1876 / 116 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 17 May 1876 18:00:01 GMT) scan diff

tragen,

Y eine lokale Aufsichtsführung über dle Anstalten zu Ost und estuffeln angeordnet und

2) die dem Willen des Stifters entsprechende Ummandlung der konfesstonell gesonderten Erziehungsanstalten zu Ost. nnd Westuffeln in eine mehrklasstge Erziehungsanstalt möglichst bald bewirkt werde. Der Abg. Frhr. v. Schorlemer⸗Alst wünschte den Ueber⸗ gang zur Tagesordnung, welchen Antrag formell der Abg. v. Kleinsorgen gestellt hat. Nachdem zu Gunsten des Kommissions⸗ antrages die Abgg. Dr. Löwe und Dr. Kapp gesprochen hatten, wurde derselbe angenommen. Hierauf wurde eine weitere Reihe von Petitionen ohne Diskussion theils durch Uebergang zur Tagesordnung, theils durch Ueberweisung an die Staatsregierung erledigt, darunter befand sich auch die Petition des Taubstummen⸗ lehrers Radomsky zu Marienburg, welche, insoweit sie auf Aus⸗ dehnung des Schulzwanges auf die taubstummen Kinder gerichtet ist, der Regierung als Material für die Unterrichtsgesetzgebung überwiesen wurde. Der Kreisausschuß des Kreises Strasburg, der zum Ankauf von Grundflächen zur Herstellung der Thorn-Inster⸗ burger Bahn von dem Königlichen Eisenbahnsiskus ein zins⸗ freies Darlehn von 30,009 Thalern mit der Bedingung er⸗ halten hatte, dasselbe zurückzuzahlen, nachdem die Bahn in Be— trieb gestellt worden, bittet das Haus, „dahin wirken zu wollen, daß der Staat seine Forderung gegen den Kreis nicht geltend mache.“ Der Antrag der Kommission, die Petition der Regie⸗ rung mit der Maßgabe zur Berücksichtigung zu überweisen, daß ein billiger Ausgleich der Leistungen des petltionirenden Kreises im Verhältniß zu den Leistungen der Nachbarkreise ge— sucht werde, wurde angenommen. Die Handelskammer zu Harburg petitionirt um beschleunigte Ausführung der beschlossenen Eisenbahn Harburg-Stade. Der Re⸗ ferent der Kommission, Abg. Dr. Kapp, beantragte, die Petition der Regierung mit der Maßgab« zur Berücksichtigung zu empfehlen, daß dieselbe, falls die Finanzirung des Baues der genannten Bahn durch die Kuxhavener Eisenbahn⸗ Dampfschiff⸗ und Hafen⸗Aktiengesellschaft nicht gelinge, aufgefordert werde, innerhalb der nächsten Session dem Landtage eine Vorlage wegen . des Baues dieser Bahn auf Staatskosten zu machen. Bei der durch Zählung vorgenommenen Abstimmung stimm—

ten 84 Mitglieder für und 111 Mitglieder gegen den Antrag der Kommission. * fehlten mithin 4 Witglieder an der zur Beschlußfähigkeit erforderlichen Anzahl; die Verhandlungen wurden deshalb um 41 Uhr abgebrochen.

In der heutigen (57.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ eordneten, welcher am Ministertische der Vize⸗Präsident des taats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Camphaufen, die Staats⸗

Minister Graf zu Eulenburg, Dr. Falk, Dr. Achenbach und Dr. Friedenthal mit mehreren Kommissarien beiwohnten, beantwortete nach einigen geschäftlichen Mittheilungen des Präsidenten der WMi⸗ nister des Innern, Graf zu Eulenburg, die Interpellation des Abg. Windthorst (Meppen), welche lautet:

Beabsichtigt die Königliche Staatsregierung, den Häusern des Landtags noch in dieser Session eine Vorlage wegen Unterstützung derjenigen Landestheile einzubringen, welche durch Ueberschwemmun⸗ gen und sonstige Naturereignisse im verflossenen Winter resp. im Anfange diesez Frühjahrs so schwer gelitten haben?

dahin, daß noch in dieser Sesston dem Landtage ein bezüglich er Gesetzentwurf werde vorgelegt werden, daß aber die Schwierig⸗ keit der nöthigen Erhebungen die Vorlage verzögert habe und daß aus demselben Grunde der Gesetzentwurf nicht auf positive

Nach weiteren Meldingen aus Salonichi waren die Verhaftungen fortgesetzt undim Ganzen 54 Personen zur Unter— suchung gezogen worden. 1 Individuen wurden fofort der Betheiligung am Morde der Konsuln überführt; von diesen sind 6 zum Tode verurtheilt und m 16. d. M. auf öffentlichem Platze in Salonichi bei ziemlich eregter Stimmung der Bevölkerung hingerichtet worden. Die selbe gehörten sämmtlich der niedrigsten Volksklasse an. Die Untersichung dauert fort und wird sich namentlich auch auf die Ermttelung der etwaigen höheren An⸗ stifter oder Begünstiger der Mordthaten zu erstrecken haben.

S. M. S., Medu sa“ st am 15. d. M. in Salonichi ein⸗ getroffen. Daselbst find jetzt auch das französische Geschwader, eine österreichische Fregatte und die russische Fregatte „Swetlana“, welche Großfürst Alexis von Rußland befehligt, angelangt.

Die städtischen Körperschaften von Cassel haben gegen die Ausdehnung der Städteerdnung auf die Provinz Hessen eine Petition an das Abgeordretenhaus gerichtet, in welcher sie sihʒ eventuell auch gegen das Dreiklassen-Wahlsystem erklären.

Der Kaiserlich russische General⸗Gouverneur von Lithauen, von Albedingky, ist heute feüh aus Wilna hier angekommen und im Hotel Royal abgeftiegen. Ebendaselbst hat der ameri- kanische Gesandte in St Petersburg, Bo ker, welcher gestern Abend hier eintraf, Wohnung genommen.

Von der Versetzung des Kreisthierarztes Baudius zu Osterode nach Pr. Holland ist Abstand genommen worden.

Die Briefsendungen für S. M. Aviso „Pommerania“ sind bis auf Weiteres nach Wilhelmshaven zu dirigiren.

Briefsendungen für S. M. Kanonenboot „Nautilus“ sind bis auf Weiteres nicht nach Singapore, sondern nach Kon—⸗ stantinopel zu dirigiren. Desgl. fur S. M. S. „Nio be“ bis incl. 3. Juni c. nach Kiel, vom 4 bis incl. 9. Juni e. nach Neufahrwasser, vom 10. bis incl. 23. Juni c. nach Kiel, vom 24. Juni bis incl. 10. Juli c. nach Leith (England) via Ham⸗ burg, vom 11. bis inel. 22. Juli e. nach Queenstown via Liverpool, vom 23. Juli bis incl. 1. August nach Plymouth und vom 2. bis incl. 13. August nach Portsmouth.

. Batzern. München, 14. Mai. Die gegenwärtige Erle⸗ digung des Kabinetsfekretariats hat berelts die verschie⸗ denartigsten Deutungen hervorgerufen, welche, wie die Allg. Ztg.“ bestimmt mittheilen kann, auf durchaus grundlosen Kombinationen beruhen. Die Enthebung des Staatsrathes v. Eisenhart fand übrigens, wie das genannte Blatt seine frühere Meldung berichtigt, nicht in Folge eines Gesuches statt, „sie geschah ohne ein solches, aber in Gnaden, was unzweifelhaft daraus zu entnehmen ist, daß Hrn. v. Eisenhart nicht nur der Ausdruck vollster Allerhöchster Anerken⸗ nung, sondern auch die Auszeichnung der Verleihung des Kom⸗ thurkreuzes des Verdienst⸗Ordens vom heiligen Michael zu Theil wurde. Es liegt hier einfach eine Personenfrage vor, mit der keinerlei weitere Folgen sich verbinden.“

Wenn die zweite Lesung des Jörgschen Wahlgesetz⸗ entwurfs inkl. der Feststellung der Wahlkreise im Aus schusse keine wesentlichen Schwierigkeiten bietet, so wird es dem Aus—⸗ schusse möglich sein, den Bericht über seine Verhandlungen und Beschlüsse bis Ende dieses Monats an die Kammer zu bringen. In dieser könnte dann zu Anfang des nächsten Monats die erste Berathung stattfinden. Da nun aber der Entwurf einer dreima—

Zahlen, sondern auf Wahrscheinlichkeits rechnung baftrt sein werde.

Es folgte die Spezialdebatte über den Gesetzentwurf, be⸗ treffend den Ankauf und Ausbau der Bahnstrecken Halle⸗ Cassel und NRordhausen-Nixei. Nach einem einleitenden Vortrage des Referenten Abg. Berger zu §. l, welcher die Kom⸗ missionsbeschlüsse empfahl, charakterisirte der Abg. Weber (Erfurt) das Verfahren der Magdehurg⸗Halberstädter Eisenbahngesellschaft. Der Abg. Windthorst (Meppen) wollte, so lange die Frage der Reichseisenbahnen nicht entschieden sei, so wichtigen Ent⸗ schließungen, wie die vorliegende, nicht seine Zustimmung geben. Der Abg. Dr. Wehrenpfennig wandte sich gegen die vom Abg. Windthorst empfohlene Sistirungspolitik in Betreff des Eisen⸗ bahnwesens und befürwortete die von der Kommission beantragte 1

„die Königliche Staatsregierung aufzufordern, die Magdeburg— Halberstädter Eisenbahngesellschaft n . ihr zu Herrn . den Mitteln zur baldigen Herstellung der Bahn Magdeburg · Erfurt anzuhalten.“

Der Handels⸗Minister Dr. Achenbach wendete sich ebenfalls gegen den Abg. Windthorst (Meppen). Nachdem noch die Abgg. , , Weber und Windthorst (Meppen) gesprochen,

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ie Staatsregierung wird ermächtigt:

Ldie Bahnstrecken Halle⸗Cassel und Nordhausen-Nixei der Magdeburg · Cöthen Halle. Leipziger Eisenbahngesellschaft nach Maß⸗ gabe des beigedruckten Vertrags vom 4. März d. J. für den wtaat i, zu n,

2 zun Ausbau der Halle Casseler Bahn, soweit sie für die Zwecke der Berlin. Wetzlarer Ba ĩ i ĩ . . . ö hn mitbenutzt werden wird, die

3) zur Herstellung des zweiten Geleises in der Strecke Halle bis zum Anschlußpunkt der im 9 ee far d gr Sandergleben · Sangerhausen an die Halle Casseler Bahn, sowie in der Strecke Nordhausen Nixei die Summe von 3,500, 000 Mις zu verausgaben;

mit der angeführten Resolution angenommen. Ebenso wurden bis zum Schluß des Blattes die übrigen Paragraphen der Vorlage un⸗ verändert nach den Kommissionsbeschlüssen genehmigt und eine hierauf bezügliche Petition durch die Annahme des Gesetz⸗ entwurfs sür erledigt erklärt.

Die weiteren Paragraphen des Gesetzes lauten:

§8. 2. Der hiernach erforderliche Geldbetrag wird bis zur Höhe e, , , , der Stgatgregierung durch das Gesetz

Juni S 5) 2 , setzSamml. S. 305) für den Bau der Bahn nommen und der Rest durch Veräußerung eines ; = trages von Re n, n, . H Wann, durch welche Sẽelle, in welchen Beträgen, zu welchem Tief . i Hed nnn en der Kündigung und zu welchen . n l , hee taz en verausgabt werden sollen, bestimmt m Uebrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der An— leihe, wegen Annahme , als pu ien. und n n ger e ln. Sicherheit und wegen Verjährung der d ie. die Vorschriften des

Gesetzeß vom 19. . h. 1. Anwendung. Dezember 169. (Gesetz, Samml. S. II zur

stündige Versammlung war von ca 1000 Menschen bisucht.

sammlung der liberalen Urwähler werden die Abgeordneten Karl Crämer, Bürgermeister Fischer und Anwalt Beckh, dann von den (kassirten“ Abgeordneten die Herren Anwalt Henle und Staatsanwalt Wülfert sprechen. von sehr zahlreichen Wählern unterzeichneter Antrag vor, in welchem nach entsprechender Darlegung des Kammerbeschlusses bez. der Vernichtung der hiesigen Wahlen erklärt wird:

fa zur Verfügung gestellten Geldmitteln ent— Wahlen von München wegen 1 gesetzes unter wegwerfenden Ausfällen gegen den Magistrat der Stadt vernichtet hat, so weisen die liberalen Wähler der letzteren die gegen jene gerichteten verletzen den Beschuldigungen entschieden zurück, sie pro⸗ testiren aufs Nachdruͤcklichfte gegen den unerhörten Akt der politischen Gegner Angesichts des unparteiischen Zeugnisses der Staatsregierung, das würdigste die einmüthige und mit überwältigender Stimmenmehrheit zu voll⸗

der ausgeschlossenen Abgeordneten,

dann der Ausschuß bes Kammer = *r dieichsräthe auch eine oder zwei Wochen zu seinen Berathungen erforderlich haben wird und erst hierauf der Gegenstand in die Reichsrathskammer ge⸗ langen kann, wo er gleichfalls einer dreimaligen Berathung in achttägigen Zwischenräumen unterzogen werden muß, so müßte, wenn ein Gesammtbeschluß beider Kammern noch bei diesem Landtag erzielt werden sollte, die Dauer desselben wenigstens bis En de Juli verlängert werden, während außerdem der Schluß des Landtags wohl bis Mitte Juni möglich sein dürfte.

Die „Südd. Pr.“ meldet: „Die Klerikalen haben für die hiesigen Wahlen bereits einen Kompromiß mit der So—⸗ zialdem okratie zu schließen versucht. In einer gestern Bor— mittag im Saale des katholischen Kasino abgehaltenen Ver— sammlung trug Dr. Schüttinger einer Partei, welche nur in einzelnen Punkten von den Ultramontanen getrennt 6 ein Wahlbündniß an. Der Redacteur des Zeitgeistes /, Hr. Kiefer, erklärte, von seinen Parteigenossen keine be⸗ zügliche Vollmacht zu haben. Um den Preis eines nenen Wahl⸗ gesetzes scheine ihm diefes Zusammengehen indeß nicht unmöglich. Dagegen wollte der sozialdemokratische Parteiführer Ernst dieses Zusammengehen von. der Genehmigung eines Wahlgesetzes mit ge⸗ heimer und obligatorischer Wahl und einem vom 71. Lebensjahre anfangenden Wahlrechte, sowie von der Einrãumung eines Abge⸗ ordnetensitzes abhängig gemacht wissen und verlangte überdies für s eine Partei behufs Abhaltung einer allgemeinen Versammlung die Einrãumung des katholischen Kasinos für einen Abend. Die Ultramontanen gingen auf diese Bedingungen weder offiziell ein, noch lehnten sie dieselben förmlich ab. Außer dem Vorsitzenden der Versammlung, Redacteur Knab, sprachen noch die kleritalen Abgeordneten Schels, Kopp und Pr. Rittler. Die etwa zwei⸗

ligen Berathung in . von wenigflens Tgaen bedarf, u

Die Volkspartei hat erklärt, sich der Wahl enthalten zu wollen“ 15. Mai. In der heute Abend siattfindenden Ver—

Für die Versammlung liegt ein

„Wenn gleichwohl die ultramontane Mehrheit der Kammer die absichtlicher Verletzung des Wahl⸗

—; . Königlichen und ste rufen gegen die unberechtigte Entscheidung n Urtheil der öffentlichen Meinung auf. Die Antwort der liberalen Partei auf die Vernichtung ift

ruhige

iehende Wiederwahl sowohl sämmilicher liberalen Wahlmänner als

die jetzt wie früher die Träger

5. 3. Jede Verfügung der Sta atsregierung über die im 8§. 1

Veräußerung bedarf zu shrer R ültig keit der ĩ i

pi, ,,,. h echisgũltig keit Zustimmung heider „e, Die Ausführung dieses Gesetzes wird, soweit solche noch u 23 Bestimmungen des §. 2 nicht durch den Fin nz-Minister erfolgt, em Minister für Handel, Gewerbe und öffentliga e Arbeiten über⸗ li

Urkundlich ꝛc.

; ; ; . rung des vollsten Vertrauens der liberal tei Nr. L bezeichneten Eisenbahnen bezlehunegsiweise Eisenbahntheile durch zeichneten Urwähler Münchens ,

Seiten des Wahlausschusses der liberalen Partei der ersten liberalen Urwählerversanimlung folgende werden auch zur bevorstehenden Landtagswahl als Kandipaten der

mächtigt, nothwendig werdende Verschicbun gen und Eigänzungen vön. Wahlmaͤnnern im Einvernehmen gaͤnzungen von

sind. Die unter⸗ es wollen von ö. 86 . eren ; unkte zur Beschlußfassun nterbreitet werden: I) die im Juli 1975 gewählten Wah ll lun

beralen Partei aufgestellt. 3) Der große Wahlausschuß wird er

J

trauensmännern der enizelnen betheihten Wahlbezirke vorzunehmen. 3 Die Versammlung zricht die Erw . ö. ö. die liberalen Wahlmänner die, bishrigen fünf. ertreter Münchens als die , der liberalen Partei bei di Reuwahl der Abgeordneten aufstellen.“ .

Das Staats⸗Mnisterium de Innern hat die Ein⸗ verleibung von Sendling in die Stchtgemeinde München vom 1. Jannar 1877 an genemigt. .

In, München weren nach dem , Corr. v. u. 5. D. in kürzester Zeit nochmals 3A1dvokatentellen neu kreirt und sohin deren Status auf 46erhöht werder.

Sachsen. Dresden 16. Mai. Die Erste Kammer erledigte heut Petitionen, darnter die Petition des Comitèês für den Elbe⸗Spreekanal im Sime der Petenten, und nahm sodann den Bericht ihir ersten Deputation über die bezüglich der Novelle um Staatsdienergesetze zwi⸗ schen beiden Kammern vorhudenen Differenzen entgegen. Sine Anzahl dieser Differenzen urde dirch Beitritt zu den Beschlüssen der Zweiten Kammer rledigt, wogegen die Erledi⸗ gung der erheblicheren Differenzen dem Verelnigungsverfahren überlassen wurde.

. Die Zweite Kammer beschftigte sich mit Berichte der Finanz⸗Deputatian über den Gesetzenwurf, den Urkunden⸗ und Erbschaftsstempel betreffend.

Württemberg. Stuttgart, 15. Mai. Der Bericht der volkswirthschaftlichen Kommission dr Kammer der Standes⸗ herren über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die weitere Ausdehnung des Eisenbahnnetzé und den Bau von Eisenbahnen im Finanzjahre 1876/77 (Reprent: General⸗Lieute⸗ nant v. Baur) ist im Druck erschienen.

Baden. Karlsruhe, 13. Mai. Inder heutigen Sitzung der Ersten Kammer wurde bei Gelegeiheit der Budget⸗ Berathung des Ministeriums des Innern die segierung beschul- digt, die Besetzung des erzbischöflichen Stihles in Frei⸗ burg absichtlich zu verhindern, worauf Minister Jolly entgegnete, daß die Kirche nicht Das zur Besetzung gethan hibe, was Pflicht gewesen; gewisse Erfahrungen hätten es dir Regierung wünschenswerth gemacht, die Kandidaten vorher aufmerl⸗ sam zu machen, daß der Eid ohne jeden Vorbehalt und der Gehorsam gegen die Gesetze rücksichtzlos ver— langt würde, da jede staatliche Ordnung dies unbedingt ver⸗ lange. Ferner sei er, der Minister, in der Lage, beweifen zu können, daß das Kirchenregiment zu Freiburg systematisch gegen die Landesgesetze kämpfe, und daß bei demselben die Unterthanen⸗ treue vermißt werde. Die Absetzung der erzbischöflichen Dotation wurde sodann nach den Beschlüssen derZweiten Kammer ausgesprochen und der staatliche Zuschuß zum altkatholischen Kultus genehmigt. Von den zwanzig altkatholischen Pfarrern Badens haben sieben einen Antrag an die zu Pfingsten d. J. in Bonn abzuhaltende Synode für Aufhebung des Cölibats gerichtet, in welchem ausgeführt wird, daß bei dem Volke durch römischen Einfluß jene sittliche Begriffsverwirrung großgezogen worden sei, wonach sich dasselbe die Ehe einerseits vorstellen solle als ein gottgehei⸗ ligtes Sakrament, andererseits aber als ein Institut, so unheilig und verwerflich, daß dadurch der Dienst am Altar entweiht werde. Der Schlußsatz lautet, daß das Cölibat als Zwangsinstitut in der altkatholischen Gemeinschaft nicht aufrechterhalten und event. die Bestimmung, daß verheirathete Gesstliche in alt⸗ n,, . Gemeinden nicht fungiren dürsen, aufgehoben wer⸗ en imbge.

Oldenburg. Oldenburg, 15. Mai. Vorgestern hat der Finanzausschuß sich bereit erklärt, die hauptsächlich strei⸗ tigen Direktorenstellen um je 100 M6 zu erhöhen; die Staats⸗ regierung hat dieses Entgegenkommen zur Erhaltung des Friedens für hinreichend erachtet, und der Land tag hat in seiner heutigen Sitzung das Angebot seines Ausschusses zum Beschluß erhoben. Nachdem somit der Konflikt beigelegt ist, wird der Landtag wahr⸗ scheinlich morgen geschlossen werden.

Bremen, 14. Mai. Der Senat hat der Bürgerschaft einen Gesetzentwurf zugehen lassen, der die Entwãaͤsserung und Bewässerung der Grundstücke im Landgebiet regelt. Der Entwurf lehnt sich eng an die preußische Wassergesetzgebung an.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 16. Mai. Die heutige „Straßb. Itg.“ veröffentlicht den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Krei se.

17. Mai. (W. T. B.) Die zweite Se ssion des Lan⸗ des ausschusses wurde heute in Anwesenheit fast sämmtlicher Mitglieder durch eine Ansprache des Ober⸗Präsidenten von Moͤller eröffnet, welche der Alters⸗Präsident Feurer (Saarunion) mit einem Rückblicke auf die gedeihlichen Resultate der ersten Session und dem Ausdrucke des vollsten Vertrauens zur Regie⸗ rung beantwortete. Es folgte darauf die Wahl der Bureaus.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 15. Mai. Ueber die Berliner Ministerkonferenzen läßt sich die „Polit. Corr.“ weiter aus: Die letzten Mittheilungen, welche wir über die in Berlin stattgefundenen Verhandlungen der leitenden Minister der drei Kaisermächte erhalten, bezeichnen wiederholt das Ergebniß der Verhandlungen als ein vollständig günstiges. Man steht der Antwort der anderen Mächte auf die ihnen ge⸗ machten Eröffnungen sehr bald entgegen und zweifelt bei dem pazifikatorischen und friedlichen Charakter des Borschlages und der so sehr entgegenkommenden Haltung des russischen Staatskanz⸗ lers Fürsten Gortschakoff nicht an einer allseitigen Zuftimmung. Der Voranschlag für den gemeinsamen Staatshaushalt pro 1577, der unter Einflußnahme der beiden Landesministerien verfaßt“ und beiden Delegationen zur verfassungsmäßigen Be⸗ handlung überreicht wurde, liegt jetzt vor. Das Summarium des Voranschlages für das Jahr is77 zeigt ein gesammtes Bruttoerforderniß von 119 928,958 Fl. und nach Abschlag der Bedeckungssumme von 5,679,730 Fl. ein gesammtes Nettoerfor⸗ derniß von 114,249. 208 Fl. Zur Bedeckung dieses Nettoerfor⸗ dernisses sind zunächst die für das Jahr 1877 präliminirten Zollgefãlls⸗ Ueberschüsse, welche im Vergleiche mit dem Jahre 1876 um g0l, 009 Gl. geringer veranschlagt find, mit 11,ů 099 0601. bestimmt, wonach ein Erforderniß von 103,150, 208 Fl. verbleibt. Werden hiervon die zu Laften des ungarischen Staatsschatzes vorerst abzuziehenden 2 Prozent per 2063 004 Fl. abgezogen, so erübrigt ein durch Quotenbeiträge zu bedeckendes Erforderniß von 101 087,293 Fl. wovon auf die im Reichsrathe vertretenen n, . . . 70 e, . ist 70,761,042 Fl. und gu, die Länder der ungarischen Krone 30 Prozent, das i

. Sl. i ,, . . ö Der Großfürst Michael Nikolajewitsch und die Großfürstin Olga Feodorowna treffen mit Familie am 18.

mit den Obmännern und den Ver.!

von Odessa hier ein und werden nach eingenommenem Diner die Reise nach Stuttgart ohne Aufenthalt fortsetzen.

der

. Abends über die Zuschriften der Dissidenten.

. billigt habe.

Bozen, 15. Mai. Gestern langte Prinz Carl von Preußen auf der Rückreise aus Italien hier an. .

Lemberg, 15. Mai. (N. Fr. Pr.) Der Kaiser hat die Bitte des Grafen Dzieduszyeki um Enthebung von dem Landmarschall⸗Amte in sehr schmeichelhafter Weise und mit dem Ausdrucke Allerhöchster Zufriedenheit abgelehnt. Die Deputa— tion der ruthenischen Geistlichkeit von Przemysl hat sich unter Führung des Domherrn Nikorowiez in Angelegenheit der Ritualregelung zum Nuntius Jacobini nach Wien begeben.

Pest, 15. Mai. Die Differenzen, welche zwischen beiden Häusern des Reichstages in Betreff des Wahlgesetzes ob⸗ walteten, wurden in der heutigen Sitzung des Sberhauses nach kurzer Debatte im Sinne der Beschlüsse des Abgeordneten⸗

hauses ausgeglichen.

In der heutigen Sitzung der Reichraths delegation dankte Rechbauer für die Wahl zum Prãäsidenten erklärte die vollste Unparteilichkeit in der Amtshandlung und die Wahrung der Ehre, Rechte und Würde des Hauses als seine heiligste Auf⸗ gabe. Bei der Besprechung der äußeren Verhältuisse erblickt Rech⸗ bauer in dem Drei⸗Kaiserbündniß eine nicht zu unterschätzende Bürg⸗ schaft für den andauernden Weltfrieden, und scheine auch das auf Grundlage der Freiheit, des Rechtes und der Ordnung sich stetig fortentwickelnde Frankreich die Gefahr der Revanchegelüste zu beseitigen. Hinsichtlich der Besorgniß erregenden Fortdauer des Kampfes an der Südostgrenze hofft Rechbauer, es werde den vereinten Bemühungen der in Berlin versammelten Staatsmänner gelingen, diese Frage in glücklicher den Weltfrieden ungestört erhaltender Weise zu loösen, vor Allem aber wünsche er, daß jede problematische Action von Oesterreich hintangehalten werde und diese Frage eine Lösung finde, wodurch den gerechten Ansprüchen Befriedigung gewährt, jedoch jede den Weltfrieden gefährden könnende Aenderung der Stellung der Verhältnisse der Mächte Europas be⸗ seitigt werde. Bezüglich der inneren Lage, sagte Rechbauer, müffe man angesichts des wirthschaftlichen Nothstandes die eingebrachten Vorlagen mit dem ihrer Wichtigkeit enisprechenden Ernste und unter Beobachtung der strengsten Sparsamkeit ins Auge fassen. Nachdem noch Rechbauer sich

zen die fortahtendse Kirlegsbercitschast Europas, bie an denn

Marke der Völker zehrt, wendet und die Hoffnung auf deren

endliche Beseitigung ausspricht, sagt er, Oesterreich sei leider

nicht in der Lage, für sich allein mit gutem Beispiele vor⸗ anzugehen, und so groß die Kosten der Anschaffung durch die Fortschritte in der Wissenschaft und der Technik so wesentlich verbesserten Waffen sind, ist kein Staat in der Lage, sie ganz von sich zu weisen, weil er seine Söhne wehrlos den überlegenen Waffen preisgeben würde. Rechbauer erblickt schließlich die Aufgabe der Delegation darin, einerseits das, was die Integrität, Würde, Freiheit und Unabhängigkeit des Reiches erfordern, selbst mit Opfern aufzubringen, ander seits aber jede nicht unabweisbar nothwendige Ausgabe im In⸗

teresse der ohnehin schwerbelasteten Völker zurückzuweisen.

Der Club der liberalen Partei verhandelte gestern Nach einge⸗ hender Diskussion erfolgte der Beschluß in folgender Fassupg: Der Erklärung, welche mehrere Abgeordnete am 14. d. M. und nachher eingesendet haben, entnehmen wir, daß dieselben aus dem Club austreten. Die Berufung derselben in der von ihnen ver⸗ öffeentlichten Erklärung auf den Beschluß der Clubs ist irrig. Jener Beschluß enthält wörtlich Folgendes: „Die Partei billigt es, daß der Minister⸗Präsident sich der Aufgabe unterzog, auf Grund der mitgetheilten Präliminarien den Ausgleich ins Werk zu setzen.“ Wir bedauern den Austritt der Mitabgeordneten, jedoch eröffnet deren Erklärung, bei der liberalen Partei blejben zu wollen, die Aussicht auf die Wiederherstellung der Einigkeit. Diese Formu⸗ lirung erfolgte auf die Bemerkung Falks, daß die Majorität nicht den Ausgleich, sondern die Inswerksetzung desselben ge⸗ 15. Mai. Ueber den Entscheid des

Schweiz. Bern,

. Bundesrathes vom 12. d. Mts., durch welchen er die zu

Ende des letzten und zu Anfang des laufenden Jahres von ju⸗ rassischen Mitgliedern des bernischen Großen Rathes und von

römisch⸗katholischen Geistlichen gegen das neue bernische Gesetz, betreffend Störung des religiösen Friedens, einge⸗ langten Beschwerden und Einsprachen abwies, wird der „N. SZürch. Ztg.“ Folgendes mitgetheilt:

Der Entscheid des Bundesrathes stützte sich auf folgende

Erwägungen:

15 Nach Art. 59 der Bundesverfassung haben die Kantone das

. Recht, den Kultus aller Religionsgenossenschaften ohne Ausnghme zu überwachen und zum Schutze der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung . und des konfessionellen Friedens und zur Abwehr gegen Eingriffe in

die Rechte der Bürger und des Staates die geeigneten Maßnahmen zu treffen; den Bundesbehörden liegt im Streitfalle die Entscheidung

. ob, ob die getroffenen Maßregeln im Einklange mit den Bestim⸗ mungen der Bundes und der Kantonsverfassung stehen.

2) Das Gesetz des Kantons Bern vom 14. September 1876,

ggegen welches der Rekurs der Minderheit des Großen Rathes und der kaiholischen Geistlichen des bernischen Jura gerichtet ist. bezweckt, die Schranken und die Bedingungen festzustellen, innerhalb welchen die freie Ausübung gottesdienstlicher Handlungen gewährleistet ist und ö ,, u. A. in Artikel 3 von Verrichtungen im Privatkultus ö Un

von der Wirksamkeit in der Schule Geistliche aus, welche sich der fortdauernden Wodersetzlichkeit gegen die Staats— einrichtungen und Erlasse der Staatsbehörden schuldig machen.

J Durch eine solche Mahregel, 3 . Schutze der staatlichen Auto⸗ ö rität gleichmäßig gegenüber allen?

̃ eligionsgenossenschaften in Anwer⸗ dung kemmt, werden die oben angefuhrten e er gh, welche der

Bund den Kantonen gegenüber den Religionsgenoffenschaften einräumt,

nicht überschritten und namentlich die Freiheit des Gewissens und der Kultusausübung nicht verletzt. 3) Was nun speziell die kathelischen Priester des Jura anbe—Q

. trifft, welche seiner Zeit den Protest an den Regierungès. Rath des

Kantons Bern unterzeichnet haben und durch Urtheil des bernischen

„Obergerichts vom 15. September 1873 von ihren Pfarrstellen abbe⸗

rufen wurden, so stehen sie ebenfalls unter dem Gesetze vom 14. Sep⸗ tember 1875, allein selbstverständlich nur innerhalb der Schranken und unter dem Schutze der Formen, welche jenes Gesetz aufstellt. Hienach

genügt aber zur Anwendung des §. 3 des mehrerwähnten Gesetzes

der frühere Vorgang nicht, sondern es ist erforderlich, daß die Widersetzlichkeit in positiver Weise irn werde. Ueber dieses faktische Verhältniß haben nach 8. 7 des Gesetzes die Gerichte zu entscheiden, und die, Bundesbehörden wären erst dann in der Lage einzuschreiten, wenn im Spezialfalle von den Betheiligten Beschwerde geführt und nachgewiesen würde, daß der Richter eine Bestrafung ver⸗ hängt hätte, ohne daß die thatsächlichen Voraussetzungen zur Anwen— Tung des 5. 3 Ziff. 2, wie sie oben präzisirt sind, vorhanden waren. 4) Die Beschwerden, welche gegen die Art. 2, 4 und 5 des Ge⸗ setzes erhoben worden sind, erscheinen unbegründet. Nicht nur steht Es dem Staate frei, gegen den Mißbrauch der in Art. 590 garantirten Freiheit Maßregeln zu ergreifen, sondern er ist berechtigt, die Ge— ährdugg des öffentlichen Friedens und der Ordnung mit Strafen zu bedrohen, wie dies in Art. 2 des Gesetzes geschieht. Ebenso wenig enthält Art. 5, welcher kirchliche Prozessionen und

Ceremonien auf die Kirchen und andere geschlofsene Räume beschränkt, eine Verletzung der Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 49), noch eine solche der in Art. 50 garantirten Befugnisse, da diese konstitutio⸗ nellen Garantien das Recht des Staates, über das öffentliche Eigen⸗ thum zu verfügen, in keiner Weise beeinträchtigen. J

6) Endlich enthält auch Art. 4 keinen Grundsatz, der mit einem konstitutionellen Rechte der Bürger in Widerspruch stünde und es bleibt daher der Entscheidung des einzelnen Falles überlassen, inwie⸗ fern eine Beschwerde gegen die jeweilige Anwendung dieser Bestim⸗ mung begründet ist.

Frankreich. Paris, 15. Mai. Das Leichenbegängniß des Ministers Ricard hat heut unter großer Betheiligung und allgemeiner Theilnahme stattgefunden. Ueber die Affaire Rouvpier schreibt das „Evenement“, daß, wie als ganz sicher bestätigt werden könne, die Untersuchung ergeben habe, daß dem Deputirten nicht das Geringste zur Last zu legen sei, woran kaum Jemand gezweifelt, was aber Mr. Grévy noch ausdrücklich erklärt habe.

Vorgestern fand die Schlußsitzung des Kon⸗ gresses der katholischen Gesellenvereine statt; den Vorsitz führte der Kardinal⸗Erzbischof von Paris. Der „Köln. Ztg.“ wird über diese Sitzung berichtet: Ungefähr 1800 Per⸗ sonen, worunter viele Senatoren und Deputirten, eine größere Anzahl von Offizieren und eine Masse von Bewohnern und Bewohnerinnen des Faubourg St. Germain hatten sich in dem großen Saale der „Société d'Horticulture“ eingefunden. Der Saal war mit der Büste des Papstes, mit mehreren Kruzifixen, einem weißen Banner mit der Inschrift „Sint Unum““‘, so wie mit Lorber⸗ und Palmzweigen geschmückt. Der Hauptredner war der Graf de Mun, der das ihm kürzlich vom Papste ver⸗ liehene Komthurkreuz des Ordens Gregorius des Großen am Halse trug. Die Reden enthielten nicht eben Neues; die Be⸗ geisterung der Gesellenvereine war groß; noch größer gestern, wo sie sich Morgens um 9g Uhr in der Kapelle des h. Herzens auf Montmartre und des Abends um 5 Uhr in der Notredame⸗ Kirche einfanden. Auf Montmartre wurden die Gesellenvereine nochmals dem „heiligen Herzen“ geweiht und das „Sauvez Rome et la France au nom du Sacré Coeur“ mit Nachdruck gesungen. Die Feierlichkeit in der Kirche war die nämliche, wie sie dort seit drei Wochen jeden Tag zu sehen ist. Ganz außerordentlicher Pomp ward für die Feierlichkeit in der Notre dame-⸗Kirche entfaltet. Vor der Kirche versahen Polizeidiener und Pariser Stadtsoldaten den Dienst. Neben der Kanzel war ein Thronsessel mit zwei Stühlen für den päpstlichen Nuntius und seinen Begleiter hergerichtet. Um 44 Uhr öffnete sich die große Pforte der Kirche, und die Mitglieder der katholischen Gesellenvereine hielten ihren Einzug in dieselbe. Die Zahl ihrer Banner betrug 14. An der Spitze des Zuges befand sich der Graf de Mun, der Generalsekretär der Vereine. Ihnen folgten die übrigen Hauptmitglieder der Ausschüsse. Die Geist⸗

lichkeit sie war sehr zahlreich, doch fehlte der Kardinal-Erz⸗

bischof von Paris, weil der Nuntius heute den Vorsitz führte stellte sich gegen 5 Uhr am Haupteingang der Kirche auf, um den päpstlichen Nuntius zu erwarten. Derselbe erschien genau um 5 Uhr und wurde unter Begleitung der Orgel und des Gesangs der Gläubigen nach seinem Thronsessel geleitet. Nachdem der päpstliche Nuntius Platz genommen, wurde ein für die Feier eigens verfaßter Lobgesang angestimmt, worauf der Pater Monsabré seine Predigt hielt, worin er von den gewaltigen Fortschritten des, Werkes“ sprach, sich gegen die Verderbniß der Gesellschaft erhob, die Gläubigen aufforderte, tapfer zu kämpfen, namentlich neue Verbindungen zu bilden und Alles aufzubieten, um die Feinde der Kirche über den Hau⸗ fen zu werfen, und wenn das Werk in Frankreich vollbracht sei, auch die übrige Welt zu regeneriren und sie dem unfehlbaren Papst unterthan zu machen. Nach der Predigt wurde wieder gesungen, worauf der Nuntius von seinem Thron aus der Ver⸗ sammlung den päpstlichen Segen ertheilte und der Pater Mon⸗ sabré die Adresse vortrug, welche der Kongreß an den Papst ge⸗ richtet hat. Dieselbe lautet: Heiliger Vater! Die zum vierten Mal in ihrer jährlichen Versammlung vereinigten und mit dem aposto⸗ lischen Segen Ew. Heiligkeit versehenen Mitglieder der katho— lischen Gesellenvereine erneuern heute mit dankbaren und ein stimmigen Herzen den Beschluß, sich niemals davon abbringen zu lassen, durch die verschiedenen frommen Verbindungen, welche das Werk bilden, die Irrthümer zu bekämpfen, welche durch die unfehlbaren Lehren des h. Stuhles verdammt wurden und die sie als die Quelle der Uebel ihres Landes betrachten. Demüthig zu den Füßen Ew. Heiligkeit liegend, bitten sie dieselbe ohne Aufhören, ihren Entschluß zu segnen, um der Gnade theilhaft zu werden, demselben bei seder Gelegenheit getreu zu bleiben, und find mit der tiefsten Verehrung die gehorsamsten und er⸗ gebensten Diener Ew. Heiligkeit.“ Den Schluß bildete das „Sauvez Rome et la France“. Um 616 Uhr war die Feier zu Ende.

Versailles, 16. Mai. (W. T. B.) Die Deputirten⸗ kammer begann in ihrer heutigen Sitzung die Berathung der Amnestievorlage. Die Diskussion wird morgen fortgesetzt werden.

Italien. Rom, Sobald die italienische

14. Mai. Das „Diritto“ meldet: Regierung erfahren hatte, daß in Bagdad und Umgegend die Pest ausgebrochen ist, machte fie die Pforte auf die Gefahr aufmerksam, welche dem Gesundheitszustande von ganz Europa erwachsen würde, wenn Truppen aus jenen angesteckten Provinzen nach dem Kriegsschauplatz in der Herzegowina geschickt werden sollten. Da auch ein von italien ischen Delegirten des internationalen Sanitätsrathes in Konstantinopel darauf bezüg⸗ licher Antrag einstimmig angenommen und der hohen Pforte mitgetheilt wurde, so hat dieselbe erklärt, daß sie den Vor⸗ stellungen der italienischen Regierung und der Abstimmung des internationalen Sanitaätsrathes Rechnung tragen und keine Truppen aus den angesteckten Provinzen nach dem Kriegs⸗ schauplatze schicken werde. .

Nach einer römischen Korrespondenz im Pungolo von Neapel sollen dieser Tage die Unterhandlungen über die Er⸗ neuerung der Handelsverträge mit Frankreich, Oester⸗ reich Ungarn und der Schweiz wieder aufgenommen werden. Das Ministerium werde aber keine Delegirten nach Paris, Wien und Bern schicken, sondern, nachdem die Präliminarien daselbst festgestellt worden sind, die Gesandten der betreffenden Staaten im Auswärtigen Amte erwarten, um mit ihnen die Endresultate festzustellen, wie es im internationalen Verkehr gebräuch⸗ lich ist. Damit solle nicht gesagt sein, daß die Politik der Nationalökonomie den Abschied gegeben habe, denn die Regierung verschließt sich weder dem guten Rathe noch der Belehrung der Wissenschaft, indem sie Ferrara häufig um Rath frage und die unbestrittene erste Autorität auf diesem Felde den Professor Boccardo von Genua habe nach Rom kommen

lassen, um seine Ansicht über die schwierigsten Fragen zu ver⸗

nehmen. Indem sie auf diese Weise Gutachten von allen Sei⸗ ten einhole und die Bedürfnisse des Staatsschatzes mit den Lehren des Freihandelssystems zu versöhnen suche, und die Lehren der Wissenschaft mit denen der Erfahrung zu verbinden bestrebt sei, hoffe sie Verträge zu Stande zu bringen, die den Bedürfnissen des Landes entsprechen. Die Verträge sollen dem Parlamente gleich nach seinem Wiederzusammentritte nach den Sommerferien zur Genehmigung vorgelegt werden.

Gestern trat der Pap st in das 85. Lebensjahr.

Das „Journ. de Rome“ vom 30. April veröffentlicht den Wortlaut der Rede, mit welcher der Papst auf eine Ergebenheitsadresse fremder Pilger erwidert hat:

Wenn ich die verschiedenen Punkte der katholischen Welt betrachte, dann bietet sich mir das Bild eines traurigen und schmerzlichen Schau—⸗ spiels, eines unermeßlichen Trümmerhaufens, den die zrausame Perfidie der Feinde der . in den Umwälzungen der Gegenwart errichtete. Ich sehe verlafsene Mönchs- und Nonnenklöster, die nicht mehr von friedfertigen Cenobiten, von Bräuten Jesu Christi bewohnt werden, die vielmehr ihrer alten Insassen beraubt wurden, um fremden und , ja oft noch mehr als unheiligen Personen Platz zu machen.

Ich sehe, wie die wohlthätigen Reichthümer und Güter der Kirche gierigen Zeitgenossen zum Opfer fallen, wie ste dazu bestimmt werden, den unerfättlichen Heißhunger der Nevolution zu stillen.

AÄAllerorten erblicke ich Umsturz und Trümmer; ich sehe die Rechte der Kirche verletzt und mit Füßen getreten, die geistliche Hierarchie unterbrochen und unnöthig gemacht, während Alle, welches Amt sie auch versehen, verdammt werden, den schrecklichsten aller Tribute, den des Blutes auf den Schlachtfeldern, zu entrichten, und die Kirche verhindert wird, ihre Diener zu waͤhlen. Ich sehe die Lehrfreiheit in ein Monopol verwandelt, das mit jedem Tage seine tyrannischen Bedrückungen und mit ihnen die Irrthümer, zuweilen die Gotteslästerungen vermehrt. Ich sehe, wie so manches Verbrechen, so manche gegen Gott, gegen die Sittlichkeit und die gesellschaftliche Ordnung begangene Fehler tzeduldet werden; häufig, gar häufig sehe ich Urtheile fällen, die nicht vom Gerechtigkeitesinn, vielmehr von schändlichen Leidenschaften eingeflößt werden, wie sie immerdar in den Wirren der revolutionären Zeiten vorherrschen. Diese und noch viele andere Verhältnifse bilden den wüsten Trümmerhaufen, der einen unendlichen Raum deckt. e

Bei der Betrachtung dieses düsteren Bildes gedenke ich wiederum der Vision, die Hezechiel hatte. Der Prophet wurde, im Geiste, von Gott auf ein weites Feld geführt, das ganz mit verblichenen Gebeinen bedeckt war. Und während er verwundert und staunend dieses traurige Bild betrachtete, hörte er von oben herab eine Stimme, die ihm zurief: „Glaubst Du wohl, daß diese Gebeine wieder ins Leben zurücktreten könnten? Demüthig und mit gesenktem Haupte erwiderte der Prophet: „Du allein, o Herr, vermagst Solches zu vollbringen: Jomine Deus, tu nosti.“ „Nun wobl!“ entgegnete der Herr, „‚weissage über diese Gebeine, vatici-= naré de essibus istis. Vernimm, daß diese Gebeine wieder aufleben werden; ich werde sie von Neuem beleben, ste von Neuem mit Nerven und Muskeln, mit Adern und Blut versehen, Fleisch wird ste wiederum umhüllen, die Haut wird alle diese Körper wieder bedecken und sie werden fortleben. Der Prophet wiederholte die Worte des Herrn und in diesem Augenblicke begann ein leises Flüsterr, darauf eine allgemeine Bewegung der Gebeine selber, die sich zu ordnen suchten, um die Körper zu bilden, wie sie vormals gewesen: Factas est eit sonitos. et ecco commotio.

Diese Weissagung, meine Lieben, deutete auf das Ende der Ge⸗ fangenschaft des Volkes Israel und auf seine Rückkehr in die heimathlichen Länder hin. Ich frage nun aber: Könnte nicht mit auf das soeben

Wir werden mit nnwandelbarem Gemüthe und mit entschiedenem Tone erwidern: Ja, gewiß werden alle diese Gebeine wieder ins Leben treten, denn die Kirche Jesu Christi, der sie angehören, kann nimmermehr unter— gehen; sie muß bis ans Ende der Zeiten fortbestehen.

Wohl werden sich diese Trümmer wieder erheben, doch werzen auch sie vorher ebenfalls ihre Bewegung durchmachen müssen. Et ecce commotio. Und diese Bewegung läßt sich jetzt schon erkengen. Euer Kommen, das Kommen der ehrfuͤrchtigen Kinder zu ihrem Va— ter, die Aufregung, die sich in den so zahlreichen Pilgerfahrten der katholischen Völker kundgiebt, dieses Alles sind Anzeichen dieser Be—= wegung, der Wiederhall der inbrünstigen Gebete, die aus den gehei⸗ ligten Stätten zu Gott emporsteigen. Auch darin, daß die Bußgerichte förmlich belagert werden, daß häufiger zum Tische des Herrn getreten wird, daß die guten Werke vermehrt werden, liegt eine Bestätigung dafür, daß unter dea Trümmern der Kirche Jesu Christi eine Bewe— gung herrscht. . ö.

Wenn aber die Gebeine noch nicht die ehemaligen Körper wiederhergestellt haben, dann erinnert Euch, meine lieben Kinder, daß die Kirche Jesu Christi auf einem Grundstein ruht, den ein von allen Seiten her von der Wuth der Winde und dem Anprall der Wogen umstürinter Felsen darstellt. Wohl ist in der Kirche die Be— wez ung vorhanden, aber die zerstreuten Gebeine treten noch nicht auf ihren früheren Platz zurück; denn sie werden von den Stürmen, von den Gewittern daran verhindert, die von oben herab den Anstoß er— halten und nicht eher aufhören werden, an den Felsen zu schlagen, bis er nicht von jedem Flecken befreit und gereinigt sein wird.

Die Flecken, die ihn noch verunreinigen, sind die niedrigen See⸗ len, die sogar das eigene Gewissen hingeben würden, um sich eines Friedeng voller Kummer zu erfreuen. Es verunreinigen ihn auch die unbedachtsamen Stelen, die noch immer nicht in ihren Wechselfällen die Hand Gottes erkennen, die uns für unsere Sünzen straft und züchtizt, und uns so traurige Ereignisse vor Augen führt; sie fahren fort, mit gekreuzten Armen und mit einer Gleichgültigkeit, die einen dauert, in die Welt zu blicken, gleich als ob sie in glücklichen und ge⸗ segneten Zeiten lebten. Ja, sie verunreinigen ihn, diesen Felien, diese dem Teufel verkauften Seelen, die durch ihre Sprache und durch ihre Hände dazu beitragen, die Kirche zu zerftören, deren Lehren sie lästern. Sind aber diese Flecken erst verschwunden, dann wird uns Gott 9 . ea und der gegenwärtigen Bewegung werden zukünftige Triumphe folgen. .

Wc wird 964 dann aus den Gottlosen werden, die die Kirche verfolgen? In den letzten Tagen ist mir ein Buch vorgelegt worden, das in einem katholischen Lande Europas gedruckt ist. Es werden darin sorgfältig alle Thatsachen verzeichnet, die sich auf das Eade der Verfolger der Kirche beziehen. Sie haben alle, ohne Ausnahme, ein klägliches Ende genommen. Der Verfasser beginnt mit Herodes, Pilatus, Kaiphas und gelangt bis auf unsere Zeiten, indem er diese unseligen Ausgänge nachweist. . .

Auch wir haben also das Recht, zu glauben, daß die gegenwär⸗ tigen Verfolger der Kirche das Ende ihrer Vorgänger haben werden, und daß der Herr zu einer von der Vor sehung bestimmten Zeit seiner von Giund aut geläuterten und von den Banden, mit denen sie ihre Feinde und Verfolger fesselten, befreiten Kirche eine barmherzige Hand reichen und ste, mit einem goldenen Kleide angethan, zur Rechten ihres göttlichen Begründers . ergreifen lassen wird: Astitit re- gina a dextris tuis in vistitn decurato. .

Welches wird aber, liebe Kinder, in dieser Erwartung unsere Haltung sein müssen?

Wir müssen im Gebete und in den schon begonnenen guten Werken verharren; Ihr habt es selber sochen gesagt. Und da wir uns ge— ade in der Fastenzeit befinden, müssen wir uns in der Buße und im Fasten üben, in der Enthaltung von jeder Speise, besonders aber in der Enthaltung von jeder Sünde: iesunemas a vitiis. Es ist leider nur zu wahr, daß die Buße in der katholischen Welt gar selten ge⸗ worden; und doch bietet sie den eigentlichen Weg, der uns in die Arme

unseres himmlischen Vaters führt.