1876 / 149 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Jun 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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vier schwebe. de Grazien oder Musen, welche die Brautgeschenke der

Bereichtrung der Gemäldesgmmlung ist ein der Nationalgalerie (von . hier) geschenkies kleineres Oelbild des vor etwa 20 Jah ren verstorbenen Landschaftsmalers F. 2. Catel: Römische Vigna

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Die herrliche Zeichnung wird demnächst in einer

Europa tragen. ͤ der alell n des zweiten Geschoßses ausgestellt werden. Eine weitere

ezeichnet, stellt daffelbe eine heitere Szene aus dem italienischen 3 9 überaus lebendiger Weise dar. Es ist Landschaft und Genre zugleich, und insofern von besonderem Interesse, als es die Darstellungsweise seines Urhebers besser und würdiger reprãsentirt als die beiden bereits vorhandenen Piecen aus der Wagenerschen Sammlung. Endlich set noch erwähnt, daß für die im III. Stock befindliche Ausstellung von Zeichnungen, Studlen, Skizzen und Ge— mälden welche in kurzer Jeit ihren Abschluß erreicht jetzt auch ein Porträt, Dreber in seinen Jugendjahren daistellend, einge⸗ K hat unlängst eine größere Land

eph Firmenich hat unlängst eine gr = schaft . 6. dieselbe in seinem Atelier, Dorotheenstr. 62, gegenwärtig auegestellt. Das Gemälde ist bezeichnet: Ein son⸗ niger Morgen in der Templiner Forst“ und stellt die dem Wüldparke gegenüber liegende schöne Walde und Wiesenpartie dar, welche zu den Lieblingeplätzen König Friedrich Wilhelmt IV. u A. v. Hum boldis zählte. Es zeigt im Vordergrunde die spiegelnde Fläche eines Teiches üppige Wiesen, rechts und links prachtvolle Baumgruppen und in der Ferne die Konturen des Neuen Palais. Der Künstler hatte nicht nöthig, dieses Motiv zu idealisiren, es ist eines der dankbarsten

ber ganzen Mark. Wie in allen Landschaften, so kennzeichnet

Künstler au in dieser Naturscene, insonderheit duech . 6 . Noch drei kleinere, ebenfalls von Firmenich ausgestellte Oelbilder, fesseln den Blick des Be⸗ sucherz. Das eine und zugltich kleinste, keck und frisch auf einen Cigarrenkistendeckel hingeworfen ist eine anmuthige „Spreewaldscene“ mit der heil. Linde im Vordergrun ze, die andern besden Bilder stellen dar einen „Sonnenaufgang“ und einen Sonnen · untergang bei Genua“. J

Der Senior der evangelisch theolegischen Fakultät zu Bonn, Ober · Konsistorial· Rath Prof Pr. J. P. Lange, hat am 11. d. Mts. daz Jubiläum seiner fünfzigjährigen Wirksamkeit gefeiert.

Die letzten aus den niederländischen Kolonien eingetroffenen ö ö die Erscheinung eines merkwürdigen Werkes in Ausficht. Ein Ja vanese, Namens Radhen Kbdullah Ihun Sabar Bin Arkcbab beabsichtigt nämlich, eine von ihm verfaßte Beschrei⸗ bung einer Reise nach den Niederlanden in seiner Mutter⸗ sprache heraus zugeben. Das Buch soll sich namentlich an die unteren Schichten der javanesischen Bevölkerung richten.

Der italienische Reisende Odoardo Beccari ist ven Neu⸗Guinea nach Genua zurückgekehrt.

Nach Berichten der englischen Blaubücher wenden die Arm ee⸗ Aerzte in Indien seit einigen Jahren das Chinin in großen Gaben mit bestem Erfolge gegen die Blutzersetzung beim Sonn en⸗

fich (Httzichlag) an. Da solche Patienten meist nicht mehr schlucken . ö . es in der Bosis von etwa 15 Grains durch Ein—

spritzung unter die Haut beigebracht. Die zünstige Wirkung soll sich in ziemlich kurzer Zeit danach deuilich darthun.

Land⸗ unb Forstwirthschaft.

Dem „Rhein. Kur. wird unterm 253. Juni aus Lorch, ge⸗ schrieben: Sämmtliche Weinberge stehen hier in voller Blüthe und haben solche in den besseren Lagen schon abgeblüht. Die Kus⸗ sichten auf einen guten Herbst in gnantitativer Beziehung sind ge⸗ gründet. Ebenso unterm 21. Juni aus Edesheim in der. Pfalz: Traubenblüthe und Heuwurm sind auch heuer wieder gleichzeitig erschienen. Traubenblüthe giebt es seit gestern in allen Weinbergen bei allen Sorten, ausgenommen Traminer; der Heuwurm findet sich in einzelnen Lagen sehr zahlreich, in anderen seltener, Sollte die trockene warme Witterung noch 8 Tage anhalten, so ständen unsere Weinberge in volle Blüthe und der Heuwurm wäre zur. schleun gen Verpuppung genöthigt, ehe er großen Schaden anrichten könnte. Auch die Traubenkrankheit macht sich bereits bemerkbar.

Verkehrs⸗Anstalten.

Die Posen⸗Stolpmünder Bahn wird, wie der „Berl. Akt.“ mittheilt, ungesäumt in Angriff genommen werden.

Berlin, den 27. Juni 1876.

Vaterländischer Frauenverein. J Berlin, 27. Juni 1876.

Ein Hochwasser, wie es seit einem Jahrhundert nicht vor⸗ . 9 die Ufer des Rheins am Elsaß überfluthet. Ganze Länderstrecken sind verwüstel, Tausende der Bewohner der umliegenden Ortschaften ihres Obdachs und igrer Habe be⸗ raubt. Der Schaden ist um so größer und nachhaltiger, als auch die gesammte Ernte auf den betroffenen Strecken total ver⸗ nichtet worden ist. Das Bedürfniß schleunigstet Hülfe ist in hohem Grade vorhanden. Wir geben uns der Hoffnung hin, daß es nur dieser Anregung bedürfen werde, um die stets bewährte Mildthätigkeit aller Derer wach zu rufen, die ein Herz haben für unser Volk und seine Leiden und die ihre Menschen⸗ liebe gern und um so mehr in einem Falle bethätigen werden, in dem es gilt, den neu gewonnenen Brüdern die Hand zu

reichen zur Milderung ihres Elends.

Geldbeiträge bitten wir an unseren Schatzmeister, Hrn. Ban⸗ quier von Krause jun., Leipzigerstraße 45 hier, gefälligst abfüh⸗— ren zu wollen. . Der Vorstand des Vaterländischen Frauen⸗Vereins.

Charlotte Gräfin von Ztzenplitz.

Die Internationale Ausstellung für Gesundheits⸗ pflege and Rettunzswesen in Brüssel ist gestern Nack⸗ mittag Uhr durch Se. Majestät den König der Belgier eröffnet worden. Eine zahlreiche Menschenmenge wohnte der Feier- lichteit bei. Der König verweilte längere Zeit in der Ausstellung und bestchtigte sämmtliche Abtheilungen derselben.

Der Verwallungsrath des Pꝛrslußischen Beamten-Vereins hat am 6. d. M., wie bereits mitgetheilt, zu seinem Vorsitzenden den Ober⸗Prästdenten der Provinz Hannover Grafen zu Eulenburg und zu dessen Stellvertreter den Regierungs⸗Rath Bosse in Hannover ge— wählt. Nachdem der im §. 38 der Statuten vorgesehene Nachweis der für die Eröffnung der Geschäfsthätigkeit erforderlichen Voraus— setzungen von dem Minister des Innern als geführt anerkannt wor. den, hat damit die Eiöffnang der Geschäftsthätigkeit des Vereins staͤttgefunden. Die Geschäfte der Direktion werden im Auftrage des Verwalturgsraths bis auf Weiteres von den Herren Prof. Dr. Grelle, Regierunes-Rath Bosse und Kanzlei⸗Rath Riechers in Hannover wahr= genommen werden. Sobald die Direktion definitiv konstituirt sein wird, werden die Namen der Dire ktionsmitglieder veröffentlicht wer · den. Es wird nunmehr über die bereits eingegangenen Versicherungs⸗ anträge mit thunlichster Beschleunigung Beschluß gefaßt werden. Auch wird demnächst die Ausfertigung der definitiven Antheilscheine über die Einzahlung zum Garantiefonds nach Maßgabe, des

31 der Statuten erfolgen. Dank der unentgeltlich geübten

irksamkeit des Gründungs- Comitéz tritt, der Verein ehne jede finanzielle Belastung in seine Seschãftsthätigkeit ein. i, Gedeihen des Vereins ist es erforderlich, daß das Interesse für denselben in immer weiteren Kreisen verbreitet werde. Nach 8.3 der Statuten sind zur Aufnahme in den Verein berechtigt: 1) die unmittelbaren und mittelbaren Deutschen Reichs beamten, 2) die preu⸗ ßischen Staats-, ständischen und Kommunalbeamten, 3) die innerhalb der beutschen Reichslande und des preußischen Staats angestellten Kirchen, und Schuldiener, 4 die bei der Verwaltung des Vereins angestellten Beamten, 5) die auf Ruhegehalt oder Wattegeld gesetzten Personen der unter Rr. J bis 4 aufgeführten Klassen.

Die Zulassung anderer Beamlenklassen (Beamte der dentschen Bundes staaten, der ständischen und kommunalen Korporationen inner halb derselben, Privatbeamte) unterliegt der Beschlußnahme des Ver— waltungsraths. ;

Die Statuten und sorstigen Drucksachen des Vereins werden auf Erfordern von der Direkiion des Preußischen Beamten Vereins (Kalenbergerstraße Nr. 34 in Hannover) kosten⸗ und portofrei übersandt.

Die neueste Nummer der Concordia“, Zeitschrift für die Arbeiterfrage, bringt nachstehende Anzeige: „Auf Antrag der unter⸗ zeichneten Kedaktion hat der Ausschuß der Bonner Konferenz beschlos⸗ fen, die „Concordia“! mit Ende des laufenden Jahres eingehen zu laffen. Es ist übrigens, wie wir für die Freunde der von der „Con- cordia / vertretenen Anschauungen und Bestrebungen hinzusetzen, Bedacht darauf genommen worden, daß dieselben auch in Zukunft nicht ganz ohne literarischen Ausdruck bleiben. Näheres über die Art und Weise, wit dies geschehen soll, wird sei er Zeit bekannt gegeben werden.“ Die Concordia wurde im Sommer 1870 von der Bonner Konferenz für die Arbeiterfrage, einer zum giößten Theil aus Arbeitgebern der Großindustrie bestehenden Vereinigung, ins Leben gerufen, mit der Bestimmung, unter den besitzenden und gebildeten Klassen, vor Allem den Arbeitgebern selbst, für eine thätige Theilnahme an den Be⸗ strebungen zur materiellen und moralischen Verbesserung der Lage der Arbeiter Psccyaganda zu machen. Durch den kurz darauf aus— gebrochenen Krieg wurde dann das Erscheinen des Blattes bis Hk. tober 1871 verzözert, von wo es bis jetzt, also nicht ganz fünf Jahre, bestanden hat, Ale Grund des Eingehen macht die Re— daktion hauptsächlich die fortgesetzte Abnahme des Interesses an der Arheiterfrage und speziell an den von der „Concordia“ vertretenen Bestrebungen an l, bei der geringen Wirksamkeit, die das Blatt unter diesen Umständen noch entwickeln könne, habe die Vedaktion die Zuversicht verloren, daß die „Concordia“ femerhin im Stande sein würde, „der ihr obliegenden Aufgabe in einem, ihrer n,, . Bestimmung annähernd entsprechtndem Maße“ gerecht zu werden.

Das Berliner Feuerwehr- Corps besteht seit dem 1. Oktober 1855 (dem Anitsantritt des Branddirektors, Hauptmann ü la suite pes Eisenbahnregimentes, Hrn. Witte) aus: 1 Branddirektor, 1 Brand-. inspektor, 4 Brant meistern, 1 Feldwebel (Capitaine darmes), CGom- pagnie Feldwebeln, 5 Ober · Feuerwehrmännern, 5lz Spritzenmännern,

46 Kutschern und 92 Pferden. Da Ahkommandirungen zur Reinigung der . nicht mehr erforderlich, so sind sämmtliche Wachen per⸗ manent besetzt. Außerdem ist die Stadt Berlin in 4 Inspelticnen getheilt worden, denen je ein Brandmeister vorsteht. Zur Be⸗ bienung der Telegraphenapparate befindet sich auf der Haupt ⸗Feuer⸗ wache, den 4 Haupt⸗Depotwachen, den Reserve Depotwachen 3 und 4, den Neben⸗Depotwachen H und 7 und der Feuerwache 21 je ein Tele⸗ graphist auf Wache. Diese Telegraphisten werden durch die Ver- waltung selbst zum Telegraphendienst besonders ausgebildet und theils aus der Zahl invalider Feuerwehrmänner, theils aus der Dꝛuck⸗ mannschaft entnommen Die im Bereiche jeder Inspektion befindlichen Brunnen und Hydranten werden nach einem bestimmten Dienftplan durch eine Patrouille der Depotwachen dergrt revidirt, daß jeder Brunnen und Hydrant unter gewöhnlichen Ber häh lt fsen in je 18 Tagen einmal revidirt wird. Die in den Königlichen Palais, Ministerien, Theatern, in großen Fabrifetablissements und Speichern befindlichen 90 Feuermelder werden jeden zweiten Tag Lurch die dienstfreien Telegraphisten derjenigen Feuerwehrdepots revidirt, in deren Bereich sich dieselben befinden. Es sind augen blicllich in Dienst 17 Druckspritzen, 1 Dampfspritze mit Tender, 10 Wasserwagen, 14 Personenwagen und 3 Urensilienwagen. Am 1. Januar 1856 waren 3086 Hydranten vorhanden. Im Jahre 1875 waren in 104 Fällen 238 Spritzen thätig, die etwa 2800 Kubikmeter Wasser verbraucht haben. Der aneinander geschraubte Schlauch, der zur Löschung des „Kaiscrhof“ Brandes in Thätigkeit war, würde vom Belle Alliance Platz bis zur Dorotheenstraße. gereicht haben. Im Jahre 1875 sind, 1581 Enden mit 233715. Meter Schlauch 3 Meter Länge in Thätigkeit gekommen. Saran partizspirt das vierte Quartal mit 9525 Meter und der Monat Oktober allein mit 3675 Meter. Im Jahre 1875 wurden der Feuerwehr 1047 Brände (18741 932) gemeldet. Unter diesen waren 4 groß, 59 möttel und 948 klein. Die Berliner Feuerwehr besitzt 8 vollständige und eine Central · Telegraphenstation mit 87 Zeigern und 17 Morse Apparaten. Ven diesen Stationen wurden im Jahre 1875, excl. Fruermeldungen 89, 236 Depeschen befördert Zur Abholung durch die Arrestantenwagen wurden telegraphisch auf genommen 14,344 Meldungen mit 253, 887 Arrestanten. Verausgabt wurden im Jahre 1575 für das Feuerlöschwesen und die Telegraphen— verwaltung 1, 020, 982 ις 50 3. Die Versicheruggssumme für

Mohiliar betrug für Berlin im Jahre 1875: 1,501, 874,250 ιωι, an Entschädigunzen wurden gezahlt 1,146,720 M.

Die Anthropologische Gesellschaft unternahm am Sonn tag unter Führung ihres Vorsitzenden, des Prof. Dr. Virchow, einen Aus flug nach denczwischen Herzberg und Falkenberg gelegenen Oünen gräbern. Dieselben erstrecken sich westlich vom Rittergut Neideck, pon diesem selbst nur durch das alte Bett der Elster getrennt, über 100 Morgen und enthalten ca. 400 einzelne Hügel, die zum großen Theil eng mit einander zusammenhängen; nur nach Südwesten zu liegt eine kleinere, für sich abgesonderte Gruppe. Das ganze Terrain war früher Waldung, doch ist gegenwärtig ein großer Theil abgeholzt worden; auf diesein ist nunmehr wieder Schonung angelegt. Fußherdem durch schneidet gegenwärtig die Landstraße dies Terrain. Die Gräber selbst

umgeben, die kleineren oft sich kaum vom Erdboden abhebend. Mit Hülfe der bereit gehaltenen Arbeiter durchstach man zwei der größeren Hügel und suchte in einige der durch die Landstraße bereits durchschniftenen weiter einzudringen. Es gelang sehr bald, Scherben, sowie Knochenreste zu Tage zu fördern, doch wollte es zuerst nicht glücken, wohlerhaltene Urnen anzutreffen. Erst später, als man tiefer eingedtungen war, kam man auf eine äußerst feste Lehmschicht, die sich scharf von dem sonst sandigen Boden ahhob, und zu der Ver= muthuag Anlaß gab, daß man es hier mit einer kuͤnstlich her⸗ gestellten Erdschicht zu thun habe. Sehr bald stieß man dann auch auf Urren, Lie sich vollständig erhalten hatten, während dicht um ihnen heium Massen von Scherben sich vorfanden, die wahr— scheinlich schon als solche den Urnen beigesellt waren. Mit Aufwand ber größten Sorgfalt glückte es, eine große und eine Anzahl kleiner Urnen anszugraben. Die große Urne zeigt einen weiten Hals, der sich nach Unten zu ausbauscht, an den Seiten befinden sich kleine Henkel. Die kleinen Urnen, die theilweise schwarz glacirt sind, haben einen etwas längeren und dünneren Hals, sonst aber eine der großen ähn—= liche Form. Nach den gleichzeitig gefundenen Scherben zu schließen, sind de Urnen theilweise gerippt gewesen, an einigen Stücken zeigten sich auch mit Graphit hergestellte Verzierungen. Stein⸗ oder Bronze Geräthe konnte man hier nicht entdecken, doch gelang es dem Pro— fessor Dr. Virchow in einem andern Hügel Bronzespuren vorzufinden. Im Allgemeinen war die Beute, die man gewann, eine stattliche, die, selbe wird zum Theil den Sammlungen der Gesellschaft, zum Theil dem Märkischen Provinzialmuseum zufallen.

Der aus 50 einzelnen Vereinen und gegen 2009 Sängern be— tehende Märkische Central Sängerbund feierte am 25. und 26. Juni sein dreiundzwanzigstes ‚Volks⸗Gesangfest“ in Wriezen a. O.

Die vierhundertjährige Feier der Schlacht bei Murten am 22. d. M. ist, von schönstem Wetter hegün— stigt, glänzend ausgefallen. Der historische Festzug, das Schöͤnste was die Schweiz je in dieser Art gesehen hat, erfreute auch Bern mit seinem Anblick, weniastens theilweise. Außer den Bernern selbst waren es die ven Murten heimkehrenden Ost⸗ und Wesi⸗ schweizer, welche sich am 23. zu einer Wiederholung des Murtener Festzuges in der Bundesstadt angesammelt hatten. Da sah man den Herzog Renatuz von Lothringen, Hans v. Hollwyl, die Grafen von Oettingen und Thierstein, Johann v. Auw, Peter Rott von Basel, Niklaus von Scharnachthal, Wil elm von Diefs⸗ bach, die Helden jener Zeit mit ihren Pagen und Reisigen zu Fuß und zu Roß in glänzender Rüstung und Waffenpracht, manches vielleicht nur zu glänzend und prächtig, um historisch getreu zu sein,

was den Eindruck des Ganzen aber keineswegs r eth Die Theil⸗ nehmer am Zuge in Bern sollen ca. Z des Festzuges in Murten ge—⸗ wesen sein, der ca. 1500 Mann stark war.

sind von verschledener Größe, die größten meist mit einem Graben

Der Verein für die dentsche Nordpolarfahrt in Bremen erhielt am Sonnabend einen neuen Reisebericht des Pr. Finsch, datirt Saissan Posten, den 27. Mai (nahe an der chine sischen Dzungareih. Der Bericht enthält verschiedene interessante Mit - theilungen über die Forschungen der Reisenden in den dortigen Ge— birgen und Steppen. Es wurde u. A auch eine chinesische Grerz2— stadt Dschugutschak, besucht, wo der Gouverneur die Reisenden, welche mit russischen Offizieren und Kirgisenhäup lingen einritten, gastfrei aufnahm. In der Stcppe herrschte große Hitze. Die Reisenden setzten ihren Weg nördlich durch den chin sischen Hochaltei fort und kamen laut Telegramm am 22. Juni in Barnaul an. Hier beginnt die Fahrt auf dem Ob, welche bis zur Mündung fortgeletzt werden soll. Alle drei Reisenden (Dr. Finsch, Dr. Brehm und Geaf Wald⸗ burg⸗Zeil) waren wohl.

Die Rückkehr der von der Güßfeldschen Expedition an der afrikanischen Westküste noch zurückgebllebenen Mitglieder Dr. Falkenstein, Dr. Pechuel Lösche, Soyaux und Lindener ist bereits erfolgt. Die Herren sind in Liverpool mit dem Dampfer, Loanda“ eingetroffen und haben einen jungen lebenden Gorilla mitgebracht, der demnächst dem zoologischen Garten hierselbst übergeben werden soll.

Aus Stuttgart wird unter dem 24. Juni gemeldet: Gestern um die Mittagsstunde entlud sich ein Gewitter mit wolkenbruch artigem Regen in südwestlicher Richtung in der Verstadt Heslach, in Kaltenthal, Veihingen, während in der unteren Königsstiaße nur ein kurzer sanfter Regen fiel. Ungeheure Wassermassen ftürzten von den Ber gwaͤnden hernieder, Noch am Abend stürzte, der sonst so st!lle Nesenbach da, wo er in die Vorstadt Heslach eintritt, tosend in schäu⸗ menden Kaskaden. An seinen Ufern sind die größten Verheerungen zu suchen. Die Borde seines tief in den Humus eingewühlten Bettes sind zerrissen und vielfach unterspült, ein Uebelstand, der um so un⸗— angenehmer ist, als in Heslach viele Behausungen hart an den Rand des sonst so bescheidenen Bächleins gerückt sind. Von den Bergen herab ist eine ungeheure Masse Schl nm und Sand nach Heslach geschwemmt worden.

Theater.

Im Viktoria-Theater soll im September ein mytho— logisches Schauspiel: Die Irrfahrten des Odyssens“, in Scene gehen. Den Oysseus wird Hr. Direktor Emil Hahn spielen.

Im Woltersdorff⸗Theater herrjcht vor der Schließung desselben noch ein reges Leben. Nachdem „Der geschundene Räaub—⸗ ritter am Sonntag daselbst vor ausverkauftem Hause unter anhaltender Heiterkeit des Publikumg zum erften Male dargestellt wurde, wird den Wiederholungen dieses Stückes von Mittwoch ab abermals eine Norität beigesellt. Or. Balletmeister Holzer nämlich eröffnet an dies'm Abend mit seiner Gesellsckaft ein Gastspiel am W lteredorff— Theater und wird eine von ihm arrangirte große Balletpantomime Eine türkische Palastrevolutionꝰ zur Aufführung bringen. Außer dem zahlreichen Balletpersonal wird in dieser Panfomime der ge⸗ sammte Damen und Herrenchor des Woltersdorff⸗Theaters, sowie eine zroße Anzahl von Statisten und Statistinnen mitwirken, während die darzustellenden Partien sich in den Dänden der Damen Frl. Spinzi, Fr. Den zin, wie der Herren Junker, Schultze, Max Haͤnseler und des Balletmeisters Holzer befinden. Die Musik zu dieser Piece ist vom Kapellmeister Gustav Michaelis.

Bäder ⸗Statistik. Aachen his 21. Juni. J Baden bis 25. Juni..

Burtscheid bis 21. Juni

Ereuznach bis 6. Juni.

Eilsen bis 14. Juni .

Elgersburg his 17. Juni

Elmen bis 25. Juni

Elster bis 21. Juni.

Ems bis 24. Juni..

Flinsberg bis 19. Juni ..

Franzensbad bis 29 Juni.

Gleichenberg bis 17. Juni

Hall bis 15. Juni.... erinesdorf bis 15. Juni.. ermannsbad Liegau bis 22. Juni ohannisbad bis 21. Juni

Ischl bis 18. Juni...

Karlsbald bis 15. Juni

Kissingen bis 20. Juni.

Kösen bis 19 Juni....

Krapina ⸗Töplitz bis 17. Juni

Landeck bis 15. Juni....

Langenschwalbach bis 18. Juni.

Lippspringe bis 20. Juni.

Marienbad bis 13. Juni.

Marienborn bis 23. Juni.

Misdroy bis 15. Juni..

O ynhausen bis 23. Juni.

Pyrmont bis 20. Juni.

Reinerz biz 15. Jun.

Rohitsch⸗Sauerbrunn bis 15. Juni.

Salzbrunn bis 15. Jun! .

Schandau bis 23. Juni...

Teplitz Schönau bis 16. Juni..

Tobelbad bis 15. Juni .

Warmbad bis 22. Juni.

Warmbrunn bis 20 Juni.

Wiesbaden bis 24. Juni .

Wildungen bis 16. Juni.

Zoppot bis 15. Juni

Redacteur: F. Prehm.

Berlin: Vier Beilagen

leinschließlich Borsen · Beilage).

Verlag der Frpedstlon (KR esse l. Druck: W. El s ner.

r ste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

* 149. Aichtamtlich es.

Pren ßen. Berlin, 27. Juni. Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten wies der Handels⸗Minister Dr. Achenbach auf die Gefahren, welche die Annahme der in Betreff der Iserlohner und Oberhausener Petition von der Gemeindekommission gefaßten Beschlüsse für den preußischen Bergbau herbeiführen könnte, wie solgt, hin.

Meine Herren! Wenn ich in dieser späten Stunde noch in der vorliegenden Angeltgenheit das Woit ergreife, so bitte ich gleichwohl auf einige Augenblicke um Ihre Aufmerksamkeit. Es handelt sich in der That hier um eine wichtigere Sache als mancher in diesem Hause auf den ersten Blick glauben mag. Hätte die Kommiisfion die beiden hier vorliegenden Petitionen alK solche, als einzelne Petit tionen, behandelt und Abhuͤlfe für den vorliegenden einzelnen Fall beantragt, so würde ich der Angelkgenheit die Tragweite nicht bei⸗ legen, welche ich ihr jetzt beizulegen genäthigt bin, und zwar da.— durch, daß Ihre Kommission sich veranlaßt gesehen hat, aus dem einzelnen Falle heraus allgemeine Vorschläge über das Verhält— niß des Grundeigenthums zum Bergwerkéeigenthum zu bilden. Meine Herren, es ist mir wohl erlaubt, einige entschieden irrige Änfichten, die auch in der Rede des Herrn Vorredners bezüglich dieses Punktes hervorgetreten sind, hier zu berichtigen. Derselbe deduzirt aus dem römischen Recht und aus dem preußischen Landrecht über das Ver— hältniß des Giundeigenthums zum Bergwerkseigenthum, indem er zugleich erklärt, daß die Mineralien nach deutschem Recht Substanz theile des Grund und Bodens seien. Es ist dies eine grundfalsche, irrige Anschauung, die in der deutschen Gesetzgebung nicht den aller⸗ geringsten Boden besitzt. Insbesondere enthält das angeführte, all— gemeine Landrecht in allen einschlagenden Punkten das gerade Gegen— theil von dem, was hier behauptet ist. Meine Herren! Ich muß aussprechen, daß es im Lande einen eigenthümlichen Eindruck machen wird, wenn man Interessen, die sich nach vielen Millionen für jedes Jahr a e auf Grund von Argumentationen beurtheilt, die eine nicht zutreffende Sach⸗ und Rechtsauffassung an der Stün tragen. Nach dem allgemeinen Landrecht sind die unterirdischen Fosstlien, so— weit sie unter dag Regal fallen, herrenlos, und dem Staate ist dus Recht der vorzugsweisen Okkupation dieser herrenlosen Fosstlien kraft des Regals übertragen; kraft dieses Regals verleiht er die herrenlose Sache auf den Bergwerkseigenthümer. Dieser Standpunkt, wie er im all— gemeinen Landrecht niedergelegt war, ist allerdings in dem allgemeinen Bergwerkegesetz nicht in dieser Art beibehalten worden. Er ist nicht in dieser Art beibehalten worden, weil dieses Gesetz ins besondere auch dem Grundeigenthum wesentlich entgegenkommen wollte: aber eisteres steht ebenfalls auf dem Boden, daß die Berechtigung, welche durch die Verleihung gewonnen wird, als eine vollständig adäquate dem Eigenthum an Grund und Boden gegenüber augesehen werden muß. Ich möchte es geradezu betonen, daß diese Berech— ticung ganz densellen verfassungsmäßigen Schutz genießt, wie das Ezzenthum an der Oberfläche; es verletzen, heißt ebenso einen Ver- fassungsartikel verletzen, als wenn dem Grundeigenthum gegenüber Zumuthungen gestellt werden, die e glich nicht begründet sind.

Meine Herren! Unsere Vorfahren haben dem Bergbau eine be—⸗ sonders bevorrechtigte Stellung zugewiesen, und dag allge— meine Landrecht ist noch getragen von den Prinzipien, wo⸗— nach, der Bergwerksbesitzer mit mannichfachen Privilegien gegenüber dem Grund und Boden ausgestattet war. Warum sind unsere Vorfahren zu diesem Prinzip übergegangen? warum haben sie dem Bergbau diese Privilegien beigelegt? Meine Herren, gewiß nicht aus den Gesichtspunkten, wie sie bier mehrfach hervorgetreten sind, daß man sagt: es handele sich Seitens der Bergbautrelbenden Hees darum, Geld zu eiwerben, und es sei daher ungerechtfertigt, Jemandem, der lediglich ein Gewerbe treibe, das auf Gelderwerb gerichtet ist, einen starken Schutz anderen berechtigten Jnteressen gegenüber zu gewähren. Ich gestehe zu, wenn Sie nur den einzelnen Bergwerksbesitzer ins Auge fassen, in einem ö zum einzelnen Gruͤndeigenthümer, so stehen Privatinteressen gegen Privatinteressen. Der einzelne Bergwerks⸗ besitzer hat allerdings die Aufgabe, Geld zu erwerben. Dag ist aber nicht dasjeni,e, was maßgebend ist, wenn man die Gesammtheit be— urmheilen will. Der gesammte Bergbau beurtheilt sich keines wegs auz dem Gesichtspunkie blos vermögentrechtlicher Interessen, der Bergbau ist vielmehr wohl das wichtigste Gewerbe, welches wir in 6 haben. Auf ihm btruhen eine ganze Reihe neuer umfangreicher Gewerbebetriebe, und man kann wohl sagen, ein Theil der Macht, die Preußen heute besitzt, läßt sich in letzter Linie zurückführen auf die Blüthe, die der Bergbau besitzt. Glauben Sie denn, daß England politisch diejenige Macht auf der Welt sein würde, wenn ihm der Steinkohlenbergbau fehlen würde? Ich behaupte, die englischen Flotten schwämmen nicht auf allen Meeren, wenn sie nicht den Hinterhalt in der Blüthe des englischen Steinkohlenbergbaus besäßen. Preußen sieht in der That ebenfalls einen großen Theil seiner Kraft in der Prosperität dieses Gewerbes. Das haben unsere Vorfahren frühzeitig erkannt, und wir haben Gott sei Dank bis auf den heutigen Tag diese Auf fassung nicht vergessen. Es ist dies aber ein Gewerbe, was seiner Natur nach mit mannichfachen Schwierigkeiten verbunden ist, was eines gewissen Schutzes bedarf. Und wenn der Herr Vorredner da— von ausging, daß der Bergwerkstreibende gewissermaßen um sonst sich das Bergwerk aneignen, so weise ich ihn darauf hin, daß Fälle vorkommen, wo Bergwerkatreibende, um ein Steinkohlenlager aufzuschließen, es für die Zukunft zugänglich zu machen, um eine neue Quelle des Wohlstandes für ganze Landesztheile zu eröffnen, oft mehr als eine Million verausgabt haben, ehe sie in der Lage waren, zu sagen, es kann wirklich nun⸗ mehr Bergbau an dieser Stelle geführt werden.

Meine Herren! Das allgemeine Bergwerksgesetz ist von dem Prinzip ausgegangen, eine gerechte Behandlung des Bergbaues und des Grundeigenthums herbeizuführen. Es hat in dem 5. 148 den Grundeigenthümer wesentlich besser gestellt, als den Bergwerkteigen⸗ thümer, indem es den Satz aussprach, daß der Bergwerks eizenthümer verpflichtet sei, für jeden Schaden, der dem Grundeigen thum zugefügt werde, Ersatz zu leisten. Es hat den Grundsatz aus⸗ gesprochen, daß es auf die Schuld des Bergwerksbesitzers nicht an⸗ komme. Es hat ferner betont, daß es einerlei sei, ob der Bergbau sich unterhalb der betreffenden Oberfläche oder seitwärts befindet. Es hat berücksichtigt, daß es bei verschiedenen Bergwerksbesitzern schwierig sein kann, die Rate festzustellen, die jeder einzelne für den Schaden zu zahlen hat. Deswegen finden Sie in 5. 149 den Grundsatz aus.

esprochen, wonach . Bergwerksbesitzer zu gleichen Theilen ür den entstandenen Schaden aufzukommen hat. Gewiß stnd dies sehr weittragende Grundsaͤtze. In England hat man die Sache ganz gleichartig behandelt, und wenn der Grundeigenthümer durch seine Anlagen auf der Oberfläche den Bergwerktzeigenthümer schädigt, so ist er verpflichtet, diesem Schadenersatz zu leisten. Es sind z. B. Fälle aus der englischen Praxig zu konstatiren, wo der Eigenthümer eines Kanals verurtheilt ist, die Sicherheitspfeiler, die der Bergwerkstreibende für Interesse des Kanals stehen lassen mußte, zu bezahlen. Soweit ist unsere Gesetzgebung nicht gegangen. Sie hat in dieser Beziehung das Grundeigenthum hese als das Bergwerkseigenthum geftellt. Ich laube aber, daß sie damit auch an die Grenze desjenigen gekommen

wat man, konzediren kann, wenn der Bergbau auch künftig sich glücklich in unserem Lande entwickeln soll.

Berlin, Dienstag, den 27. Juni

Meine Herren! Was wird denn nun von der Gegenseite ver— langt? Diese verlangt im Wesentlichen eine Verurtheilung des Bergbaues, Schaden zu ersetzen auch da, wo überhaupt die Konnex tät noch gar nicht nachgewiesen ist. Wenn die Sach- verständigen sich darüber streiten, ob der Bergbaubetrieb in dir That die Ursache des Schadens an der Oberfläche sei, so sagt man: es existirt auß dem Grunde kein genügender Rechtsschutz im Lande, weil der Bergbau nicht ohne weiteres verurtheilt wird, den Schaden zu tragen. Ich würde es ganz beklazenswerthe Zustände nennen, wenn wir jemals dahin kämen, daß Jemand verurtheilt wird, etwag für einen Schaden zu zahlen, wo nicht einmal nachgewiesen ist, daß ein Zusammenhang zwischen ihm unh dem entstandenen Schaden besteht. Dies ist stets das erste Erforderniß, um die Ent schädigungsverbindlichkeit des Andern feststellen zu können; mag eine Administrativ⸗ oder eine Gerichtsbehörde urtheilen, immer wird sie sich die Frage vorlegen: wie steht es mit dem Zusammenhang? Wenn nun das hohe Haus sich beispielsweise in der vorliegen den Angelegenheit zum Tribunal konstituiren will, so weiß ich in der That nicht, wie man dazu gelangen soll, sich über die Uckheile der Sachverständigen, die nach genauer Besichtigung der Lokalität ihr Uitheil abgegeben haben, hinwegzusetzen. Et ist kein Trost für die Bergwerksbesitzer, wenn ausgesprochen wird: wir sind zwar nur Laien, aber nach unserem Laienurtheil fühlen wir uns in der Lage, uns über die Gutachten der sachverständigen Männer hinwegzusetzen. Diese Schwierigkeit wird auch in Zukunft niemals beseitigt werden.

Was die prozessualische Verfolgung der Schadenersatz ⸗Ansprüche anbetrifft, so hat einer der Herren Vorredner mit Recht darauf hin— tzewiesen, daß, wenn Uebelstänhe in dieser Beziehung bestehen und daß sie bestehen, ist anzuerkennen es die erste Aufgabe sein wird, kei Regulirung unserer Prozeßvorfchriften dafür zu sorgen, daß Schadenersatz, Ansprüche in einem schleunigen Verfahren erledigt werden, daß dem Richter, was die Feststellung der Entschädigungä— summe anbetrifft, ein weiter Spie raum gegeben wird, das ist also die Aufgabe der Cioilprozeßordnung, und sie wird diesen Punkt zu lösen haben.

Meine Herren! Man schlägt nun vor, Ihre Kommisston giebt derartige Andeutungen, daß in Zukunft auf Grund eines administrativen Verfahrens die Schadenersatz. Ansprüche festzustellen seien. Wenn es sich um 5 oder 10 Thlr. dabei handelte, so könnte man wohl sagen, das sind Kleinigkeiten, eine Administrativbehörde wird vielleicht auch als kompetente Instanz bezeichnet werden dürfen, um über derartige Dinge zu urtheilen; wie aber die hier vorgeführ⸗ ten Summen schon beweisen, handelt es sich gerade in zen Fällen, die wesentlich in Betracht kommen, um Hunderttausende. Ich frage: ist es nicht eine Ungeheuerlichkeit in einer Zeit, wo man das richterliche Zugeständniß zu erweitern be— strebt ist, zu verlangen, daß eine Administrativinstanz eine Fest⸗ stellung, die sogar exiquirbar ist, erläßt, wonach der Eine unter Um— ständen Hunderttausende an den Andern zu zahlen hat! Ich verftehe nicht, wie man einen derartigen Grundsatz heute noch befürworten kann, wie man die Administrarivbefugniß auf ein Gebiet übertragen will, für welches sie nach jeder Richtung hin nicht geeignet erscheint!

Nun schlägt man weiter vor, daß es zu erwägen sei, ob der Bergbau nicht in Zukunft unter bewohnten Gebäuden untersagt wer den müsse. Wenn Sie diesen Gesichtepunkt nur irgendwie befürwor— ten wollen, so kann ich Ihnen meinerseit nur den Vorschlag machen: stellen Sie doch lieber den Bergbau in Preußen ganz ein. Wenn Sie sehen, wie beispielsweise in Westfalen die Grafschaft Mark be— baut ist, wo sich Hef an Hof, Dorf an Dorf anschließt, wo große Länderstrecken so zu sagen vollstaͤndig bebaut sind, und dann eine Bestimmung aufnehmen wollen: Wo Wohngebäude stehen, soll Bergbau nicht betrieben werden, so ist es wirklich besser, man erläßt ein Gesetz; Vom morgigen Tage an hört der Bergbau in 6 auf. Das ist die einfache Uebersetzung eines derartigen Vor⸗ schlagg. ö

Ich muß dabei auch auf Folgendes hinweisen: wodurch sind denn die meisten dieser Gegenden gegenwärtig so bebaut? Wetentlich deshalb, weil der Bergbau eine reiche Quelle des Segens über jene Landestheile ausgegofsen hat. Ich habe in einer früher von mir selbst geschriebenen Abhandlung ein Woit zitirt, was ein älterer Schriftsteller bezüglich der Gründung der Beitzstadt Joachimsthal in Böhmen ausgesprochen hat. Er schildert sie als eine reiche Stadt, die nicht blos mit Wer ken, wie sie das tägliche Leben hervorbringt, aus geschmückt sei, son— dern welche auch andere Werke menschlicher Thätigkeit und mensch= lichen Wissens reichlich aufweise. Er sagt dann weiter:

„Bevor ist nun dieses Thal, d. h. Joachimsthal, große Wild- niß gewesen. An dem Platz, wo jetzt der Predigtstuhl steht, wo ö Bär erschossen worden, am Brodmarkte eine Mühle u. s. w.

Meine Herren, das paßt wie ein Wort auf das andere beispielg⸗ weise auf die Gegend von Oberhausen. Ich weiß nicht, ob einzelne Mitglieder in diesem hohen Hause vorhanden sind, die früher dort Schnepfen geschossen haben; viel anders wie in Joachimsthal wird es dort wohl nicht gewesen sein. Die ganze Prosperität der Gegend hängt wesentlich mit dem Bergbau zuͤsammen, und nun will man die Mutter, die Quelle dieser Prosperität erwürgen, weil ste angeblich die Ursache alles Uͤebels ist. Meine Herren, ich glaube, die Forderung, ben Bergbau unter bewohn— ten em ern zu verbieten, ist nach Lage unserer Ansiedlungen un⸗ möglich.

Im Zusammenhange damit befürwortet man ferner eine Kautions⸗ stellung. heber diesen Punkt würde sich reden lassen, wenn nur die Ziele, welche die Kommission erstrebte, schärfer zu erkennen wären. Wollen Sie allgemein eine Kautionsstellung für jeden denkbaren Schaden verlangen, den der Bergbau anrichten kann, dann sage ich, ist diese Bestimmung ähnlich zu beurtheilen, wie die vorher erwähnte, wonach unter bewohnten Häusern kein Bergbau betrieben werden soll. Ich selbst habe das franzöͤstsche Berggesetz acht Jahre lang praktisch gehandhabt und kann versichern, daß der Art. I5 des Berggesetzes vom 21. April 1810 während dieser acht Jahre nicht ein einziges Mal zur Anwendung gekommen ist. Ich vermuthe, daß der Herr Referent, wenn er derartige Bestimmungen vorschlägt, fie in dem Sinne vorschlägt, daß sie nicht auf dem , . stehen bleiben, sondern zu Gunsten der Grundeigenthümer in Wirksamkeit treten. Wenn Sie aber allgemein jedem Berabaubetrieb mit Rücksicht auf die Gefahr des möglichen Schadeng an der Oberfläche eine Kautionspflicht auferlegen wollen, so ist auch das eine solche Belastung des Bergbaues, daß ich nicht weiß, oh derselhe in der Lage ist, elwaz derartiges zu ertragen, es würde das auf vile Tausende für jeden igen Grubenbetrieb hinausgehen können.

Bei der ganzen Erörterung ist dann darauf hingewiesen worden, daß die Bergbehbrde die Lage der Dinge mit einer gewissen Ein seiligkeit beurtheile. Ich muß aber dem beltreten, was Seitens eines Herrn Kommissars bereits gesagt ist. Die Bergbehörde steht diesen Angelegenheiten obfektiv gegenüber, si ist nicht Partel, sondern von dem Gesetz berufen, die bestehenden e nn, zu handhaben und das thut sie nach Pflicht und Ge— wissen. Wenn der in , Einseitigkeit, ins besondere auch Seitens der Kommisston vorgeworfen ist, so wird es jedenfallz auf Seite der

Bergbautreibenden im Lande eigenthümlich empfunden werden,

daß diese wichtige Angelegenheit in einer Gemeindekommisston bera⸗ then worden ist. Es liegt mir y. fern, den Herren irgend einen Vorwurf bezuglich derjenigen Ansichten zu machen, zu welchen sie gelangt sind; ich bin der festen Ueberzeugung de sie nach reiflicher pn zu dem vorliegenden efulte gekommen sind und kann ingbesondere, wenn dem Herrn Refe⸗

renten daran etwas gelegen ist, hier meine Anerkennung aussprechen über die Gründlichkeit, mit der er diese Sache behandelt hat. Immer bleibt aber wahr, daß nach der früheren Praxis des

Hauses derartige Angelegenheiten entweder in der damala pestehenden

Koncwission für Handel und Gewerbe in Geineinschaft mit der Agrarkommission oder in einer besonderen Kommission zur Verhandlung. kommen. Es wäre gewiß erwünscht gewesen, wenn die Männer, die in diesem hohen Hause näher mit derartigen Angelegenheiten bekannt sind, in die Lage gekommen wären, auch nach der anderen Seite hin die Sache zu beleuchten.

Ich verhalte mich nun der ganzen Frage gegenüber keineswegs

ahwehrend, ich verlange aber, daß das, was geschieht, sich auf einem prak⸗= tischen Boden bewege, welcher zum Heil des Ganzen führen kann. Einen solchen Weg kann ich nicht in derartigen Andeutungen finden, wie sie hier gefallen sind. Ich kann auch nicht annehmen, daß man sich auf einem richtigen Boden bewege, wenn man die einschlagenden allge⸗ meinen Fragen permanent unter dem Gesichtspunkt beurtheilt, als wenn es sich lediglich darum handelte, Jemanden, der Geld verdient, in die ihm vermöge seiner gewerblichen Thätigkeit zukommende Stellung zurückzudrängen. Alles erscheint gar nicht zutreffend, sobald in Frage ist, allgemeine gesetzliche Bestimmungen für einen so großen und wich- tigen Gewerbebetrieb wie dein Bergbau zu erlassen. .Es ist schließlich darauf hingewiesen, daß die Grundeigenthümer in manchen Bezirken des preußischen Staats fich bezüglich dieser An= gelegenheit in Aufreizung befinden. Ich gestatte mir aber auch daran zu erinnern, daß auch in den industriellen Bezirken ohne Zweifel diese Angelegenheit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wird. Der Herr Referent hat bereits angedeutet, daß die Industrie sehr empfindlich sei. Ich erlaube mir diese Acußerung zu bestäͤtigen sie wird insbesondere auf diesem Gebiet sehr empfindlich sein, wobe, es sich um eine Institution handelt, welche allein 250, 000 Köpfe be= schäftigt, bei der, die Familien mitgerechnet, vielleicht eine Million Menschen in Frage kommen; um eine Institution, die eine Jahres⸗ produktion von 150 Millionen Thalern Werth hat. Es ist also gewiß eine solche Frage mit großer Vorsicht anzufassen, wenn man allgemeine Vorschläge für den Gesetzgeber machen will. Nun sagt zwar der Herr Referent: es seien ja der Regierung nur gewisse Gesichtspunkte zur Erwägung anheimgegeben, es seien gar keine bestimmten Vorschläge gemacht, die Regierung habe freie Hand, dieselbe werde wohl zu einem leidlichen Resultat kommen. Ich würde mich unter ÜUmständen bei einer derartigen Erklärung, wenn sie allein bestände, schon beruhigen können, aber die Aa— deutungen, die in der Kommission gefallen sind und in der öffent⸗ lichen Diskusston in diesem Hause stattgefunden haben, weisen auf einen Weg hin, den man zu beschreiten beabsichtigt, der keineswegs ein solcher ist, welcher der Regierung diese freie Hand läßt, man will sie vielmehr in eine Posttion drängen, die meiner vollen Ueberzeugung nach für den vaterländischen Bergbau schädlich und verhängnißvoll ist.

Ich stelle mir persönlich die Aufgabe, nach Pflicht und Gewissen, wo Beschwerden an meine Instanz gelangen, das Interesse des Grundeigenthumz ebenso wahrzunehmen, wie das des Bergbaus; ich wüßte nicht anders ent⸗ schieden zu haben, wo ich in dieser Lage war. Im Gegentheil, wenn man dasjenige liest, was von mir selbst persönlich über die EGatwicke— lung unserer Berggesetzgebung in der Vergangenheit geschrieben ist, wird man verfolgen können, daß sich wie ein rother Faden der Ge⸗ danke durch meine Schriften zieht, einen verstärkten Schutz des Grund⸗ eigenthümers herbeizuführen. Das ist stets eine Auffassung gewesen, die mir vorgeschwebt hat, und die ich zu verwirklichen veisuchte, ich bin daher auch umsomehr berechtigt, vor Maßregeln zu warnen, die nicht zum Heil des vaterländischen Bergbaues gereichen. Ich wieder⸗ hole: Bedenken Sie wohl; es handelt sich um große Interessen, und diese Interessen schädigen, heißt das Land schädigen.

Auf Befürwortung des Abg. Frhr. v. Schorlemer⸗Alst und des Referenten Abg. Knebel wurden hierauf die Beschlüsse der Kommission angenommen. Sie lauten:

a. in Betreff der Oberhausener Petition: I) die Petition, so weit sie unzureichenden Rechtsschutz behauptet, der Staatsregierung zur Berücksschtigung insofern zu überweisen, als gemeinschädliche Einwirkungen des Bergbaues vorliegen, gegen welche die Berg= behörden Schutz zu gewähren nach §. 196 des Allgemeinen Berg- gesetzes vom 24. Juni 1865 verpflichtet sind, mit dem Anheimgeben, die Berggesetzgebung nach dieser Richtung hin einer Revision zu unterziehen; 2) die Petition der Regierung in soweit zur Erwägung zu überweisen, als zur schnelleren Regulirung der Schaden und zur Sicherstellung der Entschädigungen eine Vervollständigung der Ge⸗ ern n erforderlich erscheint; b. in Bezug auf die Iserlohner Petition:

I. in Erwägung: I) daß es bei der Abweichung der in der Angelegenheit erhobenen technischen Gutachten noch nicht als festgestellt zu erachten ist, daß der Bergbaubetrieb die Ver⸗ anlassung zu den Bodensenkungen in und bei Iseilohn nicht gegeben habe; 2) daß jedoch des Zusammentreffen des Bergbaues mit den Bodensenkungen sowohl der Oertlichkeit als der Zeit nach einen solchen ursächlichen Zusammenhang als sehr wahrscheinlich er⸗ scheinen läßt; 3) daß zu erwarten ist, die Staatsregierung werde eine weitere vermittelnde Thätigkeit dahin eintreten lassen, daß die in der Verhandlung vom 19. Februar dieses Jahres versuchte Ver⸗ einbarung durch die legitime Vertretung der Stadt Iserlohn und des Bergwerksvereins acceptirt oder zur Grundlage für anderweitige ausgleichende Verhandlungen benützt werde; daß die Staatsregie⸗ rung ebenfalls bereits die Verpflichtung anerkennt, zum Schutze gegen den Bergbau einzuschreiten, indem dieser durch den Ministerialerlaß vom 8 März die es Jahres bereits auf bestimmte Grenzen einge ngt ist, außerhalb welcher der Stadt durch den Bergbau kein neuer Schaden zugefügt werden kann; 6) daß die vorliegende Petition ge—⸗ eignet ist, die aus Anlaß der Petition der Stadt Oberhausen ge⸗ . Beschlüsse zu unterstützen; der Königlichen Staatgtzregie⸗ rung die Petition der städtlschen Behörden zu Iserlohn behufs fernerweiter Herbeiführung möglichsten Schutzes gegen die einge⸗ tretenen Beschädigungen der Grunde und. Gebäudehesitzer und de= hufg Benutzung bei der empfohlenen Reviston des Berggesetzes zur Berückstchtigung zu überweisen. = ö .

II. die Petition, soweit sie Beschwerde führt über das big⸗ herige Zwanggverfahren der St agtsbehörden zur Ausführung von Vorarbeiten fur eing geregelte Wassergbführung, der Königlichen Staattregierung zur Abhülfe zu überweisen.

Darauf vertagte sich das Haus um 4 Uhr.

Staat und Kirche. XII. Vgl. Nr. 147 d. Bl)

Die Königlich sächsische Staatsregierung hat durch Dekret vom 15. März 1876 den Ständen den „Entwurf eines Gesetzes, die Ausübung des staatlichen Oberauf⸗ sichtsrechts über die katholische Kirche im König⸗ reiche Sachsen betreffend“, übersendet. Dieser laut Be⸗ richt vom 15. Mai 1876 in der . der

Zweiten Kammer berathene Gesetzentwurf stellt sich im Wesent⸗ lichen als ein zur Ausführung der Verfassungsurkunde für das Königreich Sachsen vom 4. September 1831 bestimmteg Spezial⸗

1838

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