CSommnerda angefertigt weren, verbleibt daselbst ein Kommando,
welches der Direktion der Munitionsfabrik in Erfurt unterstellt wird. — Auch die gemäß der Allerhöchsten Kabinetsordre vom 30. November 1872 für die Dauer des dies fälligen Bedürfnisses eingesetzte Gewehr⸗Abnahme⸗sFommission in Suhl ge⸗ langt mit dem 21. Juli d. J. zur Auflösung. Bestellungen auf Lieferung von Waffentheilen Mel dürfen schon vom 1. Juli 1876 nicht mehr an die genannte Kommission gerichtet werden.
— Den Erben eines Beamten, welcher vor der Entschei⸗
dung über die von ihm eingelegte Berufung gegen ein seine
Dienstentlassung aussprechendes Disziplinarerkenntniß verstirbt, ist nach einer Entscheidung des Finanz. Ministers vom 3. v. M. die während der Suspenfion des Erblassers vom Amte einbe⸗ haltene . des Diensteinkommens für alle Fälle unverkürzt nachzuz ;
— Der Kaiserliche Botschafter am österreichisch⸗ungarischen Hofe, Graf zu Stolberg-⸗Wernigerode, hat am 18. d. M. einen ihm hewilligten Urlaub angetreten, und die Gejchäfte der . dem Kaiserlichen Legations⸗Rath Grafen Dönhoff übergeben.
e der Kaiserliche Botschafter in St. Petersburg, General⸗
Lieutenarck von Schweinitz, tritt heute eine Urlaubsreise an.
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hat Berlsbn sses ist von der Beobachtung
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loben, deren Eheschlie
Unberührt.“ Art. 5 handelt von der Zeit der Einfü
Die Leitung der Kaiserlichen Botschaft übernimmt für die Dauer
seimer Abwesenheit der Kaiserliche Legations-Rath Graf BVerchem,
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— Fürst Isenburg⸗Birstein list vorgestern Abend mach Birstein zurückgekehrt. ö — Der General⸗Lieutenant von Dannenberg, Comman⸗ Deur der 2. Garde⸗Infanterie⸗Division ist von der Musterung und Inspizirungsreise nach Coblenz hierher zurückgekehrt. .
— Der Kaiserlich russische Adelsmarschall Fürst Repnine, welcher sich einige Tage hier aufgehalten hatte, ist gestern nach Wiesbaden abgereist. . K
— Das deutsche Mittelmeer⸗Geschwader ist, telegra⸗ Phischer Nachricht zufolge, am 18. d. M. früh in Malta ein⸗ getroffen. KN
Bayern. München, 16. Juni. Die neue Land⸗ tagswahl der Stadt München gelangt morgen in der VI. Ab⸗ fen der Kammer zur Prüfung; der Referent, Abg. Häuser, beantragt, die wiedergewählten fünf Abgeordneten für legitimirt zu erklaren. .
—
— Die von einzelnen klerikalen Organen und Mitgliedern der patriotischen Fraktion versuchte Ableugnung, ihrer⸗ seits den Sozialdemokraten bei der Nachwahl für München I. ein Wahl bündniß angeboten zu haben, wird jetzt nachträglich durch eine Aeußerung eines sozialistischen Führers, des Hrn. Pröbstl, auf ihren wahren Werth zurückgeführt. Derselbe erklärte nämlich, der „Südd. Pr.“ zufolge, in einer Parteiversamm⸗ lung der Sozialdemokraten in Neuhausen, daß seine Partei sich der Wahl enthalten habe, weil ein Erfolg nicht zu erwarten gewesen; hätte ein solcher erreicht werden können, so wäre er der Erste gewesen, der einem Kompromiß, gleichviel mit welcher Partei, zugestimmt hätte. Thatsächlich fei der von den Ultra⸗ montanen angebotene eine Abgeordnete zu wenig gewesen gegen⸗ üher den vier Ultramontanen, welche sie hatten durchbringen helfen müssen. Schließlich sei der ganze Kompromiß nur an dem ein⸗ zigen Nebenumstand gescheitert, daß die von ihm geforderte Meberlassung des Kasinosaales für drei im Sommer abzuhal- tende sozialdemokratische Parteiversammlungen zurückgewiesen worden sei.
— In der diesjährigen protestantischen Pastoral—⸗ konferenz, welche am 14. und 15. d. in Erlangen statt⸗ fand, wurden von den Herren Pfarrer Großmann in Hof,
farrer Dr. Hartmann zu St. Leonhard bei Nürnberg, Dekan Holzhausen zu Kempten und Dekan Müller zu Schweinfurt über die bisherigen Erfahrungen aus dem Gebiete der Seelsorge in Folge des Reichsgesetzes über die Beurkundung des Personen⸗ standes und die Eheschließung Mittheilungen gemacht. Im All⸗ gemeinen ist nach denselben das Gesetz ohne schädliche Folgen für die Gemeinden geblieben, indem die kirchlichen Trauungen und Taufen in sehr günstigem Verhältniß zur Zahl der Ehe⸗ schließungen und Geburten stehen. In Ansbach z. B. ist das Gesetz bezüglich seiner Einwirkung auf die kirchlichen Verhältnisse ganz spurlos vorübergegangen.
Sachsen. Dresden, 17. Juni. Die Erste Kammer genehmigte in ihrer heutigen Sitzung den Gesetzentwurf über die Schonzeit der jagdbaren Thiere, welchen die Zweite Kammer dem won der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf über die Schonzeit der Rebhühner substituirt hatte, mit einigen Abänderungen, lehnte hierauf den von der Zweiten Kammer zu dem Geseßtzentwurfe, einige Bestimmungen der revidirten Strafprozeßordnung betref⸗ fend, beschlossenen Zusatz ab und bewilligte sodann unverkürzt das Nachpostulat von 480,000 66 zu dem Neubau und der Einrich⸗ tung des Polgiechnikums in Dresden. Schließlich stimmte die Kammer den über einige Abtheilungen des Budgets mit der Deputation der Zweiten Kammer vereinbarten Vermittelungs⸗ vorschlägen zu.
— (W. T. B.) Zeitungsnachrichten über bevorstehende Veränderungen in unserem Ministerium gegenüber kann ver⸗ sichert werden, daß bezüglich des Nachfolgers unseres Finanz⸗ Ministers, v. Friesen, dessen Rücktritt im September erfolgen Dürfte, zur Zeit Etwas noch nichts bestimmt tst. Das in den letzten Tagen hierselbst stark verbreitet gewesene Gerücht, Herr v. Friesen werde durch unseren gegenwärtigen Minister des In⸗ nern, Herrn v. Nostig-⸗Wallwitz, ersetzt werden, kann heute positiv Als unbegründet bezeichnet werden. Herr v. Rostitz Wallwitz wird sein Portefeuille nicht mit dem der Finanzen vertauschen.
Sessen. Darmstadt, 17. Auni. Heute trat die Er ste Kammer zu einer kurzen Sitzung zusammen, in welcher, in Uebereinstimmung mit deim Beschlusfe der Zweiten Kammer, das Tinanzgesetz für das zweite Semester werlängert wurde. — Der Besetzentwurf, welchen die Regierung bezüglich der Aufhebung der wein käuflichen Copukation den Ständen vorgelegt seht dahin: „Act. 1. Die Rechtsgültigkeit eines einer Form ⸗Vor⸗ Das Verlöbniß erfor⸗ daß diejenigen Personen ein⸗
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chrift nicht abhängig. Art. 2. . zu seiner Gültigkeit,
willigen, deren Einwilligung es zur Cheschließung bedarf.
Art. 3. Nur Die . können sich giltg mit einander ver⸗ ung nach 8. 33 Pos. 1—4 und 5. 34
des Reichsgesetzes vom Februar 1875 nicht verboten sst.
Art. 4. Aus einem BVerlbbniffe kann nicht auf Eingehung der Ehe e ig werden. Die bestehenden Vorschriften über die ver⸗
mögengrechtlichen Folgen des Bruchs eines 3 bleiben
unng.
Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha. Gotha, 17. Juni. Die „Gesetz⸗Samml. f. d. aioghh. Gotha“ veröffentlicht das Gesetz, die Abänderung des 5. S6 der Beilage II. des Staats⸗ grundgesetzes betreffend. Vom 20. Mai 1876. Nach demselben erhält jeder Abgeordnete aus der Staatskasse für die Dauer der Theilnahme an der Versammlung ein Tagegeld, welches für die am Versammlungsorte wohnhaften 6 M, für alle nicht am Versammlungsorte wohnhaften Abgeordneten 10 ½—ᷣ beträgt. Die Letzteren erhalten aus derselben Kasse für ihre Her ⸗ und Rückreise Meil engebühren im Betrage von 4 S6 pro Meile. — Ferner das Gesetz, Abänderung einiger Bestimmungen des Gesetzes über den Civilstaatsdienst vom 3. Mai 1852 betreffend. Vom 20. Mai 1876. Dasselbe regelt die Vorschriften über das Ruhegehalt.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 16. Juni. (Straßb. Stg.) Der Landes aus schuß hat in seiner gestrigen und heutigen Pienarsitzung die Weinsteuerfrage behandelt. Nach einer äußerst lebhaften Debatte, in welcher die verschiedenartigsten Meinungen geltend gemacht wurden, beschloß die Versammlung mit großer Majorität nach dem Antrage des Mitglieds Fulter, die Regie⸗ rung zu ersuchen, ihre Studien behufs Beseitigung der Unzu⸗ träglichkeiten, welche das Gesetz vom 20. März 18735 im Gefolge habe, fortzusetzen und auf Vervollkommnung desselben Bedacht zu nehmen. Hierdurch wurde zugleich der Kommissionsantrag ab⸗ gelehnt, der eine baldmöglichste Aufhebung des Gesetzes, sowie die Vorlage eines Gesetzentwurfs zur höheren Besteuerung der Wirthe auf direktem Wege bezweckte und der vom Vertreter der Steuer⸗ verwaltung, Regierungs⸗Rath Leydhecker, bekämpft wurde. Zu erwähnen bleibt noch, daß in der Versammlung selbst von ver— schiedenen Gegnern des Gesetzes ausdrücklich anerkannt werden mußte, daß dasselbe dem französischen Gesetz von 1816 vorzu⸗ ziehen sei, und daß das Gesetz von anderer Seite als eine wahre Wohlthat (un véritable bienfait) bezeichnet wurde.
— 17. Juni. Die Sitzungen des Landesausschusses sind heute 104 Uhr geschlossen worden. Vize⸗Präsident Baron Zorn v. Bulach verlas die Abschiedsworte des durch Unwohlsein ver⸗ hinderten Präsidenten Schlumberger an die Versammlung. Präsident Schlumberger dankte dem Ober⸗Präsidenten und seinen Räthen für die bei Erledigung der Geschäfte gewährte Mithülfe und hob in einem kurzen Rückblicke auf die Session, be⸗ sonders die bedeutende Verbesserung im Landesbudget hervor, sowie den Beschluß der Versammlung bezüglich der Landesgesetz⸗ gebung; die Versammlung habe letzteren mit Klugheit und Mäßigung berathen und könne sich der Hoffnung hingeben, daß durch den Entwurf auch die Befugnisse der Verwaltung in Straßburg eine Vermehrung erfahren und der Landesau sschuß die gewünschte Erweiterung seiner Rechte erhalten werde. Der Präsident schloß mit seinem persönlichen Danke an die Versamm⸗ lung für das ihm bewiesene Wohlwollen. Baron Zorn sprach Namens der Versammlung dem abwesenden Präsidenten seinen Dank für die Unparteilichkeit, den Takt und den Eifer aus, womit er die Sitzungen geleitet, und gab dem Bedauern Ausdruck, daß er den Sitzun⸗ gen nicht bis zum Schlusse habe anwohnen können. — Die Versammlung könne sich sagen, sie habe ihre Pflicht erfüllt. Die Regierung kenne jetzt die Anschauungen der Versammlung und werde ihre Wünsche und Beschlüffe nicht unberücksichtigt lassen. Die Versammlung hoffe nicht nur, sondern sie fei überzeugt, daß man den Wünschen des Landesausschusses über seine Zu⸗= kunft entsprechen werde. Zum Schlusse empfahl Redner noch die Lage der Ueberschwemmten dem Wohlwollen der Regierung.
Nachdem noch Alters⸗Präsident Flurer dem Vize⸗Präsidenten Namens der Versammlung Dank ausgesprochen, verlas der Ober-Präsident die Kaiferliche Ermächtigung zur Schließung der Versammlung, dankte der letzteren für den erfolgreichen Eifer, womit sie ihren Geschäften obgelegen, und schloß die Versamm⸗ lung; auf die letzten Worte des Vize⸗Präsidenten erwidernd, erklärte der Ober⸗Präsident, die Regierung werde sich eifrigst be⸗ streben, soviel und sobald als moglich für die Milderung des durch die Ueberschwemm ung herbeigeführten Unglücks und die Beseitigung der Schäden zu sorgen.
Oesterreich⸗Uugarn. Wien, 16. Juni. Gegenüber gegen⸗ theiligen Nachrichten versichert die „Pol. Korr.“, daß betreffs der Auffassung des Art. VI. der rumänischen Handelskon⸗ vention, daß Ocesterreich⸗Ungarn an allen Vortheilen parti⸗ zipirt, die bezüglich der Zölle den anderen Staaten eingeräumt werden, das Ministerium des Aeußern mit beiden Handels⸗ Ministerien vollkommen übereinstimme und diese Auffassung auch von dem Ministerium des Aeußern gegenüber Rumänien entschieden aufrecht erhalten werde. Die rumänische Regierung acceptirte offen diese Auffassung und gab die bündigste Erklä⸗ ach ab, die Konvention in allen Punkten treu und ehrlich aus⸗ zuführen.
Pe st, 17. Juni. In der heutigen Sitzung des Abgeordne⸗ tenhauses reichte Mileties einen Beschlußantrag in Betreff der orientalischen Politik der Monarchie angesichts der türkischen Ereignisse ein und beantragte: „Die ungarische Regie⸗ rung möge im Wege des Ministeriums des Aeußern bei der Pforte interveniren, daß die zugesagten Reformen durchgeführt, namentlich freiere autonome Zustände auf der Balkan⸗Halb-⸗ insel eingeführt werden; die Regierung möge ferner dahin streben, daß Bosnien, die Herzegowina, Bulgarien und Alt ⸗ Serbien zu einem Staate vereinigt werben, nach dem Muster Serbiens und Rumäniens; die Regierung möge für den Fall, als Serbien und Montenegro den Insur⸗
enten zu Hülfe kämen, sich einer bewaffneten Intervention ent⸗ . auch bei den fremden Mächten in gleichem Sinne wirken und bezüglich der Waffensendungen über das Gebiet der Mo⸗ nachie 563 neutral verhalten. Der Beschlußantrag wird im Herbste zur Verhandlung gelangen.
— Dem „Pester Lloyd“ wird aus Wien gemeldet, daß die zwischen den Vertretern beider Handels⸗-Ministerien stattgehabten Verhandlungen betreffs des neuen Zolltarifs gestern zum vollen Abschlusse gelangt seien. In allen einzelnen Punkten sei eine vollftändige Einigung erzielt worden. Die Seftionsräthe Matlekovich und Köffinger sollten heute zur Berichterstattung hier eintreffen.
Agram, 17. Juni. Das Amtsblatt veröffentlicht ein an die Abgeordneten gerichtetes Schreiben des Landtagspräsidenten
Krestie mit der Einladung, sich behufs Wiederaufnahme der
Landtagsthätigkeit am 3. Juli Vormittags 11 Uhr in dem Landtagssaale einzufinden.
Schweiz. Luzern, 17. Juni. (N. Zürch. Ztg.) Der Ver⸗ waltungsrath der Gotthard bahn hat den Geschäftsbericht und die Jahresrechnung pro 1876 genehmigt; er hat ferner den von der Direktion vorgelegter Entwurf eines Berichtes an die General⸗ versammlung über die Finanzlage der Unternehmung putgehe en und die Direktion zum Abschluß eines Vertrages mil der ober⸗
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ltalienischen Bahngesellschaft üer gemeinschaftliche Benützung des Bahnhofes Chiasso bevollmächtigt.
Niederlande. Haag, 18. Juni. (W. T. B.) In Folge der Abstimmung der Zweiten Kammer über das Milizgesetz haben, wie gerüchtweise verlautet, sämmtliche Minister dem Könige ihre Portefeuilles zur Verfügung gestellt.
Belgien. Antwerpen, 17. Juni. (W. T. B.) Die Führer der hiesigen liberalen Partei haben eine öffentliche Erk lä⸗ rung erlassen, worin sie unter ausdrücklicher Mißbilligung alles gewaltsamen Vorgehens an der Aenderung des bestehenden fehlerhaften und gefahrvollen Wahlsystems auf das Entschie⸗ denste festhalten und namentlich verlangen, daß die Unterdrückung der Städte durch die Landbevölkerung, durch welche die intelli⸗ genten Klassen auf das Empfindlichste berührt würden, aufhören müsse. Ueber der Legalität stehe die öffentliche Meinung, und der konstitutionellen Wahrheit entspreche es nicht, daß sich die Regierungsgewalt in den Händen eines klerikalen Kabinets befinde. Nur durch den Rücktritt des letzteren könnten die vor—⸗ handenen Beunruhigungen beseitigt werden.
Großbritannien und Irland. London, 16. Juni.
Im Oberhause nahm gestern laut Ankündigung Lord de
la Warr das Wort und erklärte unter Hinweis auf die zwischen England, nen Verträge, welche die Integrität der Pforte garantiren,
deutung, daß das Land Farüber klar werde,
Unabhängigkeit und es sei von Be⸗ in welcher
Position es sich bezüglich dieser Verträge befinde und ob die
Suzeränetät der Türkei über die tributpflichtigen Staaten Serbien und Rumänien mit in dieselben einbegriffen sei.
— Die bereits telegraphisch im Auszuge mitgetheilte Ant⸗
wort des Lord Derby lautete nach der „C. C.“ wie folgt: Die beste Antwort, die ich meinem edlen Freunde erheilen könnte,
besteht darin, daß ich den Wortlaut des Vertrags oder doch seiner
wesentlichen Theise verlese. Der Vertrag, den ich meine, ist derjenige vom 15. April 1856, unter welchem im erften Artikel Großbritannien, Oesterreich und Frankreich insgesammt und jeder für sich die Unab⸗ hängigkeit und Integrität des ottomanischen Reiches, wie sie in dem zu Paris am 30. März 1856 abgeschlossenen Vertrage niedergelegt worden ist, gewährleisten. Der zweite Artikel des Vertrages vom 15. April 1856 besagt:
Jede Verletzung des genannten Vertrages wird von den Mächten, welche den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnen, als ein casus belli angesehen werden. Dieselben werden mit der Hohen Pforte u einer Verständigung bezüglich der Maßregeln kommen, welche nothwendig geworden sind und werden unverzüglich untereinander betreffs der Verwendung ihrer Land⸗ und e n bft! schlüssig werden.
Das sind die Worte des Vertrages, und soweit mir bekannt, sind dieselben durch keinen späteren Vertrag oder irgend ein andere diplomatisches Schriftstück entkräftet oder abgeändert worden. Ich glaube nicht, daß mein edler Freund mich aufgefordert hat, und ich glaube ebenso wenig, daß das Haus mich auffordern wird, etwas zu thun, was kaum möglich wäre und was, wäre es möglich, unrathsam und sehr gefährlich sein würde, nämlich uns auf eine rein hypo⸗ thetische Erörterung üher die Umstände einzulassen, unter welchen Garantien dieser Art für die Länder, welche sich an denselben be— theiligt haben, absolut bindend zu erachten sind. Ohne Zweifel geben dieselben uns ein Recht einzuschreiten, und Tebenso unzweifelhaft ist es, daß dieselben unter gewissen ¶ Ver⸗ hältnissen auf unserer Seite eine Pflicht des Eingreifens begründen könnten. Allein was die bestimmten Umstände sind, unter welchen dieses Recht der Einmischung ausgeübt werden sollte, ist eine Frage, welche nach meiner Meinung Niemand zu bestimmen auf⸗ ßefordert werden sollte, und die Niemand bestimmen kann, ehe der Fall wirklich eintritt. Ich muß hier hervorheben, daß mein edler Freund über den Zweck und das Ziel des zweiten Theils des Ver— trages eine irrige Auffassung hegt. Es kann kein Zweifel darüber ob—⸗ walten, daß Rumänien und Serbien als Staaten unter der Suzeränetaͤt der Pforte in jene allgemeine Garantie der Unabhängigkeit und In- tegrität des ottomanischen Reiches eingeschlossen sind; allein ich denke, mein edler Freund faßt die Bedeutung des Vertrages irrig auf, wenn er fragt, ob derselbe auf unserer Seite oder auf Seite der beiden anderen Mächte, welche an demselben betheiligt sind, eine Ver⸗ bindlichkeit begründet zur Einmischung in die inneren Angelegenheiten des ottomanischen Reiches und zum Eintreten zwischen der tür— kischen Regierung und den ihr tributpflichtigen Staaten. Augen⸗ scheinlich war das nicht beabsichtigt unter dem Vertrage, man mag nun seine Bedeutung und Tragweite auslegen wie man wolle. Die Garantie bezieht sich auf die Integrität und Unabhängigkeit des türkischen Reicheß und ist gegen fremden Angriff gerichtet, allein es war nie beabsichtigt, und es wäre in der That ganz unmöglich gewesen, daß wir uns in inneren Streitigkeiten, die zwischen den Behörden in Konstantinopel und den Bevölkerungen inner— halb der Grenzen der von der Pforte abhängigen Landestheile aus⸗ brechen, auf die eine oder andere Seite stellen sollten.“
— 17. Juni. (W. T. B.) Die Verhandlungen in dem Prozesse gegen den Kapitän Keyn von der „Franconia“ über die Frage der Kompetenz der englischen Gerichte vor dem Court for crown cases reserved sind heute bis zum nächsten Dienstag vertagt worden. Der Generalanwalt suchte darzuthun, daß das Gebiet in einer Entfernung von 3 Meilen rings um die englische Küste als britisches Geblet anz uerkennen sei. Bei anderen Landern sei Seitens Englands ein gleiches
Recht stets anerkannt worden.
Frankreich. Paris, 17. Juni. Das Hauptereigniß des Tages, das allen Blättern der verschiedensten Nüancen Stoff zur Besprechung und zwar fast den ausschließlichen liefert, ist die trotz aller gegentheiligen Versicherungen im Senat durch⸗ gesetze Wahl Buffets. Allerdings ist derselbe nur mit drei Stimmen Majorität (144 gegen 1415 gewählt worden und auch dies nur dadurch, daß der Kriegs⸗Mintster und 6 Deputirte der Linken gefehlt haben. Aber die Blätter der Rechten und die Kleri⸗ kalen iriumphiren; letztere benutzen die Wahl als Vorspiel zum Kampf gegen das Waddington'sche Gesetz; die Petitionen für die „Freiheit des Unterrichts! werden aufs Eifrigste betrie⸗ ben. Das „Journal des Debats“ sagt, der Senat hn sich in den Augen des Landes kompromittirt.“ Beinahe hätte der Sieg der Linken gehört; der Senat sei demnach also im Ganzen nur das getreue Abbild der alten Nationalversammlung, mit denselben unentschiedenen Verhältnissen, denselben unklaren und zerstreuten Elementen. „Wir fürchten die Konsequenzen dieses ersten Fehltritts des Senats nicht“, sagt das genannte Blatt, „aber betrübend bleibt es immer, eine große Ver⸗ sammlung einen so gefahrvollen Weg einschlagen zu sehen. Die Beziehungen beider Häuser zu einander werden schwieriger dadurch; die Deputirten werden also von der Regierung eine noch entschiedenere, republikanische Haltung for⸗ dern, um gegen neue Kämpfe gesichert zu sein. Hoffentlich wird der Senat seine Verantwortlichtet einfehen.“ — Bu ffet ist übrigens heut schon in Versailles erschienen, um seinen Platz im Senat zu bezeichnen. — Nach dem „Soleil“ haben die Bischöfe von Orleans und Angers, Msgrs. Dupanloup und Freppel, nach dem Beispiel des Erzbischofs von Aix ihren Rücktritt aus dem departementalen Unterrichtsrath angezeigt.
Frankreich und DOesterreich abgeschlosse⸗
— Eine vom Kriegs⸗Minister bezeichnete militärische Mission, die aus zwei Generalen, vier Obersten, zwei von der Ka vallerie und zwei von der Infanterie, und einem höheren Artillerie⸗Offizier besteht, reist der „Köln. Zig.“ zufolge, heute nach Rußland ab, wo sie den großen Manbvern der Armee beiwohnen wird.
— 17. Juni. (W. T. B.) Das „Journal des Debats“ bezeichnet die Gerüchte von einem bevorftehenden oder schon er⸗ folgten Rücktritt des Ministeriums für unbegründet und fügt hinzu, daß die heutige Konferenz der Minister mit dem Marschall⸗Präsidenten zu einem befriedigenden Er⸗ gebniß geführt habe. — Durch eine heute vom Marschall Mae Mahon unterzeichnete Verfügung werden 4 Präfekten ihrer Posten enthoben.
Spanien. Madrid, 17. Juni. (W. T. B.) Die von dem Comits der englischen Gläubiger der spanischen Staats— schuld bezüglich der Couponszahlung gemachten Vorschläge sind von der spanischen Regierung genehmigt worden, weil dieselben eine Vermehrung der Steuern nicht erheischen.
Italien. Rom, 14. Juni. Der Senat beendigte gestern die Verhandlungen über den Gesetzentwurf, wonach Ab⸗ änderungen im Strafverfahren eingeführt werden sollen. Sie betreffen namentlich Verhaftsbefehle und die Bestimmungen, unter welchen Angeklagte provisorisch auf freiem Fuße ge⸗ halten werden können. Die Wichtigkeit des Gegenstandes und die Folgen, welche die Veranderungen nach sich ziehen können, veranlaßten den Abg. Cannizaro zu Bemer⸗ kungen, welche den Minister ⸗Siegelbewahrer zu einer Entgegnung bestimmten, die allgemeinen Beifall fand. Der Abg. Canniz erkannte nämlich den Werth der vom Siegel⸗ bewahrer vorgeschlagenen Abänderungen im Strafverfahren voll⸗ kommen an, sprach aber gleichzeitig den Wunsch aus, die öffent⸗ liche Sicherheit wirksamer gegen Ängriffe auf dieselbe geschützt zu sehen, und der Minister entgegnete ihm darauf, es sei sein Hauptbestreben, Mittel und Wege ausfindig zu machen, um Gesetzes⸗ übertretungen jeglicher Art so rasch und energisch als möglich zu be⸗ strafen, und er setzte hinzu: „Wenn einige Meinungen (3pinioni che fanno parte della mia vita), von denen ich mich nicht los⸗ sagen kann, irgend wen irre geleitet haben, so mag der von seinem Irrthum zurückkommen, denn ich mache aus prompter und unmittelbarer Bestrafung jeder Gesetzesübertretung eine Frage der Ehre und Würde des Landes.“ Nach einigen Bemerkungen der Senatoren Conforti und Vigliori, auf welche der Minister erwiderte, wurde der Gesetzentwurf angenommen.
— Die „Ztalia militare“ erklärt: „Wir können nicht be⸗ greifen, wie einige Zeitungen trotz der vom Minister⸗Präsidenten in der Deputirtenkammer abgegebenen Erklärungen noch immer— fort von „außerordentlichen militärischen Maßregeln“ berichten, von Mobilmachungsexperimenten, die auf Befehl des Kriegs—⸗ Ministers vorgenommen werden, ja sogar von Pferden und Maulthieren, die auf Anordnung des Kriegs⸗Ministeriums requirirt werden. Wir müssen unsere Verwunderung darüber aussprechen, daß alle diese Gerüchte namentlich in neapolitanischen Zeitungen verbreitet werden, und unter dem dortigen Publikum Glauben zu finden scheinen. Wir wieder⸗ holen deshalb, daß diese Gerüchte ganz unbegründet sind; sie müßten denn ihren Grund in den ganz gewöhnlichen reglements—⸗ mäßigen Maßregeln haben, welche die Militärbehörden, und namentlich die Distrikts⸗Kommandanten den seit Ende 1874 eingeführten Instruktionen gemäß bei jeder Uebung im Mobilmachen und in Kriegs bereitschaftsetzung treffen müssen. Diese. Instruklionen erklären nämlich im zweiter Artikel des dritten Bandes, nachdem erwähnt worden ist, auf welche Weise das Heer vom Friedensfuße auf den Kriegssuß gesetzt und mobil gemacht wird, „die Pilttärbehsörden müssen jedoch, soweit es sie betrifft, die Anwendung dieser Vor— schriften üben und sich schon in Friedenszeiten darauf vorbe— reiten, sie für den Fall eines ausbrechenden Krieges auf den Befehl der Mobilmachung hin in aller Ordnung und in der festgesetzten Zeit ausführen zu können“.
— 17. Zuni. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer zog der Minister⸗Präsident Depretis den von dem früheren Ministerium eingebrachten Gesetzentwurf, betreffend den Rückkauf und den Betrieb der oberitalienischen Eisenbahnen zurück und legte einen neuen Gesetzent⸗ wurf, betreffend die Genehmigung der Baseler Konvention, des Wiener Vertrages und der zwischen der Regierung und der Alta Italia vereinbarten Zusatzakte, betreffend den Betrieb dieser Linien nach dem Rücklaufe durch die Regierung vor. Der Minister behielt sich vor, hinsichtlich der römischen und der süditalienischen Bahnen weitere Vorlagen einzubringen. Die Kammer verwies den von dem Minister⸗Präsidenten vorgelegten Entwurf zur Vor⸗ berathung an eine Kommission.
Türkei. Der Khe dive hat gelegentlich der Thronbesteigung Murads V. ein Telegramm an den Großvezier gerichtet, dessen Wortlaut nach der Correspondance Orientale“ folgender ist: Möge der allmächtige Gott unserm erhabenen Souverän und Beherrscher aller Gläubigen langes Leben und Segen ver⸗ leihen. Möge er ihn selbst glücklich und seine Thron⸗ besteigung für alle seine Unterthanen ohne Unter⸗ schied heilbringend sein lassen. Als ich die Kunde von der Thronbesteigung Sr. Majestät erhielt, wurden auf meinen Befehl 191 Kanonenschüsse gelöst, damit Jedermann zur Kenntniß des glücklichen Ereignisses gelangen möchte. Ich bitte Sie, die Versicherung meiner Bi-aat (Huldigung) und meiner Treue zu den Füßen des Thrones Sr. Masestäͤt niederzulegen. Dienstag, 30. Mai 1876.“
— Als Delegirter Serbiens für die Verhandlungen mit der Pforte wird Philipp Christie, Schwager des Mi— nisters Ristie, welcher durch mehrere Jahre Agent Serbiens bei der Pforte gewesen, bezeichnet.
— Aus Ragusa wird der „D. A. C.“ unter dem 16. Juni gemeldet: Gegen die hiesige Propaganda der Insurgenten sind verschär fte Maßnahmen ergriffen. Der Aus streuung der Alarmnachrichten Seitens der hier, in Zara und Cattaro sich aufhaltenden Berichterstatter wird von der Behörde entgegen⸗ getreten, und auf die Glüchtlinge die lebhafteste Pression aug— geübt, sie zur Rückkehr zu bewegen.
Rußstland und Polen. St. Petersburg, 17. Juni. Die „Agence. GenLrale Russe“ ist autorisirt, auf das Enischie= denste zu erklären, daß alle von einigen, vorzüglich Londoner Zeitungen verbreiteten Nachrichten, welche offenbar auf die russi⸗ schen Fonds einwirken sollen, nämlich über Konzentrirung russi⸗ scher Truppen in Bessarabien und über Ausrüstung der russischen Armee, durchaus jeglichen Grundes entbehren.
— Die römisch⸗katholischen Seminarien sollen, wie „Now. Wr.“ meldet, zufolge der um sich greifenden Propaganda und Intoleranz der 1 nf
ch⸗katholischen Geistlichkeit in Zukunft
einer besonderen Controle Seitens der Regierung unterworfen werden. Gleichzeitig beabsichtige man, das ganze Erziehungs⸗ wesen in diesen Instituten zu reformiren, um von den Zöglingen nach Möglichkeit den Einfluß der dem Zeitgeist nicht Rechnung
tragenden, fanatischen Geistlichkeit fern zu halten.
— Wie die Blätter vor einiger Zeit mittheilten, sollte die Frage der Weichselregulirung durch eine aus russischen, preußischen und österreichischen Vertretern gebildete internatio⸗ nale Kommission in diesem Sommer berathen werden. Der „Birsha“ zufolge würde die bezeichnete Kommission bereits in nächster Zeit ihre Thätigkeit beginnen.
Amerika. Washington, 17. Juni. (W. T. B.) Präsident Grant hat eine Botschaft an den Kongreß ge— langen lassen, worin darauf hingewiesen wird, daß die von der Regierung geforderten Kredite noch nicht bewilligt seien und daß die Regierung in große Verlegenheit gerathen werde, wenn die Bewilligung nicht noch vor dem 1. H. M. beschlossen werden sollte.
(W. T. B. Der Schatz sekretär Bristow hat um Ent⸗ hebung von seinem Posten gebeten. Wie es heißt, erfolgt sein Rücktritt aus rein persönlichen Gründeu.
— 18. Juni. (W. T. B.) Präsident Grant hat dem Kongresse eine Resolution zugestellt, durch welche die Be— streitung der Staatsausgaben bis zur Annahme des Gesetzent— wurfes über den von der Regierung geforderten Kredit Seitens des Kongresses genehmigt wird. — Das von der republi— kanischen Konvention in Cincinnati gewählte Comité hat den Deputirten Columbus abgesandt, um Hayes offiziell von seiner Ernennung zum Präsidentschafts-Kandidaten in Kenntniß zu setzen. Hayes hat die Kandidatur angenommen.
— Aus Central⸗Amerikg und der Westküste von Süd⸗ Amerika sind über Panama, den 21. Mai, folgende Nachrichten eingetroffen:
In Costa⸗Rieg wurde Den Aniceto Esquirol am 3. Mai zum Präsidenten erwählt und am 8. Mai inaugurirt. Die Grenz— schwierigkeiten mit Nicaragua sind noch nicht beigelegt worden. — Eine Verschwörung in Bolivia, ren Präsidenten und die Minister zu ermorden und die Bank zu berauben, wurde noch zeitig genug entdeckt, um vereitelt zu werden. Eine Anzahl hervorragender Offizier und Andere sind verhaftet worden und werden ohne. Zweifel einige derselben erschossen werden. — Am
Mai wurde zu Guayaquil (Ecuador) eine Erhebung geßen die Regierung versucht, jedoch schnell unterdrückt. — Der Friedensvertrag zwischen Guatemala und Salvador, der am 25. April in Chalchuapa unterzeichnet wurde, enthält die Be—= stimmungen, daß Andres Valle und General Gonzales, Präsident und Vize Präsident von Salvador, ihren Stellungen entfagen; die Truppen in Santa Anna sollten sich in der Hauptstadt der Republik konzentriren und diese am 21. April räumen und dabei das Kriegsinaterial dem kommandirenden General der guatemalischen Armee Über— geben werden; Santa Anna und San Miguel bleiben durch guate— malische Truppen ben. bis eine Junta in Santa Anna zusammen— getreten ist und eine Regierung für Salvador gewählt hat. Die Junta ist demgemäß zusammengetreten und hat ein neues Ministerium und Don Rafael Zaldivar zum Praͤsidenten gewählt. — In Peru ist Marian y Prado vom Wahl Kollegium als
räsident gewählt. worden. In den Minen im Diftrikt
arucolis wurden reiche Erzlager entdeckt. — Die Wahlen in Chili sind diesmal mit ungewöhnlich vielen Gewaltthaten und Blutvergie— zen verbunden gewesen. Die Regierungspartei war siegreich und die Klerikalen haben eine empfindliche Niederlage erlitten.
: Reich stags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 19. Juni. Die Justizkommission des Deut— schen Reichstages erledigte vorgestern den Abschnitt der Straf⸗ prozeßordnung über die Beschwerde, Berufung, begann die Be⸗ rathung über das Rechtsmittel der Revision und griff auf einige bezügliche Bestimmungen des Gerichts verfassungs⸗Gesetzes zurück. Der Abschnitt über die Beschwerde (55. 2900 —258, wurde im Wesentlichen nach den Beschlüssen der ersten Lesung genehmigt und im Ansch luß daran die Bestimmung in dem Gerichtsverfasfungs Gesetz, daß in' Straf⸗ sachen das Reichsgericht für die Verhandlung und Entscheidung über zas Rechtsmittel der, Beschwerde gegen Gal e n n der Ober⸗ Landesgerichte zuständig ist, auf den Antrag des Abg. Struckmann gestrichen. Der in erster Lesung der Strafprozeßordnung neu eingefügte Abschnitt über die Berufung, wurde mit Ruücksicht auf die bei der jüngtten Berathung über das Gerichtsverfassungsgesetz gefaßten prin— zipiellen Beschlüsse, daß das Rechtsmittel der Berufung ausschließlich gegen schöffengerichtliche Urtheile und gleichmäßig der Staats- anwaltschaft wie dem Angeklagten zustehen soll, durch eine n uere Bearbeitung dieses Abschnitles Seitens des Abg. Struckmann ersetzt knd von der Kommission mit einigen Abänderungsvorschläͤgen des Abg Hauck genehmigt. Diesem nunmehr genehmigten Abschnitt wurde auf den Antrag des Abg. v. Schwartze eine Bestimmung angefügt, nach welcher auch im Falle, daß der geseßhliche Vertreter eines Beschuldigten, desgleichen der Ehernaun einer beschuldigten Frau die Berufung an— gemeldet haben, das Gericht den Angeschulgten zu der Hauptverhand— lung vorzuladen hat und ihn bei seinem Ausbleiben zu derselben zwangsweise vorführen lassen kann.“
Die Kommisston ging hierguf zur Berathung des Rechtämittels der Revision (65 299 — 319) über. §. 297 wurde zum Theil mit Rücksicht auf die neuesten abändernden Beschlässe in Beziehung auf die Berufung folgendermaßen gefaßt: „Die Reviston findet statt gegen die Urtheile der Schwurgerichte und gegen die in erster In stanz erlassenen Urtheile der Strafkammern der Landgerichte.“ S. 299a. erhielt auf den Antrag des Abg. Lasker folgende Faffung: „Der Beurtheilung des Revisiongerichts unterliegen guch diejenigen Entscheidungen, welche vor der Hauptverhandlung erlafsen sind, sofern das Urtheil als auf derselben beruhend sich darstellt.“
„Dresden, 17. Juni. In dem 14. sächsischen Reichstags⸗Wahl⸗ kreise (Borna) ist dem „Dresdner Journal“ zufolge der Kreis haupt- mann v. Könneritz in Leipzig fast einstimmig wieder zum Reichs. tags ⸗ Abgeordneten gewählt worden.
Landtags⸗⸗ Angelegenheiten.
Der Bericht der Komnmission des Herrenhauses über den Entwurf der Städteordnung wird auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen gesetzt werden. Da der Bericht mündlich erstattet wird, so hat die Kommission nur ihre Beschlüsse, soweit dieselben von denjenigen des Abgeordnetenhauses abweichen, drucken lassen.
Statistische Nachrichten.
Die in Berlin bei der Miethssteuer ⸗ Erhebung z. statt- gehabten Ermittelungen ergaben, da im II. Quartgl d. J. 3873 Wohnungen (darunter 823 Keller, Remisen und Pferdeställe) zum Miethepreise ven 10—- 300 ½ Jahresmiethe, 1853 (darunter 192 Keller und Remisen) von 300 = 900 S und nahezu 1199 Wohnungen, Ver kauf“, Restaurations⸗ 2c. Lokale von 900 S6 Miethe und darüber leer stehen. Orei Viertel Miethsgelasse der erften beiden Kate= goörien liegen außerhalb der ehemaligen Ringmauer⸗ und sind zu Miethspreisen wie 1867 üblich zu haben.
— Einem Bericht des Königlich Statistischen Central⸗Bureaus an den König zufolge, betrug Schwedens Bevölkerung am 31. Dezember 1875 4,383,291 Personen ober 41,732 Personen mehr als am Schluß des Jahres 1873.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
In Düsseldorf wird am 29.,, 30. Juni und 1. Juli d. J. der deutsche Verein für ö5ffertliche Gesundheitspfleze tagen. Die daselbst zur Berathung gestellten Gegenstände sind: die Nutzbarmachung des städtischen Kanalwassers, die Milchkontrole, die von den Hausthieren auf den Menschen übertragbaren Krankheiten, die berechtigten Ansprüche an städtische Wasserversorgungen, der Ein—⸗ fluß der heutigen Unterrichtsgrundsätze in der Schule auf die Gesund⸗ heit der heranwachsenden Zugend. Die Referenten haben ihre An- träge zur Sicherung einer sachgemäßen Besprechung genau formulirt und die Thesen sind allen Mitgliedern bereitz im Bruck zugegangen.
Der General Stabsarzt z. D. Dr. Louis Stromeyer, welcher vor Kurzem sein 50 jähriges Doktorjubiläum feierte, ist in Hannover am 15. d. M. gestorben.
— Der Zeichner und Aquarellist Herbert König ist am 13. Juni auf seiner Villa in Niederlößnitz bei Dresden ver— schieden.
— Wie man der „N. Fr. Pr.“ aus Athen meldet, hat der be— kannte Forscher Dr. Schliemann diese Stadt bereits in den letzten Maitagen verlassen, um sich nach jenem Punkte der kleinastatischen Küͤste zu begeben, wo einst Troja stand. Ende Mai oder Anfangs Juni hoffte er mit den Ausgrabungen beginnen zu können.
— Auf Wunsch der Familie der verstorbenen George Sand hat Laecretelle in der französischen Deputirtenkammer seinen Antrag wegen Errichtung eines Standbildes der Schriftstellerin im Garten des Luxembourg zurückgenommen.
— Unter dem Titel „UI Processo originale di Galileo ist in Rom aus der Druckerei des „Senates“ ein Werk von Do— menico Berti hervorgegangen, das er nach Quellen im geheimen Archiv des Senats ausgearbeitet hat und dem eine bemerkengzwerthe Vorrede vorangeschickt ist.
— Der Professor der Kunstgeschichte an der Universität Gratz, Dr. Huhert Janitschek, sammelt in Bologna im Auftrag der österreichisch ungarischen Regierung Manuskripte, Dokumente und No- tizen von Leon Battista Alberti, weil die Werke des großen Florentiner Architekten nebst andern kunstgeschichtlichen Schriften des 14. Jahrhunderts ueu herausgegeben werden sollen.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Im Regierungsbezirk Gumbinnen sind die Aussichten auf die Ernte der Winter⸗Kornfrüchte nicht günstige. Die andauernde Trockenheit des vergangenen Herbstes hatte eine kräftige Entwickelung der Winterung verhindert. Die dünn aufgegangenen Pflanzen, welche in manchen Gegenden auch durch den Kornwurm gelichtet waren, hatten nur in der obersten, lockeren und ausgetrockneten Erdschicht Wurzel gefaßt. Der am Ende des Oktober und im November vorigen Jahres gefallene Schnee wurde im Dezember durch Thau— wetter aufgezehrt, und die im Januar dieses Jahres aufgetretene, außergewöhnlich starke Kälte hat daher auf die der schützen— den Schneedecke entbehrenden Saaten eine verderbliche Wirkung geübt. Auf den Roggenfeldern haben sich am Besten die einheimischen Saaten erhalten, während das von auswärts bezogene Saatkorn weit mehr mitgenommen ist. Ein erheblicher Theil der Winterfelder hat umgepflügt und mit Sommerung bestellt werden müssen. Die Weizen⸗ felder haben durchschnittlich nicht in demselben Grade gelitten. Die Frühjahrsbestell ung hat überall gut ausgeführt werden können. Die Saaten sind eingebracht, kräftig aufgegangen und von dem sich öfter wiederholenden Frost vnd Schnee unbeschädigt geblieben. — Allgemein wird über Futtermangel geklagt.
Scwerbe und Gandel.
Berlin, 19. Juni. Wollmarkt. Der heutige Beginn des Marktes zeigte bereits gegen7 Uhr Morgens eine lebhafte Kauflust für bessere Wäschen, welche bis gegen 9 Uhr anhielt und einen ziemlich starken Verkauf zur Folge hatte. Gute Mittelwollen sind 2 — 3 Thlr. Abschlag gegen das Vorjahr bezahlt worden. Es wurden 62 — 67 Thlr. Berliner Usance bewilligt. In ordinären Wollen, wie in feineren hat sich der Handel bis jetzt weniger lebhaft gezeigt. Es sind, einen Maßstab für Preise anzulegen, für Dominialwollen, die im ver= gangenen Jahre 65 Thlr. brachten, 60 Thlr', für Wollen, die 60 Thlr. galten, 56, für 52 Thlr. nur 49 Thlr und für 58 Thlr. nur 54 Thlr. bezahlt worden. — Es darf somit, soweit der Markt sich jetzt übersehen läßt, ein Abschlag von 4—7 Thlr. gegen das Vor⸗ jahr notirt werden. Als Käufer sind außerdem Fabrikanten von Sprem⸗ berg, Forste, Luckenwalde, Zeitz, aus der Rheinprovinz, auch Engländer und Franzosen am Platz. Bis heute Mittag 1 Uhr waren 34,477 Ctr. Wolle auf dem Viehhof angelangt, doch wird noch Zufuhr vr. Bahn und Wagen erwartet, so daß die vorjährige Zu fuhr jedenfalls erreicht, wenn nicht übertroffen wird. Im Ganzen wird der Zugang an Wollen, Stadtlager und Wollmankt, das Gesammtquantum am Sonntag Abend von 75,000 Centnern erreicht haben, dieses Quantum kann sich durch Anmeldungen, wel che noch vorliegen, auf 90 000 Centner Gesammtzufuhr erhöhen, so daß exclusive alter Läger, welche auf 10,000 Centner in der Stadt ge— schätzt sind, zur Zeit des Wollmarktes Berlin 100,000 Centner Wol⸗ len beherbergt. .
— Nach dem Geschäftsbericht der Breslau -Warschaer Eisenbahn für 1875 betrugen die Einnahmen aus dem Personen- verkehr 136,116 „6, im Güterverkehr 259,144 S. Hierzu Diverse 33,517 F. Nach Abzug der Betriebsausgaben ergiebt sich ein Ueber schuß von 78,183 6, welcher verwandt wird: zu Lombardzinsen mit 16,697 6, zur Dotirung des Reservefonds mit 7695 6, in den Erneuerungzfonds werden gelegt 52. C00 M, so daß der Nettoüber⸗ schuß per 1875 sich auf 1790 M6 beläuft.
— In der außerordentlichen Generalversammlung des Barmer Bankvereins war mehr als die Hälfte des Aktienkapitals durch 143 Aktionäre vertreten, so daß die Versammlung zur Abänderung der Statuten beschlußfähig war. Nachdem die Verwaltung einen aut der Mitte der Aktionäre hervorgegangenen Antrag auf Verzicht auf Effekten Operationen zu dem ihrigen gemacht hatte, wurden die übrigen Aenderungen des §. der Statuten einstimmig angenommen. Der Antrag der Verwaltung auf Reduktion des Aktienkapitals um 17 Million Mark wurde angenommen. Die Aenderung des §. 18 wurde nach dem Antrage der Verwaltung per Akklamation genehmigt. Der F. 22 fand gleichfalls Annahme in der von der Verwaltung vocge⸗ schlagenen Form. . .
— Dem Verbande bayerischer Gewerbevereine, welcher am 18. in Nürnberg seinen ersten Verbandstag abhielt, sind 38 Ver⸗ eine beigetreten. Der Verband steht unter Leitung des „Baverlschen Gewerbemuseums.“ .
Wien, 17. Juni. (W. T. B.) Nach dem Rechnungsabschlusse der österreichischen Nerdwestbahn betragen die Einnahmen des von dem Staate garantirten Netzes im verflossenen Geschäfts jahre 6, 133,595 J. gegen 5. 888. 398 Fl. im Vorjahre, die Ausgaben 3.923, 824 Fl. gegen 4100, 278 Fl. im Vorjahre und der Nettoertrag 2,209,771 Fl. gegen 1,6 188,119 Fl. im Vorjahre. Die Stgatsgargntie wird mit 1,331,117 Fl. in Anspruch genommen. Die Einnabmen des Ergän—⸗ zungsnetzes betragen 640,743 Fl. (pro Meile Eisenbahn 66,018 Fl. gegen 64.537 Fl. im . und der Reinertrag 1.236, 033 G. spro Meile Eisenbahn 52, 400 Fl. gegen 29466 Fl. im Vorjahre. Nach der Betriebsrechnung hat der Verwaltungsrath von der Ermäch- tigung, die Zinsen für das Obligationskapital des Ergänzungsn ches thei lweise aus dem Baukonto zu bestreiten, Gebrauch gemacht. Der am 1. Juli c. fällige Coupon der Aktien B. soll eingelöst werden.
Verkehrs⸗Anstalten.
Triest, 18. Juni. (W. T. B) Der Lloyddampfer Apollo“ mit der ostindisch'chinesischen Ueberlandpost ist heute früh 6t Uhr aus Alexandrien hier eingetroffen. .
NewYork, 17. Juni. (W. T. B.) Der Dampfer Mo el vom norddeutschen 6 ist heute hier eingetroffen.
Baltimore, 17. Juni, (W. T. B.) Der Dampfer des norddeutschen Lloyd „Braunschweig' ist hier eingetroffen.