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Die Erwiderung des Bundesraths⸗ Bevollmãchtigten, Staats Minister v. Bülow auf die Rede des Abg. Dr. Jörg, der die orientalische Trage in die Etatsdiskussion hinein⸗ gezogen, hatte folgenden Wortlaut: .
* kann vor allen Dingen nur bedauern, daß ich die Rede nur in ihrem Schlusse habe hören können. Dienstlich zu Sr. Majestãt dem Kaiser befohlen, trete ich in diesem Augenblicke ein und kann deshalb ein vollständige Antwort auf diese Rede nicht ertheilen, weil ich eben nur die Schlußworte gehört habe und daher nicht weiß, auf wieviel Gebieten fich der Herr Redner bewegt hat, wieviel ernste Fragen er in Angriff genommen, von wieviel Seiten er die Politik des Reiches seinen Betrachtungen unterzogen hat, Ich kann aber jedenfalls eine Antwort voranstellen; das ist die, daß der Herr Redner vielleicht selbst nicht erwartet hat, hoffentlich aber in diesem hohen Hause nicht der Erwartung gewesen ist, daß die Reichsregierung in diesem Augenblicke, so wie die Verhand⸗ lungen stehen und wie die ganze Sache liegt, auf alle diejenigen Fragen, die der Redner angeregt, auf diejenigen Punkte, die in Be⸗ trachtung gezogen sind, durch eine — ich muß sagen: Im provisation würde antworten können. Die Fragen sind dazu zu wichtig und zu weitgreifend, und überdies, meine Herren, sind die Dinge, über die ich Rede und Antwort stehen müßte, wenn ich auf die einzelnen Punkte eingehen wollte, nicht unser, nicht des Reiches Eigenthum, sondern gehören uns befreundeten Mächten, uns nahe stehenden Re⸗ gierungen, unseren Bundesgenossen zum größten Theile an. Sie kennen Alle diejenige Stellung, die auch in der vom Redner erwähnten Krise Deutfchland eingenommen hat; Sie kennen die Politik Sr. Majestät des Kaisers, wie sie in der Thronrede ge⸗ kennzeichnet sst, eine Politik des Friedens, die sich nicht in andere fremde Angelegenheiten einmischen will, sondern nur Deutschlands Ehre und Deutschlands Interessen im Auge hat, auch bei Fragen, welche Deutschland nicht gleich, nicht unmittelbar berühren und be⸗ rühren werden. Das ist die Politik des Reichs gewesen, und sie wird es bleiben. In diesem Augenblicke nun hat die in diesem Bestreben gemeinsame Politik aller europäischen Regierungen einen Punkt er⸗ reicht, der die besten Hoffnungen für die Zukunft giebt und damit vielleicht nicht alle Erwartungen des Herrn Vorredners in Erfüllung gehen läßt. Ich muß gestehen, daß aus den wenigen Worten, die ich von seiner Rede noch vernommen habe, ich den Eindruck gehabt habe, daß diese Rede mehr auf den Zeitpunkt vor 8 bis 14 Tagen, als Europa sich in der Erschütterung des Ungewissen und in gespannter Erwartung befand, berechnet war als auf heute, wo ein Waffenstill⸗ stand abgeschlossen ist, an dessen Zustande kommen Deutschland sein Theil in Anspruch nehmen kann, und wir schon ruhiger zusehen können, was die nächste Zukunft bringen wird. Jedenfalls liegt die Sache jetzt fo, daß die ruhige Ueberlegung und friedliche Verhand⸗ lung nach allen Seiten hin möglich und ersprießlich sein wird.
Ich kann, wie gesagt, nicht auf alle anderen Einzelheiten eingehen, schon deshald nicht, weil ich nicht weiß, wieweit der Herr Redner in feinen Bemerkungen gegangen ist. Ich kann nur sagen, daß die Stel lung Deutschlands zu den übrigen, und zwar sowohl zu den zunächst befreundeten Mächten, wie zu allen anderen Mächten, die bei der Frage betheiligt sind, eine solche ist, die auf Freundschaft, auf Ver⸗ frauen und Achtung, auf bewährte Achtung und bewährtes Ver⸗ trauen basirt ist, und dieses Verhältniß, diese Stellung, die wir haben, fich auch in allen denjenigen weiteren Verhandlungen und Creignissen, die bevorstehen können, bewahren und bewähren werden. Eben daruin aber kann ich, zumal in diefem Augenblicke, nichts An⸗ deres fagen, als daß die Regierung sich vollkommen bewußt ist und bleiben wird, daß sie der Nation und ihren Vertretern Rechenschaft für ihre politische Haltung in dieser wie in allen anderen Angelegenheiten schuldet, daß sie aber das Maß und dis Zeit der bezüglichen Mittheilungen nach ihrer nicht ganz geringen Verantwor⸗ tung bemessen muß. Ueber diejenigen Dinge, worüber Mittheilun⸗ gen gemacht werden können, werden Mittheilungen erfolgen. Wenn nicht, so müssen wir das Vertrauen in Anspruch nehmen, was die Regierung Sr. Majestät des Kaisers in allen Verhältnissen, nament lich auch in der Leitung der politischen Angelegenheiten, einer Leitung, die Deutschlands Ehre, Deutschlands Ansehen und. Macht begründete und förderte, bei Ihnen gefunden hat. Die Kaiserliche Regierung rechnet in dem, was hierüber in der Thronrede ausgesprochen ist, auf Ihr Vertrauen. .
Es wird, wie dort gesagt, die Regierung, Sr. Majestät des Kaisers Deutschland nur, wenn die eigene Ehre, die eigenen Interessen in Gefahr stehen, aufrufen. Deutschland wird das Bollwerk des Friedens sein und bleiben, und meine Herren, dieses Bollwerk wird um so fester sein, je mehr wir hoffen und vertrauen können, daß wir das Vertrauen der Nation, das Vertrauen ihrer Vertreter haben, verdienen und bewahren.
Im weiteren Verlaufe der Sitzung sprach der Abg. Dr. Lasker Namens seiner Partei aus, daß man Vertrauen zu der Politik dos Reichskanzlers habe, eben weil man über⸗ zeugt sei, daß sie eine Friedenspolitik sei. Im Uehrigen fördern öffentliche Diskussionen über auswärtige Angelegen⸗ heiten die Erledigung derselben nicht, und das Volk sei noch lange nicht im Stande, selbst in den Gang derselben einzugreifen. Der Abg. Graf Bethusy⸗Huc glaubte nicht, daß die nothwendigen Konsequenzen der Rede des Abg. Dr. Jörg, das Vaterland zu schädigen und es namentlich mit dem befreundeten Dester⸗ reich in Zwiespalt zu bringen, in Erfüllung gehen würden. Nachdem sich der Abg. Windthorst (Meppen) gegen den Abg. Pr. Lasker gewendet, schloß sich der Abg. Dr. Braun der Erklärung des Abg. Hr. Lasker über die Politik des Reichskanzlers an; die Debatte endigte mit einer Reihe persönlicher Bemerkungen.
Die einzelnen Titel des Etats des Auswärtigen Amts wurden hierauf ohne Veränderung genehmigt. .
Zu dem Kapitel „Konsulate“ hob der Abg. Dr. jur. Oppenheim die Uebelstände und Nachtheile hervor, die durch die 8§. 2 und 4 der neuen englischen Handels-Schiffahrtsakte, welche sich auf die Deckladungen beziehen, dein deutschen Handel, insbesondere dem Holzhandel zugefügt würden und bat die Reichsregierung, in Erwägung der Wichtigkeit der Sache, auf Mittel zur baldigen Abhülfe bedacht zu sein.
Der Bundesraths-Bevollmächtigte, Wirkliche Geheime Rath v. Philipsborn entgegnete hierauf:
Meine Herren! Die von dem geehrten Herrn Vorredner ange⸗ gebenen und im Einzelnen näher dargelegten Beschwerden über ver= schiedene Bestimmungen der neuen britischen Schiffahrtsgesetzgebung sind seiner Zeit, wie Sie erwarten dürfen, zur Kunde des Auswär⸗ tigen Amts gekommen und ein Gegenstand ernster Erwägung gewesen, sowohl im Auswärtigen Amt selbst als auch im Verein mit den Übrigen betheiligten Reichsbehörden. Nach dem Ergebniß dieser Er⸗ wägung sind Schritte bei der britischen Regierung geschehen zur mög—⸗ lichsten Erzielung einer Abhülfe. Diese Schritte sind, ich kann es nicht leugnen, bis jetzt von dem erwünschten Erfolge nicht, begleitet gewesen, indessen ich kann sogleich hinzusetzen, daß wir die Sache nicht als eine abgeschlossene betrachten. Mit Rücksicht auf die freund⸗ schaftlichen Beziehungen, auf die uns ertheilten entgegenkommenden Zufagen und auf die in dieser Sache obwaltenden allgemeinen Inter⸗ effen geben wir uns der Hoffnung hin, Maß es den eur n Bemüů⸗ hungen gelingen werde, ein anderweites Resultat zu erzielen, welches den Anforderungen mehr entspricht und solche mehr befriedigen wird, als es jetzt der Fall ist. .
Beim Titel „Konsulat zu New⸗Hork“ richtete der Ahg. Dr. Kapp an die Regierung die Anfrage, ob sie den früher ge⸗ Hern Plan einer Vermehrung der Berufs⸗-Konsulate in den Vereinigten Staaten aufgegeben habe. .
Der Wirkliche Geheime Rath v. Philipsborn ant— wortete:
theil, wir sind mit der Ausführung desselben vollauf beschäftigt, und wenn nicht schon in dem setzt vorgelegten Vierteljabrsetat die erfor- derliche Summe ausgeworfen ist, so hat das den einfachen Grund, weil wir mit diefer Maßregel nicht in das Vierteljahr hineinschnei⸗ den wollten. Die Einleitungen sind so getroffen, daß, sobald der neue Gtat ius Leben tritt, die neuen Einrichtungen in das Werk ge— setzt werden konnen. Ich glaube, daß diese Andeutungen genügen werden, die Zweifel des Herrn Vorredners zu beseitigen.
Auch der Militäretat wurde mit Ausnahme einer an die Budgetkommission überwiesenen Position — einmalige Aus⸗ gabe von 250,009 S6 zum Kasernenbau in Pirna und Dresden — unverändert angenommen.
Schluß 41, Uhr.
— In der heutigen (6.) Sitzung des Deutschen Reichs⸗ tages, welcher die Bundesraths⸗Bevollmächtigten Staats⸗ Minister Dr. Leonhardt, von Stosch, Hofmann und Unterstaats⸗ Sekretär Herzog sowie mehrere Kommissarien beiwohnten, wurde auf Vorschlag des Präsidenten ein Schreiben des Neichs⸗ kanzlers, in welchem die Genehmigung des Reichstages zur strafrechtlichen Verfolgung des Schriftstellers Heinsch wegen Beleidigung des Reichstages nachgesucht, der Geschästsord⸗ nungskoömmission überwiesen. Die zweite Berathung der Justizgesetze war auf heute nur zum Zwecke der Vereinbarung der weiteren geschäftlichen Behandlung derselben anberaumt worden. Der Abg. Miquel stellte im Einverständniß mit den bisherigen Mitgliedern der Justizkommission den Antrag, die Zusammenstellung der Beschlüsse des Bundesraths zu den Justizgesetzen, mit Ausnahme einiger Beschlüsse rein politischer Natur, welche unmittelbar zur Berathung im Plenum sich eignen, der Justizkommission mit der Maßgabe zur Vorberathung zu überweisen, daß es derselben frei⸗ stehen solle, einzelne Fragen ohne vorherige Kommissionshera—⸗ thung, falls es ihr zweckmäßig scheinen sollte, zur unmittel⸗ baren Entscheidung des Plenüms zu bringen. Der Bundes⸗ raths⸗Bevollmächtigte, JustizMinister hr. Leonhardt, erklärte sich im Allgemeinen mit dem Abg. Miquel einver—⸗ standen, jedoch war er in Betreff der Punkte, welche direkt dem Plenum zur Berathung zu überweisen seien, ab⸗ weichender Ansicht, so . wünschte er im Gegensatz zum Abg. Miquel die Frage wegen der Handelsgerichte direkt vom Plenum entschieden zu sehen, ebenso die Frage der An⸗ waltsordnung. Der Abg. Windthorst (Meppen) erklärte sich gegen jede präjudizielle Entscheidung. einzelner wichtiger Punkte durch das Haus, er wünschte vielmehr, das Ganze in continuo zu berathen ünd demgemäß eine unzwei⸗ deutige Klarstellung des Miquelschen Antrages. Darauf wies der Bundesraths⸗Bevollmächtigte, Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt, die Vorwürfe des Vorredners, daß die preußische Regierung den Strafprozeß zu politischen Zwecken mißhraucht habe, energisch zurück und dann auf die Analogie zwischen der von ihm empfohlenen Wei se der Berathung und der beim Straf⸗ gesetzbuch beobachteten hin. Der Abg. Dr, Miguel stimmte mit dem Abg. Windthorst (Meppen) darin überein, daß auch die der Entscheidung des Plenums vorbehaltenen Punkte an der Stelle berathen werden müßten, wohin sie nach der Anlage der Gesammtgesetze gehörten. Dagegen empfahl der Bun⸗ desraths⸗Bevollmächtigte Justiz Minister Dr, Leonhardt jetzt nach der erfolgten Erklärung des Abg. Miquel die Ueberweisung der gesammten Beschlüsse des Bundesraths an die Justizkom—⸗ mission, da dies der formell korrekteste Weg sei, wenn das Haus während der Kömmisstonsberathungen nicht in die Ver— handlung eintreten wolle. Darin schloß sich ihm der Abg. Dr. Lasker an. Auf Antrag des Abg. Dr. Wehrenpfennig wurde demgemäß vom Hause beschlossen.
Es folgte die Fortsetzung der zweiten Berathung des Etats. Beim Schlusse des Blatts hatte der Abg. Frhr. v. Schorlemer⸗Alst das Wort.
— Das Verbot von „Haus kollekten“ jeder Art ohne polizeiliche Genehmigung trifft, nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 17. Oktober d. J., auch das Ein⸗ sammeln von Beitragszeichnungen.
— Die Publikation von Bibelstellen Seitens eines Geistlichen, welche Flüche und Verwünschungen enthalten, in Beziehung auf eine bestimmte Person ist, nach einem Erkennt⸗ niß des Sber⸗-Tribunals vom 22. September d. J., wegen öffentlicher Bekanntmachung der Verhängung eines kirchlichen Straf- oder Zuchtmittels, auf Grund der 5§§. 4 und 5 des Ge— setzes vom 15. Mai 1873 zu lestrafen.
— Der Königlich portugiesische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe Graf von Rilvas ist nach längerer Ab— wesenheit aus Lissabon hier eingetroffen und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übermmmen.
— Dem kommissarischen Keisthierarzt Hingst zu Wol⸗ denberg ist, unter Entbindum von seinen gegenwärtigen Funktionen, die kommissarische Ferwaltung der Kreisthierarzt—
Stelle des Kreises Crossen übertzagen worden.
Bayern. München, 4. November. Der König hat die Einführung eines neuen Exerzierreglements i die Kavallerie genehmigt. = Die „Allg. Ztg.“ meldet: „In einem Artikel der „Pfälzer Ztz.., der über die Speyerer Bischofsangelegenheit sehr viele Unrichtigkeiten enthält, wird namentlich behauptet, daß Hh Enzler hauptsächlich durch die Protektion der Herzoglichen Fqnilie und des neuen Bischofs von Passau, sogar gegen den innersten Willen des Hrn. v. Lutz, zum Bischof von Speyer ernannt worden sei; diese Behauptungen entbehren jedos wie aus sicherster Quelle versichert werden kann, aller ind jeder Begründung. Ein anderer Artikel in einer späten Nummer der genannten Zeitung verräth eines der Motive, vielleicht das Hauptmotiv, warum die Bischofsernennung dq Hrn. Enzler und dieser selbst in einem Theil einer gewssen Presse so angegriffen wurde. Dieser Artikel meint nänich: die Regierung habe nicht nöthig bei dem Suchen nachBischöfen stets über die Grenzen „unserer“ Provinz, d. h. ser Pfalz, hinauszugehen und alle bayerischen Bischofsstühle mit geborenen „Schwaben“ zu besetzen. Das wäre demnach in Verbrechen des Hrn. Enzler, daß er auch ein „Schwab und kein „Pfälzer“ ist. Die beiden Artikel sind, obwohl dis sonst in dem Blatte nicht üblich ist, mit „Ein Laie“ unteßeichnet, und man wird deshalb mit Sicherheit annehmen düfen, daß dieselben von einem Geistlichen geschrieben, jedenfa diktirt wurden“.
— Wie die „Allg. Itg.“ vernimzt, ist von dem Finanz⸗ Minister über die in diesem Jahr beendete Einlösung süddeutscher Münzen ein Schlübexicht erstattet, und hat in Folge dessen der König der ö Gemeinden, : e
Meine Herren! Der Plan ist keineswegs aufgegeben, im Gegen⸗
zereinen und Vertrauensmännern, lche bei der Einlösung durch eifrige Förderung und insbeso
nöͤre durch uneigennützige
Einrichtung von Privateinlösungsstellen mitgewirkt haben, die Allerhöchste Anerkennung ausgesprochen. Eine gleiche Aner⸗ kennung ward den im Finanz⸗Ministerium mit Bearbeitung der in n , gr, betrauten Beamten zu Theil; ferner ist für die vorzüglichen Leistungen der Münzanstalt dem Di⸗ rektor v. Haindl, Materialverwalter Grundler und Medailleur Ries das Allerhöchste , . ausgesprochen und dem
Münzmeister Dr. v. Schauß das Ritterkreuz J. Klasse des Verdienst Ordens vom hl. Michael verliehen worden. — Der Vollzug der gegen den Abg. Dr. Rittler erkannten sechs⸗ monatlichen Festungshaft hak einen Aufschub erfahren, und wird derselbe, dem Vernehmen der „Allg. Itg.“ nach, an die Allerhöchste Stelle ein Begnadigungsgesuch einreichen.
Sachsen. Dresden, 6. November. (Dr. J.) Di evangelisch-⸗lutherische Landessynode genehmigte in ihrer heutigen Sitzung zunächst die 88. —11 des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Fixation der Accidenzien und Stolgebühren der Geistlichen und Kirchendiener nach der Fassung des Entwurfs und trat sodann ein in die Berathung des Erlasses der in Evangelicis beauftragten Staats⸗Minister über die Regelung der ien , Lage der Geist— lichen. Der Ausschuß hatte sich mit den vom Kirchen⸗ regiment aufgestellten Grundsätzen für ein nach vorheriger Vereinbarung mit den Ständen zu erlassendes Kirchen⸗ gesetz im Wesentlichen einverstanden erklärt, insbesondere mit der vorgeschlagenen Modalität der Alterszulagen ur Hälfte durch die Gemeinden, zur Hälfte durch den Staat) und war nur insofern über die Vorlage hinausgegangen, als er eine Aufbesserung auch für die besser dotirten geistlichen Stellen beantragt hatte, deren Einkommen die Summe von 6000 ( nicht übersteigt. Die Synode lehnte jedoch diesen Antrag, welcher auch von den Vertretern des Kirchenregiments bekämpft wurde, ob. Im Uebrigen wurden die mit den Vorschlägen des Rirch are gien he konformen Anträge des Ausschusses angenommen, jedoch zugleich auf Antrag des Rittergutsbesitzers Günther beschlossen, das Kirchen⸗ regiment zu ersuchen, bei der Staatsregierung sich dafür zu verwenden, daß der erwachsende Aufwand entweder vollständig aus Staatsmitteln gedeckt, oder daß aus Beiträgen der Ge⸗ meinden ein allgemeiner Fond gebildet werde, aus welchem die Alterszulagen, insoweit sie nach der Vorlage die Gemeinden treffen sollten, zu gewähren seien, und daß die vom Kirchen⸗ regiment in Aussicht genommene Art der Aufbringung der Alterszulagen nur dann zur Anwendung d,, wenn keine der beiden obengenannten Modalitäten ausführbar erscheine.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 6. November. Wie die „Presse“ meldet, ist die auf gestern Abend anberaumte Ab⸗ reise des Kaisers nach Kladrub zu den Jagden verschoben worden und machten es die telegraphischen Meldungen aus Pardubitz wahrscheinlich, daß die Reise ganz unterbleibt. Auch die Kaiserin werde wegen der ungünstigen Witterungsver⸗ hältnisse an den Jagden nicht theilnehmen und morgen nach einem kurzen Besuͤche bei der KaiserinWittwe Maria Anna in Prag wieder nach Gödöllö zurückkehren.
— Der Klub der polnischen Reichsraths-Abge⸗ ordneten hatte sich geeinigt, in die Debatte über die Inter— pellationsbeantwortungen mit einer seinen Standpunkt präzisi⸗ renden Erklärung einzugreifen. Wie das „Fremdenblatt“ nun erfährt, hat der bisherige Verlauf dieser Debatte die polnischen Abgeordneten nach neuen Berathungen veranlaßt, von jenem n . abzukommen. Sie werden sich an der Debatte nicht hetheiligen.
— (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Abgeord⸗
netenhauses wurde die Debatte über die Interpellations⸗ beantwortung in der orientalischen Frage fortgesetzt. Der Abgeordnete Wosniak (Slovene) sprach die Ansicht aus, daß Oesterreich bei dem Beginn des Aufstandes in der Herzegowina zu Gunsten der Slaven hätte interveniren sollen. Tanderlik i wünschte eine Lösung der orientalischen Frage im a Sinne. Der Fortbestand der Türkei sei ebenso wie die Einführung der versprochenen Reformen mit der ethnographi⸗ schen und religiösen Zusammensetzung der Bevölkerung in der Türkei unvereinbar. Bosnien sei ein altes österreichisches Reichs⸗ land. Manger warnte vor einem Kriege und einer Annexion. Oppenheimer wünschte zwar die Aufrechterhaltung des status quo, aber nicht die Erhaltung des Friedens um jeden Preis. Fux (Mähren) hob hervor, daß Eroberungen nichts zur Steige⸗ rung der österreichischen Macht beitragen könnten. Nach län⸗ gerer Debatte über die Frage, ob ein oder zwei Generalredner gewählt werden sollen, entscheidet das Haus sich für die Wahl von zweien. Sodann werden Herbst und Greuter zu General⸗ rednern gewählt. Nächste Sitzung morgen. Pardu bitz, 5. November. Die Kaiserin ist heute Nachmittag hier angekommen und wurde feierlich empfangen. — Die . des Kaisers, welche für morgen kin n: war, wurde zufolge späterer Dispositionen verschoben.
Pest, 4. November. „Ellenör“ dementirt seine gestrige Meldung von der Anwesenheit des Grafen Andrassy im Ministerrath; Andrassy habe vor dem Ministerrath Tisza besucht, sei aber im Ministerrathe nicht erschienen.
Agram, 5. November. In der heutigen Budget⸗ Debatte erklärte der Abg. Miskatovich, die ungarische Regierung habe den Ausgleich verletzt, doch sei jetzt nicht die Zeit, einen politischen Krieg zu führen. Würden alle gesetz⸗ lichen Mittel nichts fruchten, dann wird der Landtag die Kün⸗ digung des Ausgleichs beschließen. Wenn Kroatien sich jetzt mit Ungarn überwirft, dann könnte es ihm gehen wie Serbien, das, in den Krieg gehetzt, jetzt isolirt dastehe.
Großbritannien und Irland. Lon don, 4. November. (Engl. Korr.) Der Alderman Sir Thomas White, der neu erwählte Lord Mayor, empfing vorgestern in der Wohnung des Lord Kanzlers die Meldung, daß die Königin die von der City getroffene Wahl gutheiße. Der Lord Kanzler fügte sei⸗ nem Glückwunsche die Hoffnung hinzu, daß das Amtsjahr des Lord Mayors ein friedliches und gedeihliches sein werde. — In dem geistlichen Obergerichte (court of arches) suspendirte am 2. Lord Penzance den Rev. . Dale von St. Vedast (City) auf drei Monate, wegen Nichterfüllung des gerichtlichen Befehles, in jener Kirche die ritualistischen Gebräuche abzustellen. Mr. Dale ward in die Gerichtskosten verurtheilt. — Von den bulgarischen Abgeordneten Zancof und Balabanow . in nächster Zeit eine Broschüre über ihre politischen Ziele in mehreren Sprachen.
— 6. November. Die „Morning Post“ kündigt die Be⸗ rufung des Staatssekretärs für kö Sir Michael Hicks-Beach, in das Kabinet an, wodurch die durch Lord
Malmesbury's Rücktritt entstandene Lücke ausgefüllt wird. —
Am Sonnabend wurde in Glasgow das neue Panzerschiff Nelson“ unter großer Betheiligung der Bevölkerung er⸗ olgreich vom Stapel gelassen.
— Wie der „Köln. Ztg.“ geschrieben wird, herrscht im Arsenale zu Woolwich und in den verschiedenen Gießereien, Fabriken und Magazinen der Kriegsabtheilung noch weiter angestrengte Thätigkeit. Das Arsenal zu Woolwich beschäftigt zur Zeit über zehntausend Arbeiter. — Man verzweifelt noch nicht an der Emporhebung des untergegangenen eisernen Kriegsschiffes Vanguard“. Auf Aufforderung der Admira⸗
lität zur r, ,. von Geboten zur Uebernahme der Arbeit sind zahlreiche Anerbietungen eingegangen.
Frankreich. Paris, 5. November. Das „Journal officiel“ meldet, daß der Marschall-⸗Präsident durch Dekret vom 31 Oktober 52 Individuen, die wegen Betheili⸗ gung am Aufstande von 1871 bestraft wurden, Begnadi—⸗ gungen, Strafermäßigungen und Strafverände⸗ rungen bewilligt hat. — Die Königin der Niederlande hat sich von Paris nach Biarritz begeben. — Der Budgetausschuß der Deputirtenkammer verhandelte am 2. d. M. mit dem Herzog Decazes über den Vor⸗ anschlag des Ministeriums des Aeußeren. Wie man der „Wes. Ztg.“ darüber schreibt, gelang es dem Minister, einige kleine von dem Ausschuß beschlossene Abstriche wieder rückgängig zu machen; so wurde ihm ein Kredit von 87 000 Fr. für Personalzulagen der Konsulatskanzler und ein Kredit von 100,000 Fr. für Korrespondenzspesen, die man bisher versagt hatte, nachträglich zugestanden. Dagegen konnte er zwei andere Posten von 30,000 beziehungsweise 50,000 Fr., die ersteren für die Versetzung der diplomatischen Agenten in Nichtaktivität, die letzteren für Gratifikationen an Agenten im In⸗ und Auslande, auch in dieser Verhandlung nicht durch— setzen. — In ihrer gestrigen Sitzung beschäftigte sich die Budgetkommission mit dem Marinebudget und bewilligte einen Kredit, um die Besoldung der Maschinisten zu erhöhen, sowie eine Erhöhung von 16 Centimes täglich auf den Sold der Veteranen der Marine und einen Kredit von 245,000 Fres. für Fleischrationen der Marinesoldaten. Die Budgetkommission verwarf darauf einen von der Regierung verlangten Kredit, um die Cadres der Marine-Infanterie auszudehnen und das Kontingent der in der Kolonie Garnison haltenden Truppen zu verstärken. Die Kommission war der Ansicht, man müsse die Truppenzahl in den Kolonien eher vermindern als verstärken. — Die Deputirten der äußersten Linken ließen in den Morgenblättern eine Note einrücken, in welcher sie er— klären, daß sie für den ersten Artikel des gestern berathenen Gesetzes gestimmt hätten, weil derselbe, obgleich ihren Ueber— zeugungen entgegen, annehmbarer gewesen sei, als der Antrag Houyvet und weil der Präsident erklärt hätte, das Reglement widersetze sich der unmittelbaren Wiederaufnahme des Antrags Gatineau. Von zwei Uebeln hätten sie das geringere gewählt. — Der Minister des Innern, de Marcoare, hat den zwischen der Hospitalverwaltung der Stadt Lille und der dortigen katholischen Universität geschlossenen Vertrag, nach welchem das Hospital Sainte-Eugenie gegen eine ein⸗ malige Entschädigung von 140,000 Fr. der medizinischen Fa— kultät als Klinik dienen sollte, von Amts wegen für null und nichtig erklärt. Wie der „Univers“ meldet, hat die katho— lische Universität gegen diese Entscheidung des Ministers beim Staatsrath Rekurs ergriffen.
Versailles, 6. November. (W. T. B.) Der Senat hat in seiner heutigen Sitzung die Berathung des Gesetzent— wurfs betreffend die Militärverwaltung begonnen. — Die Deputirtenkammer begann die Berathung des Ma— rinebudgets und wird dieselbe morgen fortsetzen.
Italien. Rom, 4. November. Der König ist heute hier eingetroffen. — Der „Diritto“ schreibt: „Auch die auswär⸗ tige Politik giebt seit einigen Tagen Stoff zu einer Polemik, die offenbar auf Wahleinwirkungen berechnet ist. Man könnte fürchten, daß durch diese Umtriebe die öffentliche Meinung irregeführt werde, wenn man nicht wüßte, daß die Regierung des Königs zwar einen ehrenwerthen und thätigen Antheil an den Unter— handlungen hatte, mittelst welcher die Großmächte sich be— mühten, Europa die Segnungen des Friedens zu bewahren, daß sie sich aber derart benommen hat, daß Italien einerseits die intimsten Beziehungen zu allen Kabineten unterhält, an— dererseits jedoch niemals im Besitze so völliger Aktionsfreiheit
ewesen ist, als diejenige, deren sich gegenwärtig die ita— ienische Regierung sowohl zum Schutze der allgemeinen, als der besonderen Interessen Italiens bedienen kann.“ — Der Nuntius in Madrid hat, den „Ital. Nachr.“ zu—⸗ folge, an den Vatikan die Einzelheiten einer mit dem Konseils— Präsidenten Canova gepflogenen Unterredung eingesandt, der dem suntius versichert hat, daß in den gegen die Häupter der Pilgerfahrt getroffenen Bestimmungen die Regierung nicht die Absicht gehabt habe, die Pilgerfahrten zu verbieten oder zu tadeln und noch weniger einen gegen den päpstlichen Stuhl gerichteten Akt zu vollziehen, sondern einzig, die Bürger zu der den Vertretern ihrer Regierung im Ausland schuldigen Achtung anzuhalten. — Der Bischof von Seo d' Urgel ist in Rom angekommen.
— 6. November, Abends. (W. T. B.) Zur Stunde ist das Resultat von 430 Wahlen bekannt. Danach sind endgil— tig gewählt: 4 Kandidaten der gemäßigten und 230 Kan⸗ didaten der Fortschrittspartei. Von den Gewählten sind noch Crispi und Chiave zu nennen. Pisanelli ist in Tricasse
unterlegen. — Mit den Geschäften des päpstlichen Staatssekretärs ist interimistisch der Unter-Staats⸗ sekretär Vannutelli betraut worden. — Der Kardinal
Antonelli hat u. A. dem vatikanischen Museum eine . von Edelsteinen und Kunstgegenständen hinter— assen.
— 6. Novemher, Abends. (W. T. B.) Nach dem bisjetzt be⸗ kannten Wahlresultate sind 311 Deputirte definitiv ge— wählt; von ihnen gehören 53 der gemäßigten, 258 der Fort⸗ schrittspartei an. Aus 40 Wahlkollegien ist das Wahlergebniß noch nicht bekannt.
Türkei. Konstantinopel, 5. November. Die Note“ mit welcher die Pforte die Sommation des Generals Ignatieff beantwortete, lautet nach der „Nat⸗Itg.“: La S. Porte consent la conclusion d'un armisties pur et simple de deux mois à partir d'aujourdhni mme. Elle vient en conséquence de transmettre les ordres aux commandants des troupes ponr arrètre immédiatement les opérations militaires sur tout 10 théätre de la guerre. Pour ce qui est des détails rélatifs à cet armistice le sousigné se réserve de les régler plus tard d'accord avec V. Excellence et les représentants des autres Paissances. 1. novembre. Safvet.“
*
(Die hohe Pforte willigt in den Abschluß eines reinen und ein— fachen Waffenstillstandes — zwei Monaten 1 1 , . Sie hat demzufolge soeben den Kommandanten der türkischen Trup⸗ pen die Befehle jugehen lassen zur sofortigen Einstellung der mili⸗ tärischen Qperationen auf dem ganzen Kriegsschauplatze. In Betreff der Einzelheiten dieses Waffenstillstandes behält sich der ünter eich nete vor, dieselben später in Uebereinstimmung mit Ew. Exzellenz und den Vertretern der übrigen Mächte zu ordnen. J. November Safyvet.) 3 233
— 6. November. (W. T. B.) In den letzten Tage haben mehrere außerordentliche Hern des hn nf raths und wiederholte Berathungen der Botschafter stattge⸗ funden. Russischerseits ist man, dem Vernehmen nach, mit der Ausarbeitung eines Entwurfs der Friedensbedin— ungen auf Grund der englischen Vorschläge beschäftigt. — Der russische Botschafter Ignatieff bezieht morgen seine Wohnung in Pera. Die Militär⸗Attachss von Frankreich Desterreich und Rußland treten morgen ihre Reise nach dem Kriegsschauplatze an.
Wien, 6. November. (W. T. B) Am Freitag fan wie der „Politischen Korrespondenz“ iger n h . stantin opel gemeldet wird, bei dem dortigen englischen Bot— schafter, Elliot, eine Konferenz der bei der Pforte akkredi— tirten Botsch after statt, in der es sich um die Feststellung der Demarkationslinie handelte. Nach Allem, was über den Verlauf der Konferenz von glaubwürdiger Seite verlautet Dürfte die Feststellung der Demarkationslinie nach den in solchen Fällen üblichen Prinzipien schwerlich besonderen Schwierig- keiten begegnen. Am Sonnabend und Sonntag beschäftigke man sich alsdann mit der Ausarbeitung der Details der In— struktionen für die Militär-Attaches der hiesigen Botschaften welche spätestens am Mittwoch nach Serbien abreisen sollen. Zu Kommissären für die Bezeichnung der Demarkationslinie sind designirt von Oesterreich Oberst⸗-Lieutenant Raab, von , ,. Oberst-Lieutenant Dorey, von England Campbell, von Rußland Oberst Zelenoy. Für Italien und Deutschland werden die Militär-Attachés der betreffenden Botschaften in Wien fungiren. Für Montenegro sind zu Kommissären de⸗ signirt von Oesterreich Oberst⸗-Lieutenant Thoemmel und von Rußland Oberst Bogolubow.
London, 6. November. (W. T. B.) Gutem Verneh— men nach bestätigt es sich, daß die englische Regierung den Zusammentritt einer Kon ferenz vorbereitet. — Der eng— lische Botschaster am russischen Hofe, Lord Loftus, hat aus Livadia die Meldung hierher gelangen lassen, daß sich dort ei ne vorwaltend friedliche Strömung geltend mache.
. November. (W. T. B. Wie die heutige „Mor⸗ ningpost“ meldet, hätte England den Zusammentritt einer Konferenz auf, der Basis der Integrität und Unab— ,, der Türkei in Konstantinopel vorgeschlagen. Das Blatt fügt hinzu, das Programm sei identisch mit den früher von Lord Derby gemachten Vorschlägen; Voraussetzung wäre, daß von den an der Konferenz theilnehmenden Mächten eine Gebietsvergrößerung nicht angestrebt werde.
Paris, 6. November. (W. T. B.) Nach der „Agence Havas“ zugegangenen Nachrichten aus Konstantinopel finden daselbst augenblicklich lebhafte Pourparlers statt Behufs Erzielung einer direkten Verständigung zwischen Ruß— land und der Türkei, wodurch der Zusammentritt einer Konferenz unnöthig, werden würde. Ein höherer türkischer Beamter würde, wie es heißt, in dieser Angelegenheit dem— nächst nach St. Petersburg gehen. .
Wien, 6. November. (W. T. B.) Nachrichten aus Bel— grad melden im Widerspruche zu den Berichten aus Semlin vom 4. c. gerüchtweise, daß General Tschernajeff seines Kommandos enthoben worden sei ——
Ragusa, 5. November. (W. T. B.) Vorgestern eröff— neten die Türken von Spuz aus, trotz des Waffenstill— standes, eine Kanonade. Der Fürst von Montenegro beauftragte die montenegrinischen Kommandanten sich sofort mittelst Parlamentäre mit den betreffenden türkischen Befehls— habern in Verkehr zu setzen und fie einzuladen, bis auf Wei— teres den militärischen status quo zu wahren. Die von den Mächten behufs der Demarkation zu entsendenden Delegirten werden sich hier versammeln, um sich über ihr Vorgehen zu einigen. Ihre Aufgabe dürfte keine Schwierigkeiten bieten, da die Situation, bis auf die Cernirung von Niksich, ziem⸗ lich einfach und der Fürst von Montenegro sehr entgegenkom— mend ist.
— Der W. „Presse“ vom 6. sind folgende Telegramme zugegangen:
Konstantinopel, 5. November. Mehrere Staats— beamte, denen der wichtige Posten eines Kon suls in Tiflis angeboten wurde, lehnten denselben ab, da sie jetzt ein solches Amt im russischen Reiche nicht bekleiden wollen. Wie hier verlautet, hätten einige türkische Konsular⸗Agenten in Rußland 1 . temporäre Beurlaubung angesucht und dieselbe auch erhalten.
Adrianopel, 4. November. Die Ausrüstung von 150 neuen Bataillonen in den asiatischen Provinzen des tür— kischen Reiches schreitet rasch vorwärts, da die Regierung für jeden Fall gerüstet sein will. Anch hier langen noch immer Truppen an, die für Nisch und Widdin bestimmt sind.
Serajewo, 4. November. Die Mutessarifs von Bosnien wurden hierher berufen, um dem Spezial-Kommissär Fuad Pascha, welcher aus Konstantinopel vor acht Tagen hier eingetroffen ist, über die Zustände in ihren Mutessarifliks Bericht zu erstatten.
Ru t schuk, 5. November. Wie aus Alexinatz gemeldet wird, gedenkt Abdul Kerim Pascha für die ganze Zeit des H sein Hauptquartier in Alexinatz aufzu— schlagen.
Belgrad, 5. November. Horvatovies erhielt den Takovo⸗-Orden erster Klasse; außerdem erfolgten zahlreiche Ordensverleihungen an serbische und russische Offiziere.
Seit einigen Tagen werden Ausrüstungsgegen— stände für den Winter in das Hauptquartier nach Pa— racsin in ungewöhnlicher Menge transportirt.
— Die Wiener „N. Fr. Pr.“ vom 6. hat von ihrem Spezial⸗Korrespondenten folgende Telegramme erhalten:
Hauptquartier Alexinatz, 1. November, Nachmit⸗ togs. Die sofort bemerkte Räumung von Deligrad, 6 letzteres heute Morgens von Kavallerie besetzt wurde, erfolgte heute Nachts. Da die Serben Deligrad und die um⸗ liegenden Ortschaflen niedergebrannt hatten, fand man nichts als das verlassene Lager und die Befestigungen vor. Es fand keine Verfolgung statt, doch wurden Verfügungen ge⸗ troffen, um mit dem Feinde, der sich gegen Paracin zurück⸗ zog, Fühlung zu erhalten. Die türkischen Truppen langten
heute vor Kru ewatz an, das wahrscheinlich morgen besetzt wird. In der Armee herrscht eine gehobene und begeisterte Stim⸗ mung. Alexinatz wurde nichk geplündert. Es werden Ver⸗ kehrungen getroffen, um hier ein Verpflegsmagazin und in Spital zu errichten. Heute fiel der erste Schnee. Nisch, 3. November. Die Vorrückung der türkischen Hauptarm ee gegen Deligrad mußte des anhaltenden Negens und Schneefalles wegen momentan eingestellt werden. Aus diesem Grunde und aus Verpflegungsrücksichten wurde die KRavallerie, welche Mittwoch die geräumten Befestigungen von Deligrad besetzt hatte, gestern auf Befehl des türkischen Armee Kommandos wieder zurückgezogen. Die Befestigungen von Alexinatz, welche ich eingehend besichtigte, sind sehr stark; sie bestehen meist aus Erdredouten mit allen möglichen Ver stärkungsmitteln. Minen wurden indeß nicht vorgesunden. In der Nähe der Werke befinden sich eine Anzahl nicht zer⸗ störter Holzkasernen, die jetzt den türkischen Truppen eine erwünschte Unterkunft bieten. Bei Alexinatz und Deligrad werden Brücken gebaut. Es regnet und schneit ununterbrochen. Rußland und Polen. St. Petersburg, 7. Novem ber. (W. T. B.) Dem „Golos“ zufolge ist die Abreise des Kaisers und der Kaiserin von Livadia auf heute festgesetzt und ihre Ankunft in Zarskoe⸗-Selo am 15. oder 15. d. zu erwarten. — Der russische Botschafter in Paris Fürst Qrlow, ist gestern von dort nach Moskau abgereist um daselost während des Aufenthalts des Kaisers anwesend zu sein. — Der deutsche Botschafter, General v. Schweinitz ist gestern von Yalta abgereist und trifft am Freitag in St. Petersburg ein. ;
. Schweden und Norwegen. Stockholm, 2. November (S. N) Die Königin ist gestern Abend von Helsingborg. nach Stockholm abgereist. Auf einer der Zwischenstationen wollte der König mit der Königin zusammentreffen und dann mit ihr die Reise nach Stockholm fortsetzen. Die feierliche Eröffnung der Eisenbahnlinie Engelholm-Lands— krönga fand der Bestimmung gemäß vorgestern statt. — ? NDeꝛembher ß di J ö
Am 4. Dezember gedenken die Dragoner- Husaren— und Grenadier⸗Corps des schwedischen Leibͤregtments ein Fest zum Andenken an die Schlacht bei Lund abzuhalten. — Am Schlusse dieses oder Anfang des nächsten Monats soll im erbprinzlichen Palais eine Kunst- und Industrieaus—⸗ stellung eröffnet werden, worin nur solche Kunstgegenstände Platz finden sollen, welche nicht in öffentlichen Sammlungen enthalten sind, sondern überall im Lande im Besitz von Pri— vatpersonen sich befinden. ö.
Dänemark. Kopenhagen, 2. November. (H. N.) Der König empfing heute in besonderer Audienz auf Schloß Amalien⸗ borg den hiesigen außerordentlichen Gesandten und bevoll— mächtigten Minister der französischen Republik. Vicomte de Saint Ferriol, welcher bei dieser Gelegenheit dem Kö— nige ein Schreiben des Präsidenten der Republik überreichte wodurch der Gesandte von seinem bisher von ihm bekleideten Posten abberufen wird. — Die Verhandlungen des Folke—⸗ things waren in den letzten Tagen ohne sonderliches In— teresse. Anläßlich der ersten Berathung des Gesetzes, betref⸗ fend Veränderungen in der Vergleichsgesetzgebung, theilte der Justiz-Minister mit, daß in Betreff der erwarteten Reform im Gerichtswesen nunmehr, nächstens das Gutachten der bereits vor mehreren Jahren niedergesetzten Prozeßkommission erwartet werden könne. Er fügte freilich hinzu, daß noch einige Zeit vergehen werde, ehe dem Reichstage eine desfall— sige Vorlage gemacht werden könne, und daß -es deshalb noch einige Jahre dauern werde, ehe die Sache in das Leben trete. . Die Zollintraden auf St. Croix betrugen in diesem Jahre g 140 Doll. gegen 70,356 Doll. im vorhergehenden Jahre. Die Zollintraden auf St. Thomas im letzten Fi⸗ nanzjahre haben 101,271 Doll. (gegen 101,148 Doll. im vo— rigen Jahre) ergeben. .
Amerika. Der „Times“ wird aus Philadelphia unterm 3. ds. per Kabel gemeldet: Die Demokraten von New—⸗ York, hielten am Donnerstag Abend die letzte Demon— stration ihrer Wahlcampagne. In Tammany-Hall sowie von 6 Tribünen auf dem Broadway, der Fourtenath-Street und dem Union-Square herab wurden Reden an eine über 190,00 Köpfe starke Menschenmenge gehalten. Dann folgte ein Fackelzug unter Betheiligung von 50, 000 Personen, die bis tief nach Mitternacht vor der Wohnung Tildens, des de⸗ mokratischen Präsidentschaftskandidaten, vorüberzogen. Tilden zeigte sich auf dem Balkon. Unter den mannigfachen Attrak— tionen befand sich auch ein brillantes Feuerwerk. Die Repu— blikaner von New⸗Vork halten ihre letzte Demonstration heute Abend mit einem Aufzuge von blau gekleideten Knaben.
Statistische Nachrichten.
Von den im Ersatz jahre 1875 — 1876 bei dem Landheer in Preu⸗ ßenund der Seemachteingestellten S5, 50 Mann wurden 2749 oder Zargosg ohne Schulbildung befunden. Das ungünstigste Ver⸗ häͤltniß ergab wiederum die Provinz Posen, wo von gl 12 Eingestellten 854 oder 13,2 0½ ganz ohne Schulbildung waren; es folgen die Provinzen: Preußen mit 8,184 'so (von 11,759: 1933), Schlesien mit 33 ½ (von 13,681: 458), Pommern mit 1,38 / 9 (56693: 87), Westfalen mit l, 656 / (5864: 60), Schleswig⸗Holstein mit 2s υί8 w (3450: 9), Hohen⸗ zollern mit 0386 S9 (259: 1). Sachsen mit 03m Yυο (435: 24), Hessen⸗ Nassau mit O,ssr 9o (4521: 24), Brandenburg mit O, ass o/ (7953: 53), Rheinprovinz mit Ou b (12.006: 90), Hannover mit O, 3s CG (6627: 56. Nur im Kreise Herzogthum Lauenburg waren sämmtliche 181 Ein⸗ gestellte mit Schulbildung.
Die mit auswärtigen Staaten abgeschlossenen Handels und Zoll verträge enthalten u. A. auch Bestimmungen über die Behandlung des sog. Veredelungsverkehrs. Es wird dadurch namentlich er ü tig Abgabenfreiheit zugestanden für: Gewebe und Garne zum Waschen, Bleichen, Appretiren, Färben, Bedrucken 2c. Gespinnste zur Herstellung von Spitzen und Posamentierwaaren, Häute und Felle zur Leder⸗ und Pelzwerkbereitung, Garne zur Herstellung von Ge— weben und alle sonstigen zur Reparatur, Bearbeitung oder Veredelung bestimmten Gegenstände. Daß diese Verkehrserleichkerungen nicht nur der deutschen Industrie, sondern auch der des Auslandes zu Gute ekommen sind, läßt eine in Band XXII. der Statistik des Deutschen
Reis enthaltene Nachweisung für das Jahr 1875 ersehen. Nach derse 1 fand im gedachten Jahre der bedeutendste Veredelungs⸗ verkeh ach Oesterrei ch statt, wohin u. a. folgende Gegenstände aus d deutschen Zollgebiete vorbehaltlich der zollfreien Wieder einfuhr Verarbeitung 2c. versendet worden sind: 725 Ctr. rohes Baumwolk garn, 20,493 Ctr. gebleichtes oder gefärbtes Baumwollen⸗
arn, 3787 Mtr. rohe oder gebleichte dichte Baumwollenwagren, 797 Ftr. rohe uwmichte dergl., 6669 Ctr. Winkeleisen, 2047 Ctr, grobe Eisen und Stahltkyaagren, 2992 Pfd. und 2497 Stück rohe Rinds⸗ häute, 966 Ctr. Maschinen aller Art, 1559 Pfd. feine Kautschuck= waaren, 215 Ctr. Leder, 4794 Pfd. feine Lederwaaren, 26,704 Pfd.
lederne Handschuhe, 29,566 Gtr. robes Leinengarn, Maschinen⸗