1876 / 111 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 May 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Personal⸗Veränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere 2c. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im Sanitätscorps. Wies baden 27. April. Fr. Zimmermann, Stabg und Bats. Arzt vom 2. Bat. Inf. Regt. Nr. 16, zum Ober Stabsarzt 2. Kl. und Regts. Arzt des Jnf. Regts. Nr. 68, Dr. Berkofsky, Stabs⸗ und Bats. Arzt vom Jäger-⸗Bat. Nr. 4 zum Ober-Stabtarzt 2. Kl. und Regts. Arzt des Juf Regts. Nr. 64, Dr. Wieblitz, Stabs⸗ und Abtheil. Arzt von der 1. Abtheil. Feld Art. Regtg. Nr. 17, zum Qber⸗Stabsarzt 2. Kl. und Regts. Arzt des Inf. Regts. Nr. 42, Dr. Kuh rt, Stabs— und Bats. Arzt vom 2. Bat. Gren. Regts. Nr. 2, zum Ober -Stabsarzz 2. Kl. und Regts. Arzt Dieses Regts., Dr. Strube, Stabsarzt vom Kadettenhause in Oranienstein, zum Ober⸗Stabsarzt 2. Kl. und Regts. Arzt des Hus. Regts. Nr. 5, Pr. Schönleben, Stabs⸗ und Bats. Arzt vom Füs. Bat. Gren. Regts. Nr. 6, zum Ober-⸗Stabsarzt 2. Kl. und Regts. Arzt des Gren. Regts. Nr. 6, befördert. Dr. Reinbach, Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 56, Dr. Hannemann, Asstft. Arzt 1. Kl. der Landw. vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 44, Dr. Staeps, Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 16, Dr. Aufrecht, Assist. Arzt 1. Kl. der 5 vom Res. Landw. Bat. Nr. 36, Dr. May er, Assist. Arzt. 1. Klase der Landwehr vom Neserve. Landwehr - Regt. Nr. 35, Dr. Wirth, Assist. Arzt J. Kl. der Landw. vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 62, Dr. Kyll, Assist. Arzt 1. Kl. der Laudw, vom 1. Bat. Land, Regts. Nr. 28, Dr. Ba chem, Assist. Arzt. 1. Kl. der Landw vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 28, Dr. Sche de, Dr. Koch, Assist. Aerzte 1. Kl. der Landw. vom Res. Landw. Regt. Nr. 35, Dr. Berliner, 39. Arzt 1. Kl. der Landw. vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 25, Dr. Ru— bart h, Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. vom 1. Bat. Landw. Regis. Nr. S2, Dr. Benecke, Dr. Hie ber, Assist. Aerzte J. Kl. der Landw. vom Res. Landw. Bat. Nr. 33, zu Stabsärzten der Landw. befördert. Dr. Gürtler, Assist. Arzt 1. Kl. der Res. vom Res. Landw. Bat. Nr. 73, zum Stabsarzt der Res. Dr. Ro senth al, Assist⸗Arzt 2. l. v. Invalidenhause in Berlin, Dr. Rie bel, Assist. Arzt 2. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 23, Dr. Schuchardt, Assist. Arzt 2. Kl. vom 2. Garde⸗ Feld ⸗Art. Regt, Dr. Lang enmayr, Asstst. Arzt 2. Kl. vom Kür. Regt. Nr. 1, Dr. Edler, Assist. Arzt 2. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 57. Dr. Koegel, Assist. Arzt 2. Kü. vom Inf. Regt. Nr. 77, zu Assist. Aerzten 1. Kl., befördert. Dr. Kleffel, Unterarzt vom Gren. Regt. Nr. 3, unter gleichzeitiger Versetzung zum Gren. Regt. Nr. 1, Dr. Santer, Unterarzt vom Gren. Regt. Ne. 9, unter gleichzeitiger Versetzung zum Drag. Regt. Nr. 10, Dr. Mattaei, Unterarzt vom Pion. Bal. Nr. 4, unter gleichzeitiger Versetzung zum Inf. Regt. Nr. 26, Dr. Dre ssen, Unterarzt vom Inf. Regt. Nr. 69, unter gleichzeitiger Versetzung zum Feld⸗Artill. Reh Nr. 8, Wichmann, Unterarzt vom Kürasster- Regiment Nr. 3, Dr. Martins, Unterarzt vom Inf. Regt. Nr. 79, Dr. Loeffler, Unterarzt vom Feld-Artill. Regt. Nr. 10, zu Assist. Acriten 2. Kl. befördert. Dr. Danz ke, Unterarzt der Res. vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 45, Dr. Lesser, Unterarzt der Res. vom J. Bat. Landw. Regts. Nr. 42, dieser unter gleichzeitiger Einrangirung bei dem Res. Landw. Regt. Nr. 35, Dr. Dverkamp, Unterarzt der Res. vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 13, Flemming, Unterarzt der Res. vom 1. Bat. Landw. Regts Nr. 4, zu Assistenz⸗Aerzten 2. Kl. der Res. befördert. Dr. Seydeler, Ober⸗Stabsarzt 2. Kl. und Regts. Arzt vom Drag. Regt. Nr. 11, zum Inf. Regt. Nr. 2Al versetzt und gleichzeitig, unter Verleihung des Char. als Ober⸗Stabtarzt 1. Kl., mit Wahrnehmung der divisiongärztlichen Funktionen bei der 4. Div. be— auftragt. Dr. Mayer, Ober ⸗Stabsarzt 1. Kl. und Negts. Arzt vom Inf. Regt. Nr. 118, unter Entbindung von der Stellung als mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen bei der 25. Division beauftragt, als Garnison⸗-Arzt nach Mainz versetzt. Dr. Regen- brecht, Ober-Stabsgrzt 2. Kl. und Regts. Arzt vom Inf. Regt. Nr. 23, zum Drag. Regt. Nr. 11, Dr. Puhlmann, Ober⸗Stabt⸗ arst 2. Kl. und Regts. Arzt vom Inf. Regt. Nr. 68. zum Drag. Regt. Nr. 2. Dr. Horn, Ober -⸗Stabgzarzt 2. Kl. und Reg. Arzt vom Inf. Regt. Nr 64 zum 1. Garde Drag. Regt. Dr. v. Megeren, Stabs- und Bats. Arzt vom Füs. Bat. Inf. Regts. Nr. 67, zu dem Kadettenhause in Oranienstein, Dr. Krosta, Assist. Arzt 1. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 47, zum 1. Hus. Regt. Nr. 4, Dr. Steinrück, Assist. Arzt 1. Kl vom Kadettenhause in Berlin, zur Art und Ingen. Schule, Dr. Scholz Assist. Arzt 2. Klasse vom Reld⸗Art. Regt. Nr. 21, zum Inf. Regt. Nr. 17 versetzt. Dr. Cu mme, Ober Stabsarzt 1 Kl. und Regts. Arzt vom Inf. Regt. Nr. 74, beauftragt, mit Wahrnehmung der divistons ärztlichen Funktionen bei der 19. Division, sowie Dr. Stahl, Ober⸗Stabsarzt 1. Kl. und Regis. Arzt vom Gren. Regt. Nr. S9, beauftragt mit Wahrnehmung der divisiongärztlichen Funktignen bei der 17. Division, ein Patent ihrer Charge verlieben. Dr. Homann, Ober⸗Stabzsarzt 2. Kl. und Regts. Arzt vom Füs. Regt. Nr. 34, unter Verleihung des Char. als Ober -Stabsarzt 1. Kl., mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen bei der 5. Dir. beauftragt. Dr. Pe zet de Corval, Stats- arzt a. D., zuletzt beim Pion. Bat. Nr. 14 der Char. als Oberstabsarzt 2 Kl. verliehen. Dr. Hoffmann, Marine⸗Stabsarzt, zur Landarmee, und zwar als Stab und Bats. Arzt zum 2. Bat. Kaiser Alexander Garde⸗Gren. Regts. Nr. J versetzt, unter gleichzeitiger Verleihung eines Patents seiner Charge vom 16. August 1870 mit einer Ancienne tät unmittelbar hinter dem Stabs und Aktheilungs⸗Arzt Dr. Huyn, vom Feld⸗Art. Regt. Nr. 26, Sg nder Assist. Arzt 2. Kl. vom Füs. Regt. Nr. 36, als Marine -Assist. Arzt 2. Kl. zur Marine ver- seßzßt. Dr. Marung, ehemal. Großherzogl. Mecklenburg⸗Strelitz. Assist. Arzt, während des Krieges 1870 71 als stellvertretender Stabs.« arzt bei der 2. Abtheil. des Belagerungs⸗Art Regts. (Festungs ⸗Art. Nr. 6) im Elsaß in Funktion gewesen, in den Verband der Preuß. Armmte gufgenommen und bei den Aerzten der Landw. des 2. Bats, Landw. Regts. Nr. S9, als. Stabsarzt der Landw. mit einem Patent von 27. April 1876 einrangirt. Dr. Freusberg, Königl. Württemb. Assist. Arzt 4. D. als Assist. Arzt. 2. Klasse der Reserve mit einem Patent vom 8. Februar 1875 in den Verband der preuß. Armee auf- genommen und bei den Aerzten der Res. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 28 einrangirt. Dr. Klatten, Ober-Stabsarzt 1. Kl. u. Regts. Arzt vom Hus. Regt. Nr. 5, in Genehmigung seines Abschiedsgesuchs als Gen. Arzt 2. Kl. mit Pension zur Bisp. gestellt. Dr. Brum⸗ mer, Ober⸗Stabsarzt 1. Kl. und Regts. Arzt vom Drag. Regt. Nr. 21, als Gen. Arzt 2. K mit Pension und der Uniform des Sanitäte Cerxrs, Dr. Frev, Ober⸗Stabsarzt 1. Kl. und Regts. Arzt vom Inf. Regt. Nr. 51, mit Pension und der Uniform des Sanitäte— Corps, Dr. Brunner, Ober- Stabsarzt 1. Kl. vom Gren. Regt. Nr. 2, mit Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Civildienst, Dr. Tüllmann, Ober⸗Stabtarzt 2. Kl. und Gamnison⸗Arzt von Mainz, als Ober Stabzarzt 1. Kl. mit Pension und der Unif. des Sanitäte⸗Corps, Dr. Nüsse, Ober⸗Stabsarzt 2. Kl. und Regim. Arzt von, Grenadier Regiment Nr. 6, . mit Pension und der Uniform des Sanitäts-Corps, Dr. Ulrich, Stab und Bats. Arzt vom Füs. Bat. Inf. Regts. Nr. 16, Dr. Michael, Stabs⸗ und Bats. Arzt vom 3. Bat. Füs. Regts. Nr. 40, beiden mit Pension und der Uniform des Sanitäts⸗-Corps, Dr. Basch, Stabs, und Bats. Arzt vom Füs. Bat. Inf. Regts. Nr. 66, mit Pension. Dr. Müller, Marine Stabgarzt, mit Pension, Dr. nig, Assist. Arzt 1. KJ. vom Ulan. Regt. Nr. 8, mit Pension, der Abschied bewilligt. Dr. Jacobi, Stabsarzt der Landw. vom 2. Bataillon Landw. Regts. Nr. 54, mit der Uniform des Sanitäts-Corps, Dr. Kaempff, Dr. Denecke, Stabsärzte der Landw. vom Res. Landw. Bat. Nr. 36, mit der Uniform des Sanitäts⸗Corps, Dr. Günther, Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. vom 1. Bat. Land. Rgtgz, Nr. 5, Dr. Gil debran d, Assist. Arzt 2. Kl. der Res. vom Res. Landw. Bat. Nr. 39, der Abschied bewilligt. Dr, Ove rh am im, Assist. Arzt 2. Kl. der Nes. vom Res. Ldw. Rgt. Nr. 40, der Abschied ertheilt. Dr. Hertel, Stabs⸗ und Batz. Arzt vom 2. Bat. Inf. Regts. Nr. 83, auegeschieden und zu den Aerzten der Landw. des 2. Bats. Landwehr ⸗Regts. Nr. 83, Dr. Hoppe, Assist. Arzt 1. Kl. vom Hus.

noch auf den Antrag des Abg. Jung

Regt. Nr. 4 auggeschieden und zu den Aerzten der Res. deß 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 51, Dr. Schmidt, Assist. Arzt 1. Kl. vom Inf. Regt. Nr. Fo, ausgeschieden und zu den Aerzten der Reserve des Res. Landw. Batz. Nr. 80, Dr. Arlt, Assist. Arzt 2 Kl. vom Inf. Regt. Nr. 18, ausgeschieden und zu den Aerzten der Reserve des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 6, Dr. Ulrich, Assist. Arzt 2. Kl. vom Infant. Regt. Nr. 25, ausgeschieden und zu den Aerzten der Res. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 83, Dr. Lehr, Assist. Arzt 2. Kl. vom Feld -Art. Regt. Nr. 27 ausgeschieden und zu den Aerzten der Res. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 87. Dr. König, Assist. Arzt 2. Kl. vom Feld- Art. Regt. Nr. 7. ausgeschieden und zu den Aerzten der Res. des 1. Bats. Landwehr ⸗Regts. Nr. 53 übergetreten.

Beamte der Rilitärverwaltung. Durch Allerhöchste Verfügunz des Kriegs⸗Ministeriums. Den 8. April. Dr. Lau er, Garnison Pfarrer in Coblenz, behufs Uebertritts in den Civildienst ausgeschieden.

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 11. Mai. Die Erklärung, durch welche der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegen⸗ heiten Dr. Friedenthal in der Sitzung des Hauses der Abgeordneten am 9. d. M. in der dritten Berathung des Ge⸗ setzentwurfs, betreffend die Vertheilung der öffentlichen Lasten bei Grundstückstheilungen und die Gründung neuer Ansiedelungen in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen, verschiedene Aeußerungen des Abg. Dr. Lasker zurück⸗ wies, hat folgenden Wortlaut:

Das überlasse ich Ihnen, meine Herren, wie Sie in dieser Be⸗ ziehung Ihre Geschäfte einrichten wollen, ich selbft würde gegen die Vertagung nichts einzuwenden haben, weil möglicherweise die Sache gefördert werden kann, wenn wir ung über die Form für solche Ge⸗ danken verständigen, welche uns gemeinsam sind. Dann aber, da die Möglichkeit vorliegt, daß diese Verhandlung abgebrochen wird, muß ich doch noch heute mich gegen einige, mir obwohl nur lückenhaft berichtete Aeußerungen des Hrn. Abg. Lasker wenden, welche derselbe in der Generaldiskussion gethan hat. Es ist mir gesagt worden, daß der Hr. Abgeordnete zunächst ausgesprochen habe, der Hr. Minister— Präfident habe bei irgend einer Gelegenheit sich über das Wüͤnschenswerthe einer Aenderung der Ansiedeungsgesetzgebung ausgesprochen, und das möchte wohl der Grund für dieses Gesetz und seinen Charakter gewesen sein. Ich muß zunächst darauf erwidern, daß es für uns alle Minister von der höchsten Bedeutung ist, und daß wir nichts erwünschteres kennen, als wenn in einem legislatorischen Grundgedanken zwischen dem Hrn. Präsidenten unseres Minifteriums und uns vollkommenes Einverständniß obwaltet, und insofern kann ich mich nur über die Anerkennung dieses Einverstänz⸗ nifses freuen, wenn aber darin liegen soll, daß lediglich an diese Aeußerung sich der Entwurf des Gesetzes angeknüpft habe, so muß ich das als thatsächlich nicht richtig konstatiren, denn das Gesetz war vorbereitet, ehe diese Aeußerung Leschehen war. Es ist hervorge⸗ gangen auz dem Bestreben, eine Gesetzgebung zu reformiren, deren Mängel sowohl im Lande gefühlt, als von Seiten der Staate regierung anerkannt worden sind, zu reformiren ig der Richtung, in welcher überhaupt das gegenwärtige Ministerium seine Reformen vornimmt, daß es überflůssige ir , Beschränkungen der individuellen Freiheit beseitigt, daß es die freie wirthschaftliche Bewegung emanzipirt von solchen Beschränkungen, welche auf kleinlichen Befürchtungen, auf eigennützigen, einseitigen Anschauungen beruhen, daß es aber überall und immer den Gesichtspunkt nicht aus dem Auge verliert, das Gemeinwesen und diejenigen Glieder des Gemeinwesens, welche berechtigt sind, durch die Bewegung nicht in ihren wohl erworbenen Rechten gefährdet zu werden, darin zu schützen in der Richtung, daß es nicht die Regellosigkeit an die Stelle der Bevormundung setzt, son⸗ dern Vorschriften, welche Gefahren, die auf beiden Extremen liegen, zu vermeiden geeignet sind. Von diesem Gesichtspunkte ist der Gesetzentwurf ausgegangen, von diesem Gesichtspunkte aus wird die Staatsregierung dem Gesetzentwurf ihre weitere Förderung und Zustimmung geben, sie wird dazu nicht im Stande sein, wenn man ein entgegengesetztes Prinzip, an die Stelle setzt, welches jene Schutz⸗ maßregeln, so weit sie nöthig sind, völlig beseitigt.

Es soll ferner der Hr. Abgeordnete dem Gesetzentwurf vorgeworfen haben, daß er unter einem liberalen Maͤntelchen konservative Gesichtspunkte zur Durchführung hringt. Meine Herren, ich kenne überhaupt, wenn ich an einen Gesetzentwurf gehe, niemals den Gedanken liberales“ oder konservatives Gesetz“. Ich würde eine solche Auffassung der Sache für das Allergefährlichste Falten, was in unserer Gesetzgebung geschehen könnte. Nach meinem Dafürhalten müssen Gesetzentwürfe ihre Gesichtspunkte aus den Dingen, aus den thatsächlichen Verhältnissen herausnehmen, nicht aus Dok— trinen der Parteien. Nach meinem Dafürhalten war aber auch das, was der Hr. Abgeordnete, wie ich meine, in einer unglücklichen und für die Gesetzgebung ungeeigneten Form ausgeführt hat, durchaus nicht nothwendig, denn diejenige Differenz, über die er sich beklagt, besteht gar nicht in dem Maße, wie er sie hervorhebt. Ich will jeden Unbefangenen bitten, das Amendement Lipke und Ham macher und den Vorschlag der Regierung einander gegenüber zu stellen und will dann fragen, ob da der große Gegensatz von liberalen und konservativen Prinzipien zu finden ist oder nicht, ein⸗ fach einerseits eine allgemeinere Fassung, welche andererseits in ihre Bestandtheile zerlegt ist. Dies aufzubauschen zu einer so großen Bedeutung scheint mir in keiner Weise nothwendig und ich kann nur nach wie vor dabei stehen bleiben, daß der Gesetzentwurf Ordnung und Regel mit der Emanzipation des Ansiedlungswesens zu vereinigen durchaus geeignet ist, dabei sind natürlich nicht ausgeschlossen Verbesserungen, die jeder Gesetzentwurf im Parlamente erhalten kann, und die ich immer mit der größten Befriedigung entgegennehme, weil ich von vornherein bei jeder Vorlage von dem Gesichtépunkte ausgehe, daß eine so große Anzahl intelligenter und mit den Verhältnissen des Landes vertrauter Männer, die unmittelbar ihre Erfahrungen aus dem Leben schöͤpfen, sehr wohl in der Lage sind, Verbesserungen herbeizuführen.

Ich hig, weil Sie die Sache vertagen wollen, nicht in der Lage, auf das Eigzelne einzugehen, ich werde aber darauf zurückkommen. In der Anlage zu 5. 15 handelt es sich, wie gesagt, nach meinem Dafür halten nur um eine Zerlegung des im Gesetz vorhandenen Gedankens. Vielleicht findet sich eine Form, die, wenn die Sache vertagt wird, den beiderseitigen Wünschen entspricht. In Summa; ich habe nichts gegen die Vertagung, weil ich hoffe, daß sich daran ein gutes Resultat knüpft und jede Verzögerung besser ist, als ein mantzelhaftes Gesetz. Den Angriff des Hrn. Abg. Lasker im Prinzip weise ich aus den von mir dargelegten Gründen aufs Entschiedenste zurück.

Im weiteren Verlaufe der Sitzungen gab nur noch der F. 13 Alineg 2 der Synodalordnung, betreffend das Veto des Staats-Ministeriums gegen kirchliche Gesetze, Anlaß zu einer längeren Debatte. Die Abgg. Dr. Brühl und v. Bismarck (Flatow) erklärten fich gegen das ministerielle Veto als eine Beschränkung der kirchlichen Freiheit, während die Abgg. Dr. Wehrenpfennig, Miquel und Dr. Virchow für dasselbe eintraten. Der Paragraph wurde unverändert nach den Beschlüssen der zweiten Lesung angenommen. Außerdem wurde nur die Nr. 8 des Artikel 23, welche als Recht der Staatsbehörden den kirchlichen Organen gegenüber vorbehält, die Mitwirkung bei der Einführung oder Abschaffung allgemeiner kirchlicher Feiertage gestrichen. Sonst aber wurden alle Paragraphen nach den Beschlüssen der zweiten Lesung genehmigt. Das ganze Gesetz wurde darauf mit 211 gegen 141 Stimmen angenommen. Schluß Uhr.

Italien. Ro m. Der „Univers“ hat von seinem hiesigen Korrespondenten den Wortlaut der Erwiderungsrede des h. Vaters auf die Glückwünsche erhalten, die ihm von den römischen Patri⸗ ziern am 12. April, bei Gelegenheit der Wiederkehr der dop⸗ pelten Erinnerungsfeier, welche in diesem Jahre auf den Ascher⸗ wittwoch fiel und daher verschoben werden mußte, durch den ehemaligen römischen Senator, Marquis Cavalletti, über⸗ mittelt wurden.

Diese Rede lautet in der Uebersetzung:

Die Jahre vergehen und mit ihnen wickeln sich auch Exeignisse ab, die bald schmerzliche Empfindungen wachrufen, bald von Büberei und Perfidie gegen die Kirche Jesu Christi erfüllt sind. Wenn aber auch mit dem Hinschwinden der Zeiten die Ereignisse immer ernster und ernster werden, so zeigt sich doch Eure Beharrlichkeit in den weisen Prinzipien, die Ihr von Euren Porfahren ererbtet, in immer glänzenderem Lichte; und wenn ebendiese Prinzipien, die Euch dem b. Stuhle treu und ergeben erhalten, einerseits Eure Ehre und Euren Ruhm bilden, so tragen sie andererseits dazu bei, mir Trost und Kraft zu gewähren.

Doch auch andere Trestgründe sind uns allen, Euch sowohl als mir, in diesen Tagen der Osterwoche zu Theil geworden, während wir Gelegenheit hatten, mit größerer Sammlung die Leiden und den Tod des göttlichen Erlösers in Betrachtung zu ziehen.

Unter allen Thatsachen, die an meinem Geiste vorüberzogen, schien mir besonders eine geeignet, mit Eurer Lage verglichen zu wer⸗ den. Ich spreche von einer Standesperson, einem nobilis decurio, einem reichen Manne, homo dives, der auch Anhänger Jesu Christi war. Wenngleich sich derselbe zuerst noch verborgen hielt, da er das Urtheil der Welt, den Zorn der Pharisäer, der Priester, der Schrift⸗ gelehrten und aller jüdischen Feinde Jesu Christi fürchtete, oecultas tsmen propter metum Judasorum, btkannte er sich nichtsdestoweniger zur Göttlichkeit seines Meisters, und er wurde dafür in der Demuth und christlichen Liebe unterwiesen, die er sich auch allerorten auszuüben bemühte. . *

= Kaum aber hatte Christus sein Leben am Kreuze ausgehaucht, da trat auch für Joseph von Arimathia, diesem edlen und reichen Manne, der in seiner anfänglichen Befangenheit nicht wagte, seine Ueberzeugung öffentlich zu bekennen, der Augenblick ein, wo er die ersten Früchte der Erlösung einsammelte. Er ent⸗ ledigte sich jeder menschlichen Furcht er erklärte sich öffentlich als Schüler des Erlösers, ja, er, wünschte sogar, sich in den Besitz feines heiligen Körpers zu setzen, Er fühlte sich mit einem Male vön Kraft erfüllt, er faßte den Entschluß, persönlich vom Statthalter Judäas den allerheiligsten Körper des Nazarenerg zu fordern. Er begab sich zu Pontius Pilatus und erlangte ohne Mühe die Erfüllung seines Wunsches, audacter introivit ad Pilatum et petiit corpus Jesa. Und nun erst glaubte Joseph von Arimathia in den Besttz wahren Reichthums gelangt zu sein: ihm gehörte ja der kostbarsse aller Schätze! Er umhüllte denselben mit einem wei⸗ ßen Schweißtuche und anderen Tüchern, wie es die Sitte jener Zeiten erforderte, und legte ihn dann in ein neues Grab in der Nähe von Golgatha.

A Diefem edlen Dekurionen, diesem heiligen Schüler Jesu Christi scheint Ihr mir jetzt durch die vielen frommen und guten Werke nach—⸗ zuahmen, die Ihr ausübt und mit Euch so viele Katholiken Roms, die den Muth hatten, so Manches zu fordern, was der Kirche Jesu Christi von Rechts wegen zukommt.

Es hat sich in der That eine Anzahl dieser Katholiken, nicht etwa bei einem Pontius Pilatus, wohl aber bei einem der oberen Beamten der gegenwärtigen Regierung eingefunden und sie hat dem⸗ selben die Bitte vorgetragen: „Herr, wir wünschen, daß hier in Rom die Feiertage heilig gehalten werden. Wir lesen gleich zu An⸗ fang des Statüts, das Ihr eingeführt, daß die römisch— katholische Religion diejenige des Staates sein soll.

Wir bitten Euch nicht, das Volk durch Ermahnungen aufzufor⸗ dern, die Feiertage zu heiligen; wir bitten Euch vielmehr, veranlassen zu wollen, daß an kirchlichen Ruhetagen jede Arbeit unterbleibe, vor allen diejenige, die im Auftrage der Regierunz verrichtet wird.“

Wiederum Andere sprachen folgende Bitte aus: „Herr, es giebt in Rom ungläubige Lehrer und Lehrerinnen, welche verderbliche Grund⸗ sätze verbreiken, Lehrer und Lehrerinnen des Lasters und alles Schänd⸗ lichen. Wir fordern von Euch, daß dieser Unterricht ein Ende habe, an einem Orte, wo kraft des erwähnten Statuts nur die katholische ee gn, und ihre Sittenlehre beschützt und aufrecht erhalten wer den soll.“

Noch andere trugen die Bitte vor: „Herr, den katholischen Leh⸗ rern und Lehrerinnen werden tausende von Schwierigkeiten in den Weg gelegt, auf daß es ihnen unmöglich werde, die Wahrheit zu lehren. Sorget dafür, daß ihnen die Freiheit zu Theil werde, die heranwachsende Jugend, die einst die Gesellschaft bilden soll, in der heiligen Ehrfurcht zu unterweisen.“ ele Bitten wurden auch noch von vielen Anderen ausge⸗ prochen.

So viele Wünsche aber auch laut wurden, es erfolgten stets eben so viele abschlägige Antworten: die Haltung der gegenwärtigen Statthalter ist also vollkommen von Terjenigen des Statt⸗ halter von Judäa unterschieden. Denn während ieser die Wünsche Josepbs von Arimathia erfüllte, weisen diese alle ge⸗ rechten Bitten der guten Katholiten von sich. Und doch war jener ein Heide, während diese die Taufe empfingen. Jener trug die wenigste Schuld an dem schrecklichen Gottesmorde; diese aber tragen als Ur⸗ heber des Uebels die meifte Schuld, und man kann wohl von ihnen sagen; majus peceatum habent, wie der Erlöser selber sich Pilatus gegenüber äußerte.

Pilatus fragte den göttlichen Meister, was Wahrheit sei; diese aber möchten den Sitte Christi zum Schweigen verdammen, damit er ja aufhöre, die Wahrheit zu verkünden; sie wenden zu diesem Behufe alle verfügbaren Mittel an, vor allen die Verhinderung der Erziehung der Jugend; sie weichen vor keinem Hinderniß: Arglist, Gewaltthat, widerrechtliche Eingriffe, dieses Alles sind ihnen nur zweckentsprechende Hülfsmittel. Ebenso wie ste stockende Sümpfe an vielen Punkten der Hauptstadt entstehen saffen, welche die Atwosphäre mit schädlichen Miasmen schwängern, das AÄthmen erschweren und den Körper zerrütten, so verschließen sie auch die Kloaken der Immoralität, der Irrlehce und der Ketzerei nicht, damit sie die Seelen vergiften. Das Verdienst der Bitten bleibt aber denen, die sie vortrugen, unverloren, während sich Diejeni⸗ gen, die ste zurückwiesen, noch unter den Standpunkt eines Ungläubigen stellten und den göttlichen Zorn auf sich zogen.

Joseph von Arimathia war auch ein leuchtendes Beispiel christ⸗ licher Liebe. Er umhüllte, wie ich bereits sagte, den allerheiligsten Körper Jesu Christi und auch Ihr, Ihr bekleidet den Körper des Arnien, Ihr wißt, daß der Arme das eigentliche Sinnbild des Er⸗ löserz ist, der da erklärte, er wolle Alles, was selbst für den Aermsten geschähe, als ihm selber erwiesen betrachten.

Auch darin ahmt Ihr Jeseph= von Arimathia nach, daß Ihr mit offenherzigem Muthe die menschlichen. Rückichten überwindet und öffentlich nach dem Vatikan kommt, vor den Statthalter Christi tretet, um die Heiligkeit seiner Würde zu ehren und durch den Ausdruck der kindlichen Liebe sein Herz zu trösten, ohne Furcht vor den gebietenden Statthaltern, die es vielleicht . möchten, oder doch zum Wenigsten mit e, n dulden, daß der Papst von treuen Anhängern umgeben werde.

Danken wir, meine Lieben, dem Herrn, der uns den nicht geringen Trost verleiht, uns beisammen befinden und zusammen die Uebel die uns betrüben, beklagen zu können. Möge Euch der, Herr segnen, Euch mit Kraft und Beharrlichkeit erfülles, zu all diesen heiligen Kundgebungen; möge er Euch und Eure Familien vor den traurigen Folgen einer Revolution bewahren, welche bald heuchlerisch, bald grausam, immerdar als Feindin der katholischen Revolution auftritt und sie zum einfachen Werkzeuge der verschiedenen politischen Launen der Erde herabwürdigen möchte: O stalti, aliquando sapite!

Ja! die Zeit wird kommen, wo ihre ruchlosen Pläne von Gott werden verflucht und zunichte gemacht werden: Desiderium peccatorum peribit. Beschleunigen wir das Eintreten dieses gnädigen Augenblicks durch Gebet, durch Geduld und Beharrlichkeit.

Und in dieser Erwartung empfanget den Segen, der Eueren Fa⸗ milien Eintracht, Einmüthigkeit und Frieden verleiht, auf daß Ihr um so leichter im Stande seid, die Feinde Gottes zu bestegen, in sei⸗ ner Gnade zu leben, ihn zu preisen und in Ewigkeit zu segnen.

Benedictio Dei, eto.

Afrika. Aegypten. Kairo, 9. Mai. Der Khedive hat folgendes Dekret erlassen:

In Erwägung, daß die in den Jahren 1862, 1864, 1868, 1873, 1865, 1867 und 1570 durch die Regierung und von der Dalra⸗Sanieh aufgenommenen Anleihen ursprünglich sich auf die Summe von 65 Millionen 497,660 Pfd. Sterl. beliefen, welche in Folge der bis zum heutigen Tage bewirkten Amortisgtionen gegenwartig bis auf den Be— trag von 54 Millionen 793,159 Pfd. Sterl, gemindert worden ist, in fernerer Erwägung, daß zu dieser in Amortistrungs⸗Anleihen bestehen⸗ den Schuld noch die schwebende Schuld hinzukömmt, die sowohl von der Regierung, wie von der Dalra aufgenommen worden ist, um eines Theils das Defizit zu decken, welches fich aus der unvellstandi⸗ gen Ausführung des Vertrags über die Anleihe vom Jahre 1873 mit Einschluß der in Art. 19 dieses Vertrages für die Ausführung bereits begonnener öffentlicher Arbelten ent⸗ haltenen Bestimmungen ergab, und um anderen Theils Vorsorge zu treffen zu Bestreitung von Ausgaben, die durch Fälle von zwingender Gewalt und durch öffentliche, das Land heimsuchende Unglücksfälle veranlaßt wurden, in weiterer Erwägung, daß diese Schuld zum größten Theile mittelst Kreditoperationen kontrahirt worden ist, die der Regierung entweder in Zeiten einer Krisis oder unter außer gewöhnlichen und dringenden Umständen aufgenöthigt wurden und daß diese Kreditoperationen zu einem für den Staats- schatz lästigen JZinsfuß abgeschlossen worden sind, in endlicher Er— wägung, daß für den Staats schatz und die Dalra⸗Sanieh die Mög— lichkeit geschaffen werden muß, diesen verschiedenen Schuldverpflich⸗ tungen nachzukommen und daß ebenso die Interessen der Gläubiger mittelst einer Maßregel, die den allgemeinen Anforderungen entspricht, für die Zukunft besser gesichert werden müssen, ift es für opportun und nützlich erachtet worden, alle diese Schulden zu unifiziren und eine allge⸗ meine Schund zu schaffen, die mit 70/0 verzinslich und in 65 Jahren rückzahl⸗ bar ist. Hierbei ist zu berücksichtig:n, daß, was den Zinsfuß bei den verschiedenen Amortisationsanleihen betrifft die Stucke von diesen Anleihen, die zum Alparibetrage ihres Nominalwerthes unifizirt werden, eine Bonifikation genießen sollen, daß es billig erscheint, diesen Vortheil auch den Inhabern von Obligationen der sowohl vom Staate, wie von der Darra⸗Sanieh kontrahirten schwebenden Schuld in einem Verhältnisse zuzuwenden, durch welches die mög— sichfte Gleichheit unter allen Gläubigern hergestellt wird, und daß es für angemefsen erachtet werden muß, den Inhabern von Titeln der Anleihen von 1864, 1865 und 1867, deren Verfallzeiten demnächst eintreten, für die diese Titelinhaber am Empfindlichsten berührende Hinausschiebung des Amortisationstermins eine Kompensation zuzu- wenden. Weiter ist in Betracht zu ziehen, daß die für die nnifizirte allgemeine Schuld im Betrage von 91 Millionen Pfd. Sterl. erfor- liche Annuität 6,443,600 Pfd. Sterl. beträgt, daß hiervon jedoch, um eine Belastung aufhören zu machen, von welcher das ordentliche Staats⸗ budget effektiv erdrückt wird, die Kontribution von 584 411 Pfd. Sterl. abg' zogen werden muß, welche die Dalra⸗Sanieh in dem Verhält- niffe beisteuert, das der Bedeutung ihrer mit der Staatsschuld uni⸗ fizirten Schuld entspricht und . die aus Mitteln des Staates zu leistende Annuität sonach nur 5, 759, 189 Pfd. Sterl, beträgt. Die Unifizirung und Konsolidirung der Staatsschulden in eine einzige allgemeine Schuld lassen es demnächft nicht angemessen erscheinen, die Zahlung der Monkabalah fortzusetzen, durch welche die Regie⸗ rung die Tilgung der schwebenden Schuld mittelst Antizipirung von 6 Annuitäten der Grundsteuer zu unterstützen beabsichtigte. Es würde in Folge dieser Antizipationen eine der wichtigsten Staats- einnahmen in einigen Jahren beträchtlich gemindert sein, während es doch im Interesse des Stasts sowohl, wie der Staatsgläubiger für schlechterdings nothwendig erachtet werden muß, daß die Einnahme des Staatsschatzes in einer Weise gesichert werde, daß der Bezah⸗ lung der Zinsen, der Amortisirung der öffentlichen Schuld und den Ausgabe Erfordernissen des Budgets genügt werden kann. Auz diesen Motiven haben wir auf Astrag unseres geheimen Rathes genehmigt, daß mit der Einziehung der Moukabalah innegehalten werde, wobei wir denen, welche bereits Vorausbejahlungen gemacht haben, die Rechte und Privilegien zugeftehen, welche sie bezüglich des Eigenthums erst nach voller Zahlung der Moukabalah erhalten haben würden, und indem wir ferner billige Maßregeln treffen, sowohl für die Reftituirung dieser Vorausbezahlungen, wie für eine verhältniß⸗ mäßlge Reduktion der Steuern, wodurch eine erhebliche Verrin⸗ gerung bei einer der hauptsächlichen Staatseinnahmen vermieden werden wird. Indem wir überdies endlich in Erwägung ziehen, daß für die Garantie der Gläubiger es nothwendig war, eine Kasse zu begründen, welche besonders damit beauftragt ist, den Betrag der zur Staatsschuldentilgunß bestimmten Einnahmen aufzunehmen und den bezüglichen Dienst zu übernehmen haben wir beschlossen und beschließen, wie folgt:

Art. 1. Alle Schulden des Staates und der Deira⸗Sanieh, welche sich ergeben aus den Anleihen von 1862, 1864, 1868, 1873, resp. aus den Jahren 1865, 1867 und 1870, sowie die gesammte schwebende Schuld des Staates und die schwebende Schuld der Dalra— Sanich, welche die Schatzscheine und alle anderen Stücke oder Obligationen umfassen, sind in eine allgemeine Staatsschuld unifizirt, welche 7 o Zinsen vom Nominalkapital trägt und in 65 Jahren durch, halb⸗ jährlich stattfindende Amortisationen getilgt werden sell. Die Uni⸗ fikation erfolgt zu pari des Nominalbetrages der Stücke der alten Anleihen. Fur die Anleihen von 1862, 1868, 1870 und 1873 werden die Titel der allgemeinen Staatsschuld zu 95 0so vom Nominal kapital ausgestellt. Für die Inhaber der 9prozentigen Anleihe von 1867 wird die Differenz des Zinsfußes zu Gunsten der Inhaber in der Weise in Stücken kapitalisirt, daß je eins auf 700 o des Nominal kepitals entfällt. Durch diese Operation wird die unifizirte allge— meine Schuld auf 91 Millionen Pfd. Sterl. Nominalbetrag fest— gestellt mit Zinsberechtigung vom 1. Juli 1876 ab.

Art. 2. Da die Schuld und die schwebende Schuld der Dalra= Sanieh mit der des Staates unter denselben Beschränkungen und Operationen vereinigt wird, so ist die Darra⸗Sanieh gehalten, jähr= lich die Summe von 684411 Pfd. an die Kasse der öffentlichen Schuld zu zahlen, welcher Betrag dem auf Die Dalra entfallenden nei für Zinsen und Amortisation der allgemeinen Schuld ent⸗ pricht.

Art. 3. Die Einkünfte, welche speziell für den allgemeinen Schatzdienst bestimmt sind, bestehen in: 1,201,523 Pfd. Sterl. aus der Provinz Garbieh, 714,107 Pfd. aus der 5 Menoulieb, 1243183 Pfd. aus der Provinz Behera, 732,179 Pid. aus der Provinj Siont, 345,389 Pfd. Oktroierträge von Kairo, 173,837 Pfd. Oktroierträge von Altxandrien, 659,677 Pfd. Erträge der Dougne von Alexandrien, Suez, Damiette, Rosettẽ, Port Said und El Arieh, 990,806 Pfd. Erträge aus den Eisenbahnen, 2649018 Pfd. aus dem Tabakszoll, 200.000 Pfd. aus dem Salzzoll, 60, 000 Pfd. Pachtgebühr aus Materieh, 30,600 Pfd. Erträge aus Schleusen und Schiffahrtsgeldern auf dem Nil bis Wary Halfa, 15.000 Pfd. Brückengeld von Kashr el Nil, er ng 5.790, 845 Pfd. Die Beisteuer aus der Dalra, welche in Gemäßheit der betreffenden Eingänge, gezahlt wird, beträgt . 6e Die Gesammtheit der bezüglichen Einnahmen beträgt 475, d.

Ärt. 4. Die Titres der allgemeinen nnifizirten Staatsschuld werden in Stücken von 20, 1069, 500 und 1090 Pfd. mit halbjähr— lich zahlbaren Conpons beftehen. Die Ausloosung der zur halb⸗ jährigen Amortisation bestimmten Titres erfolgt durch die leitenden Kemmissarien der öffentlichen Staatéschuldentilgznge kasse. Diese Titres werden im Austansch für die Titres der früheren Anleihen

(B. T. B.)

und der schwebenden Schuld zu den im Art. 1 des gegenwärtigen s Dekrets vorgeschriebenen Bedingungen ausgehändigt. ...

Art. 15. Eine Gruppe von Bankhäusern und Finanzinstituten hat kontraktlich die Unifikation der Schuld üßernommen. Zur Ueber wachung des regelmäßigen Verlaufs dieser Operationtn werden von uns besondere Regierungakommissarien ernannt werden.

Art. 16. Für den Dienst der unifizirten Schuld wird eine he— sondere Kasse gegründet, deren Statuten durch ein Dekret fest— gestellt werden, das als Ergänzung des gegenwärtigen Dekrets gelten soll.

Art. 17. gegenwärtigen Dekrets beauftragt. Ismail.

Das Dekret, betreffend die Gründung einer beson⸗ deren Kasse für den regelmäßigen Dienst der öffentlichen Schuld lautet, wie folgt:

„Wir Khedive von

Unser Finanz. Minister ist mit der Ausführung des Kairo, 7. Mai 1876. Gez.

Aegypten, geleitet von dem Wunsch, definitive und zweckmäßige Maßregeln zu treffen, um die Unifitation der verschiedenen Staatsschulden und der Dalra⸗ Sanieh, sowie eine Reduktion der übermäßigen aus diesen Schulden hervorgehenden Lasten herbeizuführen ferner geleitet von dem Wunsch, ein feierliches Zeugniß abzulegen von unserer festen Ab— sicht, für die verschiedenen in Betracht kommenden Interessen jede Garantie zu sichern haben beschlossen, eine besondere Kasse für den regelmäßigen Dienst der öffentlichen Schuld zu begründen und zu ihrer Leitung ausländische Kommissarien zu ernennen, welche auf unser Ersuchen von den resp. Regierungen als geeignete Beamte bezeichnet werden, um den Posten auszufüllen, für welchen sie von uns mit der Eigenschaft als ägyptische Beamte unter den folgenden Bedingungen ernannt werden sollen. Nach Anhörung unseres geheimen Raths haben wir in dieser Beziehung beschlossen und beschließen wie folgt:

Art 1. Es wird eine öffentliche Kasse begründet, die damit be— auftragt ist, die nothwendigen Fonds aufzunehmen fur die Zahlung der Zinsen und Tilgungsbeträge der öffentlichen Schuld und die— selben ausschließlich für diesen Zweck bereit zu halten. .

Art. 2. Bie Beamten, die lokalen Kassen und diejenigen Ver— waltungsbehörden, welche, nachdem sie die zur Schuldentilgung be— sonders bestimmten Einnahmen erhalten und zusammengefaßt haben, damit beauftragt sind, oder sein werden, diese Einnahmen in ds Centralschatz abzuführen oder sie zur Disposition der bezüglichen mit Regelung der Staatsausgaben beauftragten Beamten zu halten. werden mittelst des gegenwärtigen Dekrets verpflichtet, aus diesen Einnahmen Zahlungen für Rechnung des Staatschatzes an die he— sondere Staatsschuldenkasse zu leiften, die in dieser Hinsicht als eine besondere Kaffe des Staatsschatzes angesehen werden wird. Diese Beamten, Kassen und Verwaltungs behörden können in gültiger Weise nur mittelst der ihnen von der ge— nannten Staatsschuldenkasse ausgestellten Quitt ingen dechargirt werden. Jede anderweitige Ordre oder Quittung bleibt für sie ohne Wirkung. Eben dieselben Beamten, Kassen und Verwaltungsbehörden werden monatlich dem Finanz⸗Minister eine Aufstellung zufertigen, welche die Einnahmen oder sonstigen ihnen von den für die öffentliche Schuld besonders angestellten Einnehmern direkt zugehenden Ein— gänge, sowie ferner die an die besondere Staatsschuldenkasse gemach⸗ ken Zahlungen aufweist. Der Finanz. Minister wird diese Aufstellun⸗ gen der Direktion der Kasse mittheilen. Die Kasse der öffentlichen Staatéschuld wird von der Dalra-Sanieh den vollen Betrag erhal— ten, der nothwendig ist für die Deckung der Zinsen und die Amor— tisirung des entsprechenden Betrages der unifizirten Schuld. Sie er— hält ebenso die Fonds für die der englischen Regierung geschuldete Annuität, welche den Zinsenbetrag der Suez Aktien repräsentirt.

Art. 3. Sollte die Summe der zur Schuldentilgung bestimmten Steuereingänge unzureichend für die Bezahlung des Halbjahr ⸗Cou- pons sein, so wird die Spezialkasse der offentlichen Schuld von dem Schatzamte durch Vermittelung des Finanz Ministers die zur Ergän— zung der Zahlungen für den Halbjahrz Coupon erforderliche Summe einfordern. Das Schatzamt soll gehalten sein, diese Summen 14 Tage vor dem Fälligkeitstermine zu zahlen. Sollten die Kassenbe— stände einen Ueberschuß nach Zahlung der Zinsen und der Amortisa— lionsquote ergeben, so wird die Spezialkasse der öffentlichen Schuld diesen Ueberschuß am Schlusse jeden Jahres an die Generalkasse des Staatsschatzes abführen. Die Kasse der öffentlichen Schuld wird ihre Abrechnungen vorlegen, welche rechtmäßig geprüft und berechnet werden sollen. .

Art. 4 Die Prozesse, welche die Kasse und Namens derselben ihre Vorstände im Interesse der zum großen Theil sich im Auslande befindlichen Staatsgläubiger gegen die durch den Finanz ⸗Minister vertretene Finanzverwaltung anstrengen zu müssen glauben, werden, soweit es sich um den Schutz der Garantien für die Schuld handelt, welche wit dem Vorstand der gedachten Kasse anvertraut haben, in Gemäßheit ihrer Zuständigkeit vor den neuen Trihunalen entschieden werden, welche in Uebereinstimmung mit den Mächten in Aegypten errichtet worden sind.

Art. 5. Die vorstebend designirten Kommissare werden die Ver waltung der Spezialkasse der öffentlichen Schuld übernehmen. Sie werden durch uns für die Dauer von 5. Jahren ernannt werden; sie haben ihren Sitz in Kairo; ihre Funktionen können ihnen nach Ab— lauf der 5 Jahrẽ von Neuem übertragen werden; für den Fall des Ab— lebens oder des Dienstaustrittes eines von ihnen, wird die Ernennung neuer Mitglieder von uns nach Maßgabe der ersten Ernennungen er folgen. Bie Kommifsare haben das Recht, einem aus ihrer Mitte die Funktionen ihres Präsidenten zu übertragen, welcher davon dem Finanz⸗Minister Mittheilung machen wird. . .

Art. 6. Alle auß dem Stande des Wechselcourses und der Werthveisicherung und aus den Transporten von Baargeld nach dem Auslande entftehenden Kosten gehen ebenso wie die Kommisstonsgebühr für die Auszahlung der Eoupons auf Rechnung der Regierung. Die Direktoren der Kasse werden sich vorher mit dem Finanz-Minister für alle diese Operationen verständigen. Letzterer wird jedoch darüber entscheiden, ob die Absendung der erforderlichen Summen in baar oder in Wechseln zu erfolgen hat. k

Art. 7. Die Kasse darf keinerlei Fonds, seien sie disponitel oder nicht, in Kredit- oder anderen Operationen anlegen. .

Art. 8. Die Regierung isf ohne die Zustimmung der Majorität der Kommissare, welche die Kasse der Staateschuld ve; walten, nicht berechtigt, in ciner derjenigen Steuern, welche speziell für die Staats. schuld refervirt sind, Veränderungen vorzunehmen, welche eine Ver⸗ minderung des Ertrages dieser Steuer zum Erfolge haben könnten. Eine Verpachtung einer oder mehrer dieser steht der Regierung jedoch frei, vorausgesetzt, daß der Pachtbetrag mindestens dem bisherigen Ergebniß der Steuer gleichkommt. Ebenso soll die Regierung berech tigt sein, Handelsverträge zu schließen, welche die Zollergebnisse modifiziren. ; ;

Art. 5. Die Regierung verpflichtet sich, keinerlei neue Schatzbons, keinerlei neuen Schuldtitel auszugeben, auch keinerlei neue Anleihe, welcher Natur sie auch sein möge, abʒuschlie en. Dieselbe Verpflich tung geht sie ein Namens der Baica - Sanieh. Sollte indessen die Regierung sich aus Gründen nationaler Nothwendigkeit gezwungen sehen an den Kredit zu appelliren, so darf es nur in dem Maßstahe ber absoluten Nothwendigkeit und ohne Gefährdung der für die Kgsse der Staatsschuld bestimmten Steuern geschehen. Auch darf die Re⸗ gierung der Abführung dieser Steuer kein Hinderniß in den Weg legen. Auch sollen diese ausnahmtweisen. Anlehen nur abgeschlossen werben können nach Genehmigung der Direktoren der Kasse.

Art. 19. Damit die Bestimmungen des vorstehenden Artikels keine Hindernisse für den Gang der Verwaltung herbeiführen, kann die Regierung sich eine laufende Rechnung bei einer Bank eröffnen lassen, um ihre Zahlungen zu erleichtern durch Gewährung von Vor. schüfsen, welche Furch die Jahreseinnahmen auszuglzichen sind. Das Guthaben oder die Schuld der Regierung soll am Schluß jeden Jahres

geregelt werden. Die Schuld darf in keinem Jahre 50 Millionen Fꝛes.

Übersteigen. . Gegeben Kairo, 2. Mai 1876.

Ismail.

Politische Monats-Uebersicht für April. 13

Oesterreich. Am 31. März waren die ungarischen Mi⸗ nister Tisza, Szell und Simonyi zu den Ausgleichs⸗Konfe⸗ renzen in Wien eingetroffen, noch an demselben Tage vom Kaiser empfangen worden und hatten dann sofort die erste vor⸗ bereitende Besprechung abgehalten. Die Einzelverhandlungen, zu denen auch Graf Andrassy von seinem ungarischen Gute Terebes eingetroffen war, begannen jedoch erst am 4. April. Zuerst galt es, das Reichsbudget für 1877 festzustellen das den in Pest beyvorstehenden Delegationen vorzulegen ist. Am 6. April wurde in einem unter dem Vorfitze des Kaisers gehaltenen gemeinsamen Ministerrathe diese Angelegenheit endgiltig erledigt. Am 8. begannen die Verhand⸗ lungen über die Erneuerung des Zoll⸗ und Handelsbündnisses, das im September 1869 zu Stande gekommen war. Diese Verhandlungen erlitten eine Unterbrechung durch das Osterfest, zu welchem die ungarischen Minister nach Pest zurückkehrten. Am 19. fand dann wieder eine Sitzung unter dem Vorsitze des Monarchen statt, in welcher das Maximum der Konzessionen mit dem der Forde⸗ rungen, welches die Minister ihren Kammern gegenüber vertreten wollten, abgewogen werden sollte, doch war eine endgiltige Ent⸗ scheidung noch nicht zu erreichen. In der Bankfrage wurde in Wien am 18. eine außerordentliche Sitzung der Bank⸗ direktion abgehalten, in welcher das ungarische Projekt berathen und schließlich abgelehnt wurde. Zu der Wiedereröff— nung des ungarischen Abgeordnetenhauses, das am 20. seine erste Sitzung nach den dreiwöchentlichen Osterferien hielt, kehrten die ungarischen Minister nach Pest zurück, wo am 22. bei dem Minister⸗Präͤsidenten 60 Abgeordnete der liberalen Partei zu einer Berathung zusammentraten, in welcher Tisza Bericht er⸗ stattete. Am 24. faßte hierauf der ungarische Ministerrath den Beschluß: „die österreichischen Vorschläge könnten nur die Grund⸗ lage weiterer Verhandlungen abgeben; sollte man den auf das Minimum herabgesetzten ungarischen Forderungen nicht ent⸗ sprechen, so werde Tisza uns das Kabinet abtreten.“ Am 25 trafen die ungarischen Minister in Begleitung ihrer Räthe wieder in Wien ein, Nachmittags hatten sie eine Konferenz mit dem Grafen Aundrassy Und am 26. fand eine neue gemein⸗ same Konferenz der Minister beider Reichshälften unter des Kaisers und Königs Vorsitz statt. Ein befriedigendes Resultat wurde auch jetzt noch nicht erreicht, denn am 27. bot der un⸗ garische Minister⸗Präsident zugleich mit Ueberreichung eines Mi⸗ nimums ungarischer Forderungen seinen Rücktritt an, der jedoch von dem König-Kaiser auch diesmal wieder nicht angenommen wurde. Die schließliche Einigung erfolgte dann durch die persönliche, erfolgreiche Vermittelung Sr. Majestät.

Die Session der 5sterreichischen Landtage ist im Ganzen in ruhiger, sachgemäßer Erledigung der denselben vor⸗ liegenden Arbeiten verlaufen, nur in Tirol, Vorarlberg und Böhmen wurde auch diesmal die bekannte partikularistische Oppo⸗= sition der ultramontan-feudalen Partei in Szene gesetzt. Die⸗ selbe fand aber wenig Beachtung, da der österreichischungarische Staat vollauf mit den vorliegenden wichtigen der Entscheidung harrenden inneren und äußeren Fragen beschäftigt war.

Italien. Die Deputirtenkammer vertagte sich bis zum 25. April, um dem neuen Ministerium Zeit zu lassen, die früher eingebrachten Regierungsvorlagen zu prüfen. Das Mi⸗ nisterium wurde durch die Ernennung der General-Sekretäre für die einzelnen Fächer vervollständigt. Ernannt wurden; für das Innere Lacava, für die Finanzen Seismit Doda, für die öffent⸗ sichen Arbeiten Baccarini, für die Justiz La Francesca, für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Branca, für das Auswär⸗ tige Malvano, für den öffentlichen Unterricht der Turiner Professor Ferrati und für den Krieg Oberst Primerand. In der letzten Sitzung der Deputirtenkammer hatte der bisherige Präsident derselben, Biancheri, sein Amt schriftlich niedergelegt; nachdem jedoch von beiden Seiten der Kammer demselben das vollste Vertrauen versichert worden, lehnte die Kammer seinen Rücktritt einstimmig ab. Sämmtliche Mitglieder des neuen italienischen Ministeriums wurden nahezu einstimmig wieder in die Abgeordnetenkammer gewählt. Nicotera und Depretis er⸗ ließen an die Präfekten und Finanzbehörden Rundschreiben, in denen eine strengere Befolgung der Gesetze anempfohlen wurde. Der Regierungswechsel hatte große Veränderungen im Verwaltungs⸗ personale zr Folge, so erhielten fast alle Präfekturen, theils durch Neu⸗ besetzung, theils durch Versetzung der bisherigen Präfekten neue Vorsteher. Die Kundgebungen zu Gunsten einer Erweiterung des Stimmrechts dauerten fort; die Regierung ernannte eine Kommission, welche bis zum 1. Juli das vorbereitende Material zu einem Gesetzentwurf über die Erweiterung des Wahlrechts fammeln soll. Am 25. nahm die Deputirtenkammer ihre Sitzun⸗ gen wieder auf. Die Regierung legte einen Gesetzentwurf über die Verlängerung der Umlaufsfrist der Banknoten vor. Dem⸗ nächst sollten die Eisenbahnverträge zur Berathung gelangen, wobei die Regierung an dem Grundsatze festhalten wollte, daß der Staat die Verwaltung des ganzen Eisenbahnnetzes nicht selbst übernehmen dürfe. Baron Rothschild traf zur Weiter⸗ führung der Verhandlungen über den Baseler Vertrag in Rom ein, doch waren dieselben bis zum Schlusse des Monats noch erfolglos geblieben. In der diplomatischen Vertretung Italiens fanden einige Veränderungen statt. Ritter Nigra ist von dem Pariser Gesandtschaftsposten nach St. Petersburg versetzt worden, Graf Cori sollte von Konstantinopel nach Paris, Graf Bar⸗ bolani von Petersburg nach Konstantinopel gehen.

Der Papst hat in einem geheimen Konsistorium am 3. zwei Jesuiten, die Patres Franzelin und Davanzo, zu Kardinälen er⸗ nannt und 14 vakante Erzbisthümer und Bisthümer neu besetzt. In der Streitfrage zwischen der päpstlichen Kurie und der spanischen Regierung hatte sich Spanien zur Wiederannahme des Konkordals v. J. 18591 mit Ausnahme des die Glaubens⸗ einheit betreffenden Artikels bereit erklärt. Die Kurie aber bestand auf der Aufrechterhaltung jener Glaubenseinheit.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 10. Mai. In der Abendsitzung der Ju stiz komm is⸗ sion des Reichstages vom Moatag gelangte dieselbe in ihrer Be- rathung bis §. 504 der Civil-Prozeßordnung mit Aussetzung der Be— rathungen über die Handelsgerichte. Zu §. 425, nach welchem Der Eid mit den Worten beginnen sell: „Ich schwöre bei Gott dem All= mächtigen und Allwissenden“ beantragte Abg. Herz, die Eidesformel auf die Worte zu beschränken: „Ich schwöre so wahr mir Gott helfe“ und motivirte seinen Antrag damit, daß enzelne Persenen zwar an Gott glauben, ihm aber nicht jene Ättribute zuertheilen wollen. Dieser Antiag wurde von der Kommission abgelehnt. Ebenso wurde ein durch den Hofferichterschen Fall in Breslau ver— anlaßter Antrag des Abg. Br. Las ker abgelehnt, monach als 3. än folgende Bestimmung aufgenommen werden sollte. Das Gericht kann