1876 / 193 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Aug 1876 18:00:01 GMT) scan diff

hat die strikenden Bahnbeamten und Bahnarbeiter der Obio⸗WMiffissippi⸗-Eisenbahn⸗Gesellschaft, welche den Betrieb diefer Bahn thatsächlich hindern, aufgefordert, aus⸗ einander zu gehen. Zugleich ist die bewaffnete Macht zu Hülfe gerufen worden. .

Die Nr. 63 des Amtsblatts der Deutschen Reich Post und Telegraphenverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Ver üzungen: vom 12 Auzust 186: Auegabe der Abschnitte II. und III der Allgemeinen Dienstanweisung für Poft und Telegraphie; vom 14. Auguft 1876: Ausgabe von Reichsbanknoten zu 100 Æ ; vom 25. Jui 1876: Stempelung der eingeschriebenen Gegenstände im Allgemeinen Postvereinsgebiete.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Der Bericht der Königlichen Landwirthschafts Gesellschaft in Celle an Ten Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten ent⸗ hält folgende Schätzungsergebnisse füt die Ernte⸗Erträge des Jahres 1875 in der Provinz Hannover, die Mittelernte gleich 100 gerechnet. Ju Landdrosteibezirk Hannover: bei Weizen: Rörner s2, Stroh 80 Roggen: Körner f, Siroh 64. Gerste: Kör— ner i, Stech 91. Hafer: Körner 3.6, Stroh 98. Erbsen; Körner 73, Stroh 95. Bobnen 58, Strob 98. Buchweizen; Körner 88, Stroh 88. Kartoffel: 1060. Raps oder Rübsen: Körner 92, Stroh 92. Zucker rüben: 100. Andere Ruben und Kohlgewächse: 98. Flachs: 160. Wöesenhen in allen Schnitten zusammen 93. Klee in allen Schnitten zusammen: 90. Lupinen: 9 Im Landdrosteibezirk Hildes⸗ heim: Weizen: Körner 83, Stroh 82. Roggen; Körner 68, Strob' 63. Gerste: Körner 89, Stroh 90. Hafer: Körner gI, Stroh 90. Eibsen: Körner 1095, Stroh 105. Bohnen: Körner 92. Stroh 89. Buchweizen: Körner 190, Stroh 160. Kar⸗ toffeln: 91. Raps oder Rübsen: Körner 95, Stroh 95. Zucker rüben: 86. Andere Rüben und Kohlzewächse: 87. Flachs: 84. Tabak: 76. Wiesenheu in allen Schnitten zusammen; 79. Klee in allen Schnitten zusammen: 72. Lupigen: 75. Im Land drostei ˖ bezirk Lüneburg: Weizen: Körner 79, Stroh 78. Roggen: Kör- ner 73, Stroh 67. Gerste: Körner 93, Stroh 92. Hafer: Körner J5, Stroh 93. Erbsen; Körner 104, Stroh 102. Bohnen: Körner 92, Stroh 92. Bachweizen: Körner 92, Stroh 88. Kartoffeln: 100. Raps oder Rübsen: Körner 84, Stroh 85. Rüben und Kohlgewächse: S7. Flachs: 94. Hopfen: 61. Wiesenhen in allen Schnitten zusam⸗ men: 965. Klee in' allen Schnitten zusammen: 87. Lupinen: 9g2. In dem Landdrosteibezirk Stader Weizen: Körner g5, Stroh 91. Roggen: Körner J., Stroh 67. Gerste: Kölner 82, Stroh 81. Hafer: Körner 96, Stroh 57. Errsen: Körner 89, Stroh 893. Bobnen; Körner 99, Stroh 96. Buchweizen: Körner 83, Stroh 87. Kartoffeln; 1060. Raps oder Rübsen: Körner 118, Stroh 110. Räben und Kohlgewächse: 95. Flache: 94. Hopfen; 90 Wiesenhen in allen Schnitten zusammen: 38. Klee in allen Schnitten zusammen: 91. Lupinen: 92. Im Land⸗ drosteibezirk Osnabrück: Wäzen: Körner I, Stroh 87. Roggen: Körner 76, Stroh 68. Gerste: Körner 87. Stroh 85. Hafer: Tör= ner Sß, Stroh 84. Erbsen: Körner 88, Stroh 86. Bohnen; Kör⸗ ner 96 Stroh 85. Buchweizen: Körner 97, Stroh 97. Kartoffeln: 100. Raps oder Rübfen: Körner 88, Stroh 88. Rüben und Koh

gewächse: 94. Flachs: 94. Wiesenhen in allen Schnitten zusammen: 39. Klee in allen Schnitten zusammen: 87. Lupinen: 89. Im Landdrosteibezirk Üurich; Weizen: Körner 21. Stroh 87. Roggen: Körner 68. Stroh 623. Gerste: Körner 89, Stroh 85. Hafer: Körner 83, Stroh 74. Erbsen; Körner 96, Stroh 96. Boh nen: Körner 598, Stroh 35. Buchweizen: Körner 100, Stroh 100. Kartoffeln: S6. Raps oder Rüben: Körner 163, Stroh 101. Rüben und Koblgewächse: 79. Flachs: 69. Wie senheu in allen Schnitten zu⸗ sammen: 5. Klee in allen Schnitten zusammen: 109. Lupinen; 105. 399 die ganze Pro vinz Hannover stellt sich der Durchschnitt ei Weizen: Körner 837, Stroh 81 Roggen: Körner 68, Stroh 66. Gerste: Körner 89, Stroh 87. Hafer: Körner 89, Stroh 88. Erb— sen: Körner 96, Stroh 95. Bohnen: Körner 95, Stroh 93. Buch⸗ weizen: Körner 94, Stroh 93. Kartoffeln: 96. Raps oder Rübsen: Körner 97, Strob 95. Irckerrüben: 93. Andere Rühen und Kohl⸗ gewächse: 82. Flachs: 858. Hopfen: J6. Taba: 76. Wiesenhen in allen Schnisten zusammen: 88. Klee in allen Schniiten zu⸗ sammen: 89. Lupinen 9J.

Aus Mecklenburg, 12. August. (Ostsee Ztg) Die Ernte nimmt bei dem schönen Weiter einen sehr raschen Fortgang. Leider stellt sich abet immer mehr heraus, daß sie noch schlechter ausfãällt, als man schon länger befürchtete. Der Weizen ist in ausge⸗ dehnten Diffrikten, namentlich südlich und westlich von Rostock und dann zwischen Teterow, Penzlin und Neubrandenburg in den letzten Tagen vielfach mit Rost befallen, und zwar theil weise so stark. daß er nur als Viehfutter wird verwendet wer⸗ den können. Das Sommerkorn, besonders der Hafer, ist in Folge der letztwöchigen großen Dürre vielfach nothreif geworden. Von allen Feldfrüchten werden nur Erbsen, Bohnen und wie es bis jetzt den Anschein hat, auck Tartoffeln einen genügenden Ertrag bringen. Sie haben sich bisher im Kraute recht grün gehalten, wenngleich auf ein- zeinen Feldern die Kartoffelkrankheit sich hier und da durch schwarze Flecke bemerkbar macht. Ven einer Krankheit der Knollen hört man jedoch nur vereinzelt. Der Ertrag verspricht ein lohnender zu werden. Die Knollen sind gegen das Vorjahr bedeutend größer, mehlreicher, wohlschmeckender und schlagen beim Kochen besser auseinander. Nur hohe fandige Felder dürften einen so hohen Ertrag nicht zu liefern im Stande sein.

neber die nordamerikanische Tabaksernte wird aus stashville, 26. Juli, berichtet: Die Ernteaussichten sind schlecht und werden die Cumberland, Clarksville⸗ und Hopkinsp lledistrikte kaun 50M einer Surchschnitteernte liefern. Die ersten Pflanzen sind durch Käfer und Würmer total vernichtet, die wenigen, sehr viel spãter gepflanzten Setzlinge haben duich die Dürre heillos gelitten und leiden noch. Hier sind fast alle guten Tabake vom Markte zurück- gezogen und ist nur hin und wieder einmal ein gutes Faß zu höheren Preifen zu bekommen. Aus St. Louis, 28. Juli: Von guten Tabaken kommt fast nichts vor und das Wenige wird jetzt pon unseren Fabrikanten, die bis dahin in der Erwartung billigerer Preise und besserer Qualität mit Einkäufen gewartet haber zu vollen Preisen genommen, da ste jede Heffaung auf ein Fallen der Preise aufgegeben zu haben scheinen. Peesse von Lugs, die im März 4 C. waren, stnd fetzt auf 69 e. gestiezen und Preise von Leaf in jüngster Zeit wieder um 15 2 e. höher gegangen. In Missouri sind die Ernteaussichten in lerter Zeit auch viel trüber geworden und man rechnet jetzt nur noch im gänstigften Falle auf eine 3 Ernte. Aus Louigp lle, 25. Juli: Preise aller Sorten Tabake bleiben im Steigen und sind piese Woche Lugs J und Lerf Pe. höher zu notiren. Die Berichte aus den Elarkapilledistrikt'n find trostlos, fast alle sprechen nur von

1 Ernte es soll nur J Emte aus gepflanzt sein und jetzt ist es viel zu fpät, um nachzupflanzen, da schwerer Tabak 90 Tage warmen Wetters bedarf, um reit zu werden. Die Erfahrung von 1874 hat gelehrt, daß alles vom 26. Juli ab Gepflanzte durch Frost getödtet worden ist Farbige Lugs bleiben hoch und sind in Cincinnati noch höher gegangen.

Gewerbe und HSandel.

In der Aufsichtsrathssitzung der Breslauer Börsen⸗ Maklzr⸗Bank vom 15. Auguft wurde beschlossen, der demnächst stattfindenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dididende pon 8 oo für das mit dem 30. Juni a. 6. abgelaufene Geschãfts jahr vorzuschlagen Außerdem soll nach Vornahme der Abschreibungen der Refervefonds auf see statutenmäßige Höhe gebracht und einem nen zu bildenden Delerederefonds 15.000 M0 zugeführt werden.

Die Direktion der Chemnitz-Komotauer Eisen bahn hat die Frist fär den Umtausch der Prioritäten dieser Bahn gegen

F6 MS Sächsischer 30 Rente und 30 Æ baar bis zum 31. d. M. mit der Mäßzabe verlängert, daß außer den 400 46 Rente nur noch 15 46 baar für tede Priorität von 609 4 bewilligt wird.

Wien, 16. August. (W. T. B.) Der Verwaltungarath der Unidnbank hat auf den 31. d. Mtä. (ine Generalversammlung der Actionäre einberufen, welche über eine Reduktion des Aktienkapi⸗ tals Beschluß fassen soll. Der Verwaltungsrath wird eine Abst mpe⸗ lung der Aktien um 40 Gulden vorschlagen; die selben sollen mit den Aktien der fusionirten Handelsbank gleichgestellt werden.

Oporto, 16 Auzust. (W. T. B.) Die Handels krisis im Norden Portugals ist im Zunehmen, zwei Banken in hiestger Stadt haben ihre Zahlungen suspendirt.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bern, 14. August. Soeben ist der 13. Viertel jahrs⸗ bericht des Bundesraths über den Fortgang des Gott— hardbahn- Unternehmens vom 1. Oktober an bis zum 31. De⸗ zember 1875 veröffentlicht worden. Von Jateresse sind nur die Mit— sheilungen, betreffend Entrichtung Ter Subventioren und der Aktien⸗ und Obligat onen Einzahlungen. Alles Ue rige ist durch die Mo— nate berichte überholt. Gleich nach Verifikation der Arbeiten am gro. ßen Gotthard. Tunnel, welche die internationale Kommisston im Okto— ber vorgenommen, wurden von der Bundeskasse der Direktion der von der Kommission für das dritte Baujahr festgefetzte Subventions— beitrag von 7,373,563 Fr. ausgezahlt, nämlich 300 Fr. für den lau— fenden Meter des Richtstollens und die gewöhnliche Annuität von 3,148,148 Fr. Im Ganzen wurden von den 85 Millionen Subven⸗ tlon à fond pe du bis jetzt entrichtet 183867, 895 Fr,: 4 623, 148 Fr. für das erste, 6871,6145 Fr. für das zweite und 7, 375, 563 Fr. fůr bas dritte Baujahr. Für das vierte Baujahr ist die Subvention auf 13,145,148 Fr vorläufiz veranschlagt. Der Gesammibetrag der bis 31. Dezember 1875 einbezahlten Summen beläuft sich, Court verluste und Propisionen nicht mitgerechnet, auf S7, 267 859 Fr.

St. Petersburg, 14. August. Das Projekt zu einem Verbindüngs kanal zwischen dem Baltischen und. Weißen Meere foll unlängst dem Ministetium der Weg kommunikation zur Durchsicht vorgelegt worden sein. Wie der R Mir“ erfährt, wird die Regierung demselben ihre besondere Aufmerksamkeit zuwenden, da durch die erfolgreiche Expedition des Professors Nordenskjöld die Hoffnungen auf einen gesteigerten Verkehr mit dem Norden immer mehr Boden gewinnen.

Berlin, den 17. August 1876.

Die vom Jahre 1850 bis zum Ende des Jahres 1874 versenkten Telegraphen - Kabel betrasen, der Electricitsé. zufolge, 206 an Zahl mit einer Lange von 30 Kilometer. Von diesen 206 Kabeln Find 61 nicht mehr bet iebsfähi, 145 noch im Betrieb. Die größte Atzabl der Submarine ⸗Kabel beitzen Frankreich und England, letzteres mit 19, ersteres mit 16 Stück. Zwischen Frankreich und England sind allein 7 Kabel zur telegraphischen Verbindung versenkt und im Betrieb. 1850 und 1851 wurden nur zwei Kabel gelegt, da zu dieser Zeit dieses großartige Unternehmen noch in seiner Kindheit war, 1852 And 1853 acht, 1854 steben, 1355 neun, 1856 und 1857 je ein, 1858 anf, 18659 dreizehn, 1860 zwölf, 1861 ein, 1862 zrei, 1863 ein, 1864 sechs, 1865 drei, 1866 zehn, 1867 sieben, 1868 zwei, 1868 stebenzehn, 1870 siebenundzwanzig, 1871 sechsund⸗ zwanzig, 1872 und 1875 vierzebn und 1874 dreizehn. Die längsten Rabel bis Ende 1874 sind: das von Irland nach Neu ⸗Fundland mit 1926, das von Irland nach St. Vincent bei Pernambuco mit 1950 und dag von Brest nach St. Pierre mit 25670 Meilen Engl.) Die größte Tiefe, welche mit den Kabeln überschritten werden mußte, betrug zwischen Malta und Alcxandria 13,80 Fuß, zwischen Irland und Neu, Fundland 17,700 Fuß, zwischen Portkargo (England) und Lissabon 18.000 Fuß, zwischen Brest und St Pierre 11.370 Fuß.

Die ersten Kabel hatten nur eine Länge ven 300 Meilen. Wem das Verdienst gebührt, die Anregung zum Legen von Untersee⸗Kabeln Kberbaupt g geben zu haben, darüber sind noch Zweifel; inige halten Morse, andere Wbegtstore für den Urheber. Wie dem auch sei, das Verdienst des Projektes des transatlantischen Kabels gebührt dem Amerikaner Cyrus W. Field, dem 1864 von dem Kongreß der United States eine Dankadresse und eine goldene Medaille überreicht wurde, Ter ind er auf der Ausstellung 1867 in Paris den „großen Preis“ erhielt.

1870 und 1871 wurden direkte Verbindungen zwischen England und: Indien, China, Japan und Australien bergestellt. Es bedarf nunmehr nut einez Kabeis zwischen San Francisco und Yokohama durch Ten stillen Ocean (6540 Meilen lang) und, der Traum des Cyrus W. Field. die Umspannung der Welt mit einem Telegraphen-⸗ draht, ist zur Wirkeichkeit geworden. Dieses große Oeeankabel wird in drei Abschnitte verlegt: 1) von San Francisco bis Honolulu 2087 Meilen, A von Honolulu bis Midway-Insel 1164 Meilen, 3) von Midway⸗Insel bis Jokohama 2289 Meilen.

Elf neue Kabel sind gegenwärtig in Fabrikation in einer Länge von 17060 Meilen (einige bereits gelegt, d. R.). Die längsten Kabel find das zwischen Irland und Neu -Caledonien, 2188, n Aden und der Mauritius-Insel, 2777 und zwischen Honolulu und den Fiji⸗ Inseln, 2876 Meilen.

Vorhanden sind 16 Submarine / Telegraphengesellschaften mit einem Kapital von 500, 000000 Frg. Die reichste ist die Anglo— American Company mit fünf Kabeln und einem Kapital von 1755500 006, die Eastern Subm. Tel. Co. mit einem Kapital von 75, 60), 600, die Westindien und Panama Co. mit 47 500, 000, die Eastern Extenfion· Auftralig · China Go. mit 41,500,000 und die Western Und Brazilian Co. mit 33,500 000 Fre. Kapital.

Die „Ital. Nachr.“ melden: Nach einer Reihe von Beobach- tungen welche im Krater der Solfatara zwischen Neapel und Po zzuoli angestellt worden sind, hat das Kollegium der Aerzte des Napolitanischen Spitals für unheilbare Kranke beschlossen, ein Kranken h aus zur Behandlung Sch windsüchtig er daselbst einzurichten und verfuchsweise einige Kranke, welche sich im ersten und zweiten Stadium befinden, binzuschicken. Der Dampf, welcher dem Krater entströmt, ist nämlich nicht allein mit Schwefel⸗, sondern auch mit Arseniktheilen geschwängert. Der oben erwähnte Entschluß ist

efaßt worden, nachdem verschiedene Fälle radikaler Heilung Schw ind⸗

i ler festgestellt worden sein sollen, welche in der Umgegend des Kraters zeitweilig, in der Regel nur auf mehrere Wochen, Quartier bejozen hatten. Der Krater ist Staatzeigenthum, er befindet sich aber gegenwärtig und nur vorübergehend im Besitz des Universitäte⸗ ** fer de Luca, welcher chemische Präparate dort bereitet.

Aus Bayreuth liegen heute folgende Nachrichten vor:

Bayreuth, 15. August. (G. A. C.) Se. Majestãt der Kaiser wohrten gestern auch der Vorstellung der, Walküre“ von Anfang bißz zum Schlusse an. Beim Eintritt in die Fürftenloge wurden Allerhöchstdieselben wiederum mit enthnstastischen Hochrufen empfan⸗ gen, für welche Se Majestät freundlichst dankten. Auch die sämmt⸗ lichen gestern bereits genannten Fürstlichkeiten, mit Ausnahme des bereits abgereisten Kaisers ven Brasilien, waren anwesend.

Im ersten Aufzuge waren es besonders Hr. Niemann (Sieg mund) und Frl Scheff fy (Sieglindeꝝ welche ihre großen Aufgaben in vorzüglicher Weise lösten. Die Scene zwischen Siegmund und Sieglinde am Heerde im Hause Hnndings darf als eine dramatische Leistung ersten Ranges bezeichnet werden. Die Leidenschaft, welche der Dichterkomponist diesen beiden Cha⸗ rakteren verlieh, kam zum vollständigen Ausdruck. Auch Hr. Riering (Hunding) erntete für seine Leistungen die ver⸗ diente Anerkennung? Im zweiten Aufzuge errang der Wotan des Hrn. Betz und die Brünhilde der Fr. Materna hohen Erfolg; diese beiden größten und schwersten Partien des Stückes stellen in gesanglicher wie! dramatischer Beziehung an die Darsteller bieher unerhörte An forderungen, und es sind Künstler von der Begabung und der Aus dauer ber beiden Ebengenaanten nöthig, um sie in ihrer ganzen Wirksamkeit zu veranschaulichen. Hr. Betz mit seiner prächtigen Stimme, die immer gleich rein und edel klingt, Fr. Materna, deren kraftvolles, allen Gefühlsregungen sich anfgrmendes Organ, verbunden mit der Wiedergabe der dramatischen Seite der Fiolle, Bedeutendes leistet sie eide sind wie geschffen dazu, diese beiden Partieen in richtiger Auffassung und Darstellung zu vermitteln. Fr. Sadler-⸗Grün schloß sich mit der Wiedergabe der Fricka den Vor— genannten in Spiel und Gesang würdig an,

Hatten schon die beiden ersten Akte laute Anerkennung heraus⸗ gefordert, so steigerte sich der Beifall noch bei dem dritten Akte. Die erste Scene, wo die acht Walküren auf dem rechts von einem Tannen. walde begrenzten Felsen herabsteigen, die Wolkenzüge wie vom Sturm geteieben am Felsensaume vorbeijagen, der bald wild jubelnde, bald ,. lachende Gesang, das Alles bringt eine ergreifende Wirkunz

erdor.

Als die schönste Stelle in der Walküre“ dürfte wohl die Ab— schiedsscene zwischen Wotan und Brünhilde zu bezeichnen sein. Die päterliche Liebe kämpft bier mit der göttlichen Natur in Wotan einen 6 den der Dichterkomponist mit ergreifenden Farben zu malen verstand.

Diese Schlußscene wurde mit großem Beifall aufgenommen. Auch Se. Masestät der Kaiser gaben oftmals während der Vorstellung Ihren Beifall zu erkennen Nach der Aufführung nahmen Se. Ma—⸗ sestät und die badischen Herrichaften im Färstenzimmer das Souper ein. Um 115 Uhr fuhren Se. Majestät vom Theater direkt zum Bahnhof und beftiegen, nachdem Sich Allerhöchstdieselben von Ihrer Königlichen Hohest der Großherzogin von Baden verabschiedet hatten, den bereitstehenden Extrazug. leichzeitig reiste Se. Königliche ., der Großherzog ab, während Ihre Königliche Hoheit die

roßherzogin noch einige Tage hier verweilen wird.

Zu dem Berichte des geftrigen Tages ist noch nachzutragen daß Se. Najestãt der Kaiser in Begleitung sämmtlicher hler anwesenden Fürstlichkeiten, geführt vom Regierungs- Prästdenten von Burchtoiff, bie Sehens wücdigkeiten der Stadt, u. A. das Qernhaus, das neue Schloß, das Militärspital in Brandenburg, die Ordenskirche und das Innere des Bühnen. Festspielhauses eingehend besichtigten. Letzterem Dit meten Se. Majestät eine besondere Aufmerksamkeit und ließen Sich die Einichtungen des Bübnen,, des Maschinen und des Orche⸗ sterraums vorzeigen und eingehend erklären.

Nach soeben,. Mittags 12 Uhr, durch Plakate verkündeter Mit⸗ theilung des Verwaltunggrathes muß die heutige Vorstellung des „Siegfried“ wegen plötzlicher Indigposition des Hrn. Betz Wotan) anf morgen verschoben werden. Dadurch wird die dreitãgige Pause zwischen der ersten und zweiten Aufführung um einen Tag gekürzt.

Bayreuth, 16. August. (W. T. B) Die Aufführung des Siegfried? dauerte von 4 bis 9r Uhr. Der Eindruck, den die Vorstellung auf die Zuhörer machte, war noch bedeutender, als bei den vorangegangenen Aufführungen. Unger bewältigte als Sieg fried feine Aufgabe vollständig. Betz, der wieder völlig hergestellt ist, sang den Wotan mit gewohnter Meisterschast, Das Wallgebet, der Wechselgesang zwischen Wotan und Erda und Brunhildens

Liebeserwachen riefen Enthustasmus hervor. Von gleichem Er= folge waren der Schluß des ersten Akteß, wo Siegfried sein Schwert schmiedet, der zweite Akt mit dem Waldeszauber und dem Singväglein, und der Schluß, wo Siegfried die Walküre auf ihrem feurigen Felsen erwartet. Die Beifallsbezeigungen wiederholten sich nach jedem Akte. Ihre Königliche n die Großherzo⸗ gin von Baden nebst den übrigen anwe enden Fürstlichkeiten und Graf Andrassy wohnten der Verstellanz bis zum Schlusse bei

16. August. (W. T B) Am 18. d. Abends fisdet ein von den Patronen des Wagner⸗ Unternehmens veranstaltetes Fest essen zu Ehren Richard Wagners statt. Zu demselben werden alle Känstler und Mitglieder des Orchesters eingeladen werden. Richard Wagner wird bei diesem Bankett den Künstlern und den Patronen seinen Dank aus sprechen.

Theater.

Friedrich Wilhelms städtisches Theater. Hr. M. Schulz ist von seinem Urlaube zurückgekehrt und wird bereits am Sonnabend als „Bielefeld' in der Reise durch“ Berlin wieder auf⸗ treten.

Residenz Theater. A. Mels, der Verfasser des baiebten Lustspiels „Heinrich Heiner, hat eine Art Fortsetzung dieses Stückes geschrieben unter dem Titel Neuer Frühling“, Komödie in 4 Akten, mit freier Benutzung einzelner Gestalten gus Heines Reise⸗ bildern. Das neue Dpus, dem eine prächtige Charakteristik der Figuren, sowie ein trefflicher Humor nachgerühmt wird, ist von der Direktion des Residenztheakers für diese Bühne erwarben worden und gelangt im Laufe der kommenden Saison zur Darstellung.

Bäder ⸗Statistik.

Aachen bis 9. August (einschl. der Durchreisenden) . Ahlbeck bis 1. August. . .

550

14055 Augustusbad (bei Radeberg) bis 4 Auguft 96. k

Baßen bis 12. August (einschl. der Duichreisenden) 26788 Boltenhagen bis 6. Auaust.. 869 Burtscheid bis 9. August (einschl. der Fremden); . 1388 Ereuznach bis 9. Augustt .. 5809 1 259 Dievenow bis 1. August d Doberan bis 6. August . Ems bis 13. August. Flinsberg bis 9. August. Heringsdorf bis 1. August . Klein⸗Horst bis 1. August.. . Königsdorff ⸗Jastrzemb bis z. Augusft. Kösen bis 4. August.. . Langenschwalbach bis 10. August. ,,, bis 1. August . ippspringe bis 10. August ĩ Mie droy bis 1. August . . 3 Rorderney bis 4. August Leinschl. der Durchreisenden) Oeynhausen bis 11. August ; K Putbus bis 1. Augustt . Pyrmont bis 6. August (einschl. der Durchreisenden). Reinerz bis 11. Angust . d Rewahl bis 1. August—— Saßnitz mit Crampas bis 1. August. Soden bis 7. Auguft Swinemünde bis 1. Auguft ; ; Warnemünde bis 8. August 2. Wiesbaden bis 12. August (einschl. der Durchreisenden) . Wildbad bis 5. August.. Wildungen bis 7. Auguft. . 8 2 Rittekind (bei Giebichenstein und Halle) bis 3. August Zinnowitz bis 1. August. ö

Redacteur: F. Prehm. Verlag der Crpeditson (Ke ssel). Vruc: W. Elsner. Vier Beilagen (einschließlich Börsen · Beilage).

Berlin:

Grste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staals⸗-Lunzeiger.

A 122.

Mo natsübersicht für Juli. III. (Vergl. Nr. 189 d. BI.)

Frankreich. Am 22 überreichte der neu ernannte italienische Botschafter General Cialdini im Elysée unter herzlicher Anrede und Gegenrede des Marschall⸗Präsidenten sein Beglaubigungsschreiben. An demselben Tage veröffentlichte das Amtsblatt die Erhebung der französischen Gesandtschaft am Quirinal zur Botschaft. Larochette kündigte deshalb eine Interpellation wegen der neuen Botschaft an, hat sich aber dazu verstanden, dieselbe bis nach der Bud⸗ gendebatte zu vertagen. Der deutsche Botschafter Fürst Hohen⸗ kohe begab sich am 20. Juli auf Urlaub nach Aussee in Desterreich.

Die Koalition der Gegner der republikanischen Verfassung ist im Wachsen. Indessen fstützt sich das gegenwärtige Kabinet immer noch auf eine erherliche Majorität. Dasselbe hat nach einer Berechaung auf Grund der letzten wichtigen Abstimmungen im Senate 144, in der Deputirten kammer 156, also in beiden Kammern 294 Gegner; dagegen wird es im Senate von 139. in der Heputirtenkummer von 350, also im Ganzen von 489 Mitgliedern unterftützt; der Unterschied zu seinen Gunsten be⸗ trägt 195 Stimmen, es besitzt danach eine absolute Mehrheit von 78 und eine relative von 195 Stimmen.

Ueber die Thätigkeit der beiden Kammern ist Folgendes zu berichten:

In der Deputirten kammer veranlaßten die angeblichen Um⸗ triebe zu Gunsten von Jesuitenzöglingen bei den Prüfungen der polytechnischen Schule am 3. Jull Gambetta zu einer Interpel⸗ lation. Der Kriegs-Minister entgegnete, daß bereits eine Umer⸗ suchung in der Sache angeordnet sei. Eine ähnliche Erklärung ertheilte der Fmanz⸗Minister im Senate auf Depeyre's Anfrage. Im Verlaufe seiner Anfrage hatte Gambetta geäußert, eine gründliche Untersuchung werde zeigen, daß her der Ein⸗ fluß der Jesuitenherrschaft im Spiele sei und über das aiserreich einen sehr scharfen Ausdruck gebraucht. Paul de Cassagnae nahm sich infolgedessen des letzteren an und bediente sich eins noch schärferen Wortes über die Republik. Dies führte einen heftigen Auftritt herbei, der zwar diesmal keine weiteren Folgen hatte, aber in der Sitzung vom 4. Juli sich fortsetzte. Marcou hatte den Antrag gestellt, der Justiz⸗Minister solle die Urhe er und Mitschuldigen des 2. Dezember vor den zuständigen Gerichten verfolgen; der Bona⸗ partist Dufour antwortete mit einem gleichen Antrage bezüglich des 4 September; Mitchell beantragte darauf, daß in die Ver⸗ folgungen gegen den 2. Dezember auch die acht Millionen Wähler, die das Kaiserthum bestätigten, sowie die Beamten, D-putirten u. s. w. die ihm Treue geschworen, einge⸗ schlossen werden sollten. Die Kammer beseitigte jedoch diese unerquickliche Angelegenheit durch die Vorfrage, die mit 362 gegen 73 Stimmen angenommen wurde.

Am 11 Juli wurden die Ver andlungen über das Ge⸗ meindegesetz eröffnet. Die Stellung der Regierung und der Kammern zu dieser Vorlage war folgende: Der Präsident wollte die Ernnennung der Maires in den Hauptorten der Regierung er⸗ halten; die republikanischen Deputirten aber hatten ihren Wählern die Beseitigung des Gemeindegesetzes von 1874 und möglichst libe⸗ rale Reformen versprochen; das Kabinet, das in dieser liberaten Mehrhein seine Stütze hat, stand daher zwischen zwei Parteien, die von keinem Nachgeben wissen wollen. Die Amendements, welche gestellt wurden, fielen nach heftigen Debatten der Reihe nach, denn das linke Centrum matte schon am Tage vor der Berathung bes lossen, jedes Amendement, das zwischen dem Ausschuß und der Regierung vereinbart werde, zu Falle zu brin⸗ gen. In der Sitzung vom 12. wurde jedoch ein Aus⸗- gleich erzielt und das Gesetz angenommen,. Dasselbe giebt nunmehr in dieser orm das Recht der Wahl der Maires, mit Ausnahme derjenigen der Hauptorte in den Arrondis⸗ sements und Kantonen, an die Munizipalräthe zurück. Auf eine Anfrage Louis Blanes in der Sitzung vom 13. über die Stellung der Regierung zu den orientalischen Angelegen⸗ heiten erklärte der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten, er müsse die Vorlage der diplomatischen Aktenstücke als unzeitgemãß und mißlich ablehnen; jedoch versicherte derselbe, die Kammer dürfe sich darauf verlassen, daß Wohl und Würde des Landes weder in den inneren noch in den auswärtigen Angelegenheiten gefährdet seien. Darauf folgte die Berathung über die Wahl des Grafen de Mun, welche mit 308 gegen 131 Stim⸗ men für ungültig erklärt wurde. In der nächsten Sitzung forderte Germ ain Casse eine Erörterung der in den beiden Be⸗ richten über die Wanl de Muns enthaltenen Thatsachen; auf Antrag Gambetta's wurden jedoch die betreffenden Berichte dem Juftiz Minister überwiesen. In der Sitzung vom 15. erstattete Gambelta Bericht über die Arbeiten des Budget⸗A1ussch sses. Der Budget⸗Ausschuß beantragt eine Reihe von Abstrichen für Justiz und Kulte, Auswärtiges. Inneres, Algerien, Krieg, Marine und Fmimanzen, dagegen Mehrbewilligungen für öffent⸗ liche Arbeiten und öffentlichen Unterricht, für letzteren 7.695, 925 Fr Am 22 ertheilte die Kammer dem Minister ein Vertrauens⸗ votum, indem sie mit 371 Stimmen eine Resolution annahm, welche, gegenüber einer tadelnden Interpellation Paul de Cas⸗ sagnacs wegen Ernennung eines Maires, der Regierung das Vertrauen zu ihren administrativen Ernennungen ausdrückte. Am 27. begann die Deputirtenkammer die Budget verhandlung und beendeie am letzten Tage des Monats die Berathung des Unterrichtsetats. Dle Deputirtenkammer hat sich den Reformen Waddingtons günftig gezeigt und wie der „Temps“ mit An⸗ erkennung hervorhob, zum Ausbau des Unterrichtewesens in Frankreich mehr als irgend eine französische Versammlung in diesem Jahrhundert geleistet.

Der Senat hat am 21. Juli den Gesetzentwurf des Unter⸗ richts Minssters Waddington, betreffend die Verleihung der ata⸗ demischen Grade, mit 144 gegen 139 Stimmen abgelehnt.

Durch den am 6. erfolgten Tod des Senaiors Casimir Perier hat die liberale Partei einen schweren Verlust erlitten. Das linke Centrum des Senats hat dem Konseils Präsidenten, Justiz-Minister Dufaure, die Kandidatur für den dadurch er⸗ ledigten Senatorensitz angeboten.

Der Kardinal⸗Erzbischof von Paris hat ein Schreiben an den Konseils⸗Präsidenten Dufaure veröffent icht, worin er sich in herausforderndem Tone über die Berathungen und Beschlüsse

Berlin, Donnerstag den 17. August

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der Deputirtenkammer in Betreff des Unterrichts- und Kultus⸗ budgets ausläßt. Am 2. Juli haben unter der Führung des Kardinal⸗Erzbischofs von Paris die Wallfahrten nach Lourdes begonnen.

Zwischen Orleanisten und Legitimisten haben nach Zeitungs⸗ nachrichten in Genf neue Fusionsverhandlungen stattgefunden.

Das Mittelmeergeschwader hat von Toulon aus eine Rund⸗ fahrt an der Nordküste Afrikas entlang nach Smyrna an⸗ getreten. Die Bildung eines Comitès zu Werbungen und Waffensendungen nach dem Balkan wurde verboten.

Der fortdauernde materielle Aufschwung des Landes wird durch den Umstand bezeugt, daß die neue Anleihe der Stadt Paris, welche der Fortführung gemeinnütziger Arbeiten dienen soll, 54 Mal überzeichnet wurde. Ferner ergaben die direkten Steuern im ersten Halbjahre 45,867,200 Fr. mehr als im ent⸗ sprechenden Zeitraume des Jahres 1875; der Ertrag der in⸗ direkten Steuern betrug in der ersten Hälfte dieses Jahres S3, 298, 000 Fr., 76,262,000 Fr. mehr als im Budget vor⸗ gesehen und 4,993,000 Fr. mehr als in gleicher Zeit des vori⸗ gen Jahres.

Zur sozialen Frage.

Die wirthschaftliche Lage der Fabrikarbeiter in Schlesien.“) II. Vgl. Nr. 189 d. Bl)

Die Resaltate der Enguste bestätigen meist das von einer Seite aufgestellte Konsumtionsgesetz, daß der Proz ntsatz der Gesammtaus—⸗ abe, welche eine Familie auf die Nahrung verwendet, höher wird, se ärmer die Famslie ist, und geripger, je wohlhabender sie ist. Denn nach den vorliegenden Tabellen ergiebt sich für die Fabrikarbeiter in Schlesien als Prozentsatz für die Kosten der Nahrungsmittel:

Gruppe JI. 60 o / II

= . 61,50 III. , 719 1 Gl/ sh /o II. n 858 ; 6 L ss so . ö 968, 60, 70 VI. . 1816 ö 60 40. Hiernach giebt relativ die I7. Gruppe am meisten für Nah⸗ rungemittel aus; von dort aus fällt der Prozentsatz allerdings mit zunehmender, aher ebenso auch mit abnehmender Gesammtausgabe, und die ärmste Gruppe giebt verhältnißmäßig am wenigsten dafür aus. Der Grund hiervon liegt darin, daß die Arbeiter der ärmeren Grup— pen gezwungen sind, für Wohnung, Beleuchtung und Heizung eine ziemlich bedeutende Summe auszugeben, eine Summe, die zwar mit zunehmender Wohlhabenheit steigt, aber. keineswegs, wie dies z. B. bei der Kleidung von Gruppe J bis IV. der Fall ist, der Gesammtgusgabe entsprechend. In der That sind auch die Wohnungs— verhälmnisse sämmtlicher Gruppen, wenig verschieden, die Miethen fast gleich, und um die nabezu gleichen Räume zu erwärmen und zu erleuchten, braucht jede der Gruppen der Summe nach fast dasselbe, die ärmste also verhältnißmäßig am me sten. Erst nachdem die Ge— sammtausgabe eine Höhe erreicht hat, bei welcher die Ausgaben für Wohnung und Heizung mehr zurüd treten, beginnen die Ausgaben für die Nahrung sich normal zu gestalten, d. h. sie nehmen nach Prozenten der Gesammtauegabe ab; gleichzeitig kann dann mit weiter zunehmen— der Wohlhabenheit mehr auf die Kleidung verwendet werden. Eine Vergleichung der Gesammtausgabe pro Kopf eines schlesischen Arbeiters mit derjenigen eines bel— gischen Arbeiters, letztere nach Dr. E. Laspeyres statistischen Untersuchungen, ergiebt folgende Resultate:

Schlesische Arbeiter in Belgien Arbeiter Belgier Frem de

. Ml. Mt.

e g6 2 109,96

2) Kleidung JJ 1938 28,86

33 Wohnung... 1260 12, 9 15, is

K 116 8, 8, 66

ö 3,15 2,3 1,

6) Kirche und Schule . .. 1,4 143 2,50

7) Steuern und Assekuranz. 283 O 86 3 416

8) Kranken und Sparkassen. 2, 8 4,76 3,

9) Persönliche Bedürfnisse. 6 49 041 Zusammen 15723 146,23 Von je 109 S Ausgaben kommen auf: ‚.

1 65,63 62,0

414166 1345 16,80

2 7, 50 8, 8, 0

k 22 62 5,10 h, os

ö . 19 1, 3s Lor

6) Kirche und Schule.. 067 ( as 1,13

7) Steuern und Assekaranz . 1,8: 0 566 2 0s

8) Kranken und Sparkassen. 212 3,28 1,99

9) Pirsönliche Bedürfnisse 4u (2s Diese Vergleichung zeigt eine auffallende Uebereinstimmung zwischen den Ausgaben der schlestichen und der belgischen Arbeiter. Im Allgemeinen ist jedoch der schlesische Arbeiter etwas günstiger ge⸗ siellt, als der belgische; er hat im Durchschnitt jährlich 1 S6 mehr. Auf Nahrung giebt der Schlester nur 60, co, der Belgier 65, sho aus, dagegen betragen die Ausgaben für persönliche Bedürfnisse, zu welchen häufig auch der Genuß von Bier und Tabak gerechnet ist, bei dem Schlesier 4, ub /g, bei dem Belgier dagegen nur ('soC.L Rechnet man von jenen 4ub/so noch einen Theil zu den Aus—= gaben für Nahrung hinzu, so wird. die Uebereinstimmung noch größer. Die AÄusgaben Pos. 3—5 stimmen fast voll standig überein, dagegen findet eine auffallende Wechselbeziehung bei Pos. 7 und 8 statt; beide machen zusammen in beiden Ländern fast genau 400 aus: bei dem Schlester kommt auf jede der beiden Positionen zieinlich gleich viel, dagegen kommen bei dem Belgier auf die Steuern, „. auf die Kranken, und Sparkassen. Dies scheint darauf zu beruhen, daß die regelmäßig erhabenen direkten Steuern die Lust der Arbeiter, sich an Kranken. Und Sparkassen zu betheiligen mehr beeinträchtigen, als indirekte Steuern, deren Bezahlung der Arbeiter

weniger bemerkt. 6

Zur wejteren Untersuchung der Arbeiterverhältnisse hat der Ver fasser die Budgets der einzelnen Familien nach der Zahl dersel ben ordnet und für jede die Durchschnittszahlen berechnet. Auf diese eise sind j0 Klassen gebildet, Familien zu 1,2. 58, 4, 5, 6, 7. 8, J und 10 Personen. Die Klassen 1, 2, 8, 9 und 10 können nicht in

) Die wirthschaftliche Lage der Fabrikarbeiter in Schle— sien und die zum Besten derselben bestehenden Einrichtungen, mit Genehmigung Sr. Execllenz des Herrn Ministers für Handel 2c. be⸗ aubeitet von? Werg⸗Asseffor Frief, Königlicher Eichungs, und vabꝛik· Inspektor für Schlesten 2c, mit do lithographirten Tafeln. Braglau, Maruschke u. Berendt, 1876.

III II

l

170, 50

Betracht gezegen werder, weil ste keine genügende Anzahl H nilien

1828.

8

amfassen. Für die übrigene ergiebt sich nach einer Korrektur in Kl. . die wegen der verhältnißmäßig zu geringen Anzahl Kinder nothwendig war, folgender Betheiligur gskoeffizient an den Einnah— men des gesammten Hausstand;“: Klasse. ann.

87,31

87,3

75, 52

76, is,

7 Der Verdienst des Mannes

6. 85s 6 = 61 3m se 7. 950 6 = 6l5soos.

die Ausgaben für Kleidung, die relativ zwischen 11 und 1500 schwanken. Die Ausgaben für Wohnungen bleiben sich den ab— soluten Zahlen nach fast gleich, fallen aber relativ, d. h. sind für die Aermeren verhältnißmäßig zu theuer, Die Aus-abe für Feue rung steigt mit den Klassen absolut, bleibt aber relativ ziemlich gleich. Die Ausgaben für die Schule nehmen selbstverständlich zu, die⸗ jenigen für die persönlichen Bedürfnisse dagegen ab, obwohl die absoluten Zahlen dafür ziemlich dieselben bleiben.

Besonderes Interesse gewähren die Rubriken ‚Ueberschu se und Schulden“; sie ergeben das Resultat, daß die Fähigkeit, Ueber= schüsse zu erzielen, mit zunehmender Familienzahl abnimmt, ja endlich in ein Minus umschläzt. Es ersparen nämlich jährlich Kl. 3 13 ., . ö 99 5 2 16, und es machen Schulden Kl. 6 3 M, 7 10 ,

Eine Zusammenstellung der Arbeiterbudgets nach Regierung s⸗ bezirken ergiebt, daß der Hausstand in den Regierungsbezirken Oppeln, Breslau und Liegnitz im Durchschnitt derselbe & Per= sonen) ist. Die Einnahmen dagegen sind im Regierungsbezirk Oppeln auf die Familie um durchschnittlich 32 M é, bezw. 77 6 höher, als in den Regierungäbezirken Liegnitz und Breslan; den Durchschnitt der Provinz überschreiten sie um 34 (66. Dabei fallen 82,20“ der Einnahmen auf den Mann (gegen 78. 00ι im Regierungsbezirk Breslau und Sl,“ im Regierungsbezirk Liegnißz, 4,7 , auf die Frau (gegen 9,6 bezw. 10533 60), auf die Kinder 12,s. o (gegen 1250 bezw. S, 00 9). In Oberschlesien sind 25.991 Männer, 1418 rauen und 5954 Kinder und ledige Weiber, zusammen 33363 Personen. davon 78/0 Männer, 40lo Frauen, 1380/9 Kinder. Der Prozent atz des Arbeitsverdienstes stimmt hiermit ziemlich genau überein. Dasselbe ergiebt sich für die andern Regierungsbezirke: im Regierungsbezirk Breslau sind von den Arbeitern 620,0 Männer, 100½ Frauen. 280so Kinder (die Verdienstkoeffizienten sind 78, 10, 1200); im Regierungs— bezirk Liegnitz kommen auf 66 Männer 8 Frauen und 26 Kinder (bei sI, 1035 bezw. 8s o/ Antheil am gemeinsamen Verdienst),

Die Kinder- und Frauenarbeit ist nach dieser Vergleichung im Regierungsbezirk Oppesn geringer als in den übrigen Regierungs- bezir ken. Die Ausgaben zeigen, daß dort auch die Wohlhabenheit größer ist, und daß die Arbeiter daselbst mehr auf Nahrung ver= wenden, als in Regierungsbezirk Liegnitz. Hier erfordert bei 794 (60 Gesammtausgaben die Nahrung 2 AM, dort bei 840 M Gesammt⸗ ausgaben 58 sM½ Was der Ärbeiter im Regierungsbezirk Oppeln mehr verdient, verbraucht er vollständig auf Essen und Trinken, ramentlich genießt er mehr Fleisch, als der Arbeiter im Regierungs bezirke Liegnitz. Der Arbeiter im Regierungsbezirk Breslau steht am ungünstigsten da, dem Regierungshezitk Oppeln gegenüber, weil hier die Hütten Industrie, dort die Textil Industrie vorherrscht; dem Regierungsbezirk Liegnitz gegenüber, weil hier die Textil ⸗Industrie meist⸗· in den Städten, im Regierungsbezirk Breslau dagegen fast nur in den Dorfschaften betrieben wird. Der Arbeiter im Regierungsbezirk Bressau giebt jedoch für Nahrung dasselbe aus, wie im Regierungs bezirk Oppeln, aber weniger für Kleidung. Die Ausgaben für Woh⸗ nung sind ziemlich gleich, aber hinsichtlich der Feuerung ist der Ober- schlesier entschieden im Vorzug, theils wegen der billigeren Kohlen, theils, weil Hüttenarb eiter vielfach die Feuerung frei haben. Für Kirche und Schule giebt der Arbeiter in Oberschlesien bedeutend we⸗ niger aus, als seine Genossen in den beiden anderen Bezirken, dagegen viel mehr fuͤr Kranken und Sparkassen, die dort geregelter sind als in den übrigen Theilen der Provinz. Die Ausgaben für Steuern zc. sind überall gleich; die meisten Schulden haben die Arbeiter im Regierungsbezirk Breslau, die größten Ueberschüsse erzielen die in ihren Ansprüchen bescheidensten Arbeiter im Regierungsbezirk Liegnitz.

Endlich hat der Verfasser die verschie denen Arbeiter Budgets nach den einzelnen Indu striezwe igen geordnet: Grãäbereien und Bruchbetrieb, ö Thon. und Glasindustrie, Textil- industrie, chemische Fabriken, landwirthschaftliche Fabriken. Mühlen, Papier ⸗Cigarrenfabriken, vereinzelte Industriezweige. Der Haus— stand in den verschiedenen Industriezweigen bietet keine bemerkens⸗ werthen Unterschiede. Rücsschtlich der Einnahmen sind die Hütten arbeiter am Besten gestellt. Während, die Durchschnittéinnghmen bei sämmtlichen Industrien Sos M jährlich beträgt, belãuft sich dieselbe bei den Hüttenarbeitern auf 22 Die geringsten Einnahmen haben die Arbeiter in landwirthschaftlichen Fabriken (669 6) und Tie Ci⸗ garrenarbeiter (689 ). Als Durchschnittlöhne der Männer ergeben sich wöchentlich: Glas und Thonwaarenindustrie 15,83 , Hättenarbeiter 143 „S, Abeiter beim Bruchbetriebe und Eisenerz- bergleute 14 „6, bei vereinzelten Industriezweigen 13,1 6, in Pa- pierfabriken 130 M, in chemischen Fahriten 10s M, der Textil Industrie 107 , bei Fabriken der Landwirthschaft 9,2 „, bei Mühlen 9. M, im Gesammtdurchschnitt 123 4

Die Lohnverhältnisse der Frauen und Kinder können nach dieser Tabesse nicht berechnet werden, weil die Frauen und Kinder nicht immer in“ derfelben Industrie beschäftigt sind, wie die Mãän⸗ ner; im Ganzen aber ergiebt sich, daß die Arbeit jener, dem Hausstande wöchentlich à 3 M zuführt. so daß sich die Einnahmen dadurch wöchentlich auf 185,5 e erhöhen. Bei den Ausgaben be⸗ stätigt sich auch durch diese Zusammenftellung, daß den Prozenten nach' das Maximum der Ausgaben für Nahrung nicht auf das Mi⸗ nimum der Gesammtausgabe fällt, sondern erst auf eine mittel gute Lage des Arbeiters.

Wenn sich für einzelne Arbeiterklafsen nach, den Budgets Schulden ergeben, so ist zu bemerken, daß diese in den meisten Fällen durch kleine, hier nicht berechnete Nebeneinnahmen der Frauen und Kinder, wie Beeren. und Pilzesammeln u. dgl. gedeckt werden, so daß unter Berücksichtigung dieses Nebenverndienstes din Ueberschũsse noch größer ausfallen würden.

Ueberhaupt sind die Einnahmen in Wirklichkeit höher anzu · schlagen, als in den vorstehenden Berechnungen angenommen worden ist, weil der Arbeiter manche Vergünstigung, die er durch freie Kon kurrenz und andere Benefizien, sowle aus dem Betriebe der Landwirth · schaft und der Viehzucht erlangt, nicht genugsam zu würdigen weiß.

Mit Berücksichtigung dieses Umstandes kann daher angenommen werden, doß der schlests de Fabrikarbeiter in der Lage ist, kei mäßige; LebengwCeise und bei einer hicht zu großen Anzahl Heiner Kinder mis seiner Einnahme auszukommen.