Königliche Regierr ag veranlessen wir demgemäß, die Landräthe der von der. . ... Bahn berührten Kreise dahin mit Anwei⸗ sung zu versz'hen, daß fie behufs Freilassung der Bahn⸗Polizei. beamten won persönltchen Dienstleistungen an die betreffenden Landaz-aieinden die geeigneten Eröffnungen ergehen lassen.“ Daraufhin sind nun die nothwendigen Weisungen an die ein⸗ zelnen Behörden ergangen.
— Hinsichtlich der Pensionen von Invaliden, welche sich in Untersuchungs⸗ oder Strafhaft befinden, hat der Minister Ddes Innern im Einvernehmen mit dem Ju stiz⸗Minister neuerdings angeordnet, daß während der Dauer einer Unter⸗ suchungshaft oder der Verbüßung einer Freiheitsstrafe die Zah⸗ lung der den Invaliden zustehenden Pensionskompetenzen nicht an die inhaftirten Invaliden, sondern der Regel nach an die untersuchungsführende, beziehungsweise die strafvollstreckende Be⸗ hörde zu erfolgen hat. Sofern jedoch die Kompetenzen zum nothdürftigen Unterhalt der nächsten Familienangehörigen des Pensionärs, deren Ernährer der letztere war und für welche ihm die Fürsorge gesetzlich obliegt, namentlich der Ehefrau und der Kinder, nicht entbehrt werden können, sind sie in Gemäßheit des geltenden Grundsatzes, daß durch Untersuchungs⸗ und Straf⸗ vollstreckungskosten die Betroffenen nicht außer Nahrungsstand versetzt werden sollen, auf Antrag der Betheiligten oder des da⸗ bei interessirten Armenverbandes an die Angehörigen so weit als nöthig zu zahlen.
— Dem inländischen Richter, welcher ein im Auslande ein⸗ gegangenes Rechtsverhältniß zu beurtheilen hat und das fremde Recht kennt, fteht, nach einem Erkenntniß des Reichs⸗Ober⸗ Handelsgerichts, 1. Senats, vom 27. Juni d. J., die Befugniß zu, diese seine Kenntniß anzuwenden, und er ist nicht verpflich⸗ tet, in diesem Falle erst noch den Beweis dieses Rechts von einer der Parteien zu fordern.
— Zu 8. 65 der Städte⸗Ordnung vom Jahre 1853 hat das Ober⸗-Tribunal J. Senat, in einem Erkenntniß vom 12. Juni d. J. ausge sprochen: I) daß eine diätarische ander⸗ weitige Beschäftigung im Staats⸗ oder Gemeindedienste den Fortfall des Ruhegehalis oder die Verminderung der Pension zur Folge hat und 2 daß auch die Beschäftigung bei der Kreis⸗ verwaltung als eine Kommunaldienft-Thätigkeit zu erachten ist.
— Briefsendungen für S. M. S. „Niobe“ gehen bis auf Weiteres nach Wismar (Mecklenburg).
Bayern. stünchen, 10. Angust. In Zweibrücken sind die drei kassirten Abgeordneten und Ersatzmänner heute wieder gewählt worden; erstere mit 117 gegen 71, letztere mit 118 gegen 67 Stimmen. — In den nächsten Tagen wird auch der Staats-⸗Minister v. Berr einen Urlaub antreten, und der Staats rath v. Pfistermeister für die Dauer desselben mit der Leitung des Finanz⸗Ministeriums betraut werden.
Baden. Schloß Mainau, 10. August. Einer Ein⸗ ladung des Königs und der Königin vo Württemberg folgend, begaben Sich der Großherzog und die Großherzo⸗ gin gestern Nachmittag nach Friedrichshafen, nahmen doit an der Königlichen Tafel Theil und blieben dann bis gegen fünf Uhr. Auf dem Rückweg nach der Mainau besuchten die Hohen Herrschaften den Prinzen und die Prinzessin Wilhelm auf Schloß irchberg.
Sessen. Darmstadt, 10. August. Nach Artikel 11 des neuen Schulgesetzes muß jede Volkaschule cin Unterrichtslokal haben, das nach Lage, Einrichtung und Ausstattung den Be⸗ dürfnissen des Unterrichts nnd der Gesundheit entspricht. Das Ministerium des Innern hat nunmehr die näheren Vor⸗ schriften über den Bau und die Einrichtung der Schulräume und Lehrerwohnungen getroffen.
Mecklenburg. Schwerin, 10. August. Vor acht Tagen fand, wie den „M. A.“ berichter wird, in dem Dorfe Schadeland bei Zarrentin eine gerichtliche Haussuchung wegen sozialdemokratischer Umtriebe statt. In Folge der Re⸗ sultate, die sich dabei herausgestellt haben, wurde am 6. August, Abends, folgende amtliche Bekanntmachung hier veröffent⸗ licht; „Nachdem sich herausgestellt hat, daß die beiden sozial⸗demo⸗ kratischen Vereine: Deutscher Zimmererverein, sowie Allgemeiner deutscher Maurer⸗ und Steinhauerbund, deren ersterer in Gotha, der zweite in Hamburg seinen Sitz hat, neben der ihren Sta⸗ tuten entsprechenden Verhandlung nicht politischer Gegenstände, auch mit politischen Angelegenheiten sich befassen, daß ins⸗ besondere der letztgenannte Berein nur eine Fortsetzung des bereits vor längerer Zeit verbotenen und bez. im De⸗ zember 1874 aufgelästen „Allgemeinen deutschen Maurer- und Steinhaue r⸗Verins“ ist, so erscheint die fernere Theilnahme an den beiden genannten Vereinen als durch die Verordnung vom 27. Februar 1851 gesetzlich verboten. Es werden demnach alle Mitglieder der beiden genannten Vereine aufgefordert, aus denselben ungesãumt auszutreten, und werden dieselben darauf hingewiesen, daß bei Richtbeachtung dieser Aufforderung mit aller Strenge gegen sie wird vorgegangen werden. Wittenburg und Zarrentin, 2. August 1876. Großherzogliches Amt. v. Laffert.“
Sach sen⸗Weimar-⸗Eisenach. Schloß Wilhelms⸗ thal, 11. August. Ihre Königliche Soheit die Sroßherzogin . 2 ihrer Reise nach Helgoland gestern Abend hierher zurück⸗ gekehrt.
Elsaß⸗Lothringen. Metz, 9. August. (Köln. Ztg.) Vorgestern hat die erste Session der Kreistage Elsaß⸗— Lothringens begonnen, welche nach der Kaiserlichen Ver⸗ ordnung höchftens fünf Tage dauern darf. Der Dieden hofener Kreistag hat die Geschäfte seiner ersten Session in einem Tage vollendet. Sämmt⸗ liche neun Mitglieder waren erschienen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 10. August. Der Kaisser hat heute die unter Führung des Ober⸗Bürgermeisters Räth hier eingetroffene Deputation der Stadt 3 6 fer n. Se. Majestät zur Theil⸗ ahme an entennialfeier des lati 5 Joseph , ; ,
— Das „Fremdenbl.“ enthält folgende Mittheilungen: Ein mährisches Blatt will in Erfahrung , in en die Kurie durch Vermittelung der Wiener Nuntiatur dem Ssterreichisch⸗ungarischen Epistopate Verhaltungs⸗ maßregeln in Betreff der südslavischen Wirren zukommen ließ. Die Tendenz diefer Weisungen laffe sich aus dem Umstande entnehmen, daß etliche Kavaliere von ultramontaner Färbung, welche seiner Zeit Kollekten für die carlistischen Banden veranstaltet haben und nunmehr für die südslavischen Insurgenten zu sammeln beab⸗
aus polizeilichen Grü aden für unzulässig zu erachten ist. Die
sichtigten, fich die Sache überlegt hätten und diesen Gedanken fallen ließen.“ — Aus Tirol wird berichtet, daß die klerikalen Tiroler
Landtag konfiszirt wurden. ö
— Aus Semlin wird gemeldet, daß der dortige jüngst abgedankte Bürgermeister, welcher unter den verschiedensten Aus⸗ flüchten die Uebergabe der Akten verweigerte, von Seite der Re⸗ gierung noch einmal kategorisch hierzu aufgefordert wurde, Zugleich erwartet man dort das Eintreffen eines Theiles der mit der Grenzbewachung betrauten, unter dem Kommando des Grafen Szapary stehenden 20. Division.“
— Der „Pol. Corr.“ wird aus Salonichi unterm 4. d. Mts. berichtet:
Die österreich-ungarische Fregatte Radetzky “, welche aus Anlaß der bekannten beklagenswerthen Ereignisse durch längere Zeit hier weilte, hat uns wieder verlassen. Es ist keine bloße Schmeichelei, wenn wir sagen, daß dieser Reprä⸗ sentant der K. K. Kriegsmarine hier das beste Andenken zurück⸗ gelassen hat. Der Kommandant des genanten Schiffes, Linien⸗ schiffs⸗Kapitän Freiherr von Manfroni, hat während seiner hiesigen Stationirung fiets die größte Bereitwilligkeit gezeigt, die österreichisch⸗ungarischen Staatsangehörigen in ausgiebigster Weise zu schützen. Er hat die gesammte AÄusschiffungsmannschaft auch unausgesetzt bereitgehalten, um im Falle ernster Ruhestörungen zum Schutze der österreichischungarischen Unterthanen augen⸗ blicklich einzuschreiten und die allenfalls Bedrohten an Bord des „Radetzky! in Sicherheit zu bringen. Die Mannschaft des Schiffes selbst hat sich bei wiederholten Anlässen um das Wohl der Bevölkerung unmittelbar verdient gemacht. Besonders war dies bei einem zur Nachtzeit in unmittelbarer Nähe des österrei⸗ chisch ungarischen Konsulatsgebäudes ausgebrochenen bedeutenden Brande der Fall. In einer geradezu verblüffend kurzen Zeit erschien die ganze Mannschaft des „Radetzky“ auf der Brand⸗ stätie und ist ihrer aufopfernden Hülfeleistung die Rettung vieler Hunderte von Häusern und der darin aufgespeicherten Waaren⸗ vorräthe zu danken. Der General-Gouverneur des Vilajets, wie auch die griechische Kommunität unserer Stadt säumten nicht, dem österreichischen Kriegsschiffe für dessen erfolgreiche Intervention öffentlich zu danken. Die österreichische Kolonie von Salonichi wird eine besondere Genugthuung darin erblick n, wenn diese aufopferungsvollen Leistungen der Mannschaft des „Radetzky“, sowie ihres Kommandanten auch daheim ihre Aner⸗ kennung finden würden.
— 11. August. Die ungarische Regierung hat, nach einer Meldung der „Presse“ erklärt, daß nach der ungarischen Ver⸗ fassung die Genehmigung des Vertrages über die Trennung der Netze der Südbahn durch das Parlament nothwendig sei. Die österreichische Regierung ist entgegengesetzter Ansicht, weil der Staatsschatz nicht belastet werde. Auch erachtet man die unga⸗ rische Regierung nicht für berechtigt, die Angelegenheit zu be⸗ einflussen.
Pest, 10. August. Betreffs der Berathungen der jüng⸗ sten Bischofs-Konferenz erfährt „Pesti Naplo“, daß die— selben sich auf die Feststellung der Normen für die Konstitui⸗ rung und den Wirkungskreis der Schulstühle der römisch⸗ und griechisch⸗katholischen Religions gemeinden bezogen. Die Konfe⸗ renz hatte noch vor Vertagung des Reichstages ein Comité zur Ausarbeitung eines ,,,, Entwurfs entsendet. — Der
Entwurf wurde deg vor Kur em stattgehabten Konferenz unter- breitet und von dieser definitiv textirt. Die meritorische Be⸗
rathung darüber wird in der Konferenz erfolgen, welche im nächsten Monat hier stattfinden wird. — Dasselbe Blatt bringt einen Auszug aus einem Schreiben des Grafen Lonyay an din Zentaer Bürgermeister, wyrin er die Kandidatur ablehnt und erklärt, vom politischen Leben sich zurückzuziehen, weil ihm bei jedesmaliger Theilnahme an einer politischen Diskussion im , persönliche Motive und Machtbegierde unterschoben wurden.
— Aus Südungarn wird die vollständige Freilassung des Ex⸗General Stratimirovics gemeldet. Wie „Naplo“ erfährt, hat die Untersuchung ergeben, daß derselbe weder mit der Om⸗ ladina in Verbindung gestanden, noch an den Werbungen oder der Organisirung von Freiwilligenschaaren theilgenom⸗ men hat.
Agram, 10. August. In Karlstadt wurden gestern drei Verhaftungen und mehrere Hausdurchsuchungen vor⸗ genommen. Der Erzpriester Begovie, dessen Bruder, ein pensio⸗ nirter Offizier, und ein Advokaturskanzlist wurden verhaftet. Diese Verhaftungen sollen das Ergebniß der Pakracer Unter⸗ suchung und der darin aufgetauchten Beweismomente sein Die Verhafteten wurden hier untergebracht. In Folge dessen dürfte die Beantwortung der Interpellation Subotic heute nicht erfol⸗ gen. — Die Pakracer Untersuchung ist beendet; der Staats- anwalt und der Regierungskommissar werden heute hier erwartet. Der Banus wird persönlich Bericht erstatten.
— In der heutigen Landtagsitzung interpellirte Ores⸗ kovie betreffs der Einbringung eines Gesetzentwurfes über die Städte⸗Ordnung. Zivkovie antwortete, derselbe sei in Vorbereitung, dürfte jedoch kaum mehr in dieser Session zur Verhandlung gelangen. Der Interpellant erklärte sich mit der Antwort zufrieden.
Semlin, 10. August. Heute ließ das Mini ferium das Verbot des Exportes von Vieh publiziren und die strengste
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Handhabung desselben anordnen.
Großbritannien und Irland. London, 10. August. Das in der Regel den Schluß der Parlamentssession signali⸗ strende Whitebait⸗Essen des Ministeriums und der konser⸗ vativen Parteiführer fand gestern in Greenwich statt. Die Mehrzahl der Minister, darunter auch der Premier Dis⸗ ra eli, nahmen an demselben Theil; es fehlten nur der Earl of Derby, Earl of Malmesbury und Lord Carnarvon.
— In der gestrigen Sitzung des Un terhauses erkundigte sich Ritchie beim Unter⸗Staatssekretär für auswärtige Angelegen⸗ heiten, ob die Regierung irgend welche Schritte zu thun gedenke zu dem Behufe, ihren Einfluß in Bulgarien direkt fühlbar zu machen,
Bu dapest
ist von dem Entsetzen und der Entrüstung,
um die Wiederholung ähnlicher Ereignisse, wie diejenigen, welche in dieser Provinz im Juni stattfanden, zu verhindern. Der ünter⸗Staatsfekretär des Auswärtigen Amts erwi⸗ decte: Es sind der Pforte verschiedene Vorstellungen mit Bezug auf die grausamen und scheußlichen Thaten, die in Bul⸗ garien verübt wurden, gemacht worden, und die Pforte welche diese
e,, . in England erregt haben, in Kenntniß gesetzt worden. Wir haben jeden Grund zu der Annahme, daß sie seit einiger Zeit aufgehört haben, und über diesen Punkt erwarten wir heute oder morgen weitere Information. Wir wissen auch, daß dee Pforte exemplarische Strafen gegen die Verüber dieser Barbareien verhängt hat. Um den Einfluß der britischen Regierung direlt auf dem ĩ
Stimmen“ vom 8. d. M. wegen eines Artikels über den Tiroler
. er beklagenswerthen Vorgänge geltend machen zu kön⸗ nen, hat Ihrer Majestät Regierung die Ernennung eines britischen Konsularbeamten in Philippopolis autorisirt, dem besondere In⸗ struktionen ertheilt worden sind. Ihrer Majestät Regierung wird demnach in direkter Verbindung mit jener unglücklichen Provinz stehen, welche die Scene dieser beklagenswerthen und gräßlichen Ereignisse gewesen ist.“ .
— 17. August. (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung des Unterhauses gelangten die von den Türken in Bulgarien begangenen Grausamkeiten abermals zur Besprechung. Athleyn tadelte, daß die englische Regierung und der Botschafter Elliot es an jedem sofortigen und energischen Einschreiten hätten fehlen lassen, und selbst jetzt noch fehlen ließen, nachdem doch nunmehr die Wahrheit bekannt geworden sei. England habe keine Vorstellungen gemacht, die seines Charakters und seiner Macht würdig wären, Lord Derby hätte der Pforte einen schriftlichen Protest zugehen lassen müssen. For st er bemerkte, die Türkei habe die Insurrektion an= fangs mittelst gewaltthätiger und grausamer Maßregeln zu unter⸗ drücken gesucht, es sei aber unmöglich, daß die türkischen Pro⸗ vinzen einer folchen Regierungsweise preisgegeben werden könnten. England müsse auf seine traditionelle Politik verzichten und der Türkei eröffnen, daß es dieselbe nicht mehr gegen ihre Feinde vertheidigen könne. Falls Oesterreich und Rußland zu einer Intervention sich veranlaßt gesehen hätten, würde die öffent⸗ liche Meinung Englands keinen Widerspruch erhoben haben. Der Unter⸗Staatssekretär Bourke erwiderte, die Regierung hege das wärmste Gefühl für die christliche Bevölkerung und thue, was sie könne, um ihr Loos zu verbessern. Die durch die Grausam⸗ keiten hervorgerufene Indignation sei vollständig berech⸗ tigt. Die Regierung werde die kommenden Ereignisse über⸗ wachen, um eine Erneuerung der Grausamlkeiten zu verhindern, sie habe einen Offizier von großer Auszeichnung, den General Arnold Kembell, beauftragt, die türkische Armee zu begleiten. Indeß könne die Regierung doch nicht geschehen lassen, daß die Aufmerksamkeit von den ernsten Fragen sich abwende, welche mit der seitherigen Orientpolitik Englands, die das Land doch auch ferner aufrecht erhalten wolle, verbunden seien. Der Premier⸗Minister Disraeli trat den Angriffen Harcourts gegenüber für das Verhalten des Botschafters Elliot ein und hob hervor, daß England mit anderen Mächten bezüglich der Erhaltung der Integrität der Türkei Verpflichtungen über⸗ nommen habe. ;
— Der österreichische Botschafter Graf Beust ist nach Brighton abgereist.
— 12. August. (W. T. B.) Das Gerücht, Disrael i würde unter dem Titel eines Grafen von Beaconsfield zum Pair erhoben werden, findet Bestätigung. Der „Daily Telegraph“ meldet, durch die Ernennung Disraeli's zum Mit— glied des Oberhauses werde in der Zusammensetzung des Kabi⸗ nets keine Aenderung herbeigeführt. — Der Lord⸗Siegel⸗ bewahrer Earl of Malmesbury hat aus Anlaß seiner anhaltenden Kränklichkeit um seine Entlassung gebeten.
Frankreich. Paris, 9. August. Das „Journal officiel“ veröffentlicht die nachstehende Mittheilung:
Eine der Regierung zugegangene telegraphische Depesche meldet die definitive Regelung der Angelegenheit von Salonichi.
Auf die Kunde von den beklagenswerthen Begebenheiten, in venen die Konfurn von Deutschlund und Frunkreich den Tod gefunden haben, hatte Se. Majestät der Sultan Adul⸗Aziz so⸗ gleich den Botschaften der beiden Mächte in Konstantinopel sein tiefstes Bedauern aussprechen lassen und von freien Stücken eine schleunige und gerechte Genugthuung zugesagt.
Die Botschafter ihrerseits hatten unverzüglich mit dem größten Nachdruck darauf bestanden, die exemplarische Züchtigung der Schuldigen und Entschädigungen für die Familien der beiden Agenten zu erwirken.
Alsbald wurde in Salonichi eine Untersuchung eröffnet, an welcher ein französischer und ein deutscher Vertreter im Verein mit zwei türkischen Kommissären Theil nahmen, und auf Grund der Arbeiten dieser Kommission, sowie der Schritte der gemeinsam vorgehenden Botschafter der beiden Länder wurden die Genug⸗ thuungen, welche wir verlangten, der Reihe nach bewilligt.
Ueber die Urheber des Verbrechens wurde die Todesstrafe verhängt und sechs von ihnen wurden hingerichtet. Die Haupt⸗ mitschuldigen wurden zu lebenslänglicher oder zeitlicher Zwangs⸗ arbeit verurtheilt. Die Beamten, welche man überführte, nicht die nöthigen Vorkehrungen zum Schutze der Konsuln gegen die Wuth des Pöbels ergriffen zu haben, wurden ebenfalls bestraft: der Polizeichef zu fünfzehnjähriger Zwangsarbeit, der Kapitän der in dem Hafen vor uünker liegenden Korvette zu zehnjähriger Festungshaft, der Befehlshaber der Garnison zu dreisähriger Festungshaft. Die Degradirung dieser Offiziere wird in Salo⸗ nichi in Gegenwart der Vertreter Deutschlands und Frankreichs stattfinden.
Was den Gouverneur der Provinz betrifft, so ist derselbe
zu einem Jahr Gefängniß verurtheilt worden, und die Pforte hat das Versprechen abgegeben, ihm nie wieder ein Staatsamt anzuvertrauen. Schließlich wurden auch die von den beiden Regierungen für die Familien ihrer Agenten festgestellten Entschädigungen be⸗ willigt, und dem französischen Botschafter in Konstantinopel sind so eben Wechsel auf Marseille in Höhe von 600, 000 Fr,, welche für die Wittwe und die Kinder des Herrn Moulin verlangt wor⸗ den waren, übergeben worden.
— 10. August. (Köln. Itg) Dem Präsidenten der Republik und seiner Gemahlin stieß gestern ein Unfall zu, der leicht ernstliche Folgen hätte haben können. Auf der Rückkehr von Paris nach Versailles zu Wagen scheuten in Ville d'Avray die Pferde und gingen durch. Der Kutscher sprang vom Bock, die Pferde stürzten sich in eine Straße, die mit einem Abgrund endet. Ein gewisser Laturre, dem zwei andere Per⸗ sonen zu Hülfe kamen, warf sich aber den Pferden entgegen und es gelang ihm, Herr derselben zu werden. Der Marschall und scine Gemahlin stiegen aus und setzten dann in einer ihnen zur Disposition gestellten Equipage die Fahrt fort. Der Wagen des 1 war stark beschädigt, der Kutscher wurde leicht ver⸗
et.
. — Wie aus einem Gesetzentwurf hervorgeht, welchen die Regierung der Deputirtenkammer übergeben . 2 sich die Ausgaben, welche Frankreich für die Beobachtung des Venusdurchganges machte, auf 425,000 Fr.
. — (Köln. Ztg. Der Senat setzte in seiner heutigen Sitzung die Verhandlungen über das Gemeindegesetz fort. Jules Simon begann mit der Erklärung, auch er fordere
wie Bocher gestern gethan, eine starke Regierung; denn wo nicht Ordnung . werde, sei keine Freiheit möglich. Wenn, fuhr Simon fort, dag neue Gemeindegesetz die Freiheit gefährdete, so würden wir die Ersten sein, die Regierung zu ersuchen, daß sie die
diese sei unangreifbar im Herzen und im Geiste der Nation; sie sei
Ernennung der Maires in . behalte. Die Regierung ist aber nicht so interesstrt, wie Bocher behauptet. Bocher erwarte, die un kedingte Unabhängigkeit werde zu einer wirklichen Anarchie führen; aber es wird ja für die Gemeinden diese unbedingte Frei⸗ heit gar nicht beansprucht, sondern es handelt sich blos darum, die RMaires von den Gemesnderäthen wählen zu lafsen. Wenn das Geseß, vie Gambetta verlangte, die Wahl der Maires in allen Gemeinden uhne Ausnahme vorschriehe, so ließ sich Bochers Auffassung zur Noth noch begreifen; aber das Gesetz bewilligt blos den kleinen Gemeinden diefe Wahl. Nach den neueften statistischen Erhebungen haben von den 35,982 Gemeinden Frankreichs 15,553 nur 500 Einwohner und 0 804 nicht mehr wie 1000 Einwohner. Das neue Gesetz kann deinnach den öffentlichen Frieden nicht gefährden. Ein. Aufstand ist nicht zu befürchten; es sind das Uebertreihungen, chimärische Besorg— zisse. Uebrigens behält die Regierung die Vormund schaft über die Ge meinden und die Absetzung der Maires in Händen; auf dieses Recht wird die Regierung niemals Verzicht leisten. Redner fühit nach dieser Auseinan⸗ dersetzung den Beweis, daß auch die übrigen Besorgnisse, welche BVocher und Grivart vorbrachten, aus der Luft gegriffen seien; unbe gründet zumal findet er die Behauptung, daß die Gemeinderaͤthe zu Maires Feinde der Regierung und sogar Feinde aller Regierungen wählen würden, so wie, daß die gewählten Maires sich weigern wür— den, das Gesetz über die Rekrutenaushebung auszuführen und bei zufammenrottungen die Polizei zu handhaben und fährt dann fort: Run wohl, die Regierung wird das Recht haben, die Maires zu suspendiren und abzusetzen; und noch mehr, es liegt hier eine für die Gemeinderäthe und nicht minder für das Land selbst beleidigende Behauptung vor. Redner kann nicht umhin, auf den sonderbaren Viderspruch in Den Behauptungen der Gegner des Ge— sitzes hinzuweisen. Diese mit sich selbst im Widerspruche stehenden Gegner des Gesetzes behaupten, die Generalräthe seien sehr verständig, wenn es gelte, Senatoren zu wählen, aber ste fügen hinzu, sie taugten nicht zur Wahl der Maires. Aber, die Ge einderäthe sind geeigneter zu Verwaltungsangelegenheiten, könnte ich sagen; ich sage es aber nicht, sondern ich sage, daß man nicht von vornherein bie Gemeinderäthe und die von ihnen gewählten Maires der. Ver scwörung zeihen darf. Redner ehrt, wie Bocher, die franzöͤsische Verwaltung; aber das in Rede stehende Gesetz werde dieselbe keines. wegs zu Grunde richten. Derselbe führt nun weiter aus, daß das Gesetz der französischen Einheit keinen Schaden bringen werde; denn
unangreifbar, wie die Liebe zum Vaterlande. Denn, fügte er hinzu, wir lieben Frankreich mehr denn je, und zwar wegen seiner Schmerzen! Wir lieben es, wie ein Kind, das man, dem Grabe entreißen will. Der Redner ging dann auf die durch Grivart erregten Besorgnisse ein und bemerkte: Man hat das Bedürfniß, die Hand eines Führers zu fühlen; wie andere Leute, wollen auch die Republikaner diese Führerhand fühlen, der Unterschied ist blos der, daß, wenn der Führer gewählt werde, es daz republikanische Gesetz ist, was wir heutzutage verlangen. Wir wollen Einrichtungen, die unsern Bedurfnissen entsprechen; heutzutgze reicht ein beschränkte Freiheit nicht mehr aus; es gilt, das Land frei zu machen durch die Uebung in der Freiheit selbst. In der, Ge, meinde ist die Schule des öffentlichen, des republikanischen Lebens gegeben. Redner zeigt nochmals, daß die französische Einheit nicht buich dieses Gemeindegesetz gefährdet sei, und fügt hinzu: das Gesetz wurde von der Regierung vorgelegt und von der Kammer angenommen; will der Senat jetzt ein Vetorecht aus. üben? Es werde behauptet, der Senat sei nur eine Einregistri⸗ ing kammer. Wahrlich, nein! wir wollen einen geachteten Senat, von dem das Land sage, wenn der Sengt etwas verwirft: 's müssen wirklich erheblich- Schwierigkeiten vorliegen, daß der Se⸗ nat sich mit Regierung und Kammer in Opposition setzt! Bas Anse⸗ hen des Senats wird um so größer sein, wenn er mit Erfahrung und , handelt; wenn er anders handelt, wird sein Ansehen ge— mindert.
Der Marquis v. Franclien wünscht die Rückehr zum Gesetze von 1871 und zieht die Wahl der Maires durch die Gemeinde⸗ räthe der Ernennung derselben durch die Regierung vor. Hierauf wird über as Amendement Grivart abgestimnit und dasselbe mit 167 gegen 121 Stimmen verworfen; nachdem auch das Amendement Franclieu verworfen, wird Artikel 2 des Gesetzes angenommen.
Buffet richtet an die Regierung die Frage, ob sie es für überflüssig halte, in das Gesetz das Recht der Absetzung der Maires aufzunehmen; ob sie glaube, daß ste dieses Recht besitze. Die Regierung habe dieses Recht nicht, wenn es nicht in einem Gesetze verzeichnet sei. Dann will Buffet wissen, falls dieses Recht ihr zugestanden, wie die Regierung dann die abge— setzten Maires ersetzen wolle? Der Minister des Innern ent— gegnete, wenn Buffet das Gesetz als unvollständig bezeichne, so sage er dem Kabinet nichts Neues; es handle sich aber einfach darum, ob das Gesetz ausreichend sei, und dies eben glaube die Regięrung. Laut dem Gesetze von 1871 stehe der Regierung das Recht, Bürgermeister abzusetzen, zu. Dieses Gesetz sei zwar nur ein provisorisches. aber es sei noch nicht aufgehoben.
— II. August. Die Berathung über das Gemeinde- gesetz wurde heute im Senate fortgesetzt. ; —
Lareinty entwickelt seinen Antrag auf Unvereinbarkeit des Bürgermeistersamtes mit der Stellung eines Schankwirthes und Unternehmers öffentlicher Spiele. Der Ausschuß findet den Antrag zwar in moralischer Hinsicht empfehlenswerth und nützlich, ist aber doch der Ansicht, daß derselbe in einem Gesetze, welches wesentlich probiforischer Natur sein soll, nicht angebracht sein würde. Das
Amendement wird verworfen. Es folgt die Berathung über Artikel 3, welcher bestimmt, daß die Munizipalräthe drei Monate nach Verkündung des Gesetzes erneuert werden sollen. Die Kom—⸗
misston will den Artikel gestrichen wissen. Tolain sucht die Noth= wendigkeit der Eineuerung nachzuweisen, weil man die Muniz,ipal⸗ räthe in Einklang mit den großen Staatskörpern bringen müsse; der Artikel sei gar nicht gefährlich; wenn die republikanische Partei eine Regierung des Kampfes sein wollte, so würde sie der Regierung die Ernennung der Maires überlassen. Ihr Begehren nach Versöhnung beweise, daß sie es vorziehe, sich an die wahren Grundsätze zu halten Das Land sei ein wenig unruhig über die sonderbare Haltung der konservativen Partei. Wirklich habe in der Deputirtenkammer die konservative Partei Vertreter, welche sich den Anschein geben, ultra—⸗
liberal, radikal, ja sozialistisch zu sein. Die Partei hahe im Senat eine andere. Richtschnur für ihze Haltung, sie ist ultrakonservativ. Diese Abweichungen beunruhigen das
Volk, welches fürchtet, die Sicherheit des Landes werde ge ftört werden. Um diesen Argwohn zu zerstreuen, müsse der Senat den Artikel annehmen und beweisen, daß er eine Maßjgrität hat, welche an der Wiederaufrichtung des Landes arbeiten will. — Darie u, Berichterstatter, läßt den patriotischen Bedenken des Vor⸗ redners Gerechtigkeit widerfahren, erklärt jedoch, der Art, 3 beunru⸗˖ . das Land, nicht aber die Haltung der konservativen Partei. Es ei keine richtige Politik, jetzt Wahlen vorzunehmen. Warum wolle man denn so ungerecht sein gegen Munizipalräthe, welche nichts ver= schuldet hätten. Warum das Land durch Wahlen aufregen, das Ruhe nöthig habe? Berenger spricht für Art. 3 und wünscht, daß mit der neuen Art der Ernennung der Maires eine Probe gemacht werde; dazu sei die Erneuerung der Munizipalräthe nothwendig und eine Besei⸗ tigung der von 1874. Was Voriedner von Neuwahlen eier habe, gelte für alle Wahlen; man müßte also, um in voller Ruhe zu leben, auf alle Wahlen verzichten. Indessen seien irgendwie beachtenswerthe nruhen bei den Wahlen nicht zu fürchten; unter keiner Regierung
abe man eine größere Ruhe wahrnehmen können. Wenn die Frage,
oh Republik oder Monarchie, aufgeworfen würde, so könnte man allerdings Umtriebe und Unruhen befürchten; bei der jetzigen Sach- lage aber fei kein Grund dafür vorhanden. Die Erfahrungen, welche man mit dem nenen Gesetze machen werde, seien mit Sorgfalt zu derfolgen, und was daz endgültige organische Gesetz angehe, so werde man aus den gewonnenen Erfahrungen seine Entscheidung für dasselbe nehmen müffen. ö. Bei der Abstimmung wurde darauf Art. 3 mit einer Ma⸗
Versailles, 11. August. (W. T. B.) Der Senat hat heute den von der Kammer beschlossenen Artikel 3 des Munizipalgesetz es, betreffend die Vornahme neuer Munizipal⸗ rathswahlen mit 159 gegen 131 Stimmen abgelehnt; im weiteren Verlaufe seiner Sitzung das Gesetz durchberathen und dasselbe bezüglich der noch übrigen Bestimmungen und in der Schlußabstimmung genehmigt.
Von der Deputirtenkammer wurde das Munizipal⸗ gesetz hierauf in der Fassung, in welcher dasselbe aus der Be⸗— rathung des Senats hervorgegangen ist, also unter Streichung des die Vornahme neuer Munizipalwahlen betreffenden Art. 3 angenommen.
Italien. Rom, 9. August. Der Ausschuß des hie⸗ sigen konstitutionellen Centralvereins hat gestern und vorgestern unter dem Vorsitz des Parteichefs Sella Berathungen gehalten. Nach Berichten der gemäßigt liberalen Blätter wurde bei dieser Gelegenheit die Bereitwilligkeit konstatirt, womit sich die konstitutionellen Vereine der anderen Städte unter den rö⸗ mischen Centralausschuß stellen, und der Beschluß gefaßt, die Haltung der konstitutionellen Partei nach der Thätigkeit der Re⸗ gierung einzurichten, die ihr Programm bisher nur in ganz allgemeinen Zügen angedeutet habe. Einstweilen empfiehlt der Ausschuß Mäßigung und Zurückhaltung, und abzuwarten, bis man volle Gewißheit über die innere wie auswärtige Politik der Regierung erlangt habe.
— Die Wiener ‚N. fr. Pr.“ hat sich am 4. d. M. von Berlin telegraphiren lassen: Der Pap st hat an die katbolischen Bischöfe in der europäischen Türkei ein Breve gerichtet, worin dieselben angehalten werden, ihre Untergebenen im Gehorsam zu erhalten, welchen sie der Regierung und den von ihr eingesetzten Behörden schuldig sind. Dieses Breve hat die Pforte in hohem Grade erfreut. Man glaubte, daß es zum Abschluß eines Kon⸗ kordats und zur Wiederanknüpfung diplomatischer Beziehungen zwischen der Pforte und dem Batikan führen wird.
Dieses Telegramm ift, den „Italien. Nachr.“ zufolge da— hin zu berichtigen, daß die Bischöfe nicht auf ein päpstliches Breve hin, sondern aus eigenem Antriebe ihre Unter⸗ gebenen zum Gehorsam gegen die Obrigkeit angehalten und daß die Kongregationen ihr Verfahren gebilligt haben. In einer Kardinalskongregation sei sogar dahin entschieden worden, daß der Papst, so lange kein offizieller Verkehr zwischen dem päpst— lichen Stuhle und der Hohen Pforte wieder angeknüpft ist, per⸗ sönlich gar keine Schritte in der orientalischen Frage thun dürfe. Es ist beschlossen worden, daß einstweilen offiziöse Agenten zur Anbahnung offizieller Unterhandlungen zwischen Rom und Kon⸗ stantinopel ernannt werden sollen.
Griechenland. Athen, 12. August. (W. T. B.) Die Regierung hat nunmehr die Organisation einer Natio— nalgarde beschlossen und den Oberst Koronaios mit den dazu erforderlichen Vorbereitungen beauftragt. — Mit dem morgenden Tage sollen die ausländischen Silbermünzen, mit Aus— nahme der in den Staaten der lateinischen Münzkonvention ge⸗ prägten, aufhören gesetzliches Zahlungsmittel zu sein.
Turkei. Konstantinopel, 12. August. (W. T. B.) Der Gesundheitszustand des Sultans hat sich ge— bessert. — Der Sultan bewilligte vollständige Amnestie für die Bul garen; ausgenommen sind von derselben die Führer und die thätig am Aufstande Betheiligten. Die Befehle zur Einstellung der Untersuchungen und zur Freilassung der Verhafteten sind bereits erlassen. — Mustapha Pascha ist zum Gouverneur von Skutari (Albanien) ernannt. — Das Journal „Courrier de l'Drient“ ist unterdrückt wor⸗ den. Ein Erlaß der Regierung verbietet provisorisch die Herausgabe neuer Journale.
— Dagegen meldet ein Telegramm des W. T. B.“ aus St. Petersburg, 12. August: Aus Bukarest wird hierher ge⸗ meldet, daß in Rustschuk zahlreiche Hinrichtungen an Bul⸗ garen vollstreckt werden. Die Bevölkerung der Bulgarei und Serbiens flüchtet in Folge des grausamen Auftretens der Türken von allen Seiten auf rumänisches Gebiet.
— Das „J. des Débats“ bemerkt über die in Bul⸗ garien verübten Grausamkeiten: „Es ist schwer, die Wahrheit Über die Grausamkeiten zu erfahren, welche in Bulgarien, sei es von den Christen, sei es von den Türken, verübt worden find. Nächstens werden wir den Bericht Edib Effendis, des außer⸗ ordentlichen Kommissärs, über die von der Pforte angeordnete Untersuchung veröffentlichen. Dieser Bericht schwächt die Ge⸗ waltthätigkeiken, denen sich die Türken überlassen hahen, sicher⸗ lich ab; aber andrerseits übertreibt man sie außerordentlich. Die Berichte der englischen Blätter, so der „Dail) News überbie⸗ ten an Schauder alles, was die orientalischeste Einbildungskraft fassen kann. Die Korrespondenten dieser Blätter haben dem Augen⸗ maß nach die Leichen gezählt, welche unheerdigt verwesen, die Schädel und Gerippe, welche ganze Hügel bedecken, die Gebeine und zer⸗ rissenen Fetzen, welche den Eingang der Kirchen versperren und um welche sich die Hunde raufen. Wenn solche Grausamkeiten begangen worden wären, und wenn Städte von 9000 Einwoh— nern heute nur noch deren 1200 zählen würden, so hätte noth⸗ wendig die Nachricht von solchen Ereignissen zu den europäischen Regierungen gelangen müssen, die aber keine Kunde dovon er⸗ hallen haben. Es sind genug große Graufamkeiten begangen worden, als daß man sie noch übermäßig zu vergrößern brauchte. Die Türken werfen übrigens die erste Schuld auf die Christen, und mit Recht. Warum haben sich die Bulgaren empört? War⸗ um griffen sie die Türken mit bewaffneter Hand und mit einer Rachegluth an, welche im Orient nicht das Privilegium der Mufelmanen ist? Sie haben die furchtbaren Verlegenheiten, in denen sich die Pforte befand, sich zu Nutze machen wollen, und diese Verlegenheiten waren der Art, daß sich die Pforte, die in der That felbst terrorisirt war, mit wilder Energie vertheidigt hat. Sie hat undisziplinirte Banden von Baschibozuks auf Bul⸗ garien losgelassen, weil sie keine anderen Kräfte bei der Hand hatte und ihre reguläre Armee auf dem Schlachtfelde stand. Bei der Beurtheilung dieser Ereignisse muß man die Umstãnde in Rechnung nehmen, in denen sich die Pforte befand, sowie die
gewaltthätigen Sitien aller dieser unkultivirten Racen, welche alle gleich viel werth sind. Wir glauben an die von den Türken begangenen Grausamkeiten, aber
wir glauben auch an die Grausamkeiten der Bulgaren; was wir nicht glauben, sind die romanhaften Berichte, welche man uns von den einen wie von den anderen giebt. Es gab nur ein Mittel, diese Thaten zu verhindern, welche die Menschlichkeit beklagt: es bestand darin, den Krieg, sobald er begonnen hatte, auszulöschen und aufzuhalten, und es giebt nur ein Mittel, die Wiederholung derselben zu verhindern, und dieses ist, zu sorgen, daß der Krieg bald zu Ende geht. Der Krieg ist allenthalben eine Geißel, aber in gewissen Ländern ist seine Wuth größer,
jorität von 28 Stimmen verworfen.
und es ist unmöglich, seine Gegenstöße abzumessen“.
— Das in Konstantinopel erscheinende Blatt Ittihad“ (die Einigkeit) verlangt die Errichtung einer Nationalgarde in Konstantinopel, deren Offiziere von der Behörde ernannt und die allwöchentlich am Freitag exerziert werden soll. Die Konstan⸗ tinopeler Nationalgarde würde eine bewaffnete Macht von 60 bis 70,000 Mann repräsentiren.
— Das „Djeridel-Hapadiß“ bemerkt zu der Befesti⸗ gung von Kars: „Kars ist eine der wichtigsten Festungen der
Türkei. Es schließt dem Feinde die Thore der Grenze von Erzerum. Während des Krimkrieges hat es eine regelrechte Be⸗
lagerung ausgehalten und sich nur aus Mangel an Lebens⸗ mitteln ergeben, welche die Festungswerke in die Luft sprengten. Nach dem Kriege wurde die Festung unter der Leitung Selim Paschas wieder aufgebaut. Später wurde der Gouverneur von Erzerum, Mustafa Pascha, mit der Fortführung der Festungs⸗ bauten in Erzerum und Kars beauftragt, so daß letztgenannter Platz heute uneinnehmbar ist. Neuestens sind Befehle ergangen, neue Werke in Erzerum, Kars und anderen festen Punkten Anatoliens zu errichten, welche mit 900 Geschützen verschiedenen Kalibers armirt werden solen. Der Finanz-Minister hat den hierzu nothwendigen Kredit bereits eröffnet und der Großmeister der Artillerie erhielt die Weisung, schleunigst einen Theil der jüngst in Konstantinopel eingetroffenen Kruppschen Kanonen da— hin zu befördern.“
— Vom Kriegsschauplatze Tele⸗ gramme vor:
Wien, 11. August. (W. T. B.) Von der „Politischen Korrespondenz“ wird aus Belgrad telegraphisch gemeldet, daß man sich im serbischen Kriegs⸗-Ministerium der Ueberzeugung zu⸗ neige, daß die türkische Armee konzentrisch gegen Bel— grad vorrücken werde. Letzteres werde deshalb in einem Umfange von 14 Meilen mit Befestigungen versehen, alle in dem Arsenal von Kragujewatz liegenden großen Geschütze würden nach Belgrad geschafft, der Minister des Innern habe wegen schleunigster Lieferung großer Proviantvorräthe füͤr Belgrad Verträge abgeschlossen. Wie es scheine, wolle man Belgrad so lange wie möglich vertheidigen. Fürst Rilan befinde sich in Deligrad. Zwischen Banja und Alezxinatz werde eine große Schlacht erwartet.
London, 11. August. (W. T. B.) Dem ‚„Reuterschen Bureau“ wird über die zwischen den Türken unter Der⸗ wisch Pascha und den Serben unter Tscholak An⸗ titsch in den letzten Tagen stattgehabten Gefechte aus Bel⸗ grad von heute gemeldet, nach einer der Regierung zugegan genen amtlichen Depesche habe Derwisch Pascha seinen Angriff gegen die serbische Javor-Armee am 8. d. M. mit 16 Bataillonen begonnen, seit 3 Tagen fänden unausgesetzt Gefechte statt, ohne daß es bis jetzt zu einem entscheidenden Resultate gekommen sei. Die serbische Artillerie habe sich besonders ausgezeichnet. Die Gefechte seien sehr hartnäckig gewesen, ein serbisches Detachement unter Kapitän Hisch habe sich am 8. von 3 Uhr Morgens bis 11 Uhr Abends und am 9. von 8 Uhr Morgens bis 4 Uhr Nachmittags geschlagen. Der Verlust der Türken betrage 2000 Mann, serbischerseits habe man 250 Verwundete, die Zahl der Todten sei nicht bekannt.
Belgrad, 12. August. (W. T. B.) Regierungsseitig wird die Zeitungsnachricht, wonach sich Tscholak Anties nach schweren Verlusten über die serbische Grenze zurückgezogen habe, als unbegründet bezeichnet. Tscholak behau pte vielmehr seine Positionen. Alimpies hatte in den letzten Tagen keinerlei Gefechte.
Ragusa, 12. August. (W. T. B.) Aus Cettinje wird gemeldet, daß auf die Nachricht, daß Djelad din Pascha zur Verstärkung der Truppen Moukhtar Pascha's heran⸗ ziehe, Fürst Nikita Djeladdin entgegen marschire, um dessen Vereinigung mit Moukhtar zu verhindern.
— Aus Mostar vom 4. d. M. erhält die „N. Fr. Pr.“ Nachrichten über die Situation Moukhtar Paschas in Tre— bin je. Achmed Moukhtar reorganisirt seine Streitkräfte in Tre⸗ binje und verhindert durch seine Anwesenheit eine etwaige Vor⸗ rückung Nikita's gegen Mostar, wo unter Kommando Mu⸗ stapha Djeladdin Paschas eine Division zum Ent— satze Moukhtars zusammengesetzt wird. Djeladdin Pascha hatte bis zum 4. August bereits sechs Bataillone in Mostar kon⸗ zentrirt, zehn weitere Bataillone wurden aus Jotscha erwartet.
— Die „E. C.“ meldet: Miß Pearson und Miß M Laughlin, begleitet von Mr. Hugh Jackson, sind am Dienstag Abend mit einem ersten Vorrath von Heilmitteln nach Belgrad abge⸗ gangen, um dort den Kern der britischen Ambulange, die vom Verein für die Christen in der Türkei eingerichtet wird, zu bilden.
— Die „N. fr. Pr.“ skizzirt die momentanen Stel lungen der Kämpfenden folgendermaßen: Auf der Straße nach Banja ist Achmed Ejub Pascha mit zwei Divisionen, das sind 28 Bataillone und 68 Geschütze, im Vorrücken begriffen und stehen him unter Horvatovie angeblich vier oder fünf serbische Divi⸗ sionen gegenüber. Von Saitschar aus hat sich Osman Pascha mit 35 Bataillonen und 66 Geschützen, Ljeschanin folgend, der einige 20, 009 Mann stark sein soll, in Bewegung gesezzt. Zwischen den beiben Corps befindet sich gewissermaßen als Bindeglied die Division Suleiman Paschas mit 17 Bataillonen und 26 Geschützen, welche bei Mali-⸗Izvor über den Timok gegangen ist und die Bestimmung haben dürfte, entweder nach rechts oder links Unterstützung zu bringen, und auf der inneren Linie marschirend, die Verbindung Ljeschanins mit Horvatovic zu ver⸗ hindern. Jeder der türksschen Divisionen ist außerdem eln Kavallerie⸗Regiment zugewiesen, wovon dasjenige, welches der in verhältnißmäßig offenem Terrain operirenden Kolonne Osman Paschas attachirt ist, sehr gute Dienste leisten dürfte.
Zum Schutze der rechten Flanke dieser operirenden Armee wurde Negotin und angeblich auch Kladowa an der Donau von türkischen Truppenabtheilungen besetzt.
Von Süden, und zwar von Uerküb (Prokoplje) aus, ist die türkische Division Ali Saib Pascha mit 18 Ba⸗ taillonen, 6000 Arnauten und 24 Geschützen im Vorrücken auf Krusevatz begriffen, welches letztere sie, Belgrader Nach⸗ richten zufolge, bereits ernstlich bedrohen soll. In demselben Augenblicke, als diese Kolonne fich der Stadt Krusevatz be⸗ mächtigt haben wird, dürfte auch die noch bei Nisch stehende Divifion Mehemed Pascha, welche Ende Juli 13 Bataillone, 30 Geschütze und ein Kavallerie⸗Regiment stark war, heute jedoch bedeutend stärker sein dürfte, gegen Ale zinatz vor⸗ rücken, rechts Achmed Ejub und links Mehemed Paschg die Hand reichen und so den Ring schließen, welcher die serbische Armee von Osten und Süden umgiebt. .
Die Niederlage, welche der Oberst Czolak Antie durch die Truppen Derwisch Pafchas am 7. d. bei Sienica und Javor erlitten hat, wird von Belgrad aus bestätigt. Derwisch
liegen folgende
Pascha soll in der Linie Novi-⸗Bazär, Sienica und Novi⸗Varos über eine Truppenmacht von 30 Bataillonen verfügen und leidet