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Schritt zur Besserung ihrer Lage gethan. Nirgendwo sind sie jetzt Nie Angreifer, ausgenommen an der Grenze bei Zajcar — wenn es noch wahr ist. Ich gestehe, daß mir die serbischen Aus sichten sehr düster erscheinen. Wo ber Sieg in Anspruch ge= nommen wird, wie von Uzun Mirkowitz und. Alimpits, da besteht er bloß in der Zurückweisung eines Angriffs — mit anderen Worten; in dem Vermeiden einer Niederlage. Sie nehmen übrigens nicht einen Fußbreit türkischen Bodens und nickts als das Türre Ergebniß der Behauptung ihres eigenen Territoriums für sich in Anspruch. Alimpits vermochte den Türken nicht bis Bjelina hinein zu folgen. Ducie konnte nicht die Höhen von Nova Varos hinter den Verschanzungen, aus welchen er die Türken verjagt haben will, gewinnen. . Heute kehrten die montenegrinischen Abgeordneten hierher zurück. Neber das, waz sie gesehen, erfuhr man nichtß. Am Sonntag be⸗ iebt sich Fürst Milan zu einer Inspizirung der Stellungen, zuerst nach ajear und dann wahrscheinlich nach Aleksinge, Das Wetter ist sehr tegnerisch. General Tschernajeff wird heute hier zu einer persönlichen Besprechung mit dem Fürsten erwartet.
Rumänien. Bukare st, 21. Juli. (Allg. Ztg.) Gestern überreichte der Ausschuß des Senats, geführt von dem Vize⸗Präsidenten Joan Ghika, dem Fürsten Karl im Thron⸗ saale des Palais mit der hergebrachten Feierlichkeit die Thron⸗ adresse, auf welche Se. Hoheit antwortete;
„Hr. Vize Präsident! Meine Herren Senatoren! Wir sind sehr empfänglich für die Gefühle der Ergebenheit, welche Sie mir auch heut ausdrücken. Die Versicherungen, welche Sie mir im Namen bes Senats geben, sind um so werthvoller, als unter den gegenwäãärti⸗ gen Ümständen nur durch das genaueste Einverständniß zwischen den gesetzgebenden Körpern und der Regierung, nur durch Vaterlandsliebe und den Geist der Mäßigung der Mandatare der Nation, wir, im Angesicht der Ereignisse, welche sich an unseren Grenzen abspielen, die als' nothwendig erkannte Neutralität aufrecht erhalten können, um die auswäctigen Gefahren zu umgehen, und um im Innern die mora⸗ lischen und materiellen Interessen unseres theueren Vaterlandes zu entwickeln. Wir danken Ihnen nochmals, meine Herren Senatoren, für Ihre Ergebenheit. Die Fürstin schließt sich diesem Dank an.
Vorstehende Antwort des Fürfien wurde gestern bei Eröff⸗ nung der Senats sitzung vorgelesen. Alsdann machte der Finanz-Minister eine Vorlage zur Prägung von Gold münzen mit dem Bildniß des Landesfürsten. Bekanntlich wurden schon im Jahre 1867 Zwanzig⸗Lei⸗Stücke aus Gold mit dem Portrait des Fürsten Karl geprägt und in Verkehr gesetzt, mußten jedoch in Folge des Einspruches der Türkei wieder ein⸗ gezogen werden. Der Senator Deschliu machte alsdann den Vorfchlag: die Regierung möge, um sich Geld zu verschaffen, die im Bepot der Depositenkasse befindlichen Effekten bei den Bankiers versetzen; aber der Finanz⸗-Minister bekämpfte diefen Vorschlag, der Senat lehnte ihn ab und zog sich zu einer geheimen Sitzung zurück, um die Rechtfertigung des früheren Rriegs⸗Ministers Floresco darüber anzuhören, daß er fünf Jahre lang seinen Ausgaben⸗Etat überschritten, um eine kriegsbereite Armee von 60 060 Mann zu schaffen. Sabald die Sitzung wieder zu einer öffentlichen geworden mar, bewilligte der Senat dem gegenwärtigen Kriegs⸗Minister Slaniceano das Verlangen, die Keserven unter die Waffen berufen zu dürfen, sobald es nothwendig sein würde; jedoch beschränkte der Senat diese Bewilligung nur auf Reserven der 2. Territorial ⸗Diviston.
— A. Juli. (W. T. B). Die Deputirtenkammer hat die Handels- und Schiffahrtskonvention mit Ruß— land definitiv angenommen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 26. Juli. Die Blätter begrüßen die Anwesenheit der italienischen Kronprinzlichen Herrschaften. So sagt der „Golos,:
„Ber Besuch des Prinzen Humbert und der Prinzessin Marga⸗ retha an unserem Hofe dient als klarer Beweis für die freundschaft · lichen Beziehungen zwischen zwei Staaten, welche zwar geographisch von einander weit entfeint, aber verbunden sind sowohl Durch das Gefühl der Solidarität vieler Interessen, als durch die Macht des nationalen Bewußtseins, welches Italien eistehen ließ, und welches, so oft auch Rußland dazu gedient hat, Angriffe abzuwehren und die Ränke offener und geheimer Feinde zu zerstören. Die That der Re= generation Italiens hat bei der russischen Gesellschaft stets Sympathie gefunden. . . .. Unsere Sympathie für Italien war vollkommen uneigen· nüͤtzig, aber auch, wiederholen wir eg, natürlich. Wir Russen halten die Nacht des Nationalgefühls so hoch, schätzn die Selbstaufopfe⸗
zung des Patriotiswus, welcher in schweren Minuten des Lebens das Volt mit seiner Regierung in ein untheilbares Ganzes sich zu⸗ sammenfügen läßt, so sehr, unsere eigene Geschichte ist so reich an derartigen auf diesem Wege gewonnenen Resultaten, daß wir nicht anders als mit der wärmsten Sympathie Creignissen folgen konnten, welche nach und nach eine neue Großmacht in Europa geschaffen haben. Die Thatsachen haben es bewiesen, daß diese Gefuͤhle nicht umsonst gewefen sind. In den Ereignissen der letzten Zeit hat Italien und seine Regierung eine Stellung eingenommen, welche deut⸗ sich den Beweis liefert, daß dem Kabhaet im Quirinal die Vor— urtheile einer vergangenen Zeit fremd sind und daß dafsele nicht von veralteten Theorien, sondern von dem lebendigen Verstãndniß eines neuen internationalen Rechts geleitet wird, auf welchem Boden auch unsere auswärtige Politik steht, eines Rechts, das auf. Gerechtigkeit und Siltlichkeit, nicht aber auf engherzigen, egoistischen Berech- nungen gegründet ist. In den, durch die Ereignisse im Orient her ⸗ vorgerufenen Unterhandlungen hat Italien sich mit mannhafter Ent⸗ schlossenheit zu Gunsten der Unterdrückten gegen die Unterdrücker gus- gesprochen und kein Bedenken getragen, sich den Bemühnngen Ruß lands zur Wiederherstellung der niedergetretenen Rechte der tůürkischen Christen anzuschließen. Dag offene und aufrichtige Verhalten der italienischen Regierung zur Orientfrage ist für uns werth voll gewesen und hat als Beweis gedient, daß wir uns nicht ein hatten, als wir die große That der stalienischen Einheit uns so sehr zu Herzen nahmen. —*
Amerira. *ie Vereinigten Staaten haben gegen die aufständischen Indianer 3 Generale mit 6000 Mann ins Feld ge⸗ sandt; die Schwierigkeiten des Truppentrans ports sind aber so groß, daß die Kosten jedes getödteten Indianers von den ameri— kanischen Blättern auf 30 060 Dollars berechnet zwerden.
Asien. Die „Times“ erhält folgendes Telegramm vom 25. . M. aus Taschkend: „Zwischen Khojend und Khokand ist eine Postverbindung eröffnct worden. Nach den neuesten Nach⸗ richten aus Manas in Turkestan ist jener Ort belagert von 2000 Chinesen unter dem Befehle von Ambau Funikjans. Ein Heer rückt vor von Kutschun auf Umritst unter dem Befehl von Msun Dshu zum Zwecke der Bestrafung der Dsungar Horden, die im letzlen Juni Einfälle in Bulonthokai und Tschugutchak machten.“
Afrika. Aegypten. Bekanntlich hat vor einigen Tagen der Vize-König sich geweigert, ein zu seinen Ungunsten ausgefallenes civilrechtliches Urtheil des auf. seinen be⸗ sonderen Wunsch im vorigen Jahre in Alexandrien eingesetzten internationalen Gerichtshofes vollstrecken zu lassen. Wie den „Times“ telegraphisch gemeldet wird, haben Deutschland und Oesterreich dem Khedive sofort mittheilen lassen, daß sie seine gegen die Kompetenz des Gerichtshofes erhobene Ein⸗ wendung nicht gelten lassen können. Das Deutsche Reich ist be⸗ kanntlich bei diesem Gerichtehofe durch drei Mitglieder vertreten und zwar durch den Grafen L. Marogna als Mitglied des Appellhofes zu Alexandrien, durch Herrn T. von Wilmoms ki, als Substitut des Generalprokurators desselben Appellhofes und durch Herrn F. Haplus als Mitglied des Tribu⸗ nals erster Instanz in Alndexarien. Der Sachverhalt
ist nun folgender. Ein Besitzer von Wechseln und
Bons, Herr Catpi, die der Vize⸗König zu bezahlen verpflichtet war, welche aber am Verfallstage nicht ein⸗ gelöst worden waren, strengte die Klage hei dem genann⸗
len Gerichtshofe an, welcher an 23 Jun 1575 zur Entschei.
dung von Prozessen zwis j jschen und Fremden eingeseßzt wurde, Artikel 1en . sch ten mit den europälschen Mächten dier. ih Aaboeschless nen Ber⸗ trages sagt nun wörtlich: „Die ghgier ln die Verwaltung, die Dairas (Privatbefitz. Seiner Hoheit des Khedive und seiner Familienmitglieder sollen der Juris⸗ diklion dieses Gerichtshofes in legalen Sireitigkeiten mit Fremden unterworfen sein.“ Gleichwohl hat der Gerichtshof erster Instanz, bestehend aus folgenden Mitgliedern: Ahmed Ebeid Effendi, Aln Bey Ibrahim Chimy Bey, Os⸗ man Orst Effendi, Said Haffnui Effendi, S. Anthoniadis, (Griechenland), A. Bargehr (Desterreich⸗Ungarn) Baron v. Arm⸗ felt (Schweden), J. Ll. Haakman (Niederlande), C. Jau ssen, (Belgien), JZ. Moviendo (Italien, Fürst A. Murusi (Ruß and) den Kläger abgewiesen, indem es fich für inkompetent erklärte,
da die Vertagung der Zahlung dem Vizekõnig durch ein Staats⸗ bt worden sei, der Gerichtshof aber verpflichtet sei, heilen die thatsächlichen Staatsgesetze zu Grunde zu
gesetz erlau
seinen Urt
legen. Der versus Daira Sonia khedivia kam vor den Appelhof in Alexandrien, der sich nach Anhörung beider Parteien in einer unter Vorsitz des Hrn. Alois von Lapenna, des öster= reichisch ungarischen Mitgliedes dieses Gerichtshofes, abgehaltenen Sitzung für kompetent erklärte und den Vizekönig zur Zah⸗ lung verurtheilte, da ein Staatsgesetz private Schuld verpflich⸗ tungen nicht aufheben könne. Wie erwähnt, haben sich nun die
ãgyptischen
Kläger appellirte hiergegen und der Fall „Carpi
Behörden der Vollstreckung dieses Urtheils widersetzt.
In Folge dessen befahl der Präsident des Gerichtshofes, Hr. Haerkmann, die vorläufige Einstellung der richterlichen Thã⸗ fgkeit, scheint hiermit jedoch seine Befugniß üͤberschritten zu haben. Er hat sein Amt niedergelegt und ist an seine Stelle das von Griechenland delegirte Mitglied Antoniadis gewählt Wie die „Times? andeuten, scheint die ägyptische Re⸗ gierung die ganze Ängelegenheit der Beurtheilung der bei dem Berichtshofe vertretenen Mächte anheim geben und fich deren Entscheidung unterwerfen zu wollen.
worden.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 16. Juli bis incl. 22. Juli er. zur Anmeldung gekommen: 205 ECheschließungen, S5 Lebendgeborene, 40 Todtgeborene, 85 Sterbefälle.
Kunst, Wissen schaft und Literatur,. Die „Straßb. Ztg.“ meldet unter dem 24. Juli: „Die hiesige Universitäts« und Landesbibliothek, welche bekanntlich in der Zeit ihrer Gründung ven allen Seiten her mit so großartigen Schenkungen bedacht worden ist, darf auch heute noch mit Fug auf Pie zahlreichen Sympathien hinweisen, die sich ihr in eifriger Be⸗ thätigung zuwenden. Haben doch selbst die fernsten Länder, wie Chili, Indien und Australien, ihre warme Theilnahme an dem neuen elfäffischen Institut bewährt. In Europa seibst hat sich namentlich auch das russische Reich in dieser Beziehung ausgezeichnet. Den vielen von dorther erfolgten Sendungen reihte sich nun dieser Tage eine äußerst werthvolle aus Finnland an, welche wir zunächst der gütigen Verwendung des Herrn O. Donner, Proftssor des Sanskrit und der Sprachvergleichung an der Universität von Helsing ort, ver⸗ danken. Die foeben übermittelten 164 Bände, großentheils Geschenke der finnischen Gesellschaft der Wissenschaften und der fianischen Literaturgefellschaft, bieten vor Allem ein rühmliches . von der
geiftigen Regsamkeit jener in jüngster Zeit so herrlich auf
trebenden
Handels, und Gelehrtenstadt. Hochschätzbar für uns sind namentlich die zahlreichen Werke äber finnische Sprache und Literatur, unter welchen wir hier zunächst nur die verschiedenen Auflagen und Be—= arbeitungen des prachtvollen finnischen Epos Kalevala hervorheben wollen. Einen wichtigen Beitrag bildet vornehmlich auch das ver- gleichende Wörterbuch der fin nischugrisch en Sprachen von Professor Donner selbst, welcher gleich seinem Kollegen, dem aus— gezeichneten Phystologen und Pathologen O. E. Hjelt, die Freundlich keit hatte, seine eigenen Schriften beizulegen.“ .
— In der gestrigen der ‚Köln. Ztg.“ entnommenen Mittheilung über die Vertheilung der großen Medaille seitens der Pariser geographischen Gesellschaft ist anstatt Lindau und Stumm zu lesen: ‚Lindau und Stuht“.
Gewerbe und Sandel.
Wien, 2. Jull. (W. T B.) Bie Generalversammlung. der austro-aegyptischen Bank hat beschlossen, zur Beschlußfafsung Über die Liquidation der Gesellschaft nach 3 Monaten eine außer= ordentliche Generalversammlung einzuberufen.
New⸗York, 25. Jali. „Greece“ von der National ⸗Dampfschiffs⸗ Compagnie
Verkehrs⸗Anstalten.
(B. T. B.) Der Dampfer
(C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.
Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.
London, Freitag, 28. Juli, Vormittags. Wie den „Daily News“ aus Madina vom gestrigen Tage gemeldet wird, sind die Häfen von Dahomey am 1. d. M. in Blokadezustand
erklärt worden. Den Schiffen, welche sich bereits vor dieser
Zeit in den Häfen befanden, wurde eine Frist von 30 Tagen pewilligt, um ihre Ladung einzunehmen und abzufahren.
Berlin, den 28. Juli 1876.
Zur preußischen Geschichte aus der Zeit Friedrichs des Großen und Friedrich Wilhelms III. hat der frühere Direktor der preußischen Staatsarchive, Max Duncker, sechs Abhandlun⸗ gen veröffentlicht, welche in Leipzig bei Duncker und Humblot erschienen sind. Drei von den in dieser Sammlung vereinig⸗ ten Abhandlungen beschäftigen sich mit der Zeit König Friedrich des Großen; die drei andern behandeln Gegenstände aus der Zeit von 1807 bis 1813. Die erste Abhanzlung befaßt fich mit einer Schrift des Kronprinzen Friedrich, den Cenziderations sur btat présent du corps politique de l' Hurope. Die zweite Abhandlung ist militärgeschichtlich. Sie führt den Nachweis, daß die konventionelle Darstellung der Umstände, welche den erlust der Schlacht bei Kollin veranlaßt haben, in wesentlichen Punkten unrich⸗ tig ist. Die dritte der auf die Zeit König Friedrich des Großen bezüglichen Abhandlungen giebt eine Darftellung der Wege, die zur ersten Theilung Polens und zur Besttzergreifung Westpreußens durch Friedrich II. geführt haben. Von den drei die zweite Gruype bilden den Abhandlungen ist die erste „Preußen während der Okkupation in den Jahren 1807 - 1813. Die folgende Abhandlung führt an der Hand der amtlichen Rechnungen den Beweis, daß Frankreich fuͤr den Krieg 1306 —7 von Preußen 1,020, 239,494 Frans 11 Cen times an Kriegsentschädigung empfangen hat. Den Schluß der Sammlung bildet eine Untersuchung über die Mission des Obersten Knesebeck nach St. Petersburg im Jahre 1812.
München, 25. Juli. Gestern ist München durch ein neues Monumentes bereichert worden. Eg gilt dem Andenken an dem im Jahre 1874 zu Berlin, seiner Vaterstadt, in hohem Alter gestorbenen Königlichen Universitãtsprofessor Dr. Hans Ferdinand Maßmann. Als solcher wirkte er hierselbst Ulterarisch und als Lehrer thätig, von 1826 -= 184. Dem berühmten Germanisten und Historiker gebührt das Verdienst der Gründung der ersten Königlichen öffentlichen Turnanstalt hier, der er bis zu seinem Weggang, 1843, als treuer Leiter vorstand. Auf deren weitem schat⸗ igen? Wiesenplan in Sberwiefenfeld. fand das Denkmal seinen Auf stellungsplatz. Das Monument ist ein etwa 12— 14 Fuß hoher, pyra⸗ miden förmig zugespitzter Tuff oder Tropfstein aus der Tegernseer Gegend. Ganz oben trägt er eine schräg angebrachte Tafel von weißem Marmor mit n hr fz wit mull ß!
Bra unschweig, 25. Juli. In den Tagen vom 27. = 30. Juli⸗ wird die achte denk sche Surnlehrerversamm lung hier statt nden. Am Empfangstage findet eine vorberathende Sitzung des ueschusfes statt, welcher am folgenden Tage, (223) die erste ordentliche Versammlung folgen wird. Die für die Tages ordnung angemeldeten Vorträge find bis jetzt, folgende; 1) Ein Antrag. des Berliner Turnlehrervereing, die Aufstellung einer Geschäftsordnung für die deutschen Turnlehrertage be⸗ treffend, Berichterstatte? Dr. Hermann, Berlin; 27) ein Vortrag von Prof. Dr. Euler, Berlin, über ein Lebensbild von Jahn und dem Stande dez Turnens zu seiner Zeit (18516) in Berlin, nach ungedruckten Quellen;
3) Thesen von Gymnasiallehrer A. Hermann, Braunschweig: a, unser deutsckes Turnen, fo wie es sich bis jetzt gestaltet hat, genügt nicht, um die Leibessibungen zur Volkssttte zu erheben, b. es ist vielmehr zur Er⸗ reichung dieses Zweckes nothwendig, erstens die Volkswettübungen mehr zu betreiben, und zweitens das Spiel als eine nothwendige Ergänzung des Turnens mehr auszubilden und mit der Jugend zu pflegen; 4) ein Vortrag des Dr. Fedde, Breslau, über das griechisch? Pen · taͤthlon; 5) Turnlehrer Kümmel, Wien, stellt Turngeräthe und Mo delle Wiener Einrichtung aus. Schauturnen der hiesigen Turner schaften, Schulturnen einer Klasse der Wolfenbüttler höheren Mädchen schule sowie Spiele einer Abtheilung Schüler des Gymnasiums wer- den ebenfalls stattstnden.
Straßburg, 25. Juli. Die Feier der Erößfnung der Bahnstrecke Straßburg-⸗-Lauterburg- Germersheim ist gestern programmgemaäͤß verlaufen. Von Straßhurg und Ludwigs⸗ hafen her waren die Festtheilnehmer aus der Pfalz und aus dem Elsaß (unter den letzteren der Ober Präsident, die Spitzen der Be⸗ hörden und mehrere Rotable aus der Bürgerschaft) zusammengetroffen und machten dann gemeinsam die Fahrt nach Straßburg, War schon auf den pfälzischen Stationen der Empfang ein herzlicher und fest⸗ licher, so war er es auf den elsässischen nicht minder. Die deutschen
ahnen auf den Kirchthürmen, das Willkommen mit. Musik, An— prache und. Bewirthung auch auf den kleinen Stationen, die leb= hafte Betheiligung bekundeten die Stimmung der Ber ölkerung. In Straßburg brachte bei dem offiziellen Diner der Ober⸗Prãsident ein Hoch auf Se. Maßestät ven Kaiser, der Gouverneur auf auf Se. Majestät den König von Bayern aus. Von den sonstigen Reden ist die des Präsidenten der Straßburger Handelskammer hervor⸗ zuheb'n. Eine Beleuchtung des Münsterthu⸗mes schloß das Fest. Auf die neue Strecke werden die Rachts- Schnellzüge von Basel nach Mainz geleitet und damit eine bedeutende Erleichterung des Verkehrs, sowie n n der bisherigen Fahrzeit auf diese Entfernung erzielt werden.
Weimar, 24. Juli. (Nat. 3) In Brüssel findet im Laufe des September ein Kongreß statt, der sich mit der Frage, wie die Volker Afrikas am besten und leichtesten der Civilisatign ge. wonnen werden können, beschäftigen wird. Seitens des Königs Teopold sind die hervorragenden Afrikareisenden Europaß geladen, um unter feinem perfönlichen Vorsitz über diese Frage zu berathen. Die Versammlung tritt am 11. September zusammen. Von hier aus wird Dr. Rohlfs dem Kongresse beiwohnen.
Der „Daily Telegraph“ hat von seinem Korrespondenten und Afrikaforscher Stanley nach langem beängstigender Schweigen it Juni 1875) endlich wieder Nachricht erhalten, und zwar mehrere
riefe, davon erster vem 29. Juli 1875 vom Victoria · Nyanzasee,
der letzte vom 24. April 1876 aus dem n,, datirt.
Er beabsichtigte nach Ut zu gehen. — Der erste Theil der Nachrich⸗
ten wird am nächflen Montag veröffentlicht werden.
Einer längeren Korrespondenz des „ Dailv Telegraph“ aus Therapia entnehmen wir folgende Schilderung türkischer Re⸗ „Kreuz und Halbmond auf demselben karmoisinrothen
kruten: Banner,
Seite an Seite, die Sinnbilder zweier Religionen als
Schmuck derselben Flagge — diese sonderbare Erscheinung ist kein Irrthum. Nach Pfeifern und Trommlern folgte ein Bannerträgzer;
in feinen Händen war die Flagge mit dem Halbmond und dem
Kreuze. Bann kommt ein sonderbares Gefolge. Da sind Softas,
Armenier, A
lt. und Jungtürken, Griechen und römische Katholiken,
einige mit dem Fez und andere mit Turban, einige mit Stroh—
hüten, andere mit bloßem Kopfe...
Dem Aufrufe von Freiwilligen
folgten etwa bis jetzt 4- 5000. Etwa die Hälfte derselben waren Softaz, junge fanatische Muhamedaner, deren Fernsein von Konstan— tinopel wohl ebenso gern gesehen wird, wie ihre Nähe, ausgezeichnet ke Leute in mancher Beziehung, aber wohl fähig, jeder Zeit den
rieden zu stören. 500 der Rekruten sind Griechen oder sonstige Ghristen. Die Angelegenheit wird vom Volke geleitet“ Dem ganzen Auftreten und Ausfehen der türkischen und ägyptischen Soldaten er—
ne r, .
theilt derselbe Korrespondent großes Lob.
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Berlin:
Redacteur: F. Prehm. . Verlag der Ervedition (Ke sseüj. Bruck: W. El gn? Drei Beilagen leinschließlich Böͤrsen · Beilage)
—
600, 0 0 St.
G rste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staals⸗Anzeiger.
126.
Zur Statistik Serbiens.
In Nr. 171᷑ „R- u. St-A.“ haben wir einen Artikel über Serbien in militär geograpbischer Hinsicht veröffentlicht. In An— knüpfung hieran theilen wir heut die neuesten Daten über die statisti ⸗ s chen Verhältaisse Serbiens mit.
Nach der Verfassung Serbiens ist vom Jahre 1869 die gesetz⸗ gebende Gewalt dem Fürsten und der Volksvertretung, Skupsch⸗ tina, übergeben; dieseibe bildet nur eine Versammlung, die aber aus zwei verschiedenen Bestandtheilen zusammengesetzt ist: Zwei Drittel werden vom Volke erwählt und ein Drittel von der Regie⸗ rung deputirt. Wähler ist jeder Serbe, welcher Steuern zahlt und 21 Jahre alt ist, wählbar jeder., welcher jährlich 8 Thlr. Steuern zahlt und 30 Jahre alt und darüber ist. Die Beamten und Advo— katen sind von der Wählbarkeit ausgeschlossen, können aber vom Für— sten delegirt werden. — Eine Eigenthuümlichkeit Serbiens, besonders für die Bezirksverwaltung und die Steuerveranlagung von Wichtis⸗ keit, ist, wie in der österreichischen Militärgrenze, das Institut der Sadruga oder Hausgemeinschaft. Die zu gemeinsamem Erwerbe oder Genusse vereinigten Personen leben in Einem Hause in einer Art von Gütergemeinschaft und besitzen insgesammt die Rechte eines Einzelnen. Die Leitung der Angelegenheiten steht dem frei gewählten Hausvater oder Staresching zu, der daz Haus in der Ge— meinde repräsentirt. Das Haug ist Besitzer, zahlt Steuern und stellt jährlich einen Rekruten. Der Stareschina (der Aelteste, nicht wört lich, sondern zur Bezeichnung des Ehrenamtes) regiert gewöhnlich zeitlebens, kann aber auch abgesetzt werden. Das Grundeigenthum —̃ der Gesammtfamilie oder Kolonie — denn sie ist mehr als unsere natürliche Familie, aber kleiner als die römische Gens oder der schottische Clan, wird gemeinsam bewirthschaftet und verwaltet; Son—⸗ dereigenthum der Einzelfamilie und des Individuums ist nur in sehr beschränktem Maße und nur an fahrender Habe gestattet, und nur da= für giebt es persönliches Erbrecht. Testamente sind unbekannt,.
Die Hauptbeschäftigung des ganzen Volkes ist die Landwirt h— schaft Die Daten und Zahlen aber, welche wir hier und späterhin geben, sind nicht alle demselben Jahr entnommen, weil nicht alljäbr⸗ lich Zählungen dort stattfinden und die Berichte darüber aus ver — schiedenen Jahrgängen stammen.
Zur Hebung des Landbaucs besteht in Serbien eine landwirth— schaftliche Gesellschaft, der die Regierung eine jährliche Unterstützung von 12,0909 Fr. gewährt. Ferner besteht seit 1872 in Pezarevatz eine landwirthschaftliche Schule, die vortrefflich eingerichtet ff
Am meisten wird Mais gebaut, dann Weizen, Gerste, Hafer und Roggen. Das Ackerland wird nach Tagwerken (dan oranja), das Wiesenland nach Sensen (Kosa) und die Weingärten nach Hacken ¶ NMotika) gemessen
Im Jahre 1867 wurde eine offizielle Aufnahme der bebauten Oberfläche vorgenommen und ergab für: Mais 33 c /0, Weizen 18,6, Gerste 4 37, Hafer 3, n, Roggen 2.7, Spelz 1,n, Haidekorn O, is, Hirse Q, os, Kartoffeln ss, Handeltgewächse 174, Weingärten 4.6, Wie senland 2833.
Sehr bedeutend ist der serbische Vieh st and. 1866 wurde eine Zählung vorgenommen; diese ergab 122985 Stück Pferde, 609 Stück Hornvieh, 2 677.310 Stück Schafe, 1,A291,164 Stück Schweine und 451,249 Stück Ziegen.
Die Ausfuhr betrug im Jahre 1874: 337943902 Kilo Ge treide, 343104 Stück Rindvieh, 271,A,219 Stuͤck Schweine und 1,1423571 Stück Schaf. und Ziegenfelle.
Eine sehr wohlthätige Einrichtung sind die Gemeindemaga—⸗ zine (QObstinskikos. Jedes Jahr wird von jeder steuerpflichtigen Person für den Fall einer Hungersnoth ein bestimmtes Quantum Getreide eingebracht; das alte Getreide, soweit es noch nicht an Arme verschenkt oder verliehen ist, wird verkauft, der Erlös in die Gemeindekasse gethan. Ende 1873 waren so in allen Gemeinde⸗ magazinen zusammen über 5. Millionen Kile Getreide aufgespeichert, über 40 Millionen verliehen, über 614,00 Franks baar vorhanden.
Serbien besitzt große Pflaumenwaldungen, und ist die Ausfuhr diesetz gedörrten Obstes sehr bedeutend (1873 über 5, 650, 9000 Kilo); ebenso vwird der daraus bereitete Branntwein (Sliwowitz) stark expor—⸗ tirt, besonders nach Bosnien (1873 über 7,930,000 Kilo).
Stark war ferner die Ausfuhr von Faßdauben. Ferner wur⸗ den ausgeführt: 312703 Kilo Schafwolle, 1231434 Kilo Talg, 67,542 Kilo Honig, 10,847 Kilo Wachs.
Auch die Industrie hebt sich; für den Bergbau wird viel gethan; die Gewinnung von Blei wird stark getrieben und ist ratio— nell geworden, sein dem die Regierung große Bleischmelzöfen errichtet; das an eine englische Gesellschaft abgetretene große e r. zu Majdaupek ergab in den Jahren 1871— 73 365,730 Kilo Kupfer (im Werthe von 744,259 Fr.), welches nach Wien und London ging.
Im Bergwerk zu Kucajna, das auch einer englischen Gesellschaft gehört und wo gold. und silberhaltige Blei⸗ und Kupfererze gewonnen werden, arbeiteten 300 Arbeiter,
Ein drittes Bergwerk, gleichfalls Engländern gehörig, enthält in Wragocanitza Kupfererzlager und in Struganik vortreffliche Litho—⸗ graphiesteine.
Ferner hat. Serhien reiche Steinkohlenlager; das eine zu Lenje enthält nach wissenschaftlicher Abschätzung ein Lager von 27 Milliarden metrischer Centner. Nach Salz wird geforscht.
Für die Erleichterung des Verkehrs wird viel gethan; es sind 51 Post⸗ und 37 Telegraphen ⸗ Stationen vorhanden.
Nur Eines feblt dem Lande noch; Eisenbahnen, welche die zwischen den ungarischen und türkischen Linien noch vorhandene Lücke ausfüllen würden. .
Was die Finanzverhältnisse, die Einngh men und Aus— aben Serbiens betrifft, so besteht daselbst zuerst für die seßhafte evölkerung eint kommunale Matrikularumlgge. Jede Ge⸗
meinde muß jährlich so vielmal 28 Fr. 50 Ct. aufbringen, als sie erwachsene männliche Mitglieder zählt; die Vertheilung der Steuer in der Gemeinde ist Sache der Gemeindevorsteher und Familien= häupter (Stareschina). Diese Steuer ergab im Jahre 1874 / 75 18, 860, 000 Steuer⸗Piaster (160 Steuer - Piaster — 31, co At).
Die zweite Kategorie der Steuerzahlenen ist die dienende Klasse, welche ohne Vermögen und verheirathet ist; die Steuer wird jährlich entrichtet in 4 Klassen, von 9 Fr. 60 Cts. bis 2 Fr. 40 Ets. Die Fritte Kategorie bilden die nicht ansässigen Zigeuner, welche in der ersten Stufe 1l,so, in der zweiten iso, in der dritten 4 Fr. zahlen. Diese Steuer nimmt ab, da die Zigeuner immer mehr seß— haft gemacht werden. ⸗
Ünter den indirekten Steuern (7,275, 000) nehmen die Zölle den ersten Platz ein, da Serbien einen lebhaften Handel betreibt. Den größten Antheil an den Zolleinnahmen haben die Einfuhrzölle; diese dürfen 39,0 vom Werthe der eingeführten Waare nicht über ⸗ steigen. Sie betragen durchschnittlich 2 Millionen Fr. jährlich. (1874/75 5,300, 9000 8! P.)
Im Jahre 1869 wurde in Serbien eine Art Verz ehrungssteuer eingeführt, und zwar von Kaffee, Zucker, feinen Getränken, Spiritus, Rum, Spielkarten, Cigarrettenpapieren und Parfumerieseifen. Diese Steuer erbrachte 1874576 1,1090 000. St. P. Ferner gehören in diese Kategorie die Regalsteuern auf die Einfuhr des Salzes und des Tabaks. Serbien hat keine Salzlager und muß deshalb das ganze Quantum des zu verbrauchenden Salzegt vom Ausland beziehen, aus Oesterreich, Ungarn, der Walachei. Diese Einfuhr betrug von 1866 — 1870 durch⸗ schnittlich 20 171 650 Kilog, Salz; davon wird nur etwa der 8. Theil wieder ausgeführt. Die Salzeinfuhrsteuer betrug 1874/75
Die Regalsteuer auf Tabak ergab in demselben Tahre 250900 St. P., ausgeführt wurden jährlich, da sich der Tabakbau nach Ein⸗
6
Berlin, Freitag, den 28. Juli
führung der Steuer sehr gehoben, für ca. 146,600 Fr., die Einfuhr
ist indessen immer noch stärker als die Ausfuhr. Die Regalbesteuerung auf Bergbau brachte, weil derselbe sehr gering ist, 1874/75 nur 25,000 St. P.
Einen erheblichen Beitrag zu den Staatseinnahmen liefern die ge⸗
richtlichen Taxen, 1874Fñ715 2,150, 000 St. P. Bei den Subhasta—⸗ tionen und exekutiven Verkäufen wird ein Prozentsatz der Verkauft⸗ summe unter dem Namen „Trommelgebühr“ erhoben und betrug 1874 2,190,000 St. P. Für das Recht der Wälderbenutzung wurden 50, 00 St. P. eingenommen.
Aut den Finnahmen' der Uprapg Fondova, einer Art Boden kreditanstalt, flossen 1874 500,900 St. P. in die Staatskasse. Aus den Staatsgütern betrugen die Einkünfte in demselben Jahre 27740, 9900 St. P., aus der Staatsdruckerei 4000909 St. P., aus einer Musterökonomie und den Staagtsgestüten 5, C600 St. P. Die Einnahmen aus den Posten und Telegraphen steigen alljährlich und betrugen aus den Posten 300,000 St. P. aus den Telegraphen 400,000 St. P. Ersparnisse verschiedener Behörden waren 650 000 St. P. Die Strafen betrugen 250 000 St. P.
Die nicht speziftzirten außerordentlichen Einnahmen aus Erbschaften, Schulfondz und Unvorhergesehenem ergaben 3,1 10,000
St. P.
a die Ausgaben betrifft, so hat Serbien keine Staatsschulden zu verzinsen, es hat vielmehr cinen Reservefonds, der sich 1873 auf 8, 619, 850 Fres. belief. Die Ausgaben vertheilen sich folgendermaßen:
) ,,, 8564 86833 Gt.
Fivillisse ... 1,200 006
Tribut an die Pforte... . . 1,176, 255
Dem Patriarchen in Konst. .. 5.0490
Skupschtin a w 114G0 Ghh.
Staatsrath 427,160
Penstonhmi . 1986433
Kredit für außerordentl. Ausgaben 1,200,000
2) Kriegs · Ministerium .. .
3) Ministerium des Innern.
4) Unterrichts Ministerium
5) Jnstiz Ministerium ...
6) Finanz · Ministeriunn .
7) Ministerium für öffentliche Bauten.
8) Ministerium des Aeußeren . 1044.89 Zusammen .. 35,031,983 St. P.
Da die Staatseinnahmen in demselben Jahre 35,035,000 St. P. ergeben hatten, so stellte sich demnach ein Ueberschuß von 3017 Steuer Piastern heraus.
10 346 826 St. P. 6 7*4. 708 4177318 3594 ih n 1718, 230
Die Fabrikindustrie des Regierungsbezirks Düsseldorf vom Standpunkte 237 Gesundheitspflege.
(Vgl. Nr. 175 d. Bl.)
Eine besondere Fürsorge für in valide Fabrikarbeiter, d. h. solche, welche in Folge von Alter oder Krankheit arbeitsunfähig ge— worden, findet sich bis jetzt nur auf einzelnen großen Etablissements. Ein vollständiger Penstonsverein für Arheiter⸗-Invaliden besteht auf der Kruppschen Gußfstahlfabrik zu Essen. In beschränkterem Um fange sind auch auf einigen anderen großen Werken der metallurgischen Industrie die Grundlagen zu Penstonsvereinen durch Stiftung von be⸗ sonderen Fonds Seitens der Arbeitgeber gelegt worden. In einzelnen In⸗ dustriestadten findet eine nicht unbedeutende Betheiligung der Arbeiter an Lebengversicherungen, theils mit, theils ohne Unterstützung der Arbeit - geber statt, und in neuester Zeit beginnen die Invaliditäts- und Un⸗ fallversicherungen Eingang zu gewinnen. Auf der Gußstahlfabrik zu Essen besteht seit dem Jahre 1867 ein Lebengpersicherungsverein im Anschluß an die Lebensversicherungsgesellschaft „Germania“, welcher gegenwärtig 851 Versicherun gen mit einem Kapital von 719.700 M6 abgeschlossen hat; 571 Versicherungen beruhen auf Gegenseitigkeit beider Ehegatten, so daß die Zahl der Versicherten inklusive der Ehe⸗ frauen 1323 beträgt. Während pes achtjährigen Bestehens sind be—⸗ reits an 125 Familien Kapitalien im Betrage von je 300 — 3000 ausgezahlt. Betreffs der Fürsorge resp. Schadloshaltung der Arbeiter bei Unfall, soweit die Arbeitgeber durch das Haft— pflichtgesetz dazu verpflichtet sind, findet das System der Versicherung bei den Unfallversicheungen mihr und mehr Eingang. Nach den amtlichen Ermittelungen betrug zwar die Zahl der im Bezirke befindlichen gewerblichen Anlagen, welche ihre Arbeiter gegen die Haftpflicht versichert hatten, nur 343 mit insgesammt 52,536 Arbeiter. Auf Grund authentischer Quellen, sagt Dr. Beyer, dürfe aber wohl ergänzend bemerkt werden, daß allein die Leipziger Unfall⸗Versicherung u Anfang des Jahres 1875 bereits in 793 gewerblichen Anlagen 39,564 Arbeiter im hiesigen Bezirke ver sichert hatte, während außerdem noch sechs andere Unfall Versicherungen im Bezirke, wenngleich in geringerem Umfange thätig sind.
Mit der stark wachsenden Bevölkerung in den Industriebezirken bat die Vermehrung der Wohnungen im Allgemeinen gleichen Schritt gehalten, und während im Jahle 1865 im ganzen Benirk auf ein Wohngebäude duichschnittlich Soös Bewohner gezählt wurden, ent fielen im Jahre 1872 trotz des schnellen und starken Wachsthums der Bevölkerung in den Industriebezirken doch nur 8.382 Bewohner auf ein Wohngebäude. Bei dem in dem größten Theil des Regie ⸗ rungsbezirkes üblichen Massivbau und dem guten Baumaterial können die Wohnungen auch der arbeitenden Klassen als gute und gesunde bezeichnet werden. Von wesentlichem Einfluß hierauf durften ch die von der Königlichen Regierung gegebenen Anordnungen, owie die für die kleineren Städte und dag platte Land erlassenen bgqupolizeichen Vorschriften, in welchen der ge— sundheitlichen Rücksichten besondere Fürsorge zu Theil geworden, er weisen. Die große Masse der Arbeiter wohnt in gemietheten Woh⸗ nungen; in den ländlichen Gegenden jedoch nur namentlich da, wo die Hüttenindustrie vorherrscht, findet man in hemerkenswerther Zahl auch Arbeiter, welche eigene Wohnungen besitzen. Ein eigentlicher Woh— nungsmangel für die Arbeiter e im Allgemeinen nicht, und so findet man auch Seitens der Arbeitgeber verhältnißmäßig wenig für bie Errichtung von Arbeiterwohnungen gethan. Alle von den Eta— hlissements errichteten Wohnungen sind stets nur Miethswohnungen, weiche der Arbeiter nur, während er in Diensten des Etablissements steht, zu benutzen vermag, und in welchen er somit eine dauernde Heimalh für sich und die Seinigen zu gründen nicht im Stande ist. An und für sich hat deshalb die Errichtung von Arbeiterwohnungen Seitens der einzelnen Etablissements noch keineswegs die Bedeutung von Wohlfahrtseinrichtungen. Den Charakter einer Wohl⸗ fahrtseinrichtung verdient die Errichtung nur da, wo nicht bloß dem Zweck genügt wird, sondern wo darüber hinaus mit wirklicher Fürforge? der Wohnlichkeit, Gesundheit u. vi. Rechnung getragen ist. In letzterer Beziehung hat der Bezirk manche eh g, Beispiele aufzuweisen und die in erster Reihe ir henden Arbeiterkolonien der Gußstahlfabrik von Fr. Krupp zu Essen dürften sowohl hinsichtlich der Großartigkeit, wie hinsicht , lich der im Einzelnen bethätigten Fürsorge schwerlich ihres Gleichen haben. Die Gußstahlfabrik besitzt in tünf Kolonien gegenwärtig 3277 Familienwohnungen mit einer Bevölkerung von 16,206 Seelen und hat außerdem für die Unterkunft von 2— 3000 unperhei⸗ ratheten Arbeltern Sorge getragen. 728 Familienwohnungen besitzen ein größeres oder kleineres Gärtchen. — Eine der neuesten Zeit an gehörige, etwa 2 —– 300 Wohnungen umfassende, mit besonderer Für ⸗
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sorge errichtete Arbeiterkolonie besitzt die Lokomotivfabrik Hohenzollern am Grafenberg bei Düsseldorf, während außerdem noch mehrere andere größere Fab iken, namentlich in den Kreisen Essen und Düsseldorf, Arbeiterkos onien besitzen, welche, sich darch Zweck mäßigkeit und besonders fürsorgliche Einrichtungen auszeichnen. Alle besseren Kolonien haben das Prinzip der getrennten Wohnungen streng durchgeführt und da, wo die (lokalen Verhältnisse es gestatten, wird stets den Wohnungen etwas Garten oder Acker beigegeben. Uehrigens lehrt die Erfahrung, daß die Arbeit⸗ nehmer keineswegs überall gern derartige geschlossene Kolonien be⸗ wohnen und vielfach andere Miethwohnungen, auch wenn dieselben die Vortheile der Kolonien nicht bieten, vorziehen. Eine bedeutsame Erscheinung für die Wohnungsfrage der arbeitenden Klafssen bilden die im Bezirke bestehenden gemeinnützigen Baugesellschaften, deren sich bis jetzt zehn in acht Industriestädten gebildet und welche trotz ver= hältnißmäßig kurzer Wirksamkeit bereits beachtenswerthe Resultate zu verzeichnen haben. ;
. Unter den im Bezirke vorhandenen Einrichtungen, welche die Beschaffung preiswürdiger, gesunder und unverfälsch⸗ ter Lebensbedürfnisse für, Arbeiter vermitteln, steht an Großartigkeit, wie an Trefflichkeit der Orgaanisation die Kon⸗
sum ⸗ Anst alt der Kruppschen Gußstahlfabrik in Essen
obenan. Dieselbe bietet in einem großen Bazar und zahlreichen kleinen Verkaufsstellen den sämmtlichen Angehörigen des Etablissements in reicher Auswahl die verschiedenartigen Nahrungsmittel und Lebens. bedürfnisse zum Selbstkostenpreise gegen Baarzahlung. Mit dieser Konsumanstalt ist eine große, nach Wichhorstschem System einge richtete Bäckerei verbunden, welcher seit etwa Jahresfrist eine Vereins⸗ schlächterei angescklossen ist, in welcher alles Vieh vor und nach dem Schlachten . seinen Gesundheitszuftand genau untersucht wird. Der jährliche Umschlag der Konsumanstalt bez ffert sich über 3,000, 0090 M1 3. der Gußstahlfabrik besitzt noch eine nicht erhebliche Zahl größerer Fabriken ähnlich organistrte Konsumanstalten.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Aus Coblenz schreibt man vom 21. Juli: In unserer Nachbarschaft hat man allenthalben mit dem Schnitte des Roggens begonnen; nach dem Urtheile der Landleute ist eine ziemlich gute Ernte zu erwarten. Auch der Weizen, welcher seiner Reife entgegengeht, verspricht einen befriedigenden Ertrag. Gerste steht schön und Hafer, welcher in Folge der Trockenheit zurückgeblieben war, hat sich durch den befruchtenden Regen sichtlich erholt, so daß auch diese Frucht nichts zu wünschen übrig laßt. Futtergewächse stehen allenthalben gut. Frühkartoffeln liefern einen ziemlich guten Ertrag, und berechtigen die späten zu den schönsten Hoffnungen. Der Segen der Obstbäume aller Art wird ein reichlicher werden. Ein gleich günstiges Resultat können wir von unseren Weinbergen melden; die Beeren entwickeln sich rasch und haben bereits die Dicke einer Erbse erreicht. Tritt kein störendes Ereigniß ein, so haben wir sowohl in quantitativer als qualitativer Hinsicht einen vollen Herbst zu erwarten.
— Nach einem längeren Artikel der ‚K. Z.“, auf den zurüczu⸗ kommen wir uns vorbehalten, sind die Ernteaussichten für die ganze Rheinprovinz als recht günstig zu bezeichnen. Für die meisten Kultur⸗ pflanzen gestalten sich die Aussichten befriedigender als in den letzten drei Jahren.
— Der „Rh. Cour.“ enthält folgenden Getreide⸗ bericht van aus wärtigen Handelsplätzen: In deu Berichten von auswärts steigern sich die Lobeserhebungen über die Ernte⸗Aussichten mit jeder Weche mehr, und namentlich rechnet man allgemein auf eine recht gute Qualität. Obgleich diese Nachrichten sehr erfreulich sind, so scheinen ste mitunter doch etwas überschwaärg⸗ lich gehalten zu sein und sind deshalb vorerst noch mit Voistcht auf⸗ zunehmen. Im Getreidegeschäft hat sich im großen Ganzen wenig verändert; der Verkehr blieb meistens sehr beschränkt, und nur an einzelnen Plätzen stellte sich eine lebhaftere Bedarfsfrage ein, welche dann auch die Haltung vorübergehend etwas befestigte. Nachdem die eigenen Erzeugnisse der vorjährigen Ernte in den meisten Ländern Europas aufgezehrt sind, so wäre man eigentlich genöthist, die neue Ernte sofort in Angriff zu nehmen, wodurch ein erheblicher Rückganz der Preise nicht stattfinden würde, da aber die fremden Zufuhren selbst bei billigen Preisen anzuhalten scheinen, wird wohl ein siärkerer Druck auf dieselben nicht ausbleiben können. In England waren die Ankäufe von fremdem Getreide in voriger Woche wieder sehr bedeu⸗ tend, und dieselben konnten nur bei zroßer Nachaiebigkeit von Seiten der Verkäufer angebracht werden. Auch an den französischen Märkten herrschte bei weichenden Coursen eine matte Tendenz.
Gewerbe und Handel.
Nürnberg, 26. Juli, Das Kultus-Ministerium hat dem Bayerischen Gewerbe ⸗Museum“ eine Subvention von 1780 6 zu dem von dessen Kustos, Qrn. Dr. Stockbauer, in Ge— meinschaft mit Hin. ren or Otto in München bearbeiteten Werke: „Die antiken Thongefäße in ihrer Bedeutung für die moderne Gefäßindustrie“ gewährt. Das Ministerium wird eine Anzahl Exemplare des Werk an die technischen Schulen Bayerns vertheilen.
— Die „New Jorker Handelszeitung“ eiöffnet ihren vom 14. Juli datirten Wochenbericht mit der Bemerkung, daß das Geschäft noch immer darniederliegt und fügt, um diese Bemerkung als ihat ˖ sächlich zu kennzeichnen, folgende Daten hinzu., Es betrug in New Vork während des am 30. Juni beendeten Fiskaljahres der Import (exkl. Kontanten) 298,000,090 Doll. Gold gegen 356 000, 000 Doll. in 1875 und 378, 000 000 Doll. in 1874; der Export (gleich falls exkl. Kontanten; betrug 26S, 00, 9 Doll. GCurrench gegen 262.000, 09 Doll. in 1875 und 304 009,000 Doll. in 1874, so daß die Handelsbewegung New ⸗Yorks in diesen beiden Bran—⸗ chen allein um ca. 62.000 00 Doll. gegen das Vorjahr abgenommen hat. Andere Branchen haben nicht minder gelitten; der Werth von Grundeigenthum ist noch immer im Fallen begriffen. — Im Gel d⸗ st and ist während dieser Berichtswoche keine Veränderung einge⸗ treten; das Angebot fin stger Fonds blieb nach wie vor avundant. Durchschnittsraten für call loans gegen Depot gemischter Sekuritäten stellten sich auf 2— 3069, gegen Hinterlegung von Bundesobligationen auf 1 — 20s6. — Der Goldmarkt schlug in dieser Berichts- woche abermals eine weichende Richtung ein; der Eröffnungs courß am vergangenen Sonnabend, 12, war zugleich der höchste der Woche, indem das Agio graduell bis 114 wich, um heute zu 11 zu schließen. Für gekündigte Bond zahlte das Schatzamt 196 060 Doll. aut, für fällige Zinsen 2211000 Doll. Im Loan. Markt stellten fich die Durchschnitigraten für den Versatz don Gold gegen das Aequivalent in Papiergeld von flat bis 1060. — Während am Waaren⸗ und Produktenmarkt das Expoitge⸗ schäft im Allgemeinen einen lebhaften Charaker trug, war unter dem Einfluß der anhaltend intensiven Hitze in den meisten Importartikeln das Geschäft ein sehr stilles — Der Waaren⸗ und Pro dukten Import während der am 8. Juli beendeten Woche repräsentinrt einen Gesammtwerth von 2.538, 262 Doll. gegen 3,486,548 Doll. in der Vor= woche, eine Abnahme von 948 286 Doll. ergebend. Fremde Webstoffe partizipiren am Gesammtwerth des letztwöchentlichen Imports mit
5985, 834. Doll. resp. mit 206,186 Doll. weniger als in der Vorwoche,
während der Import diverser Produkte und Waaren um 742,106 Doll. geringer war. — Am Waaren - und Produkten ⸗ Export wäh⸗ rend der am 11. Juli beendeten Woche, dessen Gesammtwerth eine Zunahme von 3,186 871 Doll. gegen die Vorwoche aufweist, partizi⸗
pirt Baumwolle mit 11,501 Ballen.
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