1876 / 210 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Sep 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Demnãchst fand die Besichtigung der vor dem Bahnhof auf⸗ gestellten Ehren⸗Compagnie des Leib⸗Grenadier⸗Regiments Nr. jo statt, an deren linken Flügel das Offiziers Corps der Landwehr⸗Bezirks⸗Kommandos Leipzig sich anschloß, dessen Front die Majestãten ebenfalls grüßend abschritten. .

Ihre Majestãt die Königin von Sachsen begab sich hierauf mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Georz direkt nach dem Königlichen Schloß, während sich der Festzug nunmehr in fol⸗ gender Reihenfolge und den inzwischen angefahrenen Galaequi⸗ vagen in Bewegung setzte. Voran eine Abtheilung berittener Schutzleute, dann im ersten Wagen der stell vertretende Ober⸗ Bürgermeisler mit dem Polizeidirektor, im zweiten die beiden Stadtverordneten⸗Vorsteher, im dritten der Königliche Kreis⸗ hauptmann von Ftönneritz und der Ober⸗Stallmeister General⸗ Lieutenant Freiherr Senft von Pilsach. Dann Se. Majestãt der Faiser und Se. Majestät der König Albert in sechs spãnnigem Galawagen, Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg von Sach⸗ sen, der Sächsische Ehrendienst bei Sr. Masestãt dem Kaiser, der Preußische Dienst, und hieranschließend die Fürfilichkeiten mit

efolge. . g Las Geläute sãmmtlicher Glocken und der wie eine Lawine an⸗ schwellende Bewillkommnungsgruß der Kopf an Kopf an den Bahnhofszugängen gedrängt stehenden Massen verkündeten der Stadt, daß der Kaiserliche Zug sich nähere.

Der Schmuck der letzteren hatte fast bis zum letzten Augen⸗ blick eine mit unermüdlichem Eifer betriebene Steigerung er⸗ fahren, namentlich hatten die Straßen, welche der Allerhöchste Gast passiren sollte, das Ansehen eines Laub⸗ und FJahnenwaldes an⸗ genommen, aus welchem sich die Büsten der Beiden Monarchen fowie der hervorragenden Führer des letzten Krieges inmitten bosquetartig angeordneten Pflanzengruppen in Ladengewölben, Fenstern und auf Balkons, umgeben von Fahnen in den National⸗ und den Stadtfarben, in wirkfam plakischer Weise abhoben.

Die alteren Häufer und Stadttheile waren durch Anpflan⸗ zungen grüner Tannenbäume verdeckt, und ihnen ein gefälliger, den? Eindruck des Gesammibildes harmonisch abschließender dunkelgrüner Saum gegeben worden.

Ueber dem feftlichen Treiben breitete sich ein wol kenloser blauer Himmel aus, von welchem eine erwärmende Herbstsonne ihre goldenen Strahlen herniedersendete. ;

Auf den Straßen, welche der Zug berührte, war die zur Feier des Tages angeordnete Spalier⸗Aufstellung eingenommen worden. Dem Bahnhof zunächst, in der Windmühlenstraße, standen die Schüler der oberen Klassen der höheren Schulen; daran schlossen sich Krieger⸗ und Sängervereine, welchen kauf⸗ maäͤnnische Korporationen und die Innungen folgten, Am Augustusplatz hatte sich die Studentenschaft mit ihren Fahnen poftirt, an der Ehrenpforte stand die Mannschaft der Feuerwehr und der Rettungs-Compagnie. Im Ganzen befanden sich 6000 Mann in der Spalierstellung.

Auf dem ganzen Wege mit nicht endendem Zuruf von der enthusiaftisch erregten Bevölkerung empfangen, erreichte der Zug gegen 5 Uhr das Königliche Schloß, an welchem eine Compagnie Fes Grenadier-Regiments Kaiser Wilhelm Nr. 101 mit,. Fahne und Musik und das Offizier⸗Corps des Regiments postirt war.

Se. Mase stãt ließen die Compagnie nach Abschreiten der Front, in Halbzügen vor Sich vorbei marschiren und zogen Sich dann in die für Allerhöchstdieselben bereitstehenden Gemächer zurück, von der das Palais umgebenden Volksmenge ununterbrochen, sowie Sich Allerhöchsidieselben am Fenster zeigten, mit wiederholten stürmischen Kundgebungen begrüßt. . .

Abends um 7 Uhr fand eine Familientafel im engern Freise der Fürstlichkeiten zu ca. 20 Gedecken statt. ö

Mit der hereinbrechenden Dunkelheit hatte die Illumination der Stadt in glänzender Weise ihren Anfang genommen Alle öffentlichen städtischen und Königlichen Gebäude strahlten im Scheine weißer Lämpchen, welche die Hauptlinien ihrer architek⸗ tonischen Formen umsäumten. Auf den Plätzen der Stadt waren Gaskörper aller Art angebracht. Die Hauptglanzpunkte der Beleuchtung bildeten das Rathhaus und der Augustusplatz. Beide waren mittelst großer Pechfeuer beleuchtet, die von den Ehrenpforten, auf denen sie in mächtigen Pfannen loderten, herniederstrahlten, und mit ihrem Lichtschein das an der Vorderfront des Museums aufgestellte Transp-rentgemälde, Saxonia und Borussia, beschützt von der Germania, umschlossen.

Die das neue Theater begrenzenden Parkanlagen boten, durch eine sogenannte Teppichbeleuchtung der Rasenpartien, farbenreiche Lichteffekte dar; über die in der Mitte derselben sprudelnde Fontaine ergoß sich buntes Bengallicht und vergol⸗ dete das gleich kostbaren Perlen blitzende Wasserspiel in phan⸗ tastischer Weise. .

Bis zu später Abendstunde durchwogte die Bevölkerung die Straßen und Plätze der wie mit einem Lichtmeer bedeckten Stadt, mit Vorliebe die Umgebungen des Königlichen Schlosses und um Se. Majestät den Kaiser zu sehen.

Mit dem vorstehenden Bericht zugleich ist uns noch die folgende Schilderung vom 4. d. Mts. über die Vorberei⸗ tungen zum Empfange Sr. Majestät zugegangen:

Das Festgewand, welches die Stadt Leipzig zur ehrerbietigen Begrüßung Sr. Majestät des Kaisers bei Allerhöchstdessen bevornehendem Besuch angelegt, prangte schon heute in vollstem Glanz. Eine patriotisch gehobene Stimmung bewegt die ge⸗ sammte Bevölkerung, und in den rastlos betriebenen Vorberei⸗ tungen und Anstrengungen zu einem Empfang, wie er der alten ehrwürdigen Handelsstadt würdig, spricht fich der Geist der An⸗ hänglichkeit an Kaiser und Reich aus, von welchem die Ein⸗ wohnerschaft beseelt ist. Die Haupt und Glanzpunkte des deko⸗ rativen Schmuckes bilden der Königsplatz mit dem Petersthor, das Rathhaus und der Augustusplatz, und zwar steigert sich die Ornamentik der Dekoration in der eben beschriebenen Reihen folge und entfaltet sich auf dem Augustusplatz zu ihrer vollsten Reichhaltigkeit. Der diese Punkte verbindende Straßenzug ist durch Laub und Fahnenschmuck zu einer via triumphalis ge⸗ staltet, welcher der alterthümliche Baustyl, der noch heut ein charakteriftisches Merkmal der Stadt bildet, ein ganz besonderes Gepräge verleiht. Den Eingang in die innere Stadt am Peters⸗ platz bezeichnet zunächst eine im römischen Style gehaltene Ehrenpforte, zu welcher von der nach dem Bahnhof führenden Windmühlenstraße hin, eine von Venetianischen Masten, die auf ihrer Spitze Blumenschalen tragen, begrenzte Festallee hinzieht. Die genannte Ehrenpforte besteht aus einem großen Mittel⸗ durchgange und zwei kleineren Seitendurchgängen. Ueber den kleineren Durchgängen befinden sich die von Lorbeer um⸗ kränzten Wappen Deutschlands und Sachsens mit den Ueber⸗ schriften: Suum cuiques resp. „Gott segne Sachsen?. Im Fries nach dem Königsplatz stehen die Worte:

„Willkommen den Trägern deutscher Größe; Heil ihnen!“

Im Fries nach der inneren Seite: „Gesegnet sei der Tag, an

Bei der Ausschmückung des Rathhauses ist der Gedanke

festgehalten worden, den aichitektonischen Eindruck, den dasselbe durch seine Bauweise macht, nicht durch moderne Dekoration abzuschwächen. Zwei mächtige Standarten, von denen die eine die Freiheit, die andere das Gesetz darstellt, begrenzen den Haupt⸗ eingang. Ueber dem Portal und dem Balkon und in Verbindung mit Draperien in den Stadtfarben ist eine wie von Lanzen ge⸗ tragene Inschrift angebracht, welche die Worte enthalt: „Die Cinheit ist gewonnen! Nun halten wir sie fest, Daß sie vorm jüngsten Tage nicht wieder uns verlãßt. Mit Blut und Thränen zahllos der Krieg uns neu verband, Nun bleib uns unantastbar das ein'ge Vaterland!“

Ueber Thurm und Giebel wallen festlich große Fahnen und Banner. 3 Der von den Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften zu nehmende Weg führt demnächst durch die Hauptarterie des ge⸗ schäftlichen Lebens Leipzigs, die Grimmaische Straße nach dem Augustusplatz, an dessen Eingang sich eine erste, und ca. 100 Schritt weiter eine zweite Ehrenpforte erhebt, beide der am Petersplatz errichteten gleichartig, aber ornamental reicher durchgebildet, und von größeren Dimensionen. Sie bestehen aus 3 großen gleichweiten Bogen. Auf der Mitte der Triumph⸗ bogen erhebt sich ein attikaartiger Aufbau, der eine Trophäe trägt. Vor der Attika auf dem Hauptsims sind kränzespendende vergoldete Figuren angebracht. Die Attika selbst wird von folgender Inschrift umzogen: „Wo der Ruhm der Helden mit dem Gdelsinn des Herzens

sich vereint,

Da baut das Volk mit Freuden Ehrenpforten.“

An der Seite ist auf beiden Bogen zu lesen:

„Gepriesen sei die Zeit und hundertfach gelobt, in der Deutschlands Einheit und Größe wieder erstanden.“

Auf der der Grimmaischen Straße zugekehrten Seite der ersten Ehrenpforte steht: „Söhne des Vaterlandes, stehet fest zu Kaiser und Reich!“ Auf der entgegengesetzten Seite der zweiten Pforte: „Sachsens Treue, so des Königs wie des Volkes, stehet fest in sonnigen und trüben Tagen!“

Um den in seiner äußeren Gestalt nicht ganz regelmäßigen Augustusplatz symmetrisch abzurunden, wurden an das Museum rechts und links Hallen angebaut, die dem Platze einen siylvollen Abschluß geben. An ihren Endpunkten münden diese Hallen in große, reich drapirte Portale aus. Die Mitte des Museums nimmt ein großes Transparentbild, eine Borussia und Saxonia unter dem Schutze der Germania darstellend, ein. Einen wei⸗ teren Schmuck erhält das Museum in der ersten Etage durch Medaillons, auf welchen Mannes⸗ und Fürstentugenden ver⸗ zeichnet, während auf der vorliegenden Terrasse Büsten der

Trophäen bekrönt, bezeschnen die Zugänge zu dem Platz, der durch Balustraden mit mächtigen Pfannen für Freudenfeuer ab⸗ geschlossen wird. .

Vor dem Museum erheben sich zwei große Triumphalsäulen nach römischem Vorbild, die eine dem Frieden, die andere dem Kriege geweiht, mit hohen Sockeln, die von Adlern gekrönt, welche Lorbeerfestons von Bronce tragen. Auf den Sockeln be⸗ finden sich auf Tafeln der Bedeutung des Tages angepaßte In⸗ schriften, von Pilastern eingefaßt, die mit vergoldeten Palmen verziert sind. Die Säulenschäfte, deren Spitzen Victoriengestalten tragen, sind mit blauen Draperien umkleidet, von goldenem Lorbeer um⸗ zogen und mit spiralförmig gewundenen goldenen Inschriften, die mit Kränzen wechseln, bedeckt. Auf der Kriegssäule liest man die Denksprüche: Wehrlos, Ehrlos Vorwärts Erst wägen, dann wagen! Furchtlos und beharrlich! Durch Einheit zur Freiheit Alle Zeit treu bereit für des Reiches Herrlichkeit. Auf der Friedenssäule: Arbeit adelt! Handel uͤnd Wissenschaft im Bunde erobern die Welt Das Heil der Deutschen ist in der Wissenschaft Auch die Kunst verlangt ein Vaterland Aus dem engen dumpfen Leben flieht in des Ideales Reich.

Dem Museum gegenüber ist der Balkon des neuen Theaters in eine Festloge verwandelt, die von einer großen Kaiserkrone überragt wird.

Den Abschluß findet die Ausschmückung des Platzes in der Facade des Universitätsgebäudes. Dieselbe trägt die Inschrift: „Immer strebe zum Ganzen und kannst du selber kein Ganzes fein, als dienendes Glied schließ an ein Ganzes dich an.“ Auf den oberen Pfeilern sind außerdem Tafeln angebracht, welche der Erinnerung an die sächsischen Fürsten gewidmet sind, die sich um die Universität besonders verdient gemacht haben; auf den unteren sind die in der Geschichte der Universität hervorragen— den Gelehrten namentlich auf eben solchen Tafeln genannt.

Nachdem der Festzug den Augustusplatz überschritten, wendet er sich an dem unter Flaggen und Kränzen fast ver⸗ schwindenden Postgebäude vorüber, umfährt den Park am Theater und erreicht durch einen, am Anfang der Goethestraße aufgerich⸗ teten Triumphbogen, das Königliche Schloß.

Der letztgenannte Triumphbogen, der weniger monumental gehalten und in modernem Genre mit farbigen Fahnen und Laub⸗ schmuck geziert ist, trägt im Fries nach der Seite der Bahnhöfe die Worte: „Heil, König Albert, Heil!“ und in dem der anderen Seite: „Glücklich das Volk, das seinen Fürsten liebt.“

Se. Majestät Kaiser Alexander von Rußland hat dem bekanntlich zur Zeit in Warschau weilenden Feldmarschall Freiherrn von Manteuffel das 4. Dragoner⸗Regiment (Catherinoslaw) verliehen. Letzter Inhaber dieses Regiments war die verewigte Großfürstin Marie Nikolajewna.

Die Nr. 140 des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ ent⸗ hielt Mittheilungen über das Auftreten der Reblaus in einigen Weinpflanzungen zu Erfurt. Eine neuerdings vom Reichs⸗ kanzler-⸗Amt veranlaßte Untersuchung hat eine Infektion der Übrigen dort befindlichen Rebschulen, auf welche die früheren Ermittelungen sich nicht erstreckt hatten, nicht ergeben. Das gleiche Refultat haben Untersuchungen verschiedener Wein⸗ berge bei Naumburg a. S. und Freiburg a. U. heraus⸗ gestellt. Dagegen ist das Vorkommen des Insekts in der zu einer Handelsgärtnerei in Klein⸗-Flottbeck gehörigen Rebschule, ferner in den Rebpflanzungen des pomologi⸗ schen Instituts zu Proskau, sowie in den Rebanlagen der Königlichen Lustschlösser „Wilhelma“, „Villa Berg“ und „Auf der Prag“ bei Stuttgart und in der jüngsten Zeit auch in einer Privatweinpflanzung der dortigen Gegend konstatirt worden.

Raiserlichen und Königlichen Familie aufgestellt sind. Ehrenbogen, von

infizirten Rebkulturen in Proskau und bei Stuttgart sofort ver⸗ nichtet und die betreffenden Bodenflächen desinfizirt worden.

Nachdem zu Aufang vorigen Jahres auf den Fiji⸗ Inseln die Masern mit einer solchen Heftigkeit aufgetreten waren, daß fast die Hälfte der eingeborenen Bevölkerung der Krankheit erlag, hat die Regierung der Sam oa⸗ESchiffer⸗ Inseln sich veranlaßt gefehen, eine Quarantaine⸗Ver⸗ ordnung zu erlassen, welche auf alle, den Häfen dieser Inseln fich nähernde Schiffe Anwendung findet. Für die Tonga⸗ (Freundschafts⸗) Infeln ist dieselbe Verordnung von der Regie⸗ rung dieser Inselgruppe eingeführt worden.

Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamte aufgestellten, in der heutigen Ersten Beilage veröffentlichten Nachweisung über die auf den Eisenbahnen Deutschlands exkl. Bayerns vorge⸗ kommenen Unfälle waren im Monat Juli d. J. im Ganzen zu verzeichnen: 22 Entgleisungen und 15 Zusammenstöße fahrender Züge, und zwar wurden hiervon 7 Zuge mit Personenbeförde⸗ rung von je 18,780 Zügen dieser Gattung Einer und 30 Güterzũge resp. leerfahrende Lokomotiven betroffen; ferner 50 Entgleisungen und 17 Zusammenstöße beim Rangiren und Z6 sonstige Betriebsereignisse (Ueberfahren von Fuhrwerken auf Wegeübergängen, Feuer im Zuge, Defekte an Maschinen und Wagen ꝛc..

In Folge dieser Unfälle wurden: 1 Person (Bahnarbeiter) getödtet, 8 Personen (7 Beamte und 1 fremde Person) verletzt 38 Thiere getödtet und 2 verletzt, sowie 43 Fahrzeuge erheblich und II7 unerheblich beschädigt. 2

Außer den vorstehend aufgeführten Verunglückungen von Personen kamen, größtentheils durch eigene Unvorsichtigeit hervorgerufen, noch vor: 27 Tödtungen ( Passagier, 19 Bahn⸗ bedienstete und 7 fremde Personen), 109 Verletzungen (2 Passa⸗ giere, 92 Bahnbedienstete und 135 fremde Personen) und 12 Tödtungen bel beabsichtigtem Selbstmord.

Von den überhaupt beförderten Reisenden wurden von je 18,406,530 Einer getödtet und von 9,203,265 Einer verletzt; von den im Betriebsdienst thätig gewesenen Beamten wurde von je 044 Einer getödtet und von 2302 Einer verletzt.

Ein Vergleich mit demselben Monat im Vorjahr ergiebt unter Berücksichtigung der in beiden Zeitabschnitten geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Geleislängen —, daß im Durchschnitt im Juli d. 3. bel 21 Verwaltungen weniger, bei 16 Verwaltungen mehr und in Summa ca. 21 Proz. weniger Verunglückungen vorgekommen sind, als im Juli v. 83

Unter Aufhebung der Vorschriften in Nr. IIl. des Er⸗ lasses vom 18. August 1868 und in Nr. 2b. des Grlasses vom 19. Januar 1871 haben der Minister des Innern und der Kriegs⸗-Minister hinsichtlich der Verwendung von Invali⸗ den-Pensionen zur Deckung von Untersuchungs⸗ und Strafvollstreckungskosten im Einvernehmen mit dem Justiz-Minister unterm 13. Juli d. J. Nachstehendes an⸗

eordnet:

g Während der Dauer einer Untersuchungshaft oder der Ver⸗ büßung einer Freiheitsstrafe erfolgt die Zahlung der den Inva⸗ liden zustehenden Pensions⸗Kompetenzen nicht an die inhaftirten Invallden, sondern der Regel nach an die untersuchungsführende, beziehungsweise die strafvollstreckende Behörde gegen deren Quittung, um aus den gedachten Bezügen die dem Invaliden gesetzlich zur Last fallenden Detentionskosten zu bestreiten

gen Unterhalt der nächsten Familienangehörigen des Pensionãrs, deren Ernährer der letztere war, und für welche ihm die Für⸗ sorge gesetztich obliegt, namentlich der Ehefrau und der Finder, nicht entbehrt werden können, sind sie in Gemäßheit des geltenden Grundsatzes, daß durch Untersuchungs⸗ und Strafvollstreckungskosten die Ei, e. nicht außer Nahrungs- stand verfetzt werden sollen, auf Antrag der Betheiligten, oder des dabei interessirten Armenverbandes, an die Angehörigen, foweit als nöthig, zu zahlen. Die Entscheidung hieruͤber steht, je nachdem die Strafhaft in den unter dem Justiz⸗Ministerium oder in den unter dem Ministerium des Innern stehenden Gefängnissen vollstreckt wird, ersterenfalls den die Strafvoll⸗ streckung beaufsichtigenden Justizbehörden, letzterenfalls den Re⸗ gierungen (in der Provinz Hannover dem Königlichen. Ober⸗ Präsidlum, in Berlin dem Polizei⸗Präsidium) hinfichtlich der Untersuchungsgefangenen aber in jedem Falle der Justiz behörde zu. Die betreffenden Verwaltungsbehörden haben sich in den⸗ jenigen Fällen, wo die gedachte Entscheidung den Justizbehörden zufteht, mit denselben ins Benehmen zu setzen und die erforder⸗ lichen Zahlungsanweisungen in Uebereinstimmung mit den Ent⸗ scheidungen der Justizbehörden zu erlassen. ;

Die letzteren, resp. die strafvollstreckenden Behörden sind gehalten, von jeder zum Zwecke der Untersuchungshaft oder Strafdetention erfolgenden Verhaftung eines Invaliden⸗Pen⸗ sions Empfängers der mit Zahlung der Penstons⸗ Kom⸗ petenzen befaßten Königlichen Regierung (in der Provinz Han⸗ noper der Königlichen Finanz⸗-Direktion) zum Zwecke der recht⸗ zeitigen Regulirung der fernerweiten Zahlung und Verwendung diefer Kompetenzen, namentlich auch wegen eventueller Ueber⸗ weisung derselben an die hülfsbedürftigen Angehörigen des In⸗ haftirten, unverzüglich Mittheilung zu machen.

Ein militärgerichtliches Erkenntniß, welches auf Grund der 5§. 273 und 274 der Militär ⸗Strafprozeßordnung eine Veruͤrlheilung des Angeklagten zu den Kosten des Straf⸗

verfahrens nicht ausspricht, gewährt auch für die etwa strafvollstreckenden Civilbehörden einen Titel zur Ein⸗ ziehung der Strafvollstreckungskosten nicht, und dem

entsprechend, sind die Detentionskosten, welche durch die Voll⸗ streckung von Erkenntnissen der gedachten Act in Civil ⸗Straf⸗ anstalten erwachsen, von den betreffenden Personen resp. aus deren Pensionen in keinem Falle, namentlich auch dann nicht einzuziehen, wenn das ergangene militãrgerichtliche Erkenntniß das Ausscheiden des Verurtheilten aus dem Soldatenstande aus⸗ gesprochen oder zur Folge gehabt hat.

Breslau, 1. September. Heute fand die Einführung der Altkatholiken in die ihnen überwiesene Corpus-Chrißi⸗ Kirche statt.

Erfurt, 5. September. Unsere Stadt ist bereits lebhaft mit den Veranstaltungen zum festlichen Empfang Ihrer Majestät der KRaiserin-Königin beschäftigt, welche am Sonnabend zur Besichtigung der Gartenbau-Afusstellung, die sehr großartige Dimensionen annimmt, hierselbst einzu⸗ treffen gedenkt. Auf dem Bahnhof wird Ihre Majestät von den Spitzen der Behörden begrüßt, auf dem Anger in einer offenen Pforte Allerhöchstderselben die Willkommengrüße der

Je nach Lage der Verhältnisse ind in den bezeichneten Fällen die nöthigen Maßnahmen ergüffen worden, um eine weitere

dem Deutschlands Kaiser und Sachsens König vereint in Leipzig weilten !.

Ausbreitung der Krankheit zu verhüten. Insbesondere sind die

Bürgerschaft, am Rathhaus Seitens der städtischen Behörden durch den Bürgermeister dargebracht werden. Die Gewerke und Innungen werden Spalier in den Straßen bilden.

Sofern jedoch die gedachten Kompetenzen zum nothdůrfti⸗

Rayern. München, 3. September. Der Prinz Otto von Bayern ist vorgestern Abend von seinem viertelsährigen Aufenthalte im bayerischen Wald hier eingetroffen und hat sich alsbald nach Nymphenburg begeben.

4. September. (Corr. v. u. f. Deutschl) Das Staats⸗ Ministerium des Innern wird demnächst eine Entschließung erlassen, daß die Anfertigung der Wählerlisten für die kommende Reichstagswahl zu bethätigen und so zeitig zum Abschlusse zu bringen ist, daß deren Auslegung bis zum Monate Oltober erfolgen kann. Ebenso sollen die Vorbereitungen für die Ab⸗ grenzung der Wahlbezirke durch die unmittelbaren Magistrate und die Bezirksämter getroffen werden.

Augsburg, 3. September. (A. Ab. Ztg.) Nach der feier⸗ lichen Enthüllung des Sieges denkmals wurde folgendes Telegramm an Se. Majestät den König abgesandt:

„Heute wurde das Denkmal enthüllt, welches von der Stadt Augsburg zur Erinnerung an die Siege von 1870—71 und an die damals für das Vaterland gestorbenen Gemeindegenossen errichtet worden ist Auch bei dieser Gelegenheit gedachten wir dankbar der Opfer, welche Ew. Majestät für die deutsche Sache gebracht haben, und fühlen wir uns gedrungen im Namen der Bürgerschaft von Augs⸗ burg Ew. Königliche Majestät in allertiefster Ebrfurcht die Versiche⸗ rung niemals wankender Liebe, Treue und Anhänglichkeit zu senden. Magistrat der Stadt Augsburg. Der erste Bürgermeister: Fischer.“

Im Laufe des Nachmittags traf folgende Antwort aus Berg ein:

„Hr. Bürgermeister Fischer! Mit lebhaftem Dank erwidern Se. Majestät der König die aus Anlaß der Enthüllung des Krieger= denkmals in so warmen Worten zum Ausdruck gekommene Versiche—⸗ rung unwandelbarer Anhänglichkeit, und senden der getreuen Stadt Augsburg huldreichsten Gruß. Im Allerhöchsten Auftrag v. Ziegler.“

Der Bürgermeister Fischer theilte den bei einem Festmahl im „weißen Lamm“ vereinten Mitgliedern der beiden städtischen Kollegien die Allerhöchste Antwort mit, und knüpfte daran ein dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den König, in das die

Versammelten mit Begeisterung einstimmten. Ein zweiter Toast, den der Bürgermeister Fischer ausbrachte, galt den Männern, die das Denkmal erdacht und ausgeführt haben. Der Erzgießer Prof. Lenz von Nürnberg wohnte dem Mahle bei.

Regensburg, 5. September. (W. T. B.) Se. Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit der Kronprinz ist nach Beendigung der Inspektion über die hier zusammengezogene Kawallerie⸗Division heute Abend 67 Uhr nach Leipzig abgereist.

Sachsen. Leipzig, 1. September. (Allg. Ztg.) Mit gestern gingen die achtwöchigen Ferien des Reichs⸗ Ober ⸗Handelsgerichts zu Ende. Heute früh hat bereits eine nicht öffentliche Sitzung des ersten Senats des obersten Reichsgerichts wieder stattgefunden. Für den 6. d. M. stehen zwei elsässische Prozesse, für den 16. noch eine elsässische Sache auf der Tagesordnung. Während der Monate Juli und August war ein sogenannter Feriensenat für dringliche Sachen in Bereitschaft.

Baden. Karlsruhe, 3. September. Der 5 neuen Pfarrer⸗Dotationsgesetzes bestimmt, daß das Gesetz nach Ablauf dreier Budget⸗Perioden (6 Jahre), die gegenwärtige eingerechnet, außer Kraft trete, wenn nicht schon fruher durch ein Staatsgesetz den Kirchen die Besteuerung ihrer Angehörigen eingeräumt wird. Da nun die gegenwärtige Budget⸗Periode mit dem Monat November 1875 beginnt, so wird, wie das „Frkf. J.“ vernimmt, das Ministerium die Zulagen ohne Wei⸗ teres von jenem Monate an zur Auszahlung bringen.

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Sach sen Weimar Eisen ach. Weimar, 5. September.

Heute früh hat Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin

von Meiningen aus, wohin sich Höchstdieselbe zunächst nach

Frankenheim gestern Abend aus Wilhelmsthal begeben, eine Reise durch das Eisenacher Oberland angetreten.

Reuß ä. L. Wie der,, Leipz. Ztg. aus Greiz geschrieben wird, ist dem General⸗Feldmarschall Grafen Moltke am 2. Sep⸗ tember von den Vertretern der Stadtgemeinde Greiz der Ehren bürgerbrief der Stadt überreicht worden.

Reuß j. L. Gera, 4. September. (Leipz. Ztg.) Se. Durchlaucht der Fürst ist heute von Schleiz nach Leipzig abgereist.

Oesterreich⸗Qlngarn. Wien, 4. September. Der Kron⸗ prinz Rudolf und der Prinz Arthur von England haben sich heute Nachmittags von hier nach Veldsberg begeben, um bis zum 7. d. M. an den Herbst⸗Manövern Theil zu nehmen.

Die „Wiener Abendpost“ knüpft an eine Betrach⸗ tung über die Vorgänge auf dem Kriegsschauplatze Hoffnungen auf, den Erfolg der Mediation. Sie schreibt: Vom Kriegsschauplatze liegt heute eine Reihe allerdings noch schwankender und widerspruchsvoller, aber doch wenigstens in der einen Richtung nicht mehr anzuzweifelnder Meldungen vor, daß das Glück der Waffen sich abermals und diesmal, wie es scheint, in entscheidender Weise von der Sache der Serben gewendet hat. Belgrader Telegramme versichern zwar, daß die serbischen Truppen sich in guter Orduung nach Alexinatz zurückgezogen haben und von der Besatzung aufgenommen wor⸗ den seien, allein gleichzeitig verbreitet sich das Gerücht von der Einnahme Alexinatz durch die Türken und wenn auch diese An⸗ gabe bis zum Augenblicke noch unbeftätigt geblieben ist, so stimmen doch alle unbefangenen Beurtheiler darin überein, daß dieser Hauptstützpunkt der serbischen Defensivstellung schwerlich mehr lange haltbar sein wird. Daß unter solchen Verhältnissen die eingeleiteten Mediations-Verhandlungen eine nachdrückliche und energische Förderung finden werden, ist durchaus wahr—

scheinlich geworden“

5. September. MW. T. B.) In einem heute ab⸗ gehaltenen Ministerrathe ist, wie die „Presse“ meldet, beschlossen worden, daß der Betrag von 48 Millionen Gul⸗ den der neuen Goldrenten⸗A nleihe an die Gruppe Roihschild, Kreditanstalt zum kommissionsweisen Verkauf übergeben werden oll. Die Regierung erhält darauf einen Vorschuß von 20 Millionen Gulden ohne Inanspruchnahme der Nationalbank. Das im Juni abgeschlossene Vorschußgeschäft über 25 Millionen Gulden wird prolongirt.

Feldsberg, 4. September. Der Kronprinz Ru dolf und Prinz Arthur von England sind mit einem Gefolge in⸗ und ausländischer Offiziere um halb 5 Uhr Nachmittags hier eingetroffen. Mit demselben Zuge kam der Minister des Aeußern, Graf Andrassy. Der Kaiser, welcher sich zum Smpfange des englischen Prinzen schon früher auf dem Bahnhofe eingefunden hatte und das Band des englischen Hosenbandordens trug, be⸗ grüßte nach Einlangen des Zuges zuerst den Prinzen Arthur und dann den Kronprinzen.

Lemberg, 4. September. Der Statthalter Graf Potocki

bedenklich er kran kt. Die geschicktesten Aerzte Lembergs wurden zu ihm berufen. Die Herb stmanöver bei Grodek beginnen am 13. September.

; Prag, 3. September. Der „Pokrok“, das Organ des hiesigen altezechischen Abgeordnetenklubs, erklärt ausdrücklich, daß die Erneuerung des Ausgleichs mit Ungarn die Altez echen nicht bewegen könne, in den Reichsrath einzutreten, und daß sie es auch fernerhin vorziehen, auf die ihnen günstige Eventualität zu warten. Hierzu bemerkt das, Wien. Fremdenbl.“: „»Die Bemühungen des Grafen Hohenwart und der Rechts⸗ partei“, die Stimmenzahl der staatsrechtlichen Opposttion im Reichsrathe zu verstärken, scheinen also vorläufig nicht zum Ziele geführt zu haben. Ob es auch dabei bleibt? Wir werden es ja sehen. So viel steht fest, daß der Eintritt der Czechen in den Reichsrath, wenn er nicht bald nach dem Wiederbeginn der Session erfolgt, späterhin nicht wird erfolgen können, indem das Präsidium des Abgeordnetenhauses im Falle ihres Nichterscheinens geschäftsordnungsmäßig ihre Mandate für erloschen zu erklären haben wird.“

Triest, 4. September. Die Kaiserin hat heute auf der Yacht „Miramar“ eine größere Seereise angetreten. Sie wird zunächst Pola berühren und dann die Fahrt nach Lacroma und Corfu fortsetzen. Erzherzogin Valerie verbleibt in Miramar.

Pest, 3. September. Die hundertjährige Feier des Palatins Josef hat heute unter Theilnahme des Erzherzogs Josef und dessen Familie, welche den Mittelpunkt des Festes bildeten, der Minister, der Vertretungen der Hauptstadt, des Ftomitates und des Reichstages, der Mitglieder des statistischen Kongresses, der Konsuln, des Klerus, der Armee und von 2000 Gästen stattgefunden. In den Redoutensälen hielten Ober⸗ Bürgermeister Raich und Ober⸗Nator Barna Gedenkreden, in welchen sie die unvergänglichen Verdienste des Palatins hervor⸗ hoben, worauf der Ober⸗Bürgermeister dem Erzherzoge eine gol⸗ dene Gedenkmedaille überreichte. Sodann fand ein Festzug auf den Josefsplatz statt, woselbst unter den Klängen der Volks⸗ hymne ein Lorbeerkranz auf dem Monument des Palatins nie⸗ dergelegt wurde.

Zara, 3. September. Die amtlichen Erhebungen bezüglich der Grenzverletzung bei Ossoinik haben Folgendes un⸗ widerleglich sichergestellt: Bei der Verfolgung der Insurgenten Seitens der Türken in Folge des Gefechtes bei Grebei am 14. August früh drangen die Türken um 7 Uhr auf österreichisches Gebiet bis zur Anhöhe von Agradi vor. Unweit der Viehtränke war österreichisches und herzegowinisches Vieh, welches sofort von den Türken umzingelt und in der bereits telegraphisch gemel— deten Menge geraubt wurde. Die bewaffneten Ortsbewohner von Ossoinik erklärten hierauf, daß dies österreichisches Gebiet sei und das Vieh ihnen gehöre, was die Türken nicht anerkennen wollten und wobei Schüsse gewechselt wurden. Diese verstumm⸗ ten Seitens der Türken, als ein hoher Offizier herbeikam und die Abtheilung über die Grenze zog.

Schweiz. Bern, 3. September. (N. 3. 3.) Der In⸗ genieur Olivier Z3schokke hat ein Gutachten an den Bundes⸗ rath gerichtet, in welchem er zu dem Schlusse gelangt, daß durch vorläufige Nichtausführung der beiderseitigen subalpinen Zufahrtslinien, dagegen durch Annahme entsprechender, in ihrer baulichen Ausführung aber provisorischen Trajektanstalten auf dem Vierwald ätter See und dem Lago Maggiore, endlich durch Erbauung von Zahnschienenbahnen auf den Steilrampen der beiderseitigen alpinen Zufahrten zum Gotthardtunnel die Gott⸗ hardbahn mit den der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Mitteln erbaut werden könne, ohne den Betrieb und die Ver⸗ kehrstüchtigkeit dieser internationalen Linie zu beeinträchtigen.

5. September. (W. T. B.) Der Präsident des Bundesrathes, Welti, und das Bundesraths— mitglied Anderwert haben sich heute nach Locarno begeben, um daselbst mit den italienischen Ministern Depretis, Zanardelli und Melegari über die Gotthardbahnfrage zu konferiren.

Großbritannien und Irland. London, 4. Sep⸗ tember. Wie Londoner Blätter melden, hat der Prinz von Wales eingewilligt, als Präses des britischen Departements der Pariser internationalen Ausstellung von 1878 zu fungiren.

Lord Napier von Magdala, der neue General⸗ Gouverneur von Gibraltar, wird sich, der „A. A. C.“ zu⸗ folge, am 28. d. M. auf seinen Posten begeben.

6. September. (W. T. B.) Wegen der von den Türken begangenen Grausamkeiten haben an verschiedenen Orten des Landes abermals Meetings stattgefunden. Die Veranstalter eines in Plymouth abgehaltenen Meetings hatten vorher ein Schreiben an den Staatssekretär des Auswärtigen, Lord Derby, gerichtet und ihr Bedauern über den Mangel einer offiziellen Erklärung darüber ausgesprochen, daß wegen des Verhaltens des englischen Botschafters Elliot in Konstantinopel eine Untersuchung eingeleitet werden solle. Derby hat darauf geantwortet, die Regierung werde nichts versäumen, um die volle Wahrheit zu erfahren, sie werde bereit sein, im Einverständniß mit den übrigen Mächten diejenigen Schritte zu thun, welche die Gerechtigkeit erheische.

Türkei. Einen vier Spalten langen telegraphischen Bericht über die neueste Schlacht bei Alexinatz leitet der Belgrader Korrespondent der „Times“ mit folgendem Satze ein: „Der 1. September 1876 wird denkwürdig in den Annalen der Türkei wie in denjenigen Serbiens sein, denn an diesem Tage gewann das erstere Land einen großen Sieg, und das andere erlitt eine höchst ernstliche Niederlage. Die an diesem Tage gelieferte Schlacht war die Schlacht des Krieges. Sie dauerte ununter⸗ brochen 113 Stunden und fand auf Terrain statt, welches die Serben zum stärksten in diesem ganzen Lande gemacht hatten. Es war der lang erwartete Entscheidungskampf und es mangelte an keiner Phase, die einen Kampf der auf einer Seite um Oberhoheit, auf der andern um Egxistenz geführt wurde, fürchterlich großartig machen konnte.“

Der „Standard“ hat über die neuesten Kämpfe bei . folgende Telegramme von türkischer Seite er⸗ alten:

Vor Alexinatz, Freitag Abend. Heute griffen die Türken die serbischen Positionen auf den Anhöhen am linken Morawa⸗-Ufer an. Nur die Hälfte unserer Streitkräfte war engagirt; im Centrum die Division Suleiman mit der Division Hafiz am rechten Flügel, der Diviston Adil am linken und der Brigade Salam Paschas. Das Terrain war sehr wellenförmig und meistentheils mit Gehölz bedeckt, und die Hügel waren mit Be⸗ festigungen gekrönt. Unser Zweck war, den feindlichen rechten Flügel zu umgehen, aber er hatte dort den größeren Theil seiner

die von etwa 20 feindlichen erwidert wurde. Um 10 Uhr be⸗ gann unser linker Flügel vorzurücken, aber der ihm entgegen⸗ gesetzte Widerstand war sehr stark, und während der ersten drei Stunden machten wir nur geringe Fortschritte. Endlich rückten die Türken erbittert rascher vor und gewannen Schritt um Schritt Terrain. Nachdem eine Redoute genom men worden, retirirten die Serben in guter Ordnung nach einer anderen Batterie zurück und fuhren Geschütze auf, um diese Bewegung zu decken. Ein⸗ oder zweimal erneuerten fie den Angriff, aber ohne Wirkung, und um 4 Uhr schritten wir zum Angriff des rechten Flügels. Zwei Batterien stiegen in das Thal hinab. Die Re⸗ douten wurden genommen, und außer etlichen Gefangenen be⸗ fanden fich unter der Beute eine große Kanone und drei Wagen voll Munition. Wir erwarten, daß die Serben während der Nacht die Brücke vor Alexinatz verbrennen werden.

Vor Alexinatz. Sonnabend. Heute Nachmittag betraten die Tscherkessen unter Hussein Vasfi Pascha drei nordwestlich von Alexinatz gelegene serbische Redouten. Oberst Mehmed Bey ent⸗ deckte Mienen, die mit Dynamit gefüllt waren, aber die Re⸗ douten waren verlassen. Man giaubt, daß die ganze serbische Armee Alexinatz geräumt hat.

Auch der Belgrader Korrespondent der „Pol. Corr.“ gesteht die Niederlage bei Alexinatz ein und stützt nun seine ganzen Hoffnungen auf Deligrad und Cuprija. Er schreibt vom 2. d. wie folgt: Deligrad ist mit zwanzig schweren Positions⸗ geschützen in den letzten Tagen armirt worden. General Protits soll dis Fommando in Deligrad übernehmen. Bei 3009 Mann arbeiten Tag und Nacht an den Verschanzungen von Cuprija, welches, nach Deligrad, allein noch im Stande ist, den Feind aufzuhalten. Das Armee⸗Kommando hat gestern die Räumung der Stadt Alexinatz von Seiten der Einwohner angeordnet. Auch die Verwundeten werden nach Cuprija transportirt. Der Zuzug an Offizieren, die täglich eintreffen, gleicht wohl die Verluste aus. Immerhin ist der Verbrauch an Offizieren in diesem Kriege ein ungeheurer, weil sich diese ftets exponiren müssen.⸗ .

Die Presse“ schreibt über die Lage auf dem ser⸗ bisch⸗türkischen Kriegsschauplatze:

Das Tagesereigniß bildet die Niederlage der Serben am 1 September auf dem linken Morawa-Ufer. Nach⸗ dem die in Form einer großen Demonstration ausgeführte Be⸗ wegung Ejub Paschas erfolglos geblieben, derselbe sogar ge— zwungen war, das rechte Morawa⸗-Ufer zu räumen, griffen end— lich die Türken, wie nothgedrungen, zum einfachsten und erfolgreichsten Mittel: zum entscheidenden Massenangriff der serbischen Truppen. Wätrend des elfstündigen Kampfes am Freitag schwankte die Entscheidung zwischen Mrsol und

Alezinatz hin und her, bis endlich die Serben ge⸗ zwungen waren, ihre Positionen zu räumen und sich nach Alexinatz und Deligrad zurückzuziehen. Es scheint,

daß an diesem Tage die einzige Schlacht seit zwei Wochen geschlagen wurde. Alle bisherigen Kämpfe verdienten nur als plan⸗ und ziellose Lokalgefechte angesehen und bezeichnet zu werden. Größere und kleinere Abtheilungen kämpften da und dort um einen Streifen Landes, um eine Höhe, um ein Dorf, bis es endlich am 1. September zu einer eigentlich entscheidenden Schlacht kam. Diese mußte bei dem großen Aufwande an Streitkräften entweder zur Vertreibung der Türken aus Serbien, oder zu einem ausgiebigen Rückzuge Tschernajeffs führen. Das Letztere ist bekanntlich eingetreten.

Was weiterhin geschehen kann, ist selbstverständlich nicht vorauszusehen. Es ist weder der Zustand der beiden Armeen bekannt, noch liegen authentische Nachrichten darüber vor, wie die Serben den Rückzug angetre⸗ ten haben. Zogen sie sich nicht in regellofer, wilder Flucht zurück und ist die moralische Kraft der serbischen Armee noch nicht gänzlich gebrochen, so kann sich Tschernajeff vielleicht noch auf eine dauernde Vertheidigung von Alexinatz einlassen. Sonst muß er seine Truppen erst bei Deligrad sammeln.

Befinden sich aber einmal die beiden Armeen bei Deligrad, so erhält die militärische Situation einen für Ser— bien überaus ungünstigen Charakter. Wenn auch die Defensiwh⸗ stellung bei Deligrad lokal weit günstiger als die bei Alexinatz ist, so fällt doch durch die Räumung von Alexinatz der südlichste Theil von Serbien, vieseicht ein Viertel des ganzen Landes in die Hände der Türken. Die beiden Tscholak⸗Anties, welche die südwestliche Grenze Serbiens zu halten wußten, wer⸗ den nach dem Verluste von Alexinatz zu einem möglichst raschen Rückzuge gezwungen sein.

Die Operationen Tschernajeffs werden von dem ge⸗ nannten Blatte folgendermaßen kritisirt: Wie während des ganzen Krieges, so hatte es auch in den Kämpfen bei Alexinatz der serbische Generalissimus zu keinem klaren, einheitlichen Plane gebracht. Schon die Thatsache, daß er durch die Vorrückung Achmed Ejub Paschas von Knjazewatz über Dervend und Stanji überrascht wurde, trotzdem Horvatovies in Banja stand, spricht dafür, daß Tschernajeff nicht einmal alle mög⸗ lichen Dperagtionslinien der Türken ins Auge gefaßt hatte. In den Gefechten südlich Alexinatz machte Tschernajeff, so oft sich auch die Gelegenheit bieten mochte, keinen einzigen Versuch einer aktiven Defensive. Wo die Türken Ein Bataillon vorscho— ben, schickte er ihnen Ein serbisches Bataillon, aber auch nur eines entgegen; überall beschränkte er sich nur darauf, den Feind zu erwarten und ihn im günstigsten Falle zurückzuweisen.

Die „N. Fr. Pr.“ hat folgende Telegramme erhalten: Semlin, 4. September. Privatnachrichten melden die Einnahme von Alexinatz und Krusewatz durch die Türken, sowie den Rückzug der Serben in die Deligrader Verschanzungen. Ein Privat- Telegramm Tscher⸗ najeffs meldet, daß die Türken am 1. und 2. September einen Scheinangriff auf Deligrad ausführten, um den Angriff auf Alexinatz zu maskiren. Tschernajeff habe den Plan durch⸗ schaut. Er habe sich auf ein Plänklergefecht beschränkt und seine Positionen behauptet. Tschernajeff stellt eine größere Aktion in Aussicht. Seither kann also Alexinatz gefallen sein. Heute marschirten alle Belgrader Truppen ab. Auch Mac JIvers Legion, 100 Mann und 30 Pferde stark. Seine Soldaten sind mit Säbeln und Revolvern bewaffnet, welche gestern erst in Belgrad angekauft wurden. Bei Bjelina wird ein türkischer Offensivstoß erwartet. Die Stimmung ist in Belgrad gedrückt.

Semlin, 4. September. Der Rückzug Tschernajeffs mit dem Gros der Armee auf Deligrad wird bestätigt. Hor⸗ vatovich bleibt mit dem Observationscorps in Alexinatz. Die Stimmung ist in Folge dessen dem Frieden zugeneigt und finden täglich Ministerrathssitzungen unter Vorsitz des Fürsten statt. Ristic ist der eifrigste Verfechter der Frie⸗ densströmung geworden. Es heißt, daß das Gros der Türken sich im Anmarsche auf Kragußewatz befinde. Ueberall herrscht

Streitmacht angehäuft. Die Schlacht begann um 8 Uhr Mor⸗

ist auf seiner Besitzung in Lancut an hochgradigem Typhus sehr gens mit einer heftigen Kanonade aus 36 unserer Kanonen,

Bestürzung.