in Stadtgemeinden mit mehr als 10000 Einwohnern, des Ober⸗ Präfidenten in allen Stadtgemeinden. Die Bestätigung darf nur vꝛersagt werden, wenn Thatsachen vorliegen, welche Bedenken gegen die technische oder sittliche Qualifikation des Gewählten be⸗ gründen. Diese Thatsachen sind in dem die Bestätigung ver⸗ fagenden Bescheide mitzutheilen. Bei der Wiederwahl ist eine Beftätigung nicht erforderlich; Insbesondere traten die Abgg. Pr. Virchow, Windthorst (Meppen) und Röckerath für diesen Antrag ein, während der Regierungs lommissar, Geheimer Ober⸗ Regierungs · Rath Wohlers, das Gefetz mit diesem Antrage für unaͤnnehmbar erklärte. Gleichwohl wurde der Antrag bei namentlicher Abstimmung mit 155 gegen 142 Stimmen ange⸗
men. . 366 Darauf vertagte das Haus die Fortsetzung der Debatte um 4 Uhr bis Abends 7 Uhr. .
In der Abend sitzung, welcher am Ministertische der Minister des Innern Graf zu Eulenburg und als Regierunge⸗ Kommissar der Geheime Ober ⸗Regierungs⸗Rath Wohlers bei⸗ wohnten, wurde die Diskussion über 5. 52 eröffnet. Derselbe wurde unverändert genehmigt. .
Zu 5§. 55, welcher bestimmt, daß durch Gemeinde⸗ beschluß eine Stadtgemeinde von der Kollegialverfassung zur Bürgermeistereiverfassung übergehen kann, beantragte der Abg. Uhlendorff, diesen Uebergang dadurch zu erschweren, daß ein solcher Gemeindebeschluß einer zweimaligen, durch einen Zwischen⸗ raum von 21 Tagen getrennten Berathung bedürfen solle. Der Antrag und mit demselben 8. 55 wurde angenommen.
Rach unwesentlichen Aenderungen einiger Paragraphen wurden nach längerer Debatte, an welcher sich die Abgg. Miquel, Wagner (Stargardt) und Riedel, sowie der Minister des Innern Graf zu Eulenburg und der Regierungskommiss gr Geheimer Sber⸗Kegierungs⸗Rath Wohlers betheiligten, die 585. 107 bis II0, welche die polizeilichen Komperenzen der Magistrate regeln, bei der Abstimmung nach den Beschlüssen der Kommisston an⸗ genommen mit der einzigen wesentlichen Medifikation, daß im F. 108 b. der Satz: „Das Recht der vorläufigen Straffestsetzung wegen Uebertretungen, sowie die Festsetzung von Exekutivstrafen steht dem Bürgermeister zu nach dem Antrag Kalle ersetzt wird, durch den Satz: „dem Bürgermeister gebührt selbständig und ausschließlich das Recht der vorläufigen Straffestsetzung wegen Ucbertretungen, sowie die Anwendung der dem Polizeiverwalter in den e, , ,, n,, ,. polizeilicher Maß⸗ regeln gesetzlich zustehenden Zwangsmittel.“ .
! 387 2 nach dem Antrage des Abg. Lauenstein in folgender Fassung angenommen: „Ortspolizeiliche Verordnun⸗ gen bedürfen der Zustimmung der Stadtverordneten versamm⸗ kung und wenn dieselben von der staatlichen Drtspolizeibehörde erlassen werden, auch des Magistrats. Wird die Zustimmung versagt, so entscheidet auf Antrag des * agistrats, beziehungs⸗ weise der Staatsbehörde der Bezirksrath, in den Stadtkreisen der Provinzialrath.“ . . ;
§. 126 bestimmt in seinem zweiten Theile, daß die Kabinets⸗ Ordre von 1830 wegen Erhaltung der Stadtmauern ferner nur Auwendung finden sollen auf Festungsstädte und Städte, in denen noch die Schlachtsteuer besteht. Der Regierungs kommissar, Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Wohlers, bat, diese Bestimmung im militärischen Interesse einzelner Festungsstädte abzulehnen.
Das Haus entsprach diefem Wunsche. .
Im Uebrigen wurde die Vorlage — abgesehen von einigen
redaktionellen Modifikationen — durchweg nach den Vorschlãgen der Stãhtegrdiun gh und der Kompetenzkommisston ohne weitere
— YM , II. —
— In der heutigen (67.) Sitzung des puu les oer au- geordneten, welcher am Ministertische der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Dr. Friedenthal und mehrere Regierungs⸗Kommissarien beiwohnten, nahm das Haus ohne Debatte in erster und zweiter Berathung den Gesetzentwurf, betr. die Veran⸗ lagung und Erhebung der direkten Staatssteuern nach dem Etatsjahre an. Es folgte die zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Verwaltung der den Gemeinden und öffentlichen Anstalten gehörigen Holzungen in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen. Bis 5§. 8 wurden sämmtliche Pa⸗ ragraphen nach unerheblicher Debatte unverändert nach den Kommissionsbeschlüssen genehmigt. Zu F§. Sa. wurde auf den Antrag des Abg. v. Benda eine Bestimmung getroffen, nach welcher den Gemeinden imUnvermögensfalle der zwanzigfache Betrag der auf dem betreffenden Areal lastenden jährlichen Grundsteuer als einmaliger Beitrag zu den ersten Kosten der Aufforstung aus der Staats⸗ kasse überwiesen werden sol. Im §. 9 wurde auf Antrag des Abg. Dr. Hänel die Beflimmung gestrichen, welche dem Bezirksrath die gleiche Exekutivbefugniß einräumt, wie dem Regierungs⸗Präsidenten, wenn seinen Beschlüssen in Betreff der Aufforstungen keine Folge geleistet wird. 5. 10 wurde nach dem Antrage des Abg. Dr. Hänel in folgender Fassung angenommen:
„Gegen die auf Grund der §§. 2 bis 7 und 5. 9 von dem Regierungs⸗Präsidenten erlassenen Verfügungen findet nach Maß⸗ gabe der 5§. 34, 35, 36 und 38 des Gesetzes vom. ͤ betreffend die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichtsbehörden im Geltungsbereiche der Pro— vinzialordnung vom 29. Juni 1875 (Gesetzsamml. Seite ) Beschwerde an den Ober- Präsidenten oder Klage statt.
Zuständig ist für die Klage gegen die Verfügung des Regie— rungs ⸗Präsidenten das Bezirks Verwaltungsgericht, fur die Klage gegen den auf Beschwerde ergangenen Bescheid des Ober ⸗Präsidenten das Ober ⸗Verwaltungs gericht.“
und aus Konsequenz dieses Beschlusses dem §. 12 zugesetzt: Gegen die Verfüzungen des Regierungs Präsidenten findet nur die Beschwerde an den Ober ⸗Präsidenten und gegen dessen Bescheid die Klage bei dem Ober ⸗Verwaltungsgericht statt.
Sämmtliche übrigen Paragraphen der Vorlage wurden unverändert nach den Vorschlägen der Kommission genehmigt. An der Debatte nahmen Theil außer dem Staatgs⸗Minister Dr., Friedenthal, dem Regierungskommissar Landforstmeister Ulriei und dem Referenten Abg. Rickert, die Abgg. Dr. Hänel, Schellwitz, v. d. Necke, Osterrath, Graf Matuschka, Witt, Schmidt (Stettin) und Mühlenbeck.
Das Haus trat sodann in die zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Deckung der für die Weiterführung und Vollendung der Bebra-Friedländer Eisenbahn erforderlichen Geld. mittel. Der Gesetzentwurf wurde unverändert angenommen. Es folgte die dritte Berathung des Gesetzentwurfs wegen Ergänzung der Verordnung vom 13. Mai 18657, betreffend die Ablösung der Servituten, die Theilung der Gemeinheiten und die Zusammen⸗ legung der Grundstücke für das vormalige Kurfürstenthum Hessen, welche beim Schlusse des Blattes fortdauerte.
— Wie ein Telegramm des W. T. B.“ aus Kon stanti⸗ nopel meldet, ist A bdul⸗Aziz⸗Khan auf einstimmigen Wunsch der Bevölkerung heute entthront und sein Neffe Mehemmed⸗
Murad-⸗Khan, der bisherige präsumtive Thronfolger, ältester Sohn des IgSbl' verstorbenen Sultan Abdul⸗Medschid, geboren den 21. September 1840, zum Sultan proklamirt worden.
Das Staats M inisterium ist nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 2. Mai d. J. das höch ste Organ der vollziehen den Gewalt und bildet als solches eine Behörde. Eine gegen das Staats⸗Ministerium gerichtete Beleidigung fällt demnach unter die Bestim⸗ mungen des Strafgesetzbuches über Beleidigungen.
— Der bisherige Großherzoglich hessische Minister⸗ Präsident Hofmann ist heute früh hier angekommen und hat im Hotel Royal Wohnung genommen.
— Der Königlich schwedische Hofmarschall von Edholm ist nach Stockholm abgereist.
Trier, 30. Mä. (W. T. B) Der Bischof Dr, Matthias Eberhard hier, ist heute früh 5 Uhr an einem Schlaganfall ge⸗ st or ben.
Bahzern. München, 28. Mai. Die Kammer der Abgeordneten berieth in der gestrigen Sitzung den Ju stiz⸗ Stat durch, und genehmigte meist ohne größere Debatte einzelne Positionen nach den Ausschußanträgen. Ebenso wurden die zu einzelnen Positionen gestellten Petitionen nach den Anträgen des Ausschusses beschieden. Eine langere Debatte führte die Position „Vorarbeiten für den Justizneubau in München“ herbei. Der Abg. Schüttinger beantragte die Streichung derselben und führte unter den Gruͤnden für deren Nichtbewilligung auch die Unge⸗ wißheit an ob der oberste Gerichtshof auch Bayern erhalten bleibe. Der Abg. Kurz war ebenfalls dagegen, erkannte zwar die Bedürfnißfrage an, meinte aber für jetzt sei der Neuhgn doch nicht so dringend. Schauß, Stenglein und Crämer waren für Bewilligung. Der Zu stiz⸗Minister erklärte, er wolle dem Abg. Schüttinger auf das Gebiet der hohen Politik nicht folgen; so viel jedoch wolle er bemerken, daß bei der Berathung der Reichs⸗Zustizkommission die Mitglieder fast einstimmig für die Beibehaltung des obersten bayerischen Gerichtehofes sich ausge⸗ sprochen. Die Frage nach dem Reubau des Justizgebäudes sei so dringend, so unabweis bar, daß sie stets wiederkehren müsse, bis sie gelöft sei. Nachdem noch Senestrey gegen das Postulat gesprochen, wurde der Kommissionsantrag mit saͤmmtlichen ultra⸗ montanen Stimmen gegen die liberalen verworfen. Einige Ultramontane hatten im Ausschuß für das Postulat gestimmt. Die nächste Sitzung wird am Dienstag stattfinden.
— Auf die Tagesordnung einer der nãchsten Kammer⸗ sitzungen wird gesetzt werden: der mündliche Bericht des beson⸗ beren 8. Ausschusses zur Berathung des Antrages des Abg. Feigel auf Erlassung eines Gesetzentwurfs, einige Abänderungen der Prozeßordnung in bürgerlichen Rechts stxeitig⸗ keiten betreffend. Berichterstatter ist Abg. Dr. Fränken⸗ burger. Der Antrag des Ausschusses geht dahin: Die Kammer wolle beschließen: „In der Erwägung, daß ein dem Initiativantrag des Abg. Feigel vom 21. Februar l. J. ent⸗ sprechendes Gesetz auf verschledene andere den ehegerichtlichen Streitsachen gleichstehende Rechtssachen ausgedehnt werden müßte, daß durch ein solches Gesetz das der banerischen Prozeß⸗ ordnung unterliegende System über die Zustellung von Urtheilen und Einlegung von Rechtsmitteln vollständig durchbrochen und die Abänderung der Prozeßordnung in einer Reihe wesentlicher Bestimmungen veranlaßt würde; daß angesichts der in perhältnißmäßig naher Zeit zu erwartenden Erlassung ein Königlichen Staagtsregnriiz n dem vtfigefso en Bedürfniß durch weitere Vollzugsvorschriften zur Ausführungs⸗ verordnung des Bundesrathsbeschlusses vom 22. Juni 1875 zum Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Ehe⸗ schlichung Abhülfe gewährt werden wird — geht die Kammer der Abgeordneten über den Antrag des Abg. Feigel zur Tages- ordnung über.“
Sachsen. DresUden, 29. Mai. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde der größere Theil der bezüglich des Gesetzes über die Landes ‚Immobiliarbrandver⸗ sicherung mit der Ersten Kammer bestehenden Differenzen durch Beitritt zu den jenseitigen Beschlüssen erledigt, während die Er⸗ ledigung der übrigen Differenzen dem Vereinigungsverfahren vorbehalten wurde. Hierauf beschloß die Kammer nach längerer Diskussion aus Anlaß einer Petition mit 34 gegen 23 Stimmen:
„Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, eine Reyision des §. 6, Absatz 4 des Volkeschulgesetzes vom 26. April 1873 in Er- ägung zu ziehen, und zwar in der Richtung, daß mindestens die Widersprüche, welche zwischen diesem Absatze und den Absätzen 2 und 3 desselben 8 6 beftehen, beseitigt und daß der oberften Schul⸗ behörde die gesetzliche Füglichkeit gewährt werde, Ungleichheiten oder Härten, die bei Anwen ung jener Bestimmung hervortreten, im Wege de. Dispensation abzuhelfen.“
Eine Novelle zum Paxochiallastengesetz vom 8. März 1838, durch welche 58. 11 dieses Gesetzes aufgehoben wird, wurde mit dem von der Deputation beantragten Zusatze, daß das Gesetz mit dem 1. Januar 1877 in Kraft tritt, ohne Diskussion an⸗ genommen, worauf noch einige Petitionen erledigt wurden.
Württemberg. Stuttgart, 26. Mai. Die Kammer der Abgeordneten führte heute in zweistündiger Sitzung die Berathung des Beamtengesetzes zu Ende; es erübrigt nur noch die Berathung des an die Kommission zurückgewiesenen Art. 9 (Geschenkannahme). Das Gesetz tritt hinsichtlich der Ab⸗ schnitte J. — IV. und VI. am 1. Juli 1876 in Kraft. Die Fest⸗ setzung des Termins für das Inkrafttreten des V. Abschnittes wurde Angesichts der zahlreichen vor Inkrafttreten dieses Ab⸗ schnittes zu beseitigenden Hindernisse und sonstigen Vorarbeiten der Regierung anheimgestellt. Die nächste Sitzung findet am Dienstag statt.
— Der Großfürst und die Großfürstin Michael von , ., mit ihren Söhnen sind gestern wieder von hier abgereist.
Baden. Karlsruhe, 25. Mai. Die Zweite Kammer hat sich in ihrer gestrigen Abendfitzung dem Gesetzentwurf, betreffend den Haupt⸗Finanzetat für die Jahre 1875 und 1877 (Finanz⸗ gesetz zugewandt. Der Budgetausschuß hatte Genehmigung und Berathung in abgekürzter Form beantragt. In der sich an⸗ schließenden allgemeinen Debatte versuchte Abg. Edelmann (kle⸗ rikale Rechte) nachzuweisen, daß das Budget mit einem Defizit abschließe, und entwarf ein ziemlich truͤbes Bild von unserer Finanzlage, worauf der Finanz ⸗Ministerial⸗ Präsident Staatstath Ellstätter das angebliche Defizit in Abrede stellte, da vielmehr ein kleiner Ueberschuß vorhanden sei, und bemerkte, daß alles, was für den Abg. Edel⸗ mann den „Grund erster Besorgnisse“ bilde, von ihm bereits bei Vorlage des außerordentlichen Budgets berührt worden sei, aber nicht Gegenstand der heutigen Berathung sein könne. Da
(darunter
der Abg. Edelmann nochmals zu konstatiren! suchte⸗ was die Kammer längst weiß, so nahm auch der Finanz ⸗Minister wieder⸗ holt Anlaß, ihn zu widerlegen und dabei namentlich auf den Stand der Amortifationskasse hinzuweisen, der ein Bild unserer Finanzlage gebe und ein großes aktives Vermögen auch für außerordentliche Fãlle zeige. Abg. Lender (klerikale Rechte) wollte seine und seiner Freunde Stellung zum Finanzgesetze klarstellen. Sie hätten verschiedene Einwände, aber doch nicht genug, um ihre Genehmigung zu versagen; doch dürfte hieraus keine Zustimmung zu dem System der Regierung geschlossen werden, in dem sie, wie schon früher erklärt, fortwährend eine Kränkung eines großen Theils des Volkes erblicken , . Nach . . zu .
aragraphen wurde das ganze Gesetz einstimmig angenonnmen. J . Ausgaben für 1876 betragen 2, 104,198 t, für 1877 32797 370 zusammen 65,501,558 46, Für die außerordentlichen Ausgaben der beiden Jahre erhält die Staats⸗= verwaltung einen Kredit von 7,172,736
Hessen. Darm stadt, 29. Mai. Die „Darmst. Zeitung“ bringt heute unter dem Datum des 27. folgende Bekannt⸗ machung: Se. Königliche Hoheit der Großherzog haben mit⸗ telst Allerhöchster Entschließung vom 18. l. Mts. den Wirklichen Geheimen Rath Präsidenten des Gesammt⸗Ministeriums Minister des Großherzoglichen Hauses und des Aeußern Carl Hofmann auf sein Nachsuchen und mit dankbarer Anerkennung seiner treuen und ausgezeichneten Dienstführung, sowie unter Verleihung des Großkreuzes des Ludewigs-Ordens von seinen Dienststellen mit Wirkung vom 1. Juni d. J. an zu entlassen und mit Wirkung vom gleichen Tage ab den Präsidenten des Ministeriums des In⸗ nern Zulius Rinck Freiherrn von Starck zum Prãsidenten des Gesammt⸗Ministeriums und Minister des Großherzoglichen Hauses und des Aeußern sowie zum Miffsster des Innern und zum wirk⸗ lichen Geheimen Rath mit dem Prädikate „Excellenz' zu ernen⸗ nen geruht.
Mecklenburg. Schwerin, 28. Mai. Der Groß fürst Wladimir wird mit seiner Gemahlin, der Herzogin Maria Paulowna von Mecklenburg, am 30. 8. M. hier erwartet, um an den Tauffeierlichkeiten des jüngstgeborenen Prinzen theilzunehmen, die auf den 3. Juni festgesetzt sind. Der Groß⸗ fürst wird bald nach der Taufe nach St. Petersburg zurück⸗ kehren, während die Großfürstin (Tochter des Großherzogs) noch einen etwa fechs wöchigen Aufenthalt am hiesigen Hofe nehmen wird.
remen, 29. Mai. Durch eine Mittheilung des Senats vom 29. Mai, die Schiffahrts zeichen der Unter⸗ weser betreffend, legt der Senat im Anschluß an seine Mit⸗ theilung vom 23. Mai der Bürgerschaft den Entwurf zu einem Gesetze vor, welches bestimmt ist, die durch Art. 54 der Reichs⸗ verfassung vorgeschriebene gleichmäßige Behandlung der bremi⸗ schen mit den unter deutscher Flagge fahrenden nichtbremischen Kauffarteischiffen herbeizuführen. Nachdem Ser Versuch, durch eine gleichmäßige Heranziehung aller deutschen Schiffe zur Be⸗ steuerung der Vorschrift der Reichsverfassung zu genügen, nicht zum Ziele geführt hat, wird nichts anderes übrig bleiben, als durch Aufhebung der die bremischen Schiffe allein treffenden Abgabe dieser Verpflichtung nachzukommen. Mit dieser Maß⸗ regel länger als bis zum Schlusse des laufenden Rechnungs⸗ jahres zu warten, erscheint dem Senate nicht zulässig, Er be⸗ antragt daher den Erlaß des nachstehenden Gesetzes, die Aufhebung der Seeschiffahrtsabgabe betreffend: „Die Verordnungen vom 12. Juni 1826 und vom 8. April 13490 n der Seeschiffahrtsabgaben treten mit dem 1. Januar
MLM .
Die Mittheilung des Senats vom 23. Mai, auf welche in den Motiven zu dem bevorstehenden Gesetzentwurfe Bezug genommen ist, lehnt den Antrag der Büraerschaft, „durch Verhandlung mit dem Reichskanzler, im Einklang al. der Veichsverfassung, eine den bremischen und den allgemeinen Schiffahrtsinteressen entsprechende Regelung anzubahnen“, als unmöglich ab. Wo etwa ein Bedürfniß hervortreten sollte, das gegenseitige Verhältniß mehrerer betheiligten Staaten rücksichtlich der Schiffahrtszeichen und der Vertheilung der hiermit verbun⸗ denen Lasten zu regeln, würde die Verweisung auf den Weg einer Verständigung der Uferstaaten, deren Sache eine solche Regelung sei, nahe liegen und dieser Gesichtzpunkt einem etwa von Bremen im Bundesrathe zu stellenden Antrage gegenüber gerade im gegenwärtigen Augenblicke, wo eine solche Verstän⸗ digung sich als sehr wohl möglich gezeigt hat, mit doppeltem Nachdrucke hervortreten.
— Am 27., an seinem 77. Geburtstage, wurde der Senator . Albers auf dem Rhinsberger Friedhofe eerdigt.
Elsaß⸗ Lothringen. Straßburg, 26. Mai. Der Etatsentwurf für Elsaß⸗Lothringen weist für das Jahr 1876 —77 bei der Forstverwaltung an Einnahmen 6. 891,600 6 gegen 3, 178, 000 S Ausgaben, davon 417,600 ½ς einmalige und außerordentliche Ausgaben, in der Verwaltung der di⸗ rekten Steuern 10,493 540 6 gegen 1B,799, 470 66 Ausgabe, davon 12, 200 6 einmalige; die Verwaltung der Zölle, indirek⸗ ten Steuern und des Enregistrements steht mit 14 632, 964 ( Einnahme gegen 4,646,812 66 Ausgabe, davon 62,000 M einmalige. Die Tabakmanufaktur weist bei Ausgabe von 1,955,138 6 eine Einnahme von 2,555,752 S6 auf. Die mit dem Deutschen Reiche gemeinsamen Behörden veranlassen eine Aus⸗ gabe von 156,240 M6, das Ober⸗Präsidium eine solche von 125,900 6 fortdauernder neben 4000 6 einmaliger Ausgaben und 13,201 6 50 Einnahme. Die Justizverwaltung Fostet 1,586,170 0 und bringt ein 169,700 S6 Die Verwaltung des Innern erfordert eine regelmäßige Ausgabe von 3,658,497 G neorst 45,2380 Sé einmaliger Ausgabe 10,000 é zum Ankauf und zum Schutz von Kriegergrabstätten, dagegen bringt sie 274, Sgßĩ0. 6 Einnahme. Der Kultus steht mit 2,591,110 6 Ausgabe, da⸗ neben 6009 é für Instandsetzung der Kathedrale zu Metz, der öffentliche Unterricht, die Förderung der Künste und Wissen⸗ schaften mit 3 483,500 andauernden und 1996, 300 einmaligen Ausgaben, bei einer Einnahme von 1,150,190 „SW Handel, Gewerbe und Landwirthschaft mit 634 502 6 (davon 10,2090 S0 einmalig Ausgaben und 162,140 6 Einnahme. Die Wasserbauverwaltung hat eine Aus⸗ gabe von 2,421,694 S (davon S66, 90900 606 einmalig) und eine Einnahme von S674 S6, die Wegebauverwaltung eine solche von 268,500 S bei 1,341,160 M andauernden und 410,000 6 außerordentlichen Ausgaben. Die allgemeine Finanzverwaltung endlich weist eine andauernde Ausgabe von 5,099,431 S6 (darunter Matrikularbeitrag von 3 074, 109 (0) und eine einmalige und außerordentliche von 7,431,953 ( 78 8 auf (darunter Deckung des durch 5. 6 des Gesetzes vom 26. Dezember 1876 eröffneten Kredits mit 7, 051, 953 ⸗
78 I) neben einer Einnahme von 5.340, 126 S 283 J (dar⸗
unter auszugebende Schatzanweisungen 4,6800900 (6). Das
Ganze schließt ab mit 41,961,157 M 78 , mithin in Aus⸗
e, i Einnahme um 1,820,141 S 7 3 weniger als im orjahr.
Oesterreich⸗Angarn. Wien, 28. Mai. Ueber die bis⸗ herige Thätigkeit der Delegationen wird dem „Prag. Abbltt.“ von hier geschrieben: Die Verhandlungen der beiden Delegationen fesseln ununterhrochen die öffentliche Aufmerksamkeit, und mit Fug und Recht kann man behaupten, daß schon lange keine Delegations sesston einen so spannenden Charakter an sich trug, wie die gegenwärtige. Dies gilt in erster Linie der Behandlung der auswärtigen Angelegenheiten, die heute Angesichts der aktuellen Situation eine umfangreichere ist denn je, und in deren erschöpfender Behandlung beide Delegationen miteinander wetteifern. Für die österreichische Delegation ist dieser Theil ihrer Aufgabe mit der Erledigung des auswärtigen Budgets bereits abgeschlossen, und zwar mit einem vollwichtigen Vertrauens⸗ votum in die Ziele der Politik des Grafen Andrassy, während die ungarische Delegation in ihrem Ausschusse und dem bezüg—⸗ lichen Berichte dem Grafen Andrassy bereits jenes Vertrauen votirte und es in der Plenarberathung, die soeben im Zuge ist, auch daran nicht fehlen lassen wird, wenn auch der Delegirte Zsedenyi mehr Fragen stellte, als der Minister des Aeußern vielleicht zur Stunde beantworten kann. Weniger harmonisch gestaltet sich die Verhandlung über das Heeresbudget und das gemeinsame Finanz⸗Ministerium. Bei letzterem war es die Frage der Centralaktiven, die eine größere Diskussion hervorrief und die gunächst von Seite der gemeinsamen Regierung in korrekter Weise mit der Spezifikation des Standes der in ihrer Verwaltung befindlichen bezüglichen Fonds beantwortet wurde. Bei dem Kriegsbudget theilen sich vorläufig die Wege der beiden Budgetausschüsse. Während jener der reichsräthlichen Delegation einem Pauschalabstriche im Titel der Mannschaftsverpflegung und der Löhnung, also in der Frage der Präsenz zustimmt, wurde ein ähnlicher Antrag in dem Heeres⸗ Ausschusse der ungarischen Delegation abgelehnt. Die Chancen der Majorität des österreichischen Ausschusses stehen schon dadurch schlechter und noch mehr in Folge des Umfiandes, daß, wie die weiter aus Pest vorliegenden Meldungen besagen, jene Anträge im Plenum der österreichischen Delegation auf eine Annahme nicht rechnen können. Man wird jenen Blättern, welche die Haltung der Majorität des Ausschusses in bitteren Worten tadeln, die Zustimmung nicht versagen können, denn die Anträge auf eine Herabminderung der Wehrfähigkeit der Monarchie sind im jetzigen Augenblicke nicht am Platze, jedoch auch ohne Räck— sicht auf die auswärtige Situation kann es nicht angehen, im Wege der Aenderung der Budgetziffern die Heeresorganisation der Monarchie einfach alteriren zu wollen. Die Sparsamkeit der Delegation und der Delegirten in allen Ehren, allein auch die Sparfamkeit der drei Regierungen verdient alle Anerkennung, welche ohnehin schon alle Mehransprüche der gemeinsamen Kriegs⸗ verwaltung reduzirte und mit einem Minderanspruche als im Vorjahre vor die Delegationen trat.
Pest, 29 Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Reichsrathsdelegation wurde das Ordinarium des Krieg s⸗ budgets berathen. Nachdem Engerten, Oppenheimer, Grocholski, Oelz, Lienbacher und Scharschmidt gegen die Anträge des Aus⸗ schusses, betreffend die Abstriche durch Beurlaubungen oder spätere Einberufung der Rekruten und Sturm, Groß, Walters⸗ kirchen und Demel für dieselben gesprochen hatten, ward die Generaldebatte geschlossen. Alsdann ergriff Graf Andrassy das Wort, widerlegte in ausführlicher Rede die zu Gunsten der Heeresreduftion vorgebrachten Gründe und trat entschieden für die Intaktbelassung des bisherigen Nor—⸗ malbudgets ein. Der Minister hob hervor, daß die von der Regierung selbst als dringend anerkannte Nothwendigkeit, die Kost für die Mannschaften zu verbessern, für welche der Aus⸗ schuß so warm eingetreten sei, nur aus in der Finanzlage be⸗ gründeten Ursachen im Budget keine Berücksichtigung gefunden habe und schloß mit der Erklärung, daß, wenn die Ausgaben absolut nothwendig seien, die Abhülfe naheliege, indem man den Steuerträgern gegenüber die Verantwortung übernehme und die nothwendigen Summen als ein Plus votire.
Frankreich. Paris, 28. Mai. Der Klerus macht noch immer Versuche, seine „Unterrichtsfreiheit? zu wahren. Die Kardinal⸗Erzbischöfe und Bischöfe haben sich deshalb mit Schriftftücken an den Minister⸗-Präsidenten und an die Präsiden⸗ ten beider Kammern gewendet, die nur das oft Gesagte wieder⸗ holen. Die Kardinäle von Rouen und Paris haben ferner den Senatoren und Deputirten ein Schreiben zugesandt, um sie auf⸗ zufordern, das Gesetz recht gewissenhaft zu prüfen und die oben erwähnten Schriftstücke, welche alle Gefahren des Gesetzes klar legen sollen, zu beherzigen.
— Wie die „Köln. Itg.“ erfährt, ist der Pater Top in, früher Studiendirektor in der Jesuitenanstalt der Rue des Poftes, zum Nachfolger des Jesuiten-Generals Beckx beflimmt. Der Pater leitet die Geschäfte des Ordens in Frankreich bereits selbstständig und steht an der Spitze der klerikalen Bewegung. Er ist ein talentvoller und gelehrter Mann. Klerikalerseits wünscht man ihn als zukünftigen Jesuiten⸗General, weil man sich von dem Umstande, daß ein Franzose an der Spitze des Ordens stehen würde, noch mehr Einfluß in Frankreich ver⸗ spricht. Topin unterhält nahe Beziehungen mit vielen hoch— gestellten französischen Familien, die ihre Söhne bei den Je— suiten erziehen ließen.
— Das Treiben der Studenten findet allgemeine Miß. billigung, freilich nicht bei dem klerikalen „Univers“ und seinen Parteigenossen, welche jene unreifen Denwn strationen mit Freuden begrüßen. Das „Journal des Debats“ sagt darüber u. A.: „Einige junge Leute, die sich Studenten nennen und es vielleicht auch sind, sich aber sicher mehr mit Politik als mit dem Jus und der Medizin beschäftigen, haben es für passend gefunden, die Ansammlung einer großen Zahl von Kommilitonen aus den Doipartements und dem Auslande, die zur Beerdigung Michelets nach Paris gekommen waren, zu einer großen sozialistischen und atheistischen Demonstration zu benutzen. Sie haben dazu etwa 500 Einladungs briefe zu einer in der Rue d Arras abgehaltenen Vor⸗ versammlung, der dann ein Banket folgte, ausgesandt. Unter⸗ zeichnet waren sie von drei Namen, unter denen ein Redacteur des Journals „les droit de Homme“, der schon zu mehreren Monaten Gefängniß wegen Preßvergehen verurtheilt worden. Man sieht, zu welcher Art von Studenten jene Veranstalter gehören! Und danach waren auch die Einladungen selbst. Nach ihnen sollte sich jene kosmopolitische Jugend u. A beschäf⸗
tigen mit der Reorganisation der Ehe
klamationen und kindliche oder kindische Phrasen wurden da laut, aber auch der revolutionäre Wahn, die abscheulichste Ver⸗ drehung des patriotischen Gefühls, von denen zum Glück nicht die französische Jagend, sondern nur einzelne junge Menschen ergriffen find. Die Frage nämlich, ob auch die deutschen Studenten zum internationalen Kongreß zugelassen werden sollen, wurde von der Majorität zuftimmend beantwortet. Beim Banket des andern Tages sprach fich die entgegengesetzte Strömung aus; nun haben die Studen⸗ ten von Paris selbst gegen das Treiben der Clique protestirt. Sie sagen in diesem Protest: „Am Freitag, den 19. Mai 1876, wurde eine Privatversammlung nach dem Saale der Rue d' Arras berufen, um die Idee eines internationalen Studenten⸗Kongresses zu besprechen. Die jungen Leute wurden nur auf Vorzeigung eines besonderen Einladungsschreibens zugelassen. Der größte Theil der Pariser Studenten hatte nicht Antheil nehmen können, weil er keine Kenntniß von dieser Versammlung hatte oder sich keine Einladungskarte verschaffen konnte. Daraus geht hervor, daß die Beschlüsse dieser Versammlung nicht berechtigt sind, den Willen der Allgemeinheit auszudrücken: das haben wir hiermit konstatiren wollen. So wird das trübe Gebahren der Ver⸗ anstalter wohl nutzlos und spurlos, weil allgemein verurtheilt, vorübergehen.“
Versailles, 29. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer richtete Naquet mehrere Anfragen in Betreff der ägyptischen Finanzverhältnisse an den Minister des Auswärtigen, Herzog v. Decazes, und hob hauptsächlich hervor, daß sich die Regierung enthalten müsse, den ägyptischen Werthen eine Art von moralischer Garantie zu gewähren. Zugleich ersuchte er den Minister um eine bündige Erklärung daruber, daß die zur Wahrung der Interessen von französischen Staatsangehörigen eingeleitetẽfi diplomatischen Ver⸗ handlungen irgend eine Verantwortlichkeit des französischen Staatsschatzes nicht involvirten. Der Minister erwiderte, er glaube sich einer öffentlichen Diskussion über die Zahlungsfähigkeit auswärtiger Regierungen enthalten zu sollen; was jedoch den Gegenstand der von Naquet gestellten speziellen Frage anbetreffe, so erkläre er, daß Seitens der fran⸗ zösischen Regierung ein offizieller Delegirter nicht nach Aegypten geschickt worden sei, daß auf das vom Khedive ausgesprochene Verlangen die französische Regierung sich vielmehr damit begnügt habe, zur Vorbereitung und Herstellung eines Einverständnisses mit den übrigen Mächten über die Reorganisation der ägnp⸗ tischen Finanzen einen ihrer Beamten zu designiren, durch diesen Beamten werde aber in keiner Weise eine Verantwortlichkeit des französischen Staatsschatzes herbeigeführt werden, derselbe werde einfach Beamter der ägnptischen Regierung sein. Der Minister knüpfte an diese Antwort noch einige Bemerkungen über die allgemeine politische Lage, indem er hinzufügte, in Aegypten wie anderwärts suche und rathe man zu einem Einvernehmen und zu einer Uebereinstim⸗ mung, die Regierung hege das Vertrauen, daß diese für den Weltfrieden nothwendige Uebereinstimmung sich überall und auf allen Gebieten herstellen lassen werde. Denn so sehr dieselbe auch wünsche und fest versichert sei, daß ein etwa loshrechender Sturm Frankreich nicht werde berühren können, so sehr hoffe sie doch, daß die Kammer alle Anstrengungen der Regierung, einen solchen Sturm zu beschwören, billigen werde. Die vom Herzog von Decazes im Laufe seiner Rede gethane Aeußerung, er gebe die Hoffnung nicht auf, ein volles Einverständniß der Machte herbeigeführt zu sehen, wurde von allen Seiten sehr beifällig aufgenommen.
Türkei. Konstantinopel, 29. Mai. (W. T. B.) Das türkische Geschwader unter dem Oberbefehl Hobart Paschas geht demnächst nach dem Archipel zur Abhaltung von Manödern. — In Novi⸗Bazar wird eine Truppen⸗ konzentrirung stattfinden. — Die Regierung hat die Auszahlung der rückständigen Solde für die Truppen beschlossen. — Der Regierung zugegangene offizielle Telegramme melden witderholt, daß der Aufstand in Bul⸗— garten unterdrückt sei. — Die Nachricht, daß die Ver⸗ pachtung des Zehnten in Bosnien neuerdings ausgeschrieben sei, beruht, wie von Seiten der Regierung erklärt wird, auf einem Mißverständniß. Die Pforte habe neuerdings auf das Entschiedenste erklärt, daß sie hinsichtlich dieses Punktes die den Mächten gegenüber eingegangenen förmlichen Verpflichtungen auch genau einhalten werde. — Die Vorschläge der Nord⸗ mächte werden der Pforte demnächst offiziell mitgetheilt werden.
Salonichi, 29. Mai. (W. T. B.). Bei der gestern be— gonnenen Aburtheilung der der Anstiftung des Tumultes Bezichtigten wurde gegen einen der Angeklagten auf Todes strafe und gegen 3 auf Zwangsarbeit erkannt.
Serajewo (Bosnien), 20. Mai. Der hier residi⸗ rende General Gouverneur der Provinz, Ibrahim Pascha, sowie der außerordentliche T ommissar der Pforte, Haidar Effendi, haben dem Gerenten des Deutschen Konsulates offizielle Besuche gemacht, um ihr tiefes Be⸗ dauern über die Vorfälle in Salonichi auszudrücken.
Italien. Rom, 27. Mai. In der geftrigen Sitzung der Deputirtenkammer interpellirte der Abgeordnete Rudini den Minister des Innern wegen der von ihm vorgenommenen Ver— änderungen in dem Personale der Präfekturen und Unterpräfekturen. Der Minister entgegnete darauf, daß seine Vorgänger in diesem Punkte noch viel weiter gegangen wären als er, denn er habe sich bei seinen Veränderungen nur von dienstlichen Rücksichten leiten lassen, von andern nur, wenn sie wie beim Verkehr, wie zwischen Veriretern der Ge⸗ meinden und denen des Staates durchaus maßgebend gewesen wären,
während fich seine Vorgänger bei jeder Bürgermeisterernennung von
politischen Beweggründen hätten leiten lassen. Dagegen protestirte der frühere Minister des Innern, Lanza, Herr Nicotera er⸗ klärte aber, daß er auf Verlangen mit Beweisen aufwarten könnte. Nachdem auch der Abg. Rudini noch einige Worte mit dem Minister gewechselt hatte, wurde die Diskussion ohne weitere Folgen beigelegt, die Berathung des Definitiv⸗Budgets des Mi⸗ nisteriums des Innern fortgesetzt und mehrere Kapitel desselben angenommen.
— Der Minister-Siegelbewahrer hat ein Cirkular an die Beamten seines Ressorts erlassen, worin er ihnen ein⸗ schärft, daß die Regierung bei den Wahlen das Prinzip der Freiheit und Unabhängigkeit streng aufrecht erhalten wissen will.
— Dem „Diritto“ wird aus Paris berichtet: Der frühere Professor der Physik an der Universität Turin Com Hilbert Goos ist mit Stimmeneinhelligkeit und definitio zum Direktor des internationalen Gewicht- und Maßamts in Paris ernannt worden und hat sein Amt sofort angetreten.
fälle in der Stadt
Irledr. n,. , . M ; ᷣ . Pecci, München. — An Schenkungen gingen ein füt die Goethesam m-
— Am 23. Mai berathschlagten die Kardinäle im Va⸗ ĩ tikan über die Haltung, welche der päpstliche Stuhl der
spanischen Regierung gegenüber beobachten solle und be⸗ schlossen, daß die Unterhandlungen nicht ganz abgebrochen wer⸗
den dürfen. Der päpstliche Nuntius soll zwar Madrid in Ur—⸗
laub auf unbestimmte Zeit verlassen, der Nuntigtur⸗Rath Mons, Rampolla aber dort verbleiben, und auch der Kardinal Simeoni seine Abreise noch einige Zeit aufschieben. Der inzwischen mit Auftragen desselben hier angekommene Nuntiaturauditeur Mons. Bianch! wird ihn hier erwarten.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 27. Mai. Die Königin-Wittwe ist Bonnerstag Nacht plötzlich an Lungenentzündung erkrankt; nach dem heute ausgegebenen Bulletin ist der Zuftand jedoch nicht beunruhigend.
Christiania, 25. Mai. Das Militärcomitè beantragt in seinem Bericht über das Marinebudget, dasselbe in Höhe von 580 000 Species zu bewilligen. Der Voranschlag des Ma⸗ rine⸗Ministers betrug 577, 420 Species. In Veranlassung der Bewilligungen zu Neubauten für die Marine schlägt das Comité dem Storthinge vor, die Regierung zu er⸗ suchen, dem nächsten Storthinge eine allgemeine Ueber⸗ icht über die zur Sicherung der Küstenv erthe id i⸗ gung im Ganzen erforderlichen Maßnahmen zu geben. — Das Storthing wird ungefähr am 10. Juni seine Verhandlungen schließen; mehrere wichtige Gesetzentwürfe, wie über die Büůrger⸗ wehr, die Gütergemeinschaft zwischen Eheleuten und über das kommunale Steuerwesen, werden in der gegenwärtigen Session nicht mehr zur Berathung kommen.
Dänemark. Kopenhagen, 29. Mai. In der Sitzung des Landsthinges am Freitage wurde der Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Verföorgung des Heeres mit den im Falle der Kriegsbereitschaft mangelnden Pferden und Wagen, nachdem der Kriegs. Minister die Annghme desselben in der vorliegenden Ge⸗ stalt empfohlen hatte, naFf kurzer Debatte einstimmig zur zweiten Lesung verwiesen.
— Gestern kamen mit dem Dampsschiffe „Titania“ von Stettin 35 deutsche Bäckergesellen hier an. Die Polizei hatte umfassende Maßregeln zur Verhütung von etwaigen Aus— schreitungen der trotz der frühen Morgenstunde sehr zahlreich an- wesenden strikenden Gesellen getroffen, und namentlich die Lan⸗ dungsstelle bei der Zollbude abgesperrt, von wo die Neuangekom⸗ menen zu ihren resp. Meistern geleitet wurden. Durch diesen Zuwachs an Arbeitskräften, sowie durch die Einstellung von zahlreichen Arbeitsleuten in den großen Brodfabriken ist aller Brodmangel beseitigt und der Strike der hiesigen Gesellen somit als ein vollständig mißglückter zu bezeichnen.
Die Nr. 39 des ‚Amtsblatts der Deutschen Neichs⸗ Post⸗ und Telegraphen Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 22. Mai 1876: Ueberwachung der Unterbeamten in Bezug auf vorschriftsmäßige TDienstkleidung; vom 24. Mai 1876: Leitung der Briefsendungen nach der Lepante; vom 20. Mai 1876: PostPacketverkehr mit Sstindien; vom 23. Mai 1876: Eröffnung der Eisenbahn Appenweier ˖ Oppenau.
Landtags ⸗Angelegenheiten.
Die Petitionskommisfion des Hauses der Abgeordneten hat über die Petition der Stände des Landkreises Hannover, auf eine durchgreifende Reform in Betreff der direkten Besteuerung Bedacht zu nehmen und namentlich auf Beseitigung der für einzelne Klassen der Bevölkerung beftehenden Doppelbesteuerung hinzuwirken, Bericht er⸗ stattet. Die Petenten verlangen nicht, wie dies von anderer Seite geschehen, die vollständige oder theilweise Ueberweisung der Grund ⸗ vnd Gebäudesteuer an die kom⸗ munalen Verbände, sondern eine billige und gerechte Entlastunz des Grundbesitzes von der staatlichen Besteuerung und einer gerechteren Vertheilung der Staatslaften. — Die Kommission empfiehlt den Uebergang zur Tagesordnung und bemerkt in dem Bericht: „Von anderer Seite wurde noch daran erinnert, daß es nunmehr das dritte Mal sei, daß die Frage der Aufhebung der Grundsteuer von den Petitions⸗ Kommisslonen des Abgeerdnetenhauses in eingehende Erwägung ge— zogen sei; das erste Mal in der Sitzungsperiode 1573— 74 laut Be- richt vom 19. Mai 1874 das zweite Mal in der laufenden Sitzungsperiode zufolge Berichts vom 12. Mai 1876. Es sei bemerkenswerth und spreche wohl für die Richtigkeit des Fazits, daß in allen drei Malen, bei nicht unwesentlichen Verschiedenheiten der Ausgangspunkte und der Erwägungsgründe der von einander ganz un— abhaͤngigen Referate, dasselbe Resultat gewonnen und von den Kom⸗ missionen, deren erfte ganz anders zusammengesetzt gewesen, als zu—⸗ treffend anerkannt worden sei. Gerade in Betracht der heftigen und herabsetzenden Angriffe, welche der erste Bericht vom Jahre 1874 von gewisser Interessenten Seite erfagren habe, sei es angezeigt, diese Einmüthigkeit der dreimaligen Kommissionsbeschlüsse nicht unerwähnt zu lassen.“
Statistische Nachrichten.
Das bayerische protestantische Ober- Konsistorium hat, um die Einwirkung des Reichsgesetzes über die Ehe⸗ schließung und die Beurkundung des Personenstandes auf das kirchliche Leben beurtheilen zu können, genaue Er⸗ bebungen durch die Pfarrämter angeordnet. Für das J. Quartal i876 haben dieselben nachstehendes Resultat ergeben. Ungemischte Ehen wurden 1709 geschloffen, von denen 1601 kirchlich eingesegnet wurden. Die Zahl der gemischten Ehen betrug Az; bei 155 erfolgte die proteftantische Trauung. Geburten fanden 8573 statt, und 5676 Kinder wurden getauft; gestorben sind 70860 Personen, von denen 7068 kirchlich beerdigt warsen. Demzemäß wurden von 1700 Ehen 990 nicht kirchlich eingesegnet, von gJös73 Kindern 157 nicht getauft und von 7080 Verstorbenen 12 nicht kirchlich beerdigt. In Prozenten ausgedrückt wurden ca. 440 der Eben nicht kirchlich eingesegnet, 2 der Geborenen nicht zeiaust und oo der Verstorbenen nicht kirchlich beerdigt. Zu bemerken ist, daß in diefer Jufammenstellung die Eheschließun gen, Geburten und Steche⸗ Nurnberg und deren Vorstädten nicht begriffen find, da dieselben noch nicht vollständig ermittelt wurden.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Dem neuesten Sitzungsberichte des Freien Deutschen Hoch stifts für Wissens haften, Künste und allgemeine Bildung in Goethe's Vaterhause zu Frankfurt 4. M. (14. Mai) entnehmen wir, daß die zeitige Gesammtzahl der Stifts genosfsen 1305 beträgt, daruster der Meisterschaft angehörig 625. Feu beigetreten die Herren G. Schaumann, Frankfurt; Fr. Doehring, Pr. Nicolai, Stuttgart Rich. Lesser, Eisenach; K. Ritter v. Zwölf, Wien; Dr. K. Ruß, Steglitz; H. Ahlburg, Tokio (Japan); Alb. Hahn, C. Sauer, Berlin; Dr. Fröhlich, Cassel. — In die Meister= schaft aufgenommen; Architekt H. Frhr. v. Geymäller, Paris; Victor
v. Scheffel, Karlsruhe; Tonkünstler Ferd. Kahl, Maler Val. Schertle,
Frankfurt; General -⸗Arzt Dr. Stromever, Hannover; Studien prafekt Lor. Werner, Neuburg a. D. Verstorben sind inzwüchen Ferd. Freiligrath
än ben; Oberst Kämmerer raf sungen von den Frhrrn. Gebr. v. Goethe: „Goethe's Briefwechsel mit den Gebrüdern von Humbolkt“; von dem Geh. Ober⸗Finan, Rath