1876 / 254 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Oct 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Die Bun desraths-Bevollmächtigten: König⸗ lich sächsischer Staats⸗Minister der Justiz, Abeken, und Großherzoglich hessischer Präsident des Justiz⸗-Ministeriums, Kempff, sind nach Dresden und beziehungsweise Darmstadt zurückgereist.

Der Kaiserliche Botschafter General-Lieutenant von Schweinitz ist auf seinen Posten in St. Petersburg zurück— gekehrt und hat die Leitung der dortigen Kaiserlichen Botschaft wieder übernommen.

Der Gesandte der Vereinigten Staaten von Nord⸗ amerika am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Herr Bancroft Davis, ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der GeneralLieutenant Graf Brandenburg, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 11. Division, welcher vor einigen Tagen hier angekommen war, hat sich gestern Abend wieder nach Breslau zurückbegeben.

Der Kaiserlich russische Reichs-Controleur, General⸗ Adjutant von Greig, ist heute früh auf der Rückreise nach St. Petersburg aus Frankfurt a. M. hier eingetroffen.

Bayern. München, 25. Oktober. (Südd. Pr.) Der König wird mit Beginn der kommenden Woche zum Aller— heiligenfest in hiesiger Residenz erwartet. Der Fürst und die Fürstin von Leiningen trafen gestern, und zwar Fürstin Marie von Stuttgart, und Fürst Ernst von der Hinterriß, zu zweitägigem Aufenthalt hier ein und nahmen im Hotel „Belle⸗Vue“ Absteigequartier. Das Fürstenpaar wird sich von hier nach Florenz begeben.

In der „Allg. Ztg.“ liest man: „Wie wir aus zuver⸗ lässiger Quelle erfahren, ist es nicht mehr ein Gerücht, daß der zum Bischof von Speyer ernannte Herr Stiftsdechant Enzler resigniren werde, sondern eine Thatsache, da der—⸗ selbe ein diesfälliges Gesuch bereits an die Allerhöchste Stelle hat gelangen lassen. Welche Gründe Herrn Enzler zu diesem unter allen Umständen auffallenden Schritt veranlaßten, ist vorerst nicht bekannt; es scheint aber, daß Einflüsse, welche sich von gewisser Seite her geltend zu machen suchten, von Erfolg begleitet waren. Eine Entschließung ist auf das in Rede stehende Resignationsgesuch zur Zeit noch nicht erfolgt.“

Sachsen. Dresden, 26. Oktober. (Dr. J.) In der heutigen Sitzung der evangelisch-lutherischen Landes—⸗ synode fand die Spezialberathung des Entwurfs eines Kirchengesetzes, einige kirchendisziplinelle Bestimmun—⸗ gen betreffend, statt. Dieselbe ergab eine Verschärfung der vom Kirchenregimente vorgeschlagenen Bestimmungen insofern, als trotz des Widerspruchs der Kommissare des Kirchenregi⸗ ments beschlossen wurde, daß auch die Verweigerung der Kon— firmation, sowie die Eingehung einer Ehe, deren kirch— liche Trauung nach gesetzlichen Bestimmungen unstatthaft ist, die im Entwurfe für die Unterlassung der Trauung und Taufe angedrohten Nachtheile zur Folge haben soll. Ferner wurde berathen über einen Antrag des Professors Dr. Luthardt, die älteren kirchendisziplinellen Bestimmungen über Abend⸗ mahlszucht für den Fall für anwendbar zu erklären, daß dem kirchenordnungswidrigen Verhalten eines Kirchengliedes Verachtung des Sakramentes oder des Wortes Gottes zu Grunde liege.

Baden. Karlsruhe, 25. Oktober. Die General— Synode hat heute die ganze Agende einstimmig ange— nommen.

HGessen. Darmstadt, 25. Oktober. Die Zweite Kammer der Landstände hielt heute Nachmittag halb 4 Uhr eine zweite Sitzung und fuhr darin in der Debatte über den Antrag des Abgeordneten von Rabenau, die Durchführung des Art. VII. der Reichsverfassung, das Eisenbahnwesen betr., fort. Schließlich wurde der Antrag des Abgeordneten Dumont gegen 6 Stimmen abgelehnt, der Antrag des Ausschusses gegen 8 beziehentlich 19 Stimmen angenommen. Die Kammer vertagte sich sodann auf unbestimmte Zeit.

Mecklenburg ⸗Schwerin. Schwerin, 23. Oktober. (Wes.⸗Itg.) Dem Landtage sollen als Caput proponendum IIl. die Vorlagen für die Durchführung der zu erwartenden neuen Gerichtsorganisation gemacht werden, welche nach Annahme der Reichsjustizgesetze nothwendig wird. Statt des jetzigen Ober⸗Appellationsgerichts soll, wie verlautet, ein Ober-Landesgericht, statt der jetzigen 3 Justizkanzleien zu Schwerin, Güstrow und Rostock, ferner des Kriminalkolle— giums zu Bützow und der zwei städtischen Obergerichte zu Rostock und Wismar nur zwei Landgerichte eingeführt werden. Als Sitze der Landgerichte werden Schwerin und Güstrow und für das Ober-Landesgericht Rostock genannt. Sobald die Stände zugestimmt haben, sollen, wie es heißt, sofort die er— forderlichen Bauten beginnen, zu denen aus den Kriegsent— schädigungsgeldern die Mittel bestimmt sind.

Oesterreich⸗ ungarn. Wien, 25. Oktober. In den Reise⸗Dispositionen des Kaisers ist, wie das „Fremdenbl.“ mittheilt, eine Aenderung verfügt worden und Se. Majestät hat heute bereits in Wien Aufenthalt genommen. Die Dis— positionen bezüglich der Reise nach Böhmen bleiben unver— ändert. Graf Andrassy ist heute in Wien eingetroffen, reist aber vermuthlich in einigen Tagen nach Ungarn zurück. Seine Rückkunft dürfte, dem genannten Blatte zufolge, mit der Beantwortung der Eichhoff-Herbst⸗Großschen Inter— pellation im Zusammenhang stehen, deren Beantwortung für die allernächste Zeit zu erwarten steht.

Heute Vormittags 11 Uhr begann ein österreichischer Ministerrath, an welchem sämmtliche Mitglieder des Kabinets theilnahmen. Es dürfte sich, dem „Fremdenbl.“ zufolge, wahr⸗ scheinlich auch um die Feststellung des Zeitpunktes gehandelt haben, in welchem die Regierung die an sie gerichteten An⸗ fragen der 115 Interpellanten aus der Verfassungspartei beantworten wird. Die Frage der gemeinsamen Ak— tiven bildet, wie die Prag. Ztg.“ mittheilt, im gegenwär— tigen Augenblicke den Gegenstand sehr eingehender Verhand— lungen zwischen der diesseitigen und der ungarischen Regierung. Die Lösung der einschlägigen Differenzpunkte zwischen den beiderseitigen Finanz⸗Ministern ist zwar noch nicht gefunden,

doch hofft man bestimmt auf eine baldige Verständigung. Er-

folgt diese, dann dürfte die Entscheidung betreffs dieses gemein⸗ samen Vermögens zugleich mit den Ausgleichs-Gesetzvorlagen den beiderseitigen Parlamenten unterbreitet werden. . (W. T. B.) Der Kaiser hat den Sergius Alexandrowitsch, Ober⸗Lieutenant à la

auch für den der zvweite

werden. Großfürsten suite des!

österreichischen Infanterie⸗Regiments „Alexander J. Kaiser von Rußland Nr. 2“ zum Hauptmann und den Großfürsten Paul Alexandrowitsch, Lieutenant à la suite des österreichischen Ulanen⸗Regiments „Alexander II. Kaiser von Rußland Nr. 11“ zum Ober ⸗Lieutenant befördert.

26. Oktober. (W. T. B.) Graf Andrassy kon⸗ ferirte heute mit dem Ministerium wegen der Beantwortung der von Eichhof, Herbst und Hoffer eingebrachten Inter⸗ pellation über die orientalische Frage. Die Beant⸗ wortung derselben dürfte bereits in der morgenden oder doch spätestens in der nächstfolgenden Sitzung des Abgeordneten⸗ hauses erfolgen.

(W. T. B.) Die neuerliche Haltung der ungarischen Regierung, welche der Pester akademischen Jugend die ge⸗ plante Demonstration verbot, findet in hiesigen politischen Kreisen als Symptom völliger Uebereinstimmung des Kabinets Tisza mit der Politik des Grafen Andrassy un— getheilte Anerkennung, wie auch die in den Pester liberalen Organen hervortretende bedeutende Mäßigung der noch vor Kurzem herrschenden Erregung gegen Rußland dem Einflusse des Ministers Tisza und des Grafen Andrassy zugeschrie— ben wird.

Laibach, 24. Oktober. Der krainische Landesaus— schuß beschloß, ein Ersuchen an das ungarische Ministerium und an die ungarischen Behörden zu stellen, mit Krain in deutscher Sprache zu korrespondiren.

Pest, 25. Oktober. Der Finanzausschuß erledigte das Präliminare des Staats-Rechnungshofes ohne Abzug. Bezüglich der endgültigen Organisation wird ein neuer, den Verwaltungsnormen entsprechender Gesetzentwurf unterbreitet werden. .

26. Oktober. (W. T. B.) Gestern Abend hatten sich die hiesigen Stu denten in großer Anzahl in mehreren Straßen angesammelt und sich wegen des von der Polizei ergangenen Fackel⸗ zug⸗Verbotes verschiedentlich, u. A. auch dem Abgeordneten Jokai gegenüber, der zur Ruhe mahnte, in Demonstrat io en er⸗ gangen. In Folge dessen erfolgte das Einschreiten der Polizei, welche die Straßen, in denen sich das türkische und das russische Konsulat befinden, absperrte und die angesammelten Haufen zerstreute. Um 11 Uhr Abends war, ohne daß irgend ein Unfall vorgekommen wäre, die Ruhe wiederhergestellt.

(W. T. B.) Der von 69 Studenten gebildete Ausschuß der hiesigen Studentenschaft hat gegenüber dem Gerüchte, wonach eine Demonstration gegen den russischen Konsul beabsichtigt sein sollte, beschlossen, eine Proklamation zu veröffentlichen, in welcher erklärt wird, daß die Studentenschaft sich dem Polizeiverbot unterwerfe und die Ab— haltung des beabsichtigten 1 auf eine geeignetere Zeit vertage. In einer heutigen Abendsitzung konstituirte der Ausschuß ein Comits zur Unterstützung türkischer Ver— wundeter.

Schweiz. Bern, 25. Oktober. (Köln. Ztg.) Auf die Nachricht, daß die Aufregung im Kanton Tessin eher im Steigen, als im Abnehmen begriffen sei, hat der Bundes— rath dem dorthin entsandten eidgenössischen Kommissar, National⸗Rath Bavier, heute neue Instruktionen zuge⸗ stellt, welche die militärische Okkupation dieses Kantons durch eidgenössische Truppen nicht ausschließen, und ist auch bereits

auf diese Eventualität hin die Aufgebotstellung des th urgaui⸗

schen Regiments Nr. 25 gestern Abend von ihm angeordnet worden. Außerdem hat der Bundesrath Herrn Bavier schon vorgestern ein von dem Bundes⸗Präsidenten Welti ausgearbei— tetes Memorial zu Händen der Regierung des Kantons Tessin zugesandt, in welchem die bundesräthliche Anschauung von dem gegenwärtigen Tessiner Konflikt enthalten ist. In diesem Memorial soll sich der Bundesrath insoweit zu Gunsten der liberalen Partei aussprechen, daß der Große Rath nicht ein vollständiges neues Wahlgesetz ausarbeiten, sondern sich nur auf die allernothwendigsten Abänderungen der Tessiner Kantonsverfassung hätte beschränken sollen, um dieselbe mit der die Proportionalvertretung nach Maßstab der Bevölkerung derlangenden Bundesverfassung in Uebereinstimmung zu brin⸗ gen, womit dann sein Mandat abgelaufen gewesen sein würde.

Der Bundesversammlungz ist nach der „N. Zürch. Itg.“ in der Sitzung vom 25. d. M. das am 1. Juni 1876 in Berlin unterzeichnete Uebe reinkommen mit der deut— schen Reichs-Postverwaltung und den Postverwaltungen von Bayern und Württemberg, betreffend Erhebung eines einheitlichen Portosatzes von 1 Fr. oder 80 3 für frankirte Packete bis zum Gewichte von 5 Kilogr., zur Genehmigung unterbreitet worden.

Genf. (N. Zürch. Ztg.) In der Sitzung vom letzten Montag votirte der Große Rath nach Anhörung des bezüg— lichen Kommissionalberichts in erster und zweiter Lesung ohne Diskussion den Gesetzentwurf, betreffend den Anschluß der genferischen katholischen Gemeinden an das schweizerischeschristkatholische Bisthum.

Großbritannien und Irland. London, 25. Oktober.

In der „Pall Mall Gazette“ kündigt ein Mitglied der Geo⸗ praphischen Gesellschaft an, am Montag, den 13. No— vember, in der Abendsitzung folgenden Antrag stellen zu wollen: „Der Vorstand und die Mitglieder der Königlich Geographi— schen Gesellschaft, obgleich den von Mr. H. M. Stanley während seiner Erforschungen in Mittel⸗Afrika gezeigten Muth und seine Entschlossenheit von Herzen schätzend, ver urthei⸗ len nachdrücklich sein Verfahren mit den Einge— borenen als nicht nur ungerechtfertigt und grausam an sich, sondern als die ernsteste Gefahr für Reisende, die seinen Spu— ren folgen könnten, mit sich bringend.“ Schon jetzt aber hat Stanley's im „Daily Telegraph“ vom 7. und 10. August veröf— fentlichter Bericht zu einer Aeußerung des Auswärtigen Amtes Veranlassung gegeben. Der Verein zum Schutze der Eingeborenen und zur Abschaffung des Sklavenhandels hat dem Lord Derby eine Denkschrift überreicht, in welcher des Ministers Aufmerksamkeit auf die von Stanley am Vic— toria-Niyanza-See auf der Bambireh-Insel ausge— führten Dinge gelenkt wird „Die Vernichtung“ so heißt es in der Denkschrift „von 42 menschlichen Wesen . . .. zugleich mit dem wahrscheinlichen Tode vieler aus den durch explodirende Kugeln verwundeten Hunderten oder mehr war eine That blinder und unbarmherziger Rache Mr. Stanley kehrte nach Bambireh lediglich aus Rache— gründen zurück Was für eine Entschuldigung ersten Angriff gegeben werden kann, verdient als Blutbad gebrandmarkt zu Wir werden auf die Zukunft des afrikani— schen Festlandes mit Furcht sehen, wenn EErforschung ins— künftig nach Grundsätzen ausgeführt wird, die so gänzlich von

denen Livingstones und Spekes abweichen. Wir glauben, daß a zu fürchten ist, von nun an werde ein unschuldiger Reisender oder Bahnbrecher für Handelsunternehmungen durch Mr. Stanley's blutige Thaten in Bambireh zu leiden haben.. Wir wissen nicht, ob Mr. Stanley ein Amerikaner oder ein britischer Unterthan ist, aber wir hören, er sei in diesem Lande geboren und ist bekanntlich Vertreter einer unter— nehmenden englischen Zeitung. Ew. Lordschaft werden auch bemerken, daß Mr. Stanley die englische Flagge aufgehißt hat. . . . Darauf ist folgende Antwort ergangen: Auswärtiges Amt, 21. Oktober 1876. Se. Lordschaft hat mit großem Bedauern Berichte von den Umständen gelesen, die stattgefunden zu haben scheinen in Ver⸗ bindung mit den Erforschungen jenes Reisenden, und die einen so schmerzlichen Eindruck in diesem Lande gemacht haben. Es ist jedoch für Se. Lordschaft unmöglich, in der Angelegenheit direkt zu han⸗ deln, insofern Mr. Stanley kein britischer Unterthan ist, und Ihrer Majestãt Regierung keine Autorität über ihn hat; aber Se. Tord⸗ schaft kann nur hoffen, in Hinblick anf den Charakter, den Mr. Stanley sich in diesem Lande durch seinen Zug behufs Auffindung Lixing— stone's erworben hat, daß er möglicher Weise eine Erklärung oder Rechtfertigung seines Verfahrens werde geben können, die auz den bis jetzt empfangenen Berichten nicht ersichtlich ist. Ich muß hinzufügen, daß Mr. Stanley keine Vollmacht hat, die britische Flagge aufzuhissen, und daß Lord Derby die Konsuln Ihrer Majestät an der Ostküste Afrikas anweisen lassen wird, dieses ihm mitzutheilen, wenn Gelegenheit sich dazu bieten wird. Inzwischen wird Seine Lordschaft Abschriften dieser Korrespondenz an den Gesandten der Vereinigten Staaten in London schicken, damit er sich des Gefühls versichere, welches die Berichte von Mr. Stanley's Vorgehen erregt haben. Ich bin u. s. w. . T. V. Lister.

Frankreich. Paris, 25. Oktober. Die „Corr. Havas“ meldet: „Gleich bei der Wiedervereinigung des Parlaments sollen mehrere wichtige Gesetzentwürfe an die Deputirten vertheilt werden, namentlich eine Jesetzesvorlage des Finanz— Ministers betreffs einer gründlichen Umgestaltung des „Patent— regimes“ (Handels⸗ und Gewerbesteuer), ein Gesetzentwurf des Ministers der öffentlichen Arbeiten, die Konzession zweier neuen Linien an die Nord-⸗Eisenbahn betreffend und der Gesetzentwurf des Ministers des Innern über die Durchführung des auf die Konstituirung des Besitzes in Algerien bezüglichen Gesetzes vom 26. Juli 1873.“ Der Pariser Korrespondent des „Journal de Rouen“, der Mitglied der berathenden Gnaden kommission ist, sagt, es wären jetzt ungefähr 200 Dossiers bereit und man erwarte für Ende des Monats 630 vom Gouverneur von Neu⸗Caledonien angezeigte Anträge. Bis Ende des Jahres wird, aller Wahrscheinlichkeit nach, die Kommission gegen tausend Angelegenheiten zu untersuchen haben. Der „Moniteur“ erklärt: „Herr Target, der fran— zösische Gesandte im Haag, habe in seiner Rede bei der Pferde-Ausstellung das Wort „Revanche“ nicht in den Mund genommen und fügt hinzu, eine solche falsche Auffassung „stehe im geraden Widerspruche mit den Gedanken des Redners.“ Der Budget-Ausschuß verwarf in seiner gestri— gen Sitzung den Antrag von Rou vier betreffs der Herstellung einer Einkommensteuer. Zwölf Mitglieder, darunter Gambetta, Lepäre, Bardouxr, Cochery, Mathieu Bodet und Labadie, sprachen sich gegen denselben, und vier, Floquet, Wilson, Langlois und Rouvier, für denselben aus. Gam— betta hielt bei dieser Gelegenheit seinen Steuerentwurf dem von Rouvier gegenüber aufrecht. Sein Hauptgrund war, daß durch die Annahme desselben die Verwirklichung der Steuerreformen hinausgeschoben werde. Wilson (linkes Centrum) war dagegen der Ansicht, daß der Rouviersche Antrag die Anwendung der „Incometar“ und eine wirkliche Steuer auf den Reichthum sei, die gestatte, später mehrere drückende Steuern abzuschaffen. Mathieu Bodet, früher Finanz⸗Minister, der gegen jede Steuer auf das Einkommen sprach, hält das jetzige System für das beste, und will die indirekten Steuern durch eine Revision des Katasters. Du— tilleul, ehemaliger Direktor im Finanz-Ministerium, sprach ebenfalls gegen die Einkommensteuer, da dieselbe die Umwandlung der Rente verhindern werde. Heute beginnt die Berathung über die Gambetta'sche Vorlage. Die erste Nummer des von Raoul Duval und anderen Bonapartisten gegründeten Blattes „Nation“ ist heute erschienen. Der „Temps“ bringt folgende Mittheilung über den Aufenthalt der Großfürstin Konstantin in Paris; „Die Rückkehr der Großfürstin wurde durch Gesundheits— rücksichten veranlaßt. In Stuttgart wurde dieselbe von einer schweren Diphteritis befallen; die Aerzte hemmten zum Glück den Fortschritt dieser Krankheit, aber es ward erkannt, daß der Kalkboden und das Klima von Paris der Gesundheit der Prinzessin günstiger seien, als der Aufenthalt in St. Peters— burg. Auf diesen Rath kehrte diePrinzessin nach Paris zurück.“

Italien. Rom, 24. Oktober. Wie die „Liberta“ mit— theilt, hat die Regierung des Königs von Griechenland, Hrn. J. Kalergi, den ersten Sekretär der hellenischen Gesandt— schaft zum Gesandten und bevollmächtigten Minister am italienischen Hofe ernannt. Der neue Vertreter Griechen— lands in Rom ist der Sohn des Generals Kalergi. Die „Ital. Nachr.“ melden: Die spanischen Pilger sind größtentheils abgereist. Aus bester Quelle erfahren wir, daß die spanische Regierung mit dem Verlauf dieser Wallfahrt, welche sie als eine Carlisten⸗-Demonstration be— trachtet, unzufrieden ist. Darum fand nochmals ein Depeschen— wechsel zwischen der Madrider Regierung und der spanischen Ge— sandtschaft in Rom statt. Außer der Rede des Erzbischofs von Gra⸗ nada über die Nothwendigkeit der weltlichen Gewalt des Papstes und einigen kleinen Vorfällen, in denen Pilger ihr Mißvergnügen über den jetzigen Zustand der Dinge in Rom ausdrückten (Vorfälle indeß, die keine weiteren Folgen hatten) zeigten diese Pilger ihren Unwillen über die jetzige Regierung Spaniens. In der That erzählt man, daß sie, so oft sie vor dem Palast der spanischen Gesandtschaft vorbeikamen, in Beleidigun— gen gegen die Vertreter Don Alfonso's ausbrachen, und außer— demversichert man, daß sie auf den Dampfschiffen Demonstrationen zu Gunsten des Don Carlos gemacht haben. Ueber diese carlistische Propaganda besorgt, hat die spanische Regierung an ihre Vertreter in Rom und an die Konsuln an den Gren⸗ zen Italiens und Frankreichs peremptorische Befehle geschickt, diese Pilger nicht nach Haus zurückkehren durfen, wenn sie sich nicht bei den Legationen oder Konsulaten einstellen, um ihre Pässe revidiren zu lassen.

25. Oktober. (Köln. Ztg.) Der Bischof von Gra⸗ nada, welcher das durch die 6000 spanischen Pilger er⸗ regte Aufsehen zu einer Art von carlistischer Kundgebung be⸗ nuͤtzt hatte, wurde von seiner Regierung aufgefordert, sich dieserhalb bei dem spanischen Gesandten in Rom zu entschul⸗ digen, widrigenfalls ihm die Rückkehr nach Spanien verwei⸗ gert werden würde. Ein nach Genua gerichteter Brief des

Kardinals Antonelli an den Prälaten unterstützt diese Forde— 2 und räth dem Bischof, seinen Pflichten gegen die spa⸗ nische Regierung nachzukommen. Man glaubt jedoch, daß dieser es vorziehen werde, nach Frankreich auszuwandern.

27. Oktober. (W. T. B. Einer Meldung der Italie“ zufolge hätte die russische Regierung beschlossen, eine Panzerschiff⸗Escadre unter dem Kommando des Vize⸗ Admirals Boutakow in einem süditalienischen Hafen überwintern zu lassen und dies der italienischen Regierung mitgetheilt, welche dem Vorhaben der russischen Regierung keinerlei Hinderniß entgegengestellt habe. „Italie“ fügt hinzu, die russische Regierung habe einen italienischen Hafen gewählt, um eine ansehnliche Streitmacht konzentriren und nöthigen⸗ falls nach dem Orient dirigiren zu können.

Türkei. Konstantinopel, 26. Oktober. (W. T. B.) Der „Phare du Bosphore“ veröffentlicht die Ansprache, welch der russische Botschafter, General Ignatieff, bei Ueberreichung seiner Kreditive anden Sultan gerichtet haben soll, sowie die Ant⸗ wort des Sultans auf dieselbe. Nach dem genannten Blatte jagte Ignatieff, der Kaiser von Rußland würdige die Schwierig keit der Lage. Ohne seine Sympathie für die flavischen Unter— thanen der Pforte zu verhehlen, wünsche er, daß diese Schwierigkeiten geebnet werden möchten, damit der Sultan dazu schreiten könne, das Loos seiner Unterthanen zu ver— bessern. Der Sultan erwiderte, er beklage die Ereignisse, welche die Ausführung seiner reformatorischen Pläne verhin⸗— derten; er zähle auf die Unterstützung der Vorsehung, um eine neue Friedensgera herbeizuführen, welche ihm gestatte, sein Volk glücklich zu machen. Er hoffe, der Kaiser von Rußland werde dazu beitragen, ihm diese Aufgabe zu er— leichtern.

Wie der Pol. Korr.“ aus Türkisch-Armenien gemeldet wird, ist dort aus Konst antinop el neuestens die Ordre zur Anti⸗ zipirung einer einjährigen Steuererhebung eingetroffen und sind die Kajmakams angewiesen worden, dieselbe der ohnehin schon so schwer gedrückten Bevölkerung mit der Nothlage des Reiches plausibel zu machen, in welcher nur die Opferwilligkeit aller treuen Unterthanen des Sultans Rettung bringen kann. Die zweite, bereits im Vor— bereitungsstadium befindliche Maßregel betrifft eine allgemeine Aushebung unter der mohamedanischen Bevölkerung vom 18. bis. zum 50. Jahre. Diese Rekrutirung soll innerhalb drei Wochen, zwischen dem 8. und 29. November durch— geführt werden. Man hofft in Klein⸗Asien ein Kontingent von 70009 Mann für die reguläre Armee aufbringen zu können. Diese Hoffnung kann allerdings in Erfüllung gehen, wenn die Re— gierung zu dem extremen Mittel greifen sollte, die Bevölkerung für den bedrohten Glauben zu enthusiasmiren. Sonst ist auf eine Be— geist rung der Bevölkerung für den Kriegsdienst nicht viel zu bauen. Sämmtliche kurdischen Redifs werden nach Konstantinopel und ron dort wahrscheinlich an die Donau geschickt. Seit dem 1. d. M. sind von Erzerum, Kars, Trapezunt und Sinope 42 Bataillone Re— difs und 18 Tabors Baschibozuks nach der europäischen Türkei ab— geschickt worden. Die türkisch-kaukasische Grenze ist in Folge dessen stark von Truppen entblößt worden. Auf der großen Distan; 6 Kars und Sinope sind jetzt im Ganzen zwei Divisionen islocirt.

Mitro vitza, 21. Oktober. Nach hier angelangten Mel— dungen wenden die Türken in den letzten Tagen wieder eine erhöhte Aufmerksamkeit der Drinagegend zu. Der in Se— rajewo weilende Veli Pascha hat wie man der „Pol. Korr.“ schreibt die Ordre erhalten, sich schleunigst aber— mals zur Drina⸗Armee zu begeben, und die Offensive gegen Losnitza, Schabatz und Ljubovija zu ergreifen. Der Zweck dieser angeordneten Offensive ist, den Weg nach Belgrad vondieser Seite her zu forciren. Zu diesem Behufe sind auch in den letzten Tagen die türkischen Truppen an der Drina bedeutend ver— stärkt worden. Die Gesammtstärke des Drina-Corps dürfte bei 18,000 Mann betragen, die durch weitere, dieser Tage aus Konstantinopel erwartete Verstärkungen auf ca. 22,000 Mann gebracht werden sollen. Da die serbische Drina⸗Armee kaum II 12,0900 Mann zählt, so ist der türkischen Offensive auf diesem Punkte kein ungünstiges Prognostikon zu stellen. Ent— gegen allen bisherigen Nachrichten kann versichert werden, daß Klein⸗Zwornik seit mehr als drei Wochen in türkischen Hän— den sich befindet. Es scheint, daß die Türken die große Furcht und Abneigung, die sie vor einem Winterfeldzuge hatten, abgelegt haben und mit großer Energie die Campagne fortzusetzen gedenken.

Die „Pol. Korr,“ schreibt aus Serbien: Seit dem 12. d. M. dringt die kombinirte und ziemlich starke Abthei⸗ theilung des Lazar Pavlovies immer tiefer in Alt-Serbien vor. Die ganze wichtige Länge längs des Flusses Laba, welcher im Maritzathal entspringt und in den Fluß Sitnitza mündet, ist von den Serben besetzt und mit Schanzen befestigt worden. Ein ernster Kampf fand am 17. d. M. auf den Labahöhen statt. Ein Bataillon Nizams und 600 Ar— nauten haben sich dem Pavlovies in den Weg gestellt. Der Kampf dauerte fünf Stunden und endigte zum Vortheile der Serben, welche am 18. Oktober die Dörfer: Murgule, Bela— Stena, Marina, Rastelitza, Zitinje und Trnowza besetzten. In Alt⸗-Serbien macht die aufständische Bewegung einige Fortschritte und soll die Stadt Pristina selbst in Gefahr sein. Die moha— medanische Landbevölkerung flüchtete sich vor den eingedrunge— nen Serben in das Innere der Provinz.

Artillerie⸗Oberst Milutin Jovanovies ist an Stelle des Obersten Anton Oreskovics zum Stabschef der Drina⸗Armee ernannt worden. Dieser Letztere wird die in Czuprija kon— zentrirten Reserven befehligen.

Scutari, 19. Oktober. Wie die „Pol. Korr.“ erfährt, hat Derwisch Pa scha in Folge des Falles von Medun seinen Rückzug vom montenegrinischen Gebiete in großer Eile angetreten. Wie verkautet, ist jetzt Spuz von den Montenegrinern gleichfalls bedroht. Auch die Position in Podgorizza scheint gefährdet zu sein, da Ordre gekommen ist, den ganzen dortigen Bazar hierher übersiedeln zu lassen. Wie heute für bestimmt verlautet, wird die Stellung Derwisch Paschas durch den aus Kostanti⸗ nopel eingetroffenen Befehl, die Elite seiner Truppen ohne jeden Verzug nach der unteren Donau zu dirigiren, noch pre⸗ kärer gestaltet. Es heißt, daß Derwisch Pascha nur mehr dreißig Bataillone zurückbehalten, dagegen den gleichen Theil seiner Truppen theils nach Varna, theils nach Mitrovitza ab⸗ senden werde. In Folge dieser Dispositionen ist die Stim⸗ mung unter den Mohamedanern ganz Albaniens eine äußerst deprimirte.

Man meldet der „Pol. Korr.“ aus Ragusa, 25. Ok— tober: Gestern morgen fand eine Grenzverletzung bei dem Dorfe Soline durch die Türken statt, welche bei diesem An⸗ lasse Vieh im Werthe von 800 Fl. wegtrieben. Heute ist eine Gerichtskommission nach Stravce abgegangen, um die gestrige Grenzverletzung zu konstatiren und den Schaden zu erheben. Wie verlautet, sollen starke türkische Truppenabtheilungen auch bei Ragusa Vecchia eingebrochen, bis zur Ortschaft Stravce vorge⸗

drungen sein und österreichische Unterthanen verwundet haben. In der Herzegowina soll der Insurgentenführer Sotschitza einen be⸗ deutenden türkischen Transport nächst Piva abgefangen haben.

Wie glaubwürdig verlautet, wird Moukhtar Pascha in seinen Positionen von den Motenegrinern von Bojanebrdo aus beschossen. In Folge der Zerstörung der Brücke von Gran— carevo soll die Verbindung Moukhtars mit Trebinje wieder unterbrochen sein. Die tuͤrkische Festung Niksic ist gleich— falls der Kapitulation nahe, wenn nicht eine baldige Ent— setzung erfolgt. Aus Bosnien ist die bestimmte Meldung hier eingelangt, daß der Insurgentenführer Despotovics die türkische Stadt Petrovatz eingenommen hat.

Cettin je, 25. Oktober. Gestern rückte die türkische Besatzung von Medun hier ein. Dieselbe defilirte vor dem Fürsten, worauf ein Hochamt zelebrirt wurde. Die Kirche war bei diesem Anlasse mit 43 eroberten türkischen Fahnen dekorirt. 129 Gefangene wurden krankheitshalber entlassen. Hierselbst befinden sich 13 gefangene türkische Offiziere.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 23. Oktober. (H. N.) Am Sonnabend Morgen reisten vier Mitglieder des Mi⸗ nisteriums nach Sophienruh, nämlich der Conseils— Präsident Freiherr de Geer, der konsultative Staatsrath von Ahlströmer, der Marine⸗-Minister von Otter, sowie der Finanz— Minister Forssell. Den Gegenstand der Berathung bildete die Wiederbesetzung des durch den plötzlichen Tod des Justiz-Raths Kramer freigewordenen Platzes im höchsten Gerichtshof, sowie die Besetzung einiger anderer Stellen, die während der Ab— wesenheit des Königs vacant geworden waren.

Afrika. (W. T. B.) Nach einer Meldung des Madrider Journals „Epoca“ machen sich auch in Marocco Zeichen des religiösen Fanatismus und Agitatio nen zum Zweck der Unterstützung der Türkei bemerkbar. Von den im Lande befindlichen Christen würden Ausschreitungen der musel— männischen Bevölkerung befürchtet, und die in Marocco be— findlichen auswärtigen Konsuln hätten darüber Bericht an ihre Regierungen erstattet.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Konstantinopel, Donnerstag, 26. Oktober, Abends. General Ignatieff hat in Gemäßheit der bekannten In— struktion der Pforte die Proposition eines sechswöchent— lichen Waffenstillstandes gemacht und erklärt, daß, wenn der Gang der Verhandlungen es nothwendig er— scheinen lasse, eine Verlängerung dieser sechswöchentlichen Frist eintreten könne. Auf diesen formellen Vorschlag hat die Pforte ihre Bescheidung zu ertheilen; dieselbe steht noch aus, wahrscheinlich erfolgt eine nochmalige Berathung der hohen Würdenträger über diese jetzt formell vorliegende Proposition, ehe die entscheidende Antwort ertheilt wird.

Ragusa, Freitag, 27. Oktober. Eine weitere Grenz— verletzung des diesseitigen Gebiets, welche durch Baschi— Bozuks bei Osoinic begangen wurde, ist offiziell konstatirt.

Mo natsübersicht für September. J.

Oesterreich⸗Ungarn. Der Kaiser wohnte bis zum öden am Ende des vorigen Monats begonnenen großen Manövern in der Gegend von Zistersdorf und Feldsberg bei. Zu dem letztern war in der Begleitung des Kronprinzen Rudolf auch Prinz Arthur von England am 4 in Feldsberg eingetroffen. Am 7. kehrte Se. Majestät nach Schön— brunn zurück und begab sich am 9. zur Abhaltung von Manövern nach Hermannstadt. Zur Begrüßung Sr. Majestät hatte Fürst Karl von Rumänien eine Deputation nach Hermannstadt entsandt. Am 13. erfolgte die Ab⸗ reise des Kaisers nach Pest, von wo sich Se. Majestät am 15. zu mehrtägigem Aufenthalte nach Gödöllö begab; dort traf am 17. auch Ihre Majestät die Kaiserin von Miramare zu längerem Aufenthalte ein. Am 19. kehrte der Kaiser nach Schönbrunn zurück und empfing am 24. den Besuch des Königs von Sachsen zur Beiwohnung von Hochwildjagden im Jagdrevier Mürzsteg.

Die schwierigen ann. über die endgültige Fest— stellung des „Ausgleichs“ zwischen den beiden Reichshälften waren auch noch wahrend dieses Monats Gegenstand der Be— rathung zwischen den beiderseitigen Regierungen. Es fanden dieserhalb wiederholt Konferenzen der öster⸗ reichischen und ungarischen Minister statt. Am 23. fand in Wien eine solche Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Kaisers statt. Damit wurden die Konferenzen der österreichischen und ungarischen Minister über den zollpolitischen Ausgleich zwischen den beiden Regierungen als beendigt betrachtet. Ueber das Resultat der Verhandlungen berichtete das „Telegraphen⸗ Korrespondenz⸗Bureau“, daß die Regierungen fich dahin geeinigt hätten, die Gesammtheit der fraglichen Vorlagen im Januar 1877 vor die Vertretungskörper zu bringen und letzteren der Art Gelegenheit zu bieten, sich über den ganzen Ausgleich ein klares und vollständiges Bild zu machen. Um die Verhand— lungen mit der österreichischen Nationalbank über das künftige Bankinstitut sofort einleiten zu können, seien die Regierungen, da beide Theile an . Standpunkte in Bezug auf die Frage der 80 tillionen Schuld festhalten, über⸗ eingekommen, den Vertretungskörpern einen Gesetzent⸗ wurf vorzulegen, nach welchem diese Frage den Deputationen der Vertretungskörper vorgelegt werden und für den Fall, daß auf diesem Wege eine übereinstimmende gesetzliche Lösung nicht herbeigeführt würde, ein eigens zu konstituirendes Schieds— gerichß berufen werden solle. Auch die Verhandlungen über die Bankangelegenheit wurden von den beiderseiti— gen ,,, ne,, ne. fortgesetzt, hatten je doch bis zum Schlusse des Monats zu einem endgültigen Resultate noch nicht 565 Ungarn beging am 3. in Pest die hundertjährige Jubelfeier zu Ehren des Erzherzog⸗Palatinus Joseph, deren Mittelpunkt der Sohn desselben, der Erzherzog Josef mit seiner Familie bildete. Die Konstituirung der neu—⸗ gebildeten Komitate war bis zur Mitte des Monats so— wohl in Ungarn wie in Siebenbürgen beendet, und es er— folgte auch ein zweiter Schritt zur Ausführung der Verwal— tungsreform: die Wahl der Ver waltungsausschüsse im ganzen Lande. Am 25. hielt das Abgeordnetenhaus seine erste Sitzung nach den Ferien ab. Nach Erledigung der Formalien

i rh, an, daß der Budapester Königliche Ge⸗

gige der richtshof um die Auslieferung des auf Hochverrath angeklagten

Abgeordneten Miletics nachgesucht habe. Der Präsident meldete zugleich, daß Miletics verhaftet worden sei und der

Minister⸗Prasident hierüber Erklärungen abgeben werde. Der Minister⸗Präsident Tisza motivirte hierauf das Vorgehen der Regierung. In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 30. wurden zwei Interpellationen über die S0 Millionen⸗ Schuld und über die orientalische Frage angemeldet. Das ungarische Oberhaus hielt seine erste Sitzung nach den Ferien am 30. ab. Betreffs der ungarischen Südbahn⸗ kin ten hat sich, wie der Hon“ am 21. auf das Bestimmteste erklärte, die ungarische Regierung endgültig entschlossen, diese Linien anzukaufen.

Die andauernd kriegerische Situation auf der benachbar⸗ ten Balkanhalbinsel erhielt die Monarchie in fernerer Mit⸗ leidenschaft, die fich bis nach Böhmen hin fühlbar machte. Der russische General⸗Adjutant, Graf v. Sumarokoff-Elston, kam am Schlusse des Monats in besonderer Mission nach Wien und überbrachte dem Kaiser Franz Joseph ein Hand⸗ schreiben des Kaisers von Rußland aus Tivadia. Es wurde dieser Mission ein der Sache des Weltfriedens ent⸗ schieden günstiger Charakter beigelegt.

Italien. Der König und die Prinzen seines Hauses wohnten den zahlreichen in diesem Monate abgehaltenen Manövern bei. Die laufende Sitzungsperiode des Parla—⸗ mentes wurde auf Grund eines Königlichen Dekretes auf bisher noch nicht näher bestimmte Zeit verlängert. Am 2. veröffentlichte die „Gazetta ufficiale“ ein von dem Minister— Präsidenten kontrasignirtes Königliches Dekret vom 25. August, welches den Wirkungskreis des Ministerrathes und die Stellung des Minister-Präsidenten zu den einzelnen Fach⸗Ministern neu regelt. Das Dekret bestimmt, daß alle Verträge, Ernennungen und Dekrete dem gesammten Ministerium unterbreitet werden sollen, und daß dem Präsidium die Einflußnahme auf alle wichtigen Kabinetsakte zustehen soll. Der Justiz⸗ und Kultus⸗-Minister richtete einen Erlaß an die Präfekten, dem überhandnehmenden Wiederaufleben der Klöster zu steuern. Zu Anfang des Monats begaben sich der Minister-⸗Präsident und der Finanz-Minister nach Locarno, um mit dem schweizerischen Bevollmächtigten über die Fort— setzung des w Raths zu pflegen. Der General-Sekretär im Ministerium des Innern richtete an den Präfekten von Mantua in Folge des Üeberhandnehmens der Auswanderung aus dieser Provinz nach Amerika eine Note, worin derselbe auf die traurigen Zustände hin— weist, in denen sich, offiziellen Berichten zufolge, die italienische Kolonie Alexandra am Parana in Brasilien befindet und auf das Nachdrücklichste vor der Auswanderung dorthin warnt. Die von den Türken gegen die slavischen Christen in Bulgarien begangenen Grausamkeiten hatten während des Monats auch in Italien wiederholt Sym— pathie-Meetings hervorgerufen. Solche Versammlungen fanden amsz. gleichzeitig in Bom und Mailand und am 18. in Turin und Neapel statt. Auf denselben wurden u. A. Adressen an die Fürsten von Serbien und Montenegro beschlossen, welche von beiden Fursten mit warmem Dante bechnt wor let wir den Ter ie on dem Sultan von Marokko an den König geschickte Ge— sandtschaft kehrte am 7. von Genua nach Tanger zurück. Der beurlaubt gewesene russische Botschafter Baron Urküll⸗Gyllenbrand kehrte am 15. auf seinen Posten nach Rom zurück. Am 28. hielt der Papst ein Konsistorium ab, auf dem mehrere Bischöfe ernannt wurden; darunter Abt Eder zum Erzbischof von Salzburg.

Großbritannien und Irland. Die Königin überreichte im verflossenen Monat dem 1. schottischen Re— giment (in Ballater) eine neue Fahne und hielt dabe eine Ansprache an die Soldaten; sodann hat sie eine Adresse der englischen Frauen, welche um Schutz der Frauen und Kinder in Bulgarien baten, in Empfang genommen und ihnen durch den Staatssekretär Mr. Croß antworten lassen, daß sie nach Kräften dafür sorgen werde und überhaupt auf baldigen Frieden hoffe. Der Prinz von Wales hat eingewilligt, Präsident der britischen Abthei— lung der Pariser Ausstellung von 1878 zu werden.

Die Entrüstungsmeetings währten noch aller Orten fort; ebenso wurden Sammlungen für die Bulgaren veranstaltet.

Von anderen inneren Vorkommnissen sind die Angriffe auf das Zuchthaus in Chatham zu erwähnen, bei denen sich herausgestellt, daß es nicht auf Befreiung der Fenier, sondern dreier Amerikaner, welche vor zwei Jahren einen großen Be— trug gegen die Bank verübt, abgesehen war. Von mili— tärischen Dingen liegt die Bestellung dreier kleiner Torpedo— dampfer vor; in Shoeburneß fand ein Versuchsschießen mit drei 12Pfündern nach neuem Prinzip statt; der Kriegs-Minister hat eine Denkschrift über die großen Vortheile veröffentlicht, welche der Heeresdienst als Beruf einem jungen Manne biete.

Der Kongreß der Iron⸗ and Steel⸗Institute in Leeds hat den Dr. Siemens zum Präsidenten für das nächste Jahr erwählt und eine Deputation ernannt, welche kontinentale Städte besuchen und sich bestreben soll, freihändlerische An— schauungen mit Bezug auf englisches Eisen zu fördern. In Drogheda, Irland, fanden wieder Kundgebungen der Fenier statt. Aus Malta wurde von großer Entrüstung gegen den Bischof gemeldet, weil er das Blatt „Fenice“ wegen Begünstigung des Freimaurerthums erkommunizirt hatte. Aus Indien wurde das Auftreten der Cholera ge— meldet; bei den Munizipalwahlen in Calcutta wurden 3 Europäer, 2 Eurasier, 2 oder 3 Muhamedaner und 40 Hindus gewählt, und sollen überhaupt in Indien verschiedene Aemter mit Eingeborenen besetzt werden. Die Transvaal⸗Republik wünscht, nach Niederlage ihres Präsiden⸗ ten, die britische Regierung möge das Protektorat übernehmen und schickte dieselbe auch zum Schutz Schiffe hin. Der König von Dahomey leistet ernstlichen Widerstand, so daß die Europäer gefährdet sind; 23 derselben wurden von ihm ge— fangen genommen. Am Nigerfluß errang Major Hewitt große Erfolge über die Eingeborenen. Zu China waren An⸗ angs die Beziehungen Englands noch sehr gespannt, die . , wegen des Mordes Margarys dauerten fort, zuletzt ist aber volle Einigung erzielt. Auch mit Peru hat man sich dahin geeinigt, daß die Gefangenen des „Talisman“ das Land verlassen durften.

In Frankreich war die Stimmung auf politischem Ge— biet im Monat September im Allgemeinen ruhig, so daß auch der 4. September, der Jahrestag der Gründung der Vepublik, zu keiner öffentlichen Kundgebung Anlaß gab. Dagegen haben die extremen Republikaner den 22. Sep⸗ tember, den Gründungstag der Republik von 1792, be— nutzt, um die Greuel jener Periode zu verherrlichen. Der Präsident der Republik reiste am 5. zu den Manövern von Paris ab und traf am 9 in Lyon ein. Die Begrüßungs⸗ worte des Vorsitzenden des Munizipal-Raths daselbst beant⸗