nämlich die der Märkisch⸗Posener, der Niederschlesisch⸗
Märkifchen, der Oberschlefischen, der Oßtbahn preußischen Südbahn, der Nassauischen, der Rechte⸗ Dder⸗Ufer⸗, der Saarbrücker, der Tilsit Insterburger und der Berlin. Stettiner Essenbahngesellschaft ähnliche Ausschüsse nieder⸗ gesetzt. Die übrigen Bahnen, unter welchen sich die große Mehr⸗ zahl der Privatbahnen befindet, haben die verschiedensten Gründe für ihr ablehnendes Verhalten angegeben; ein Theil dieser Eisen⸗ bahnverwaltungen hat sich dahin erklãrt, daß sie ein Bedürf⸗ niß weitergehender Fühlung mit den Kreisen des Handels u. s. w. uicht empfänden, weil in ihren Gremien bereits Vertreter dieser Interessen als Auffichts⸗ Verwaltungsrãthe u. dgl. vor⸗ handen seien. Dieser Grund scheint uns nicht recht zutreffend; denn derartige Mitglieder sind bei der Verwaltung der Bahnen mitbetheiligt und können daher nicht immer mit so vollständig unbefangenem Urtheil an die Handels- und Verkehrsfragen her⸗ antreten, als dies von anderen Personen geschehen würde.
Die Ergebnisse der Konferenzen zwischen den Eisenbahn⸗ verwaltungen und den Vertretern des Handels, der Industrie und der Landwirthschaft find fast durchweg zu allgemeiner Befriedigung verlaufen und die Einrichtung hat sich da, wo sie besteht, als eine durchaus lebensfähige erwiesen. Es ist aber eigenthümlich und giebt zu denken, daß derselben bis jetzt von den Handels⸗ und Gewerbekammern, den landwirthschaftlichen und industriellen Vereinen des Deutschen Reiches so wenig Beachtung geschenkt, und für ihre weitere Verbreitung wenig oder nichts geschehen ist. Allen von dieser Seite ausgehenden Vorschlägen wũrde man gewiß an maßgebender Stelle nach Kräften entgegen—⸗ kommen.
— Nach de vom Reichs⸗Eisenbahnamte in der heu⸗ tigen ersten Beilage veröffentlichten Nachweisung der Be⸗ triebsergebnisfe der Eisenbahnen Deutschlands (exkl. Bayerns) im Monat April d. Is. stellt sich auf den 83 Bahnen, welche in dem Zeitraum vom Januar 1876 bis ultimo April 1876 im Betriebe standen:
Die Einnahmen aus allen Verkehrszweigen im Mo⸗ nat April cr. bei 41 Bahnen höher und bei 42 Bah⸗ nen geringer, als in demselben Monat des Vorjah⸗ res, und die Einnahme pro Kilometer im Monat April d. J. bei 35 Bahnen höher und bei 48 Bahnen (darunter 18 Bahnen mit vermehrter Betriebs länge) geringer, als in demselben Monat des Vorjahres; die Einnahme aus allen Verkehrszweigen bis Ende April d. J. bei 47 Bahnen höher und bei 36 Bahnen gerin⸗ ger, als in demselben Zeitraum des Vorjahres und die Einnahme pro Kilometer bis Ende April d. J. bei 38 Bahnen höher und bei 45 Bahnen (darunter 17 Bahnen mit vermehrter Betriebs⸗ länge) geringer, als in demselben Zeitraum des Vorjahres. Bei den unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen — leinschließlich der Annaberg⸗Weiperter und Chemnitz⸗Würschnitzer Eisenbahn) — beträgt Ende April d. J. das gesammte konzessio⸗ nirte Anlagekapital L032, 163,800 f und die Länge derjenigen Strecken, für welche dieses Kapital bestimmt ist, 3,754 91 Kilo⸗ meter, so daß auf je 1 Kilometer 274, 950 (M6 entfallen.
Bei den unter Privatverwaltung stehenden Privateisenbahnen (ausschließlich der Uelzen⸗Langwedeler und Peine-Ilseder Eisen⸗ bahn) beträgt das gesammte konzessionirte Anlagekapital 3.225, 8348, 855 ½ und die Länge derjenigen Strecken, fuͤr welche dieses Kapital bestimmt ist, 13,2, Kilometer, so daß auf je 1ẽ Kilometer 243 895 S kommen.
— Der Minister des Innern hat durch Cirkularreskript vom 22. Februar d. J. bestimmt, daß die Gebühren der Medizinalbeamten für die Untersuchung und Be⸗ scheinigung der körperlichen Brauchbarkeit der als Gensd armen anzustellenden Unteroffiziere auf die Staatskasse zu übernehmen sind, sofern die ärztliche Untersuchung zufolge eines Auftrages der Militär⸗ behörde stattgefunden hat. Dagegen find in denjenigen Fällen, in denen Unteroffiziere, welche zur Gensd'armerie über⸗ zutreten beabsichtigen, sich zur ärztlichen Umtersuchung stellen, ohne hierzu von militärischer Seite angewiesen zu sein, die Ge⸗ bühren der Medizinalbeamten von den betreffenden Mannschaften zu zahlen.
— Die Ressort-Minister haben unterm 25. März d. J. ge⸗
nehmigt, daß die Wahlen der zur Mitwirkung bei den Geschäf⸗ ten der Rentenbank gemäß §. 5 des Rentenbankgesetzes vom 2. März 1850 berufenen Abgeordneten der Provinzial⸗ vertretung und deren Stellvertreter in Zukunft von dem Provinziallandtage stets auf eine Reihe von Jahren — etwa auf 2 oder 3 Jahre — und zwar von Amtswegen, ohne besondere Vorlage der Staatsregierung, mit der Maßgabe vor genommen werden, daß die Wahlen jedenfalls so lange zu gel⸗ ten . bis der Provinziallandtag zur Neuwahl geschrit⸗ ten ist.
— Im Falle der Verheirathung einer Minder⸗ jährigen bleibt nach den Bestimmungen des Allgemeinen Land⸗ rechts die Gütergemeinschaft bis nach Aufhebung der Vor⸗ mundschaft ausgeschlossen. Gleich nach erlangter Volljährigkeit hat der Richter die Ehefrau über die Rechtsverhältnisse in Be⸗ ziehung auf ihr in die Ehe gebrachtes Vermögen zu belehren und sie zu vernehmen, ob sie in die Gütergemeinschaft mit dem Ehemann zu ireten gesonnen sei oder nicht. Mit Abgabe dieser Erklärung ift die vorgedachte gesetzliche Suspenfion beendet. Lautet die Erklärung auf Eintritt in die Gütergemeinschaft, so erstrecken sich deren Wirkungen auf den Anfang der Ehe zurück. Nur für die Fälle, daß entweder die vor dem Richter unter Ertheilung der Be⸗ lehrung abgeforderte Erklärung abgegeben wird, oder daß die Einforderung jener Erklärung durch den Richter verabsäumt ist, verordnen die §§. 791 und 794 Allg. L.⸗R. Th. II. Tit. 18, daß die gewesene Pflegebefohlene noch innerhalb drei Monaten — im ersten Falle nach der ihr ertheilten Belehrung, im letzten Falle nach er⸗ langter Volljährigkeit — die Gütergemeinschaft auszuschließen befugt sein soll. „Es ist als richtig nicht anzuerkennen, da im Falle der Verheirathung einer minderjährigen Pflegebefohlenen die Suspendirung der Gütergemeinschaft bis zum Ablaufe der im 5. 7I9I bestimmten dreimonatlichen Frist dauere und innerhalb dieser Frist der Ehefrau das Recht zum Widerrufe der fruher von ihr abgegebenen Erklärung zustehe.“ Erkenntniß des Ober⸗ Tribunals, III. Senats, vom 20. März 1876.
— Das unter Strafe gestellte Vergehen der vorsätzlichen Entziehung einer amtlich gepfändeten, resp. in Be— schlag genommenen Sache aus der Verstrickung begreift sowohl den schuldnerischen wie den nicht schuldnerischen Eigenthümer oder Besitzer einer gepfändeten Sache. Selbst wenn der recht- mäßige Eigenthümer einer für die Schuld eines Anderen ge— pfändeten Sache dieselbe der Verstrickung in der Meinung ent⸗ Zieht, daß er kein Unrecht begehe, die irrthümlich geschehene Beschlagnahme zu ignoriren, so ist er dennoch strafbar. (Er⸗ kenntniß des Ober⸗Tribunals vom 6. April d. J)
der Ost⸗
herzigkeit,
— Miethet eine Dienstherrschaft ein Gesinde, ohne mit diesem einen schriftlichen Vertrag abzuschließen, oder ihm das übliche den schriftlichen Vertrag ersetzende Miethsgeld zu geben, und tritt das so gemiethete Gefinde den Dienst an, so ist das Dienstverhältniß ein perfektes und die Aufhebung dieses Ver⸗ hältnifsses kann nur unter Einhaltung der gesetzlich bestehenden Kündigungsfrist seitens jeder der beiden Parteien erfolgen. Er⸗ kenntniß des Sber⸗Tribunals, J. Senats, vom 3. März d. J.
— Die Eröffnung der diesjährigen internatio⸗ nalen Austellung in Brüssel für Gesundheitspflege und Rettungswesen wird, dem Vernehmen nach, nicht wie ursprünglich beabsichtigt, am 15. Juni sondern erst etwas später erfolgen. Nach den neueren Dispositionen soll der 25. Juni für die Eröffnung in Aussicht genommen sein.
— Der Kaiserlich russische General⸗Adjutant Graf Toll ist gestern Abend aus Paris hier angekommen und im Hotel Royal abgestiegen. Ebendaselbst hat der Königlich schwedische Hofmarschall von Edholm, welcher gestern Nacht aus Bam⸗ berg hier eintraf, Wohnung genommen.
Hannover, 24. Mai. Die zweite hannoversche Landes⸗ synode ist gestern geschlossen worden.
Baßzern. München, 24. Mai. In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer berichtete Kopp über die Nach⸗ weisungen des Ju stiz⸗Stats für 1873 und 1874. Die Kam⸗ mer genehmigte dieselben ohne Diskussion nach den Ausschuß—⸗
anträgen. Schlör referirte über die Nachweise der Eisenbahn⸗
rechnung für 1873 und 1874, verwies auf seinen ausführ⸗ lichen Bericht, welcher die Tariffrage behandelt und erklärte, daß in Der Tachffrage eine einheitliche Regelung stattfinden müsse, die bayerische Regierung möge das ihrige thun, um einen gemeinsamen Tarif in Deutschland zu erzielen. Auf die Frage der Reichs-Eisenbahnen erklärte Schlör nicht weiter eingehen zu wollen. Der Generaldirektor Hocheder erklärte, die Regierung sei bestrebt, allen berechtigten Wünschen bezüglich der Tarife entgegen⸗ zukommen, habe auch bereits die hier zur Sprache gebrachten Uebelstãnde theilweise abgestellt. Schließlich wurde mit den Nachweisungen ohne weitere Debatte nach den Ausschußantrãgen verfahren. Nächste Sitzung am Sonnabend ¶(GBerathung des
Justiz⸗ Etats). — (BW. T. B.) Die 6. Abtheilung der Abge⸗ ordneten kammer hat heute die Abgeordnetenwahlen
in Sulzbach, wo Schlör und Peßl gewählt waren, mit den
Stimmen der Ultramontanen gegen die der Liberalen für un⸗
gültig erklärt.
— Wie der „Corr. v. u. f. D.“ erfährt, haben aus Anlaß der hiesigen Landtagswahlen die Klerikalpatrioten nicht nur den Sozialdemokraten, sondern auch der Volkspartei ein Bündniß angetragen, sind aber auch hier abgewiesen worden.
— Ueber die Frage wegen der Ursachen der Enthebung des früheren Kabinets⸗Sekretärs v. Eisenhart, wie über die Ver⸗ hältnisse der Königlichen Civilliste erhält die „Allg. Ztg.“ eine Mittheilung, wonach verschiedenen Zeitungen folgende amtliche Berichtigung zugegangen ist: ‚In Nr. ꝛc. Ihres Blattes wird die Enthebung des Staatsraths v. Eisenhart von der Funktion eines Sekretärs Sr. Majeslät des Königs von Bayern auf Gründe finanzieller Natur zurückgeführt. Diese Auffassung ist jedoch eine durchaus irrige und beruht auf vollständiger Un⸗ kenntniß der Verhältniffe. Herr Staatsrath v. Eisenhart hatte während der ganzen Dauer seiner Funktion mit der Verwaltung der Königlichan Kabinelskasse nichts zu schaffen und demgemäß auch niemals über hierauf bezügliche Ange⸗ legenheiten vorzutragen und eine Verantwortung dafür zu übernehmen. Die Angelegenheiten der Königlichen Hof⸗ und Kabinetskasse gehören vielmehr zum Ressort des Königlichen Hof⸗Sekretariats und dessen jeweiligen Vor= standes, wie aus dem Hof⸗ und Staats- Handbuche des Königreichs Bayern 1875 S. 128 deutlich ersehen werden kann. Aus dieser Sachlage erhellt, daß Hr. Staatsrath v. Eisenhart nicht aus den in Ihrem Artikel angeführten Gründen von seiner Funktion enthoben werden konnte, womit auch alle weiter daran geknüpften Betrachtungen hinfällig erscheinen. Ebenso böswillig erfunden, daß „das Kabinets⸗Sekretariat sich die Königliche Ge⸗ nehmigung erbitten mußte, Geldvorschüsse zu sehr hohen Zinsen
aufnehmen zu dürfen“, weil zu einer solchen Maßregel über⸗
haupt keine Veranlassung gegeben war. München, den 22. Mai 1876. Königliches Hof⸗Sekretariat. Düfflipp.“
— Die Versammlung katholischer Edelleute aus Bayern hat am Sonntag hier stattgefunden und ist aus allen Landestheilen außer der Pfalz beschickt gewesen. Als Resultat der Konferenz ergab sich nach klerikalen Organen „die Gründung eines Vereins unter dem Namen: „Genossen⸗ schaft katholischer Edelleute in Bayern“, dessen Zwecke in der Wahrung des Glaubens, Ausübung der Werke der Barm⸗ Förderung des standesmäßigen Lebens der Mit⸗ glieder, der gleichartigen, unabhängigen Gesinnung und des christlichen Familienlebens, sowie in der Betheiligung an allen wahrhaft konservativen Bestrebungen, insbesondere auch in der Förderung der Interessen des Grundbesitzes zu be⸗ stehen haben. In den Vorstand dieses neubegründeten Vereins wurden nachbenannte Herren gewählt: Arnulph Graf v. Deym, Rudolph Freiherr v. Freyberg zu Haldenwang, Ludwig Graf v. Lerchenfeld⸗Köfering, Sigmund Freiherr v. Pfetten, Conrad 24 4 Preising, Emanuel Graf v. La Rosee, Max Freiherr v. Soden.“
Sachsen. Dresden, 24. Mai. Beide Kammern hiel⸗ ten heute Sitzungen ab. Die Erste Kammer trat in ihrer Sitzung den im Vereinigungsverfahren über das Königliche Dekret, die Verhältnisse der Eivilstaatsdiener betreffend, gefaß⸗ . einstimmig bei. Hierauf wurden Petitionen be⸗ rathen.
Die Zweite Kammer berieth den Gesetzentwurf, betreffend die Ausübung des staatlichen Oberaufsichtsrechts üher die katho⸗ lische Kirche und genehmigte denselben gegen 3 Stimmen mit wenigen von der Deputation vorgeschlagenen Abänderungen unter Abletznung mehrerer von dem Abg. Pr. Biedermann und Gen. eingebrachter, die Bestimmungen des Entwurfs verschärfender Anträge. — Hierauf wurde der Antrag der Abgg. Dr. Bieder⸗ mann und Gen. auf Abänderung des Landtags ⸗Wahlgesetzes in der Richtung, daß Verwaltungsbeamte in ihrem Sprengel nicht wählbar sein sollen, abgelehnt.
Württemberg. Stuttgart, 24 Mai. Der König hat die Großfürsten Nikolaus und Michael Michailowitsch von Rußland unter die Großkreuze des Ordens der württem⸗ bergischen Krone aufgenommen.
— In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer legte der Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegen⸗
heiten v. Mittnacht dem Hause einen Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Bildung ein es Staats⸗Ministeriums vor.
Baden. Karlsruhe, 24. Mai. (Köln. Ztg.) Bei
der Berathung des Eisenbahnbaubudgets für 1876 und 1877 in der Sitzung der Zweiten Kammer am 22. d. M. wurde auch von mehreren Rednern in der allgemeinen Debatte die Frage der Erwerbung der Eisenbahnen durch das Reich zur Sprache gebracht. Zunächst geschah dies durch den Abg. Schneider demokratische Fraktion), welcher sich dahin äußerte, daß es, nachdem die sächsischen, bayerischen und württembergischen Kammern gegen das Reichseisenbahn⸗ Projekt fast einstimmig Stellung genommen, endlich auch bei uns an der Zeit sei, ein Gleiches zu thun. Er erblickt in dem Projekt nur wirihschaftliche Nachtheile. Mit dem Verlust der Bahnen hänge die Existenz unseres Staates zusammen; da handle es sich viel mehr um Kronrechte als bei der Oberrech⸗ nungskammer. Abg. v. Buß (gestern nach längerer Abwesenheit wieder im Hause erschienen) erinnerte an ein Wort von Nebrinus: „Wer die Eisenbahnen hat, hat das Land.“ Der Präsident des Han⸗ dels⸗Ministeriums Turban hielt die Befürchtungen der beiden Vor⸗ redner für unbegründet, denn über die Erwerbung aller dominirenden Bahnen entscheide ja das Reich. Uebrigens wiederholte er seine frühere Erklärung, daß die Frage von der Regierung, wenn sie an dieselbe herantrete, ernsthaft werde geprüft werden. Die Abgg. v. Feder und Kiefer so wie Fauler meinten, die Frage der Reichseisenbahnen sei noch nicht spruchreif, und Abg. Fride⸗ rich sah alle Befürchtungen durch die Erklärungen des Reichs⸗ kanzlers, daß man nicht an den Ankauf sämmtlicher Bahnen für das Reich denke, beseitigt. . In der heutigen Abendsitzung nahme die Zweite Kammer esnstimmig das Finanzgesetz an; die klerikale Rechte motivirt ihre Zustimmung dahin, daß diese keine Zustimmung zum Re⸗— gierungssystem enthalte.
Hessen. Darm stadt, 21. Mai. Gestern wurden die Ver⸗
handlungen der Finanzausschuͤsse beider Kammern mit der Vegierung über das Staatsbudget und die damit im Zusammenhang stehen⸗ den Gesetze fortgesetzt und in einer Vormittags und einer Nachmit⸗ tagssitzung zu Ende gebracht. Es drehte sich namentlich noch um die Vorlage wegen Regelung der finanziellen Verhältnisse der evangelischen Kirche zum Staate und das neue Einkommen⸗ steuer⸗ und Kapitalsteuer⸗Gesetz. Nach Schluß der letzten Sitzung wurde Drucklegung der Berichte des Finanzausschusses der Zweiten Kammer angeordnet; die Zusammenberufung des Plenums des letzteren Hauses dürfte, wie das „Frkf. J.“ mit⸗
theilt, in der Woche nach Psingsten stattfinden.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 20. Mai. In der heutigen Sitzung des gemeinschaftlichen Landtags für die Herzogthümer Coburg und Gotha wurden bei der vorgenommenen Neuwahl des Bureaus die bisherigen Mit⸗ glieder desselben: Präsident Berlet, Vize⸗Präsident Muther, Schriftführer Forkel und Stellvertreter desselben Abg. Grosch wieder gewählt.
Der Entwurf zu einem Gesetze, Abänderung einiger Bestim⸗ mungen des Gesetzes über den Civilstaatsdienst vom 3. Mai 1852 betr. wodurch der 8. 33 und die Beflimmungen sub a. und b. des §. 39 des erwähnten Gesetzes aufgehoben werden und welcher bezweckt, die Pensionsfähigkeit eines Staatsdieners sofort und nicht, wie bisher, erst nach zurückgelegtem 10. Dienstjahre eintreten zu lasseu, sowie den Vorbereitungs⸗ dienst und die im Dienste eines anderen Staates zugebrachte Zeit bei der Pensionirung in Anrechnung zu bringen, einstimmig genehmigt. Der Gesetzentwurf über die Erhöhung der Tage⸗ gelder der Landtagsabgeordneten wurde in der Weise genehmigt, daß für die am Verfammlungsorte wohnhaften Abgeordneten nicht, wie postulirt, 8 s6, sondern nur 6 (S und für alle nicht am Versammlungsorte wohnhaften Abgeordneten nur 19 6 anstatt der geforderten 12 6 genehmigt wurden, und daß die Reisegebühren für letztere mit 4 6 pro Meile und für die⸗ jenigen, welche die Eisenbahn benutzen, das Fahrgeld II. Klasse und die Nebenausgaben mit 3 (S vergütet werden sollen.
— 23. Mai. Den Gesetzentwurf, den Schutz der Fischzucht be⸗ treffend, hat der gemeinschaftliche Landtag in seiner heutigen Sitzung mit wenigen Abänderungen angenommen.
Nachdem hiermit die Tagesordnung erledigt war, wurde der Landtag vertagt.
Anhalt. Dessau, 23. Mai. (St. A.) Die Herzogin und der Erbprinz befinden sich den Umständen nach wohl. Prinz Friedrich hatte gestern Abend sehr hohes Fieber mit etwas Phantasien. Heute einiger Nachlaß des Fiebers, jedoch bedeu⸗ tende Schwäche.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 24. Mai. (W. T. B.) Wie die „Politische Korrespondenz“ erfährt, hat der Statthalter von Nieder⸗Oesterreich die Auflösung des Arbeiter⸗Bil⸗ dungsvereins wegen Ueberschreitung seines statutenmäßigen Wirkungskreises verfügt.
— Gestern erfolgte in Pest die Mittheilung des Braunbuches an die Delegationen. In der Einleitung zu dem im vorigen Jahre veröffentlichten Braunbuche Nr. 1 war als Zweck der Publikation bezeichnet: die Thätigkeit des Auswärtigen Amtes auf handelspolitischem Gebiete nach einigen Richtungen zu illustriren. Sie sei bestimmt, bei Verhandlungen der gesetzgeben⸗ den und administrirenden Körperschaften über Gegenstände dieser Natur in Betreff des internationalen Verkehrs zur Orientirung zu dienen; sie solle zugleich den betheiligten kommerziellen, industriellen und landwirthschaftlichen Kreisen werthvolle Anhaltspunkte zur Förderung ihrer wirthschaftlichen Interessen an die Hand geben. Dieser Zweck ist auch in dem gegenwärtigen Braunbuche fest⸗ gehalten und hat bei der Zusammenstellung desselben maßgebend eingewirkt. Nur die Mittel zum Zwecke sind erweitert. In der vorliegenden Sammlung von „Berichten der Kaiserlichen und Königlichen Missionen und Konfulate in handelspolitischen An⸗ gelegenheiten“ ist sichtlich das Bestreben kennbar, die stofflichen Mittheilungen des Braunbuches von 1875 in geeigneter Weise zu ergänzen und allmählich den vollständigen Umkreis handelspoliti⸗ scher Interessen in die Berichterstattung unserer Missions⸗ und Kon⸗ sulats funktionãre an das Auswärtige Amt einzureihen. So bietet u. A. Angesichts der in Aussicht genommenen Abschließung von Zoll⸗ und Handelsverträgen mit mehreren Staaten ein Bericht aus Berlin „über die Wirkungen des Handels vertrages vom 1. März 1868 zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Deutschland auf die Ent⸗ wicklung der Industrie in beiden Ländern“ werthvolles Material. Das diesjährige Braunbuch bringt auf 204 Seiten Groß⸗ quart 44 Aktenstücke zum Theile sehr bedeutenden Umfanges; das Braunbuch Nr. J enthielt auf 118 Seiten 31 Aktenstücke. Der Umfang hat sich also fast verdoppelt.
postens
— 25. Mai. Der Chef des Generalstabes, Feldzeug⸗ meister John, ist heute Vormittag 10 Uhr im Palais des Kriegs⸗Ministeriums tödtlich vom Schlage getroffen worden.
Lemberg, 24. Mai. Der „Dziennik Polski“ meldet, der Kaiser habe die Demission des Landmarschalls Grafen Dzieduszycki angenommen.
Pest, 24. Mal. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Keichsraths -Deleg ation kam das Budget des Mi⸗ nisteriums der auswärtigen Angelegenheiten zur Bera⸗ thung. Der Referent Schaub sprach die Hoffnung aus, daß die Regierung die im vorigen Jahre gebilligten Gesichtspunkte fest⸗ halten werde. Der Minister des Auswärtigen, Graf. Andraffy, erklärte, es sei unmöglich, bei den noch schwebenden orientalischen Angelegenheiten Aufklärungen über Einzelheiten zu geben; es würde unstatthaft sein, daß das Parlament in solchem Falle bestimmte Direktive für das Vorgehen des Ministe⸗ riums vorzeichne. Eine eingehende Diskussion dieser Frage würde dem sachlichen Interesse nicht zuträglich sein. Die Ziele des Ministeriums seien, wie er wiederholt erklärt habe, Erhaltung des europäischen Friedens, Vermeidung weiterer Komplikationen, Anbahnung verbesserter Zustände, welche die Wiederkehr ähn⸗ licher die Monarchie bedrohender Gefahren verhindere. Mit diesen Zielen sei ja auch die Delegation einverstanden. Was die Mittel dazu betrffft, so sei es unzulässig, dieselben während der schwebenden Aktion darzulegen. Der Minister betonte hierauf das gute Einvernehmen mit den übrigen Mächten und gab der Hoffnung Aus⸗ druck, die Ehre, die Unabhängigkeit und das Selbstbeßflimmungsrecht der Monarchie unter allen Umständen zu erhalten. (Leb hafter Beifall. In der Spezialdebatte wurde hierauf das Budget des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten angenommeu. Der Antrag auf Aufhebung des Botschafter⸗ bei der päpstlichen Kurie fand keine Unter⸗ stützung. Der Reichs- Finanz⸗Minister, Frhr. v. Holzgethan, gab noch ausführliche Erklärungen über die vorhandenen gemeinsamen Aktiva und legte den Ausweis über den in seiner Verwahrung befindlichen Antheil der Reichsaktivn vor. — Aarifi Pascha ist hier angekommen und hat bereits eine Kon⸗ ferenz mit dem Grafen Andrassy gehabt. Der russische Bot⸗ schafter in Wien, v. Nowikoff, ist ebenfalls hier eingetroffen und werden der englische und der deutsche Botschafter hier er⸗ wartet.
Agram, 25. Mai. Der kroatische Landtag wird, wie die „Pol. Corr.“ mittheilt, gleich nach Schluß der laufenden Delegationssession eröffnet werden. Derselbe wird nahezu volle drei Monate tagen, um der im ungarisch⸗kroatischen Ausgleichs⸗ gesetze diesbezüglich enthaltenen Bestimmung zu enisprechen. Das Ausgleichsgefetz schreibt nämlich vor, daß dem kroatischen Land⸗ tage Behufs Erledigung seiner legislatorischen Agenden wenig⸗ stens drei Monate im Jahre gegönnt werden müssen. Da diese nun die erste und voraussichtlich einzige Session des laufenden Jahres sein wird, beschloß die kroatische Regierung, deren Dauer auf drei Monate auszudehnen.
Belgien. Brüssel, 24. Mai. (W. T. B.) Die Re⸗ präsentantenkammer hat heute den Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Genehmigung der Konvention von Terneuzen, mit 58 gegen 42 Stimmen abgelehnt. Drei Deputirte enthielten sich der Abftimmung. Nachdem der erste Artikel der Vorlage, beireffend den Ankauf der Lüttich⸗Limburger Eisen⸗ bahn, abgelehnt worden war, erklärte der Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten, daß die Berathung der übrigen Artikel nicht erforderlich sei. Tie Kammer vertagte sich alsdann auf unbe⸗ stimmte Zeit.
Frankreich. Baris, 24. Mai. Der Präsident der Republik hat das Abberufungsschreiben des Generals Pulgar als bevollmächtigten Ministers der Republik Venezuela ent— gegengenommen.
— Da nun die Amnestie endgültig abgewiesen ist, beschäftigt sich die Regierung damit, die Liste der Verurtheilten, die zu begnadigen wären, aufzustellen. Zugleich soll die Re⸗ gierung, nach dem „Mon. univ.“, beabsichtigen, einer Anzahl von Handwerkern, welche in Folge der Kommune-⸗Ereignisse ins Ausland gegangen, die Rückkehr zu gestatten, doch will der Prä⸗ sident der Republik und der Ministerrath, ehe ein bestimmter Beschluß gefaßt wird, den Eingang der von der Schweiz und von Deutschland, wo sich die meisten französischen Flüchtlinge befinden, erbetenen Auskunft abwarten.
— In den offiziellen Kreisen haben, wie der Köln. Ztg.“ geschrieben wird, die Vorgänge in den zwei Studenten⸗ Versammlungen, norin die Frage betreffs eines Studenten⸗ Kongresses behandelt wurde, sehr unangenehm berührt. Man fand es besonders unpassend, daß in dem jetzigen Augenblick Worte zu Gunsten Polens gesprochen wurden. Fast alle hiesigen Blätter übergehen die Sache mit Stillschweigen oder tadeln die Studenten; einige, wie der „Francais“, verlangen sogar, daß man gegen die Studenten, welche solche Reden gehalten, einschreite.
— Graf Falloux hat sich dem Willen des Bischofs von Angers gefügt und seine Zustimmung dazu gegeben, daß das Stück Grund und Boden, welches er für sein Hospiz in Segré gekauft, der Kirche zurückgegeben werde.
— 25. Mal. (W. T. B.) Das „Journal offieiel“ ver⸗ öffentlicht die Ernennungen von 4 Präfekten, so wie von einer großen Zahl von Unter-Präfekten und General⸗ Sekretären.
Versailles, 24. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Senats beantwortete der Justiz⸗Minister Dufaure die Interpellation des Senators Paris über den Art. 8 des Verfassungsgesetzes, betreffend die Revision der Ver⸗ fassung und die Auslegung desselben in dem Eirkular des verstorbenen Ministers Ricard. Hr. Dufau re erklärte, daß das Cirkular des verstorbenen Ministers Ricard korrekt gewesen sei und konstatirte sodann, daß zwei Ansichten über die Auslegung des Artikels 8 existirten, über die allein die beiden Kammern des Jahres 1880 enischeiden könnten. Im gegenwärtigen Zeitpunkte erscheine die Interpellation über diese Frage gegenstandslos und gefährlich, da sie einen Zwiespalt zwischen den beiden Kammern herbeiführen könnte. Der Senator Paris erklärte, sich durch die Ausführungen des Ministers befriedigt und nahm der Senat darauf einstimmig die einfache Tagesordnung an.
Italien. Rom, 25. Mai. (B. T. B.) Die Kom⸗ missson zur Vorberathung der Baseler Konvention hat Puccini zum Berichterstatter ernannt mit dem Auftrage, dieselbe abzulehnen. Gutem Vernehmen nach hatte der Konseil⸗Präsi⸗ dent eine Vertagung der Berathung beantragt, da neue Ver⸗ handlungen mit dem Baron v. Rothschild vorbereitet würden.
Türkei. Konstantinopel, 25. Mai. (W. T. B.. Der Regierung ist folgendes Telegramm aus Mostar vom 23. d. M. zugegangen: Die Insurgenten von Banjani hatten sich heute Nacht in der Umgegend von Tsirnitsa, Gu⸗
luz und Zagraz vereinigt, um die Heerden dieser drei Dörfer zu rauben. Die Garnison von Tsirnitsa bemerkte dieselben jedoch am Morgen und benachrichtigte die in der Umgegend liegenden anderen Bataillone hiervon, welche sofort nach den bezeichneten Ortschaften marschierten. Es entspann fich hierauf ein Gefecht zwischen den türkischen Truppen und den Jusurgenten, welches den ganzen Tag über dauerte. Die Insurgenten ergriffen schließlich die Flucht und wurden durch die Truppen nach Goblagloa, einer Anhöhe in einer Entfernung von einer Stunde von Tsirnitsa und von dort bis in die Berge von Banjani zurückgeworfen. Die Trup⸗ pen y rloren in dem Gefechte 5 Todte und 16 Verwundete; der Verlust der Insurgenten wird auf 150 Todte und ebensoviel Verwundete geschätzt.
— Nach in Kagusa am 25. eingegangenen Nachrichten hat der Insurgentenführer Pavlovic mit einer 2000 Mann starken Abtheilung von Insurgenten, unterstützt durch die Be⸗ wohner des Distriktes Gaczko, Moukhtar Pascha, welcher sich auf dem Marsche nach Bilek befand, bei Kobijalaba an⸗ gegriffen. Moukhtar Pascha mußte sich nach 8 stündigem Kampfe und beiderseitigen großen Verlusten nach Gaczko zurückziehen.
— Der „Politischen Korrespondenz“ werden aus Konstan⸗ sinopel die wesentlichsten Punkte des von den Softas aufgestellten politifchen Programms mitgetheilt. Das nach verlangen die Softas, daß der Sultan 5 Millionen Pfund Sterling an den Staatsschatz abgebe und die Civilliste auf 1 Million Pfund Sterling reduzire, ferner, daß derselbe den Khalifentitel ablege. Außerdem soll ein Nationalrath eingesetzt werden und der Posten des Finanz⸗Ministers einem Europäer anvertruut werden. .
— Das Brüsseler Journal „Nord“ veröffentlicht die von den bosnischen Insurgenten durch Wesselitsky an die Konferenz in Berlin gerichtete Adresse. Dieselbe ist analogen Inhalts, wie die von den Führern der Insurgenten in der Herzegowina aufgestellten Punkte; die unentgeltliche Ueberlassung von Ländereien wird nicht beansprucht, die Refor⸗ men des Grafen Andrassy werden angenommen, nur werden Garantien für deren Ausführung verlangt. Wesselitsky ver⸗ sichert in einer an den „Nord gerichteten Zuschrift, daß alle Insurgenten die vorgeschlagenen Reformen acceptiren.
— Einer Meldung der „Pol. Corr.“ aus Bosnien ent⸗ nehmen wir Folgendes: Am 17. d. fand ein ziemlich ernster Kampf bei Bu zim statt. Hadzits Leute kämpften mit großer Zähigkeit und nöthigten die Türken nach mehr als zehnstündigem Rampfe zum Rückzuge. Im Treffen waren zumeist Redifs en⸗ gagirt, die sich das Terrain nicht so leicht nehmen ließen. Soliman Pascha ordnete kategorisch an) daß die Infurgenten aus der Nähe des Städtchens Buzim ver⸗ jagt werden sollen, da dieser Ort in strategischer Be⸗ ziehung von Wichtigkeit ist. Indessen vermochte Fazyl Pascha, welchem die Aufgabe zufiel, die Insurgenten unter Hadzits von Buzim zu vertreiben, wegen ungenügender Truppenzahl nichts auszurichten. Seine Redifs leisteten, was menschenmöglich war, konnten aber den Insurgenten nicht beikommen und mußten den Kampfplatz mit einem Verluste von 189 Todten und 255 Ver⸗ wundeten räumen. Die Insurgenten büßten an Todten und Verwundeten 110 Mann ein.
Unmittelbar nach dem Rückzuge der Türken operirten die In⸗ surgenten, um sich die strategischen Vortheile ihres Erfolges zu fichern. Eine Abtheilung von 450 Mann besetzte die Straße zwifchen dem Sotanjak-Bache und dem Orte Zezerko. Diese Straße vermittelt die Kommunikation zwischen Novi, Kruppa und Kostajnitza. Die Insurgenten gehen darauf aus, von Buzim jeden Entsatz fernzuhalten, es zu blokiren und durch Aushungern in ihre Gewalt zu bekommen. Um zu diesem Ziele zu gelangen, haben die Aufstaͤndischen auch die Brücke über die Glinitza zer⸗ stört und dadurch auch von dieser Seite die Verbindung Buzims mit Kruppa und Rovi aufgehoben.
Rumänien. Der „Pol. Korr.“ wird aus Bu karest gemeldet, daß das rumänische Ministerium aus Anlaß des zehn⸗ ten Jahrestages der Thronbefsteigung des Fürsten Karl die Aufhebung der Frohnarbeit bei dem Straßen⸗ bau beantragt habe.
Rußland und Polen. Aus Ssosi⸗Kurgan ist über Chodshent nachstehendes, vom „R. Inv. veröffentlichte Tele⸗ gramm vom 27. April von dem Kommandirenden der Truppen des Ferghana⸗Gebietes, General⸗Major Skobelew ein⸗ getroffen:
„Die Kara -Kirgisen aus Ssartljar⸗-Uldshjak haben, von Abdul⸗ lah⸗ Beg dazu angestachelt, die Karawangnverbindung mit Kaschgar unterbrochen und, nachdem sie eine starke Position in dem Engpaß Jangi - Aryk, 25. Werst von der Befestigung Gultscka, eingenommen, die Bevölkerung zum Hasawat aufgerufen. Am 24. April rückte ich prrsönlich aus Guntscha mit Scharfschützen zu Pferde, den Schützen des 4 Linien ⸗Bataillons, mit einem Kom⸗ mando Kosaken und einer Raketen⸗Baiterie auf der Karawanenstraße nach Terek-⸗Dawan vor. Stark durch die Tapferk it der Truppen, stürmte ich am 25. April mit 150 Bajonetten die Position auf den steilen, felsigen Höhen des Engpasseß Jangi - Aryk, welcke von einer Reihe von Erdaufwürfen aeschützt und von 1500 Feinden besetzt waren. Nach zweistündigem, hartnäckigem Kampfe, vertrieb das berittene 2. Schützen Bataillon und das 4. Linien⸗-Bataillon den Feind mit dem Bajonett aus den Verhauen und bemächtigte sich der Brücke und des Lagers. Nach dem die Schützen zu Pferde gestiegen waren, verfolgte ich den Feind bis 25 Werst hinter Ssofi Kurgan. Erobert wurden 3 Roß schweife, 8 Falkonetz, und gegen 100 Gewehre; viele Säbel, Pferde, Vieh wurden ebenfalls erbeutet. Wir verloren 2 Untermilitärz. Verwundet wurden: der Essaul Stakelberg, 8 Gemeine, von diesen 7 schwer, 2 Dshigiten. Durch Steine wurden der Lieutenant Borissow und 12 Gemeine verwundet. Der Verlust des Geg— ners ist bedeutend. Ich kann die tapferen Truppen nicht genug loben. Am 26. April rückte ich nach anderen Richtungen vor und passirte die Auls (Dörfer). Heute haben die aufrührerischen Begs iore Unter werfung erklärt; die Karawanenverbindung mit Kaschgar ist wieder hergestellt. Die von mir benachrichtigten Nachbaren benahmen sich tadelloz. Ich bin mit berittenen Schützen über die Berge nach Usgent vorgeruͤckt und babe den Bau einer Fahrstraße über die Berge zwischen Usch und Gultscha begonnen.“
Amerika. Washington, 24. Mai. (W. T. B.) Der Präsident der Vereinigten Staaten hat Eduard Reale als Nachfolger Orths für den Gesandtenposten am Wiener Hofe designirt.
— (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten ist die Verbindung zwischen Veracruz und Mexiko durch die Insurgenten unterbrochen. .
Brasilien. Rio Janeiro, 12. April. Wenn die An⸗ zeichen nicht trügen, beabsichtigt Brasilien, im Laufe dieses Jah⸗ res eine größere Anleihe in Europa zu machen. Bisher wurden solche Finanzoperationen durch das Haus Rothschild patronisirt. Es scheint jedoch, als sei in neuester Zeit das Ver⸗ lcauen zu den Finanzen dieses Landes erschürtert worden, wenia⸗ stens sind die Fonds um 6— 8 Proz. gefallen. In der That
ist die Finanzlage Brasiliens keine glänzende — das Defizit ist in Permanenz. Die Staatsschuld betrug 1856: 163,000 Con⸗ tos (etwa 126 Millionen Thaler). Im Jahre 1875 betrug sie 662,000 Contos (etwa 528 Millionen Thaler), hatte sich also vervierfacht.
Die Bevölkerung Brasiliens wird auf 10 Millionen Ein⸗ wohner angegeben, wovon jedoch etwa 15 Millionen wilde Indianer, welche dem Staatsfeckel nichts zubringen, deshalb ist der Betrag von 52 Thalern Staatsschuld pro Kopf ein hoher zu nennen. Die Verzinsung der Schuld mit 33,500. Contos (etwa 25 Millionen Thaler) nimmt ungefähr ein Drittel des gesammten Einnahmebudgets — von 105, 000 Contos — in ÄAnspruch. Diese Einnahmen ihrerseits haben eine ziemlich un⸗ fichere Grundlage, indem sie zu circa 70 pCt. auf Ein⸗ und Ausfuhrzöllen beruhen.
Unter diesen Umständen ist es wohl nicht gewiß, ob die be⸗ absichtigte Finanzoperation, deren Gelingen im Interesse Bra⸗ siliens dringend zu wünschen wäre, auf dem mißtrauischen eng⸗ lischen Markt denselben Anklang wie die früheren brafilianischen Anleihen finden wird.
Die Nr. 38 des Amtsblatts der Deutschen Reichs— Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen? vom 20. Mai 1876: Außercourssetzung von Scheide⸗ münzen der Thalerwährung; Behandlung uneingelöster Postaufträge in Beiug auf die Rücksendunz, wenn der Tag der zu bewirkenden Einziehung des Geldbetrages angegeben worden ist. Bescheidungen: vom 18. Mai 1876: Unzulässigkeit der Beförderung von Telegram⸗ men ohne Text.
— Nr. 2Q des ‚Justiz ⸗Ministerial⸗Blattes“ hat folgen den Inhalt? Allgemeine Verfügung vom 22. Mai 1876, ketreffend die Behandlung der bei den Kassen eingehenden nachgemachten, ver⸗ fälschten oder nicht mehr umlaufsfähigen Reichsmünzen. — Allgemeine Verfügung vom 23. Mai 1876, betreffend die Ablieferung der außer Cours gesetzten Scheidemünzen und der aus dem Verkehr zu ziehenden Landes ·Kupfermünzen.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin find bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 14. Mai kis incl. 20. Mai er. zur Anmeldung gekommen: 248 Eheschließungen, 794 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene und 478 Sterbefälle.
— Die „Austria“ veröffentlicht die Uebersicht über die Waaren⸗-Ein. und Ausfuhr des allgemeinen öster⸗ reichisch ungarischen Zollgebietes und Dalmatiens in den Monaten Januar bis inkl. März 1876. Wie aus der Hauptübersicht hervorgeht, beträgt der Gesammtwerth der einge führfen Waaren (19, 999432 G.) um 63 Mill. Gulden weniger, als in der gleichen Periode des Voriahrs, was zumeist durch die schwächeren Bezüge an Tabak und Tabakfabrikaten, an Wehe und Wirkstoffen, an Textilwaaren und Garnen herbeigeführt wurde. Der Ausfall würde noch größer sein, wenn sich nicht der Import an Pe— troleum, an rohen Metallen, an Glas ⸗ und Thonwaaren um 25 Mill. Gulden gesteigert bätte. Die Ergebnisse der Waarenausfuhr (07,587,407 G.) stellen sich minder günstig dar, als in den voraus- gegangenen zwei Monaten, da der Export an Maichinen ⸗ und Kurz= waaren, an Halbfabrikaten aus Eisen, dann an Weber und Wirk- waaren gegen die Vorjahrsperiode um mehr als 41 Mill. Gulden im Werthe zurückgeblieben ist, infolge dessen der Gesammtmehrwerth blos 12 Mill. Gulden beträgt.
Kunst, Wifsfsenschaft und Literatur.
Kaiser Karls II. Landbuch der Mark Bran den⸗ burg. Nach den handschriftlichen Quellen herausgegeben von E Fidicin, Stadtarchivar zu Berlin. 1856. XII. und 355 Seiten 4. bei Guttentag (D. Collin). Vorgenanntes, vor 20 Jahren bereits wieder erschienenes, für die Geschichte der Mark Brandenburg wichtigen Werkes bleibt namentlich darum für den Geschichts⸗ forscher von großem Werthe, weil „6 mit Recht als die älteste Sta— tistik der brandenburgischen Lande zu betrachten ist Ueberdies feiert daz Werk in diesem Jahre sein 500jähriges Jubiläum, indem Kaiser Karl JV, durch den Vertrag zu Fürstenwalde 1373 in den Besitz der Herrschaft gekommen, den Befehl zur Aufnahme desselben ertheilte. Dieser 1375 ergangene Befehl wurde in demselben Jahre und 1376 vollführt. Das durch die goldeae Bulle 1356 bereits zum Kurfürstenthume er hobene Land war tief verschuldet. Um genauere Kenntniß des neu erworbenen Landes und so sichern Anhalt für g5thige Verbesse⸗ rungen zu gewinnen, ließ sich der Kaiser daher eine vollständige Be⸗ schreibung des Landes mit genauer Angake aller dem Landes herrn nebst Andern zustehenden Gefälle überreichen mit dem Bedeuten für jeden Interessenten, sich vor Verschweigen oder falschen Zusicherungen
ei Strafe zu hüten. Die Aufnahme bewirkten theils außerordent -
lich Beamte mit Zuziehung des Kreisvogts, theils auch die gewöhn— lichen Landreiter nach den ihnen zugewiesenen Beritten. Weiterer Zweck war auch wohl die Entdeckung eigentlich herrenloser Güter.
Das Ganze umfaßte die jetzige Altmark, die Mittelmark nebst Prieznitz und Uckermark, sodann die Neumark mit Einschluß des Landes Sternberg. Die landesherrlichen Einkünfte beliefen sich damals auf etwa 6510 Mark Silber oder 61,000 Thlr. Nächstdem fanden noch bemerkenzwerthe Thatsachen in dem neuen Verzeichnisse ihre Stell Der Name „Landbuch‘ kommt zwar nirgends vor, doch ist er wahrscheinlich der urspcüngliche und rührt vom Kaiser selbst her.
Drei Handschriften des Landbuches sind in den preußischen Arch ven vorhanden; die im Jahre 1781 zur Herausgabe gewählte war gerade die am wenigsten geeignete, wodurch viele erhebliche Irrthümer ver= schuldet sind. Der Berliner Stadtarchivar E Fidicin unternahm es daher, die oben angeführte Ausgabe zu besorgen and so den märkischen Geschichtsforschern eine möglichst treue, unentbehrliche Dar · stellung von unserm preußischen Stammlande in die Hände zu geben, die nunmehr das 5090 jährige Jabiläum bereits zu feiern vermag; Schon hierdurch empfiehlt fie sich jedem Geschichtsfreunde der Mark von Neuem.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Landebut (in Bayern), 20. Mai. Heute Morgen batten wir 2 Grad Kälte. Frisch bearbeitetes Land war gefroren, in Tonnen und Bassins war das Wasser fingerdick mit Eis überzozen. Alle Pflanzen waren starr und steif. Dem Roggen dürfte der Froft argen Schaden zugefügt haben.
Sewerbe und SGandel.
Einer uns zugehenden Mittheilueg zufolge, bat dieser Tage eine Sitzung des Aufsichtsraths der Nationale, Lebens- Ver⸗ ficherungs⸗Gesellschaft auf Gegenseitigkeit stattgefunden, in welcher der Abschluß pro 1875 zur Vorlage gelanste. Im Jahre 1875 sind eingegangen 2204 Anträge mit 4360935 M und außerdem in der Sterbekasse 1335 Anträge mit 251,630 6; nach Abrechnung von 38 Jo Ablehnungen und der erloschenen Versicherungen verblieb ein reiner Zuwachs exkl. der Sterbekasse von 957 Personen mit 1,630 000 Æ, so daß der Gesammt ⸗Versicherunzsbestand in der Hauptbranche am 1. Januar 1876 ketrug 2018 Perienen mit 3,525,835 M und in der Sterbekasse 1691 Personen mit 305,700 , mit einer Prämien ⸗Einnahme von 126700 6
— Der von der Lebens versicherungs Gesellschaft zu Leipzig erstattete Geschäftsbericht für das Jahr 1875 erwähnt zunächft die Einführung des revidirten G. sellichaftsstatut?:. Tie Geschäftsergebnisse des vergangenen Jahres werden als günstig de⸗ zeichnet. Es wurden 2600 Versicherungen im Betrage von