1876 / 212 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Sep 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Die Kavallerie des Nord⸗Cacps suchte nunmehr die Rück zugs⸗ bewegung des letzteren zu schatzen, während die Torps⸗ Artillerie staffekweife abzog. Als die umgehende Bewegung des XII. Corps von Eröbern her noch deutlicher hervorgetreken und damit auch ein längeres Halten von Wachau Seitens des Nord⸗ Corps un⸗ möglich geworden war, gab dasselbe die leicht besetzten Stellungen sfüdlich Wachau auf und wandte sich in der Richtung auf Lie⸗ bertwolkwitz zurück. . ö

Zu dem Dejeuner dinatoire, welches dem Manöver folgte, waren ca. 200 Einladungen ergangen.

Abends 6 Uhr 30 Minuten verließen Se. Majestät der Kaiser Leipzig mittelst der Thüringer Bahn, um Sich nach Merseburg zu begeben. Das sächsische Königspaar gab Sr. Majestät das Geleit zu dem mit Blumenkränzen und Laub⸗ gewinden geschmückten Bahnhof, wo die Allerhöchsten Herr⸗ schaften Sich in der herzlichsten Weise verabschiedeten.

Se. Majestät der Kaiser haben dem Bürgermeister von Leipzig das nachstehende Handschreiben zustellen lassen:

„Ich kann die Stadt Leipzig nicht verlassen, ohne derselben nech= mals auszusprechen, wie sehr Mich der Mir hier bereitete Empfang erfreut und bewegt hat. Mir ift hier, wo vor 63 Jahren der erste Schritt für die Vereinigung Deutschlands mit blutigen Opfern erkämpft wurde, überall eine so wohlthuende Darlegung der Sympathie für die Einigkeit Deutschlands, verbunden mit warmer und treuer Anhäng⸗ lichkeit an den Landesherrn entzegengetreten, daß es Mir ein wahres Herzens bedürfaiß ist, Meiner freudigen Befriedigung hierüber Worte zu geben. Der Name der Stadt Leipzig ist bisher jederzeit unter den ersten genannt worden, wo es die Ehre und Größe Deutschlands galt; Ich scheide von hier mit der festen Ueberzeuzung, daß es immer und für alle Zeiten so sein wird.

Wilhelm.“

Aus Merseburg wird telegraphisch gemeldet: Se. Majestät der Kaiser sind heute Abend 75 Uhr aus Leipzig hier eingetroffen; gleichzeitig traf auch Ihre Majestät die FKaiserin ein. Der Bahnhof war zum Empfange der Kaiser⸗ lichen Majestäten festlich geschmückt und die Stadt reich illu⸗ minirt. Für das Gefolge und die ausländischen Offiziere waren etwa 70 Equipagen bereit gehalten. Die Majestäten haben mit Ihrer nächsten Umgebung allein im Schlosse Wohnung genom⸗ men; die mit anwesenden Fürstlichkeiten und fremdherrlichen Offiziere haben Stadtquartiere genommen. Am späteren Abend fand auf dem Domplatz der große Zapfenstreich statt, welcher von sämmtlichen Regiments⸗Mufik⸗Corps des IV. Armee-Corps aus- geführt wurde. Der 3Zufluß von Fremden ist außerordentlich stark.

Ueber die Reise Sr. Majestät des Kaisers und Königs gach Stuttgart, Weißenburg und Baden sind bis jetzt vachstehende Dispositionen getroffen:

Se Majestät der Kaiser und König gedenken Berlin mittelst Extrazuges der Berlin⸗Potsdam⸗Magdeburger Eisenbahn am Mitt⸗ woch. 20. d. Mts , Abends 117 Uhr zu verlaffen um am 21. Nachmit⸗ tags 36 Uhr in Stuttgart einzutreffen. Der Kaffee wird in Cassel, das Dejeuner in grankfurt eingenommen. Am Freitag, den 22. findet große Parade des XIII. (Köni lich württembergischen) Armee -⸗Eorps bei Ludwigsburg und am Sonnabend, den 23. Corps - Manöver bei Ludwigsburg statt. Die Weiterreise von Stuttgart erfolgt Sonntag, den 24, Nachmittags 2 Uhr, mittelst Extrazuges uͤber Karlsruhe, und die Ankunft in Weißen⸗ burg Nachmittags 5 Uhr 15 Minuten. Am Montag, den 25., finden die Kavallerie⸗Divisionsübungen bei Geitershof statt. Nachmittags um 3 Uhr Offizier⸗Steeple⸗chase und zwei Rennen elsäfsischer Bauern auf dem Exerzierplatze bei Weißenburg. Am Dienstag, den 26, Favallerieezerzitien bei Schleithal, Nach⸗ mittags? Uhr Fahrt zur Besichtigung des Gefechtsfeldes von Weißenburg. Am Mittwoch, den 27., Fahrt nach Wörth, Elsaß⸗ hausen und Fröschweller (Besichtigung der Kirche) Die Ab⸗ reise von Weissenburg erfolgt Nachmittags 2 Uhr nach Karls⸗ ruhe, wo Ihre Masestät die Kaiserin und Königin mit Sr. Majefstãt zusammentrifft. Von Karlsruhe reisen Beide Majestäten am nämlichen Tage nach Stuttgurt, wo Allerhöchsidieselben am 28. verweilen, um am Freitag Vormittag um 19 Uhr die Reise nach Baden fortzusetzen. Die Ankunft daselbst erfolgt Rach⸗ mittags 1 Uhr.

Dem Bundesrath sind die Entwürfe der Etats auf das Vierteljahr vom 1. Januar bis 31. März 1877 für das Auswärtige Amt des Deutschen Reichs, das Reichs-Eisenbahn⸗ amt, das Ober⸗Handelsgericht, ber den allgemeinen Pensions⸗ fonds, für die Verwaltung der Eisenbahnen und über den Reichs⸗Invaliden fonds vorgelegt worden.

Zur Ausführung des Gesetzes über das Grundbuch-⸗ wesen 2e. in der Provinz SchlesUwig-Holstein vom 27. Mai 1873 haben der Finanz⸗ und der Justiz⸗Minister unterm 16. Juli bzw. 28. August d. J. Ausführungsbestimmungen erlassen.

Nach einem Erkenntniß des 4. Senats des Ober⸗ Tribunals sind die Verträge zweier Kommissionäre unter einander über die gemeinsame Vermittelung von Grundstũcks erkäufen stets als Sozietäts verträge aufzufassen, auch wenn die Kontrahenten sich nicht vereinigen, gemeinschafilich nach Kaufs⸗ oder Verkaufslustigen für Grundftücke zu suchen, sondern die Arbeit theilen, so daß der eine dem Anderen einen Kaufs⸗ oder Verkaufgluftigen nachweist, und der Andere das Geschäft zu Stande bringt. In demselben Erkenntniß at der höchste Gerichtshof auch ausgesprochen, daß die oben er⸗ wähnten Verträge zwischen Grundstückskommissionären für ihre Rechtsgültigkeit stets der schriftlichen Form bedürfen, selbst wenn die Kommissionare im Sinne des deutschen Handelsgesetzbuches die Qualitãt von Kaufleuten haben. „Denn die Vereinbarung der Parteien“, motivirt das Ober⸗Tribunal diese Entscheidung, „zielt auf den Gewinn, welcher aus der Vermittelung von Kauf⸗ verträgen über Immobilien zwischen dritten Personen erhofft wird. Dergleichen Kaufverträge gehören nach der klaren Satzung des Art. 275 des Handelsgesetzbuches („Verträge über unbe⸗ wegliche Sachen sind keine Handelsgeschäfte“) nicht zu den Han⸗ delsgeschãften. Daraus folgt ein Gleiches bezüglich der Natur der Vermittelung von FKaufvertrãgen, da nach Art. 277, 4 5. G. B. nur die Vermittelung von Handelsgeschäften ein Handelsgeschäft darftellt.

Der Thierarzt Seiffert zu Trachenberg ist zum kom⸗ misfarischen reisthierarzt des Kreises Militsch ernannt worden.

S. M. Schiffe ‚Kaiser“ und „Deutschland“ sind, telegraphischer Nachricht zufolge, am 6. d. Mts. in Gibraltar eingetroffen und von dort am 7. d. Mts. nach Plymouth ge⸗ gangen; S. M. Schiffe „Friedrich Carl“ und „Kron⸗ prinz“ sind an demselben Tage von Salonichi nach Smyrna in See gegangen.

Briefsendungen für S. M. Schiffe Friedrich Carl“, „Kronprinz“ und Pommerania“ sind bis auf Weiteres nach Smyrna, dergleichen für S. M. S. „Niobe“ von heute ab nach Kiel zu dirigiren.

Sachsen. Leipzig, 6. September. Ein heute Nachmittag gegen 3 Uhr stattgehabtes Gewitter, welches von Sturm und siarkem Regen begleitet war, hat leider, wie das Dr. J.“ mittheilt, ein beklagenswerthes Sreigniß herbeigeführt. Von der auf dem Augustusplatze nach dem Augusteum zu stehenden Friedens säule wurde nämlich, wie man annimmt, durch Blitzschlag, die eine Victoria herabgeschleudert und gänzlich zertrümmert. Die über 8 Centner schwere Kolossalfigur wurde kurz über den Füßen abgebrochen und hätte beim Niederfallen beinahe Herrn Pro⸗ feffsor zur Straßen, der in der Nähe der Säule gestanden, ge⸗ troffen. An der andern Säule ist durch den furchtbaren Wirbel⸗ wind einer der vier Adler vom Postamente herabgeworfen und gleichfalls vernichtet worden.

Württemberg. Friedrichs hafen, 5. September. Heute Nachmittag traf von der Insel Mainau her der Graf von Flan⸗ dern und der Erbprinz von Hohenzollern-Sigmaringen nebst Gemahlinnen zum Besuche der Königlichen Familie im Schloß Friedrichshafen ein und begaben sich nach 5 Uhr mit dem Abendschiff über Rorschach auf die Weinburg, den gewöhnlichen Sommeraufenthalt des Fürsten von Hohenzollern⸗Sigmaringen.

Baden. Schloß Mainau, 6. September. Montag, den 4. ds. begaben sich der Großherzog, die Großher⸗ zo gin und der Erbgroßherzog, sowie die Prinzessin Vic⸗ torla nach Villingen, besuchten dort unter Leitung des Präsi⸗ denten des Großherzoglichen Handels⸗-⸗Ministeriums Turban und des Großherzoglichen Landes⸗Kommissärs Haas die Gewerbe⸗ Ausstellung und kehrten Abends nach Mainau zurück. Dienstag, den 5. ds, verfügten sich Ihre Königlichen Hoheiten nach Con⸗ stanz, wo der Fürst und die Fürstin von Hohenzollern auf der Reise von Krauchenwies nach Weinburg um 1 Uhr eingetroffen waren, und kehrten nach Begrüßung ihrer hohen Verwandten nach Mainau zurück.

HSessen. Darmstadt, 6. September. Die Herzogin Anna von Mecklenburg⸗Schwerin ist gestern Nachmittag bei dem Prinzen Carl zu längerem Besuche eingetroffen.

(Irkf. J.) Seit dem 1. Juli d. J. ist das neue Berggesetz in Kraft getreten, allein die Organisation der Bergbehörden ist noch provisorisch. Außerdem fehlen noch konzessionirte Markscheider für die Aufnahme in den Gruben.

Oesterreich⸗lngarn. Wien, 6. September. Der Kai⸗ ser trifft morgen Abends in Wien⸗Schönbrunn ein und begiebt sich nach kurzem Aufenthalte nach Siebenbürgen. Uebermor- gen wird der Reichs⸗Finanz⸗Minister Freiherr v. Hof⸗ mann den Eid in die Hand Sr. Majestät ablegen.

J. September. (W. T. B.) Der Kaiser hat von Feldsberg aus ein Handschreiben an den Feldmarschall Erz— herzog Albrecht gerichtet, in welchem er sich von dem Resultate der stattgehabten Truppenmanöver in hohem Grade befriedigt erklärt, allen dabei verwendeten Kommandanten und Truppen des stehenden Heeres und der Landwehr wegen ihres Eifers, ihrer Ausdauer und ihrer kriegsmäßigen Schulung seine volle Anerkennung ausspricht und dem Erzherzog Albrecht für seine mühevolle und lehrreiche Leitung der Uebungen ganz besonders dankt.

Wie das „Fremdenbl.“ vernimmt, haben sich bei der hiesigen Kaiserlich türkischen Botschaft mehr als fünfzig Wiener Aerzte zum Eintritte in die türkische Armee bereit er⸗ klärt und noch fortwährend laufen zu diesem Zwecke Gesuche von Aerzten ein, die aber bei dem Umstande, daß der Aerzte⸗ mangel bei der türkischen Armee jetzt kein so großer ist, nicht mehr berücksichtigt werden können.

Feldsberg, 6. September. Den heutigen Manövern von 7 Uhr früh bis 2 Uhr Nachmittags wohnten der Kaiser, Kronprinz Rudolf, die Erzherzoge und die anderen Gäste bei. Morgen ist der letzte Manövertag. Die Aktion wird wahr⸗ scheinlich zwischen Nikolsburg und Drasenhofen stattfinden. Nach beendetem Manöver wird der Kaiser eine Revue über beide Corps abhalten.

Dem „Wien. Fremdenbl.“ wird von hier gemeldet: Um die Leistungsfähigkeit der Bahnen in Betreff der Mi— litãr-Transportirung auch von den kleinsten Stationen aus zu erproben, müssen in Folge Auftrags der Kriegs verwaltung am 8. September von Nikolsburg aus 18,000 Mann nach ihren diversen Garnisonsstationen befördert werden. Die Nordbahn wird an dem genannten Tage achtzehn Militärzüge von Nikols⸗ burg aus abdirigiren, und darf hierdurch der sonstige Verkehr in keiner Weise behindert werden.

Prag, 6. September. Der „N. Fr. Pr.“ wird von hier gemeldet: Der päpstliche Nuntius Zacobini weilt derzeit auf Schloß Chrast des Königgrätzer Bischofs. Nach dem Hochamte in der Dekanatskirche polemisirte Bischof Hais Angesichts des Nuntius von der Kanzel herab gegen die liberale Journalistik, die den Papst blos aus Böswilligkeit in den Verdacht der Sympathie für die Türkei bringe.

Pe st, 6. September. „Ellenör“ meldet, der Kaiser werde zur Besichtigung der Manöver der Honved⸗Kavallerie am 14. d. M. nach Gyuala im Bekeser Komitate kommen, und sich von dort nach Hermannstadt verfügen.

Bezüglich der neuen Leitung der im Sinne des Gesetzes über die Arrondirung der Komitate und des Gesetzes über die Auflassung mehrerer städtischen Jurisdiktionen geregelten Jurisdiktisnen sind, nach der „Pester Korrespon⸗ denz“, die Dispositionen bereits vollftändig getroffen. Schon in den nächsten Tagen wird das Amtsblatt die letzte Liste der Obergespans⸗-Enthebungen und Ernennungen publiziren. Die Vorlage über den Kreditverband für Kleingrundbefsitzer ist bereits fertig und wird sich unter jenen Regierungsvorlagen befinden, welche das Ministerium dem Reichstage gleich nach dessen Wiedereröffnung unterbreiten wird. Sektionschef Zsipkovits hat seinen jüngsten hiesigen Aufenthalt dazu benutzt, um sich über den Plan der Organisationskommission eingehend zu infor⸗ miren. Er wird über die Angelegenheit bei der kroatischen Landesregierung Vortrag erstatten.

„Die Budapest. Korr. wiederlegt die Nachricht, daß Bischof Stroßmaner wieder in den kroatischen Landtag eintreten und dort eine politische Führerrolle übernehmen werde. Es wird insbesondere in Abrede gestellt, daß Bischof Stroßmayer jemals den ungarisch⸗kroatischen Ausgleich acceptiren werde.

Schweiz. Bern, 6. September. (Neue Zürch. Ztg.) Die vom schweizerischen Militärdepartement einberufene Kom⸗

*

misston zur Vorberathung der Kevision des Militär⸗

dem Prãsidium des

ist unter Dieselbe

steuergesetzentwurfes Bundesratch Scherer am 4. zusammengetreten. hat den Beschluß gefaßt, die vom Volke abgelehnte Vorlage als Grundlage ihrer Arbeit anzunehmen dabei aber den gegen dieselbe erhobenen gerechtfertigten Bedenken möglichst Rechnung zu tragen. Die Berathung der drei ersten Artikel ist bereits erledigt. Das Einkommen vom Erwerb und von in Industrie und Landwirthschaft als Be⸗ triebsfond angelegtem Vermögen soll günstiger gestellt werden, als von in Werthpapieren angelegtem. Die Personalsteuer wurde auf 6 Fr. herabgesetzt, wie sich überhaupt die Tendenz zu einer Erleichterung der unteren Klassen geltend macht. Artikel vier ist noch unerledigt.

Der italienische Minister-Präsident Depretis ist in Begleitung des Bürgermeisters von Mailand, Bellinzaghi, und des Direktors der oberitalienischen Eisenbahnen, Massa, am 4. in Locarno eingetroffen und von dort nach kurzem Auf⸗

enthalt nach Airolo gereist.

Großbritannien und Irland. London, 6. Sep⸗ tember. Die Meetings wegen der bulgarischen Gräuelthaten gewinnen immer größere Ausdehnungen. In den Provinzen finden überall solche ‚„Entrüstungs⸗Meetings“ statt, auf denen die bekannten Resolutionen gefaßt werden und oft Mit⸗ glieder des Parlaments reden. Aus Plymouth war eine Zuschrift an Lord Derby gerichtet worden, elche Bedauern darüber ausdrückte, daß bis jetzt noch keine amtliche Erklärung darüber erfolgt sei, ob Sir Henry Elliots Verhalten zum Gegen⸗ stand einer Untersuchung gemacht worden sei, und ob, wenn dasselbe dargethan werden sollte, seine Abberufung von Konstantinopel eriolgen würde. Der Minister für Auswärtige Ange⸗ legenheiten erwiderte Folgendes: Unsere Freunde mögen sich versichert halten, daß Ihrer Majestät Regierung keine Anstren⸗ gungen scheuen wird, um die genaue Wahrheit betreffs der Vor⸗ gänge in Bulgarien zu ermitteln, und daß sie bereit sein wird, in Gemeinfchaft mit anderen Mächten dieserhalb solche Schritte zu thun, wie sie die Gerechtigkeit des Falles erheischen mag.“ Das Meeting nahm mit Aecla⸗ mation Resolutionen an, welche erklärten, es sei die Pflicht der britischen Regierung, Bulgarien eine Autonomie zu sichern und Sir Henry Elliot durch eine fähigere Persönlichkeit zu ersetzen.

Die „Times“ plaidirt für den Frieden und sagt dabei, es sei ein Irrthum, daß die Türkei ein unabhängiges Mitglied des europäischen Staatensnstems sei, wie Rußland, Oesterreich und Deutschland. Demgegenüber sei es genügend, darauf hin⸗ zuweisen, daß die Ansprüche der neutralen Mächte, auf Ein⸗ mischung in die inneren Angelegenheiten der Türkei seit langer Zeit durch den Vertrag von 1856, und vor ihm bereits durch andere, als Thatsache festgesetzt worden. Die Garantiemächte übernahmen Rechte und Verantwortlichkeit einer Schutzherrschaft über die Christen in der Türkei und der Sultan, als Mit⸗ unterzeichner des Vertrages, geftattete dieses Protektorat. Wir haben deßhalb, nicht nur moralisch, sondern auch auf Grund des internationalen Rechts, die Macht und Verpflichtung darnach zu setzen, daß den christlichen Unterthanen von der Pforte Gerechtig⸗ keit zu Theil werde. Der zweite Irrthum ist der, daß es im Interesse Englands liege, die unverkürzte Aufrechterhaltung der Autorität der Pforte im ganzen türkischen Reiche zu einer we⸗ sentlichen Friedensbedingung in jedem Vertrage zu machen, an dem wir theilzunehmen haben. Zum Schluß kommt dann das Blatt darauf zurück, daß England die Möglichkeit besitze, durch eine Uebereinkunft mit Rußland, welches so viel Friedensliebe zeige, den Kriegführenden Friedensbedingungen aufzuzwingen.

Ein Spezial Telegramm des „Standard“ aus Ma⸗ deira vom 5. d. M. meldet den Ausbruch von Feindselig⸗ keiten an der Westküste Afrikas. Eine britische Flotten⸗ Expedition, die unter dem Befehl des Commodore Hewett den Niger hinauffuhr, hatte einen harten Rampf mit den Einge⸗ borenen am Ufer zu bestehen. Am 31. August wurde die Ein⸗ geborenenstadt Sabogrega beschossen und niedergebrannt. Die Eingeborenen erwiderten das Feuer aus Neun⸗ und Zwölf⸗— pfündern. Der König der Eingeborenenstadt Onitcha erklärte, er würde sämmtliche Dörfer am Flusse niederbrennen, wenn das Geschwader fortfahre zu feuern. Auf englischer Seite wurde ein Marinesoldat getõdtet, während 4 Offiziere und 12 Mann verwundet wurden.

Ueber den Streit mit dem König von Da homen schreibt die „Pall Mall Gazette“: Der König hat mit den europäischen Regierungen endgültig gebrochen, und wir können nur hoffen, daß dieser unwissende und leidenschaftliche Barbar seiner trotzigen Haltung nicht die Krone aufsetzen möge durch irgend eine Blut⸗ that, welche die europäischen Regierungen zwingen mag, sich auf einen strapaziösen, kostspieligen und uneinträglichen Krieg einzulassen. Die Europäer in Whydah (23 an Zahl) sind zu Gefangenen gemacht worden und werden als Geißeln betrachtet, um summarisch getödtet zu werden, wenn Commodore Hewett irgend eine feindselige Bewegung vornimmt. Die meisten der⸗ selben sind Franzosen, und wenn denselben irgend etwas zu⸗ stoßen sollte, wuͤrde ein franzöfischer Krieg gegen Dahomeyn nicht zu den Unwahrscheinlichkeiten gehören.

7. September. (W. T. B.) Bei einem in Sheffield stattgehabten Banket empfahl Lord Hartington die baldige Ein⸗ berufung des Parlamentes und führte besonders aus, daß die orientalische Frage nicht durch den Krieg zur Lösung gebracht werden müsse, sondern durch die Vermittelung der Großmächte. Die Lösung sei schwierig, aber auch durchaus unerläßlich. England müsse davon abstehen, alle Schritte abzulehnen, die nicht direkt von ihm ausgingen.

Frankreich. Paris, 6. September. Der Präsident der Republik hat gestern, wie bereits gemeldet, sich zu den großen Manövern nach dem Süden begeben. Eine Depesche aus Tours meldet die Ankunft der deutschen Militär⸗Attachés v. Bülow und Theremin, um den Kavallerie⸗Manövern unter dem General Barail beizuwohnen.

Ein Dekret ordnet den Unterricht der gemischten Fa⸗ kultät der Medizin und der Pharmacie zu Lille und ernennt die Prof essoren. Die Zahl der Lehrstühle beträgt 20.

Der „Moniteur“ meldet: Der Kriegs⸗Minister ist sehr erregt über die Ereignisse, welche in Folge der von dem General Barry in Perpignan gehaltenen ultramontanen Rede vorgekom⸗ men find; namentlich ein Schritt von 67 Offizieren, welche von einem radikalen Blatte unter Androhung einer allgemeinen For⸗ derung der Kedacteure verlangt hatten, daß es sich jeder Polemik

gegen den General enthalte, ist vom Minister sehr mißfällig auf⸗

genommen. Die Untersuchung ist bereits eingeleitet.

Der frühere Polizeipräfekt von Paris, Herr Leon Re⸗ nault, hat ein Schreiben an den Temps“ gerichtet, welches beweist, daß die reaktionären Fusionspläne unter den be⸗

deutenderen Mitgliedern des linken Centrums keine Anhänger finden; die Rep. Frang.“ dürfte daher Recht haben, wenn sie sagt, daß diese Pläne aufgegeben worden.

J. September. (B. T. B.) Die Kommission für die Weltausstellung von 1878 hat das Reglement über die Vertheilung des Ausstellungsraumes unter die verschiedenen fremden Nationen heute desinitiv festgestellt. Bei der Verthei⸗ lung wurde der Raum zu Grunde gelegt, den die betreffenden Nationen bei der Weltausstellung von 1867 eingenommen haben. England und Deutschland erhielten Ehrenplätze zugetheilt.

Türkei. Konstantinopel, 7. September. (W. T. B.) Die Schwertum gürtung des Sultans hat heute in feier⸗ licher Weise in der Eyub⸗Moschee in Anwesenheit der Minister, sowie der obersten Würdenträger aus dem Militãr⸗, Civil⸗ und geistlichen Stande stattgefunden. Auf der Rückkehr von der Moschee besuchte der Sultan das Mausoleum seines Vaters.

(W. T. B) Bestem Vernehmen nach hat der türkische Ministerrath gestern über die Friedens bedingungen verhandelt, welche die Pforte in den nächsten Tagen den Mächten vorlegen wird. Der Großvezier liegt krank darnieder.

St. Petersburg, 7. September. (W. T. B) Die Pforte hat auf die Vorstellungen der Botschafter wegen Herbei⸗ führung der allseitigen Waffenruhe erklärt, daß eine solche Waffenruhe bei der gegenwärtigen militärischen Sachlage nicht in ihrem Interesse liege; gleichzeitig hat sie eine baldige Auf⸗ stellung ihrer Bedingungen für den Frieden in Aussicht geßellt. Ueber diese sollte der Ministerrath in Konstantinopel gestern berathen.

Vom türkisch⸗serbischen Kriegsschauplatze liegen heute folgende Mittheilungen vor:

Belgrad, 7. September. (W. T. B.) Der Miinister Risties hat heute an die hiesigen Konsuln der Mächte eine zweite Note gerichtet und durch dieselbe eine Reihe neuer von den Türken begangener Grausamkeitsakte zu deren Kenntniß gebracht. Namentlich wird konstatirt, daß im Bezirke von Saitschar das Land systematisch verwüstet würde und daß all⸗ abendlich unter den Augen der türkischen Behörden ganze Dörfer niedergebrannt würden. Im Bezirke von Alexinatz seien bereits 48 Ortschaften eingeäschert. Die Genfer Konvention werde trotz aller Versprechungen von den Türken nicht respekiirt, es werde von den Tür⸗ ken, sobald dieselben nur des rothen Kreuzes ansichtig würden, auf die Ambulanzen geschossen. Am Sonntag sei der Sekretär des Rothen⸗treuz⸗Comitès in Alexinatz bei Ausübung seiner Funktionen getödtet worden, nachdem die Türken ihm vorher erst einen Arm abgehauen hätten. Von den serbischen Offizieren sei einstimmig konstatirt worden, daß die ganz regelmäßig nach einem Kampfe stattfindenden Brandstiftungen durch keinerlei strategische Nothwendigkeit gerechtfertigt würden und daß das ganze Verfahren der Türken ein unerbittliches System beharr⸗ licher Verfolgung und ein reines Zerstörungs⸗ und Aus⸗ rottungswerk sei und nicht der Kriegführung civilisirter Völker entspreche.

Ueber die letzten Kämpfe bei Alexinatz berichtet ein Korrespondet des „XIX. Siècle“ unter dem 3. d. M.:

Ich komme eben von Alexinatz, wo ich der Schlacht von vor gestern (den 1. September) beigewohnt habe. Diese entscheidende Schlacht ist für die Serben verloren gegangen. Die an derselben be— theiligten Streitkräfte waren bedeutend. Die Türken brachen gegen 9 Uhr Morgens von Mrsol auf; es schien, als ob sie definitiv den Angriff auf Alexinatz aufgeben wollten, und sie wendeten sich Anfangs gegen Nordwesten, wie um Krusewatz zu gewinnen. Durch diese Finte getäuscht und in der Befürchtung, die Türken möchten den Versuch machen, die Stellungen von Alexinatz und Deli—⸗ grad zu umgehen, um die Straße von Paratschin nach Belgrad zu gewinnen, brach Tschernajeff mit seiner ganzen Armee zur Verfolgung der Türken auf. Diese hatten sich aber darauf beschränkt, ausgezeichnete Stellungen in der Umgebung von Dorni⸗Adrozawac, etwa 15 Kilometer von Alexinatz entfernt, ein⸗ zunehmen. Sobald die Serben die türkische Aufstellung erreicht hatten, begann der Kampf auf allen Seiten. Unterdessen marschirte aber ein anderes türkisches Corps auf das von seinen Vertheidigern verlassene Alexinatz los. Vor der Stadt, an welcher bisher alle ihre Anstren⸗ ungen gescheitert waren, angekommen, griffen die Türken sofort die a m Redoute bei Zitowatz an und nahmen dieselbe. Der Tag war schon vorgeschritten und die Schlacht dauerte immer noch fort. Nach einem erbitterten Gewehrfeuerkampfe nahmen die Türken die Anhöhen, welche die südöstliche Seite von Alexinatz beherrschen; es war das um 8 Uhr Abends. Während dieses ganzen letzten Kampfes war das Kampfgewühl so schrecklich, daß die Ge—⸗ schütze der Stadt, um nicht auf die Serben zu feuern, nicht an der Aktion Theil nehmen konnten. Um 83 Uhr führten die Türken eine Konzentrirungsbewegung zwischen Mrsol und Dorni-⸗Adrozawatz, den beiden Endpunkten der von ihnen eingenommenen Linien, aus. Die Serben wurden völlig geworfen. Tschernajeff hat sich, wie man mir sagte, mit 20, 000 Mann nach Alexinatz hineingeworfen, um diese Po⸗ sitlon aufs Aeußerste zu vertheidigen. Von dem Reste der Armee weiß ich, daß sie die Morawa in der Höhe von Dorni⸗Adrozawatz über⸗ setzt hat und in Auflösung in der Richtung gegen Deligrad flieht. Um 9 Uhr antwortete uns der Chef des Genexalstabes auf unsere An—⸗ frage, alle Fremden würden gut thun, abzureisen, ohne einen Augen— blick zu verlieren, denn es könnte sein, daß die Straße nach Norden von den Türken verlegt würde. Ich verließ also sofort Alexinatz mit mehreren Kriegskorrespondenten und einigen Engländern aus den Am⸗ bulanzen. Die Straße, welche wir verfolgen, ist mit Flüchtigen be⸗ deckt; um 11 Uhr erreichten wir das Lager von Deligrad, das voll— ständig verlassen ist. In der That war die ganze serbische Armee bei Alexinatz vereinigt gewesen und an diesem unseligen Tage eingesetzt werden. Die Zahl der Todten ist ungeheuer; dagegen giebt es sehr wenig Verwundete, weil die Türken Alles massakrirten.“

Man schreibt aus Belgrad, 3. September: Der militärische Vertreter Montenegros im serbischen Hauptquartier, Mascha Vrbitza, hat einen Aufruf an alle Montenegriner und Herze— gowinaer, die sich in der serbischen Armee oder sonstwo in Ser⸗ bien befinden, erlassen, worin er seine Landsleute auffordert, sich bei ihm zu melden, da er „ein fliegendes Corps aus Helden bilden wolle“. Vrbitza sagt, er wisse, die Montenegriner und Herzegowi⸗ naer in Serbien wollen in einer Legion vereinigt fechten und sehnen sich nach Auszeichnung im Kriege. Wer sich also als Held fühlt, der eile nach Deligrad. Kleinmüthige Leute, die nicht zu sterben verstehen, rufe er nicht. Aber auch Serben aus Bosnien oder Alt⸗Serbien, welche als Helden zu kämpfen und zu sterben ver⸗ stehen, mögen sich melden. Das Corps muß in allen Beziehungen ein Elite Corps sein. Jeder soll einen Jatagan, eine Pistole und einen Hinterlader mitbringen. Wer diese Waffen nicht be⸗ fitzt, der wird sie bekommen. Alle mögen sich beeilen, nach Deligrad zu kommen. Die Behörden haben den Befehl be⸗ kommen, Diejenigen, welche als Legionäre eintreten wollen, nach Deligrad zu befördern. Charles Darwin hat an einen hiesigen Schriftsteller ein Schreiben gerichtet, worin er über die Lage Serbiens, wie folgt, sich äußert: Die jetzige Lage des serbischen Volkes hat die tieffte und allgemeinste Sym⸗

pathie in England hervorgerufen. Die englische Nation wünscht aufrichtigst das serbische Land ehestens von der türkischen Tyrannei gänzlich befreit zu sehen.“ Aus allen

Städten des Landes gehen jetzt per Draht und Post täglich Dankadressen von Gemeinden, Korporationen und Einzelnen an Lord Russel, Gladstone, Farley, Freemann und andere bekannte englische Philantropen, welche sich der serbischen Sache an nehmen. Minister Ristics hat Sonntag an den Präsidenten des Mailänder Meeting ein Telegramm gesandt, worin er für die von den Italienern für die Balkan⸗Maͤrtyrer durch Wort, Feder und Schwert kundgegebene Sympathie die ewige Dankbarkeit Serbiens ausdrückt.

Die ‚N. Fr. Pr.“ schreibt unterm 6. Alexinatz, d. h. die Stadt und die Werke auf dem rechten Morawa⸗Ufer, befin⸗ den sich noch in den Händen der Serben. Die Pofition ist zwar, wie man uns aus Nisch vom heutigen Tage telegraphisch meldet, zum größten Theile geräumt, doch haben vier Redouten der Westfront das Feuer noch nicht eingeftellt. einmal betont, daß die Serben Aleginatz nur noch halten, um ihr Kriegsmaterial in Sicherheit zu bringen, ihren weit bis nach Knjazewatz vorgeschobenen linken Flügel zurückzuziehen und überhaupt, um Zeit zur Verstärkung der weiter rückwärts

liegenden Stellungen von Deligrad und Cuprija zu gewinnen. Die Türken rücken, wie man uns aus Nisch berichtet, langsam auf dem linken Morawa⸗Ufer vor, doch scheint ein Theil der Armee auch vor Alexinatz geblieben zu sein, da täglich Rekognos⸗ zirungen stattfanden.

wohl die Türken nach ihrem glaͤnzenden Siege vom 1. d. thun dürften, d. h. ob sie trachten werden, Alexinatz und Deligrad zu nehmen, oder ob ste es vorziehen, ohne Rücksicht auf diese Be⸗ festigungen ihre Offensive über Krusewatz gegen Kragujewatz fortzusetzen. Der Umstand, daß die Tuͤrken am 1. d. die Serben bei Alexinatz entscheidend geschlagen haben, ferner die von allen Seiten wiederholt und übereinstimmend ge⸗ meldete Thatsache, daß die serbische Infanterie: nicht einmal hinter deckenden Schanzen einige Widerstandsfähigkeit besitzt, daß deren Verwendung im freien Felde daher ganz undenkbar ist, endlich, daß die serbische Artillerie allein trotz ihrer vorzüglichen Bedienung nicht im Stande wäre, eine Schlacht im offenen Felde zu Gunsten der Serben zu wenden diese Beobachtungen enthalten ebenso viele Gründe, welche für die weitere Vorrückung der Türken auf dem linken Morawa-Ufer gegen die Hauptstadt und den Hauptwaffenplatz des Landes, Kragujewatz, sprechen. Für diese Operation würde endlich noch der Umstand sprechen, daß die Türken, wenn fie direkt gegen Kragujewatz marschiren, die Morawa nur einmal, bei Krusewatz, zu überschreiten hatten, während, wenn sie Deligrad angreifen und dann über Paracin⸗ Cuprija auf Ftragujewatz rucken wollten, sie den Fluß zweimal passiren müßten.

Wenn die türkische Armee den direkten Vormarsch wählen würde, so könnte ihr Tschernajeff bei dem totalen Mangel einer feldtüchtigen Infanterie nicht beikommen, sondern müßte eiligst Cuprija zu gewinnen suchen, um von diesem doppelten Brücken kopf aus einerseits Kragujewatz und andererseits die Straße nach Belgrad zu decken, während den in Alexinatz und Deli⸗ grad zurückgebliebenen Besatzungen die Aufgabe zufiele, die Nachschubslinien der türkischen Armee zu beunruhigen

und deren Proviant, und Munitions⸗Transporte aufzu— heben. Diese Gefahr ist übrigens auch die Ursache, welche die

türlische Heeresleitung verhindern dürfte, auf den direlten Vormarsch gegen Kragujewatz zu verzichten. Würde die tür⸗ kische Armee in Serbien so vorgegangen sein, wie andere Ar⸗ meen im Kriege, so wäre die Möglichkeit vorhanden, die Truppen durch Requisitionen aus den okkupirten feindlichen Gebietstheilen zu ernähren. So aber führen die Serben alle ihre halbwegs transportablen Vorräthe mit sich weg, und was etwa noch übrig bleibt, wird von den Baschibozuks und Tscher⸗ kessen den Flammen übergeben. Die Folge hiervon ist, daß die türkische Armee ganz und gar auf den Nachschubsdienst an⸗ gewiesen ist und daher nur eine sehr geringe Opera⸗ tionsfähigkeit besitzt. Diese Umstände werden die türkische Armee⸗ leitung zwingen, vor Deligrad kleben zu bleiben und dessen Besitz abermals durch große Opfer an Menschenleben zu er— kaufen. Wenn die türkische Armee ftärker wäre als sie ist, so könnte fie sowohl vor Alexinatz als vor Deligrad Beobachtungs⸗ corps zurücklassen, denen auch der Schutz der Verbindungslinien der Armee mit Nisch zufallen würde. Zu einer solchen Theilung der Kräfte ist jedoch die Armee Abdul Kerim Paschas zu schwach, und so dürfte denn dem Generalissimus nichts Anderes übrig bleiben, als in erster Linie durch einen zwischen Altxinatz und Deli⸗ grad zu effektuirenden Morawa⸗-Uebergang das rechte Ufer dieses Flusses und die diese beiden Orte verbindende Straße zu ge⸗ winnen, wodurch Horvatovich zur Räumung von Alexinatz ge⸗ zwungen würde. Ist dies geschehen, so müßten die Türken einerseits Krusewatz gewinnen und befestigen, um ihre linke Flanke gegen serbische Angriffe von der oberen Serbska⸗ Morawa zu decken, und dann die Position von Deligrad womöglich so angreifen, daß nach deren Bewältigung es Tschernajeff unmög⸗ lich gemacht würde, über Razany nach Paraein⸗-Cuprija zu ent— kommen.

Dem „Standard“ wird unterm 5. von Alexinatz aus telegraphirt: ‚Während der letzten drei Tage sind von türkischer Seite nur Rekognoszirungs⸗Detachements ausgesaudt worden, um die Stärke der serbischen Truppen in Alexinatz festzustellen.“

Die Nachrichten vom türkisch⸗montenegrinischen Kriegsschauplatze lauten:

Cettinje, 6. September. (W. T. B.) Regierungsseitig wird veröffentlicht: Die Türken haben gestern aus allen türkischen Werken zwischen Podgorizza und Spuz ein starkes Artilleriefeuer unterhalten zur Deckung des von ihnen auf zwei Seiten unter—⸗ nommenen Versuchs, über die Grenze von Montenegro ein—

r, . der Versuch ist von Bozo Petrowie zurückgewiesen worden.

Cettinje, 7. September. (W. T. B.) Die Regierung veröffentlicht folgende Nachrichten: Derwisch Pascha hat

2 Bataillone Montegriner, die bei dem Dorfe Rogani im Freise Piperi lagerten, überfallen, dieselben haben mit Heldenmuth dem Angriff der ganzen türkischen Macht widerstanden, bis ihnen noch 3 andere Bataillone zu Hülfe kamen. Mit letzteren vereint, haben sie die Türken über den Moracafluß bis nach Podgorizza zurückgetrieben. Es sind viele vom Feinde gefallen, eine große Anzahl von Türken ist im Moracafluß ertrunken. ; Ragusa, 7. September. (W. T. B.) Gerüchtweise ver⸗ lautet hier, daß die Insurgentenführer Zimunic und Socica das Fort 3lostup genommen und zerstört haben. Dieselben sollen hierbei 90 Gefangene gemacht, sowie Munition und Lebensmittel erbeutet haben. Moukhtar Pascha soll bei einem Ausfall aus Saslap bis zu dem montenegrinischen Dorfe Potkovie vor⸗ gedrungen sein und dasselbe eingeäͤschert haben.

Zara, 7. September. (W. T. B.) Alle Flüchtlinge aus

der Herzegowina, welche sich in Grahowo aufhielten, und viele

Wir haben schon

Es mag nun nicht ohne Interesse sein, zu erörtern, was

1

r. Familien find auf österreichisches Gebiet ge⸗ üũchtet.

Die „Pol. Corr.“ berichtet aus Mostar, 26. August: „Wegen fortwährender Angriffe auf fremdes Eigenthum wur⸗ den heute auf Befehl des Faiserlichen Kommissärs Lili Pascha S820 Baschibozuks von hier nach Nevesinje expedirt. Kaum daß dies geschehen war, erschien das Unglück in einer anderen Gestalt. Die Askers (Soldaten der regulären Armee) kommen in die Häuser der Einwohner und nehmen unter dem Vor⸗ wande, sie seien hungrig und müssen ihren Hunger stillen, was sie können und finden. Es ist allerdings die lautere Wahr⸗ heit, daß sie seit acht Tagen weder Gehalt noch Tain (Ver⸗ pflegung) bekommen haben. Die Askers benehmen sich bei ihrer Selbsthülfe insoserne noch menschlich und gerecht, als sie auch tür⸗ kische Häuser nicht verschonen. Gestern begab sich eine aus vier

Türken und vier Christen bestehende Deputation zu Ali Pascha, um eine Klage gegen die Soldaten vorzu⸗ bringen. Ali Pascha hörte die Leute ruhig an und gab ihnen

den Trost mit auf den Weg, daß man jetzt so manche Unart der Askers milde beurtheilen solle, da dieselben sich ja auch für die Familien und das Leben der Klageführenden schlagen! Aber selbst die Zabiti“ (Offiziere) machen es nicht besser, wenn auch in etwas feinerer Form. Sie kommen in die Dutschans (Kauf⸗ läden). wählen sich dort Waaren aus, wie Zucker, Kaffee, Heringe, Fett, Olioen c. und lassen die Eßwaaren nach Hause tragen. Um Zahlung angegangen, antworten sie, daß, sobald sie ihren Sold erhalten haben werden, auch für die genommenen Waaren

pünktlich Zahlung erfolgen werde. Das ist aber gleich⸗ bedeutend mit einer. Verzichtleistung auf jede Bezah⸗ lung, da es gewiß ist, daß der rückständige Sold noch

jahrelang ausbleiben werde. Aus diesem Grunde haben viele christliche Kaufleute ihre Läden gesperrt, die Waaren versteckt und sind nach Ragusa ausgewandert. Der gewesene Mutescharif der Herzegowina, Schakir Effendi, jetzt Schakir Pascha, ist mit sechs Bataillonen Redifs und zwei Tabors Baschibozuks hier durch über Marina nach Nevesinje passirt. Heute sind zwei Bataillone über Fotscha hier eingelangt, um morgen nach Stolatz zu mar— schiren. Diese Truppen gehen zur Verstärkung Dscheladdin Pa— schas ab, der bei Stolatz steht. Sobald seine Truppen von hier Munition erhalten haben werden, sollen sie sich nach Mon⸗ tenegro in Bewegung setzen.

. Rußland und Polen. St. Petersburg, 2. Septbr. Die „Pol. Corresp.“ erhält von hier mit Bezug auf die angeb— lichen Vorbereitungen Rußlands zum Kriege einen Artikel, in welchem die Haltlosigkeit dieser Mittheilungen in eingehender Weise nachgewiesen wird. Der Artikel schließt: „Also für heute: Die Nachricht westeuropäischer Blätter über Truppenbewegungen zu anderen als Uebungszwecken können aus bester Quelle als unbegründet bezeichnet werden.“

5. September. Die bucharische Gesandtschaft, die aus den Söhnen des Emirs von Buchara, dem 17jährigen Seid⸗Moha⸗ med⸗Nadshmedin⸗Chan und dem 10jährigen Seid⸗Mansur⸗Chan, dem Bevollmächtigten von Buchara Chissametdin⸗Toksaba besteht und am 23. Juli aus Taschkent abgegangen, ist gestern in Begleitung eines Dragomans des Ministeriums des Aeußern hierselbst einge⸗ troffen. Seid. Mansur ⸗Chan tritt mit Allerhöchster Bewilligung in das Pagencorps ein.

Aus Tiflis wird unterm 15. August ge⸗ schrieben, daß nach den Erzählungen der Bewohner des Achalkalakschen Kreises, Abtheilungen türkischer Kavallerie dicht an der Grenze sich gezeigt und verschiedene Evolutionen ausgeführt hätten. An dem genannten Tage seien sogar Ein—

wohner dieses Kreises in Tiflis erschienen und hätten erzählt, vor zwei Tagen sei eine Abtheilung türkischer Kavallerie, etwa 50 Mann stark, über die Grenze in das in der Molokanschen Wolost gelegene Dorf Jefremowka eingebrochen und hätte 800 Stück Vieh und Pferde geraubt. Die unbewaffneten Einwohner hätten sie nicht zu verfolgen gewagt. Auf diese Nachricht hin hat die Grenadier-Division ihr Lager bei Koribulak verlassen und ist nach Alexandrepol zur türkischen Grenze marschirt.

Dänemark. Kopenhagen, 6. September. Die König— liche Familie machte geftern einen Ausflug über Helsingör und Helsingborg nach Sofiero zum Besuch der schwedisch— norwegischen Königlichen Familie. Auf Befehl des Justiz-Ministers wurde am Montag Abend der Redacteur des sozialistischen Wochenblattes „Raonen“ (der Rabe), Harald Brix, wegen Uebertretung des 5§. 85, 2. Abschn. des bürgerlichen Strafgesetzes verhaftet. (Der genannte Abschnitt lautet: „Derjenige, welcher in der Absicht, die Staatsverfassung oder die beftehende Thronfolge⸗Ordnung zu verändern, Aufruhr erregt oder auf andere Weise Gewaltthätigkeiten hervorruft oder leitet, welche ene solche Veränderung zu bewirken bezwecken, wird mit dem Tode oder mit Zuchthausarbeit auf Lebenszeit bestraft.“ Die Verhaftung ging ohne Widerstand vor sich, das Expeditions⸗ lokal blieb während der Nacht polizeilich besetzt. Die Sache ist dem Kopenhagener Kriminal- und Polizeigericht zur Untersu⸗ chung überwiesen. Gegen die gestern vom Gericht gutgeheißene Verhaftung hat Brix beim höchsten Gericht appellirt.

Amerika. Washington, 16. August. Der Kongreß hat fich nach einer fast neun Monate langen Sitzung vertagt. Seine Zeit ist weniger durch gesetzgeberische Thätigkeit, als durch Untersuchungen gegen Regierungsbeamte ausgefüllt, jedoch sind auch in letzterer Beziehung keine pofitiven Resultate erzielt worden. In dem Falle des Kriegs-Ministers Belknap lehnte der Senat bekanntlich aus technischen Gründen die Jurisdiktion ab; das Verfahren gegen den Marine⸗Minister Robeson und Andere hat gar nicht zur Erhebung einer Anklage geführt.

Die demokratische Partei, welche diese Vorkommnisse nach Möglichkeit gegen die Regierung ausnutzte, hat auch noch durch Abftriche im Etat Schwierigkeiten zu machen gesucht. Der Ge⸗ sammtbetrag der ordentlichen Ausgaben (abgesehen von der Schuldenverzinsung und Tilgung) ist von 148 auf 118 Millionen Dollars herabgesetzt worden. Die Frage, ob die Abstriche stets praktisch waren, darf füglich dem Urtheile der Interessenten über⸗ lassen bleiben.

Ein in das Budget der außerordentlichen Ausgaben auf⸗ genommener Posten von 5 Millionen Dollars, für Arbeiten an Wasserstraßen und Häfen, gab Veranlassung zu einer scharf aecen⸗ tairten Meinungsverschiedenheit zwischen Prasidenten und Kongreß. . Der Kongreß hatte festgesetzt, für welche einzelnen Bauten die 5 Millionen verausgabt werden sollten. Dagegen übersandte der Präsident eine Botschaft, in welcher er erklärte, daß er zwar das Gesetz als Ganzes gezeichnet habe, sich jedoch vorbe⸗ halte zu bestimmen, welche von den in Aussicht genommenen Bauten als nützlich zu betrachten und demnach auszuführen seien. Nach einer heftigen Debatte erkannte das Repräsentantenhaus die Auffassung des Prästdenten als gerechtfertigt an.

Von den nicht das Budget betreffenden Gesetzen hat keines

allgemeine Bedeutung.