1876 / 230 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 29 Sep 1876 18:00:01 GMT) scan diff

ndungen an die Kaiserlichen Vertretungen im Auslande stets frankirt abgehen zu lassen. Soweit diese Sendungen nicht in reinen Stuats- oder Reichs⸗Dienstangelegen⸗ heiten, sondern im Interesse von Parteien oder einzelnen Privatpersonen erfolgen, ist für die Wiedereinziehung der Portoauslagen von den zum Ersatz Verpflichteten Sorge zu Hagen. : 3 Der Minister der geistlichen, Unterrichts und Medizi⸗ nal Angelegenheiten hat die Regierungen mittelst Reskripts vom Z. d. M. angewiesen, wegen Ermittelung und Feststel⸗ lung der den Geistlichen und Kirchen diene rn nach Maßgabe des §. 54 des Civilstandsgesetzes vom . März 1874 für die Zeit vom 1. Oktober 1875 bis dahin 1875 aus der Staatskasse zu gewährenden Entschädigungen das Erfor⸗ derliche anzuordnen, und dabei auch den darauf bezüglichen Erlaß vom 18. Mai 1875 zur Beseitigung mehrfach hervor⸗ tretender Zweifel durch einzelne im Einverständniß mit dem Finanz⸗Minister erlassene Bestimmungen des Näheren erläutert.

In Beziehung auf die Unterhaltung eines Kom⸗ munikation sweges (Vicinalstraße) und die Vertheilung der Unterhaltungspflicht sind nach einem Erkenntniß des Ober⸗ Tribunals III. Sen. vom 8. September d. J. etwaige her— gebrachte Gewohnheiten (Observanzen), nach welchen einer der Betheiligten die Unterhaltung stets besorgt hatte, rechtlich be⸗ deutungslos. „Nur die Unterhaltung der Gemeindewege (Wege innerhalb der Gemeindebezirke), nicht aber der Kommunikations⸗ wege (Wege, die zur Verbindung mehrerer Ortschaften be⸗ stimmt sind), gehört zu den gemeinen Lasten der Dorfbewohner, nur von ihnen gilt daher die Vorschrift des §. 31, Tit. VII. Theil II. A. L. R., daß, wo durch hergebrachte Gewohnheiten zwischen den angesessenen Wirthen und den übrigen Dorf— bewohnern, oder auch zwischen den verschiedenen Klassen der erstern gewisse Verhältnisse festgesetzt sind, es dabei auch ferner sein Bewenden habe“.

Königsberg, 28. September. Der Vorschlag des Prä— sidenten des Preußischen Provinzial-Landtags, die eingegangene Petition auf Theilung der Provinz Preußen auf die Tagesordnung der nächsten Versammlung zu setzen, ist, wie die „K. H. 3.“ berichtigend mittheilt, von der Ver— sammlung abgelehnt worden.

Bayern. München, 27. September. (Südd. Presse.) Die Großherzogin von Mecklenburg⸗-⸗Schwerin traf vorgestern hier ein, besuchte , die Ausstellung im Glas— palaste und beabsichtigt, sich heute wieder nach Tegernsee zurückzubegeben. Der sächsische Minister Freiherr v. Nostiz ist von Dresden hier angelangt.

Württemberg. Stuttgart, 25. September. Der Ober⸗ bürgermeister Hack bringt im Staats⸗Anz. für Würt.“ das nachstehende Schreiben Sr. Majestät des Königs von Württemberg zur öffentlichen Kenntniß:

Stuttgart, 25. September. Mein lieber Ober⸗Bürgermeister Dr. v. Hack. Der so überaus herzliche Empfang, welcher Sr. Ma— jestäàt dem Deutschen Kaiser bei Höchstdessen Besuche an

Meinem Hoflager von Seite der Stadt Stuttgart bereitet worden ist, die Art und Weise, wie die Einwohnerschaft Meinem erhabenen Gaste während Seines hiesigen Aufenthaltes ihre Verehrung und Zuneigung bethätigt hat, und die Beweise treuer Anhänglichkeit und Ergebenheit, welche während dieser Tage Meiner Gemahlin, der Königin und Mir zu Theil ge— worden sind, haben Meinem Herzen aufrichtig wohlgethan und Mich mit inniger Freude erfüllt. Es drängt Mich, diesen Ge⸗ fühlen Ausdruck zu geben, und Ich beauftrage Sie, den Ein⸗— wohnern hiesiger Stadt für die von ihnen kundgegebenen Ge— sinnungen und das von ihnen beobachtete loyale Verhalten, Meinen gnädigsten Dank auszusprechen. Insbesondere gilt dieser Dank Ihnen, sowie den Mitgliedern der bürgerlichen Kollegien und des Festeomités, deren hingebende Bemühungen so viel zum Erfolge die— ser schönen Tage beigetragen haben. Mit der Versicherung Meines Wohlwollens verbleibe Ich, Mein lieber Ober-Bürgermeister Dr. v. Hack, Ihr gnädiger König Karl.

Baden. Karlsruhe, 27. September. Der Groß— herzog, die Großherzogin und der EEbgroßherzog haben Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin, welche heute Nachmittag 3 Uhr von Weißenburg bez. Baden hier eintrafen, auf dem hiesigen Bahnhofe begrüßt und sich sodann Allerhöchstdenselben auf der Weiterreise nach Stuttgart ange— schlossen.

Hessen. Darmstadt, 26. September. Prinz Heinrich ist heute Nachmittag, von den KavallerieManöyern bei Weißenburg kommend, zu mehrtägigem Besuche bei dem Prinzen Carl eingetroffen.

27. September. Der Abgeordnete Hirschhorn (Gießen) hat, dem „Frankf. J.“ zufolge, Namens des vierten Ausschusses der zweiten Kammer über den von dem Abgeordneten Nordeck zur Nabengu am 21. Juni gestellten Antrag auf Durchführung des Titel Vll. der Reichs-Verfassung, das Eisenbahn⸗-Wesen betreffend, Bericht erstattet. Der Antrag geht dahin: die Staatsregierung aufzufordern, die auf wirksame Durchführung des Titel VII. der Reichsverfassung gerichteten Bestrebungen des Reichskanzlers im Bundesrathe krästigst unterstützen zu lassen, mag diese Durchführung durch Her⸗ stellung eines einheitlichen Reichs-Eisenbahn⸗-Netzes oder duͤrch andere Kombinationen herbeigeführt werden. Der Ausschuß beantragt, die Kammer wolle anstatt des Antrags des Frei⸗ herrn zur Rabenau beschließen, die Staatsregierung zu er⸗ suchen: 1) den Erwerb der preußischen Bahnen ꝛc. durch das eich nach Inhalt des preußischen Gesetzes vom 24. März L J bei Vorlage dieser Proposition im Bundesrath zu unter stützen; 2 den Gedanken des Erwerbes der deutschen Eisenbahnen, bezw. doch des enigen Theiles derselben, für welchen sich die Reichs⸗ regierung demnächst ziun Ankauf entschließen wird, bei jeder sich darbietenden geeigneten Gelegenheit, insbesondere bei Vorlage desfallsiger Anträge an den Bundesrath, nach Kräften zu för— dern; 3) im Felle der Annahme der demnächstigen Vorlage Liber den Erwerb der preußischen Bahnen 2c. durch das Reich, Fobald sich hierzu ein günftiger Zeitpunkt trifft, mit dem Reiche wegen Abtretung sämmtlicher hessischen Staatsbahnen nebst Zubehör und mit solchen zusammenhängenden Rechten in Verhandlung zu treten und den Ständen seiner Zeit wegen BHenehmigung der so anzubahnenden Veräußerung Vorlage zu

machen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 28. September. (Weim. Itg.) Die Erbgroßherzogin hat sich nach einem 14tägigen Aufenthalt in Trouville am 20. d. Mts. nach dem nahegelegenen Cabourg begeben und setzt dort den Gebrauch der Seebäder fort. Der Erbgroßherzog, welcher gegen⸗ wärtig in London verweilt, gedenkt Anfang nächsten Monats seine Gemahlin in Cabourg abzuholen, und werden die hohen

2 die Bezirksregierungen angewiesen, in Zukunft Post⸗ e

Herrschaften sodann die Rückreise in die Heimath über Paris gemeinschaftlich antreten.

(Th. C.) Seitens des Departements des Kultus im Großherzoglichen Staats-Ministerium ist eine Verordnung erlassen worden, durch welche, im Einvernehmen mit dem Kirchenrathe, neue Bestimmungen über die Vakanzen geist⸗ licher Stellen, und zwar in Bezug auf die Vergütung der Vakanzarbeiten, entsprechend einem von der Landessynode ge⸗ stellten Antrag, getroffen werden.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 27. September. Leipz. Ztg. Die Ministerialabtheilung des Innern hat die Verfügung getroffen, daß eine jede approbirte Medizinal⸗ person, welche im Herzogthum die Praxis ausüben will, ig vor Beginn derselben bei dem zuständigen Bezirksarzt dur Vorlegung der Approbation zu legitimiren hat. Ebenso hat jede approbirte Medizinalperson, welche ihre Praxis im hie⸗ sigen Lande aufgiebt oder das Herzogthum verläßt, davon dem zuständigen Bezirksarzt Kenntniß zu geben.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 27. September. (Leipz. Ztg.) Die Herzogin ist in letzter Nacht auch nach Jagdschloß Hinterriß in Tirol zu einem längeren Auf⸗ enthalt daselbst abgereist.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 27. September. Das „Fremdenbl“ schreibt: Im Laufe des heutigen Tages waren hier allerlei Gerüchte verbreitet über militärische Maßnah⸗ men, die angeblich verfügt oder in Vorbereitung sein sollen, Gerüchte, deren Ursprung zum nicht geringsten Theil auf den Artikel des „Fremdenbl.“ und das Communiqué der „Polit. Korrespdenz“ zurückzuführen sein dürfte. Wir brauchen nicht erst ausdrücklich zu versichern, daß an diesen Gerüchten nichts Wahres ist, die Kaiserliche Regierung hat, will uns scheinen, keinen Grund, an Zwangsmaßregeln irgend einer Art in einer Angelegenheit zu denken, in der das einfache Veto Oesterreichs genügt, um nicht geschehen zu lassen, was nicht geschehen soll. Wir glauben, gie Erwägung liegt so sehr auf der Hand, daß es kaum der Mühe werth erscheint, die Nachrichten von militärischen Maßnahnief dorthin zu verweisen, wohin sie ge— hören in den Bereich der Phantasie. ;

28. September. (W. T. B.) Der Mission des russischen General-Adjutanten, Grafen Sumarokoff-Elston, welcher dem Kaiser Franz Joseph ein Handschreiben des Kai⸗ sers Alexander aus Livadia überbrachte, wird in hiesigen Regierungskreisen ein die Herstellung des Friedens entschieden begünstigender Charakter beigelegt.

Pe st, 27. September. In der Konferenz des Klubs der liberalen Partei wurden auf Vorschlag des Minister—⸗ Präsidenten. die meritorischen Besprechungen vertagt, bis die Mitglieder zahlreicher eintreffen. Sodann machte der Minister⸗Präsidenl eine Vorlage in Betreff der Affaire Mileties, indem er bemerkte, daß er es für seine aus dem parlamentarischen Systeme erfließende Pflicht gehalten habe, diesmal die Immunität des Abgeordneten außer Acht zu lassen. Im Hause werde er fordern, daß die Immunitäts— Kommission unter Vernehmung des Minister Präsidenten baldigst an das Haus referire; das Haus aber möge, da mit dem aktuellen Falle ein Präzedens geschaffen wird, ruhig und gründlich die Sache erwägen. (Beifall und Zustimmung.) Sodann wurde beschlossen, daß am 29. keine Reichstagssitzung stattfinde und auch die Wahlen im Hause erst dann vorzu—⸗ nehmen seien, wenn die Abgeordneten zahlreicher eingelangt sein werden. *

Der „Pester Lloyd“ spricht sich gegen das vorgeschla⸗ gene Schiedsgericht in Angelegenheit der Achtzigmillio⸗ nenschuld aus und bemerkt u. A.. „Wenn wir überhaupt verurtheilt werden sollen, wollen wir uns selber verurtheilen, und uns nicht von einer außerhalb der Verfassung stehenden Instanz einfach kontumaziren lassen; wenn wir unseren Nach⸗ barn um des friedlichen Beisammenseins willen ein Opfer bringen, sollen sie wissen, daß es ein Opfer sei und weshalb es gehracht wird, nicht aber es in dem Glauben hinnehmen, wir hätten einfach ein Unrecht gutgemacht, welches wir beharr⸗ lich geleugnet hatten, und welches erst durch ein fremdes Forum aufgedeckt werden mußte. Wir wollen nicht die Entscheidung durch eine Art Glücksspiel, wobei für Ungarn die Ehancen des Gewinnes zu jenen des Verlustes wie 1: 99 stehen.“

Dem „Pester Lloyd.“ wird aus Wien bestätigt, daß sich nämlich die beiden Ministerien bei den am Sonntag abge— schlossenen Ausgleichsverhandlungen nicht blos über das Prinzip der Lösung der Achtzigmillionenschuld an die Bank mittelst Deputationen und in letzter Instanz durch ein Schiedsgericht geeinigt haben, sondern auch alle damit im Zusammenhange stehenden Modalitäten, die in Form einer Gesetzesvorlage gekleidet sind, vereinbart wurden. Die getroffenen Abmachungen haben nach keiner Seite hin irgend welche Frage mehr offen gelassen, so daß in der That der Ausgleichspakt, soweit er die Ministerien berrifft, als vollkom— men abgeschlossen bezeichnet werden darf. Zu erwähnen bleibt noch, daß der Meldung, es hätte bereits eine Besprechung der beiden Finanz-Minister mit den „leitenden Männern der öster⸗ reichischen Nationalbank“ stattgefunden, rücksichtlich der Person des Herrn v. Sz ell der bestimmteste Widerspruch entgegen⸗ gesetzt, wird. Der ungarische Finanz-Minister war gar nicht in Wien.

Hier trifft man, so berichtet das „Wiener Fremdenbl.“, bereits alle Voranstalten zur Einleitung der parlamenta? rischen Campagne. Heute findet unter Zuziehung des Abhgeordnetenhaus⸗-Präsidenten Koloman Ghhyezy ein Minister— rath statt, um die Reihenfolge der auf die Tagesordnung gelangenden Gegenstände festzustellen. Das Abgeordnetenhaus wird zunächst nur acht bis 10 Tage beisammen bleiben und das Budget, sowie die auf die Mileties-Affaire bezügliche Vor— lage entgegennehmen.

Großbritannien und Irland. London, 27. Sey⸗ tember. Die Königin überreichte gestern in Ballater dem 1. Königlich schottischen Regiment in Gegenwart einer großen Menschenmenge neue Fahnen. Der Prinz und die Prinzessin von Wales, der Herzog von Connaught, die Prin⸗ zessin Ludwig von Hessen und die Prinzessin Beatrice befanden iich in Begleitung Ihrer Majestät, die vor der Ceremonie fol⸗ gende Ansprache an die Truppen hielt:

„Soldaten! Indem Ich diese Fahnen Eurer Obhut anvertraue, gewährt es Mir viel Vergnügen, Euch daran zu erinnern, daß Ich mit ECurem Regiment von Meiner frühesten Kindheit an in Verbin— dungkhgestanden habe. Mein theurer Vater war stolz auf seinen Beruf und es winde Mir stets gelehrt, Mich als ein Soldatenkind zu betrachten. Ich fxeue Mich, einen Sohn zu haben, der sein Leben

der Armee gewidmet hat und der sich, Ich bin dessen gewiß, stets des Namens eines britischen Soldaten würdig erweisen wird. Ich über⸗

reiche Euch nun diese Fahnen, überzeugt davon, daß Ihr den Ruhm und Ruf Meines ersten Fußregiments der Royal Scots“ stets

hochbalten werdet. . ö (W. T. B.) Der Staats⸗Sekretär

29. September. l des Aeußern, Earl of Derby, hat gestern eine De⸗

putation empfangen, welche ihm die Beschlüsse der aus Veranlassung der spanischen Protestantenverfolgung stattge⸗ habten Versammlung überbrachte und . erklärt, daß er ein Gutachten spanischer Advokaten über die Auslegung des Wortlautes des Artikel XI. der spanischen Verfassung ein⸗ holen und bei jeder ihm in Bezug auf die Behandlung der Protestanten in Spanien gemeldeten Beschwerde eine genaue Untersuchung veranlassen werde.

Frankreich. Paris, 27. September. Am 2. Oktoler wird die erste Sitzung des Arbeiterkongresses, wahr⸗ scheinlich im Circus der Champs Elysées stattfinden. Die Tagesordnung des Kongresses soll een d sein: „I) die Frauenarbeit, 2) die Syndicalkammern, 3) die Gewerberäthe, ) gewerbliche Lehre und Unterricht, 5) direkte Vertretung des Proletariats im Parlamente, 6) kooperative Konsum⸗ und Kreditvereine, he. Alters⸗, Versicherungs⸗ und Arbeiterinvaliden⸗ kassen, 8) Ackerbauvereine und Nutzen der Beziehungen zwischen Ackerbau⸗ und Industriearbeitern.“ Das Organ Gambetta's empfiehlt, bei Erörterung dieser Tagesordnung alles über⸗ flüssige und unklare Sprechen zu vermeiden und sich nur an die praktische Seite der Frage zu halten.

29. September. (W. T. B.) Das „Journal ö 56 veröffentlicht ein Dekret, nach welchem die bisherigen Oberbefehlshaber der 18 Armee⸗Corps in ihren Stel⸗ lungen verbleiben sollen, da noch wichtige Aufgaben hinsicht— lich der Reorganisation der Armee zu lösen seien und es als wesentlich erscheine, daß diejenigen, welche dieses Werk be—⸗ gonnen haben, es auch vollenden.

Türkei. Konstantinopel, 22. September. Die Krank⸗ heit Mehemed Ruschdi Paschas ist, der „Pol. Corr.“ zu— folge, ohne gerade sehr gefährlich zu sein, dennoch soweit ernst, um ihn wahrscheinlich zum Rücktritt zu veranlassen. Vielleicht dürfte er dann der letzte Großvezier gewesen sein, da der Sultan ernstlich an die Auflassung des Großvezierpostens und dafür an die eventuelle Ernennung eines Präsidenten des Ministerrathes denken soll. Desgleichen soll es entschieden sein, daß Savfet Pascha demnächst das Portefeuille des Aeußeren abgeben soll. Als seine präsumtiven Nachfolger nennt man Khalil Scherif . und den jetzigen türkischen Botschafter in Paris, Sadik Pascha. .

Das Gerücht gewinnt immer mehr an Konsistenz, daß Rußland und England für Bulgarien eine dem Libanon analoge Stellung verlangen. Bulgarien soll von einem vom Sultan ernannten, von den Mächten jedoch genehmigten christ— lichen Gouverneur verwaltet werden.

25. September. Man meldet der „Deutsch. Ztg.“: Q 53 j s In den letzten Tagen wurden wiederholt an Straßenecken und Gebäuden aufrührerische Plakate angeheftet, welche die Aufschrift hatten: „Zur Beachtung für die Männer, welche die Geschicke der Muselmanen in ihren Händen haben,“ und worin die Minister aufgefordert wurden, die für die siegreiche Türkei erniedrigenden Friedensbedingungen nicht anzunehmen. Auch anonyme Briefe voll Drohungen sollen den Ministern zugekommen sein. Midhat Pascha erfreut sich der offen— kundigen Gunst des neuen Sultans. Derselbe hat sein Gehalt von 30,0090 Piaster um 10,000 Piaster 6. Midhad erhält außerdem die einem Muschir zukommenden Rationen. Der Sultan beabsichtigt demnächst den fremden Botschaftern und Gesandten im Palaste ein Diner zu geben und demselben selbst zu präsidiren.

Dem „Gaulois“ wird aus Pera der Wortlaut eines der Maueranschläge mitgetheilt, welche die Softas an die Thore des Minister-Hotels geheftet haben. Es heißt darin am Schlusse:

Um die gegenwärtige Stunde haben die Giaurs, die vor unserer siegreichen Armee wie Kartenhäuser zusammenzustürzen drohen, diese unreinen Völker von Europa, die Gnade und Barmherzigkeit der Muselmänner angefleht. Ihr Alle, die Ihr im Begriffe steht, Verträge vorzubereiten, merkt Euch wohl: „Wenn Ihr den Frieden ohne die Zustimmung des letzten muselmännischen Bettlers schließt, unter welcher Form Ihr ihn auch verhandelt, so schwören wir Euch bei dem heiligen Namen des Propheten, daß Ihr mit Euern Weibern und Kindern auf dem Platze des Seraskierats gepfählt werdet. Hört die Bedingungen, welche das türkische Volk und die siegreiche Armee dem ruchlosen Europa auferlegen:

I) Wir wollen kein Serbien, kein Montenegro, keine Moldau⸗ Walachei, mit Einem Worte allen diesen giaurischen Unrath nicht mehr. Diese Länder müssen absolut als Vilajets betrachtet werden, welche einen Bestandtheil der Türkei bilden.

2) Rußland muß uns eine starke Kriegsentschädigung zahlen und die Krim mit dem ganzen Schwarzen Meere und seinen Ufer— ländern geben.

3) Europa muß sich durch einen feierlichen Eid verpflichten, sich nicht mehr mit der Türkei zu beschäftigen.

Wenn nicht, so ist es um Euch geschehen.

Das Volk des Propheten.“

Sultan Abdul Hamid hat bei einem Diner in der Admiralität Gelegenheit genommen, eine Ansprache an die Theilnehmer desselben zu richten. Dieselbe lautet nach der Wiener „Presse“:

„Groß⸗Admiral, meine Paschas und Beys! Durch seine geo— graphische Lage und durch die Ausdehnung seiner Grenzen ist das Reich thatsächlich eine Seemacht. Unsere Flotte bildet eine der Hauptstreitkräfte des Staates. In Folge dessen müssen unsere mari⸗ timen Streitkräfte unbedingt in guter Ordnung und in vorzüglichem Zustande sein und wir müssen danach streben, daß sie stets auf dem Wege des Fortschritts sind. Die maritime Wissenschaft ist in der letzten Zeit bedeutend entwickelt und sie verfolgt beständig diesen glücklichen Weg. Von den Umständen angeregt, werden unaufhörlich neue Fortschritke verwirklicht, welche ein bedeutendes Merkmal für die nautische Kunst sind. Wir müssen darauf achten, uns diesen Vervollkommnungen an⸗ zuschließen. Unsere Marineschule, bestimmt, unsere Marineoffiziere heranzubilden, muß als das wirksamste Mittel betrachtet werden, um dieses Ziel zu erreichen. Es ist also nothwendig, sich beständig mit der guten Organisation dieses Etablissements zu beschäftigen. Be⸗ trächtliche Summen wurden auf die Gründung einer Flotte verwendet. Damit nun diese Ausgaben nicht nutzlos bleiben, müssen wir unsere ganze Aufmerksamkeit der Erhaltung unserer Flotte und ihrer nütz⸗ lichen Verwendung widmen. Durchdrungen von diesen Erfordernissen werden unsere Seeleute, Offiziere und Mannschaften auch ferner dem Vaterlande dienen und im höchsten Grade mein Lob und meinen Dank verdienen für all den Eifer und die Ergebenheit, von denen sie bis heute Beweise abgelegt haben.“

(W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten ist von den Serben auf der ganzen Linie die Waffenruhe gebrochen worden. Die Pforte wird die von den Mächten gemachten Vorschläge erst nächsten Sonntag beantworten. Wie verlautet, hätte die Pforte die Absicht, die nämlichen Reformen

im ganzen Reiche durchzuführen; die Hälste der Mitglieder

des in Aussicht genommenen Nationalraths soll von der Be— völkerung gewählt werden.

Wien, 28. September. (W. T. B.) Nach hier einge⸗ langten Nachrichten aus Belgrad hat der Minister Risties, noch unabhängig von der den Vertretern der Großmächte über⸗ mittelten Note einzelnen fremden Generalkonsuln gegenüber mündlich erläuternd erklärt, daß die Ablehnung der Prolon— gation der Waffenruhe lediglich die gegenwärtige Form be— treffe, daß Serbien aber bereit sei und wünsche, in einen for— mulirten Waffenstillstand einzutreten.

Paris, 28. September. (W. T. B.) Der „Agence Havas“ geht eine Meldung aus Teheran zu, worin die Nachricht, daß Persien der Türkei eine Allianz angeboten habe, formell für unbegründet erklärt und hinzugefügt wird, Persien sei nicht im Entferntesten gewillt, seine bisherige neutrale Stellung aufzugeben.

Der „Times“ wird unterm

lung der österreichischen Regierung die Erlaubniß des Fürsten Nikolaus angesucht hatte, Lebensmittel und Arzneien nach Me dun schicken zu dürfen, erwiderte der Fürst mit dem Vor— chlag, er wolle selbst unter der Aufsicht eines türkischen

ffiziers die begehrten Vorräthe von Montenegro aus dahin schaffen lassen.“

Die Bürger von Belgrad haben durch ihren Bürger— meister eine Dankadresse an Lord Russel, Mr. Gladstone und den Historiker Mr. Freeman gerichtet.

Vom Kriegsschauplatz liegen heute folgende Nach— richten vor:

Die Wiener „Presse“ vom 28. giebt über die gegen— wärtige Aufstellung der serbischen Armee folgende Darstellung:

Die gesammte serbische Armee steht möglichst konzentirt im Morawathal und selbst die auswärtigen Eorps sind so nahe als möglich an dasselbe herangezogen. Oberst-Lieutenant Horstig befindet sich mit zwei Brigaden (die Brigade zu etwa zwei Bataillonen) des zweiten Aufgebots nordwestlich Saitschar bei Brestowatz, mit den Vorposten auf den Höhen von Kopita. Die Straße von Saitschar nach Paratschin deckt Oberst Lasar Jowanowies bei Lukov und Boljewatz mit zwei Brigaden des zweiten Aufgebots. Den Raum um Negotin hält Sorawkovies mit einer Brigade des ersten Auf— gebots besetzt, die Vorposten bis an den Timok vor— geschoben. Vor Knjazewatz stehen 2 Bataillone; auf der Straße nach Topla und Banja andere vier Bataillone.

Die Morawa⸗-Armee besteht aus fünfzehn Brigaden des ersten, neun des zweiten und drei des dritten Aufgebots und ist in folgende Corps getheilt. Das Gros unter Tschernajeff befindet sich in Deligrad, dessen Avantgarde gegenüber Trujan und Bobowischte. Zehn Bataillone stehen in Alexinatz und Jovan Popovies, deren Vorposten in Katun und Wukanja. Am linken Ufer der Morawa deckt die Linie Deligrad⸗Krusewatz Oberst Horvatovies mit seiner Brigade durch die Aufstellun⸗ gen bei Weliki Schiljegavez; und Djunisch. Oberst Lasar Tscholak⸗Antics hält mit einer Brigade des zweiten Aufgebots die westlichen Kämme des Instrebatz, die Jankowa⸗Klissura und die Höhen des Kopavnik besetzt. Sein Bruder Major Ilia befehligt bei Javor eine Brigade des ersten und eine des zweiten Aufgebots. Das Reserve-Corps für die Morawa— Armee steht in Tschupriga. An der Drina befinden sich eine Brigade des ersten, drei des zweiten Aufgebots und Frei— willige unter dem Kommando des Obersten Usun-⸗Mirkovics mit dem Hauptquartier in Prejamor.

Der Belgrader Korrespondent der Daily News“ telegraphirt vom 26. d. M.: „Die Türken sollen, wie ver— lautet, gestern Klein-Zwornick angegriffen haben, aber zurück— geworfen worden sein. Die Serben befestigen Schabatz an der Sawe, da es scheint, daß die Türken die Drina bei Alexinatz zu überschreiten béabsichtigen. Die in Deligrad stationirte Armee bereitet ihre Winterquartiere vor, indem sie halb unterirdische Barracken baut.“

Aus Cettinje vom 26. ds. meldet der Spezial-Korre— spondent der „Times“: „Der Fürst sandte gestern seinen Commandeuren längs der Linien Befehle, sich bis zum 2. Ok— tober aller Offensiv⸗Bewegungen zu enthalten. Moukhtar Pascha bediente sich indeß der Waffenruhe, um zwei neue vor— geschobene Positionen auf montenegrinischem Territorium zu e. und zu befestigen. Der Fürst ersuchte die Agenten der ausländischen Regierungen, sich von dieser Verletzung der Waffenruhe persönlich zu überzeugen, und drückte den Wunsch aus, daß an Stelle des gegenwärtig bestehenden provisorischen Waffenstillstandes so rasch als möglich entweder offene Feind⸗ seligkeiten oder ein regelrechter Waffenstillstand treten mögen.“

Dänemark. Kopenhagen, 23. September. Auf einer vor Kurzem auf dem Norderfelde abgehaltenen, von den Füh— rern der hiesigen Sozialdemokratie berufenen Volksver— sammlung wurden verschiedene Resolutionen angenommen, um durch eine Deputation resp. dem hiesigen Magistrat, dem Minister des Innern und Kriegs⸗Minister überreicht zu wer— den. Dieses ist im Laufe dieser Woche geschehen. Den beiden erstgenannten Behörden wurde eine die gegenwärtig herr— schende Arbeiternoth betreffende Resolution überreicht. Die— selbe geht dahin, die genannten Behörden zu bitten, die öffent⸗ lichen Arbeiten, für welche die Mittel bereits bewilligt, bald möglichst in Angriff nehmen zu lassen. Der Minister des Innern, Kammerherr von Skeel, versprach für seinen Theil, die zu seinem Ressort gehörenden Unternehmungen, Hafen und Eisenbahnarbeiten, kräftigst zu fördern. Dasselbe Versprechen wurde der Deputation von dem Magistrat zu Theil. Die Resolution, welche dem Kriegs --Minister General Haffner überbracht wurde, lautete; „Die versammekten Arbeiter mißbilligen aufs Ernsteste jede Einmischung unmoti— virter Strenge und jede Anwendung barbarischer Strafarten gegen Soldaten, und sie halten das jüngste Auftreten des Kriegs Ministeriums gegen die sozialistische Presse so unwür— dig und unvereinbar mit der unparteiischen und kritikdulden— den Haltung einer Regierungs⸗-Autorität, daß sie beschließen, die genannten Blätter in ihrem Kampfe gegen die Verfolgung des Ministeriums mit allen Kräften zu unterstützen.“ Der Kriegs-Minister empfing die Deputation freundlich, was ihm hestige Angriffe seitens der Presse zugezogen hat.

Anierika. Chile. Santiago, 4. August. Herr Anibal Pinto, der konservative Präsidentschafts kandidat, ist, wie erwartet wurde, gewählt worden. Die aus Klerikalen und Ultraliberalen bestehende Opposition hatte keinen Kandidaten 1 Indessen wenn auch zu schwach, um die Wahl zu be⸗ kämpfen, werden die Gegner der Regierung doch mancherlei

Schwierigkeiten machen; sie verhehlen nicht, daß sie die Absicht

—' rm 24. September aus. Cettinje telegraphirt: „Als der Großvezier durch Vermitt—

haben, bei geeigneter Gelegenheit eine Revolution hervorzurufen. Seitens der Geistlichkeit und der reichen klerikalen Laien ist das Benehmen um so gewagter, als die ultraliberale Partei nicht ohne starke sozialistische Färbung ist.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Wien, Freitag, 29. September, Morgens. Ein von den türkischen Truppen gemachter Versuch, die Morawa zu über⸗ schreiten, ist, wie das „Tageblatt“ meldet, gescheitert, da die Serben die Brücke bei Trnjani zerstört hatten. Dasselbe Blatt bestätigt, daß Tschernajeff die Türken am Donnerstag früh auf der ganzen Linie angegriffen hat.

Bu karest, Freitag, 28. September. Der neu ernannte eng—⸗ lische General⸗Konsul, Sberst Mansfield, hat heute dem Fürsten sein Beglaubigungsschreiben überreicht. Der diesseitige diplomatische Agent in Konstantinopel, Fürst Ghika, ist hier angekommen. In dem heute erschienenen Amtsblatte werden die Statuten der Gesellschaft des rothen Kreuzes von Rumä— nien vom Fürsten sanktionirt.

Monatsübersicht für August. * Vergl. Nr. 220. d. Bl.)

Großbritannien und Irland. Die Königin reiste

in der Mitte des Monats mit dem Prinzen Leopold und der Prinzessin Beatrice nach Edinburgh zur Einweihung des Denk— mals des Prinzen Albert, welche in feierlicher Weise vor sich ging, und von dort nach Balmoral. Der Großherzog von Mecklenburg-⸗Strelitz kehrte nach Deutschland zurück, während der Erbgroßherzog sich nach Schottland begab. Der Premier— Minister der Kapkolonie, Malteno, kam nach England, um mit Earl Carnavon über die Schlichtung des Diamantenfelder— streites mit den Orangefreistaaten, dessen Präsident Brand in England weilt, zu konferiren. Sir Salar Yung kehrte nach Indien zurück. Der Premier⸗Minister Disraeli ist zum Earl of Beaconsfield und zum Lord⸗-Siegelbewahrer ernannt und hat in Folge dessen den seit 30 Jahren innegehabten Sitz im Unterhause aufgegeben, um in das Oberhaus einzutreten. . Von Seiten der Regierung ist ein neues Circular wegen des Verfahrens in Betreff der flüchtigen Sklaven erlaffen worden. Da das Baubuch über den Sklavenhandel nach⸗ weist, daß vom Oktoher 1873 bis dahin 1874 100,000 Sklaven auf dem Landwege Zanzibar passirt haben, so wurde eine Parlamentsakte für wirksamere Bestra⸗ fung, von Vergehen gegen die Gesetze des Sklavenhandels publizirt. Ein weiterer Parlamentsbeschluß bestimmt, daß die zur Ertheilung von medizinischen Aemtern und Würden be— rechtigten Behörden in Zukunft, davon absehen sollen, ob die betreffende Persönlichkeit männlich oder weiblich sei.

Der Kommissar des Schatzamtes machte die Anzeige, daß im laufenden Quartal 200,090 Pfd. Sterl. zur Tilgung der Staatsschulden disponibel wären.

Auf einer Versammlung der Homeckuler in Dublin wurde die Resolutien gefaßt, daß für das irische Volk von der Gesetz⸗ gebung im britischen Parlament nichts zu hoffen sei und der 6 durch Organisation parlamentarischer Wählerschaften ausgefochten werden müsse.

Bezüglich der bulgarischen Gräuelscenen werden überall „Indignations-Meetings“ gehalten, welche sich gegen die von der Regierung in der orientalischen Frage verfolgte Politik aussprechen.

Die Denkschrift der gemischten Kommission, welche als Grundlage des Vertrages zwischen England und Frankreich über den Kanal-Tunnel empfohlen wird, ist verbffentlicht worden. Sie betrifft die Grenzbestimmung und die Ver— waltung der beiden Abtheilungen, sowie den Bau der Bahn und des Tunnels. Das auswärtige Amt hat der Handels— kammer in Manchester eine Abschrift des zwischen Rumänien und Oesterreich bestehenden Handelsvertrages zugestellt und ein Gutachten darüber erbeten, ob nach diesem Muster auch zwischen Rumänien und Großbritannien ein solcher Vertrag abzuschließen sei.

Die Differenzen mit Dahomey dauern fort; zuerst wurde die Blokade wieder aufgehoben, der König hatte gedroht beim ersten Schuß alle Weißen zu tödten, die Blokade mußte aber schließlich wieder verhängt werden. Die füdafrikanische Kon— ferenz unter dem Earl von Carnarvon wurde eröffnet, dann aber bis in den Oktober vertagt. Die türkische Regierung hat, wie das auswärtige Amt anzeigt, den General-Gouverneur von Syrien angewiesen, von den Völkern Safeds die ganze Entschädigung einzutreiben, welche Konsul Moore für den im vorigen Jahre auf Lieutenant Conders Gesellschaft gemachten Angriff gefordert hat.

Im Oberhause gab Lord Derby im Anfang des Monats sehr allgemein gehaltene friedliche Erklärungen betreffs des Orients und der bezüglichen englischen Politik, so daß alle Anträge auf bestimmte Aktion zurückgezogen wurden. Das Elementar⸗Unterrichtsgesetz, welches den indirekten Schul— zwang beabsichtigt, indem kein Kind unter 19 Jahren zu Arbeiten verwandt und bis zum 14. Jahr jedes, das nicht bestimmte Kenntniß hat, in den Halbzeit-Schulen unterrichtet werden soll, wurde in allen drei Lesungen angenommen. Die Frage des Khedive nach seiner Berechtigung, gewissen Urtheilen des internationalen Gerichtshofes seine Bestätigung zu versagen, hat die Regierung, nach Lord Derbma Erklärung, englischen . vorgelegt. Das Haus genehmigte ferner die Handelsschiffahrts⸗Vorlage und die Suezkanal-Aktienbill. Am 15. wurde das Parlament geschlossen; in der Botschaft erklärte sich die Regierung bereit, bei passender Gelegenheit die Vermittelung im Orient zu übernehmen. .

Im Unterhause waren die Erklärungen Disraeli's denen des Lord Derby im andern Hause ähnlich. Betreffs der türkischen Anleihe erklärte der Lord der Schatz— kammer: Die Bank von England habe zur Begleichung der für die Anleihe von 1854 zu leistenden Zahlung vom 1. Oktober v. J. bis jetzt 130,536 Pfd. Sterl. von der ägyptischen Regierung erhalten; es fehlen noch 61,150 Pfd. Sterl. Die für die 18711 Anleihe an die Bank geleistete Zahlung betrage 199,500 Pfd. Sterl., Rest verblieben somit II6, 922 Pfd. Sterl. Wenn die türkische Regierung jene Vorschüsse nicht zurückzahle, müsse die englische Regierung der ottomanischen Bank sie zurückzahlen und habe die französische Regierung ersucht, den ihr zukommenden Theil zu hinter— legen. Das Elementar⸗Unterrichtsgesetz wurde mit den Amendements des Oberhauses angenommen. Ferner die Bill zur Verhütung der Verunreinigung der Flüsse.

Der für die Mission Cawe's nach Aegypten und für den weiteren Ankauf von Suezkanal Aktien geforderte Kredit wurde bewilligt. Bezüglich der Silberentwerthung erklärte die Regierung, keine Schritte thun zu wollen.

Was nun die Kolonien betrifft, so war aus Barbadoes eine Deputation angekommen, um die Niedersetzung einer Kommission zu erbitten, welche das Verhalten des Gouverneurs Hennessy in Bezug auf das Projekt einer Konföderation der westindischen Inseln untersuchen solle. Der Kolonial⸗Minister aber sprach ihn von jedem Tadel frei. In Khelat hat der Oberst Landeman mit seiner Mission vollständigen Erfolg gehabt. In Calcutta erließ der Vize⸗König eine Prokla⸗ mation wegen einer am 1. Januar 1877 zu Delhi zu hal— tenden Versammlung zur Proklamirung der Kaiserin. Die Lage der indischen Finanzen wird von der in Simla (Indien) erscheinenden Amtszeitung als Besorgniß erregend dargestellt; die Zolleinkünfte seien ungenügend, Ersparungen nothwendig, doch sei diese finanzielle Zerrüttung nur den rapiden Fall des Silberwerthes zuzuschreiben. Das Budget der Kolonie Victoria ergab einen Ueberschuß von 52,000 Pfd. Sterl, so daß keine neuen Steuern nothwendig sind; das neue Wahlgesetz vermehrt die Anzahl der Mitglieder der Le— gislative von 78 auf 84.

Spanien. Der König Alfons residirte auf seinem Schlosse La Granja“, woselbst er ein- oder zweimal wöchentlich Ministerrath abhielt. . In Pampel ina und San Sebastian sind wegen der Mi— litäraushebung Unruhen ausgebrochen, aber rasch unterdrückt worden. Die Entdeckung und Bestrafung einer Militärver— schwörung wird an amtlicher Stelle als falsch bezeichnet. Auf den Unter-Staatssekretär im Ministerium des Innern, Sennor Barka, ist ein Pistolenschuß abgefeuert worden, ohne ihn zu verletzen. Der Thäter ist bisher unentdeckt geblieben.

Nach der amtlichen Zeitung hat die Regierung mit ver— schiedenen spanischen Bankiers eine Uebereinkunft getroffen, ein Anlehen von 15 bis 25 Millionen Duros für den kuba nischen Krieg aufzunehmen. Diese Summe soll in 10 Jahren getilgt und mit 19 Prozent verzinst werden. Als Sicherheit werden die kubanischen Zölle verpfändet; außerdem werden 2 Prozent Kosten bewilligt.

Auf den Antrag der liberalen Parteien haben die Cortes die Errichtung von Ackerbauschulen beschlossen.

Der frühere carlistische General Cabrera, der neuerlichst für die alfonsistische Partei aufgetreten, ist in England ver— storben.

. Zufolge Nachrichten der „London Times“ hat im August in Spanien eine so furchtbare Hitze geherrscht, wie solche feit 1808 nicht dagewesen ist. Die Temperatur ist in schattigen Zimmern auf 31 Grad Réaumur gestiegen. In Sevilla sind 40 Feldarbeiter dem Sonnenstich erlegen. Die Weinstöcke verdorrten in Folge der glühenden Hitze.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigtn Standes-Aemtern in der Woche vom 17. September his inkl. 23. September er. zur Anmeldung gekommen: 189 Eheschließungen, 896 Lebendgeborene, 37 Todtgeborne, 468 Sterbefälle.

Das rasche Wachsthum der Bevölkerung in West— falen und in den niederrheinischen Gegenden, sowie die Ursachen desselben ergeben sich aus folgender Zusammen⸗ stellung:

Der Regierungsbezirk Arnsberg hatte 1819 386000 Einwohner, 1873 82957 (seit 1371. 1375 o Zunahme), der Regierungsbezirk Düsseldorf 1875 1ů460,980 Einwohner (seit 1871 10 oH Zunahme); die Stadt Essen 1792 3600 Einwohner, 1867 40000, 1875 52, 306; die Stadt Bochum 1765 1437, 1855 6660, 1875 28,511; die Sadt Witten 1819 2090, 1875 18350 die Stadt Dortmund 1817 35, 18971 140460, 1875 57,100; die Stadt Hagen 1719 675, 1855 6911, 1875 16,163; die Stadt Schwelm 1765 1378, 1855 4602, 1875 11,4099. Die Bedingungen für das außer— ordentliche Wachsthum der Bevölkerung in Westfalen und am Rhein sind in den dort abgelagerten mineralischen Schätzen, deren Gewin— nung eine der großartigsten Industrien ins Leben gerufen, zu fuchen. In ununterbrochener Reihe schließt sich dort eine Steinkohlengrube, ein Hüttenwerk, eine Fabrik an die andere. Der Bergbau ist übri⸗ gens in Westfalen erst seit kurzer Zeit in Aufschwung; vor hundert Jahren war er nichts weiter als ein Raubbau, mehr oder weniger von Bauern getrieben, von einer technischen Kunst, von einer rationellen Thätigkeit war keine Rede. Erst König Friedrich II. ließ, um dem westfälischen Bergbau rationelle Grundlagen zu geben, Sachverständige aus dem Harz nach Westfalen kommen, welche die ersten Lineamente der Bergbaukunst den dor— tigen Eingesessenen beibrachten. Heute dagegen kann der westfälische Bergbau, was Umfang und Intensität betrifft, mit jeder Gruben— industrie der ganzen Welt in Konkurrenz treten. 1823 produzirte Westfalen im Siegenschen allein an Roheisen 600,000 Ctr., 1860 L 800000 Ctr., 1873 12,300, 0090 Ctr. Der westfälisch⸗-nieder⸗ rheinische Industriebezirk ist heute das bei weitem reichste Produk— tionsgebiet Deutschlands. Es befinden sich darin 109 Eisenbahn— stationen (zum Theil sehr großen Umfangs) und nicht weniger als 294 selbständige Anschlüsse der 4 großen Eisenbahnen an Etablisse⸗ ments, speziell an Kohlenzechen.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Der Rost. Ztg.“ schreibt man unter dem 26. September: Mit der Ernte ist Niemand zufrieden, da das Winter⸗ korn einen zu starken Rückschlag gegeben hat; namentlich ist es der Weizen, der, an und für sich dünn, mit Un⸗ kraut und Windhalm durchzogen stand, die meiste Sorge macht. Dazu gesellte sich der Rost inzeinem leider nur allzustarken Maße, so daß wohl an manchen Stellen die Frage herantritt, ob der Weizen zu dreschen sei. Auch der Roggen hat eine Mittelernte nicht ergeben. Während er auf einigen Gütern ziemlich lohnen soll, hören wir von anderen das Gegentheil. Im Allgemeinen hat uns die Winterkorn— ernte in Stich gelassen und wir können sie nicht anders als bis 50 unter einem Mittelertrag angeben, jedenfalls für den Weizen. Gücklicherweise hat sich das Sommerkorn gut gemacht; namentlich sind es die Rankengewächse und von diesen besonders die Erbsen, die einen Mittelertrag bei weitem übersteigen. Eine Mittelernte und darüber haben Hafer, Gerste und Sommerweizen erzielt, Kartoffeln sind qualitativ und quantitativ gut. Die Nachmaht des Heues in zur Hälfte geborgen, die draußen liegende andere Hälfte hat einen Futterwerth nicht mehr. Klee im Stoppelschlag steht gut. Oelsaaten stehen sehr verschieden. Das Vieh hat in der letzten Zeit sehr gelitten, namentlich die Schafe, die die nasse Witterung nicht vertragen können. Die Ackerbestellung ist gut vorwärts ge⸗ gangen, namentlich begünstigte die lange anhaltende Dürre die Brach⸗ bestellung und die frühere Befürchtung, daß die Erbsen⸗ und Menge⸗ kornstoppeln schwer umgestürzt werden würden, ist durch den viel ge⸗ fallenen Regen nicht in Erfüllung gegangen. Die Saatfurche sicht sehr schön und einladend zur Aufnahme des Saatkorn aus.

Wie der „Pfälzische Kurier“ mittheilt, kann in der Pfalz, mit wenigen Ausnahmen, die Tabaksernte als beendet betrachtet werden. „Der Ertrag sagt das Blatt ist durchweg ein ge⸗

ringer, die Blätter sind kurz und geben wenig Büschel, so daz wir