—
. pPraktischen Geltung bezüglich des Finanzgesetzes kommen.
Verbindlichkeiten mit 219, 934,000 ( weisen eine solche von 16, 125, 009 S6 auf, während die an eine Kündigungsfrist ge⸗ bundenen Verbindlichkeiten in Höhe von 1445724, 000 S sich um 12,412,000 M6 vermindert haben.
— Enthält eine Zeitung einen strafbaren Artikel, dagegen nicht den Namen und Wohnort des verantwortlichen Redacteurs, so hat nach einem Erkenntniß des Ob er⸗Tribun als, Strafsenats, vom 16. Mai d. J. der Richter thatsächlich festzustellen, wer die selbständige Leitung der betreffenden Zeitungsnummer gehabt und nach dessen Ermittelung ihn als verantwortlichen Redacteur im Sinne des Reichs⸗Preßgesetzes zur strafrechtlichen Verant⸗ wortlichkeit heranzuziehen.
— Unter Hinweis auf die in diesem Blaͤtte mehrfach ver⸗ öffentlichten Bekanntmachungen des Direktoriums der Magde⸗ burg⸗Leipziger Eisenbahn⸗Gesellschaft machen wir auch hier noch einmal darauf aufmerksam, daß die Rückzahlung fämmt⸗ licher Magdeburg⸗Leipziger Prioritäts-Aktien und Obligationen bereits jetzt, und zwar nur noch bis zum 15. d. Mts. unter Gewährung einer Prämie. stattfindet.
— Der General⸗Lieutenant von Bülow ist von seiner Dienstreise zur Musterung des 2. Brandenburgischen Feld⸗ Artillerie Regiments Rr. 18 (General⸗Feldzeugmeister) hierher zurückgekehrt.
Bayern. München, 5. Juli. Der König hat heute kurz vor 3 Uhr die Königin Olga von Württemberg aus dem „Hotel zum Bayerischen Hof' in die Königliche Residenz geleitet. Zur Familientafel selbst, aus zehn Gedecken bestehend, waren, außer der Hohen Frau, die sämmtlichen hier anwesenden Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses geladen. Das Gefolge war zu einer Marschallstafel vereinigt. Die Hof⸗ tafel endete um 5 Uhr. Der König begleitete die Königin in den „Bagerischen Hof“ zurück. Die Königin begiebt sich morgen früh 7 Uhr mit dem Schnellzug nach Lindau.
— Der Finanzausschuß hat die sehr eingehende Bera⸗ thung des Budgets des Kultus⸗Ministeriums gestern Abends beendet und heute Vormittag war eine Subkommißfsion desselben, und zwar während der Dauer der Kammersitzung, einige Stunden versammelt, um den an die Kammer zu erstatten⸗ den Bericht festzustellen. Mit der Berathung desselben in der Kammer wird am kommenden Montag begonnen werden, und demselben sich dann die Berathung des Berichts des Abg. v. Schlör über die Eisenbahngefälle anschließen.
— In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkam—⸗ mer wurde in die Prüfung der Wahl von Zweibrücken eingegangen. Referent Fischer beantragte die Wahl der Herren K. Schmidt, Gustay Schmitt und Jak. Höh für gültig zu er⸗ klären, Korreferent Hennemann (Kooperator von Straubing) be⸗ antragte, diese Wahlen zu kassiren. Ministerialrath Dr. v. Rie del wies ziffermäßig nach, daß in den meisten Orten die Eintheilung in derselben Weise erfolgte, wie in Pirmasenz, deren Urwahlbezirkseintheilung so sehr angefochten werde;
es würden nach der Rechnungsweise des Korreferenten in fonsequenter Weise 70 Sitze der Rechten in Frage stehen. Gustar Schmitt zeigte, wie grundlos die Behauptung des Kor⸗ referenten von einer „objektiven Tendenz“ sei, aber Br. Pfahler erklärte, man müsse endlich ein Exempel statuiren. Abg. Stenglein warnte die Majorität vor einem weiteren Vorgehen des leidenschaftlichen Parteikampfes mit vollständig neuen Rechts⸗ theorien. Pfarrer Rußwurm entgegnete ihm in höchst erregter Weise. Dr. Völk wies unter dem Beifall der Linken das uner⸗ hörte Gebahren der Rechten als eine unberechtigte Anmaßung zurück und protestirte entschieden dagegen, daß da, wo Recht ge⸗ sprochen werden soll über die höchsten Interessen des Landes, Parteimänner entscheiden. Dr. Krätzer sprach im Sinne des Korreferenten. Nach fünfstündiger Sitzung wurde abgestimmt und, wie schon gemeldet, Hennemanns Antrag auf Kasfirung der Wahl mit 727 gegen 63 Stimmen angenommen. Württemberg. Stuttgart, 5. Juli. Der „St. ⸗Anz.“ enthält das Verfassungsgesetz, betreffend die Bildung eines Staats⸗Ministerium s. — Der König hat verfügt, daß lünftighin diejenigen Mitglieder des Staats⸗Ministeriums, welche Minister sind, den Titel Staats⸗Minister (der Justiz, der aus⸗ wärtigen Angelegenheiten, des Innern, des Kirchen⸗ und Schul⸗ wesens, des Kriegwesens und der Finanzen) zu führen haben, und zum Präsidenten des Staats⸗Ministeriums den Staats⸗Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegenheiten v. Mittnacht ernannt.
Baden. Karlsruhe, 5. Juli. Die Erste Kammer hat heute in erregter Debatte das Pfarr⸗Dotationsggesetz mit unwesentlichen Aenderungen in der Fassung der Zweiten Kammer und mit großer Majorität angenommen. Der Staats⸗ Minister betonte, daß in Frankreich und Belgien die Staats⸗ dotation zingeführt sei und Niemand eine Beränderung darin beabsichtige. Die Minoritãt war besonders gegen den Revers des katholischen Bischofs eingenommen, da das Gesetz für die Protestanten nur Vortheile, für die Katholiken nur Rachtheile 6 Die Brüder des Großherzogs enthielten fich der Ab⸗ immung.
— Die Regierung hatie unterm 4. Juni v. J. aus Anlaß des durch päpstliches Rundschreiben ausgeschriebenen Jubel⸗-Jahrs die Veranstaltung von Irbiläums⸗Prozessionen außer⸗ Halb der kirchlichen Gebäude, sowie die Theilnahme an solchen Prozessionen auf Grund des 8. 366 Ziff. 10 des Reichs⸗Straf⸗ gesetzbuches verboten. In dem Kommifflonsbericht der Zweiten Kammer über Prüfung der seit dem letzten Landtag erlassenen Provisorischen Gesetze hat nun die Minorität (Abg. v. Buß) den Antrag gestellt, die fragliche Verordnung als ungültig zu erklä⸗ ren, weil sie gegen den 5. 18 der Landesverfassung — Ge⸗ nießung der ungestörten Gewisfensfreiheit — und gegen den 5. 1 des Gtirchengesetzes von 1860 — Gewährleistung der öffentlichen n,, ,, — verstoße. Der Minister Jolly vertheidigte das erlassene Verbot mit der Abneigung Mancher gegen die Prozessionen, sowie mit der Sorge für die öffentliche RKuhe und Ordnung, und die Kammer ging über den kleritalen Antrag Sur Tagesordnung über.
HBessen. Darm stadt, 5. Juli. Der Großherzog gab gefern eine Tafel im Fürstenlager zu Seeheim, welcher außer en Gliedern der großherzoglichen Famnilie auch der Kaiser von Rußland, der Großherzog von Sachsen⸗Weimar, Fürft Gortschatoff c, sowie der großherzogliche Hof beiwohnten.
— Wie das „Frkf. J.“ vernimmt, wird die Erste Kam—⸗ mer am 14. oder 15. d. M. zusammentreten, um auch ihrer- seits bezüglich des von der Zweiten Kammer erledigten Budgets u berathen. — Als nahezu feststehend darf es angesehen wer⸗ en, daß die neuen Steuergesetze wegen anderweitiger Regu⸗ lirung der Einkommensteuer und Einführung der Kapitalsteuer
Jugenheim, 7. Juli. 9 Uhr von hier abgereist.
nacht setzt Se. Majestät die Reise fort.
pelle des Schlosses statt.
Schloß Wilhelmsthal.
Kronprinz Rudolf zu Fuß nach Nachod. Wege besichtigte Se. K. und K. Hoheit
kation gelangt. Anhalt. Dessau, 5. Juli.
genommen.
zuges der Nordwestbahn über Bakov und Böhmisch⸗Leipa nach
Bodenbach begeben sich dann Beide Majestäten und der Kron⸗ prinz Rudolf gemeinschastlich über Böhmisch⸗Leipa nach Reichstadt. — Wie der „Presse“ aus Ischl geschrieben wird, ist die Kaiserin noch nicht von dort abgereist, sondern wird sich heute, den 6., nach München begeben.
— Die Verhandlungen über die Reform der Brannt⸗ wein⸗ und Zuckersteuer, wie sie in den Punktationen vom Mai in Aussicht genommen wurden, haben, wie man der „Presse“ mittheilt, ihren Abschluß gefunden. Bis auf einzelne wenige Punkte, über welche die beiderseitigen Referenten sich nicht einigen konnten, und welche den demnächst aufzunehmenden Ministerkonferenzen vorbehalten bleiben, ist das Elaborat fertig⸗ gebracht. Demgemäß werden die betreffenden Regierungsvor⸗ lagen schon in der nächsten Session gleichzeitig mit dem Han⸗ delsbündnisse sowohl hier als in Pest eingebracht werden, während der Zolltarif erst mit den Handelsverträgen zur legisla—⸗ tiven Behandlung gelangen soll.
— Die Vorarbeiten für das Budget des Jahres 1877 sind bereits ziemlich weit vorgeschritten, und wird derzeit im Finanz ⸗Ministerium an der Zusammenstellung und Ergänzung des von den einzelnen Ministerien beanspruchten Erfordernisses gearbeitet. Wie sich jedoch die Endziffern gestalten werden, läßt sich gegenwärtig noch nicht bestimmen.
Prag, 5. Juli. Wie der „N. Fr. Pr.“ von hier telegra⸗ phirt wird, trifft, den neuesten Dispositionen zufolge, der Kai⸗ ser von Oesterreich am 8. Juli um halb 8 Uhr mit dem Hofzug in Bodenbach ein, der Kaiser von Rußland um halb 10 Uhr; die Abfahrt erfolgt um 9 Uhr 45 Minuten, die Ankunft in Reichstadt um 11 Uhr; der Hofstaat bleibt in Leipa zurück. Die Abfahrt der Monarchen von Reichstadt erfolgt um 3 Uhr, die Ankunft und Verabschiedung in Bodenbaͤch um 4 Uhr 20 Minuten. Von dort begiebt sich Kaiser Franz Joseph nach Bubentsch; mittelst der Franz⸗Josephbahn erfolgt die Rück⸗ fahrt nach Wien.
— Anstatt Kriesche's, welcher ablehnte, wird Kleinberg als Bürgermeisterkandidat aufgestellt. Skrejschovsky erklärt in einem ausführlichen Rechtfertigungsartikel, daß er sich veran⸗ laßt sehe, aus dem Czesky⸗Club und aus dem ezechischen Ver⸗ trauensmänner⸗Kollegium auszutreten und sagt gleichzeitig, daß, wenn die Jungezechen vor zwei Jahren den Club nicht verlassen hätten, bereits eine czechische Majorität im Landtag und Reichs⸗ rath säße. Die Vertretung des czechischen Bezirks Brandeis wählte einstimmig zum Obmann den verfassungstreuen Abgeord⸗
neten Alter.
Trautenau, 5. Juli. Von Kramolna begab sich der Auf dem das Nachoder Schloß des Fürsten Lippe, woselbst sich im Jahre 1866 ein großes Lazareth befand, und wurde in Rachod von der Beyöl⸗ kerung enthusiaftisch empfangen. Von dort fuhr der Kronprinz
um 1246 Uhr mittelst Separatzuges nach Trautenau, woselbst derselbe um 2 Uhr anlangte.
Böhmisch-Leipa, 5. Juli. Die Empfangsvorbereitungen
int Schloß Reichstadt find so umfassend, daß, wie der ‚N. Fr. Pr.“ mitgetheilt wird, die Eventualität einer Ausdehnung der st aifer⸗ Zufammenkunft auf den nächsten Tag vorhergesehen und deshalb für das Uebernachten Beider Monarchen und ihrer Suite Vorsorge getroffen wird. Für den Kaiser und die Minister ind die Schlaf⸗ und Arbeitszimmer und Empfangssalons voll⸗ tändig ei ngerichtet. Der Kaiser von Rußland wird in den glänzendert Gastappartements, der Kaiser in den einfachen Wohngemächern des Ktaisers Ferdinand Wohnung nehmen. Zahlreiche Hofoffizianten, mit Vorbereitungen beschäftigt. Leipa treffen ebenfalls festliche Vorbereitungen zur des Kaisers und des Kronprinzen.
Hofdiener und Handwerker sind Die Städte Reichstadt und egrüßung
Pest, 5. Auli. Der gestrige Ministerrath währte von
L Uhr Nachmittags bis 9 Uhr Abends. Alle Minister, mit Ausnahme Perczeliz, nahmen an demselben Theil. Die Kriegs⸗ frage und spezielt die Aufgabe Ungarns in derselben wurde, wie der „N. Fr. Pr.“ von Richtungen 9 besprochen. Auch für ein eventuelles Eingreifen wurden verschiedene Beschlüsse gefaßt. — Vorderhand geht
ier mitgetheilt wird, nach allen
in dieser Periode, wenn auch zur Berathung, doch nicht zur General Szapary als Kommandant des Grenzkordons
nach dem Süden Ungarns.
(W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser Alexander von Rußland ist heute früh um
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 6. Juli. (Th. Korr.) Morgen Nachmittag 5 Uhr trifft Se. Majestät Kaiser Alexander mit zahlreichem Gefolge hierselbst ein und begiebt sich nach Schloß Belvedere. In seiner Begleitung be⸗ findet sich der Staatskanzler Fürst Gortschakoff. Nach Mitter⸗
Am folgenden Tage treffen, um den Tauffeierlichkeiten beizuwohnen, der Herzog und die Herzogin von Sachsen⸗Alten⸗ burg, die Prinzessin Gustav von Sachsen⸗Weimar, der Prinz Alexander der Niederlande in Vertretung Sr. Majestät des Königs der Niederlande, der Herzog von Sachsen⸗Meiningen ein. Die Taufe selbst findet am 9g. Juli, Abends 7 Uhr, in der Ka⸗ Derselben folgt die kirchliche Ein⸗ segnung der Hohen Wöchnerin in ihren Gemächern; nach Schluß der Feierlichkeit findet Gratulationskur in den Dichterzimmern statt. Nach den Tauffestlichkeiten begeben sich Ihre Königlichen Foheiten der Großherzog und die Großherzogin nach
Sach sen⸗Altenburg. Altenburg, 5. Juli. Mit der am 22. v. Mts. ausgegebenen Gesetz' Sammlung sind die drei neuen Gesetze, welche bestimmt sind, die Trennung der Ver⸗ waltung von der Justiz auch in der unteren Instanz für das Herzogthum vollständig zur Durchführung zu bringen, zur Publi⸗
Der Landtag hat den Antrag der Regierung: „Zu der Uebereinkunft (mit Preußen und den thüringischen Staaten) behufs Einleitung von Maß— regeln zum Schutz und zur Hebung der Fischerei die land⸗ schaftsordnungsmäßige Zustimmung zu ertheilen“ einstimmig an—⸗
Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 6. Juli. Der Kaiser ist gestern Vormittags von Bruck a. d. Leitha in Heimberg an— gekommen und begab sich von dort direkt nach Laxenburg. Morgen Abends begiebt sich Se. Majestät mittelst Hofseparat—
Bodenbach, um seinen Erlauchten Gast, den Kaiser Alexander von Rußland, übermorgen früh daselbst zu begrüßen. Von
Die heutigen Morgenblätter besprechen den Sieg der Tür ken bei gajcar sympathisch. „Hon“, „Ellenör“ und, Naplo be⸗ handeln das Thema eingehend. Serbien habe keinen Krieg für die Freiheit, sondern einen Krieg der Eroberung begonnen. Deshalb stehen ihm die Gerechtigkeit und die Sympathien der Völker wie die internationalen Verträge entgegen, da Alles für die Türkei spreche. = Das Amtsblatt publizirt die Auflassung von achtunddreißig Steueräm tern und die erforderliche Neuzu⸗ theilung der betreffenden Ortschaften.
— 6. Juli. (W. T. B.) In den Motiven des Gerichtsbeschlusses wegen der Verhaftung Mileties wird, wie der „Pester Lloyd“ meldet, eingehend dargelegt, daß die Immunität Mileties als Abgeordneter während der Ver⸗ tagung des Reichstages nicht berücksichtigt werden konnte. Es handelt sich, demselben Blatte zufolge, bei der Verhaftung keineswegs um einen Preßprozeß.
— JT. Juli. Wie der „Pester Korrespondenz“ aus Wien gemeldet wird, fand gestern zwischen dem Grafen Andrassy und den ungarischen Ministern eine Konferenz statt. Ueber die Endziele der auswärtigen Politik herrscht, derselben Korrespondenz zufolge, zwischen der ungarischen Regierung und dem Grafen Andrassy vollständige Uebereinstimmung und ebenso volle Klarheit bezüglich der demnächst stattfindenden Zusammen⸗ kunft des Kaisers von Oesterreich mit dem Kaiser von Rußland in Reichstadt.
Großbritannien und Irland. London, 5. Juli. Die Königin wird den bis jetzt getroffenen Disposttionen zu⸗ folge mit der Prinzessin Beatrice am 15. ds. von Windsor nach Osborne auf der Insel Wight überstedeln. — Sir Salar Dschung, der Premier⸗Minister des Nizam von Hyderabad, stattete gestern der Königin einen zweiten Besuch ab.
— Der Ankunft des Königs und der Königin von k in London wird zum Sonnabend entgegen gesehen.
— Die, London Gazette“ vom gestrigen Tage meldet die Ernennung des General Lord Napier von Magdala zum Gouverneur von Gibraltar und des Herrn 5. C. Vivian zum hritischen Agenten und General-Konsul in Aegypten. Herr Vivian war bisher General⸗Konsul in Bukarest.
— Die Presse, besonders die, Morning Post?, übt an der Kriegsproklamation des Fürsten Milan eine sehr scharfe Kritik. Im Gegensatz zum „Standard“, welcher das Minisierium auffordert, seine Politik klar darzulegen, spricht der „Daily Telegraph“ sein volles Zutrauen zu der „wachsamen und festen Politik des englischen Kabinets aus und wünscht gerade im Interesse des Landes, daß das Parlament sich möglichst einer Erörterung der orientalischen Angelegenheiten enthalte. Die „Times“ enthalten sich eines jeden Urtheiles über die Berechtigung Serbiens zum Angriffe und meinen, die beiden Gegner hätten jetzt ihre Sache selbst auszufechten. England habe weiter nichts zu thun, als vollkommene Neutralität zu bewahren. Man brauche die Kriegs⸗ erklärung nicht zu billigen und könne sie nicht verdammen.
Jetzt sei es jedenfalls zu spät Serbien zurückzuhalten. Der Wurfel sei einmal gefallen.“
Die Tim es“ verspricht dem, was Bright im Unterhause über die Frage sagte, ob England für die „Integrität und Unab⸗ hängigkeit des os manischen Reichs in einen Krieg sich ein⸗ lassen solle, eine mächtige Wirkung auf eine große Klasse des Volke“. Das Blatt glaubt nur eben, daß der Regierung Unrecht geschehe, wenn man ihr eine derartige „thatkräftige“ Politik zutraue. „Das englische Volk hält sich nicht für berufen,
die türkische Herrschaft niederzureißen, für deren Aufrechterhal⸗ tung es vor zwanzig Jahren den Krimkrieg führte, aber es wird sich nicht in einen zweiten Krimkrieg hineinziehen lassen durch den Glauben, der wahrscheinlich eine leere Illuston sei, als ob eine Veränderung in der Lage (disposition) der gegenwärtigen Besitzzungen des Sultans das Vorruͤcken der Russen nach Kon⸗ stantinopel bedeute.“
— Im Unterhause erklärte auf eine Anfrage Wh alley's wegen des Kanal⸗Tunnels der Handels⸗Minister Sir C. Adder ley, bevor das Werk in Angriff genommen werden könne, sei die Schließung eines Vertrages (mit Frankreich) nothwendig, und das falle nicht in die Grenzen seines Departements.
— In Portsmouth ist die Nachricht eingegangen, daß dem Truppenschiffe „Assistance“ auf der Höhe der fran⸗ zösischen Küste ein Unglück zugestoßen ist. Ein Schleppdampfer ist zur Beistandleistung abgeschickt worden.
— Neueren Nachrichten vom Cap der guten Hoffnung zufolge hat die Legislatur der Kap⸗Kolonie nach zweitägiger Dꝛhatte beschlossen, keine Delegirten zu der in London abzuhaltenden Konferenz zu senden, welche die Zweckmäßigkeit der Bildung eines füdafrikanischen Staatenbundes er⸗ örtern soll. Der Premier ⸗Minister Molteno ist indeß ermächtigt worden, England zu besuchen, um dem Minister für die Ko⸗ lonien, Lord Carnarvon, in den in Verbindung mit Griqua⸗
land⸗West enstandenen Mißhelligkeiten mit Rath und That beizustehen.
— Die „Western Morning News“ veröffentlicht Briefe aus
Zanzibar vom 3. ult., wonach der Sultan alle Hebel in Be— wegung setzt, um dem Sklavenhandel ein Ende zu setzen. Jüngst ließ er ein Sklavenschiff mit Beschlag belegen, auf welchem ein in Zanzibar ansässiger Araber eine Anzahl Sklaven nach Muskat zu führen versuchte. und dessen Kapitän an Bord eines der Schiffe des Sultans ge⸗ henkt. Dieser Akt hat, gepaart mit der Anti⸗Sklaverei⸗Prokla⸗ mation des Sultans, bei seinen Unterthanen großen Anstoß ge⸗ geben. Viele scheinen für eine Rebellion geneigt zu sein, fürch⸗ ten aber das Einschreiten der britischen Kriegsschiffe mit den Schiffen und Truppen des Sultans. . egsschiffes „London“ haben zwei weitere Sklavenboote ver⸗ nichtet.
Das Fahrzeug wurde verbrannt
Die Boote des englischen
Frankreich. Paris, 5. Juli. General Cialdini wird
fortwährend von den ultramontanen Blättern angegriffen. „Univers“ geht sogar soweit, ihn mit unliebsamen Kund⸗ gebungen zu bedrohen.
— Die Budget⸗Com mission hat den von der Regie⸗
rung für den Unterhalt der in Frankreich lebenden Carlisten verlangten Kredit von 2 Millionen verweigert.
— Der „Moniteur universel“ schreibt: „Nachdem
Europa Alles aufgeboten hat, um den Krieg zu verhindern, ist es jetzt einmüthig darauf bedacht, ihn in seine ursprünglichen ien einzuschränken und allgemeine Verwicklungen zu ver⸗ üten. Politik die Rede sein; Europa ist in dieser Frage einstimmig und wenn man von den Großmächten spricht, so haben wir die Ueberzeugung, daß es sich um alle Signatarmaͤchte des Pariser Frie⸗ dens handelt. Was die französische dtegierung betrifft, so brauchen
ier kann nicht mehr von dieser oder jener besonderen
wir wohl kaum zu wiederholen, daß sie sich in dieser ernsten
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Sch eik⸗ül-Is lam eine Fetva des Inhalts vorbereite, daß dte von Midhat Pascha entworfene TJerfassung nicht mit dem Inhalte des Korans im Widerspruch stehe und daß die Proklamirung der Verfassung demnächst zu erwarten sei. — Vom Kriegsschauplatze find seit hem 4. d. keinerlei De⸗ peschen veröffentlicht worden. Der Bey von Tunis hat
ngelegenheit von einem einzigen Gedanken leiten ließ. Frankreich ie , g den Fortbestand des Weltfriedens um sich ungehindert seiner inneren Reorganisirung widmen und die fried⸗ liche Entfaltung seiner Staatseinrichtungen in aller Sicherheit können. Auf dieses Ziel find die Bemühungen der Regierung gerichtet und sie wird ihm auch ferner mit derselben Beharrlichkeit entgegenstreben wie zuvor, gewiß, hierdurch den Interessen des Landes , ein stimmigen Wuͤnschen der öffent⸗ ĩ einung zu entsprechen. . 33 . . . k 1 n, den serbisch⸗ türkischen Krieg, es ko nu . ö . derselbe lokalisirt bleibe. Weiter schreiben die „Debats“: „Die Pflicht der großen Mächte ist eine doppelte. Sie haben Pflichten gegen die Türkei, sie müssen ihr gestatten, sich zu vertheidigen und, wenn das Glück der Waffen ihr günstig ist, in ihrem Siege jene sittliche Kraft zu schöpfen, die ihr so
förderlich wäre, um die Reformen zu vollziehen, die man von
ihr verlangt und die sie gewähren will, Sie haben auch Pflichten ö 9 ussi ndijchen christlichen Stämme, so nämlich, daß sie ber Türkei wohl gestatten müssen, dieselben unter die Herrschaft des von den Berirägen stipulirten Gesetzes zurückzuführen, nicht aber, sie außerhalb des Gesetzes zu stellen. Für den Augenblick ist nichts zu thun, man muß warten, einem Jeden seine Freiheit und feine Vortheile lassen und endlich dem Zufalle einräumen, was ihm gebührt.“ :
— 6. Juli. (W. T. B). Die Regierung hat den Zins⸗ fuß für Schatzkammerscheine, deren Verfallzeit 1 Jahr nicht übersteigt, auf 1 Proz. festgesetzt; der Zinsfuß für Schatz⸗ kammerscheine mit längerer Verfallzeit bleibt unverändert.
Versailles, 6. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer beantragte Madier de Montjau (von der Partei der Intransigenten) die Aufhebung des Gesetzes gegen die Presse vom Jahre 1852. Der Conseils⸗Präfident und Justiz⸗Minister Dufaure sprach sich gegen den Antrag aus. Madier beharrte aber auf seinem An⸗ trage, den auch Floquet unterstützte. Die Kammer beschloß mit 227 gegen 147 Stimmen die Dringlichkeit; die Rechte hatte sich der Abstimmung enthalten.
Italien. Rom, 6. Juli. (W. T. B.) Der „Agenzia Stefani“ zufolge ist die Nachricht der „Gazzetta del Popolo“, daß der König Victor Emanuel einen Spezial⸗Gesandten des Präsidenten Mac Mahon empfangen habe, un“ begründet.
Türkei. Während von serbischer Seite große Siege Tscher⸗ najeffs gemeldet werden, der das große türkische Lager bei Nisch schon umgangen haben und auf der Straße nach Pirot weit in die Bulgarei eingedrungen sein soll, versenden die Türken ihrerseits gerade widersprechende Nachrichten, wie folgendes Tele⸗ gramm, das der „Köln. Ztg.“ vom 6. Juli aus Paris zugeht, beweist: „Auf der türkischen Botschaft ist eine Privatdepesche eingetroffen, welche einen großen Sieg Eyub Pascha's meldet. An der Börse war das Gerücht verbreitet, General Tschernajeff sei mit 6000 Serben gefangen genommen. Der Sieg Osman Pascha's wird auf der türkischen Botschaft voll ständig bestätigt.“ — Eine weitere amtliche Depesche aus Konstantinopel besagt, am 3. Juli (also an demselben Tage, wo die Serben gegen Nisch vorgingen) hätten die in der Ebene von Urlub (südwestlich von Nisch) lagernden Kaiserlichen Truppen den angreifenden Feind nach fünfstündigem Gefecht zurückgeworfen und ihm einen Ver⸗ lust von 500 Todten beigebracht. Dasselbe Telegramm schätzt den Verlust der Serben in mehreren Gefechten an der Drina auf 2090 Todte und 4000 Verwundete. — Ein Telegramm aus Pera vom 4. d. M. sagt, die Serben hätten (nach wahrscheinlich übertriebenen Berichten) bei Alexinac 18 Kanonen eingebüßt und 2000 Mann gefangen in der Gewalt der Türken lassen müssen. — Eine weitere Depesche der, Köln. Ztg.“ aus Pera von demselben Tage meldet: In Sofia bildet sich eine neue Armee von 40000 Mann. Hier am Bosporus liegen 125 Bataillone; 75 Bataillone sind bereit zum Abmarsch.
— Von Seiten der serbischen Regierung wird unter dem 6. Juli gemeldet: Gegenüber den von feindlicher Seite ver⸗ breiteten Bulletins über das angeblich aller Orten erfolgte Zu— rückwerfen der serbischen Truppen stehe fest, daß General Tschernajeff seit dem Siege von Babina Glava sich ohne weitere Gesechte auf türkischem Boden behaupte und daß Ranko Alimpits noch immer vor Beljina stehe. Gestern seien 2000 Nizams umzingelt worden, nur ein kleiner Theil von ihnen sei der Ver⸗ nichtung entgangen. Die Angriffe der Türken auf Saitchar seien siegreich zurückgewiesen worden. Oberst Lesjanin (der im Südwesten Serbiens operirt) habe auf eine bezügliche telegra⸗ phische Anfrage geantwortet, er brauche keine Verstärkung.
— Ein westeres Telegramm aus Belgrad von demselben Datum berichtet: Der Bugfirdampfer der Don au⸗Dampf—⸗ schiffahrts⸗Gesellschaft „Tiseza“ ist gestern früh 35 Uhr auf der Fahrt von Turn-⸗Severin nach Orsowa in der Nähe des serbischen Dorfes Spiz von serbifchen Truppen mit Pelotonfeuer empfangen und zur Umkehr genöthigt worden. Ein Unglücksfall wurde dadurch nicht herbeigeführt. Der österreichische General-Konsul hat aus eigener Ent⸗ schließung sofort bei der serbischen Regierung die entschiedenste Reklamation erhoben und volle Satisfaktion verlangt.
— Aus Cattaro wird der „Times“ unterm 3. ds., Abends 10 Uhr telegraphirt: „Plänkler berichten, daß Mou khtar Pascha Gatschko abandonirt habe und nach Bosnien retirirt sei, und daß die montenegrinische Armee den Sieg von Rutschi ausnütze. Es bestätige sich, daß die türkische Armee, die von Medun aus⸗ marschirt war, gänzlich bestegt wurde, und außer Stande, nach Medun zurückzukehren, nach Podgoriza floh und bis dahin ver⸗ folgt wurde. Rutschi wurde genommen. Die Montenegriner erbeuteten 500 Gewehre. Medun wird belagert und Podgorizza
ist bedroht.
— Wie der „Agence Havas“ vom 6. Juli aus Ragusa gemeldet wird, hat der Gouverneur von Scutari die Nachricht dorthin gelangen lassen, daß sich ungefaͤhr 1500 Miriditen mit den Türken verbunden haben und gegen die Montenegri⸗ ner marschiren. Die Montenegriner hatten am 5. bei Vale⸗
mig, im Distrikt Ba gnani (in der Herzegowina, westlich von Nikisch, nicht weit von der montenegrinischen Grenze) ein Bi⸗ vouat bezogen.
Die „Agence Havas-Reuter“ vom 6. Juli bezeichnet die Nachrichten der Wiener und Pester Blätter bezüglich der auf den 6. c. anberaumten Inveftitur des Sultans als unbegründet, ebenso die Nachricht, daß der
—
sich bereit erklärt, ein Regiment Truppen nach Konstan— tinopel zu senden. — Der neu ernannte Botschafter für Wien, Aleco Pascha, geht morgen auf seinen Posten ab.
— Aus Alexandrien, J. Juli, wird dem „W. T. B.“ berichtet: Zwei Regimenter ägyptischer Truppen werden heute nach Konstantinopel abgehen.
— Zur Orientirung über die strategischen Ver⸗ hältnisse des Kriegsschauplatzes theilt der „Cittadino“ aus Belgrad folgende unterrichtende Darstellung mit, welche allerdings schon zum Theil von den letzten Ereignissen überholt ist:
„Die Konfiguration des serbischen Terrains — sagt das genannte Blatt — und jenes der benachbarten türkischen Pro- vinzen ist eine so einfache und die Operationslinien sind so klar vorgezeichnet, daß sie keinen problematischen Kombinationen Raum geben. Es giebt dieser Operationslinien vier. Die erste führt durch das Thal der sogenannten bulgarischen Morava nach Nissa und Aleksinac. Die zweite hat ihre Basis mehr gegen Westen, und zwar von türkischer Seite in Novi⸗Bazar und in Wissegrad, von serbischer Seite in Raschka und Uzitzn. Die dritte liegt im äußersten Westen, überschreitet die Drina, den Grenzfluß gegen Bosnien, und stützt sich auf die Festung
wornik. Die vierte endlich ist nordöstlich zu suchen, wo der Fluß
imok die Grenze gegen Bulgarien bildet und wo auch die rumä— nische Grenze die serbische berührt. Auf serbischer Seite ist Negotin die Basis dieser strategischen Linie, auf türkischer Seite die Donau⸗ festung Widdin. Wir müssen vor Allem die südliche dieser Linien, nämlich die von Nissa, ins Auge fassen, weil sie die wichtigste ist und weil allem Anscheine nach die ersten und entscheibenden Operationen dort stattfinden dürften Die Straße, welche über Nissa nach Ser⸗ bien e — und vice versa — ist unter allen Straßen die weg
amste. Wenn die Türken eine Schlacht gewinnen, so können ste ganz un.
behindert über Nissa durch das breite Thal der Morapa vorrücken und Über Aleksinae, Jagodina und Svpilainac auf Belgrad zu marschiren. Sollten dagegen die Serben die Oberhand gewinnen, so hätten sie die größte Schwierigkeit überwunden und könnten einerseits durch das Morava⸗Thal, andererseits durch das Nissava⸗ Thal ins türkische Hebiet einfallen, ohne auf wesentliche Schwierigkeiten zu stoßen. Nissa ist daher der strategische Punkt, auf welchen die schärfste Aufmerksamkeit zu richten ist. Auf diesem Punkte sind jedoch die Türken in entschiedenem Vortheile, nachdem sie schon seit Jahr und Tag großartige Befestigungen um Nissa aufgeführt und die Festung mit einem bedeutenden Artillerieparke bewehrt haben. Auch haben sie hier eine Armee von 30000 Mann konzentrirt und 6000 Mann asiatischer Truppen sind bereits auf dem Wege dahin. Jener Artilleriepark besteht aus etwa 100 schweren Geschützen, unter denen sich 65 Kruppsche Kanonen befinden. Nissa gegenüber hat die serbische Armee ihr Lager aufgeschlagen. Sie dehnt sich längZs dem Thale der Morava zwischen Aleksinac! und Tjuprija aus, also auf einer mehr als acht Stunden langen Ebene. Das Haupt— quartier befindet sich in Deligrad, einem kleinen Dorfe, welches eine halbe Stunde oberhalb Aleksinge liegt. Was immer geschehen mag, diesen Theil des Thales müssen die Serben besetzt halten, denn nur bei Aleksinge können sie mit Erfolg einer türkischen Invasion die Spitze bieten. Weiter nördlich ist das Thal wieder bei Tjuprija zu vertheidigen. Es ist leicht zu begreifen, daß die serbische Armee gleich anfangs die äußersten Anstrengungen machen wird, um den Krieg auf das türkische Ge⸗ biet hinüberzuspielen. Unterhalb Aleksinge, gegen Nissa zu, befinden sich einige Pässe, welche die serbische Armee ga sflen muß, um sich in dem breiten Thale, welches die Festung Nissa beherrscht, zu entwickeln. Natürlich werden die Türken Alles versuchen, um diesen Vormarsch der Serben zu verhindern, um so mehr als die auf den Wällen von Nissa postirten Geschütze das ganze Thal in der Flanke bestreichen können. Unter den Mauern von Nissa dürfte daher mit ziem⸗ licher Gewißheit die erste Schlacht stattfinden und das Re— sultat derselben wird, wie wir bereits oben bemerkt haben, eine entscheidende Wichtigkeit haben. Das Armeecorps von Aleksinac wird, unter dem Oberbefehle des Fürsten Milan vom russischen General Tschernajew befehligt. ö Wenden wir uns jetzt dem Armee Corps des Nordwestens zu, nämlich der Operationslinie, welche über die Drina nach Bosnien führt. Jenes wird vom serbischen Obersten Alimpitsch befehligt und sein Corps ist nach jenem von Aleksinac das stärkste. Gleich nach der Kriegserklärung wird Oberst Alimpitsch versuchen, in Bosnien einzudringen und sich dert mit Insurgenten zu vereinigen. In erster Linie wird seine Armee Sergjewo bedrohen, und dies erklärt uns auch das Gerücht, welches vor einiger Zeit verbreitet wurde, daß Achmed Moukhtar Pascha, der Befehls haber in der Herzegowina, seine Truppen in der Richtung gegen Se— rajewo konzentrirt. Ihm wird die Vertheidigung von Serajewo und im Allgemeinen ganz Bosniens obliegen, da sich hier kein anderes türki⸗ sches Armee⸗Corps befindet. Dag dritte serbische Armee⸗Corps ist beiläufig auf halbem Wege zwischen der Divpision der Drina und jener von Aleksinae aufgestellt. Seine erste Aufgabe wird die sein: nöthigenfalls entweder das südliche oder das westliche Armee⸗ Corps zu unterstützen. Die weitere Bestimmung desselben ist atzer die: falls die Serben auf einer der oben angedeuteten Linien siegen würden, ebenfalls die türkische Grenze zu über- schreiten und den schmalen Landstrich türkischen Gebietes, der sich zwischen dem serbischen und dem montenegrinischen Terri⸗ torium hinzieht, zu insurgiren und sich mit den montenegrini⸗ schen Streitkräften zu vereinigen; denn man zweifelt hier in Belgrad nicht, daß die Montenegriner gleichzeitig in die Aktion treten werden. Die weitere Verwendung des III. Armee⸗Gorps wird von den Um⸗ ständen abhängen. Es wird sich entweder mit dem II. Armee Corps vereinigen oder die Linie der Morava besetzen, um dem J. Armee— Corps, welches hier seine Aufstellung hat, den Uebergang auf das türkische Gebict mit seiner gesammten Stärke zu erleichlern. Das IV. Armee Corps, die sogenannte Donau ⸗Division, welches bei Negotin an der östlichen Grenze seine Aufstellung hat, hat keine unmittelbar offensive Bestimmung. Diese hätte auch leinen praktischen Zweck für Serbien, denn es ist nicht nur die Distanz von hier bis um Centrum des Kriegsschauplatzes zu groß, sondern man müßte ue Widdin zur Kapitulation zwingen, welches mit Recht als die stärkste Festung des ganzen türkischen Reiches angesehen wird. Serbien sieht sich deshalb genöthigt, ein Armee⸗Corps nach Negotin zu werfen, weil es sonst den Türken nicht schwer wäre, bei Widdin eine Armee zu sammeln und, auf diese Armee gestützt, im Donauthale gegen Se⸗ mendria und später gegen Belgrad vorzurücken. Das Armee Corps bei Negotin hat daher keinen anderen als einen defenstven Charakter.“
— Den heute eingegangenen Nummern der „Tu rgquie“ vom 28. und 29. Juni entnehmen wir folgende Daten: Der Sul⸗ tan hat so eben den fremden Souveränen in eigenhändigen Handschreiben seine Thronbesteigung angezeigt. Zu⸗ gleich sind den Vertretern der Hohen Pforte im Auslande ihre Akkreditive bei den verschiedenen Mächten gesandt worden. — Die ägyptische Jacht ‚Fayum“ ist mit einer hohen ägyptischen Persönlichkeit an Bord angekommen, die beauftragt ist, dem Sultan die Huldigungen des Khedive zu bringen und Se. Majestät zu Ihrer glücklichen Thronbesteigung zu beglückwün⸗ schen. — Die Schiffe, welche das türkische Geschwader unter Contre⸗Admiral Hobart bilden, sind: Die Panzerfregatten / Asizie⸗ und „Orkhanie“, die Panzerkorvette „Fethi⸗Bulend“ und der Aviso, Rethymo“. Dazu werden noch andere türkische Kriegsschiffe stoßen. — Nach dem „Bassiret“ haben die jetzt im Gefängniß von Zaptie in Folge der Anklage der Theilnahme an der In⸗ surrektion inhaftirten bulgarischen Priester Enthüllungen gemacht, welche für gewisse zum bulgarischen Exarchat gehörige Metropoliten höchst kompromittirend sein sollen. In Folge da⸗ von hat die Regierung zwei Instruktionsrichter nach Adrianopel gesandt, um die Untersuchung an Ort und Stelle über die Aussagen der bulgarischen Priester zu führen. Msgr. Parthenius, der bulgarische Bischof, ist auch kompromittirt; die Behörde hat
also seine Papiere mit Beschlag belegt und ihn selbst verhaftet; er soll nach Rustschuk vor Gericht gesandt werden. — Die im Seraskerat niedergesetzt Kommission zur Revision des kriegsgerichtlichen Urtheils in der Salonichi⸗ Affaire hat ihre Arbeiten beendet und ihren Bericht der Hohen Pforte unterbreitet. Wie man vernimmt, hat das Kriegsgericht 19 Verurtheilungen ausgesprochen, darunter 3 zu lebenslänglicher Zwangsarbeit, 2 zu 16 jähriger Einschließung, 10 zu 5 und 4 zu 3 Jahren Gefaͤngniß. Fast alle diese Ver⸗ urtheilten find nach Konstantinopel geschickt — Am vergangenen Dienstag ist die im russischen Hofpital von Pancaldi errichtete St. Ricolaus⸗Kapelle feierlich eingeweiht worden; der Bischof von Dercos und der russische Archimandrit cele⸗ brirten, und der General Ignatieff nebst Gemahlin, mehrere hohe russische Beamte, das ganze Gesandtschaftspersonal, der Patriarch Cyrillus und der Costaki⸗Pascha, Vorsteher der städtischen Behörde des 6. Cirkels wohnten der Feier bei. — Ein dem „Impartial“ übersandtes Dokument zeigt, daß von etwa 20,900 in Smyr na geborenen und daselbst lebenden Kin⸗ dern 14,300 der orthodoxen Kirche, 3800 dem Islam, 1500 der mosaischen Religion und der Rest der gregorianischen, katho⸗ lischen, anglikanischen, reformirten u. s. w. Konfession an⸗ gehören. In Folge der großen und gut verwandten Opfer der griechischen Bevölkerung, ist von den 14,300 Kindern keines hülflos und alle können den Elemenarunterricht genießen. Später können sie ohne alle Kosten ihre Erziehung vollenden, indem sie oft ins Ausland, nach Deutschland oder Frankreich gesandt werden, um ihre literarische und wissenschaftliche Aus⸗ bildung zu vollenden.
— Die „N. Fr. Pr.“ ist in der Lage, nachstehend die telegraphische Korrespondenz mitzutheilen, welche zwischen dem Großvezier Mehemed Ruschdi Pascha und dem Fürsten von Montenegro stattgefunden hat. Unter dem 20. Juni schrieb der Großvezier an Nikita:
Eure Hoheit wissen, daß die Hohe Pforte mit Besorgniß auf die Rüstungen blickte, welche seit einiger Zeit in Montenegro statt— finden. Die formellen und wiederholten Versicherungen, welche Eure Hoheit uns zu geben so gütig waren, haben glücklicherweise unsere Beruhigung beschwichtigt. Heute muß ich indessen mit Bedauern konstatiren daß diese Ruͤstungen, weit entfernt, auf⸗ zuhören, im Gegentheile in einem Maße fortdauern, daß die montenegrinische Armee sich in Bereitschaft befindet, jeden Augenblick den Feldzug zu beginnen. Eure Hoheit wird leicht begreifen, wie geeignet dieser Zustand ist, die Hohe Pforte zu beunruhigen. Se. Majestät der Sultan, welcher mit Eifer die Ruhe und Ordnung unter den Völkern, die durch den Rathschlnß der Vorsehung unter seiner väterlichen Regierung stehen, aufrecht zu halten bemüht ist, wurde von dieser Lage und den aggressiven Ab⸗ sichteen, welche daraus für Montenegro hervorzugehen scheinen, ge⸗ rechterweise beunruhigt. Im Auftrage meines erlauchten Herrn, welchem es am Herzen liegt, die guten Beziehungen zwischen der Hohen Pforte und dem Füͤrstenthume unverändert aufrecht zu er— halten, wende ich mich an Eure Hoheit, um Sie zu bitten, uns offene und präzise Aufschlüsse über die Motive und den wirklichen Zweck dieser Rüstungen zu ertheilen. ; ;
Mehemed Ruschdi Pascha. — 21. Juni 1876.
Ir Beantwortung der Depesche Eurer Hoheit, welche mir gestern zuging, ertheile ich hiermit die rückhaltlosen Aufschlüsse, welche Sien-wünschen. Der Aufstand in den türkischen Provinzen war von allem Anfang an für Montenegro und dessen Regierung die Quelle von Prüfungen, bezüglich welcher man sich nicht genügend Rechenschaft giebt, ganz abgesehen von den Lasten, welche dem Fürstenthum durch die Aufrechterhaltung seiner Neutralität and durch die Opfer, die es für die Verwundeten, für die Kranken, für die Frauen und Kinder welche in Montenegro ein Alyl suchten, auferlegt hatten. Dieses kann ein solches Asyl nicht verweigern und sieht sich fortwährend zum Gegenstand unbe— gründeter Anklagen gemacht. Obgleich ihre wiederholte Ableug⸗ nung jeder beabsichtigten Einmischung in den Aufstand zwar mit der vollkommenst en Höflichkeit aufgenommen wurde, erhielt die montenegrinische Regierung jeden Tag einen neuen Beweis dafür, daß der Verdacht fortdauert. Die durch diesen beharrlichen Verdacht ver⸗ anlaßten, wider die montenegrinische Regierung angeordneten Maß⸗ regeln haben seit einiger Zeit einen drohenden Charakter angenom— men. Die Grenze wurde gewissermaßen in Blokadezustand versetzt. Türkische Streitkräfte, welche in weit größerem Maße vorhanden sind, als es das Bedürfniß der Repression erfordert. wurden in der Herze⸗ gowina und in Albanien angehäuft, trotz der Vorstellungen, welche ich in diser Beziehung an die Hohe Pforte gelangen ließ. Ich habe von Gurer Hoheit und deren Vorgängern befriedigende Zusicherungen mit Bezug auf die Zurückziehung die ser Maß egeln erhalten, aber mit Ge⸗ dauern muß ich konstatiren, daß die Zusammenziehung von Truppen fertdauert und daß — es wird dadurch in einigen montenegrinischen Distrikten eine wahre Nothlage geschaffen — meine Grenzen in sehr effektiver Weise blokirt bleiben, ungeachtet aller entgegenstehenden Er—= klärungen des General Gouverneurs von Scutari. Ängesichts dieser Thatsachen und der bedauerlichen Tendenz, welche afl zu ent⸗ hüllen scheinen, ist es meine strenge Pflicht, Vorsichtsmaßregeln zu treffen, aus denen ich kein Hehl mache, obgleich ich lebhaft wünsche und die feste Hoffnung hege, daß sie überflüssig bleiben werden.
Nikolaus. — 25. Juni 1876.
Ich habe die Antwortdepesche, welche Eure Hoheit an mich zu richten die Güte hatten, empfangen. Wir hatten niemals bezüglich des Zieles, welchem die Anstrengnngen Eurer Hoheit gelten, Verdacht ausgeiprochen. Die Fortdauer der unglücklichen Insurrektion in der Derzezowina beweist auf das deutlichste, daß unsere militärischen Streilkräfte, von denen Eure Hoheit finden, daß sie die Bedürfnisse der Repression überschreiten, numerisch für die Erreichung dieses Zweckes nicht genügend waren.
Die ser Zweck wäre demungeachtet erreicht worden, wenn die Aktion der Truppen nicht jeden Augenblick durch Hindernisse und mit der Lage des Landes zusammenhängende besondere Umstände gehemmt worden wäre. Was die Truppenzusammenziehung he⸗ trifft, von welcher Eure Hoheit spricht und welche jeden Tag schärfer hervortreten soll, so wird es mir nicht schwer sein, Sie hierüber gänzlich zu beruhigen. Abgesehen von un eren Truppen in der Herzegowina, deren Stärke je nach dem strategischen Bedürfnifse wechselt, hat auf keinem Punkte der Demarkations⸗ Linie weder eine Konzentration, noch eine Modifikation der milit iri- schen Streitkräfte stattgefunden. Ich möchte hier sogar daran er⸗ innern, daß ungeachtet des vorher gefaßten Beschlusses, vorsichtshalber ein Armee ⸗ Corpz von 20,000 Mann in Scutari aufzustellen, die Hohe Pforte darauf in Folze der von Eurer Hoheit gegebenen Zu sicherungen verzichtet hat. Die letzten Informationen aus dem Vilagjet von Scutari in Albanien sagen soͤgar, daͤß dar Effektivstand der Gar⸗ nisonen der kleinen Forts auf der montenegrinischen Seite seit acht Mo⸗ naten nicht um einen einzigen Mann vermehrt wurde. Schließlich üge ich hinzu, mein Fürst, daß unsere Behörden niemals die Absicht
atten, die Kommunikationen des Fürstenthums nach außen hin zu be-
helligen. Dies wird durch den Umstand bewiesen, daß die Kommu⸗ nikalionen ununterbrochen fortdauern, und daß die Montenegriner in poller Freiheit und ohne irgendwie beunruhigt zu werden, mit Spue, Podgorlzza und Sceutagri verkehren.
Aus dem Vorstehenden wird Eure Hoheit entnehmen, daß die Hohe Pforte keinerlei Maßregeln ergriffen hatte, welche Montenegro peunruhigen könnten. Wir sind also überzeugt, mein Fürst, daß Sie trotñ der Insinuationen, welche darauf abzielen. Ihr Vertrauen in die wohlwollenden Gefühle und Absichten der Hohen Pforte zu er—⸗