1876 / 264 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Nov 1876 18:00:01 GMT) scan diff

kännen, welche einer entfernteren Behörde abgehen müssen. Die Be⸗ hauptung des Herrn Vorredners, daß die große Entfernung zwischen Berlin und Straßburg ein entscheidendes Hinderniß für eing zweck- gemäße Verwaltung sei, ist übrigens in dieser Unbedingtheit wohl ** zugegeben, denn fruher ist Elsaß⸗-Lothringen doch auch von Paris as regiert worden und in einer weit stärker centralisirten Weise, von Berlin nur annähernd angewendet wird. Und es ist doch trefflich gegangen, wenigstens nach der Meinung der Herren Elsaß⸗Lothringen. Es ist in Preußen nicht anders; die Rheinrrer.. liegt von Berlin nicht ferner als Straßburg und wird nicht auch die Rheinprovinz oder das etwas fernere Ostpreußen von den Berliner Ministerien verwaltet? Insbesendere ist der Verwurf, den er gegen die Verschleppung der Geschäfte machte, thatsächlich durchaus unbegründet. Der Etat für 1873 wird gegenwärtig über⸗ haupt noch nicht berathen. Es kann sich allerdings so stellen, daß bereits in der nächsten Frühjahrssitzung der Etat für das Jahr 1878 Ihnen vorgelegt werden muß, weil im Herbste des nächsteu Jahres voraussichtlich eine Sitzung nicht stattfinden wird, und weil die Ver— legung des Etatsjahres für Elsaß⸗Lothringen vom 1. April des näch⸗ sten Jahres ab noch nicht thunlich sein wird. Aber ich erinnere den Herrn Vorredner auch hier an das, was in Frankreich Praxis ist, wo in jedem Jahre der Etat für das nächste Jahr schon im ersten Semester des Vorjahres berathen und festgestellt wird, und er wird wohl nicht behaupten wollen, daß da sich irgend welche Uebelstände heraus gestellt hätten. . .

Ich wiederhole, daß es bei dieser Qrganisation sich nicht im Entferntesten darum handelt, die Befugnisse der lokalen Verwaltung zu vermindern; ob es gerathen sein möchte, sie zu verstärken, ist eine Frage, die zu beantworten ich unterlasse. Sie würde zusammen⸗ hängen mit einer Veränderung der politischen Verfassung des Landes, aber letztere wird von ganz anderen Umständen bedingt, als gegen⸗ wärtig hier zur Erörterung stehen. Sie wird vor allen Dingen da—⸗ durch bedingt werden, daß sich der nationale Sinn des Landes be— festigt, derart, daß die Zusammengehörigkeit zum Deutschen Reiche für die Elsaß⸗Lothringer außer Frage steht. Das wird der Zeitpunkt sein, wo man einer etwaigen Verstärkung der Lokalgewalt wird näher treten, und wo man auch der Vertretung des Landes eine weiter reichende Beschlußfähigkeit wird einräumen können. Bis dahin wird die Frage offen zu halten sein. Ich glaube, daß die Bedenken, die der Herr Abgeordnete vorgetragen hat, nicht dazu angethan sind, un die Genehmigung des vorgelegten Etats zu versagen.

Die Positionen dieses Kapitels wurden unverändert ge— nehmigt. ö . .

Es folgte der Etat der Marineverwaltung (s. Nr. 263 d. Bl.). Bei Kapitel 46 „Hydrographisches Bureau“ rich⸗ tete der Abg. Schmidt Stettin) an die Regierung die Anfrage, ob und wie weit das Seekartenwerk für die Ost- und Nord⸗ see gefördert sei. Die Arbeit würde nicht blos der deutschen Kriegs- und Handelsmarine, sondern den Schiffen aller Flaggen, welche diese Häfen besuchen, von Nutzen sein. Der Bundesraths-Bevollmächtigte, Chef der Admiralität, Staats-⸗Minister v. . erwiderte, daß die Anfertigung mehr Zeit in Anspruch nehme, als man erwartet habe. Die Westkarte der Ostsee sei vollendet, die von der Danziger Bucht bis zur russischen Grenze werde im nächsten Jahre, die zwischen Danzig und Swinemünde im Jahre 1878, die für die übrigen Theile im Jahre 1879 beendigt sein.

Beim Kapitel 47 „Deutsche Seewarte“ hob der Abg. Schmidt (Stettin) hervor, daß die Witterungsberichte nicht schon in den Berliner Abendblättern, sondern erst anderen Tages veröffentlicht würden. Es sei für die Landwirthschaft und andere Zweige von Interesse, jene Nachrichten möglichst zeitig zu haben, und man könne unmöglich wünschen, daß Deutschland in dieser Beziehung hinter Amexika zurückbleibe. Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte Staats⸗-Minister v. Stosch erklärte, daß die Verspätung augenblicklich der mangelnden Telegraphenverbindung zuzuschreiben, daß jedoch wahrscheinlich schon im nächsten Jahre Abhülfe zu erwarten sei. Beim Kap. 52 „Indienststellung der Schiffe“ bemerkte der Abg. Schmidt (Stettin), daß schon lange eine Untiefe, die sogenannten Adlergründe, nicht weit von Bornholm der Schiffahrt gefährlich gewesen seien. Mehr⸗ seitig sei auf Abhülfe gedrungen. Aeußerem Vernehmen nach habe die Admiralität über diese Untiefe Untersuchungen und Ermittelungen anstellen lassen, ob nicht dies Hinderniß für die Schiffahrt fortgeschafft werden könne. Er frage deshalb an, ob im Interesse der Ostseeschiffahrt Aussicht vorhanden sei, diese Untiefe beseitigt zu sehen. Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte Staats-Minister v. Stosch antwortete, daß die Kosten einer Spren⸗ gung ungefähr 200,000 Thlr. betragen würden. Es sei deshalb vorläufig dort ein Schiff als Warnungssignal aufgestellt; wegen einer definitiven Abhülfe seien Verhandlungen mit Dänemark im Gange. Beim Kap. 57 „Besoldungen“ fragte der Abg. Dr. Dohrn, weshalb, während im vorigen Etat das Gehalt des General-Arztes der Marine auf 8000 „S6 festgesetzt worden, diese Summe in die—⸗ sem Quartal auf 6400 S6 herabgemindert worden sei. Der Kommissar des Bundesraths erwiderte, daß jenes Gehalt als Maximalgehalt nur dem bisherigen General-Arzt wegen seiner Anciennetät bewilligt worden sei. Der Abg. Dr. Wehren— pfennig fragte an, oh dem jetzigen General-Arzt von vornherein erklärt worden, daß jenes Gehalt nur Maximalgehalt sei. Da der Kommissar des Bundesraths diese Frage verneinte, bean— tragte der Abg. Dr. Dohrn, diese Position in die Budgetkommission zu verweisen. Dieser Antrag wurde angenommen. Beim Kap. 61 (Seeartillerie) machte der Abg. Schmidt (Stettin) darauf aufmerksam, daß der frühere Antrag auf Aufhebung der Seeartillerie keine Folge gehabt habe. Aus einer Be— merkung im Etat scheine jedoch hervorzugehen, daß man eine Umgestaltung der Seeartillerie beabsichtige. Er bat um weitere Aufklärung über diesen Punkt. Der Bundesraths-Bevollmächtigte Staats-Minister von Stosch erklärte, daß in der Admiralität der Antrag auf Erhöhung der Seeartillerie gestellt, aber nicht angenommen sei; von einer Verminde—⸗ rung jedoch könne überhaupt nicht die Rede sein. Der Abg. van Freeden rügte die Unterbringung der Ein— jührig⸗Freiwilligen von Wilhelmshaven in Baracken. Der Bundesraths⸗-Bevollmächtigte Staats-Minister v. Stosch hob hervor, daß die Einjährig⸗Freiwilligen ebenso Matrosen seien, wie die übrigen Mannschaften. Wenn sie augenblicklich in Baracken wohnen müßten, so liege dies darin, daß die Kaserne⸗ ments noch nicht fertig gestellt seien; doch würde dies im nächsten Jahre geschehen. Der Marine⸗-Etat wurde genehmigt. Hiermit vertagte sich das Haus um 4 Uhr.

In der heutigen (7) Sitzung des Deutschen Reichstages, welcher die Bundesragths- Bevollmächtigten, Präsident des Reichskanzler-⸗Amts, Staats⸗Minister Hof. mann, General Postmeister Dr. Stephan, General-Major v. Fries und mehrere Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident das Resultat der Wahlen zur Kommission für die Vorbe⸗ rathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Untersuchung von

dveten in den beigefügten Fällen momentan schweben, werden für die

Rechnungskommlssion überwiesen. Dann begründete der Abg. Most seinen Antrag, welcher lautet:

Der Reichstag wolle beschließen: ; J. Die Untersuchungen, welche gegen die nachstehenden Abgeord⸗

nder der gegenwärtigen Sitzungsperiode aufgehoben, nämlich; a. daß

den Alg. Hasselmaun wegen Uebertretung des Preßgeseßes

webende Strafverfahren, in welcher Angelegenheit am 8. d. Mts. vor dem Königlichen Polizeigericht zu Barmen Termin anstebt; b. der gegen den Abgeordneten Geib wegen angeblicher Ueber tretung der S§. 5 und 26 des Regulativs vom Jahre 1824 rom Polizei⸗Anwalt zu Marne angestrengte Prozeß, welcher am 19. d. M. mittelst Verhandlung seinen vorläufigen (erstinstanzlichen) Abschluß finden soll; (. die Untersuchung, welche gegen den Abg. Vahlteich beim Königlich sächsischen Bezirksgericht zu Mittweida wegen angeb— licher Beleidigung des Bezirkẽgerichts zu Chemnitz angestrengt wor den ist. II. Der Reichskanzler wird ersucht, für sofortige Ausfüh⸗ rung dieses Beschlusses Sorge zu tragen. Der Abg. Dr. Gerhard beantragte die Streichung des Wortes „angeblich“ sub e. des Antrages, weil dasselbe dem Gebrauche des Hauses und der den Gerichten schuldigen Ach— tung nicht entspreche. Der Abg. v. Bernuth trat diesem Antrage entgegen, worauf der Antrag Most angenommen wurde. In dritter Berathung wurde ohne Debatte die Verord⸗ nung vom 28. April 1676 wegen Abänderung des Gesetzes vom 24. Januar 1873, betreffend die Bezirksverwaltungen, die Kreisvertretungen und die Wahlen zu den Gemeinderäthen definitiv genehmigt. Es solgte die Fortsetzung der zweiten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Feststellung des Reichshaus— halts-Etats für das Vierteljahr vom 1. Januar bis 31. März i877. Bei Kapitel 66, Titel 8 der Ausgaben (Zinsen auf Schatzanweisungen, welche behufs der Beschaffung eines Betriebsfonds zur Durchführung der Münzreform ausgegeben werden) sprach der Abg. Dr. Bamberger verschiedene Wünsche aus, so nach der Vorlage der üblichen Rechnung über das bisher in dieser Beziehung Geschehene, nach Einstellung der Prägung von silbernen Fünfmarkstücken und nach Ausprägung von goldenen Fünfmarkstücken. Zu Kapitel 71, Titel 3 (Unter⸗ stützungen für die Hinterbliebenen von Reichsbeamten) erachtete der Abg. v. Bernuth die gesetzliche Regelung dieser Materie für erwünscht. Der Staats-Minister Hofmann stellte für die nächste Session die Erfüllung dieses Wunsches mit Wahrschein— lichkeit in Aussicht.

Bei dem Etat der Reichspost- und Telegraphen— verwaltung (Kap. 3 Titel 1 Porto!) brachten die Abgg. Dr. Reichensperger (Crefeld) und Frhr. Nordeck zur Rabenau verschiedene Wünsche im Interesse der Erleich— terung des Packet- und Briesverkehrs vor, welche der General— Postmeister hr. Stephan nach Möglichkeit zu berücksichtigen ver⸗ sprach. Zu Tit. 2B beantragten die Abgg. Dr. Schröder (Friedberg) und Spielberg: den Reichskanzler zu ersuchen, daß für Tele— gramme die frühere erste Zone wiederhergestellt und die Gebühr sür die erste Zone, unter Beibehaltung der Expeditionsge— bühr, auf Drei Pfennig pro Wort herabgesetzt werde

An der Debatte betheiligten sich bis zum Schluß des Blattes die Abgg. Dr. Schröder (Friedberg), v. Behr-Schmoldow, Grumbrecht, Schmidt, Günther (Sachsen), Richter (Hagen) und der General-Postmeister Dr. Stephan.

Se. Majestät der König haben am 4. d. M. nach Vernehmung des Gutachtens der in Folge Allerhöchsten Er— lasses vom 9. August 1871 zusammengetretenen außerordent— lichen Provinzial⸗Synode für die evangelisch(lutherischen Ge— meinden der Provinz Schleswig-Holstein, mit Ausschluß des Krei⸗ ses Herzogthum Lauenburg, der Kirchengemeinde- und Sy⸗ nodalordnung für die evangelisch⸗lutherische Kirche in der Provinz Schleswig⸗Holstein Alilerhöchstihre Sanktion ertheilt und dieselbe als kirchliche Ordnung verkündet. „Ich erflehe“, heißt es in der Allerhöchsten Ordre, „den gött— lichen Segen, daß diese Ordnung mithelfen möge zur Belebun christlichen Sinnes und Wandels in den Gemeinden und gebe Mich der zuversichtlichen Hoffnung hin, daß Alle, die danach zur Mit— wirkung auf dem Gebiete des kirchlichen Lebens berufen werden, in Treue gegen den Glauben der Kirche und in Ge— meinschaft der Liebe die Ehre Gottes und das Heil der Seelen unverrückt im Auge behalten und den Bau des Reiches Gottes auf Erden zu fördern mit allen Kräften bestrebt sein werden. Die Aenderungen, welche durch die neue Ordnung herbei⸗ geführt werden, beziehen sich ausschließlich auf die kirchliche Verfassung. Der Bekenntnißstand der evangelisch⸗lutherischen Kirche der Provinz Schleswig-Holstein wird durch diese Ord— nung, wie Ich ausdrücklich erkläre, nicht berührt und eine ö dieses Bekenntnißstandes damit in keiner Weise zezweckt.

; Mit der Ausführung der Kirchengemeinde⸗ und Synodal⸗ ordnung ist, soweit dieselbe nicht zu ihrer Regelung vorab noch einer Mitwirkung der Landes-Gesetzgebung bedarf, unverzüglich vorzugehen.

In Folge eines in der letzten Zeit vorgekommenen Unglücksfalles durch Verwechselung und irrthümliche Abgabe einer Mineralwasserflasche, welche in ihrer Glasmasse die Bezeichnung des in ühr enthalten gewesenen Mineral— wassers trug und zur Auͤfbewahrung einer ätzenden Säure verwendet worden ist, hat der Minister der geistlichen 2c. An⸗ gelegenheiten den Apothekern die Verwendung derartiger Flaschen, sowie solcher, welche andere Genußmittel, z. B. Liqueure 2c. enthielten und mit der betreffenden Bezeichnung in der Glasmasse versehen sind, zur Abgabe von flüssigen Arzneien sowohl in der Rezeptur als auch im Handverkauf untersagt.

Der Prinz Hermann Otto Christian zu Waldeck, geb. 12. Oktober 1809, Königlich preußischer General-Lieutenant à la suite, ein Oheim des regierenden Fürsten, ist gestorben.

Der enn, n,, Direktor der Kaiserlichen Admiralität, hat sich in dienstlichen Angelegenheiten nach Kiel und Wilhelmshaven begeben.

Merseburg, 7. November. Der Provinzial⸗Land⸗ tag der Provinz Sachsen ist gestern von dem Ober⸗-Prä—⸗ sidenten Freiherrn von Patow mit folgender Rede eröffnet worden ö hete

Hochgeehrte Herren! Sie 6 9

ͤ i!. Mit hoher . erlaube ich mir heute, t tamen der Königlichen Stagtsregierung hier zu begrüßen. Seit Ihrem ersten Zusammensein hat ein Exeigniß unsere Pro—

vinz auf das Tiefste bewegt, es war die Anwesenheit Ihrer

Majestäten des Kaisers und Königs, sowie der Kaiserin und Königin in diesem Lande. Wie bei dieser Gelegenheit alle

war es Ihnen, meine Herren, vorbebalten, durch die herrliche Fest⸗ lichkeit, welche Sie den Allerhöchsten Herrschaften bereitet haben, klar zu stellen, daß die Provinz in der Treue und Liebe zu dem Könige und dem Königlichen Hause ihre höchste Einheit anerkennt. Indem Ihre Majestäten mit Dank an jene Tage des Aufentbalts in dieser Provinz zurückdenken und wiederholentlich diesem Danke warmen Ausdruck gegeben haben, dürfen Sie das erhebende Bewußt⸗ sein haben, daß Sie auch bei dieser Gelegenheit die Provinz würdig vertreten haben. : ;

Die Königliche Staatsregierung richtet an Sie die Aufforderung, sich der Vornahme von Neuwahlen für die Besetzung der Bezirks⸗ verwaltungsgerichte der Provinz und der Bezirkskommissionen für die klassifizirte Einkommensteuer auf Grund gesetzlicher Vorschriften zu unterziehen.

Sodann wird Ihnen ein Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung des Lehnsverbandes in der Provinz Sachsen, zur Begutachtung vorge⸗ legt werden; Ihre wesentlichste Aufgabe wird die Vervollständigung der für die provinzielle Selbstverwaltung erforderlichen Einrichtungen sein, die Ausbildung der Verfassung des Provinzialverbandes wird Ihrer Beschlußnahme unterliegen. Im Anschluß hieran werden die dienstlichen Verhältnisse der Provinzialbeamten von Ihnen zu regeln sein. Dazu werden Sie für wichtige Verwaltungszweige grundlegende Bestimmungen zu treffen haben. Die Beschlußnahme in diesen Angelegenheiten wird Ihnen dadurch erleichtert, daß der Provinzialausschuß dieselben ausnahmslos in angestrengter Thätigkeit der sorgfältigsten Durchberathung unterzogen 6 In dem Ver⸗ lrauen, daß Ihre Arbeiten der Provinz zum Segen gereichen werden, erkläre ich in Allerhöchstem Auftrage Sr. Majestät des Kaisers und Königs den Provinzial-Landtag der Provinz Sachsen für eröffnet.

Der Bürgermeister Seffner (Merseburg) eröffnete hierauf die Sitzung als Alterspräsident mit der Aufforderung zu einem dreifachen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König, in das die Versammlung begeistert einstimmte. Es erfolgte sodann die Konstituirung des Bureaus. Die Ver— sammlung erwählte auf Antrag per Akklamation und ein— stimmig zum Vorsitzenden den Abg. v. Krosigk, zu dessen Stellvertreter den Abg. Hasselbach, zu Schrift⸗ führern die Abgg. v. Wedell, Sachse, Brinkmann und v. Koseritz. In den Landtagsvorstand wurden die Abgg. Graf v. d. Schulenburg-Angern, v. Marschall und Seffner ernannt. Der Abg. v. Krosigk übernahm hierauf den Vorsitz, gedachte zunächst der seit der letzten Session verstorbenen Mit— glieder und forderte die Abgeordneten auf, das Andenken der— selben durch Erheben von den Plätzen zu ehren.

Nach der Verlesung einer Anzahl von Vorlagen, die nicht dem Drucke übergeben werden sollen, so wie der Vorlegung mehrerer Urlaubsgesuche, die die Versammlung ausnahmslos genehmigte, schloß die Sitzung gegen 1 Uhr.

Bayern. München, 6. November. Verschiedenen Zeitungsnachrichten gegenüber erfährt die „Allg. Itg.“ zuver⸗ lässig, daß auf das Resignationsgesuch des Stistsdekans Enzler ein Bescheid noch nicht erfolgte, daß aber die An— nahme desselben unzweifelhaft ist. Was die Mittheilung an— belangt, daß von Seite der Staatsregierung Aufschlüsse über die Gründe der Beanstandung Enzlers von der Kurie verlangt

worden seien, so ist dieselbe, wie dasselbe Blatt bestimmt

vernimmt, eine irrige. Der Finanz-Ministerial-Rath von ö . ö . Pummerer ist zum Präsidenten des obersten Rech— nungshofes befördert worden.

Sachsen. Dresden, 7. November. (Dr. J.) In der heutigen Sitzung der evangelisch-lutherischen Lan⸗ dessynode gelangte zunächst die Frage der Bildungeines ö zur Erörterung. Der Verfassungsausschuß hatte an seine Vorschläge über den Erlaß des Kirchenregi⸗ ments, ö die Regelung der finanziellen Lage der Geist— lichen, den Antrag an das Kirchenregiment geknüpft, auf Ver— mittelung eines Staatsgesetzes, nach welchem die Kirchen— gemeinden des Landes jährlich eine bestimmte Summe zu einem Landeskirchenfend nach einem gewissen Modus unter sich aufzubringen haben. In der Diskussion zrigte sich allseitiges Einverständniß über die Bildung eines Kirchenfonds, doch begnügte man sich mit der Annahme eines vom Superintendenten Dr. Otto gestellten allgemeineren An⸗ trags, nach welchem das Kirchenregiment ersucht wird,; auf

eeignetem Wege und mit allen zu Gebote stehenden Mitteln

9s die Bildung eines Kirchenfonds zu sorgen. Die Synode schritt hierauf zur zweiten Lesung des Entwurfs eines Kirchengesetzes, einige kirchendisziplinelle Bestim— mungen betreffend. Vor Eintritt in dieselbe erklärte der Staats⸗Minister Dr. v. Gerber im Namen des Kirchen— regiments, daß dasselbe die bei der ersten Lesung beschlossenen Zusätze, nach welchen die kirchlichen Ehrenrechte auch für den Fall entzogen werden sollen, daß Jemand eine Ehe eingeht, deren kirchliche Trauung unzulässig ist, und wo—⸗ nach für den Fall, daß die Unterlassung der kirchlichen Hand⸗ lungen auf einer Verachtung des Wortes Gottes und des Sakramentes beruht, die fortdauernde Geltung der älteren gesetzlichen Bestimungen über die Abendmahlszucht betont wird, als unannehmbar erachte, jedoch das Gesetz nicht scheitern lassen werde an der Aufnahme des Zusatzes, welcher auch die Verweigerung der Konfirmation mit der Entziehung der kirch— lichen Ehrenrechte bedroht. Die Synode lehnte hierauf die beiden erstgedachten Zusätze ab und genehmigte im Uebrigen mit 58 gegen 13 Stimmen das Gesetz nach den Beschlüssen erster Lesung.

Hessen. Darmstadt, 6. November. Bei der in Kürze bevorstehenden Session der Zweiten Kammer der Stände wird, wie die „Darmst. Ztg.“ vernimmt, auch der von dem Abg. Dumont am 13. Juni d. J. gestellte Antrag zur Ver⸗ handlung kommen, die Kammer wolle die Regierung ersuchen, eine Gesetzvorlage zum Schutz der Säuglinge und der in Pflege gegebenen kleinen Kinder einzubringen, über welchen nach erhaltener Meinungsäußerung Seitens der Regie⸗ rung der Abg. Matty Namens des vierten Ausschusses Bericht erstatten wird. In den Motiven des An⸗ trages wird ausgeführt, wie das Hinsterben der Säuglinge und in Pflege gegebenen Kinder in Folge der Vorenthaltung der Nahrung und schlechter Pflege in der Nähe der größeren Städte in erschreckender Weise zu Tage tritt und wie die strafgerichtlichen Verhandlungen eine förmlich gewerbs— mäßige Hinopferung solcher Kinder festgestellt haben. Alle Anordnungen der lokalen Verwaltungsbehörden, ö Un⸗ wesen an berüchtigten Orten zu steuern, führten nach den Ausführungen des Antragstellers bis jetzt nur dahin, daß es an anderen Orten wieder auflebte. Es erscheint ihm deshalb dringend geboten, daß im Wege der Gesetzgebung für das

anze Land die Bedingungen geregelt werden, unter welchen Säuglinge und kleine Kinder in Pflege genommen werden dürfen ünd Schutzmaßregeln und Beaufsichtigung während

Seeunfällen, mit. Die allgemeine Rechnung über den Haus⸗ halt des Deutschen Reichs für das Jahr 1872 wurde der

Schichten der Bevölkerung darin gewetteifert haben, den Sinn der Anhänglichkeit an das ängestammte Königshaus klar zu legen, so

solcher Pflege anzuordnen.

Braunschweig. Braunschweig, 8. November. Die zweite ordentliche Landessynode ist auf den 21.8. I. berufen worden.

Sach sen⸗Meiningen. Mein ingen, s. November. Der Herzog ist von seiner Krankheit so weit hergestellt, daß er . verlassen konnte; derselbe hat sich zunächst nach

aris begeben, woselbst er acht Tage zu bleiben gedenkt.

Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha. Coburg, 6. November. Der Herzog ist heute Mittag nach längerer Abwesenheit von seinen Besitzungen in Desterreich wieder hier eingetroffen und hat sich alsbald nach Schloß Callenberg begeben.

Hamburg, J. November. (H. N) Die Feier des zehnjährigen Bestehens des zweiten hanseatischen Infanterie⸗Regiments Nr. 76 beging das hiesige Offizier⸗Korps vorgestern Nachmittag durch ein Festdiner im Offizier⸗Kasino, an welchem auch die Offiziere des in Lübeck garnisonirenden Bataillons fast saͤmmtlich Theil nahmen.

DOesterreich⸗ Ungarn. Wien, 6. November. Der Kaiser ist gestern Abends nach Gödöllö abgereist. Graf Andrassy ist gestern Abends nach Pest abgereist.

Der Bu dgetausschuß des Abgeordnetenhauses hielt vorgestern Abends eine Sitzung, in welcher der Handels— Minister Ritter von Chlumecky, einer in der letzten Sitzung des Ausschusses beschlossenen Einladung folgend, erschien um Auftlärungen über die noch zu erwartenden Nach— tragserfordernisse des Handels-Ministeriums für Eisen— bahnbauten und sonstige Bedürfnisse zu geben. Hr. v. Chlu⸗ mecky erklärte, daß die noch zu erwartenden Nachtragsforde⸗ rungen seines Ressorts zum Budget des Jahres 1877 sich auf 10 Millionen Gulden belaufen, und zwar zu folgenden Zwecken: Eisenbahnbauten 6 Millionen, Erwerbung der Eifen— bahnlinie Braungu⸗Straßwalchen 875,000 Fl., Unterstützung der Linie Prag-Dux zum Ausbau nach Sachsen 1 Million Betriebsdefizite bei subventionirten Bahnen 1,5 Millionen, Defizit beim Betriebe der Staats-Eisenbahnen 50G, 600 Fl., zusammen 9,875,000 Fl. oder rund 10 Millionen. Ferner kündigte der Handels-Minister einen Nachtragskredit für die Pariser Weltausstellung in der Höhe von 706,660 Fl. an, in welchem Betrage jedoch auch die Erfordernisse der anderen Ministerien für diesen Zweck inbegriffen sind. Hievon soll für das Da 1877 ein Theilbetrag von 200,900 Fl. ins Budget eingestellt werden. ; . 7. November. (W. T. B.) Die hier verbreitete Nachricht von einer zwischen dem Grafen Andrassy und dem Grafen Auersperg eingetretenen Span nung entbehrt wie von gut unterrichteter Seite versichert wird, je der Be⸗ 1 9

(W. T. B.) Im Abgeordnetenhau ) heute die Debatte über die ö 36 pellation in der orientalischen Frage durch die Heneralredner Greuter und Herbst beendet. Während von Greuter ausgeführt wurde, daß mit der Annexlon' Bosniens und der Herzegowina Oesterreich nur eine ihm gebührende Erbschaft antreten würde, erblickte Herbst in der Verbesserung des Looses der slavischen Christen in der Türkei die wahre Aufgabe Oesterreichs und schloß mit dem Ausdrucke des Wunsches, daß dem Monarchen die Erhaltung des Friedens vergönnt sein möge.

Bei der im konfessionellen Ausschusse des Abgeordneten hauses stattgehabten Berathung der Regie— rungsvorlage über die Dotation der katholifchen Sçel— sorg er wurde, von dem Kultus-Minister der Wunsch aus— gedrückt, daß die Vorlage zur dringlichen Berathung gestellt werden möge, damit die Entscheidung noch vor der Buüwget— debatte erfolge. In Folge einer Interpellation machte der Minister die Mittheilung, daß der Kaifer das Kloster⸗

esetz nicht sanktion irt, aber die Minister zur Ein— ringung eines neuen Klostergesetzentwurfs er— mächtigt habe.

Prag, 6. November. Die Kaiserin ist heute hier an⸗ gekommen und stattete der Kaiserin Maria Anna in der Hofburg einen Besuch ab. Um 8 Uhr Abends trat Ihre Majestät die Rückreise direkt nach Gödölls an.

Pest, 6. November. Der Kaiser ist, der „M, F Fr zufolge heute früh, Graf Andrassy gestern Abends hier an— gekommen.

Ag ram, 6. November.

n der heutigen Sitzung des Landtages wurde die k ue das 96 6 beendet. Das Budget wurde mit überwiegender Majorität angenommen. In der Spezialdebatte wurde sodann Haupt⸗ stück J. (Banus und dessen Bureau) nach dem Voranschlage nach einer kurzen Debatte über den Dispositionsfonds erledigt.

Großbritannien und Irland. London, 6. November. (Engl. Corr.) Der deutsche Botschafter Graf Münster ist mit seiner Familie nach Brighton gereist. In Chatham wird an einem neuen Kriegsschiffe, dem „Euryalus“, gebaut. Dasselbe soll eine größere Schnelligkeit, als irgend ein anderes Schiff der Königlichen Marine erhalten. Eine Depesche der „Times“ aus Ealcutta vom 5 November meldet: Die Nachrichten aus Bombay lauten etwas, beruhigender. Es scheint, die Hungersnoth wird sich nicht sehr weit verbreiten. Der Vize⸗-König wird in Ta cgb abad mit dem Kh an von Khelat zusammentreffen. Die Regierung ist entschlossen, der Anarchie in Khelat ein Halt zu setzen.

Frankreich. Paris, 6. November. Bei den heutigen Bureauwahlen des Senates setzte die Rechte 5 Praͤfi⸗ denten und 3 Sekretäre, die Linke 5 Präsidenten und 86 Se— kretäre durch. In seiner öffentlichen Sitzung beschäftigte sich der Senat heute mit der Vorlage über die Ver wa tung der Armee. Als erster Redner war der Präsident Herzog d Audiffret Pasquier eingeschrieben, welcher mit Nach⸗ druch, für den Gesetzentwurf eintrat, indem er, nach der „Köln. Ztg.“ erklärte: „Ich wünsche, daß man entschlossene Reformen in der Armee einführe!“ und mit den Worten schloß: „Preu⸗ ßen hat sich wiedererhoben, weil es Muth hatte. Nein, unser Land ist nicht ausgeartet. Wollte Gott, daß unsere Kinder sich vie die Soldaten von Gravelotte und Saint Privat fchlagen« Aber es gilt nicht die Menschen zu bekämpfen, sonbern? die schlechten Einrichtungen. Die parlamentarische Gewalt thut dies seit fünf, Jahren und die Armee ist ihr dankbar dafür. Es besteht kein Widerstreit zwischen der Armee und der par— lamentarischen Gewalt. Harren Sie aus in Ihrem Werke, und

Landes hervorgebracht hat.“ Beifall aufgenommen. gann heute die Verhandlungen über das Marineb udget Bethmond sprach von dem Ruhme der franzöfischen Flotte und von den Diensten, die sie 1870 geleistet habe k = . D. 4 .

Duval, der Berichterstatter hob hervor, daß die Hülfsquellen der Marine ungenügend und eine bessere Vertheilung der ver— fügbaren Gelder nöthig sei; zugleich verlangte er aber auch Beibehaltung der Flottengeistlichen. Say warnte vor den Folgen, halte, als es sei; das System, das Frankreichs Hülfsquellen für unerschöpflich gehalten, habe dem Lande schwere Einbußen gebracht. Wenn das Budget jetzt Ueber— schüsse habe, so sei dies Folge der zu niedrigen Voranschläge; wenn diese richtiger gemacht werden, so sei nur auf eine Mehreinnahme von 2 bis 3 Prozent zu rechnen: Ueberschüsse, die der Flotte zu Gute kommen könnten seien augenblicklich nicht vorhanden. Bethmond suchte als Bericht⸗

Die Rede wurde mit lebhaftem

e, dabei sprach er sich gegen die Beseitigung der großen Panzer chiffe und für Beibehaltung der Flottengeistlichen aus. Die allgemeine Berathung war in der heutigen Sitzung ge— schlossen. Der Gesetzentwurf der Regierung! fordert obgleich die Gehälter für die Geistlichen des Landheeres ge' strichen worden, die Summe von 374,009 Frs. für fünfzig Marinegeistliche, der Ausschuß will diese auf 111,000 Frs. für vierundzwanzig, wovon sechszehn an Bord sein sollen, herab⸗ mindern. Vorgestern hat man in den Bureaus der Deputirten⸗ kammer die Akten über die letzten Nachwahlen vertheilt. 68 sind deren acht. Die Wahlen der Herren Huon, Ferrary, Petitbien, Bertrand-⸗Milcent und Chandeau werden, wie der orrespondent der „Köln. Ztg.“ meint, keinen erheblichen Widerspruch finden, aber nicht so leicht wird die des Grafen de Mun, der zu Pontivy wiedergewählt wurde, und der Bona— partisten Peyrusse und Tron gutgeheißen werden, die im Gers und in der Ober⸗Garonne wiedergewählt sind. In Mar⸗ seille ging bei den Gemeinderathswahlen Tie ganze radikale Liste durch.

D GFr. Korr.) Die Regierung hat ihre Militär— attachés in Konstantinopek und Rom, v. Torch und Lemoine, beauftragt, im Verein mit den militärischen Ver⸗ tretern der anderen. Mächte bei der Absteckung der Demar— kationslinie zwischen der türkischen und serbischen resp. zwischen der türkischen und montenegrinischen Armee mitzu— wirken. Wie der „Moniteur universel“ vernimmt, wird schon demnächst von der äußersten Linken des Abgeord⸗ netenhauses ein neuer, bereits mit mehr als hundert Ünter— schriften bedeckter Antrag auf eine partielle Amnestie eingebracht werden. Herr Thiers gedenkt noch bis zum 20. November in Cannes zu verweilen. ; Ver sailles, 7. November. (W. T. B.) Der Senat fuhr heute in der Berathung des Militärverwaltungs— gesetzes fort. Im Laufe der Debatte erklärte der Kriegs— Minister, daß er mit der Unterordnung der Intendantur und des Verwaltungsdienstes unter das Oberkommando einverstan— den sei. Die Diskussion wird Donnerstag fortgesetzt werden. e . der Finanzkommission des Senates wurde Seitens des Ministeriums, unter Anerkennung des gleich⸗ mäßigen Budgetrechtes der beiden parlamentarischen Vertre— tungs körper, die Wiederherstellung verschiedener von der Deputirtenkammer im Budget des öffentlichen Unter— vichts gestrichener Positionen beantragt, insbesondere des Xostens für, die theologische Fakultät in Rouen. Die De pu tirtenkammer setzte in ihrer heutigen Sitzung die Berathung über das Marinebudget fort, wobei die Reduhtion der Gehälter für die Marine-Almofeniere beschlossen wurde.

Spanien. Madrid, 31. Oktober. Der Gro ßherzog von Sachsen-Weimar hat sich der besten Aufnahme Seitens des Königlichen Hoses zu erfreuen gehabt. Wie der „Köln. Ztg.“ geschrieben wird, wohnten am verflossenen Sonntag der König und der Großherzog mit seiner Tochter dem Apartado, d. h. dem Einbringen der Stiere in die ihnen be— stimmten Ställe, und darauf dem Stiergefecht bei. Des Abends war Familientafel im Königlichen Schlosse, wozu auch der deutsche Gesandte, Graf Hatzfeldt, geladen war. Die Nachrichten aus den baskischen Provinzen sind demselben Blatte zufolge beunruhigend. Es gähre dort in bedenk— licher Weise und es seien sozar Anzeichen einer bevorstehenden Erhebung vorhanden. Dem von der hiesigen Regierung nach Big eaa gesandten Gouverneur stellte die dortige Junta das Ansinnen, einen Eid auf die Fueros zu leisten; derselbe weigerte sich und mußte daher unter dem Protest diefer Körperschaft von seinem Amte Besitz nehmen. Der Befehls— haber der Besatzungsarmee, General Quesada, ist hierher beordert worden und bereits eingetroffen.

Italien. Rom, 8. Norember. (W. T. B) Das Ergebniß der Wahlen stellt sich jetzt folgendermaßen: Definitiv gewählt sind 269 Kandidaten der Fortschrittspartei und 56 Kandidaten der gemäßigten Partei. Eine engere Wahl findet in unge⸗ fähr 165 Wahlkollegien statt. In 120 derfelben hat die Fort— schrittspartei, in den übrigen 45 die gemäßigte Partei die Majorität.

(Post) In dem am 6.8. Mts. nach längerer Krankheit verstorbenen Staats⸗Sekretär, Kar din al 'ntonelli, hat die Kurie ihren einflußreichsten Staatsmann, der Papst seinen langjährigen, vertrauten Rathgeber verloren. Geboren am 2. April 1896 zu Sonnino, kam er früh nach Rom und trat in das große Seminar ein, wo er sich durch seine geistige Begabung in dem Grade hervorthat, daß Papst Gregor . nachdem er die Priesterweihe empfangen, ihn zur staatsmänni⸗ schen Laufhahn bestimmte. Als der Papst Pius IX. den päpstlichen Stuhl bestieg, begünstigte Antonelli ö . die liberale Strömung und gewann sehr bald das unbeschränkte. Vertrauen des neuen Pap— stes. 184, zur Kardinalswürde erhoben, nahm er an den verschiedenen liberalen Reform⸗Ministerien in der ersten Regierungszeit Papst Pius 1X. Theil, trat aber bereits im Laufe des Jahres 1848 den Rückzug aus einer Stellung an, die seinen Neigungen und Grundsätzen sehr wenig entsprach. Er hörte indessen auch damals nicht auf, im Geheimen der Berather des Papstes zu sein. Als Papst Pius X. durch seine Flucht nach Gaeta offen mit den Liberalen gebrochen hatte, übernahm Antonelli mit der Ernennung zum Staats— Sekretär die Leitung der römischen Politik nach Innen und nach Außen. In dieser Stellung war sein Einfluß auf die

wenn schlimme Zeiten kommen, wird sich zeigen, was dieses

Regierung und Verwaltung Anfangs um so durch⸗

glückliche Einvernehmen zwischen allen lebendigen Kräften des

Die Deputirtenkammer be⸗

Raoul

Der Finanz⸗Minister wenn ein Volk sich für reicher

erstatter einige Hülfsquellen in einer besseren Verwendung der

greifender, je T

* mehr Papst Pius IX. seine Thätigkeit auf seine iese S

geistlichen Funktionen beschränkte. D Seite der Thãtigkeit Papst Pius IX. gewann aber an ——— g dem Maß, als der weltliche Besitz des Papstthums beschränlt wurde. Die weltumfassenden Entwürfe der Kurie, auf welche die Jesuitenpartei einen stets sich steigernden Einfluß gewann traten mit dem Verfalle der weltlichen Macht immer schärser hervor, und nahmen im Syllabus und in den Konzils beschlüssen einen, das moderne Staatswesen direkt bedrohen⸗ den Charakter an. Wie weit für diese übergreifenden Ten— denzen Kardinal Antonelli verantwortlich ist, läßt sich gegen— wärtig noch nicht ermitteln. Daß er das rücksichtslose Vor— gehen der Jesuitenpartei, mochte er auch vielleicht mit ihren Zielen einverstanden sein, nicht durchweg billigte, scheint festzustehen. . ; Griechenland. Athen, 28. Oktober. Allg. Ztg.) parlamentarische Thätigkeit der Kammer bol! während Verlaufs der ganzen Woche wenig bemerkenswerthes. Erklärung des Minister-Präsidenten: es werde das Ministerium demnächst über sein Thun und Lassen Rechen— schaft geben, hat überall beruhigend und vertrauenerweckend gewirkt. Inzwischen ist auch die provisorische Wehr 1 veröffentlicht worden. Hiernach kann Griechen— k Fannwehr und, Bürgerwehren eing sen. In den vom Ministerium gegebenen Erläuterungen zur hezüglichen Gesetz⸗ vorlage wird erwähnt, daß im Nothfall die Truppenzahl eine höhere Ziffer erreichen könne. Die Regierung hat seit Mo— naten alle Vorbereitungen zur Organisirung einer starken Truppenmacht getroffen. An tüchtigen Unteroffizieren ift kein Mangel. Der Kostenaufwand wirs auf etwa 20 Mill. Fr. veranschlagt. Täglich erneuern sich nah und fern die natio— nalen Kundgebungen, welche durchgängig in dem Wunsche gipfeln: man möge die Wehrkraft des Landes zur schnellsten und umfassendsten Entfaltung bringen. Der Kaiser von Brasilien hat einen Ausflug in das Innere Griechenlands gemacht, um die denkwü digen Ruhmesstätten von Alt-Hellas in Augenschein zu nehmen. ö 73. November. (W. T. B.) Der König und die Königliche Familie sind heute hier wieder eingetroffen.

Türkei. Ueber die orientalischen Angelegenheiten liegen heute folgende Nachrichten vor; ö

Wien, 7. November. (W. T. B.) Die Meldung eines hiesigen Blattes, wonach das Wiener Kabinet die Pforte zu der Annahme des Waffenstillstandes beglückw ünscht hätte enthehrt, wie von unterrichteter Seite versichert wird der Begründung.

(W. T.. B.) Wie der „Politischen aus Konstantinopel. vom heutigen Tage gemeldet wird haben die dort akkreditirten Botschafter gestern die Instruk⸗ tionen für die zu Kommissären für die Feststel lung der Demarkationsl' inie designirten Offiziere, welche heute nach dem Kriegsschauplatze abgehen, vereinbart. In der That— sache dieser Vereinbarung liege, wie der Meldung hinzugefügt wird, die sicherste Gewähr dafür, daß die Demarkationsfrage keine weitere Schwierigkeit finden werde. Was den Ort für 3. ö . genommene Kon ferenz betreffe, so scheinen Rußland und die Türkei größeres Gewicht darauf zu legen, die Friedensfrage nicht von einer Konferenz der Botschafter in Konstantinopel verhandelt zu sehen, während die anderen Großmächte geneigt scheinen, für Konstantinopel als den eventuellen. Ort für die Konferenz einzutreten.

Bre, ce lz 7. November. (8, T. B.) Das Journal „Le Nord“ führt aus, daß das russische Ultimatum keines— wegs eine Verletzung des zwischen den drei Kaifer— reichen bestehenden Einvernehmens gewesen sei. Erst, die. Fortsetzung, der Feindseligkeiten nach dem Beginn des Waffenstillstandes könnte eine Meinungs—⸗ verschiedenheit herbeiführen, deren Beilegung aber nach Ansicht des „Nord“ unzweifelhaft sei. Der Mord giebt ferner der Hoffnung Ausdruck, daß die Mächte eine Verwüstung der von den Türken okkupirten serbi⸗ schen Distrikte hindern würden. Dasselbe Blatt er— wähnt die von der „Morning-Post“ gemeldete Nachricht, nach welcher England verlangt habe, die an einer eventuellen Kon‘ ferenz theilnehmenden Mächte sollten sich verpflichten, keine Gebietsvergrößerung, anzustreben, und hebt hierbei hervor, eine derartige Vorsicht sei unnöthig, da zwischen den Mächten kein Mißtrauen bestehe. Der „Nord“ hält endlich die von Paris aus gemeldete Nachricht von direkten Pourparlers zwi— schen Rußland und der Türkei für unwa hrscheinlich.

London, 8. November. (W. T. B.) Wie der „Standard“ von anscheinend autorisirter Seite meldet, wären Lord Elliot in Konstantinopel und der Marquis von Salisbury aus— ersehen, England bei der projektirten Konferenz über die Orientfrage zu vertreten.

(W. T. B.) Sämmtliche Morgenblätter melden über— einstimmend, daß der Marquis von Salisbury zum Spe— zialbevollmächtigten Englands bei der Orientkon— ferenz ernannt worden sei. Belgrad, 7. November. (W. T. B.) General Tscher— najeff ist hier angekommen und auf dem Landungsplatze von einem Fürstlichen Adjutanten sowie einer Abtheilung Leibgardisten empfangen worden. Wien, 8. November. (W. T. B.) General Tscherna— jeff wird sich, wie das „Tageblatt“ aus Belgrad erfährt demnächst nach Rußland zurückbegeben. An seiner Stelle hat Horvatovic den Oberbefehl übernommen. Die ser⸗ bische Armee hat Kantonnements bezogen. Zara, 7. November. (W. T. B.) Gestern hat eine Abtheilung Baschibozuks die Grenze überschritten und ein Haus in Brand gesteckt. Dieselben wurden indessen durch lebhaftes Feuer wieder vertrieben. Eine öster— reichische Karavane ist auf türkischem Gebiete von den Anurgenten angefallen und beraubt worden, wobei ein Dalmatiner erschossen wurde.

Anterika. Am 7., als dem Tage nach dem ersten Mon—

Korrespondenz“

tage des November, fanden, wie das Gefetz vom 23. Januar 164 vorschreibt, in den Vereinigten Staaten von Nordamerika die Wa hlen der 369 Delegirten statt, welche laut Gesetz vom Jahre 1792 am ersten Mittwoch des darauf folgenden Dezembers d. i. 6. Dezember für die Dauer von vier Jahren vom 4. März des nächsten Jahres ab gerechnet das Oberhaupt der Republik und dessen Stellvertreter zu wählen haben. Ueber die Wahl männerwahlen liegen folgende De— peschen vor: Ren horn, (W.

November, Abends.