1876 / 137 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Jun 1876 18:00:01 GMT) scan diff

19 Znstitute Vorwoche weniger Wechseln belief sich 5, 717/000

der Tabelle 771,959, 000 M 5, 753, 000 St); der auf 634,996, 000 M½d—, AM weniger als in der

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Sachsen. Dresden, 12. Juni. Die Erste Kammer beharrte in ihrer heutigen Sitzung bei ihrem ablehnenden Be⸗ schlusse bezüglich des Gesetzentwurfs über die weitere Ausfüh⸗ rung des Reichsgesetzes wegen Gewährung von Beihülfen an

Angehörige der Reserve und Landwehr vom 22. Juni 1871, und erledigte hierauf Petitionen.

Die Zweite Kammer verwies nach einiger Debatte ein Nachpostulat für Bau des ueuen Königlichen Hoftheaters und den Ankauf der Hainichen⸗Roßweiner Eisenbahn durch den Staat, an die Finanz-Deputation und lehnte sodann das von der Regie⸗ rung eingebrachte Nachpostulat für die Ober⸗Rechnungskammer ab mit dem Ersuchen, die Regierung möge dem nächsten Land⸗ tage wiederum den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Reor⸗

die Königlichen Dekrete, den

betreffend

ganisation der Ober⸗Rechnungs kammer, vorlegen. Der Gesetzent⸗ wurf über den Schutz der Waldungen gegen schädliche Insekten wurde mit einigen Abänderungen, unter welchen namentlich der Wegfall der Anzeigepflicht der Waldbesitzer hervorzuheben ist, angenommen und hierauf Aufrechthaltung der auf den Antrag des Abg. Lehmann über Form der Eidesleistung gefaßten Be—

schlüsse beschlossen.

Baden. Karlsruhe, 11. Juni. Die Kommisston der Ersten Kammer zur Berathung des Schulgesetzes lehnt beide von der Regierung in der Zweiten Kammer bekämpften Anträge ab und verlangt die Wiederherstellung des Regierungsentwurfs. Bezüglich der Klosterschulen sagt der Bericht, daß die Auf— hebung der Anstalten und die Verwendung ihres Vermögens zu andern verwandten Zwecken nur dann gerechtfertigt erscheine, wenn die fernere Erfüllung ihrer Zwecke nicht mehr mög⸗ lich sei, oder wenn die Wirksamkeit der Stiftungen als dem Staatswohl nachtheilig angesehen werden müsse. In beiden Fällen liege die CEnischeidung bei der Staatsverwaltungsbehörde, und vorliegenden Mißständen könnte durch die dermalige Gesetzgebung abgeholfen werden. Daß fragliche Stiftungen auf dem Wege oder nahe daran seien, ordengähnliche Kongregationen zu werden, und daß die Regie⸗ rung ohnmächtig sei, eine solche Entwickelung zu verhindern, da—⸗ für seien bis jetzt keine Beweise erbracht. Nach Mittheilungen aus Kammerkreisen wird, dem ‚„Frkf. J. zufolge, die Erste Kam⸗ mer ihrer Kommission beistimmen. Der Gefetzentwurf würde alsdann wieder an die Zweite Kammer zurückgelangen, welche sich über die Aenderungen auszusprechen hätte.

Hessen. Darm stadt, 11. Juni. (Frkf. J.) Der von der Mehrheit des Fin anzausschusses gestellte Anrag: „an die Regierung das Ersuchen zu richten, zu erwägen, wie der, die Steuerkräfte des Landes naturgemäß in immer wachsendem Maße belastende Aufwand für die beiden Hochschulen (Univer⸗ sität und Polytechnikum) vermindert werden könne, nöthigenfalls selbst durch Aufhebung des Polytechnikum s“, hat ins⸗ besondere in unserer Stadt eine Gegenagitation hervor— gerufen. Nicht nur, daß die Stadtverordnetenversamm⸗ lung mit dem Bürgermeister an der Spitze für den Fort⸗ bestand des Polytechnikums eintritt und daß fich die hiesige Presse mit Einstimmigkeit jenem Antrage widersetzt, so begegnet man auch in landfländischen Kreisen der bestimmt ausgesprochenen Ansicht, daß hier der Ausschuß in seiner sonst löblichen Absicht, die finanziellen Lasten des Landes möglichst zu erleichtern, zu weit gegangen sei. Es darf schon jetzt als sehr zweifelhaft

angesehen werden, ob die Mehrheit des Plenums jenem An⸗ trag beistimmen werde.

Der sich noch immer ausbreitenden kirchlichen Be⸗ wegung, die sich nunmehr gegen die beiden Fauptbeschlüsse (Traugesetz und Kirchensteuer) der Synode und diese felbst richtet, haben sich nun förmlich die Dekanate Worms und Lilzey, ein großer Theil der Gemeinden des Dekanats Mainz ange— chlossen, das Dekanat Ingelheim steht im Begriff, dieses zu thun. Einstimmig ist man, sagt das „Frkf. J.“, in dem Ber—⸗ langen der Sistirung der angeführten Beschlüsse, Auflösung der Synode, Neuwahl derselben auf Grund eines eine größere Vertretung des Laienelementes sichernden Wahlgesetzes.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 11. Juni. Unter Beschränkung früherer gesetzlicher Bestimmungen ist den Han⸗ delsgesellschafien und eingetragenen Genossen⸗ schaften der Erwerb solcher ritterschaftlicher Güter, an welchen ihnen eine hypothekarische Forderung zusteht, im Falle einer Zwangsversteigerung unter der Bedingung gestattet worden, daß . binnen drei Jahren nach dem Erwerbe die Wieder⸗ veräußerung bewirken. Nöthigenfalls sind sie vom Ministerium des Innern zur Erfüllung dieser Verpflichtung anzuhalten. Han⸗ , d n, und eingetragene Genossenschaften sind von der Ausübung der mit dem Besiß von Gütern verbundenen, dem öffentlichen Rechte angehörenden Befugnisse ausgeschlossen. Ing⸗ besondere ruhet für fie das Recht der Landstandschaft. Für die Ausübung der obrigkeitlichen, polizeilichen und gerichtsherrlichen Rechte wird von dem Ministerilum auf Kosten der Handelsgesell⸗ schaft oder Genossenschaft ein Vertreter bestellt. = 12. Juni. (W. T. B.) Der Hof⸗Marschall des Groß⸗ fürsten Wladimir, Admiral v. Bock, ist heute Mittag nach kurzer aber schwerer Krankheit gestorben.

Oesterreich⸗ un garn. Wien, 11. Juni. Dem „Prag. Abendbltt.“ wird von hier geschrieben: Die ,, Situation nimmt konftant, einer immer beruhigenderen Charakter an, und es bedarf zur Stunde schon eines sehr schwarzgalligen Pessimismus, im Angesichte der in den letzten Tagen bekarint gewordenen Thatsachen noöch an der These hon der unaugweichlichen Störung des europãischen Friedens festzuhalten. Nach den von St. Petergburg und London ausge · gebenen Erflärungen konnten die patentitten Schwarzseher nur noch zwa Serbien für ihren Standpunkt ins Treffen führen und die ogn Konstantingpel der Belgrader Regierung abber= langte Aufklärung über die Rüstungen Serbieng bot noch einen

Bestand an

Die Anträge auf Abschaffung des Cölibates und des Beicht⸗

e selbst dieser entschwindet angesichts der neuesten aus Konstanti⸗ nopel vorliegenden Meldungen, nach denen Serbien dort die be⸗ t friedigendsten und beruhigendsten Erklärungen ertheilte und sogar Vorwoche; die die Lombardforderungen im Betrage von gl, 536, 000 S/ sind gegen die Vorwoche um 135,000 S6 angewachsen; der Noten⸗ umlauf von 881, 642, 000 S weist eine Abnahme von 14,971,000 ge, die Vorwoche nach. Die täglich fälligen Verbindlichkeiten eliefen sich außerdem auf 218,772,000 S (gegen die Vorwoche weniger 845, 9900 66; die Verbindlichkeiten auf Kündigung in Höhe von 161,691 000 Ss haben sich seit der Vorwoche um

bsendung eines Spezialgesandten dorthin ankündigte. Man wird sich nach Allem diesem vergebens bemühen, im gegenwärtigen Augenblicke jene schwarzen Punkte am po- litischen Horizonte zu entdecken, aus denen sich nach den Versicherungen einiger Journale das drohende Gewitter entladen müßte. Das Gewitter ist verschwunden und der Friede Europas wird nicht gestört werden. Wenn die Oeffentlichkeit heute diese erfreuliche Thatsache verzeichnen kann, so darf sie der Faktoren, die sie geschaffen, nicht vergessen und unter diesen Faktoren ist vor Allem das Drei⸗Kaiser-Bünd⸗ niß hervorzuheben, das mitten in dem Ansturme der politischen Leidenschaften sein erstes und unverrückbares Ziel, die Er⸗ haltung des Friedens nicht aus dem Auge verlor und auch zu erreichen wußte, so schwierig sich auch einen Moment lang die Verhältnisse, an denen es scheitern konnte, gestaltet haben mögen. Welcher Antheil hierbei den einzelnen Kabineten zufällt und ob nicht das österreichische Kabinet einen ganz her⸗ vorragenden Antheil an jenen glücklichen Ereignissen hat; das muß einer späteren Epoche zu konstatiren vorbehalten bleiben. Doch so viel kann man behaupten, daß nicht die Drohungen einer Macht, sondern das Friedensprogramm der Drei⸗Kaiser⸗ Allianz das allein ausschlaggebende Moment bildeten.

Während die Verhandlungen über Feststellung des neuen Zolltarifs im vollen und, wie überehistimmend gemeldet wird, besten Zuge sind, werden auch binnen wenigen Tagen die Verhandlungen über die Bankfrage, beziehungs⸗ weise über die technischen Details, die zur Durchführung der schon festgestellten Prinzipien nothwendig sind, ihren Anfang nehmen. Damit sind jedoch die Vorbereitungen für das Ing— lebentreten der Ausgleichsgesetze noch nicht beendet, da auch noch Feststellungen über Aenderungen der Bier⸗, Zucker- und Brannt⸗ weinsteuer erfolgen müssen.

Wie die „Pr.“ erfährt, beabsichtigen die hiesigen Dem o⸗ kraten, nachdem der „demokratische Parteitag“, welcher gegen den Ausgleich und zu Gunsten der Personalunion mit Ungarn resolutioniren sollte, nicht zu Stande kam, im Gemeinderathe eine gegen die Annahme des österreichisch-ungarischen Ausgleichs gerichtete Kundgebung hervorzurufen. Ein Antrag in dieser Richtung soll bereits in der nächsten Gemeinde⸗ rathssitzung eingebracht werden. Die Demokraten weisen zur Rechtfertigung ihrer Absicht darauf hin, daß auch die Pester Stadtrepräsentanz in der Ausgleichsfrage und zwar, wie be⸗ kannt, im ablehnenden Sinne, Stellung genommen hat.

Pola, 12. Juni. (W. T. B.) Das Admiralsschiff, die Panzerfregatte, Cu stozza“, ist gestern, das Kanonenboot „Albatros“? heute nach Smyrna abgegangen. Die Panzer⸗ fregatte Salamander“ und die Schraubenkorvetie, Zriny“ werden dorthin nachfolgen.

Pest, 10. Juni. In der vorgestrigen Sitzung des Abge⸗ ordnetenhauses wurde eine mit ein paar tausend Unter⸗ schriften versehene Petition gegen den Ausgleich vorgelegt. Die Petition kommt aus Debreczin und da K. Tisza den ersten Wahlbezirk dieser Stadt vertritt, von den in demselben konskri⸗ birten 560 Wählern angeblich 540 die Petition unterfertigt haben, so folgert man aus derselben, daß hiemit dem Minister⸗ Präsidenten ein feierliches und eklatantes Mißtrauengvotum von seinen Wählern ertheilt wurde. Den Umstand jedoch, sagt die „Presse , daß die Mehrheit der Unterschriften von Nichtwaählern, das heißt von Leuten herrührt, die man, weiß der Himmel, wo aufgelesen hat, belieben jene Blätter, die schon heutè die Lärm— trommel rühren, freundlich zu ignoriren. Ueber den Verlauf der Konferenzen wegen Fest— stellung des allgemeinen österreichisch⸗ ungarischen Zolltarifs bringt die „Budap. Corr.“ folgende Mittheilung aus Wien: „Das Resultat der ersten zwei mehrstündigen Sitzur⸗ gen bewies, daß die Verhandlungen nicht so schnell zu Ende geführt sein werden, als es anfangs möglich erschien. Die Ausarbeitung des Zolltarifes felbst wird wenigstens drei Wochen in Anspruch nehmen. Die Krbeit, welche zu vollenden sein wird, ist keine geringfügige, denn es handelt sich um die Stylisirung eines ganz neuen Zolltarifs, nachdem der bis⸗ herige ein mehrere Jahre hindurch bei jeder Gelegenheit aus⸗ gehessertes Conglomerat bildet. Das ganze Materia? muß vollständig gesichtet und der Text neu abgefaßt werden, auch dort, wo die bisherigen Ansäͤtze verbleiben. Die beantragte Hinweglassung eines jeden noch so unbedeutenden Wortes ruft längere Dis kussionen . und sind es namentlich die öster— reichischen Regierungsvertreter, welche den konservativen Stand⸗ punkt einnehmen. Bisher wurden in zwei Sitzungen nicht ganz drei Klassen erledigt und zwar die weniger bedeutenden. Die kr e nz der Zollansätze für Kolonialmäaren und Südfrüchte ist keine bedeutende, dieselhe beträgt beiläufig 15— 30 Prozent. 11. Juni. Wie der „Pol. Corr.“ von hier geschrieben wird, gedenkt die ungarische Regierung im Herbst dem Reich s⸗ tage eine Vorlage zu unterbreiten, durch welche den Ober—⸗ gespänen der Sitz im Oberhause genommen und dafür die Berufung einer bestimmten Anzahl von Regalisten, wie sie ehedem Siebenbürgen hatte, der Krone als ein unter Mitwir⸗ kung des kontrasignirenden verantwortlichen Minister⸗Präsidenten auszuübendes Recht zugetheilt werden soll. Diese Berufung würde für Lebenszeit gelten. Auch ist es im Plane, nach dem Muster des französischen Senates durch das Abgeordnetenhaus gleichfalls eine Anzahl Oberhausmitglleder wählen zu lassen, diese jedoch nur für die Dauer einer Reichs tagsperiode.

Schweiz. Bern, 12. Juni. Die revidirte Ver— fassung des Kantong Schwyz wurde bei der Volks— a bstimmung mit großer Mehrheit angenommen,

. Entsprechend den von Basel geäußerten Wünschen hat die christkatholische Synode bezüglich der Kultus kleidung und Kultussprache beschlofsen, es solle, bis die Synode selbst darüber definitive Beschlüffe gefaßt habe, den Gemeinden frei⸗ stehen, unter den verschiedenen bei kirchlichen Funktionen in der katholischen Kirche gebräuchlichen Klejdungen für ihren Gottes⸗ dienst die einfachste und würdigste zu wählen, und ebenso solle es den Gemeinden auch gestattet sein, vorläufig die Meß⸗ gebete und Meßgesänge in das Deutsche zu übersetzen. Von einer allgemeinen Einführung der Landes sprache glaubte sie aber einstweilen absehen zu müssen, weil der Zweck dieser Reformen nur durch völlige Aenderung der Liturgie erreicht werden könne,

zwanges wurden von keiner Seile bekämpft und dann auch ein⸗ stimmig angenommen.

Großbritannien und Irland. London, 11. Juni. Aus einer Anzahl von Schriftstücken über die zwischen Eng⸗

schwachen Anhaltspunkt für die bellebte Schwarzmalerei, allein

vom Auswärtigen Amt veröffentlicht werden, geht zunächst hervor, daß keine der beiden Regierungen von ihrem Prinzip abweichen wollte, obwohl man beiderseits zu kleineren Zugesländ⸗ nissen bereit war, die außerhalb des Prinzipes liegen. Die britische Regierung hält daran fest, daß der Ausgelieferte nur wegen desjenigen Verbrechens zur Untersuchung gezogen werden dürfe, weswegen seine Auslieferung verlangt wurde. Die ameri⸗ kanische Regierung aber will sich nicht in dieser Weise binden lassen, sondern verlangt, daß der Kusgelieferte wenigstens wegen aller im Auslieferungsvertrage genannten Verbrechen untersucht werden dürfe, ohne Rücksicht darauf, was als Grund für die Auslieferung angegeben wurde. Staats sekretär Fish verweist in einem der Schreiben darauf, daß es der amerikanischen Regie⸗ rung nicht möglich sei, den Gerichtshöfen in dieser Beziehung Einschränkungen aufzulegen. Aus den Aeußerungen Lorh Derby's ist ersichtlich, daß die britische Regierung auch bei Abschluß eines neuen Vertrages auf ihrem Stand punkt be⸗ harren wird.

Im Unterhause ist eine Regierungs vorlage, betreffend die Verunreinigung von Flüffen eingebracht worden. Dieselbe richtet sich gegen drei Arten von Verunreinigung: 1) durch feste Gegenstände, gleichviel welcher Art, also wesentlich die Hinderung des Stromlaufs; 2) durch Kloakenflüssigkeit in Städten; 3) durch flüssige Fabrik- und Bergwerksabgänge. Die Vorlage gewährt den Sanitaäͤtsbehörden in ihren Bezirken gewisse Befugnisse zur Regelung des Betriebs von Fabriken, welche den vorbeifließenden Strom benutzen. Wo die Ableitung der bisher in den Strom geführten Kloakenflüssigkeit angeordnet wird, soll den städlischen Behörden zur Herstellung anderer Einrichtungen Zeit gelassen werden. Ueber Stromverunreinigungen dritter Gattung behält sich das Lokal⸗Verwaltungsamt die oberste Auf⸗ sicht vor, so daß also keine Verordnung zur Aussetzung ohne Bestätigung des Londoner Regierungsamts in Kraft zu treten vermag.

Der „Daily News“ wird aus Bristol gemeldet, daß die Ad⸗ miralität unlängst von allen bedeutenden Schiffs eigen⸗ thüm ern im Vereinigten Königreich ein Verzeichniß ihr er Dampfer und Segelschiffe nebst Angabe des Tonnen— gehaltes und der Zahl der Mannschaft verlangte, nach dessen Ablieferung eine Anzahl von Schiffen ausgewählt und wvor— läufig Cemiethet wurde, das heißt die Admiralität machte die Eigenthümer verbindlich, eventuell diese Schiffe mit Bemannung möglichst bald nach erfolgter Ankündigung Seitens der Regie⸗ rung zur Disposition zu stellen. Die Zahlung wurde indessen noch nicht vereinbart, es mird diese Frage erst dann in Betracht gezogen werden, wenn die Schiffe wirklich zur Verwedung kommen.

Antlicher Anzeige zufolge wird am nächsten Freitag vor Mr. Rothery von der Admiralitäts⸗Abtheilung des hohen Ge⸗ richtshofes eine Untersuchung über das Verhalten der Hafen⸗ beamten am Bord des Schleppdampfers „Palm erston“'“ an⸗ läßlich des Unterganges des „Strathelyde“ nach dessen Zusammenstoß mit der „Franconia“ eröffnet werden-

Frankreich. Paris. 11. Juni. Die hiesigen Blätter haben die Erklärungen Dis raeli's fast durchweg mit Freu⸗ den aufgenommen und sind den friedlichsten Hoffnungen geneigt. Als Hauptergebniß des von ihm aufrecht erhaltenen Einver⸗ ständnisses der Mächte wird der auf Serbien geübte Druck be⸗ trachtet, einem raschen Friedensbruch sei dadurch glücklich vorge⸗ beugt und die Türkei habe sich auf den richtigen Weg begeben. In Europa sei durchaus der feste Wille vorhanden, den Frieden nicht zu stören.

Die Berathungen über die Geschäftsordnung im Senat sind nun beendet: nur ein einziger Artikel gab zu leb⸗ hafteren Debatten Veranlassung, nämlich Art. 130, welcher be⸗ stimmt, daß, wenn ein vom Senat angenommenes Gesetz von der auderen Kammer geändert worden, der Senat, ehe er an die neue Berathung geht, eine Kommission ernennen kann, um mit der Deputirtenkammer sich vorher Über einen gemeinsamen Text zu verständigen. Diese Bestimmung wurde lebhaft von der Rechten bekämpft, aber endlich angenommen.

In der Deputirtenkammer hat, wie bereits gemel⸗ det, M. Laisant einen von 127 Abgeordneten unterzeichneten Antrag auf Abänderug des Rekrutirungsgesetzes vom 27. Juli 1827 eingebracht. Derselbe verlangt Reduzirung der Dienstzeit in der aktiven Armee von fünf, auf drei Jahre; ferner sollten die Bestimmungen über die bedingungsweise ein sährige Dienstverpflichtung dahin geändert werden, daß nach dem ersten und zweiten Dienstjahre in der aktiven Armee die— jenigen Mannschaften, welche eine hinreichende militärische Aus—⸗ bildung nachweisen könnten, in die Reserve des stehenden Heeres eintreten dürften, nachdem sie vor einer Kommission ein Examen bestanden. (S. u. Versailles.)

Versailles, 12. Juni. (W. T. B. In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer interpellirke Laisant (radi⸗ kal) den Kriegs⸗Minister über die kürzlich erfolgte Ern enn ung von zwei Offizieren, welche er als illegal bezeichnete. Der Kriegs⸗-Minist er wies die Legalität der Ernennung nach und der Zwischenfall wurde damit geschlofsen. Im weiteren Ver⸗ laufe der Sitzung brachte Lais ant einen Antrag ein, dahin gehend, die Militärdienstzeit auf 3 Jahre herabzusetzen und das Institut der Einjährig-Freiwilligen abzuschaffen. Der Kriegg⸗ Minister sprach sich gegen diesen Antrag aus, ebenso Gambetta, welcher erklärte, die Zelt für derartige Aenderungen sei noch nicht gekommen; das Budget und die KRekrutirung der Subaltern⸗ offiziere ließen die Annahme des Antrages nicht zu, der jedoch einer reiflichen Ueberlegung werth sei. Der Antrag wurde schließlich mit 238 gegen 197 Stimmen ab gelehnt.

Italien. Rom, 10. Juni. Der nig wird die Hauptstadt nach Empfang der marokkanischen Gesandtschaft, welche in den ersten Tagen der nächsten Woche erwartet wird, verlassen.

Der Artikel des „Diritto“ über den Bestand der italienischen Armee hat hier und da Kriegsbefürchtungen er⸗ weckt, Um die Gemüther wieder zu beruhigen, erklärt daher das „Diritto“ vom 7.: „Manche Zeitungen haben unserm das italienische Heer e ren Artikel eine Bedeutung gegeben, die er nicht hatte und nicht haben konnte. Es ist darin weder von Militärkon

gefahren die Rede, sondern wir konstatirten nur unseren gegenmärtigen Heeres bestand, um zu zeigen, daß wir nicht mehr von Ereignissen , werden können. Italien, wir müssen es wiederholen, will d

Nation,

muß die Stimme einer großett welche verlaͤngt,

sein ihrer Kraft getragen werden. Die ltalienische Regierung,

land und Amerika streitige Auslieferungsfrage, die

fürchtet, wird ihrem friedlichen Programme, welches auch das

vention mit anderen Mächten noch von drohenden Kriegs

w en Frieden. Aber in der 6 bedenklichen Lage, in welcher sich Europa gegenwättig be . .

man . Gehör schenke und Fechttung trage, hon dem Bewußt⸗ ĩ

wir behaupten es mit sener Sicherheit, welche keinen Widerfptüh

rogramm des ganzen Landes ist, treu bleiben, aber sie ist auf . Hut und ö. das Vertrauen, daß ihre Rathschläge zu Gunsten des Friedens nicht allein nicht überhört, sondern auch mit Erfolg vernommen werden.“ . Der Minister der öffentlichen Arbeiten wurde in der vorgestrigen Kammersitzung durch die Abgeordneten Gindici und Bertano über den Stand der Arbeiten und über die Lage der Gotthardb ahn-Gesellschaft gefragt. Seine bereits telegraphisch kurz mitgetheilte Antwort schloß mit der Versicherung, daß die Regierung vom Parlamente keine höheren als in der Berner Konvention festgesetzten Subsidien zum Bau der Gotthardbahn verlangen, werde, zumal sie größer seien, als die von Deutschland be⸗ willigten. Der Minister fügte noch hinzu, man könne nicht behaupten, daß die Gesellschaft ihre Bauverbindlichkeiten über⸗ schritten habe, und sprach das Vertrauen aus, daß sie ihren Pflichten nachkommen werde, indem er betonte, daß die italie⸗ nische Regierung ganz energisch auf den Vollzug der Berner Konvention bestehen werde. . Den „Ital. Nachr.“ zufolge hat der Madrider Nuntius dem pästlichen Stuhle ein Memorandum der spanischen Bischöfe zugesandt, worin diese anfragen, wie fie sich der neuen Konstitution gegenüber zu verhalten haben und der P ap st hat dieses Memorandum einer Kardinal⸗Kongregation überwie⸗ fen, welche am 9. d. M. Vormittags zur Berathung zusammen⸗ getreten ist. . Der klerikale ‚Monitore“ von Rom, welcher für die Betheiligung der Klerikalen an den Wahlen für die Kommunal⸗ und Provinzialräthe kämpft, erklärt, daß zu seinem großen Bedauern die Gegner jeder Wahlbetheiligung trotz der vom Papste und Bischöͤfen und Erzbischöfen gebilligten Be⸗ schlüsse der Katholikenversammlungen in Venedig und Florenz es durchgesetzt haben, daß beschlossen worden ist, an den bevor⸗ stehenden Administrativwahlen keinen Antheil zu nehmen. Nach anderen klerikalen Blättern wird am Sonnabend Abend eine deutsche Pilgerkaravane von mehr als 300 Köpfen unter der Leitung von fünf Bischöfen, dem Fürsten Löwenstein und Baron Los in Rom eintreffen und dem Papste am Jahres⸗ tage seiner Krönung und Erhebung auf den päpstlichen Stuhl ihre Aufwartung zu machen. Demnächst wollen sie die Heilig⸗ thümer von Loretto und Subiaco besuchen.

Türkei. Konstantinopel, 12. Juni. (W. T. B) Der Sultan hat den Großvezier aufgefordert, ihm noch im Laufe dieser Woche das von ihm verfaßte Regierungs⸗ programm zu übergeben, indem er sich geneigt erklärte, das Programm, welches ihm in den Grundzügen bereits bekannt ist, anzunehmen. Midhat Pascha ist mit der Ausarbeitung des Projeltes für den neu zu bildenden Nat ionalrath betraut worden, welcher sich ausschließlich mit den Finanzen beschäftigen und das Budget berathen soll. ö

Der Scheik-ul-Islam hat in den türkischen Jour— nalen folgende telegraphisch bereits erwähnte Bekanntmachung an die Adresse der Softahs erlassen: .

Es ist zu meiner Kenntniß gekommen, daß in den letzten Tagen mehrere tadelnswerthe Ereignisse unter den Talebes (den Studiren—⸗ den) vorgefallen. Allerdings finden sich in allen Klassen der Gesell⸗ schaft unwissende Menschen und die kein Gewissen für ihre Pflichten haben, aber die Softahs, welche die Klasse der Studirenden ausmachen und folglich gebildete Leute sind, welche die religiõsen Vorschriften kennen, dürfen sich nicht unziemliche und tadelnswerthe Handlungen erlauben. In Folge . habe ich für nothwendig erkannt, ihnen folgende Verhal- tungs maßregeln zu gehen: Die Talebes sollen sich fortan ausschließlich mit ihren Studen beschäftigen und ihre Zeit nicht mit dem Besuch der Kaffeehäuser und öffentlichen Orte verlieren, um sich dem Tric— Trac, bem DameSpiel und anderen Vergnügungen hinzugeben, die ihnen durch das Religionsgesetz verboten sind; sie sollen es unterlassen bewaffnet und in Gruppen einherzugehen und, mit einem Wort, sich nicht Handlungen hingeben, welche mit dem Anstand und der musel⸗ manischen Moral im Widerspruch stehen. .

Wer diesen Anordnungen entgegen handelt, hat die Verantwort⸗ lichkeit für seine Handlungen zu tragen. Spezial Mémurs, die vom Scheiknul⸗ Islam Kapussu ernannt sind, werden die dawider Han⸗ delnden der Polizei anzeigen und sie zur Bestrafung verhaften lassen.

Der „HPolitischen Korrespondenz“ gehen aus Bel grad weitere Mittheilungen über die Antwort der serbischen Regierung auf die Anfrage der Pforte, betreffend die in Serbien vorgenommenen Ruͤstungen, zu. Durch dieselben wird bestätigt, daß die Antwort durchaus in versöhnlichem Geiste gehalten ist und den ern ten aufrichtigen Willen der serbischen Regie⸗ rung den Frieden nicht stören zu wollen, zum Ausdruck bringt. Die serbische Regierung habe eigentlich niemals an Rüstungen gedacht, sondern wolle nur ihre Militär⸗Organisation nach dem Prin⸗ zipe der allg meinen Wehrpflicht vollenden. Die in letzter Zeit erfolgten Offiziersernennungen entsprächen dem normalen Be⸗ dürfnisse. An Krieg oder Bedrohung der Integrität der Türkei habe die serbische Regierung um so weniger denken können, als die Erhaltung dieser Integrität gerade durch das hohe Interesse Serbiens begründet sei. Was die zeitweilige Besetzung der Grenzen anlange, so sei die serbische Regierung zu dieser Maß⸗ regel durch die außerordentlichen Verhaäͤltnisse in den Grenz⸗ provinzen und namentlich durch die gewiß gegen den Willen der türkischen Lokalbehörden vorgekommenen Verletzungen des ser⸗ bischen Territoriums genöthigt worden. Uebrigens liege der ser⸗ bischen Regierung die Regelung einiger im Laufe der Zeit her⸗ vorgetretenen Schwierigkeiten am Herzen und werde 1 zu die⸗ sem Zwecke einen Spezialbevollmächtigten nach Konstantinopel entsenden. Die Antwort schließt mit der Versicherung, daß es der konstante Wunsch der serbischen Regierung sei, mit der tür⸗ kischen Regierung die besten Beziehun gen zu unterhalten.

Aus Ragusa meldet das ‚W. T. B.“ unter dem 12. Juni; In Folge der Seitens der türkischen Regierung er⸗ lassenen Amnestie waren bis jetzt von hier acht Familien in ihre Heimath zurückgekehrt. Zwei Mitglieder derselben sollen am 10. d. in Ravyno von Muhamedanern ermordet worden sein. Die hier weilenden Emigranten haben noch auf zwei Tage Unter⸗ stützung erhalten, dieselbe soll ihnen indeß fernerhin, wie ver⸗ lautet, nicht mehr gewährt werden.

Ueber die bul garische Insurrektion wird der „Pol. Corr, aus Rustschuk vom 5. Juni gemeldet:

Der bulgarische Aufstand greift immer mehr um sich. Wenn man die Eruptienslinie des Aufstandes genau ins Auge faßt, so muß man zur Ueberzeugung kommen, daß die Leiter der Bewegung das ganze Gebiet, welches füdwestlich von der Donau liegt, und im Norden sich bis Turtukan, im Westen een Bgzardjik, im Süden bis Edrineh (Adrianopel) und im Osten bis über Samakow sich erstreckt, zum Insurrektioneschauplatze bestimmt haben. Es ift dies

ein durchgehends gebirgiges, von einer zähen und tapferen Bevölkerung

bewohntes Gebiet. Nachdem die Gegenden um Philippopel, Tatar- bazardjik, Slivno, Jamboli, Trnova, Gabrova, Ichtiman und Samokowo bereits insurgirt sind, soll sich die Insurrektion nun auch dem Herzen Bulgarienz nähern und wurde das Signal gegeben, die Gegend von

zwischen dieser Stadt und Nikopoli. Um Sistow herum liegen sehr schönz, große Dörfer, welche von einer Bevölkerung bewohnt sind, die an allen Aufständen von 1862, 1867 und 1868 lebhaften Antheil ge— nommen hat.

In Oftscha, einem der größten Dörfer, haben die Agenten des bulgarischen Central-Comits seit Wochen den Aufstand, der die ganze Casa (Bezirk) umfassen soll, vorbereitet und orga—⸗ nisirt. Die. Dorfältesten, durch, die furchtbarsten Dro⸗ hungen eingeschüchtert, wagten es nicht, die Aufstandsvorberei⸗ tungen zu verrathen, die Geistlichen und Schullehrer be— theiligten sich aktiv daran und so kam es, daß die Vorbereitungen zu Ende geführt werden konnten, ohne daß die Behörden auch nur daz Geringste geahnt haben. Am 3. Juni gab,. JIvantscha, der vom Comits nominirte Chef, das Signal und die Flammen des Auf— standes schlugen in der ganzen Gegend empor. Hamero, eine bedeu⸗ tende Oitschaft, hat am selbigen Tage ihre Mannschaft mit jener von Oftscha . und sind in diesem Augenblicke bei 3500 Insurgenten bei Oftscha konzentrirt, . ; zi gestern im hiesigen Konak des Vali die Nachricht von dieser Bewegung einlief, war man * rathlos. Das Erste, was man be⸗ nöthigt, sind Truppen, und diese sind nicht zur Hand. Es wurde also Fazyl Pascha benachrichtigt, sich in aller Eile mit seiner ganzen Truppenmacht gegen Sistow zu wenden. .

Rußland und Polen. St. Petersburg, 11. Juni. Der türkische Botschafter am hiesigen Hofe, Ka bul Pascha, ist Seitens der Hohen Pforte aufs Neue in seiner Stellung be⸗ glaubigt worden. .

Der „Turkestan⸗3ig. zufolge werden die Einnahmen der Provinz Ferghanah auf 679,000 Rbl. für dieses und auf 1,360, 000 Rbl. für das nächste Jahr, die Verwaltungskosten werden auf 391,700 Rbl. für 1876 und auf 523,900 Rbl. für 1877, und die außerordentlichen Ausgaben auf 1,662,300 Rbl. geschätzt. Dasselbe Blatt zeigt an, daß die Befestigungsarbeiten der Stadt Kokhand am 19. März beendet waren.

Dänemark. Kopenhagen, 11. Juni. Im Folkethinge fand gestern die zweice Lesung des Gesetzentwurfes, betreffend die Bewilligung von 2 Millionen Kronen zur Anschaffung von neuen Feldgeschützen, statt. Der Kriegs⸗Minister konstatirte, daß zwischen Regierung und Ausschuß in Betreff des Inhalts des Gesetzentwurfes Einigkeit sei. Bezüglich der Klage über die Langsamkeit der Proben räumte er ein, daß er mit voller,. Ueberlegung unterlassen, einen Druck auf die Artillerie auszuüben; diese sei nämlich lange Zeit der Meinung gewesen, eine Vorderladungskanone erhalten zu können, welche der Hinterladungskanone ebenbürtig sei. Gerade die Langsamkeit, womit die Sache behandelt, bürge dafür, daß das Resultat, wozu man gekommen, das beste sei. Nachdem noch einige Redner gesprochen, wurde der Uebergang des Gesetzentwurfes zur dritten Lesung mit allen gegen? Stimmen angenommen. .

Ein sozialistischer Kongreß, zu welchem Reprä⸗ sentanten der verschiedenen hier im Lande bestehenden sozialisti⸗ schen Vereine erschienen waren, wurde in den Tagen vom 5. bis 9. d. M. hierselbst abgehalten. Nach dreitägiger Verhandlung, während welcher von Seiten einer Minorität gegen Pio ein Theil Opposition gemacht wurde, weil er, wie man meinte, die sozialistische Partei „zu monarchisch“ organisiren wolle, wurde das Programm der dänischen sozialdemokratischen Partei‘ sowie die „Statuten

der Partei angenommen, welche beiden Aktenstücke in der gestrigen Nummer des „Soz.⸗Dem.“ veröffentlicht werden. Als das zu erstrebende Ziel der Partei wird „ein freier Staat und eine sozialistische Gesellschaft“ erklärt; die „Arbeitsmittel“, welche jetzt „das Monopol der Kapitalisten“ sind, sollen gemeinschaftliches Eigenthum sein und allen Mitgliedern der Gesellschaft zur Be⸗ nutzung stehen; das „System der Lohnarbeit“ wird abgeschafft und die Lösung der sozialen Frage soll mit der „Ein⸗ richtung von Produktionsvereinen mit Staatshülfe unter demokratischer Kontrole des arbeitenden Volkes“ beginnen. Für Industrie und Landwirthschaft werden die Pro⸗ duktions vereine auf die Weise eingerichtet, „daß die sozialistische Ordnung anus der gemeinschaftlichen Arbeit entstehen kann. Die Ländereien der Predi gerhöfe sollen eingezogen und alle zum Verkauf stehenden Landgüter vom Staate angekauft und an Häusler und Tagelöhner verpachtet werden. Als „Fundament des Staates“ werden schließlich eine Reihe Forderungen auf⸗ gestellt, wie z. B. „direkte Gesetzgebung durch das Volk“, aus welcher hervorgeht, daß die Sozialisten die bestehende Verfassung vollständig aufgehoben wissen wollen.

Amerika. Washington, 13. Juni. (W. T. B) Der Präsidentschaftskandidat der republikanischen Partei, Blaine, ist von einem Schlaganfall getroffen worden und schreitet seine Genesung nur langsam fort. Sein Erfolg in der demnächst zusammentretenden Nationalkonvention in Cineinnati scheint demnoch zweifelhaft.

Haiti. Port au Prince, 11. Mai. Auf die un⸗ ruhigen Zeiten hier ist nun völlige Ruhe gefolgt; die Geschäfte gehen ihren gewöhnlichen Gang. Das revolutionäre Comité hat eine aus fünf angesehenen Männern bestehende provisorische Regie⸗ rung gewählt, an deren Spitze Boissond⸗Canal als Pröäsident steht. Man ist mit den Vorbereitungen zu den Wahlen beschäf⸗ tigt. Die nächste Aufgabe der neuen Kammer wird die Wahl eines neuen definitiven Präsidenten sein.

Venezuela. Caracgs, 11. Mai. Unsere Kirchen⸗ frage ist durch eine vorgestern vom Gesammt⸗Ministerium im Auftrage des Präsidenten dem Kongreß eingereichte Botschaft in ein neues Stadium getreten. Der Praͤsident fordert vollständige Lossagung von Rom, Gründung einer venezolanischen National⸗ kirche, in welcher von den Gläubigen die Priester, von den Pfarrern die Bischöfe und der Erzbischof vom Kongreß gewählt werden. .

In seiner Antwort konstatirt der Kongreß sein Einver— ständniß mit dem Vorschlage des Präsidenten, weil alle Versuche gütlicher Einigung mit Rom erfolglos e fei die Ausarbeitung des Gesetzes, betreffend die Gründung einer unabhängigen Nationalkirche bereits in Angriff genommen.

Afrika. Marokko. Aus Casablanca, 23. Mai, geht der „Osts. Ztg.“ ein längeres Schreiben eines deutschen Kauf⸗ manns zu, in welchem auf die günstige Lage Marokkos als Durchgangspunkt für den Waarenverkehr mit dem Sudan und dem Innern . aufmerksam gemacht wird, und an dessen Schluß es heißt: 3. 1 n. Zeit hatten wir in Cgsablanca einen hohen Gast zu empfangen, nämlich den Kaiser von Marokko. Selbst die ältesten Leute wußten sich eines Kaiserlichen Besuches nicht zu entsinnen, und nimmt man daher an, daß es das eiste Mal in diesem Jahrhundert ist, 3. der . 3. goherz . u Theil wurde. Kein europäischer Für innte mit g 5 als be er von Matoklko, und von dem ungeheuren Luxus,

eblieben seien. Deshalb

Pomp auf Reisen auf⸗

sich der Kaiser drei Tage lang hier auf. Den ersten Tag über ver- weilte Se. Majestat vor den Thoren in einiger Entfernung von der Stadt, bis sich der ganze Troß, 25, 000 Mann stark, gesammelt hatte. Vom Morgen bis zum Abend wurden von den Forts sowie um die Stadt herum Salutschüsse gelöst und am nächsten Morgen hielt der Kaiser mit 14, Mann Soldaten, darunter 60090 Reiter und 24 Kanonen, seinen feierlichen Einzug in die Stadt. Die bunte Armee bietet einen inteiessanten An— blick dar. Disziplin und Ordnung sind unbekannte Dinge, und wer diese Armee gesehen, der wird sich sagen müssen, daß sie im freien Feld einer geordneten europäischen Truppenmacht unmöglich widerstehen kann. Nachdem der Kaiser unter Kanonendonn:r die Forts inspizirt hatte, kehrte er in sein Lager zurück. Am Thore der Stadt, welches er zu passiren hatte, war ein Regiment der Kaiserlichen Leibgarde als Ehrenwache aufgestellt und auch sämmtliche europäische Konsuln erhielten neben ihrer gewöhn= lichen Militärwache eine solche während des Aufenthaltes Sr. Majestät in Casablanea. Am Abend fand von Seiten des englischen Konsulats zu Ehren des Kaisers ein großes Feuerwerk statt, und am nächsten Vormittag begaben sich sämmtliche Konsuln in Gala ⸗Nniform, sowie Repräsentanten der hiesigen euro- päischen Kaufmannschaft zum Kaiser, um ihm der Landessitte gemãß als Zeichen der Ehrerbietung ein Geschenk zu überbringen. Se. Majestät empfing die Herren mit großer Freundlichkeit, und nachdem er sich sehr zufrieden über ihr Verhalten und ihre Bestrebungen aus= gesprochen, beehrte er sie mit reichlichen Gegengeschenken. Darauf setzte der Kaiser seine Reise nach der Richtung von Melilla fort.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 12. Juni. In der gestrigen Sitzung der Ju stiz⸗—

kommission des Deutschen Reichstages wurde zunächst vom

Abg. Miquel der gegen Ende der vorigen Session beantragte Zusatz

zum 5. 123 der Strafprozeßordnung, daß im Scrutinialverfahren auf

Antrag des Beschuldigten zur Feststellung erheblicher Entlastungs⸗

gründe der Richter verpflichtet sein soll, auf die entschledenen und ein

gehend motivirten Gegenerklärungen der Bundeskommissare zurück⸗

gezogen und an dessen Stelle auf den Antrag desselben Abgeordneten

und des Abg. Pfafferott eine neue Bestimmung hinter §. 140 einge

fügt, welche folgendermaßen lautet:; „Beantragt der auf Antrag der

Staatsanwaltschaft veinommene Beschuldigte zu seiner Entlastung in Ge⸗ mäßheit des §. 123 einzelne Beweis erhebungen, und erachtet der! mtsrichter die selben für erheblich, so ist dem Antrage in soweit stattzu⸗ geben. Der Amterichter hat der Staatsanwaltschaft bei Rücksen dung der auf deren Antrag gepflogenen Verhandlungen unverzüglich von seiner Anordnung Kenntniß zu geben. Er hat demnächst die aufge= nommenen Verhandlungen ver Staatsanwaltschaft zu übersenden. Von Untersuchungshandlungen, durch welche die Spuren der ftraf— baren Handlung verwischt oder einer wiederholten Besichtigung ent⸗ zogen werden könnten, ift dem Staatsanwalte, wenn thunlich, so recht⸗ zeitig Kenntniß zu geben, daß Letzterer bei Vornahme derselben an⸗ wesend sein kann.“ Entsprechend diesem von der Kommission ge⸗ faßten Beschlusse wurde dem §. 139, 1 folgender Satz angefügt: „Die Staatsanwaltschaft hat hei der Erforschung des Sachverhalts nicht blos die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände zu ermitteln und sofern eine Vor- untersuchung von ihr nicht beantragt wird, für die Erhebung der⸗ jenigen Beweise, deren Verlust für die Hauptverhandlung zu besorgen steht, oder deren Aufnahme zur Vorbereitung der Vertheidigung des Beschuldigten erforderlich erscheint, Sorge zu tragen.“ Hierauf begann die Kommission die Berathung des Abschnittes über die ge⸗ richtliche Voruntersuchung und nahm Nr. 2 des 5. 149,2 auf den Antrag des Aba. Wolffson in folgender Fassung an „(In Strafsachen, welche zur Zuständigkeit der Landgerichte ge— hören, findet die Voruntersuchung statt; wenn der An— geschuldigte dieselbe in Gemäßheit des 5. 1653. beantragt und er⸗ hebliche Gründe geltend macht, aus denen eine Voruntersuchung zur Vorbexeitung seiner Vertheidigung erforderlich erscheint. Der Be= schluß der Kommission in erster Lesung, daß die Verfügung, durch welche die Voruntersuchung eröffnet worden ist, von der Staatsanwalt. schaft erst angefochten werden kann, wurde gestrichen und dafür auf den Antrag der Abgg. Becker und v. Schwarze folgende Bestimmung genehmigt! „Gegen die Verfügung, durch welche auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Voruntersuchung eröffnet worden ist, kann der Angeschuldigte Widerspruch erheben, wenn er behauptet, daß das Ge⸗ richt unzuständig oder daß die Strafverfolgung über die Vorunter⸗ suchung unzulässig sei, oder daß die in dem Antrage bezeichnete That nicht unter ein Strafgesetz falle. Ueber den Widerspruch beschließt das Gericht. Der Beschluß kann von dem Angeschuldizten nicht durch Beschwerden angefochten werden. Die Kommission ge⸗ langte in ihrer gestrigen Berathung bis zu 5§. 160 einschließlich, indem sie zu §8§. i5ß und 158 noch einige weniger wesentliche Abän . derungen der Beschlässe in erster Lesung genehmigte.

Statistische Nachrichten.

Das Bureau Veritas veröffentlicht folgende Statistik der im Monat April d. J vorgekommenen Schiffsun fälle. Von Segelschiffen sind zu Grunde gegangen; 28 englische, 10 deutsche, 8 französische, norwegische, 7 niederläͤndische, 6 amerikanische, 4 schwe= dische, 3 dänische, 2italienische, 1 österreichisches, 1“ portugiesisches, 10 mit unbekannter Flagge; dabei sind 5, die als verloren angesehen werden, weil man keinerlei Nachricht von ihnen hat. Von Dampf⸗— schiffen: 4 englische, 1 amerikanischeg, 1 italienisches, 3 mit unbe= kannter Flagge; darunter 1, das als verloren angesehen wird. ;

Das xussische Unrerrichtablatt“ giebt eine Ueber sicht über alle in Rußland beftehenden mittleren und höheren Lehr— anstalten. Danach besaß Rußland an AUniversitäten 1866 die von St. Petersburg, Moskau, Kasan, Charkow, Kiew, Odessa und Dorpat. Von 1866 bis 1876 sind errichtet: die Unigeisitat von Warschau, das historischphilologische Fastitut von St. Peters: burg, das des Fürsten Bezborodko zu Niejine, das Lazaren Institut für die orientalischen Sprachen in Moskau, daz Ackerbau. und Forft - Institut in Neu Alexandrien, drei Veterinär Institute zu Kasan, Fharkow und Derpat und das juridische Demidow - Institut zu Jaroslaw. Mittlere Schulen bestanden 1866 im Ganzen 128. nämlich 101 Gymnasten, 7 Progymnasten, 11 Gewerbe. und 9 Normalschulen. Von is66 bis 1876 wurden gegründet: 32 Symnafien, 63 Progymnasien. 42 Gewerbeschulen und 62 Spezial,. Rormal und Handelz. und Gewakschulen. Dafür liefern die Städte und Distrikte sährlich einen Beitrag von 678,187 Rubel. Für Mäd⸗ chen bestanden vor 1866 39 Gymnasien und Schulen ersten Ranges und 55 Progymnasien und mittlere Schulen; von 1866 biz 1876 sin gegründet ö Gymnasten und 935 Progymnasien. Auch für die Kürghisen sind viele Schulen errichtet, die blühen und sich guter Frequenz erfreuen. Selbst unter der nomadistrenden Bevölkerung hat man mit Erfolg begonnen, den Unterricht zu fördern; in den Hauptorten der Distrikte werden Pensionate und Erziehungsanstalten

gegründet. Kunst, Wissenschaft und Literatur.

ad Nauheim ist am 109. Juni Dr theol. und ꝑhil- Sul nh Ch d Petermann, Professor an der hiesigen Universität ünd Mitglied der Akademie der Wissenschaften, gestorben. Peter, mann, geb. 1806 zu Glauchau im Königreich Sachsen, lebte seit 1857 als außerordentlicher Professor zu Berlin und hat sich besonders um die armenische Sprache und Literatur verdient gemacht; seine lateinisch geschrlebene Grammatik der armenischen Sprache erschien 1887; von der „Porta linguarum orientaliume die das Arab ische , ,. Abtheilung 1840. die chaldäische und armenische Abtheilung 1841;

Sistow (bulgarisch Swistowo) zu insurgiren. Sistow, eine bedeu⸗ a. Handelsstadt, liegt südöstlich von Rustschuk, auf halbem Wege

mit welchem der Kaijerliche Hof umgeben ist, kann man sich in Deutschland schwerlich eine Vorstellung machen. Im ganzen hielt

die ‚Reise in den Orient“ 1862.

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