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Die Klage kann nur Darauf gef atzt wer den:
1 daß Per angefochtene 4chei? cuf der Nichtanwendung dder unrichtigen Anwendung, des beflcher' zen Riecht, mn sbesanderg ang. der von den Behörden ü. methalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Ver⸗ wendungen beruhe;
2 daß dis ihatsachlichen Woraussetzungen nicht vorhanden seien, welche die Polizeibehörde zu m Erlasse der Verfügung berechtigt haben würden;
3) auf die Behnuptun g, daß das Zwangmittel nach Art und Döͤhe nicht gerechtfertigt, oder nach Lage der Sache zur Erreichung des angeordneten Zwecker, überhaupt nicht erforderlich fei.
Nach kurzer Debatte, an welcher sich die Herren Graf zur Lippe, Graf Zieten⸗Sch, werin und der Minister des Innern Graf zu Eulenburg betheili gten, wurde der Antrag des Herrn Gobbin und dann die übrigen Paragraphen des Gesetzes nach den Anträgen der Konr misston angenommen.
Vierter Geger stand der Tagesordnung war der mündliche Bericht der IIII. S commisston über den Entwurf einer Städte—⸗ ordnung für d ie Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesie n, Sachsen, Westfalen, den Regierungsbezirk Wiesbaden und, die Rheinprovinz. Die Debatte begann bei F. Jö, welcher nach dem Beschlüffen der Kommission in folgen⸗ der Fassung zur Annahme vorgeschlagen wurde:
Zur vorbereitenden Erörterung einzelner Angelegenheiten sind:
I auf Verlangen des Bürgermeisters, des Magiftrats ober der (gZtadtverordnetenversammlung gemischte Kommissionen aus Mitgliedern des Magistrats und der Stadtverordnetenverfammlung
bilden, 2 auf Verlangen des Bürgermeisters oder des Magistrats
gemeinschaftliche Sitzungen des Magistrats und der Stadt— verordnetenversammlung anzuberaumen, in denen der Büurger— meister oder sein Stellvertreter den Vorsitz führt. Eine definitive Beschlußfassung findet in solchen Sitzungen nicht statt. Nach kurzer Diskussion, an der sich die Herren Hasselbach, w. Voß und der Regierungskommissar Geheimer Ober⸗Regie⸗ rungs-Rath Wohlers betheiligten, wurde ein Antrag Brüning— v. Voß abgelehnt und der Kommissionsantrag angenommien. Bis zum Schlusse des Blattes wurden die §§. 76 bis 86 ohne Debatte nach den Anträgen der Kommission genehmigt. waere,, , , e e e d e, , n. — In der heutigen (13) Sitzung des Hau ses der Abgeordneten, welcher am Ministertische der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Camphausen, der Dandels⸗Minister Dr. Achenbach, der Minister für die landwirth⸗ schaftlichen Angelegenheiten Dr. Friedenthal und mehrere Kom— missarien beiwohnten, trat nach einigen geschäftlichen Mitthei⸗ lungen des Präsidenten das Haus in die erste Berathung des Ge— setzentwurfs, betreffend die Uebernahme einer Zins ga⸗ rantie des Staats für eine Prioritätsanleihe der Berlin⸗Dresdener Eisenbahngesellschafft bis zur Höhe von 23, 109 000 S6 (S. Nr. 144, 145 dieses Blat— tes. Nachdem der Abg. Windthorst (Bielefeld) gegen die Vorlage sich ausgesprochen, bat der Handels⸗Minister Hr. Achenbach, den Entwurf eingehend zu pruͤfen und sich dadurch zu über⸗ zeugen, daß er den Interessen des Staates entspreche. Der Abg. Graf v. Limburg -Stirum beantragte die Verweisung der Vor⸗ lage an die Budgetkommission, da für ihn nur die Rücksicht maß⸗ gehend sei, ob die in Rede stehende Bahn für die Eisenbahnpolitit der Regierung die Erwerbung nothwendig mache. Die von din Gegnern der Vorlage am heftigsten angegriffenen hohen Pensionen der obersten Bahnbeamten würden auch bei einem etwaigen Kon⸗ kurse der Bahn nicht ausfallen, wenn diese sich auf ihr formelles
Recht stützten. Derselben Ansicht war der Regierungskommissar
Geheimer Ober⸗-Finanz⸗Rath Rötger, welcher noch betonte, daß die betreffenden Bahnbeamten trotz aller Bemühungen der Regie⸗ rungskommissarien jenen Standpunkt nicht hätten verlassen wollen. Die Abgg. Röckerath und Dr. Lasker hatten beide nichts gegen die Verweisung der Vorlage in eine Kommission einzuwenden, da es sich jedenfalls nur darum handele, die weitere Berathung der Vorlage für diese Session zu verhindern. Der Finanz⸗Minister Camphausen glaubte, daß die geringste Forderung, welche die Regierung bei einer Vorlage vom Hause verlangen könne, die einer bestimmten Antwort sei. Der vor liegende Vertrag sei für den Staat vortheilhaft, und deshalb müusse man in dem einzelnen Falle zugreifen und dürfe nicht warten, bis man mit der Entscheidung großer Prinzipienfragen fertig sei. Die Debatte wurde hierauf geschlossen und die Vor⸗ lage an die Budgetkommission verwiesen.
Es folgte die Berathung des Schreibens des Präsi⸗ diums des Königlichen Staats⸗Ministeriums, be⸗ treffend die Ernennung des Staatssekretãrs im Auswärtigen Amte v. Bülow und des Präsidenten des Reichskanzler⸗Amtes Hofmann zu Staats⸗Mini⸗ 6 und Mitgliedern des Staats-Ministerium 8. Der
bg. Windthorst (Meppen) führte aus, daß das Verhältniß der Minister ohne Portefeuille zu dem Staats⸗Ministerium und den gesetzgebenden Faktoren nicht klar sei. Er halte es deshalb für wünschenswerth, daß eine von der Majorität zu formulirende Resolution die Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Organisation des Staats-Ministeriums fordern möge, und beantrage er, diese Frage der Justizkommission zu über⸗
weisen. Hierauf nahm der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums,
Finanz⸗Minister Camphausen, das Wort, um das konstitutione lle Ver⸗ hältniz der einzelnen Staats⸗Minister zu den verschiedenen Ressorts farzulegen und die Bedenken des Vorredners zu widerlegen. Beim Schluß des Blattes nahm der Abg. v. Kardorff das Wort
— Bekanntlich wird am 26. d. M. in Brüssel durch Se. Majestät den König der Belgier die unter dem Ehren⸗ Präsidiun Sr. Königlichen Hoheit des Grafen von Flandern sstehende Internationale Austellung für Gesundheits⸗ pflege und Ret tungs wesen eröffnet werden.
Von Seiten des unter dern Protektsarat Sr. Kaiserlichen und Kö⸗
iglichen Hoheit des Kronprinzen des Deutschen Reiches und von
BPreußsen gebildeten deutschen Comités werden sich, da der Vorsitzende
des Cemitès, Wirkliche Geheime Rath v. Philipsborn, durch seine
Amtliche Stellung augenblicklich verhindert ist, Berlin zu ver⸗
lassen, nunmehr, nach Wahl des Ansschusses, der erste frellper⸗ zreten de Vorfitzende, Hanseatische Minister⸗Resident Dr. Krüger, Ferner der General der Infanterie 3. D. von Etzel, der König⸗ lich wür lternbergische Präfibent hr. von Stein beiß Uind der Wir liche Legertions⸗Rath Reichardt nach Brüssel begeben, um in Gemeinscha ft mit den bereits dort anwesenden Gehei men Regie⸗ rungg- Rath Stäckhardt und Geheimen Kommerzien⸗Raath Gün⸗ ther das deutsche Camits bei dem Eröffnungsakt? und ben sich daran schließend en Feierlichkeiten zu vertreten. — Der niit der Aus stellung verbundene Kongreß wird am 77. September D. J. eröffnet werden und his zum 4. Dftober d. J. dauern. (S. die
Bekanntmachung am Schlusse d. Bl.)
— Auf Grund amtlichen Altenmaterialz ist im tech⸗
nischen Eisenbahn⸗Bureain des Handels-Ministeriumg eine vergleichende Zusammenstellung der ee hal rnisfe der englischen
und preußischen Cisenbahnen
fur die Jahre 1873 und 1874 bearbeitet worden. Dierbei wurden die Generalberichte des Kapitän Tyler über das Anlagekapital, die Leistungen, die Betriebsausgaben, und die Reinerträge der Cisenbahnen des vereinigten König⸗ reich; unter Reduktion des englischen Maßes, Gewichtes und Geldes uf das deutsche, zu Grunde gelegt. Außerdem sind die Rais way Returns, welche ebenfalls dem Parlamente amtlich vorgelegt sind, benutzt. Das Material für die preußischen Eisenbghnen ist aus der preußischen Gisenbahnstatistik und den Geschäftsberichten der Eisenbahnverwaltungen entnommen.
Der Aufsatz ist von dem Handels⸗Ministerium den sämmt⸗ lichen Königlichen Eisenbahn⸗Kommissariaten und Kommissaren mit dem Bemerken übersandt worden, daß dasselbe Anregung bietet, sich auch des Weiteren mit der Entwickelung des Eisenbahn⸗ wesens im Auslande vertraut zu machen.
Wir werden über die Resultate dieser Vergleichung weitere Mittheilung machen.
— Se. Majestät der Kaiser und König haben den Minister des Innern ermächtigt, die Vorschrift im Abschnitt XV. F. 3 der Dorf⸗Polizeiordnung für Schlesien und die Graf— schaft Glatz vom J. Mai 1804, nach welcher die Polizei⸗ stunde für die Schankstätten des platten Landes allgemein auf 10 Uhr Abends festgesetzt worden ist, dahin zu beschränken, daß die Polizeistuude da, wo hierfür ein Verkehrs ⸗ bedürfniß vorhanden ist, auf eine spätere Stunde, als 10 Uhr Abends, festgesetzt werden darf. In Folge dieser Ermächtigung hat der Minister des Innern die bezeichnete Abänderung der Dorf⸗Polizeiordnung ausgesprochen und den Polizeibehörden überlassen, demgemäß zu verfahren.
— Die Bestimmungen über die Befreiung von den Kreisabgaben in den §5§. 17 und 18 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 haben dem Ober⸗Verwaltungs⸗ ö zu den folgenden beiden Entscheidungen Anlaß ge⸗ geben: ,
Nach dem 5. 17 cit. und dem 8. 3 zu 2 des Gesetzes vom 21. Mai 1861, betreffend die Einführung einer allgemeinen Ge⸗ bäudesteuer (S. S. S. 317), sind von Kreisabgaben befreit:
diejenigen Gebäude, welche dem Staate, den Provinzen, den kommunalständischen Verbänden, den Kreisen oder den Ge⸗ meinden, resp. zu selbständigen Gutsbezirken gehören, insofern sie zu einem öffenttichen Dienste oder Gebrauche bestimmt sind, insonderheit also die zum Gebrauche öffentlicher Behörden oder zu Dienstwohnungen für Beamte bestimmten Gebäude, als Militär, Regierungs-, Justiz., Polizei, Steuer- und Postverwaltungsgebäude, Kreis- und Gemeindehäuser, sowie Bibliotheken und Museen.“
Es war streitig geworden, ob hiernach auch den Dienst⸗ wohnungen der fiskalischen Forstbediensteten jene Freiheit von den Kreisabgaben zusteht. Dlese Frage ist bejaht worden, weil die fiskalischen Forstbediensteten im Sinne des Gesetzes Beamte seien, indem das preußische Recht im Gegensatz zu dem anderer deutscher Staaten nicht zwischen Staatsdienern' und Staats⸗ beamten im engeren Sinne unterscheide.
F. 18 der Kreisordnung bestimmt, daß zur Bestreitung der Kreislasten die Besteuerung des Dienstein kommens der unmittel= baren und mittelbaren Staatsbeamten nur insoweit zulässig ist, als die Beiträge derselben zu den Bedürfnissen der Gemeinde ihres Wohnorts nicht bereits das in Gemäßheit der §58. 2 und 3 des Gesetzes vom 11. Juli 1822 (G. S. S. 184) bestimmte Maximum erreichen, und auch dann nur innerhalb der Grenzen des in 5. 3 a. a. O. bestimmten höchsten Satzes. — Gleichwohl
war Seitens eines Kreisausschusses bei Berechnung des einer Stadt im Kreise zur Einziehung und Abführung im Ganzen aufzuerlegenden Kreisabgabensolls die volle Staats⸗Klassen⸗ und Einkommensteuer von dem Gesammt⸗Diensteinkommen der in der Stadt wohnenden Beamten zum Ansatz gebracht und dies Ver⸗ fahren auch in dem hierauf angestrengten Verwaltungsstreit⸗ verfahren von dem Bezirksverwaltungsgericht mit Rücksicht auf den. Wortlaut der §§. 10 und 11 der Kreisordnung für gerecht⸗ fertigt erachtet worden. Das Ober⸗Verwaltungsgericht hat diese Entscheidung aufgehoben und anerkannt, daß bei der nach dem 5. II. eit, vorzunehmenden Vertheilung des Kreisabgabensolls auf die einzelnen Gemeinden und Gutsbezirke jene in den 8. 18 daselbst bestimmten Befreiungen von den Kreisabgaben in Rech⸗ nung zu ziehen seien.
— Der General der Kavallerie von Podbielski, Ge⸗ neral⸗Inspecteur der Artillerie hat sich behufs Inspizirung der n, , auf den Schießplätzen auf Bienstreisen egeben.
— S. M. Kanonenboot „Comet“ ist am 21. d. M. in Salonichi angekommen.
Bayern. München, 21. Juni. Die Königlichen Aller⸗ höchsten Beschlüsse auf die Verhandlungen der jüngsten protestan⸗ tischen Generglsynode der Pfalz sind, nachdem der finan⸗ zielle Theil derselben schon früher feine Erledigung gefunden hat, auch in den übrigen Punkten unterm 17. d. M. ersolgt. Von den wichtigeren Gegenständen dieser Verhandlung ist zunächst der Entwurf einer revidirten Wahlordnung für die Presbyterien, Diözesan⸗ und Generalsynoden der Pfalz zu erwähnen, welchen die Königliche Sanktion in der von der Generalsynode vorgeschlagenen Fassung ertheilt wurde. Hiernach findet eine Vereinfachung der Wahl der Presbyterien und die vollständige Erneuerung der⸗ selben von 6 zu 6 Zahren statt und sollen sämmtliche Mitglie⸗ der der Generalsynode aus der Wahl der Diözesanfynode her⸗ vorgehen. Von Bedeutung ist ferner die Einführung ständiger Synodalausschtisse für die Diözesan⸗ und Generassynode mit berathender Stimme. Die Mitglieder des Generalfynode⸗A us⸗ schusses erhalten Taggebuͤhrer, wie die Mitglieder der General— shnode. Ferner ist hervorzuheben, daß aus Veranlassung des Antrags der Generalsynode wegen Abänderung der Bestimmun⸗ gen des 5 J im Anhange 2 zum Religionsedik! wegen der Wahl des Vorsitzenden der Generalsynode durch die König⸗ liche Allerhöchste Entschließung vom 17. d. das Konsistorium aufgefordert wird, mit Rücksicht auf die bisherigen Wahrneh⸗ mungen über die Grundzüge einer durch die dermaligen Bedürf⸗ nisse der pratestantischen Kirche gebotenen Revision der Bestim⸗ mung über die Verfaffung und Verwaltung der protestamtischen Kirche Bayerns unter Beachtung der in dieser Hinsicht der Krone zuflehenden Rechte sich ausführlich gutachtlich zu äußern. Das Bedürfniß einer Revision diefer Bestimmung erscheint bem⸗ nach als anerkannt.
— Zufolge eines Reskripts des Staats⸗-Ministeriums der Finanzen wird der Stadtbezirk München neu aufgenommen werden, und zwar im tausendtheiligen Maßstab, während die bis⸗ herigen mangelhaften Plaͤne nur im 2506theiligen Maßstab auf⸗
genommen worden sind. — Nach den Ergebnissen der im Ausschusse für ein neues Land tags-Wahlgesetz gepflogenen langen
und eingehenden Verhandlungen ist, bei einer Gesammtzahl von
162 Abgeordneten, die Wahl von 93 ultramontanen und 69 lieberalen Volksvertretern in Aussicht gestellt. „So abschreckend auch diese Wirkung des Wahlgesetzes fein muß, — bemerkt die „Allg. Ztg. — und so schwierig die Einigung über die Fest⸗ setzung der Grenzen all der Wahlbezirke überhaupt immer sein wird, so könnte doch die letztere an fich, wenn billiges Ermessen die definitive Bildung der Bezirke leiten würde, einem unüber⸗ geistlichen Hindernisse kaum begegnen.“
Sachsen. Dresden, 22. Juni. Die Erste Kammer
bewilligte in ihrer heutigen Sitzung im Gegensatz zu dem Be⸗
schlusse der Zweiten Kammer das von der Regierung unter Zurückziehung der Gesetzvorlage über die Ober⸗Rechnungs kammer zu Pos. 11 des ordentlichen Ausgabebudgets, Ober Rechnungs⸗ kammer, gestellte Nachpostulat in Höhe von 18, 3·ę0 MS und lehnte den Beitritt zu dem jenseitigen Beschlusse, die Staatsregie⸗ rung um Wiedervorlegung eines Gesetzentwurfs über die Ober ⸗Rechnungskammer zu ersuchen, ab. Der von der Zweiten Kammer aus Anlaß eines Antrages des Abg. Bönisch beschlos⸗ sene Gesetzentwurf, die öffentlichen Schlachthäuser betreffend, wurde unverändert angenommen. Hierauf trat die Kammer den über die Gesetzentwürfe, Abänderungen einiger Bestimmungen der revidirten Strafprozeßordnung und Gewährung von Beihülfen an Angehörige der Reserve und Landwehr betreffend, sowie über den Antrag des Abg. Lehmann, die Form der Eidesleistung be⸗ treffend, aus dem Vereinigungsverfahren hervorgegangenen Kompromißvorschlägen bei und blieb auf die Mittheilung hin, daß das Vereinigungsverfahren über den Antrag des Abg. Krause wegen Aufhebung des Gesetzes, die Theilbarkeit des Grundeigenthums betreffend, zu einem Ergebniß nicht geführt habe, bei ihrem früher gefaßten ablehnenden Beschlusse stehen. Zum Schlusse erledigte die Kaminer eine größere Anzahl von Petitionen.
Die Zweite Kammer ermächtigte in ihrer Vormittags 10, Uhr abgehaltenen Sitzung die Regierung zum Ankaufe der Dainichen⸗Roßweiner, der Greiz⸗Brunner und der Zwickau⸗ Lengenfeld⸗Falkensteiner Eisenbahn, beschloß, bei ihren Beschlüssen in Bezug auf den Gesetzentwurf liber den Urkunden und Erb- schaftsstempel, in Bezug auf Pos. 31 des Königlichen Dekrets Nr. 3, das Polytechnikum betreffend, und in Bezug auf den Antrag des Abg. Krause, die Theilbarkeit des Grundeigenthums betreffend, allenthalben stehen zu bleiben, und erledigte zum Schluß einige Petitionen.
Württemberg. Friedrichshafen, 19. Juni. Der König ist heute mit Gefolge zu längerem Aufenthalt hier ein⸗ getroffen.
Baden. Karlsruhe, 21. Juni. Die Srste Kammer hat in ihrer heutigen Sitzung den Gesetzentwurf über die Ober⸗ Rechnungs kammer einstimmig angenommen, unter Verwer⸗ fung des Zusatzes der Zweiten Kammer wegen des einzuholenden Gutachtens des ständischen Ausschusses bei Ernennung des Präsidenten.
— Nach dreitägigen Debatten hat die Zweite Kammer gestern mit allen gegen 6 Stimmen das von der Regierung vor⸗ gelegte neue Steuergesetz, welches unter der Bezeichnung „Er⸗ werbssteuergesetz“ die bestehenden Gewerbe⸗ und Klassensteuern vereinigt, trotz mannigfachen Widerspruchs ohne wesentliche Abänderungen angenommen. Der hierdurch herbeigeführten Ertragsbesteuerung unterliegen: I) der Ertrag der gewerblichen Unternehmungen, 2) der darunter nicht begriffene Ertrag der Arbeit sonstiger Berufsthätigkeit oder der sogenannte persönliche Verdienst. Die Besteuerung erfolgt nach einem auf diese Faktoren hin ermittelten Kapftalanschlag, also wie seither durch Tixirung eines Steuerauschlags, auf den die zu entrichtende Steuerquote durch das Steuergesetz festgestellt wird.
Sefsen. Darm stadt, 20. Juni. Der Kaiser von Rußland stattete heute Mittag dem Großherzog einen halb⸗ stüindigen Besuch ab und besuchte sodann den Prinzen Earl und den Prinzen Ludwig. In der Begleitung Sr. Majestãt befand sich Graf Adlerberg.
— 21. Juni. Die Zweite Kammer der Stände setz te in ihrer heutigen Sitzung die Berathung über den Hauptvoran⸗ schlag der Staatsausgaben fort und zwar mit Hauptabtheilung lla. Gesammt⸗Ministerium und Kabinets⸗Direktion. Die in dem Voranschlag vorgesehenen Beträge waren in Folge des j.ungsten Personenwechsels im Gesammt⸗-Ministerium herabgesetzt worden und wurden diese herabgefetzten Beträge nach dem LAus⸗ schußantrag einstimmig bewilligt.
Das vom Ausschuß an die Regierung zu richtende Er— suchen, die oberste Verwaltung des Großherzogthums dahin ab⸗ ändern zu wollen, daß ein verantwortlicher Minister an die Spitze der Verwaltung gestellt werde, wurde mit 38 gegen 10 Stimmen angenommen und bezüglich des weiteren Ausschuß⸗ antrags jedenfalls eine solche Organifation zu treffen, daß die Zahl der Ministerien vermindert, der Geschäftsgang vereinfacht werde und wesentliche Kostenersparniß erzielt würde, die Abstim⸗ mung gegen 13 Stimmen abgelehnt. Die Ausschußanträge zu Vll a, Geschäftszweige des Gesammt⸗Ministeriums, wurden ein⸗ stimmig ohne Debatte angenommen.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 22. Juni. Die Gesetzsammlung enthält: Gesetz, die Organisation der Ver⸗ waltung in der unteren Instanz betr. Vom 13. Juni 1876. Patent, die Publikation der Dorfordnung betr. Bom 13. Juni 1876. Gesetz, die Einführung des Institutes der Amts vorsteher betr. Vom 15. Zuni 1876. Novelle zu 5. 6 des Gesetzes vom 30. Juni 1862, die Kirchen⸗ und Schullasten betr. Bom 13. Juni 1876. Höchste Verordnung, die Ausführung der Reichs⸗ gesetze über die eingeschriebenen Hülfskassen und über die Ab⸗ änderung des Titels VIII. der Gewerbeordnung betr. Vom 1. Juni 1876.
Anhalt. Dessau, 22. Juni. Die Gesetzsammlung ver⸗ öffentlicht eine Verordnung, die Errichtung und Verwaltung des Schutzpocken⸗-Impfinstituts für das Herzogthum Anhalt bete edc. Durch dieselbe werden die ern g an⸗ geordneten kreisstädtischen Impfinstitute aufgehoben. An Stelle derselben tritt das Central. Impfinstitut für das Herzogthum Anhalt. Dasselbe hat seinen Sitz in der Stadt Bernburg und steht unter der Direktion des Kreisphysikus daselbst, dem ein Bezirksimpfarzt als Assistent beigegeben ist.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 21. Juni. Hier ist ein Centralecomité für die Ueberschwemmten unter dem Vorsitze des Ober⸗Präsidenten v. Möller in der Bildung begriffen, welches für die Vertheilung der ihm zur Verfügung gestellten Gelder für die überschwemmten Rheingemeinden im Elsaß sorgen wird. — Die „Gemeinde⸗Zeitüng? theilt Fol⸗ gendes mit: Im Laufe des Jahres 18735 haben 21 Elsaß⸗ Lothringer, welche nach dem 1. Oktober 1872
in die Fremdenlegion eingetreten waren, meist schon nach Verlauf kurzer Zeit, bei den deutschen Behörden den Antrag ge⸗ stellt, daß sie auf Grund ihrer deutschen Nationalität bei der französischen Regierung reklamirt werden. In den Jahren 1874 und 1875 sind weiter 303 solcher Anträge von den Frem⸗ denlegionären, theils selbst, theils durch ihre Angehörige gestellt worden. Etwa zwei Drittel der Antragsteller sind wieder in ihre Heimath zurückgekehrt.
Desterreich⸗òNUngarn. Wien, 21. Juni. Der Kaiser ist heute Abend von Schönbrunn nach Ischl abgereist. — Gestern früh fand in Schönbrunn in Anwesenheit des Kaisers und im Beisein mehrerer Gäste (darunter Präsident v. Schmerling und Bank-Gouverneur v. Pipitz) die Prüfung des Kron? prinzen Rudalph aus dem österreichischen Strafrechte und
der politischen Oekonomie statt. Als Examinatoren fungirten
Hofrath v. Keller und Professor Karl Menger, welche dem Kronprinzen über die betreffenden Gegenstände bisher Vortrag gehalten hatten. Das Ergebniß der Prüfung fiel zur vollsten Zufriedenheit aus. ;
— Das Kaiserliche Handschreiben, durch welches dem bisherigen Reichs-Kriegs-Minister Baron Koller die nachgesuchte Entlassung bewilligt wird, lautet nach der, Wien. 3.“:
Lieber Freiherr v. Koller! Mit aufrichtigstem Bedauern habe Ich die Anzelge zur Kenntniß genommen, daß Sie sich durch Ihr andauerndes Körperleiden zur Bitte um Enthebung vom Pofsten Meines Reichs Kriegs Ministers und Versetzung' in den Ruhestand gezwungen sehen. Die hervorragend vorzuͤglichen Dienste, welche Sie durch eine Reihe von Jahren auf den schwierigsten Dienstposten mit wahrer Selbstaufopferung, geleistet haben, lassen Mich Ihr Scheiden aus der Aktivität und die Grüße des Verlustes um so schwerer empfinden. Schmerzlich be— rührt un? nur vom Wunsche geleitet, Ihre Mir sehr am Hazen liegende Wiedergenesung zu fördern, enthebe Ich Sie, Ihrem An— suchen gemäß, bei Versetzung in den wohlverdtenten Ruhesland von der Stelle Meines Reichs-Kriegs⸗Ministers und verleihe Ihnen als Zeichen dankbarer Anerkennung Ihrer um Mich und Mein Heer erworbenen großen Verdienste taxfrei das Großkreuz Meines St.
Stefans Ordens. ; ; Schönbrunn, am 20. Juni 1876. Franz Joseph m. p.“
— Der neu ernannte Kriegs-Minister Arthur Graf von Bylandt⸗Rheidt ist 1821 in Wien geboren, trat als Kadett in die Infanterie, kam später zur Artillerie und avancirte da zum Offizier. Im Jahre 1849 wurde er dem Generalstabe einverleibt und machte in dieser Eigenschaft den italienischen Feldzug von 1849 mit. Zwei Jahre später (1851) trat er zur Artillerie zurück, wurde dann Ohberst⸗-Lieutenant in der Infan— terie, trat wieder zur Artillerie über, wo er bis zum heutigen Tage Präses des militärtechnischen Comités war.
— Der Eutwurf eines neuen Militär-Strafgesetz⸗ buches, der sich seit längerer Zeit in Berathung befand, ist nunmehr — wie die „Deutsche 3tg.“ erfährt — beendet und wird gegenwärtig von den Referenten des obersten Militär— Justizsenats begutachtet, um den Legislaturen vorgelegt werden zu können.
Prag, 21. Juni. Das „Prg. Abblt.“ schreibt: Das Drei⸗Kaiserbündniß, welches von seinen Gegnern schon wiederholt todt gesagt wurde, aber nicht nur nicht gelockert, son⸗ dern gegenwärtig mehr als je zuvor gefesligt ist, wird demnächst auf böhmischem Boden in einer Begegnung unseres Kaisers mit dem Ezaren eine neue hocherfreulsche Signatur erhalten. Diese Kaiserbegegnung wird am 8. Juli auf Schloß Reich⸗ stadt stattfinden.
— Die Stadtvertretung nahm heute die Resignation Bielsky's zur Kenntniß, genehmigte den Aufwand von 2467 Gulden für Palacky's Leichenbegängniß, befchloß die Gürtel straße, in welcher Palacky starb, Palacktystraße zu nennen und ein Comité behufs Errichtung eines Den males für den Ver⸗ storbenen einzusetzen.
Schweiz. Bern, 20. Juni. Eine Konferenz von Abgeordneten aus sämmtlichen Kantonen, welche heute unter dem Vorßitze des eidgenössischen Departements des Innern zu⸗ sammengetreten ist, hat einstimmig beschlossen, den Bundesrath zum Erlaß eines Aufrufs an das Schweizervolk und die Schwei⸗ zer im Ausland einzuladen und eine allgemeine Sammlung von Liebesgaben zu Gunsten der Wasferbes chädigten zu veranstalten.
Belgien. Brüssel, 22. Juni. (W. T. B.) Das Journal „Le Nord“ bespricht die Politik der Nichtintervention, der man gegenwärtig in England das Wort rede und weist dabei darauf hin, daß von Beginn des Aufstandes in Bosnien an Europa zu Gunsten der Tuͤrken intervenirt habe, indem es dieselben davor behütet habe, daß alle Christen zu den Waffen gegriffen hätten. Dieser von Europa auf die Christen ausge⸗ übten Einwirkung hätte als eine nothwendige Ergänzung eine eben solche Einwirkung auf die Pforte zur Seite stehen müssen und das sei der Zweck der in Berlin vereinbarten Maßnahmen gewesen. Jetzt von Nichtintervention reden, heiße nichts weiter, als eine Intervention zu alleinigen Gunsten der Türken ver— langen und würde eine schließliche Vertilgung der Christen im Orient zur nothwendigen Folge haben. Der „Nord“ fordert die Engländer auf, eine so gehässige Per spektive ins Auge zu fassen und fügt hinzu, England könne sich das Uebergewicht im Oriente sichern, indem es die Vertheidigung der Christen in die Hand nehme und das Land, anstatt dasselbe zum Untergang zu ver⸗ urtheilen, zum Gedeihen und Wohlstand führe.
Großbritannien und Irland. Lon don, 22. Juni. (BW. T. B.) Auf eine bezügliche Anfrage Bruce's erklärte der Premier Disraeli im Unterhause, eine Debatte über die Orientfrage erscheine nicht zweckmäßig. Die Mächte seien einig darüber, einen Druck nicht auszuüben. Wie von den Insurgenten die Amnestie und die Waffenruhe auf⸗ genommen worden, sei ihm nicht bekannt; es scheine, daß die Insurgenten danach in ihrer Aktion nachgelassen hätten, da die Verproyiantirung der Festungen in der Herzegowina habe er⸗ folgen können.
Ein weiteres Telegramm des W. T. B. lautet: In seiner bereits kurz gemeldeten Antwort auf die Frage Bruce's ob die Regierung etwas dagegen einzuwenden hätte, da die Diskussion über die orientalische Frage auf die Tagesordnung der morgenden Sitzung gesfellt werde, erklärte der Premier⸗Minister Disraeli, daß er die der Regierung unter den bfr nnr f, schwierigen Um⸗ ständen vom Hause gewährte Nachsicht zu schätzen wisse, daß die Regierung diese Nachsicht nicht mißbrauchen werde. Obwohl die Großmächte sich über verschiedene Fragen noch nicht hätten einigen können, so selen sie doch darüber einig, daß es nach den jüngsten Er⸗ eignissen in Konstantinopel gerecht und billig wäre, keinen un—
und versprach,
angemessenen Druck auf den neuen Sultan auszuüben, sondern demselben hinlänglich Zeit zu lassen, um die Lage der Dinge zu prüfen und sich über den Weg schlüssig zu machen, der am besten dazu geeignet wäre, sich von den gegenwärtigen Schwierig⸗ keiten zu befreien. Der Sultan habe inzwischen eine Prokla— mation erlassen, in welcher er Amnestie und Suspendirung der Feindseligkeiten verspricht. Man wisse zwar noch nichts Genaueres über die Aufnahme, welche die Proklamation bei den Insurgenten gefunden habe, doch hätten dieselben eine passive Sympathie an den Tag gelegt, da Moukhtar Pascha die große Festung der Herzegowina habe verproviantiren können. Er (der Minister) glaube, daß die Verhandlungen noch fort— dauern, aber er kenne ihren Charakter nicht. Könne unter diesen Umständen eine Diskusston über die oriensalische Frage rathsam sein? Ein einziges Wort könne zu ganz unberechtigten Er⸗ wartungen Anlaß geben. Er schlage daher dem Hauͤse vor, seine abwartende Haltung zu bewahren, bis man sich über den Erfolg der gegenwärtigen Aktion der Pforte informirt habe. Disrgeli versprach, daß die beantragte Diskusston über die orientalische Frage noch vor dem Schlusse der Session statt⸗ finden solle. Hartin gton entgegnete dem Minister, er hoffe, daß die Regierung die Diskusston nicht länger als nothwendig auf— schieben werde, damit das Land ein Urtheil über die Politik der Regierung gewinnen könne.
Im Oberhause wurde am 21. eine von 2000 Aerzten Ennglischen und irischen) unterzeichnete Petition gegen die Vivisektionsbill (oder Bill zur Verhütung grausamer Experimente an Thieren) überreicht und verlesen. Das Haus nahm in Folge dessen einzelne Veränderungen an der Bill vor. Im Unterhause wurde der Antrag Taylors auf Ab⸗ schaffung der Prügelstrafe in der Marine besprochen und mit 120 gegen 62 Stimmen abgelehnt, nachdem der Marine-Minister sich aus Zweckmäßigkeitsgründen gegen den An⸗ trag ausgesprochen hatte. .
— Das Auswärtige Amt hat dem Parlamente die Nachtrags-Koxrresponbenz über die ägyptischen Fi— nanzen mitgetheilt. Dieselbe umfaßt 88 Aktenstücke.
— Die letzten Berichte des Gouverneurs der Ansiede⸗ lungen an der Straße von Malacca und die Weisungen des Kolonial-Ministeriums an ihn, (Schriftstücke, die in die Zeit vom 25. März bis 1. Juni reichen) sind dem Parlamente vor⸗ gelegt worden. Von Annexion malaischer Staaten oder deren Verwaltung durch bhbritische Beamten im Namen der heimischen Fürsten will die Regierung nichts wissen, an— dererseits hält sie es aber auch nicht für angemessen, zu⸗ rückzugehen; die britischen Residenten sollen verbleiben und die Bildung eines aus englischen und eingeborenen Mit— gliedern zusammengesetzten Verwaltungsrathes faͤnde die Billi⸗ gung des Kolonial-Ministers, der sich davon eine sehr wohl⸗ thätige Einwirkung auf die Civilisirung der Halbinsel verspricht. Zum Schutze britischer Beamten und Interessen, insbesondere in Perak, hält er eine Abtheilung bewaffneter Polizeimannschaft in der Stärke von 150 — 260 für genügend.
Frankreich. Paris, 21. Juni. Der ‚Moniteur“ wider⸗ legt noch einmal heute die Gerüchte von Zerwürfnissen zwischen Dufaure und Mareäre und fügt hinzu, daß die Blätter, welche fortfahren, falsche Nachrichten über die Beziehungen zwi⸗ schen den Mitzliedern des Kabinets zu verbreiten, gerichtlich ver⸗ folgt werden sollen. Zugleich erklärt aber auch der „Moniteur“ die Gerüchte über den Rücktritt des Präsidentschafts⸗ Sekretärs, Vicomte d'Harcourt, für grundlos; es liege nichts vor, was einen solchen Rücktritt rechtfertigen könnte, da das Staatzober— haupt und die Minister darüber einig seien, daß derselbe sein Amt in bester Weise führe.
— Im Senat ist der Ausschuß für den Waddington⸗ schen Gesetzentwurf gewählt worden, und zwar besteht der⸗ selbe aus sechs Klerikalen und drei Anti⸗Klerikalen; es ist also noch ungewiß, ob das Gesetz durchgehen wird, wie man in offi⸗ ziellen Kreisen bestimmt annehmen zu dürfen glaubt. Und doch hat jene Wahl an sich noch nichts sehr Beunruhigendes, denn 263 Senatoren haben gestimmt; 131 waren für das Gesetz, 131 dagegen, und einer gah einen weißen Zettel ab, so daß also jetzt noch beide Parteien gleich stark sind.
— Die Kammern gedenken sich am 10. oder 15. Juli bis Ende September oder Oktober zu vertagen. Dieser Plan wird jetzt vielfach in Abgeordnetenkreisen ventilirt.
— Die General⸗Budget⸗Kommission arbeitet sehr fleißig; sie versammelt sich täglich unter dem Vorsitz Gambetta's, um möglichst bald der Kammer die Berichte über die verschiedenen Ministerial⸗ Budgets vorlegen zu können; am Montag hat sie den Justiz⸗Minister und den Minister der öffentlichen Arbeiten gehört; heute hörte sie den Unterrichts⸗Minister, und bewilligte mit kleinen Aenderungen die Kredite des Letzteren. Das „Journal des Debats. begrüßt dies Faktum mit großer Freude, weil es den Uninersitäts-Reorganisationsplan des Ministers durchaus billigt. Jetzt könne man hoffen, in den Fakultäten neben den ordenllichen (Titular) Professoren freie Lehrer, Konferenz Lehrer, wie sie Serr Waddington nannte, „Privat⸗ Dozenten“, wie die Deutschen sagen, auftreten zu sehen; das anzustrebende Ziel aber seien große Universttäten, welche alle Fakul⸗ täten um einen gemeinfamen Mittelpunkt vereinigten und so den oberen Studien einen Charakter von Allgemeinheit und Tiefe verleihen, welche sie unter dem Regime der isolirten Schulen nicht haben konnten. Nur so werde das ganze öffentliche Unter⸗ richtswesen erneut, verjüngt werden. Die Ausführung sei aller⸗ dings schwierig, besonders die Wahl der zu solchen Centren be⸗ stimmten Städte, aber die Kammern, und nur sie allein, würden Autorität genug haben, um alle Konflikte zwischen den rivali—⸗ sirenden Städten auszugleichen.
— Heute Abend findet eine Studentenversammlung zu dem— Zwecke statt, die Grundsätze wegen Ausschreibung eines inter⸗ nationalen Studentenkongresses zu vereinbaren.
Spanien. Madrid, 22. Juni. (W. T. B) Der Senat hat die neue Verfassung in definitiver Abstimmung mit 127 gegen 11 Stimmen angenommen und die Aufhebung der Fueros mit 94 gegen 9 Stimmen beschlossen. — Der Minister⸗Präsident Canovas del Castillo ist während der Abwesenheit des Finanz⸗Ministers Salaverria interimistisch mit der Führung der Geschäfte des Finanz⸗MinisteriLums beauf⸗ tragt worden.
Italien. Rom, 22. Juni. (B. T. B. Der Bericht des Kam merausschusses über die Vorlagen, betreffend die oberitalienischen Bahnen, ist heute zur Vertheilung gelangt, in demselben wird beantragt, dem von dem Minister ium vor⸗
gelegten Gesetzentwurf die Genehmigung zu ertheilen. — Der
König hat sich nach Turin begeben.
— Im Fin an z⸗Ministerium arbeltet man, nach dem Eeonomista d'Italia“, an Modifikationen der Fabrikations⸗ steuern, namentlich was Bier und Alkohol betrifft, weil man
zu der Ueberzeugung gekommen ist, daß das gegenwärtig be⸗ folgte Besteuerungssystem der Eniwickelung der Landesindustrie im höchsten Grade nachtheilig ist.
— Nach dem Mailaͤnder „Sole“ hat die Handels- und Gewerbekammer von Porto- Maurizio ein Gesuch an die Regierung gerichtet, worin fie die großen ökonomischen wie moralischen Nachtheile hervorhebt, welche die Spielbank Monte Carlo in Monaco im Gefolge hat, indem sie gleichzeitig den Wunsch ausspricht: Die Regierungen der beiden benachbarten Staaten möchten dafür sorgen, daß diese Spielbank ebenso wie ähnliche Institute in Baden-Baden ꝛc. geschlossen werde.
Türkei. Die Politische Corresp. vom 22. d. M. bringt einen „Die ernste Situation in Serbien“ betitelten Artikel, in welchem berichtet wird, daß bei Nisch (an der Nordgrenze gegen Serbien, an der Nissowa, einem Nebenflusse der Merawa) wie⸗
derholt türkische Truppen eingerückt sind.
— Der „Pester Lloyd“ ist in der Lage, den Wortlaut des Antwortschreibens des Fürsten Mikan von Serbien auf die Note des Großveziers über die serbischen Rüstungen zu veröffentlichen. Die Antwort lautet nach dem Pester Blatte:
„Belgrad, 7. Juni.
Eurer Excellenz gestrige Depesche ist mir zugekommen und ich habe die Ehre, Ihnen, in Beantwortung derselben, folgende Bemer⸗ kungen vorzulegen:
Als der Aufstand im vorigen Jahre in der Herzegowina aus⸗ brach, war die öffentliche Meinung in Serbien stark erregt. Die Achtsamkeit unserer Behörden wurde wachgehalten. Eine gewisse An⸗ zahl von Personen, welche sich im Fürstenthume aufhielten und sich theils in der Herzegowina, theils in Bosnien organisirten, üherschrit⸗ ten die Grenze. Ich befand mich damals in Wien; sofort nach mei⸗ ner Rückehr jedoch ordnete ich die strengste Grenzsperre an und seit dem Herbste hat kein einziger Freiwilliger die Grenze überschritten, um in die angrenzenden Provinzen zu dringen.
Trotzdem hörten die Angriffe und bewaffneten Einfälle der Baschi⸗Bozuks, der Tscherkessen und Arnauten in das Gebiet des Fürstenthums bis heute nicht auf, und habe ich Gelegenheit genommen, dies Bezüglich vor dem Provinz Gouverneur, ja selbft vor der Hohen Pforte Klage zu führen. Diese Klagen haben die Hohe Pforte be— woßen, zu ihrer Prüfung Taik Bey zu entsenden und meine Regierung zur Namhaftmachung eines Delegirten aufzufordern. In Folge dessen wurde Oberst Oreglovics zu unserem Vertreter ernannt Ich sehe mit Vertrauen der Thätigkeit dieser Kommisston entgegen, die es genugsam zeigen wird, welche Seite jene Angriffe belasten, deren in der Rote Euer Excellenz Erwaͤhnung geschicht.
Unsere Truppen, welche auf die erste alarmirende Nachricht nach der Grenze entsendet wurden, sind vorgestern abberufen worden. Derzeit giebt es nirgends mehr serbische Truppen, außer den bei den Schanzaibeiten heschäftigten Männern. Trotzdem verharrt die Kaiser⸗ liche Armee in ihrer Position und umfaßt Serbien mit einem eisernen Ring, wodurch die Furcht im Publikum fortwährend erhalten und jeder Handel und jede Industrie im Lande verhindert wird. Ange⸗ sichts des Aufstandes, der in den letzten sechs Monaten bis an die serbische Grenze vorgedrungen; angesichts der undisziplinirten Horden, welche unsere Grenzbezirke verwüsten und plündern; angesichts der drohenden Haltung der Kaiserlichen Truppen endlich: hat die National— versammlung die Regierung damit betraut, über die Sicherheit des Landes zu wachen, indem sie ihr gleichzeitig die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellte. .
Das ist die wahre und einzige Bedeutung jener militärischen Maßregel, welche hier zum Zwecke der Vertheidigung des Landes vor⸗ genommen werden. Sie werden in dem Augenblicke aufhören, wenn die Gründe aufhören, welche sie hervorgerufen. Ein anderes Motiv, einen andern Zweck haben sie nicht. Da jede Absicht von mir fern ist! welche dem bestehenden Verhaltniffe zwischen der Hohen Pforte und Serbien, oder der Integrität des Reiches — in welcher die Kraft Serbiens ruht — Eintrag thun könnte, und da ich aus Ihrer Note erfahre, daß, die auf Serbien bezüglichen
Alarmnachrichten in Konstantinopel Glauben finden, habe ich mich entschlossen, nach dieser Stadt einen eizenen Beyoll— wmächtigten zu entsenden. Dieser Bevollmächtigte wird in der Lage sein, der Hohen Pforte alle noöͤthigen Aufklärungen zu ertheilen und wird den Auftrag haben, mit der Kaiserlichen Regierung zu einer Einigung zu kommen durch den Augtausch aufrichtiger und loyaler Erklärungen, welche den Zweck haben sollen, unsere gegenseitigen Be⸗ ziehungen auf einen vollkommen vertraulichen Fuß zu stellen. Mein Gesandter wird sich sofort auf den Weg begeben und werde ich durch meinen Konstantinopler Agenten seinen Namen zur Kenntniß Euer Excellenz gelangen lassen. Milan.“
— Im Hafen von Smyrna liegen, wie die „Köln. Ztg.“ mit⸗ theilt, gegenwärtig folgende Kriegsfahrzeuge vor Anker: Von der italienischen Marine die Panzerschiffe „Venezia“, „Palestro“, „Messaggiero“ und „Anthion“; von der englischen Marine die Panzerschiffe „Hercules“, „Invincible“, „Pallas“, „Research“, „Devastation?. Von der französischen Marine das Panzer⸗ schiff „Heroine“, von der griechischen Marine das Panzer⸗ schiiff „Syra“, von der türkischen Marine die Panzerschiffe „Shefket! und „Neghin“. Im Hafen von Salonichi lagern die türkischen Fregatten „Selimije“, „Makbi“, „Islamije“ und „Shair“; die französischen Panzerschiffe Gauloise“, Couronne“ und „Desaig“; das amerikanische Panzerschiff „Franklin“, das italienische Panzerschiff Maria Pia“, das englische Panzerschiff Smwiftsure“ das oͤsterreichische Schiff Radetzky!/, die deutsche Korvette „Medusa“ und das griechische Schiff „Basileus Georgios.
Numänien. Bukarest, 23. Juni. (W. T. B.) Die Deputirten wahlen in dem bäuerlichen Wahlkollegium sind ebenfalls entschieden liberal ausgefallen; die Regierung dürfre daher in der neuen Deputirtenkammer eine bedeutende Mailorität haben. Von den Kandidaten der konservativen Partei sind nur sehr wenige gewählt worden.
Rußland und Polen, St. Peters burg, 21. Juni. (Agence gönsérale russe) Die Kaiferin wird 'bis Freitag Schloß Ilagin bewohnen, um in der Nähe der Großfürstin Katharina, Wittwe des verstorbenen Herzogs Georg von Mecklenburg-Strelitz, zu sein. Nach letzten Bestimmungen des Verstorbenen findet der Transport der Leiche nach der St. Annen-⸗Ktirche ohne militärische Feierlichkeit statt. Am Freitag wird die Leiche nach dem Warschauer Bahnhofe gebracht, von wo sie über Berlin nach Mirom in Mecklenburg in die Gruft der Großherzoglich Strelitzischen Familie übergeführt wird. Die Großfürstin begiebt sich gleichfalls nach Mirow.
Schweden und Norwegen. Christiania, 15. Juni. Das „Morgenblad“ spricht im Allgemeinen seine Zufriedenheit über die Thätigkeit des Storihings in dieser Sefsion aus; es beklagt nur, daß die Dauer der Sefsionen stets zu nimmt, was dahin führen werde, daß manche Storthingsmitglieder ihr Mandat nicht wieder würden erneuern lassen, da es ihnen un⸗ möglich sei, den parlamentarischen Arbeiten so lange Zeit zu opfern. Fast alle städtischen Verlreter würden eine Wiederwahl ablehnen und dasselbe werde von mehreren tüchtigen ländlichen Vertretern geschehen.
Amerika. Gugtem ala, 27. April. Der Krieg zwischen
Guatemalg und Salvador, in welchem alle Waffenerfolge auf Seiten der diesseitigen Truppen waren, ist beendigt. Der
Friedensvertrag bestünmt nur, daß der Präfident von Salvador
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