgeordneten gern darin bei⸗ treten, daß er und seine Freunde nicht die Absicht gebabt haben, einen provokatorischen Antrag zu stellen; ich glaube aber, wie die Dinge jetzt liegen, daß er provokatorisch wirkt, und das ist für mich in Bezug auf meinen Widerstand das Entscheidende, nicht der Wille der Antragsteller. Ich kann auch dem Hrn. Abgeordneten weiter darin Recht geben, daß der Hr. Regierungskommissarius, der von früheren Vor⸗ gängen in diesem hohen Hause aus unmittelbarer Wahrnehmung Kenntniß nicht besaß, die Urheberschaft des Gedankens zu dem Antrage einer viel zu naheliegenden Zeit zugemessen hat. Ich weiß mich wenigstens zu er= innern, daß bei Berathung des späteren Gesetzes vom 14. Mai 1873, ja ich glaube sogar, bei früheren Petitionsberathungen in diesem Hart der Gedanke schon angeregt worden ist, daß man wenigstens durch die Entwickelung der Dinge. dahin kommen kann, ein derartiges 4 zu machen, welches man kurz bezeichnete als ein Gesetz * den Fall des Mafssenaustritts aus der Kirche. Wenn aber der Hr. Abg. Klotz heute als den eigentlichen Urheber des Antrags den nicht anwesenden Abg. Schumann bezeichnet hat, so möchte ich dem Satz nur soweit Richtigkeit beimessen, daß vielleicht der Hr. Abgeordnete durch den von Hin. Schumann gestellten Antrag dahin gelangt ist, die jetzige Zeit als die rechte für seinen Antrag aufzufassen, während ich den großen Unterschied zwischen den beiden Anträgen dahin fasse, daß der Antrag des Hrn. Schumann der künftigen Entwickelung der Dinge Raum läßt und auf Grund deren eine gesetzzeberische Rege lung verlange und anstrebe, während Sie gegenwärtig, wie ich meine, aus weit überwiegend, ja vielleicht allein aus theoretischen Gründen Ihren Antrag stellen.

Meine Herren! Es ist uns gesagt worden, auf Grund dieser Synodalordnung ift die Frage des Bekenntnisses nicht von den kirch-⸗ lichen Faktoren ferngehalten, und da das nicht ist, so kann eine Zeit kommen, wo auf die Gewissen Druck geübt wird; da diese Zeit ein mal kommen kann, so ist es gut, in Zeiten Vorsorge zu treffen. Ich weiche von dem Hrn. Antragfteller insoweit ab, als ich meine, daß diese Dinge viel zu ernst und viel zu zart sind, um ohne zwingende thatsächliche Verhältnisse bles Vorbeugungsmittel zu geben. Die Sache liegt, wenn ich mich an die Argumentation des Hrn. Abg. Klotz schliehe, folgendermaßen: der §. 1 der General Synodalordnung in seinem zweiten Absatz das ist das vorliegende kenkrete Gesetz läßt den Bekenntnißstand der einzelnen Gemeinden und Landestheile und ihre Union unberührt. Man hat gefragt, was das zu bedeuten habe. Nun, meine Herren, die historische Entwickelung bezüglich der Auf nahme dieses Satzes in die General Synodalordnung ist eine ganz

schließliche Bestimmungsrecht zustände.

klare. In dem Allerhöchsten Erlaß vom 10. September 1873, welcher

die kirchliche Sanktion an die Gemeinde und Synodalordnung er—⸗ theilte, indet der Satz;

Die dadurch herbeigeführten Aenderungen beschränken sich auf die kirchliche Verfassung; der Bekenntnißftand und die Union in den genannten Provinzen und den dazu gehörenden Gemeinden werden daher, wie Ich ausdrücklich erkläre, durch die neue Ordnung in keiner Weise berührt.

Sie finden hier in dem zweiten Theile dea Satzs dieselben Worte wieder, die in dem zweiten Absatz des §. 1 der General- Sy⸗ nodalordnung sich finden, und wenn die ersten Worte, die durch den Ge⸗ gensatz den Sinnklar hinftellen, weggelaffen sind, so hat das seinen Grund in der materiellen Festsetzung des §. 1 Absatz 1 der General-⸗Syno⸗ dalordnung, wo das Moment, daß es sich um die Perfassung handle, bingeftellt ist. Es bedeutet also der Satz: diese Ordnung baut nur . , nn Gebäude, diese Ordnung tangirt in keiner Weise das Be

enntniß.

Nun, meine Herren, hat der Hr. Abg. Klotz sich auf hervor⸗ ragendste Autorität berufen, daß, wenn auch nicht durch diese schon gegebene General ⸗Synodalordnung das Bekenntniß bedrückt werden könne, die Möglichkeit in dieser Beziehung doch in Zukunft obwalte. Er führt uns in dieser Beziehung eine Reihe von einzelnen Vorschrif⸗ ten der General⸗Synodalordnung, sowie auch der früheren Ordnungen vem September 18573 vor. Meine Herren! Wenn er für die Mög⸗ lichkeit, daß auf dem Boden des Bekenntnisses eine gewisse Fixirung später eintreten konnte, andere Gründe nicht hätte als diese, so schlene mir seine Argumentation eine außerordentlich schwer haltbare; denn, meine Herren, die von ihm vorgetragenen Bestimmungen des 5§. 565, des §. 68 der älteren Synodalordnung, des . 36 der r e Syno⸗ dalordnung ordnen nichts weiter, als daß über die betreffenden Fragen nicht mehr allein eine kirchenregimentlich berufene Behörde entscheide, sondern nur eine kirchenregimentliche Behörde, welche verstärkt sei durch die betreffenden Spezialorgane. An der Materie wird in der Sache also nichts geändert.

Und nun, meine Herren, weise ich auf die Debatten der ersten Berathung hin. Daran wird doch Niemand einen Zweifel haben, daß allerdings ein Geistlicher möglickerweise gegen die Grundlehren seiner Kirche lehren kann, und daß er aus diesem Grunde in das Amt weder eintreten noch in demselben belassen werden darf. Und ist das eiwa etwas Neues? Ist das nicht auch das von Ihnen in der Kommission angerufene Landrecht, in welchem dies mit dürren und runden Worten steht? Ist es nicht eine landrechtliche Bestim⸗ munz, die der Gemeinde Einspruch giebt gegen die Lehre und sagen nicht landrechtliche Bestimmungen, darüber sollen geordnete kirchliche Organe erkennen? Meine Herren, lautet nicht der 5. 73 des II. Titels II. Theils desselben Landrechts dahin:

In ihren Amtsvorträgen und bei dem öffentlichen Unterrichte müssen ste zum fte der Gemeinde nichts einmischen, was den Grundbegriffen ihrer Religionspartei widerspricht.

Meine Herren! Ich denke, insoweit ist durch die Sy⸗ nodalordnung nicht das Geringste neu eingeführt worden. Die bezeichneten Bestimmungen beziehen sich auf Dinge, die bereits jetzt vorhanden sind, und die, wie Sie sagen: in dem milderen Landrechte bereitz erwähnt sind.

Meine Herren, es ist wahr, es befindet sich in der General⸗ Spnodalordnung der Satz nicht, das Bekenntniß und die Lehren sind kein Gegenstand kirchlicher Gesetzgebung das ist ein Punkt, der erwähnt worden ift in der Generaldebatte, und der auch heute, wenn auch nicht in einer solchen direkten Weise, wie ich es formulirt habe, hervorgehoben ist. Aber, meine Herren, wenn Sie einen Blick zurückwerfen auf die Verhandlungen der Generalsynode, so werden Sie finden, daß diese Formulirung verworfen worden ist weitaus aug piaktischen Gründen, weil eine solche Formulirung nichts nützen, ja, weil sie umgekehrt der Entwickelung der Dinge nur schädlich werden könne, nichts nütze weil in den Gebieten der Synodalordnungen, in welchen sich eine ähnliche Beftimmung findet, doch die Bekenntnißfrage auf das Allerschärfste hervortritt schädlich wirke, weil nach mannigfachen Erfah⸗ rungen an einen solchen Satz die Lähmung jeder Entwicklung ge⸗ knüpft werden kann, weil es, ich sage: leider! heutzutage in weiten Kreisen Mode geworden ist, alle möglichen Dinge mit dem Bekenntniß zu verbinden, die ganz und gar nicht dam gehören. Das sind Erwägungen gewesen, die zur Verwerfung dieses Satzes geführt haben. Daß aber die synodalen Organe über die Bekenntniffe der evangelischen Kirche nicht hinweggehen können, ist ausgesprochen in §z 5 der Synodalordnung; auf dem Grunde des evangelischen Be⸗ kenntnisses, und was das heißt, das ist in der beredtesten Weise und mit der größten Energie ausgeführt worden von verschiedenen Rednern auf der Generalsynode auf dem Grunde des evanzelischen Bekenntnisses soll die Synode mit dem Kirchenregiment aufbauen die weitere Entwickelung der Kirche. Damit ist die Grundregel gegeben, und was sie sonst zu thun hat, das ist im § 7 enthalten, über den ich bereits in der ersten Be⸗ rathung gesprochen habe, insbesondere gegenüber dem Herrn Mit- antragfteller Dr. Virchow. Ich habe damals ausgeführt, daß die Garantie, die diese 5 in einer unrichtigen und die Gewissen bedrückenden Regelung der Bekenntnißfrage giebt, sei es in Bejug auf die zu enge Ziehung der Grenzen der Lehrfreiheit, sei es in Bezug auf andere Schritte, in Bezug auf die Kultusakte, in Bezug auf die religiösen Akte, wo diese Gemeinden mitzu⸗ wirken 22 tzrößer ift, daß dieser 5 7 Ihnen ganz an dere Garantien giebt, als gegenwärtig die Gesetzgebung schafft. Die Sache liegt also meiner Meinung na 9 daß ganz und gar kein Bedürfniß vorhanden ist, im gegenwärtigen Augenblicke ein derartiges Gesetz ju erlassen, daß die Mäglichkeit wer möchte das bestreiten allerdings existirt, aber nur die Möglichkeit, keine Wahrscheinlichkeit. Sie sehen mehr und berufen sich auf den einen Fall in dieser Stadt, auf den Fall, den ich nicht anders nennen ann, ich balte mich frei von einer persönlichen Aeußerung oder Meinung in der Sache als eine der bedauerlichsten Eifahrungen, die wir in der gegenwärtigen Entwickelung unseres kirchlichen Lebens gemacht haben, denn an diesen ö. ist so viel angeknüpft worden zum Schaden der evangelischen Kirche nach rechts und nach links, als man eizzentlich niemals hätte denken können. Dieser eine Fall ist aber nicht in dem Sinne erledigt worden, wie der Hr. Abg. Klotz befürchtet, sondern umgekehrt, und ich meine daher, daß es keinen Grund hat, aus diesem einzelnen Fall die Gefahr als eine so nahe und große ung hinzuftellen. ;

Meine Herren! Wir wissen E Alle, es sind Strömungen, die dagegen arbeiten, die die General-⸗Synodalordnung nicht ins Leben treten lassen wollen, ste kommen von den entgegengesetzten Richtungen.

(Hört! hört! links) Ja, meine Herren, da brauchen Sie nicht

laufenden Nr. 63 (Berlin Potsdam Magdeburger

erst zu hören, Sie wissen das ja, alle Tage lesen Sie es, und wer 1 n . . es auch in diesem Hause, und nicht erst eute, ausgiebig hören. ö d Ich bin 1 der wiederholt ausgedrückten Ueberzeugung, daß geschehen wird, was von der einen, der kirchlich orthodoren Seite um den gestern hier gebrauchten Ausdruck zu wiederholen oder richtiger: durch den Mund hervorragender ihr angehörender Persön. lichtelten ausgesprochen ist: wenn dicse General- Synodalordnung ins Ecken tritt, daun werden wir in Treue mitarbeiten und nicht die Büchse ins Korn werfen und hinausgehen! Ich bin auch überzeugt, daß die Bemühungen des Hrn. Abg. . und seiner Freunde ihren Erfolg nicht verfehlen werden. Ich habe sa sogar unter Hinzufügung des Wortes „Gott sei Dank“ in Bezug auf den in einem Bezirks vereine geftellten Antrag, in Masse aus der Kirche zu treten, bei der ersten Berathung gesagt, er sei verworfen worden. (Ruf: Er ist nicht ver⸗ worfen worden) Dann allerdings würden der Hr. Abg. Klotz und seine Freunde noch etwas mehr Thätigkeit ansetzen müssen, um die Neigung zum Austritt aus der Kirche zu unterdrücken. Ich meine, ich habe diese Sorge vor dem Massznaustritt nicht, aber, meine Herren, es ist viel Reizung auf diesem Gebiete vorhanden, und keine Frage giebt es ja, vor allen Dingen bei uns Deutschen, die so leicht u lebhaften und ich mag sagen leidenschaftlichen Schritten fũbren ann als die religiöse im weitesten Sinne. Nun, meine Herren sind die centtipetalen Kräfte, die zusammenfassen, doch nicht so übermächtig in unserer evangelischen Kirche; es ist doch nicht zweifelbaft, daß es überall Kräfie giebt, die eben das Centrum flichen, meine Herren zum Centrum), es war dies mal unbewußt! umsich ibre Selbstãndigkeit zu retten. Und nun werfen Sie in solche Verhältnisse hinein ohne thatsãch⸗ liches Bedürfeiß eine solche Ermächtigung. wie die Herren Ahg. Klotz und Genoffen sie wollen! Ich frage Sie: muß das nickt die sonst vorhandenen stttlichen Bedenken gegen den Austritt aus der Kirche abschwächen? um so mehr abschwächen, als wir können es nicht leugnen bei einem großen Theil unserer Bevölkerung finan⸗ ziellen Beziehungen gegenüber ein Idealismus gar nicht vor— handen ist? Muß man wicht besorgen, daß solche Elemente kei der. artiger Reizung, die vielleicht getragen wird von einem beredten Munde irgend einez religiös begeisterten Mannes und ich könnte solche Ihnen mit Namen nennen leicht in die Gefahr kommen, ihr zu folgen? und das nicht sowohl um seiner Befürchtung des Gewissensdruckes willen, das werden Sie freilich sazen, als in Wahrheit aus rein äußerlichen Gründen aus der Kirche herauszugehen? Und das will man herbeiführen in einem Augenblick, wo wir uns bemühen, die widerstrebenden Richtungen in der evaungelischen Kirche zusammen—⸗ zufassen, damit sie Raum haben auf einem Boden, um sich zu messen, auszugleichen und in gemeinsamer Arbeit die evangelische Kirche innerlich zu befestigen! ö. z

Diefe letzte Tendenz und die Herbeiführung seiner erstern = nicht sage ich Möglichkeit, sondern große Gefahr vereinigen sich mit einander nicht, ich sage um deswillen große Gefahr, weil ich nach einer Richtung hin wenigstens vor meinen Augen habe, welche gering fügigen rein äußerlichen Gründe es sein können, um sich von dem gegliederten Organismus der Kirche zu trennen. Gehen Sie nach Hessen sehen Sie sich die sogenannten Renitenten an, ist es da wohl eine Be— schränkung der Glaubensfreiheit, was in Betracht kommt? Nein, blos weil die vorhandenen Konststorien, ohne ihre Bedeutunz und Macht zu ändern, in eines zusammengefaßt sind, da sind sie in Menge hinauggegangen. Und wissen Sie auch, wie zu diesem Ende agi⸗ tirt worden ift? Lesen Sie sich die Schilderungen der Spʒialfalle sie sind ja weit genug verbreitet in der Presse und nun setzen Sie hierauf noch eine Prämie durch die Bestimmung über die Ver mögenzverhältnisse. Nein, meine Herren, wenn Sie das Alles zu sammen erwägen, dann werden Sie begreifen, wenn die Regierung sagt, da kann sie nicht mitgehen.

Nun, meine Herren, korime ich auf den anderen Grund, den der Parität. Es ist mir ja recht erfreulich, von dem Hrn. Abg. Kletz bereits gehört zu haben, daß er eigentlich nur eine gewisse Paritãt in Anspruch nunmt und selbst der Meinung ift, die Verhältnisse paßten eigentlich nickt ükerall zu einander. Und in der That, meine Herren, die Berhältniffe pafsen nicht. z dem Centrum) Warten Sie doch noch. Daß Sie Gum Centrum) nicht anderer Meinung werden, weiß ich längst, Sie haben die Ihrige schon in Ihrer Zeitung proklamirt, und ich mch te mit goldenem Munde reden und die uͤberzengendsten Gründe bringen, Sie würden es doch nicht zugestehen. Also der Hr. Abg. Klotz hat bereits anerkannt, daß die Sache richt gleich liegt. Das sogenannte Altkatholikenge etz betraf und das ist die prinzipielle Seite nicht Per sonen, die ans schieden aus der Kirche. (Widerspruch aus dem Centrum) Sie sagens zwar immer, aber der Boden des Gesetzes ist das doch nicht, und darum dreht sichs ganz allein. Muruhe im Centrum)

Ja, mene Herren, Sie können es doch wirklich nicht leugnen, in Dem Altkatholikengesetz stebt das mit dürren Worten drin. Wie fängt aber das Amendement der Abgg. Klotz und Virchow an: Für Diejenigen, die ausscheiden aus der Kirch e. Nun, meine Herren, die Staatsregierung ist bei dem Alt- katholikengesetz so verfahren, wie es, so scheint mir, der Hr. Abg. Schumann wollte nach der Entwickrlung der Dinge. Als das Vatikanum gekommen war, entwickelte sich vor den Augen der Welt und damit auch der Staateregierung ein Zwiespalt ianerhalb der ka⸗ tholischen Kirche, ein Streit. Dieser thatsächliche Zastand allein, ohne in irzend welcher Richtung eine Entscheidung zu treffen

(Widerspruch aus

sein lassen; sie hat beide Theile anerkannt als Mitglieder eirer und derselben Kirche. Die Staatsregierung war der für sie allerdings, wie die Dinge liegen, nicht lösbaren Aufgabe überhoben, eine Ent⸗ scheidung über Glaubensfragen zu treffen, sie hat sie nicht getroffen. Sie aber mit Ihrem Antrag die Herren Klotz und Dr. Virchow fordern eine solche Eatscheidung von der Stgats⸗ regierung, indem sie den Satz hinftellen; „wenn am Bekenntnißftand nichts geändert ist. Abstrakt von vornherein soll die Staatsregierung entsche den über eine solche rein kirchliche Frage ohne Rücksicht auf thatsächliche adäquate Entwicklungen und darin liegt wiederum ein großer Unterschied. . .

Und seit wann hat denn die Staatsregierung ihre Zuftimmung er⸗ theilt zu dem Altkatholikengesetzez Seit die Majorität der Katho— liken diese Alikatholiken aus ihrer Kirche verbannte, als sie nicht bloß erklärt hatte, Ihr gehört nicht mebr zu uns, Ihr dürft nicht mehr theilnehmen an denjenigen Mitteln, die wir brauchen zur Uebung der Religion, sondern als das als etwas nicht mehr zu Aenderndes kenstatirt worden war, als im Interesse der Alikatholiken das Be— därfniß nach Entwicklung zu einer besonderen Organisation, also wiederum zu einer thatsächlichen Darstellung besonderer Erschei⸗ nungen, als das dahin geführt hatte, eine solche Organisation herzu⸗ stellen. da hat die Staattregierung anerkannt, jetzt ist der Zeit⸗ punkt gekommen, daß das Recht, was die Altkatholiken nach Auff assung der Staate regierung und aller zesetzgebenden und rechtsprechenden Faktoren im Lande haben, ihnen auch gewährt werden mußz. Wenn und ich hoffe, daß das nie sein wird ähnliche Zustände in der evan⸗ lifchen Kirche die Hülfe des Staats fordern, dann, meine Herren, wird die Staateregierung gerade so helfend eintreten, wie sie einge⸗ treten ist in Bezug auf die Altkatholiken; aber um bloßer theoretischer Bestrebungen willen, in denen die größte He ee liegt, die Kirche vieler ihrer tüchtigen Mitglieder aus nichtigen Gründen in berauben, blos, weil, ihnen vielleicht ein Ober⸗Kirchenrath oder ein Péästdent nicht gefällt, aus folchen, rein äußerlichen Gründen, aus ich wiederhole theore⸗ tischen Gesichtspunkten ihre Zustimmung zu einem solchen Antrag geben, das kann sie nicht im Interxesse der evangelischen Kirche, das kann sie nicht im Jnteresse des Staates, weil sie überzeugt ist, sie hat auch um des Staates willen das Ihre zu thun, die evan= elische Landeskirche zu schützen, die Kräfte dieser acht Provinzen zu— . zu fassen zu einer gedeihlich wirkenden Einheit. Ich bitte noch einmal, lehnen Sie dieses Amendement ab.

In der Sitzung des Hauses der Abgeordneten am 6. d. M behauptete in der zweiten Berathung des Gesetz⸗ entwurfes, betreffend die Vertheilung der öffentlichen Lasften bei Grundftückstheilungen und die Gruͤndung neuer Ansiedelungen in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen der Abg. Hundt v. Hafften unter An⸗ derem: Dreiviertel Jahre seien es schon her, daß auf dem Po⸗ senschen Provinziallandtage bei dem Minister die Begründung eines selbständigen Kreditverhandes beantragt worden sei; bis heute sei noch nicht einmal eine Antwort gekommen. Der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten, Pr. Friedenthal, erwiderte: .

Ich werde auf die Ausführungen des Herrn Vorredners materiell nicht eingehen, ich will nur eine Thatsache berichtigen, welche in seiner Ausführung enthalten ist, in Beireff des Antrages des posenschen Provinzialfandtagez über die Begründung eines Kreditver bandes für die kleineren Hesitzer. Erstens ist (6 nicht ganz richtig, daß dieser Beschluß vor bereits 1 Jahren gefaßt worden ist, son= dem die Zeit ist eine kürzere, bin ich recht unterrichtet, so war es im Sktober v. J.; hierher an die Staatsregierung ist dieser Beschluß erst vor nicht langer Zeit gelangt. Es sind sofort Schritte geschehen, um dasjenige zu veranlafsen, was vorhergehen muß, näm— sich die Bereitwilligkeit der bisherigen Kreditverbände zu kon⸗ statiren, in irgend einer Weise eine neue Kreditorganisatien im Anschluß an die vorhandenen vorzunehmen, da nach aller Sachverftändigen Urtheil, die Begründung ines selb stãndigen Kreditserbandes in formeller und materieller Beziehung, Schwierig⸗ keiten und Bedenken haben würde. Diese Verhandlungen müssen ihre Zeit haben, und zwar hauytsãchlich deshalb, weil die Vertretungen Der Kreditverbände nur periodisch zusammentreten, Es ist von Seiten der Staatsregierung nicht die mindeste Zeit versäumt worden, ud der Here Vorredner würde, glaube ich, gut thun, bei

feinen Kollegen an diesen Kreditverbänden sich der Angelegenheit an= zunehmen, statt unbegründete Vorwürfe gegen die Staatsregierung

auszusprechen.

Die russische Provinz Ferghanah. II. (Vergl. Nr. 108 d. Bl.) . Hr. Kuhn geht nun zur Beschreibung der bedeutendsten Städte

c über, di besucht hat. ; . 39 Cen gb as ff ö. sagt . macht keinen besonderen Ein⸗

druck. Außer seinem Bazar, der ansehnlich ist, und dem Palaft des

deren großen Städten Mittelasiens, Khodjent,

((Lebhafter Widerspruch aus dem Centrum) ia, meine Herren, hundert Mal babe ich es Ihnen gesagt, aber bei Ihnen ift es das hundertste Mal nicht zu viel, ohne eine Entscheidung zu treffen, welches das Richtige sei und welches

j . . ö

ge diese? letzteren ist sogar malerischer als die von holanz; die . hat diesem jedoch die Bezeichnung Kukandi liatib., das anmuthige Khokand, gegeben, die sich auf allen in der Haupt

ee die alte Hauptstadt in nichts von den an; Khans, unterscheidet sich 8 Taschkent 2c; die

Dutzend Thore unterbrochen, die nach dem Ausdruck des Landes sich „nach allen Punkten der Welt“ öffnen; die Stadt und die Gärten werden mit Wasser durch einen Gebirgsstrom gespeist, der in eine große Zahl von Bewässerungskanalen hineinfließt. . Die Bewohner betrachten Khokand als einen der in Bezug auf das Klima am meisten begünstigten Orte des Fer hanah ˖ Thales; während eines Theils des Sommers jedoch ist der Aufenthalt hier wegen der Hitze und der Westwinde (barm- sal), die dort fast jeden Tag in dieser Jahreszeit wehen, unerträglich! In den umliegenden Ortschaften ist der Kropf eine ziemlich verbreitete Cranfheit. Man will den Grund davon im langen Gebrauch des Trinkwassers aus einem kleinen See südlich von der Stadt nahe bei dem Thor von Munmubarak sehen. . Der Palast (ourda) von Kudeiar ist im südlichen Theil der Haupfstadt errichtet, auf einem von Menschenhand gemachten kleinen Hügel. Seine Hauptfagade ist mit Steingutfeldern von verschiedenen Farben geschmückt, die durch ihr Muster an die alten Bauten von Samarkand erinnern. Eine am Giebel angebrachte Jaschrift konsta⸗ irt, daß dies Gebäude von Seid-Muhgamed⸗Kudoiar⸗Khan im Jahre 1287 (1870) erbaut ist. Seine interne Aus. stattung ist kostbar; mehrere Piecen haben ein reiches europäisches Möblement, ohne Zweifel in St. Petersburg oder Moekau gekauft. Im Hauptsaale, der offenbar für Empfangefeierlichkeiten beflimmt sist, hing ein Kronleuchter von solcher Ausdehnung, daß er faft den Fußboden berührte und die ganze Weite des Saales einnahm, indem nur ein ganz schmaler Weg an der Mauer entlang frei blieb. In einer der Ecken war eine Art von vergitterter Loge, wo wahr— scheinlich der Khan saß. Die Mauern dieses Saales sind mit Stuck⸗ Arabesken geschmückt und die Zwischenthüären mit heimischer Malerei, Bäumen mit goldenen Aepfeln, Rosenbonquets u. s. w. darstellend. Der Bazar ist durch die Zahl seiner Buden der bedeutend ste des Khanats; diese Buden sind von Holz und bilden Straßen, die mit einem Zeltdach bedeckt sind; die meisten sind von Kondolar Khan er⸗ richtet, der seiner Würde nichts zu vergeben glaubte, indem er für seine eigene Rechnung Handel trieb. Zweimal wöchentlich ist Markt im Bazar und hier konzentrirt sich dann fast die ganze Geschäftbe⸗ wegung, zu welcher die aus Rußland eingeführten und dann den De⸗ tailisten in Kommission gegebenen Manufakturwaaren Veranlassung eben. . ! Die Hauptstadt umfaßte in ihrem Distrikt ungefähr 430 Dörfer und Meiereien, die ihr administrativ beigezählt wurden, und die aus ihrer Umgebung einen der beliebteften Kantone Mittelasiens machen. Dieser Distrikt ist nicht weniger ausgezeichnet durch den Reichthum der Vegetation als durch die Dichtigkeit der Bevölkerung; von den Manern der Stadt an bis mehr als 10 Werst im Innern des Lan- des hinein ift der Weg, soweit man sehen kann, don wohl kultivirten Feldern, von Baumwoll Plantagen, von üppigen Obstgärten umgeben, die alle von den kleinen Wasserströmen, die von den Bergen im Süden der Stadt herabkommen, umgehen sind. Das Bild, welches Neffe Landschaft dem Reisenden bietet, ist wahrhaft wundervoll. Marghelan und Andidsan sind nach Khokand die bedeutendften Städte der Provinz; trotz ihres großen Alters besttzen sie aber kein Denkmal! der Vergangenheit; alle ihre Bauten sind modern. In Marghelan bietet keines derselben irgend ein Interesse; der Palast Sultan Murad Bets, den die Bewohner als ein bemerkenswerthes Gebäuze rühmen, unterscheidet sich wenig von einem reichen Haufe in Taschkent oder Samaꝛkant. Die Stadt ist von einer Mauer umgeben, hat aber keine Citadelle.

Marghelan wird als der Haupt Seidenmarkt von Khokand an— gesehen und besitzt zahlreiche Haspeleien und Webereien; sein Bazar war einer der bedeutendsten des Khanat. .

Zu Andidjahn verdienen nur zwei Gebäuze erwähnt zu werden: eine Waffenfabrik und der Palast des Nassr Eddig Khan, keide von einem Afghanen erbaut, der in Indien das Ingenieurfach studirt hatte. . Trotz des Reichtbums seiner Felder hat Scharikhan die kommer⸗ zielle Bedeutung verloren, welche ste trüher besaß. Man schreibt ihren Verfall der Erbauung ven Assake zu, welches von Rude ĩar⸗ Khan in geringer Entfernung von dieser Stadt gegründet warde. Scharikhan besitzt keine Umfassungs mauer. .

Assake liegt malerisch, acht Werst südlich ven Scharikhan, auf dem Abhang eines Berges, in einem Thal, das ein kleiner Fiuß, Nebenfluß des Syn⸗Darja, bewässert. Assake ist ein Beispie! der Willkür der Khane, weich: Städte nur nach ihrem Gatdänken schufen, ohne den örtlichen Bedingungen oder den wirthschaftz chen Bedärfniffen Rechnung zu tragen. So ist also neuerdings auch Assake von Kudoiar - Khan gegründet. Auf der Höhe des Berges, auf einer Terraffe, erhebt sich das Palais des Khan, dessen Garten sich über den Abhang des Berges ausdehnt; unten gruppiren sich die Hänser der Bewohner darum. Von einer der Terrassen des Palastes genießt man einer herrlichen Ausstat; das Auge umfaßt hier ein Meer von grünem Laub, das der silberne Lauf der Wasser des Syr durch⸗ durchschneidet und welches am Horizont die letzten Hügelreiben des Tian. Schan begrenzen, dessen Gipfel sich fern am blauen Himmel abheben. Die Gewässer eines Baches, der ungestüm im Thale ein⸗ herfließt, werden durch ein Wasserrad gehoben, um die oberen Gatten des Palastes zu besprengen. . .

Daz Klima von Assake ist, wie man sagt, ausgezeichnet, und diesem Umstande hatte es vielleicht die Stadt zu verdanken, daß sie vom Khan zur Residenz gewählt wurde; Kudeäar verbrachte hier die Zeit der großen Hitze und wandte seine ganze Muße an, in den be⸗

nachbarten Bergen zu jagen. Ebenso wie Schar ktan it Assake eine offene Stadt; das einzige beachtenzwerthe Gebäude ist der Palast, der im asiatischen Style erbaut tst, aber europäische Fenster mit far—

stadt gtprägten Münjen witderfindet. Wie die meisten der asiatischen

Städte ift Khokand mit einer Mauer umgeben; diese ist von einem

bigen Scheiben besitzt. Für den Handel ist Assake ohne Bedeutung.

nicht, hat Tie Staatsregierung für ihre Eꝛtschließung maßgebend

*

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Schleusingen, den 3. Mai 876.

Der Königliche Symn asial⸗Ticcktor. Er. Weicker.

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