1876 / 193 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Aug 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 17. August. Se. Majestät der Kaiser und æzönig empfingen vorgestern auf Schloß Babels⸗ berg noch den aus St. Petersburg zurückgekehrten Kaiserlich rus⸗ sischen Militãr⸗Benollmächtigten, General von Reutern,

Gestern nahmen Allerhöchstdieselben militärische Meldungen und demnächst den Vortrag des General⸗Majors von Albedyll entgegen. Vor dem Diner empfingen Se. Majestät den Staats⸗ Sekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister von Bülow, und den Chef der Admiralität, General der Infanterie von

Stosch.

Bei den Kaiserlichen Majestäten findet heute zur Vorfeier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers von Oester⸗ reich, Königs von Ungarn, ein Diner auf Schloß Babelsberg statt, zu welchem die hier anwesenden Mitglieder der Kaiserlich⸗ Königlich öfterreichischungarischen Botschaft geladen find.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz ist in Begleitung des Majors und persönlichen Adjutanten von Liebenau heute früh 67 Uhr aus der Schweiz nach dem Neuen Palais bei Potsdam zurückgekehrt.

Das Reichs-Eisenbahnamt hat die Bundesregie⸗ rungen auf die Thatsache aufmerksam gemacht, daß mehrere Bahnverwaltungen durch sehr erhebliche Eisparnisse in den Aus⸗ gaben für das Jahr 1875 einen kaum erwarteten Ertrag er⸗ zielt, bezw. sich auch bei zum Theil nur geringer Steigerung der Einnahmen in die Lage gebracht haben, eine wesentlich höhere Dividende als in den Vorjahren zur Vertheilung zu bringen. Es ist dabei darauf hingewiesen, daß soweit diese Erscheinung nicht auf erhöhte Oekonomie und billigere Preise zurũck⸗ zuführen sei, eine Verminderung der Ausgaben in Bezug auf die Unterhaltung der Bahnanlagen die Besorgniß wachrufe, es könne die Einschränkung zum Theil vielleicht auf Rosten der Ausdehnung und Regelmäßigkeit der Bahnunterhal⸗ tung, sowie der Instandhaltung der Betriebsmittel stattgefunden und deshalb für die Sicherheit des Betriebes, sowie für die In⸗ teressen des allgemeinen Verkehrs und der Landesvertheidigung Nachtheile zur Folge haben. Jedenfalls fordere die Erscheinung zu einer erhöhten Wachsamkeit und verschärften Kontrole auf und würde insbesondere überall da, wo sich aus den Rechnungs⸗ abschlüssen eine ungewöhnliche Verminderung bei den bezüglichen Ausgabetiteln ergeben soͤllte, den Gründen sorgfältig nachzufor⸗ schen und gegebenen Falles einzuschreiten sein.

Im Anschlusse an das Gesetz vom 29. Juni d. J., wonach vom 1. April 1877 ab das Gtatsjahr für den Staatshaushalt mit dem 1. April jedes Jahres beginnt und mit dem 31. März jedes Jahres schließt, ist durch das Gesetz vom 12. Juli d. J. befstimmt worden, daß vom 1. April 1877 ab die Feststellung, Veranlagung und Erhebung der direkten Staatssteuern mit den in dem Gesetze vorgesehenen Ausnahmen nicht wie bisher für das Kalenderjahr, sondern gleichfalls für das Etatsjahr zu erfolgen hat. Nach dem letzterwähnten Gesetze bleibt ferner für das Vierteljahr vom 1. Januar bis zum 31. März 1877, für welches durch das Gesetz vom 29. Juni d. J. ein besonderer Staatshaushalts -⸗Etat festgestellt worden ist, die für das Kalenderjahr 1876 bewirkte Ver⸗ anlagung der direkten · Staatssteuern unverändert fortbestehen.

Der Finanz⸗Minister hat zur Ausführung der obigen ge⸗ setzlichen Bestimmungen verordnet, daß die Veranlagung der Klassensteuer, der klassifizirten Einkommen⸗ steuer und der Gewerbesteuer vom stehenden Ge⸗ werbebetriebe für das Kalenderjahr 1877 unterbleibt. Sie erfolgt ferner überhaupt nicht mehr für das Kalenderjahr, sondern für das Etatsjahr, also zunächst für den Zeitraum vom 1. April 1877 bis zum 31. März 1878. Die für die Veranlagung und deren Vorbereitung bisher bestimmten Termine werden durchweg um 3 Monate hinausgeschoben.

Die Feststellung der Steuer vom Gewerbebetriebe im Umher⸗ ziehen erleidet für jetzt keine Aenderung. Die Gewerbescheine sind also nach wie vor für das Kalenderjahr auszufertigen, so daß die Zahlung der Steuer zur Ausübung des Gewerbes für das Kalenderjahr berechtigt.

In Betreff der Verrechnung dieser Steuer, welche nach dem Gesetze vom 29. Juni d. J. vom 1. April 1877 ab für das Etatsjahr zu erfolgen hat, bleibt die weitere Bestimmung vorbehalten.

Auch die Eisenbahnabgabe ist wie bisher für das Kalenderjahr festzustellen. Eine Aenderung in dieser Beziehung tritt jedoch ein, sobald das Betriebsjahr des betreffenden Eisenbahnunter⸗ nehmens dem Etatsjahre angeschlossen wird. In solchen Fällen ist wegen der anderweiter Festsetzung der Abgabe für das Etatsjahr und des zu regelnden Ueberganges Bericht zu erstat⸗ ten. Die Verrechnung der Eisenbahnabgabe erfolgt für das Etatsjahr, innerhalb dessen sie vereinnahmt wird.

Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 1877 bleibt die für das Kalenderjahr 1876 bewirkte Veranlagung der bezeichneten Steuern nebst den im Wege des Zuschlages zu den⸗ selben einzuziehenden Staatsabgaben mit allen Zu⸗ und Ab⸗ gängen, welche dagegen im Laufe des Kalenderjahres 1876 ein⸗ getreten sind, unverändert fortbestehen. In Bezug auf die zu entrichtenden Steuerbeträge ist mithin das bezeichnete Uebergangs⸗ quartal ganz als ein Theil des Veranlagungsjahres 1876 an⸗ zusehen. Hieraus folgt, daß von der Einleitung eines Re⸗ klamations⸗ und Rekursverfahrens in dem Uebergangsquar⸗ tale nur hinsichtlich derjenigen Steuerbeträge die Rede sein kann, welche während desselben nach gesetzlicher Vorschrift im Wege der Zugangsstellung neu zur Veranlagung gelangen. Die zur Entrichtung solcher Steuerbeträge verpflichteten Personen stnd dazu in gewöhnlicher Weise aufzufordern. Dagegen findet im Uebrigen die Ausfertigung besonderer Benachrichtigungen der Steuerpflichtigen bezw. von Steuerzetteln sopie die Offenlegung der Klassensteuerrollen für das bezeichnete Quartal nicht statt. Dafür, daß die Steuerpflichtigen über ihre Verpflichtung zur Fortentrichtung der Steuern für die drei ersten Monate des Kalenderjahres 1877 nicht im Unklaren bleiben, ist durch geeig⸗ nete öffentliche Bekanntmachung zu sorgen.

Da das erste Quartal des Jahres 1877 eine selbständige Etats⸗ und Rechnungsperiode bildet, so ist über das Steuer⸗ aufkommen desselben besonders abzurechnen, wobei nach den für die Rechnungsführung und Rechnungslegung geltenden Grund⸗ sätzen zu verfahren ist. Die bei dem Finalabschlusse für das Falenderjahr 1876 verbliebenen Einnahmereste sind in dem ersten Quartale 1877, die bei dem Finalabschlusse für das letz⸗ tere verbliebenen Reste in dem Etatsjahre 1877/78 ordnungs⸗ mäßig einzuziehen und zu verrechnen.

Zoll⸗Ausschlüsse.

Der hiesige hanseatische Minister⸗Resident Dr. Krüger hat einen vierzehntägigen Urlaub angetreten.

Der Kaiserlich russische Gouverneur von Kowno, Wirk⸗ liche Staatsrath von Basilews kn, ist heute früh aus Carls⸗ bad hier angekommen.

Der Kaiserlich russische Wirkliche Staatsrath von Pföhl, welcher gestern morgen aus Dresden hier eingetroffen war, ist gestern Abend nach St. Petersburg weitergereist.

S. M. S. „Renown“ und S. M. Kbt. ‚Tiger“ sind am 16. August er. in Wilhelmshaven außer Dienst gestellt.

Essen, 16. August. Se. Majestät der Kaiser von Brasilien fuhr heute Vormittag von hier ab, um sich über Hamburg nach Kopenhagen zu begeben.

Bayern. München, 15. August. (Allg. Stg.) Se. Majestät der König von Württemberg ist heute früh 8 Uhr von Friedrichshafen incognito zum Besuche der hiesigen Kunst⸗ Gewerbeausstellung in Begleitung des General⸗Adjutanten, Ge⸗ neral Lieutenants Frhrn. v. Spitzemberg, hier eingetroffen. Am Bahnhof murde Se. Majestät von dem Königlich württem⸗ bergischen Gesandten Frhrn. v. Soden, in dessen Wohnung der König auch abgestiegen ist, empfangen. Se. Majestät begab sich alsbald in die Ausstellung, zunächst nach der württembergischen Abtheilung. Se. Majestät der König hat unter seiner persönlichen Leitung Bebenhausen bei Tübingen restauriren und einrichten lafsen und wird sich von hier aus dorthin begeben. Heute Morgen ist, von Dresden kommend, Ihre Königliche Hoheit die Herzogin von Genua hier eingetioffen.

Das heute ausgegebene Gesetzh und Verordnungsblatt Nr. 36 publizirt die Gefetze, betreffend den Kredit für außer⸗ ordentliche Bedürfnisse des Heeres, die pfälzischen Eisenbahnen, die Erbauung der Vieinalbahnen, sowie die Abänderung einiger Bestimmungen des Notariatsgesetzes.

Das „Bayerische Vaterland“ wendet fich, in Folge des Königlichen Anerkennungsschreibens an die Mi⸗ nister, an seine Parteigenossen in folgender bezeichnenden Form: „Die erneuete Allerhöchste Anerkennung und Zufriedenheits⸗ äußerung, welche Se. Majestät der König den Ministern aus= gesprochen hat und durch die ihre Stellung mehr als je befestigt erscheint, ist die beste Bestätigung der Richtigkeit unserer Auffassung bezüglich der patriotischen Majorität Die patriotischen Spekulat onen auf eine wunderbare Wendung“, welchen man das eigene Programm, die fernere Möglichkeit und selbst die Zukunft der Partei geopfert, erweisen sich aufs Neue wieder als falsch und verfehll. Die soeben wieder den Ministern ausgesprochene Allerhöchsfle Anerkennung ist einfach ein erneutes Mißtrauens⸗ votum an die Adresse der Kammermajorität, ein Königliches Desaveu der „allergetreuesten Opposition“, eine von der höchsten Stelle ausgefprochene Billigung der Maßnahmen, welche die Minister getroffen Die Minister also werden bleiben, das ist keine Frage mehr; daraus ergiebt fich für die „Patrioten“, daß sie gehen müssen. Kammeraufloͤsung provozirt durch Nieder⸗ legung der „pairiotisthen⸗ Mandate und Neuwahlen einen weiteren Ausweg glebt ses heute nicht mehr für diese „Majori⸗

Baden. Karlsruhe, 15. August. Das Ministerium des Innern hat, dem „Frkf. Journ.“ zufolge, zur Vervollständigung des Schulwesens die Bestimmung getroffen, daß in sämmtlichen Orten mit über 3000 Einwohnern die vorhandenen sog. Mittel⸗ schulen mit Vorklassen für Schüler vom sechsten Jahre an versehen werden sollen. Zur Organisirung dieser und zur prak⸗ tischen Durchführung der auf dem letzten Landtage gesetzlich ge⸗ troffenen Schulbestimmungen hat das Ministerium auf den II. September d. J. eine Konferenz der Kreisschulräthe des Landes und des Ober-⸗Schulraths hierher angeordnet. Die diesjährige zehnte Generalversammlung des Deut⸗ schen Protestantenvereins, welche in den Tagen vom 29. bis 31. August in Heidelberg stattfindet, wird sich mit drei Gegenständen von vorwiegend praktischer Bedeutnng beschäftigen. Der eine derselben betrifft den Stoff und die Behandlungsweise des Religionsunterrichts, der zweite die Sonntags⸗ Frage. Referenten für das erste Thema sind der Ober⸗Schul⸗ rath und Gymnasial⸗-Direktor Dr. Wendt und der Professor am Karlsruher Lehrer-⸗Seminar Höchstetter. Die Berathung über das zweite Thema leiten die Herren Dr. A. Lammers, Redacteur der „Bremer Handelszeitung“, und der Berliner Prediger Lic. Hoßbach ein. Außerdem wird der badische Abgeordnete Ober⸗ Staatsanwalt Kiefer das Thema „Gemeinderecht und Kirchensteuer“ zur Diskussion stellen.

Braunschweig. Braunschweig, 15. August. Durch ein Reskript Sr. Hoheit des Herzogs ist angeordnet worden, daß zur Feier des am 2. September 1870 errungenen Sieges, wie in den Vorjahren, auch der Vormittag des 2. September dieses Jahres durch Abhaltung eines Dankgottesdienstes in allen Kirchen und Gotteshäusern des Landes mit Absingen des Tedeum als Festtag begangen und als solcher Morgens, sowie am Vor⸗ abende mit allen Glocken eingeläutet werden soll. Sämmtliche Schulen des Landes bleiben auch am Nachmittage des 2. Sep⸗ tember geschlossen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 16. August. Der Kaiser hat den General⸗Konsul Fürsten Wrede telegraphisch beauftragt, den Fürsten Milan zur Geburt eines Prinzen zu beglück—⸗ wünschen. Fürst Wrede nahm darum gestern Audienz beim Fürsten.

Der Graf Andrassy ist. nach einer Meldung des „W. T. B.“ heute in Bayreuth angekommen, wird der heutigen und morgenden Vorstellung beiwohnen und beabsichtigt, sich so⸗ dann zum Besuch der Ausstellung nach München zu begeben.

17. August. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht in ihrem amtlichen Theile ein Kaiserliches Handschreiben vom 14. August, durch welches der Sektions⸗Chef Baron Hofmann zum Reichs-FZinanz⸗-⸗Minister ernannt wird.

Pe st, 15. August. Wie der „Pest. Lloyd“ erfährt, schweben zwischen der österreichischen und ungarischen Regierung gegen⸗ wärtig Verhandlungen wegen vollständiger Aufhebung der Der Zeitpunkt der Beseitigung derselben soll mit dem Beginne der Wirksamkeit des neuen Zoll⸗ und Handelsbündnisses zusammenfallen.

Bezüglich der verhafteten Führer der Omladina Mi⸗ leties und Kasapinovies berichtet der „P. Lloyd“, daß auf Antrag der Ober - Staatsanwaltschaft und auf Grund der von dieser vorgelegten Daten der Untersuchungsrichter gegen Beide die Strafuntersuchung wegen Hochverrathes und zwar auf Grund des in Kraft befindlichen Gesetzartikels VII. vom Jahre 1715, eingeleitet hat, welcher Konspirationen gegen das

Land, den König und die Anftiftung des Bürgerkrieges ahndet.

Gegen diesen Beschluß appellirten Mileties und osapinovics an den Pester Gerichtshof, welcher jedoch den Beschluß des Untersuch ungsrichters besiätigte. Miletic und Kasapino⸗ vies haben nun an die Königliche Tafel appellirt. Einer der letzten Verhafteten, der Panesovaer Ober⸗Notär Toscha Bekits, ist nach kurzer Anh altung wieder freigelassen worden.

Dasselbe Blatt mel det: In diplomatischen Kreisen habe sich die Auffassung festgeftellt, daß eine Vermittlung auch auf Ansuchen nur einer der kriegführenden Parteien statthaft sei, jedoch müsse dieselbe einheitlich und gemein sam siattfinden, wobei aber unter Wahrung des Hauptzweckes die besonderen guten Dienste Einzelner nicht ausgeschlossen seien.

Agram, 15. August. Der kroatische Landes kommandirende, Feldzeugmeister Mollinarn, ist geftern Abends zur Inspizirung der in Slavonien und Syrmien befindlichen Truppen abgereist.

Großbritannien und Irland. London, 15. Augun Das Oberhaus genehmigte in seiner gestrigen Sitzung di Amendements des Unterhauses zur Handelsschiffahrts⸗ vorlage. Eine Reihe anderer Vorlagen, darunter die Suez kanal-Aktien⸗Bill, passirte die dritte Lesung. Lord Stratheden und Campbell er kundigte sich, welche Bewandtniß es mit einem in der „Morning Po“ veröffentlichten Briefe des Aus⸗ wärtigen Amtes an die Handelskammer von Manchester habe, worin es heiße, daß das Auswärtige Amt Willens sei, einen Handelsvertrag mit Rumänien zu negoziren. Der Earl von Derby erwiderte, der erwähnte Brief sei authentisch. Als voriges JZahr eine Erörterung über die Frage stattfand, habe er erklart, daß er gegen die Ratifikation des Vertrages nichts einzu wenden hätte, aber da der Pforte das Recht des Einwandes zustände, sollte der Vertrag nicht ohne Zustimmung der Pforte geschlossen werden. Die Regierung höre jetzt, daß die Pforte keinen offiziellen Einwand erheben würde. weshalb das einzige Hinderniß gegen das Zustandekommen des Vertrages verschwunden sei.

Im Unterhause wurden die Amendements des Ober⸗ hauses zu der Unterrichts vorlage, sowie die Bill zur Ver⸗ hütung der Verunreinigung von Flüssen genehmigt.

Heute fand, wie bereits gemeldet, der Schluß des Parlamentes statt. Die Botschaft der Königin lautet uach der „Engl. Corr.“ folgendermaßen:

„Mylords und Gentlemen! Es freut Mich, Sie Ihrer Anwes'n⸗ heit im Parlamente entheben zu können. Meine Beziehungen zu sämmtlichsn auswärtigen Mächten sind freundlicher Art, und Ich sehe der Aufrechthaltung des jetzt bestehenden guten Einvernehmens mit Vertrauen entgegen. Meine gemeinsam mit anderen Mächten aufgewandten Bemühungen behufs Beilegung der zwischen der Pforte und ihren christlichen Unterthanen in Bosni und der Herzegowina unglücklicherweise bestehenden Zwistigkeiten sind bisher erfolglos ge— blieben, und der in den genannten Provinzen ausgebrochene Konflikt hat sich nach Serbien und Montenegro ausge breitet. Sollte eine günstige Gelegenheit sich darbieten. so werde Ich bereit sein, gemeinsam mit Meinen Verbündeten Meine guten Dienste behufs Vermittelung zwischen den streitenden Parteien anzubieten und dahei eingedenk sein sowohl der Pflichten, die Mir durch Vertragaverbindlichkeiten obliegen als derjenigen, die aus Rück= sichten der Menschlichkeit und Politik entspringen. Ueber die geeignete Auslegung des Vertragsartikels vom 9. August 1842, der sich auf die e iin Auslieferung, von gewisser Verbrechen ,

eziehßt, entftand eine Meinungsverschiedenkeit zwischen Meiner Regie

rung und der der Vereinigten Staaten. Die Unannehmlichkeiten, welche durch ein Aufhören der Auslieferungspraxis für beide Staaten entstehen würden, sind groß und offenkundig, und Ich halte die Hoffnung aufrecht, daß ein neues Abkommen, durch welchts dieser Gegenstand auf eine befriedigende Grundlage gebracht werden dürfte, bald erzielt werden wird. Ich bin von tiefem Danke erfüllt dafür, daß Mein theurer Sohn, der Prinz von Wales, in guter Gesundheit von seiner langen Reise aus Indien heimgekehrt ist. Seine Anwesenheit in jenem Theile Meiner Reiche gab Ver anlassung zu Gefühlsaue drücken von Leyalität und Ergebenheit für Meinen Thron, die ich hochschätze. In Gemäßheit der Mir über⸗ tragenen Macht habe Ich auf dem Wege der Proklamation den Titel ‚Kaiserin von Indien? angenommen. Indem Ich betreffs Indiens diesen Zusatz dem alten Titel Meiner Krone beifügte, wünschte Ich bei einer Mich besonders berührenden Gelegenheit der tiefen Sorgfalt Ausdruck zu geben, die Ich für das Glück Meines indischen Volkes fühle. Ich hoffe vertrauensvoll, daß Frieden und Ordnung auf der malayischen Halbinsel hergestellt sind und daß die Herrscher der eingeborenen Staaten die Empfehlungen und den Beistand Meiner Beamten für die bessere Regierung ihrer Gebietstheile freudig anneh— men werden.

Der Besuch des Präsidenten des Oranje ⸗Freistaates in England bewirkte eine befriedigende Beilegung des langen Streites, welcher le züglich der Provinz Griqua-Land schwebte, und dadurch ist ein für die Interessen Südafrikas wesentlicher Fortschritt für das friedliche und herzliche Zusammenwirken benachbarter Staaten erzielt worden. Die Konferenz über südafrikanische Angelegenheiten, bezüglich welcher Ihnen Aktenstücke bereits vorgelegt wurden, tagt gegenwärtig in Lon— den und wird zur Lösuug verschiedener wichtiger Fragen unzweifelhaft viel beitragen

Gentlemen vom Hause der Gemeinen!

Ich danke Ihnen für die zum Jwecke des Staatedienstes frei gebig bewilligten Geldmittel. Die Mehrausgabe, welche erforderlich war, um Mein Heer und Meine Flotte auf entsprechend wirksamen Fuß zu ftellen, sowie der Stoß, welcher der Hebung der Staatsein— nahmen durch die verhältnißmäßige Stockung der Geschäfte versetzt ward, haben Mich genöthigt, Ihnen eine Vermehrung der Bestene rung vorzuschlagen. Ich wünsche die Bereitwilligkeit anzuerkennen, mit welcher Sie dieser Aufforderung entsprachen und Ihnen gleich zeitig die Versicherung zu ertheilen, daß es nicht an Bemühungen fehlen wird, um die Staatsausgaben innerhalb mäßiger Grenzen zu halten. Ich bemerke mit Befriedigung die steigende Berücichti= gung, welche Sie der Frage lokaler Finanzen angedeihen lassen und Ihre größere Wachsamkeit über die Kosten von Dienstzweigen, die mit jedem Jahre wichtiger werden und deren Berückichtigung von derjenigen der allgemeinen Staatsausgaben nicht getrennt werden sollte.

Moylords und Gentlemen!

Das Gesetz, welches behufs Verbesserung der bisherigen Kauf⸗ fahrtei⸗Schiff ahrtsgesellschaft von Ihnen zu Stande gebracht ward, wird, Ich hoffe es zuversichtlich, die Sicherheit unserer Schiffe und Seeleute fördern, ohne unnöthige Beschränkungen der Führung eines Fienstes aufzuerlegen, durch dessen Wohlfahrt unsere nationalen In- tereffen in so vielfacher Weise berührt werden. Die Maßregel be hufg weiserer Vorsorge für den Elementar Unterricht des Landes ist von hoher Bedeutunz und wird das Werk, an dem aufeinanderfolgende Parlamente seit vielen Jahren sich eg t haben, vervollständigen, indem Sie den entsprechenden Schulbesfuch von Kindern sichern wird, zu deren Wohl Mittel und Einrichtungen des Unterrichtes in so ausgedehntem Maße geschaffen worden sind. Ich gab bereitwillig Meine Zustimmung zu einer Vorlage behufs Er leichterung der Regulirung und Verbesserung von Gemeindegrund=

stücken und behufs Verbefferungen in den Einfriedigungegesetzen, die,

wie Ich hoffe, die Erhaltung freier Räume in der Nachbarschaft großer Stäbe und die Verbesserung der Gesundheit und des Wohl⸗ behageng, Meines Volkes fördern werden. - Die ernsten aus der Ver- unreinigung der Flüsse entstehenden Uebelstände sind lange Gegenstand allgemeiner Klagen gewesen und es freut Mich, daß Sie eine naß= regel zu Wege brachten, welche durch Hintanhaltung dieser Uebelstände den Gesnndheitszuftand des Landes heben wird. Ich habe mit großer Befriedigung die Anordnungen beobachtet, welche Sie zur

Aufrechterhaltung und Hebung der Wirksamleit des obersten Appel= lationsgerichtes für das vereinigte Königreich getroffen haben, kraft welcher gleich eitig der richterliche Ausschuß Meines Geheimrathes und Mein Intermediat Appellationsgerichtshof verbessert und gekräftigt J,,

8 edauere, daß der Drang anderweitiger Geschäfte die Vollendung Ihrer Arbeiten be n mehrerer e s Maß⸗ regeln verhinderte. Unter diesen erwähne Ich besonders die Vorlagen bejüglich der Universi'äten Oxford und Cambridge, der Gefängniß— verwaltung und des Schiffskontrakte berührenden Gesetzes. Ich hoffe aber mit Zuversicht, daß die Aufmerksamkeit, welche Sie diesen Fragen in der verfloffenen Session geschenkt haben, deren Lösung in der nächsten erleichtern wird.

Indem Ich Ihnen Lebewohl sage, bete Ich zu Gott, daß der Segen der Borsehung auf Ihren neuen Arbeiten ruhen und Sie bei der Erfüllung aller Ihrer Pflichten kegleiten möge.

(A. A. C.) Die Vertheidigungswerke Londons an der Themse gehen ihrer Vollendung entgegen und werden augenblicklich zur Armirung derselben schwere Geschütze von Woolwich dorthin gebracht. In Tilbury Fort und New Tavern Fort und in der weiter unten am Flusse belegenen Shorn⸗ meade Batterie, sowie in Coal House Priet am linken ide, , Themse sind bereits viele 25 Tonnengeschütze aufgestellt worden.

Der Ober⸗Befehlshaber der Mittelmeer-Flotte, Vigze⸗ Admiral Sir James Drummond, hat ein Untersuchungs— gericht zusammentreten lassen, welches die Ursachen des Zu⸗ sammenstoßes der Schiffe „Monarch“ und „Raleigh“ zu erforschen hat.

17. August. (W. T. B.) Die hiesige Gesellschaft zur Unterstützung im Felde Verwundeter hat beschlossen, die Summe von 20,000 fd. St. zur Hülfsleistung für die im serbisch⸗ türkischen Kriege Verwundeten zur Verfügung zu stellen.

Frankreich. Paris, 15. August. Das ‚Journal officiel“ veröffentlicht einen Erlaß des Handel s-Ministers Teisserene de Bort, durch welchen eine Kommission zur Prüfung der auf die Einrichtung eines agro— nomischen Instituts bezüglichen Fragen eingesetzt wird. Dieselbe besteht aus dem General Morin, Direktor des Kon⸗ servatoriums für Kunstgewerbe, als Präsidenten, dem Senator Leonce de Lavergne, den Abgeordneten Paul Bert und Victor Lefrane, den Professoren Berquerel, Boussinnault, Duchartre, Aimé Girard, Hervs Mangon, Moll und Peligot, dem Land⸗ wirth Daill, den General⸗Inspektoren Boitel, Bouley und Tisserand, dem Unterdirektor des Konservato iums für Kunst— gewerbe, Hrn. Tregca, und dem Bureauchef Leblond.

(Köln. Ztg.) Durch einen Cirkularerlaß des Mi— nisteriums ist jede öffentliche Feier des 4 September verboten worden.

Die Session der Generalräthe wird am 21. August eröffnet werden und mit der Wahl der Präsidenten beginnen.

Der Senator Wolowski, bekannt als N tionalökonom, ist heute Nacht um 12 Uhr in Gisors gestorben. Der kon⸗ stituirenden Versammlung und der Legislative von 1848, sowie der National versammlung von 1871 76 gehörte derselbe als Ahgeordneter von Paris an. Durch seinen Tod ist abermals die Stelle eines unabsetzbaren Senators erledigt.

17. August. (W. T. B.) Das „Journal offieiel“ verbffentlicht das Dekret des Präsidenten, wonach General Berthaul an Stelle de Cissen s zum Kriegs-Minister ernannt worden ist, sowie ein weiteres Dekret, wonach 68 wegen Theilnahme an dem Kommune⸗Aufstand Verurtheilte voll⸗ ständig oder theilweise (durch Abkürzung der Strafzeit) be⸗ gnadigt werden.

Italien. Rom, 14. August. (Ital. Nachr.). Gestern ist die marokkanische Gesandtschaft in Turin eingetroffen und wird am 25. von Sr. Majestät dem König empfangen werden. An ihrer Spitze steht der General-Schatzmeister Hadgi Mohamed el Tebdy. Er ist 70 Jahre alt und war im Jahre 1860 während des Krieges mit Spanien Chef des marokkanischen Generalstabs. Ihn begleiteten die beiden Ge⸗ sandtschafts-Sekretäre Driß Ben Mohamed Zahidi und Benazar Ben Hamed Ganam, fünf Offiziere und fünf Diener. Es ist die erste marokkanische Gesand schaft, welche der Kaiser nach Italien schickt. Bekanntlich hat sie bereits Frankreich, B lgien und England besucht, und gedenkt nach dem Empfange durch Se. Majestät auch die anderen Städte Italiens zu besuchen. Der Chef des auswärtigen Amtes hat ihr den Cavalier Bosio zur Verfügung gestellt. Dieser wird sie überall hin begleiten und mit Rath und That unterstützen.

Der Minister-Präsident ist gestern Abend nach Pavia abgefahren, wo ihm die Mitglieder des Provinzialraths ein Bankett veranstalten, weil er von Neuem zum Präsidenten des Provinzialraihs erwählt worden ist. Auf der Rückreise wird Herr Depretis einige Tage in Florenz verweilen, um sich

mit Vorständen der noch dort befindlichen Finanz⸗Kollegien zu

berathen.

Der Minister des Innern hat, nach der „Italie“, die Präfekten von Neuem angewiesen, die Mitglieder der Interx— nationale scharf überwachen und Jeden, der keine Sub⸗ sistenzmittel nachweisen kann, verhaften zu lassen.

Piemontesische Blätter berichten von einer 13 Mann starken Räuberbande, die sich im Walde von Fogliano in der Provinz Rom gebildet haben soll. Die „Ital. Nachr.“ erklären jedoch, daß man hier zu Lande trotz der eifrigsten Nachforschun⸗ gen keine Spur von dieser Bande habe entdecken können.

Türkei. Konstantinopel, 17. August. (B. T. B) Die Regierung hat ihren Vertretern im Auslande mitgetheilt, daß anläßlich der vielfachen Behauptungen über erneute Aus— schreitungen der Kaiserlichen Truppen in Bulgarien eine ge⸗ naue Untersuchung durch die hierzu mit umfassender Voll⸗ macht abgeordneten Spezialkommissarien Blaeque Bey und Jowantcho Effendi stattfinden wird. . l

Ueber die durch die Serben auf türkischem Gebiete angerichteten Verwüst ungen ist durch die Distrikts= behörden von Novi⸗Warosch, Sienitza uns Prepol amtlich sestgestellt worden, daß seit dem Beginn der Feindselig⸗ leiten die Serben in diesen TDistrikien überhaupt 681 Wohnhäuser angezündet haben. Davon sind 161 tũrkische Wohnhäufer, 520 christliche. Außerdem sind eine große Anzahl von Speichern verbrannt worden. In Mitrowiza sind 80 Häuser, as Gouvernementshaus, eine Moschee, eine tünkische Schule und

3 Läden niedergebrannt. In anderen Distrikten wird die Fest⸗ stellung fortgesetzt.

Die in Gemäßheit des Hatti⸗Cherifs niedergesetzte Kom- mission zur Ausarbeitung des allgemeinen Reform⸗ programmes zählt zu ihren Mitgliedern neben mehreren Mi— nistern und Würdenträgern auch verschicdene christliche Ngta⸗ bilitãten. Dieselbe hat ihre Sitzungen bereits begonnen.

verfolgen.

Andererseits wird der „Allg. Ztg.ů aus Pera unter dem.

10. Auguß gemeldet: Die Softas haben an Midhat Vascha folgendes Schreiben gerichtet:

„Hoheit! In der Verfammlung, in welcher eine Konstitutisst und eine Nationalvertretung vorgeschlagen wurde, glaubte Zia Bey diesen Vorschlag zu unterstützen, indem er einen Koranvers zitirte, welcher lautet: ‚Thut kein Böses und suchet immer das Gute.“ Un serer Ueberzeugung nach wäre es richtiger, dafür folzer den Vers zu setzen: „Seid Bruder in derselben Race.“ Wir wollen noch einen andern Vers citiren, welcher lautet: Wer nur einen Theil des Korans ansieht und nicht den andern Theil ansieht, verdient in diesem Leben elend zu sein und in jenem Leben bestraft zu werden.“ Wir sehen keinen Grund, weshalb wir eine Konstitution und eine Nationalversammlung bedürfen, und eine solche Enrichtung köanen wir auf keinen Fall zugeben. Wir vaben die Christen unterworfen und das Land mit dem Schwert erobert, und wir wollen mit ihnen die Verwaltung des Reiches nicht theilen, noch sie an der Leitung der Regierungsgeschäfte theilnebmen lassen. Man hat die Gleichheit der Chiisten mit den Muselmännern dekretirt; das ist em Dekret des Sultans, werüber viele Bemerkungen zu machen wären, die wir jedoch nicht machen. Was aber die Theilnahme der Christen an der Regierung betrifft, so ist das eine Un öglichkeit; wir müssen es laut erklären. Andere Länder, z. B. Rußland, Eng— land und Frankreich, lassen ihre mohamedanischen Unterthanen, Tataren, Hindus Araber, an der Regierung nicht theilnehmen; was andere nicht ihun und auch nicht zu thun verpflichtet sind, das dürfen wir auch nicht thun, und kein Mensch, keine Regierung in der ganzen Welt kann uns zwingen es zu thun. Wenn unsere An— gelegenheiten schlecht stehen, so wird Gott, der uns bisher geleitet hat, unt aus unseren Verlegenbeiten herausziehen, wie er uns schon sonst durch seine Güte und Allmacht be ausgezogen bat; und wenn die Sperrung des Hafens von Klek uns hinderr, unseren Truppen in der Herzegowina und in Bognien Hülfe zu schicken, so werden wir schon einen anderen Weg finden, um sie ihnen zu schigen. Wir sind in diesem Augenblick wie ein von den Winden und Wellen umhergeworfenes Schiff; es muß nach einem wahren Hafen segeln, und in keinem anderen Hafen, als in seinem Bestimmungshafen Zu⸗— flucht suchen.“

Wir theilten kürzlich den Erlaß des Großveziers Mehe⸗ med Rudschi Pascha mit, durch welchen das Reformprojekt Midhat Pascha's stark modifizirt und dessen Ausführung bis nach Beendigung des Krieges vertagt wird. „Midhat Pascha“, so schreibt nun die ‚Corresp. Orient.“, „die Seele dieser Partei hat keinen Einfluß mehr. Wohl bezeugt ihm der Großvezier noch immer eine gewisse Achtung und thut nichts, ohne ihn zu konsultiren; allein das ist eine bloße Formalität, und wie auch die Ansicht des Präsidenten des Staatsraths sei, Mehmed Ruschdi Pascha folgt nur seiner eigenen Inspiration. Midhat Pascha ist daher auch vollftändig entmuthigt, und hätte längst seine Demission gegeben, wenn er es nicht als eine Ehrensache betrachtete, unter so schwierigen Zeitverhältnissen auf dem Posten zu verbleiben. Selbst seine persönliche Sicherheit ist nicht ungefährdet, denn seit er die vollständige Gleichheit zwischen Christen und Musel— männern forderte, behandeln und benennen ihn die Alttürken nur als „Giaur“.

Der „Turquie“ entnehmen wir folgende Nachrichten:

Unter dem 3. August brachte das genannte Blatt folgende Mittheilung:

Es ist irrthümlich das Gerücht verbreitet worden, die Kaiserliche Regierung babe das Anerbieten der klain⸗asiatischen Chri en, als Freiwillige an dem jetzigen Kriege tbeilnehmen zu wollen, abgelehnt.

Die Regierung hat in der verwichenen Woche ein Rundschreiben an die General⸗Statthalter aller Provinzen des Kaiserreichs gerichtet, in welchem sie die Obrigkeiten aaweifst, bis auf Weiteres den Eintritt von Freiwilligen in die Armee zu sistiren, da die gegenwärtig vorhan2 denen Streitkräfte durchaus hinreichend seien, den Aufstand in den Vasallenstaaten zu bekämpfen. Diese Maßregel war allgemein, und betraf MRuselmänner wie Christen.

Man hat also mit Unrecht der Kaiserlichen Regierung eine Maßregel zugeschrieben, die bei dieser Gelegenheit niemals gegen Christen allein genommen worden. Unsere Leser werden sich im Ge— gentheil der von uns mitgetheilten Depesche erinnern, die der Groß— vezier als Antwort an Khurschid Pascha, Gouverneur von Smyrna, gerichtet, als dieser telegraphisch angefragt, ob er die sich zum Frei— willigendienst imeldenden Christen zulassen solle Se Hoheit sat be— jahend gran iworten, und hinzugefüzt, daß Muselmänner wie Christen als Kinder ein und desselben Vaterlandes anzusehen seien, gegen wel ches sie da ber auch dieselpen Pflichten zu erfüllen hätten.

5. August. Der „Djeridei⸗Havadiß“ macht in einem Artikel über die jetzige Kriegslust und den Eifer der Osmanen folgende Bemerkungen: „Das Kriegs ⸗Ministerium ernannte früher während der Kriegszeit „Meemurs“, betraut damit, die Zaghaften und Nachlässigen zu überwachen und sie zum Vorrücken gegen den Feind zu zwingen. Gegenwärtig findet gerade das Gegentheil statt. Die den in Konfstantinopel zurückgebliebenen Bataillonen angehörenden Soldaten sind so kampfbegierig, daß sie heimlich ihre Kasernen verlassen und sich auf gerade auslaufenden Fahrzeugen einschiffen und die Meemurs haben alle Mühe, diese wackeren „Deserteure“ eigener Art zu überwachen. Ungefähr funfzig solcher Soldaten ist es bereits geglückt, trotz aller Wachsamkeit mit Marschbataillo⸗ nen nach Salonichi abzugehen, die sich auf den Kriegsschauplatz begaben.“

Der „Djeridei⸗Havadiß“ macht noch die Bemerkung, daß während des Krimkrieges, der doch unstreitig viel bedeutender gewesen, als der gegenwärtige, weder in der Armee, noch unter dem Volke Eifer und Begeisterung so groß gewesen als jetzt, und folgert daraus, daß der Patriotismus in der Türkei seit jener Zeit einen außerordentlichen Zorischritt gemacht habe.

Der General-Gouverneur von Brussa befindet sich gegen⸗ wärtig in Guemlek, um von dort aus die Verfolgung und Bestrafung der lazischen Fischer zu leiten, die im Marmora— Meere verschiedene Seeräubereien begangen haben.

J. August. Rustem-Pascha, Kriegs Minister des Bey von Tunis, der, mit einer Spezialmission betraut, sich seit einiger Zeit in Konstantinopel befindet, ist von Sr. Majestät dem Sultan am 4. d. Mts. in Privat⸗ audienz empfangen worden. Rustem⸗Pascha ist vom Cere⸗ monienmeister Sirrel Effendi eingeführt worden. Man ver⸗ sichert, daß Wassa⸗Effendi, Kaiserlicher Kom missar für die Herzegowina, nur kurze Zeit in Konstantinopel blei⸗ ben wird. Zur Abgabe mündlicher Erklärungen über den gegen⸗ wärtigen Stand der Dinge in der Herzegowina einberufen, wird er nach dieser Provinz zurückkehren, um seine Misfion weiter zu Die Sübskriptionen zu den Kriegskosten haben im Vilayet (Bezirk) von Adrianopel bis zum 31. Juli die Summe von 634,381 Piastern erreicht; der größte Theil davon ist nach Konstantinopel eingesandt worden.

Vom Kriegsschauplatze liegen gramme vor: . . .

Belgrad, 16. August. (5. T. B.) Die Minister ! risis ist definitio beseitigt. Die Regierungsblätter kündigen die Fortsetzung des Krieges an, bis die Enlscheidung im Moramwathal gefallen fein werde, Eine serbische Brigade besetzte

folgende Tele⸗

Milanswäß, welches verschanzt wird. Banjaluka ist von den Insurgen ten eengeschlossen. . .

Der ‚D. J. C.“ entnehmen wir folgende telegraphische Meldungen: ;

FKonstantin opel, 17. August, 8 Uhr 10 Minuten Morgens. Es sind bedeutende Arresiationen vorgenosnmen worden unter Softas und namentlich unter Offizieren. Mam ist emer weitverzweigten Verschwörung auf die Spur ge⸗ kommen, die von den Anhängern Abdul⸗Hamids geleitet wird.

Belgrad, 17. Auguft, 8 Uhr 20 Minuten Morgens. Suleiman Pascha ist auf seinem Vormarsche gegen Banja in den Engpässen von den Serben überrascht und noch einem heftigen Kampfe zurückgeworfen worden. Die Verluste der Türken sind sehr bedeutend.

Ueber die Lage auf dem serb schauplatze äußert sich die „N. Fr. Pr.“ vom 1 folgendermaßen:

„Seit der Forcirung der Timok-Linie find zehn Tage vergangen, und noch immer stehen beide Parteien in jenen Stellungen, welche sie wenige Stunden nach der Räumung, respektive Okkupirung von Saitschar und Knjazewatz bezogen haben. .

Ein Konstantinopeler Telegramm der Agence Bordeano“ berichtet über einige unbedeutende Scharmützel, welche in den letzten Tagen bei Nisch stattgefunden hätten. Die zehntägige Ruhe, welche die türkischen Generale eintreten ließen, ist der serbischen Armee in jeder Beziehung zu Gute gekommen. Die Milizen konnten reorganisirt werden, und die Führer konn⸗ ten fich orientiren, und nachdem sie zu Athem gekommen waren, auch Maßregeln treffen, um die türkische Offenstve zum Stehen zu bringen. Eine solche Maßregel, welche geeignet wäre, Abdul Kerim Pascha möglicherweise zur Umkehr zu be⸗ wegen, würde ein energischer, mit mindestens 80 000 bis 100,000 Mann ausgeführter Ossenfisstoß gegen Nisch und Ak Palanka sein, als dessen Einleitung vielleicht jene Plänkeleien zu betrach⸗ ten sind, welche vor einigen Tagen vor Nisch statifanden. Aller⸗ dings könnt: eine serbische Offensive gegen Nisch nur dann unternommen werden, wenn Tschernajeff, wozu er als Gene⸗— ralassimus das Recht hat, sämmtliche Truppen, welche irgend dieponibel sind, im Morawathale konzentriren würde.

Es fragt sich nun, was in diesem Falle, d. h. wenn Tschernajeff auf die Umgehung seiner linken Flanke bei Knjazewatz mit einer Umgehung der türkischen linken Flanke bei Nisch antworten würde, die türkische Heeresleitung zu thun hätte. Als bisherige Sieger diktiren die Türken das strategische Gesetz, und dürfte sich daher Abdul Kerim Pascha durch einen eventuellen Vorstoß Tschernajeffks gegen Nisch in seinem bisherigen Operationsplane durchaus nicht irre machen lassen. Selbst wenn es Tschernajeff gelingen sollte, bis unter die Mauern von Nisch vorzudringen, selbst wenn es ihm gelingen sollte, Ak Palanka zu nehmen und Pirot zu bedrohen, darf Abdul Kerim Pascha die Vorrückung Achmed Ejubs und Osman Paschas gegen das Morawathal nicht einstellen. Wenn die Serben sehen, daß die siegreichen Türken ihre Offensive trotz der Bedrohung von Nisch fortsetzen, werden sie von ihrem verun⸗ glückten Vorstoße ablassen und eiligst nach dem serbischen Morawathale zurückkehren. Selbstverständlich wird erst die eventuelle Schlacht über die beiderseitigen Operationen ent⸗ scheiden, doch ist zu berücksichtigen, daß die gegenwärtig auf dem linken Timok⸗-Ufer stehende türkische Armee in dem Falle, als sie im Morawathale geschlagen würde, sich noch immer nach dem Timok und endlich nach Widdin zurückziehen kann, während, wenn die serbische Armee sich verleiten ließe, gegen Nisch vorzudringen, es sich leicht ereignen könnte, daß sie bei ihrer Rückkehr nach dem serbischen Morawathale die Türken dort vorfindet und dann gezwungen wäre, mit verkehrter Front zu schlagen. Die Rückzugslinie der Serben wäre dann abge⸗ schnitten.

Wir wissen selbstverständlich nicht, ob Tschernajeff durch eine Diversion gegen Nisch die Türken zur Räumung Serbiens bewegen will, doch liegen mehrfache Anzeichen vor, daß diese Idee im serbischen Hauptquartier lebhaft ventilirt wurde. Insolange sich jedoch Abdul Kerim Pascha in seinem bisherigen Operations⸗ plane nicht beirren läßt, hat die Sache keine Gefahr für die Türken. sondern nur für die Serben. Während namlich Tschernajeff durch einen Vormarsch auf Nisch nur die Flanke der Türken be⸗ droht, rücken diese, wenn sie ihrem anfänglichen Plane treu bleiben, direkt auf die Rückzugslinie der Serben. Hat die Ope⸗ ration einen ungünstigen Ausgang für die Serben, so sind sie abgeschnitten, während den Türken selbst im ungünstigsten Falle noch immer der Rückzug nach Widdin offen steht. Eine Gefahr für die Türken hätte eine Offensive Tschernajeffs gegen Nisch nur dann, wenn sich Abdul Kerim durch dieselbe zum Rückzuge und zur Umkehr verleiten ließe.“

„Vom montenegrinischen Kriegsschauplatze liegen heute felgende Nachrichten vor. Mou khtar Fascha ist nicht cernirt, sondern hat geslern von Trebinje aus mit mehreren Bataillonen einen Marsch nach dem hart an der österreichischen Grenze gelegenen Fort von Drieno gemacht, ohne auf den Feind zu stoßen. Zu seiner Verstärkung ist übrigens Djeladin. Pascha im Anmarsche begriffen und bereits bei Stolagc einge- troffen. Morgen, längstens übermorgen, wird er sich mit Moukhtar vereinigt haben.“

Fürst Nikita scheint nach der Südgrenze Monte⸗ negros abgezogen zu sein. Ein starkes Armee-⸗Sorps unter Mahmud Pascha ist bereits bei Podgonizza versawmmelt und wird dasselbe bald durch ein Miriditen-Corps verstärkt werden. Prinz Prenk ist namlich aus Konstantinopel nach seiner Heimat zurückgekehrt und hat gegen wesentliche Zugeständnisse, welche ihm von der Pforte gemacht wurden, versprochen, mit seinen Miriditen Heerfolge zu leisten. Dia Of fensive gegen Cettinje wird daher kaum mehr lange ceaf sich warten lassen. (Vergl. das gestr. Telegramm aus Zara.)

Numänien. Bukarest, 17. Aug ust. (W. T. B) Das Schiedsgericht in der Angelegenheit des Eisenbahnbau⸗ Unternehmers Crawley hat dahin erkannt, daß die Gesell⸗ schaft Crawlen nicht berechtigt ist, von der rumänischen Regie⸗ rung Zahlungen zu verlangen, bevor sie nicht die in dem mit der Regierung abgeschloffenen Vertrage bedungenen Arbeiten im Werthe von 10 608,000 Fr. ausgeführt haben wird.

Amerika. Washington, 16. August. (W. T. B.) Der Senat hat vor der Vertagung des Kongresses die Ertheilung einer Konzession zur Herstehung einer amerikanisch⸗ asiatischen Telegraphenlinie genehmigt und einem von dem Repräsentantenhaufe angenommenen Antrage zugestimmt, wonach zur Mitersuchung der Frage über die Silber⸗ münzen und die Mittel zur Wiederaufnahme der

Baarzahlung eine besondere Kemmission niedergesetzt

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werden soll. Der Gouverneur Sendriz in Indiang