1876 / 266 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Nov 1876 18:00:01 GMT) scan diff

unahme von 1,503,000 6 konstatiren; der Notenumlauf in

öhe von 957,576, h0 M hat sich um g, 191 990 6 der Vor⸗ woche gegenüber vermehrt; während die täglich fälligen Ver⸗ bindlichkeiten im Betrage von 189,046,009 S eine Abnahme von 4776, 000 M nachweisen und die an eine Kündigungsfrist gebunbenen Verbindlichkeiteen im. Gesammtbetrage von i33, 685, 000 M sich um 3,481, 000 Mt vermehrt haben. .

Se. Majestät der Kaiser, haben mittelst pr.

* ster Srdre vom 30. Oktober genehmigt, daß die . ende Befstimmung im Absatz 2 des 5. 13 des Statuts der Kaiser Wilhelm-Stiftung für die e, , der Segen Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung, wonach die zu Stipendien zu verwendenden tiftungseinkunfte jäühr⸗ lich den Gesammtbetrag von 2400 nicht übersteigen dür⸗ fen, in Wegfall kommt.

Nach den 6 die Behandlung von Gnad . suchen erlassenen Bestimmungen sind die . en verpflichtet, auf Antrag der 1 die Voll⸗ streckung gerichtlich erkannter Strafen in Steuer⸗ kontraventionsfällen zu sistiren. Es ist nun wieder—⸗

olt vorgekommen, daß bei Mittheilungen der Verwaltungs⸗ ehörden über Gnadengesuche in solchen Fällen die Gerichte nicht ausdrücklich um Sistirung der Strafvollstreckung ersucht worden sind und letztere in der Mittheilung über die Ein⸗ reichung eines Gnadengesuches keinen ausreichenden Grund erblickten, die Strafvollstreckung auszusetzen, während andere Gerichte keinen Anstand genommen haben, auf die bloße Mit⸗ theilung . daß ein Güadengesuch eingereicht worden, der Strafvollstreckung Anstand zu geben. Im Interesse eines gleichmäßigen Verfahrens hat der Finanz⸗Minister die Bezirks⸗ regierungen veranlaßt, in Fällen, in welchen ihr ein an des Kaisers und Königs Masestät gerichtetes Gesuch wegen Er⸗ g cf oder Ermäßigung der wegen eines Steuervergehens ge⸗ richtlich erkannten und rechtskräftig feststehenden Strafe zum Bericht unter Vorlegung der gerichtlichen Alten zugefertigt wird, die betreffende , , ausdrücklich zu ersuchen, von der Vollstreckung der Strafe bis nach erfolgter Entschei⸗ dung über das Gnabengesuch Abstand zu nehmen.

Ver sammlungen, welche die Religions ausübun um Gegenstande haben, unterliegen, nach einem Erkenntni kn Ober-Tribunals vom 15. September d. J., den 85. ] und 2 des Vereinsgesetzes vom 11. März 1859 und es ist demzufolge vorher von dem . der Versamm⸗ lungen der Ortspolizeibehörde Anzeige zu machen. Nur bei Versammlungen von Mitgliedern eines kirchlichen und religiösen Vereins, welcher Kor porationsrechte besitzt, hat der annehme, polizeiliche Anzeige nicht zu erstatten.

Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte, Herzoglich sachsen⸗coburg⸗gothaische Staats⸗Minister Freiherr von See⸗ bach, ist von Berlin wieder abgereist.

Amtlichen Nachrichten zufolge ist S. M. S. „Vineta“, von Nagasaki kommend, am 3. September d. J. in Hiogo⸗ Dfaka eingetroffen und am 11. dess. Ms. nach Yokohama wei ter gereist.

Merseburg, 9. November. In der heutigen 5 des Provinziat-Landtages bildete den ersten Gegenstan der Tagesordnung die Wahl der zur Mitwirkung bei den Ge⸗ schäften der Rentenbank gemäß 5. 5 des Rentenbankgesetzes

vom 2. März 1850 berufenen Vertreter der Provinziglvermal⸗ tung. Die Wieverwaähl Fer bisherigen Vertreter wurde vorge⸗

schlagen und angenommen. Der näͤchste Gegenstand der Tageg⸗ ordnung betraf die erste Berathung der Ordnung über die dienstlichen Verhältnisse der Beamten des Provinzialverbandes der Provinz Sachsen. Die Vorschläge des, Ausschusses wurden fast ausnahmslos angenommen. Weiterhin heschäftigte sich der Landtag mit dem von dem Provinzia ausschuß vor⸗ gelegten Entwurf für die Wegebauverwaltung der Pro⸗ vinz Sachsen. Die Centralisationsfrage gab zu einer leb⸗ haften Diskussion Veranlassung.

Bayern. München, 7. November. Das Verhalten des päpstlichen Nuntius y, ,. in der Bischofsange⸗ legenheit ist von einigen liberalen Blättern besprochen und kritisirt worden. 3. Bianchi hat, der „Allg. Itg.“ zufolge, sich dadurch veranlaßt gesehen, sich über die Haltung der Presse zu beschweren. Die aus dem „Straub. Tagbl.“ in viele Zeitungen übergegangene Nachricht, daß B. Ambrosius von seinem Ordensgeneral die Erlaubniß zur Annahme seiner Er⸗ nennung zum Bischof von Speyer, die er selbst bereits ange⸗ nommen hatte, nicht erhalten habe, wird vom „Vaterland“ als eine unrichtige erklärt, und beigefügt: „P. Ambrosius bedarf, um eine höhere kirchliche Würde annehmen zu können, nach den Regeln . Ordens einer päpstlichen Dispension von seinem bezüglichen Gelübde, welche rechtzeitig nachzusuchen irrthümlich übersehen wurde. P. Ambrosius hat den allein korrekten Weg eingeschlagen: die Entscheidung in seiner Sache ruhig dem Urtheil des hl. Vaters zu überlassen und die be⸗ züglichen Schritte auch hereits gethan.“ é 9. November. (W. T. B.) Nach hier vorliegenden Nachrichten . bei der durch die erfolgte Kassation der De⸗ putirtenwahl stattgehabten anderweiten Wahlmännerwahl in Würzburg die liberale Partei den Sieg davongetragen. In 14 von 18 Wahlbezirken sind liberale, in nur 4 Wahl⸗ bezirken ultramontane Wahlmänner gewählt. Aus Schwein⸗ furt, wo gleichfalls eine neue Wahl männerwahl behufs Vor⸗ nahnie der anderweiten Deputirtenwahl stattfand, wird ge⸗ meldet, daß der Sieg der Liberalen gesichert sei.

Sachsen. Dresden, 9. November. (Dr. J.) Der Prinz Gustav von Wassa ist gestern Abend von Darm— stadt hier eingetroffen und in der Königlichen Villa zu Streh⸗ len abgestiegen. Der Erzherzog Ludwig Victor ist gestern Vormi tag nach Salzburg Das „Dresdner Journal“ publizirt eine Verordnung des Ministers des Innern, welche den Gemeindebehörden bekannt giebt, daß die Neu⸗ wahlen für den Reichstag unmittelbar nach Ablauf der e n Legislaturperiode stattfinden sollen. Die Auf⸗ tellung der Wahllisten 9. derart zu beschleunigen, daß deren Auslegung in der ersten Woche des Dezemher erfolgen kann. In der ern Sitzung der evangelisch-lutherischen andes synode fand die zweite Berathung des Entwurfes eines Kirchengesetzes, betreffend die Fixation der Accidenzien und Stolgebühren der a h l , e gen Geistlichen und Kirchendiener, statt. Dieselbe ergab die einstimmige An⸗ nahme der Vorlage nach den ö der ersten Lesung, jedoch unter Streichung der auf Antrag des Verfassungs⸗ ausschusses beschlossenen Zusatzes zu 8. 3, Wegegebühren und Entschädigungen für Fortkommen betreffend, und des 8. 6,

welcher die Fixation derjenigen Geistlichen rf die nach⸗ weislich höhere Einnahmen gehabt haben, als die herkömm⸗ lichen oder matrikelmäßigen Gebührensätze ergeben. Das Kirchenregiment stimmt beiden Streichungen zu.

Sessen. Darmstadt, 7. November. In Folge eines Antrags der Abgg. Hirschhorn und Genossen auf ku dhr bung der sogenannten weinkäuflichen Kopulation bei

Ro- verlöbnissen legte, wie das „Frkf. J.“ ö das Justiz⸗

Jeahsterium den Ständen einen Gesetzentwurf mit fol ; Inhalte vor: I) die Rechtsgültigkeit eines Verlöbnisses ist don der Beobachtung einer Formvarschrift nicht abhängig; 2) das Verlöͤhniß erfordert, zu seiner Gültigkeit, da diejenigen Personen. einwilligen, deren Einwilligung es ur Eheschließung bedarf; 3) nur Diejenigen konnen a gültig miteinander verloben, deren Eheschließung nach 5. 33 Pos. 1—4 und 5. 34 des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1876 nicht verboten ist; 4 aus einem Verlöb⸗ if kann nicht auf Lin gehung, der Ehe geklagt werden. Die bestehenden nn,. über die vermögensrechtlichen Folgen des Bruchs eines Verlöbnisses bleiben unberührt. Der be— richtende Ausschuß der Zweiten Kammer erklärte sich für diesen Entwurf, indem er im Hinblick auf das in Vorbereitung be⸗ sriffen⸗ allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, um das Zustande⸗ ommen des obigen, sehr fe en , . nicht zu schädi⸗ en, von einem in Vorschlag gebrachten eschränkenden Zusatze bstand nahm.

mit ö

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 8. November. Die „Presse“ schreibt: Seit dem Wiederzusammentritte des Reichs⸗ raths ist im Abgeordnetenhau se eine Agitation im Zuge, deren Tendenz dahin geht, neben den bereits bestehenden ver⸗ fassungstreuen Klubs eine neue Vereinigung der Abgeord⸗ neten herbeizuführen. Die neue Gruppe 9 alle jene Depu⸗ tirte umfassen, welche den Ausgleich mit . auf der abgeschlossenen Basis anfechten und gegen den elben votiren wollen. Um die Voraussetzung, als ob es sich um besondere Zwecke handle, abzuschwächen, wird versichert, daß nicht an Bildung einer speziellen Parteifraktion gedacht, sondern nur eine eee. Vereinbarung ad hoc“ ins Auge gefaßt werde, ähnlich jener, die bereits einmal unter dem Namen „indu⸗ strieller Klub im Abgeordnetenhause ein kurzes Dasein fristete. Der Steuerausschuß beschloß, die Persongl⸗-Ein⸗ kommensteuer fortbergthend, mit 20 gegen ö5 Stimmen, das Prinzip der Progression anzunehmen. .

Krakau, 8. November. Der „Czas“ tadelt die Nicht⸗ betheil igung der Abgeordneten polnischen Stammes an der Drientdebatte; er findet den diesbezüglichen Be⸗ schluß des Polenklubs unbegreiflich. Die Polen hätten im eigenen , und im Interesse der Monarchie an der Debatte Uheilnehmen sollen. Wenn sie Galizien eine Ueber⸗ raschung bereiten wollten, so sei dies Zel erreicht.

Pest, 7. November. Der Minister Graf. Andrassy hat sich gestern von hier auf seine Güter im nördlichen Un⸗ n. begeben. Das Kultus- und Unterrichts⸗Ministerium hat, wie „Ellenör“ meldet, dem Patriarchen Ivackovie, als dem Präfidenten des serbischen Kirchenkongresses, die Mitthei⸗ lung zukommen lassen, daß der Kaiser den in der letzten Session des Kongresses aeceptirten Entwurf betreffs Re⸗

elung der geistlichen Güter nicht sanktionirt habe. Im Ministerimn wird nunäehr ein provisorischss Normatio angefertigt, welches für dig serbischen Kirchen auch in juris⸗ diktioneller Beziehung als Richtschnur dienen soll.

„Die Verhandfungen des Finanzausschusses“, so liest man in einem Bericht der „Pol. Korr.“, „haben die Regierung und die hervorragenderen Abgeordneten in der Ueberzeugung bestärkt, daß je eher und je mehr für die Erhöhung der Steuerfähigkeit des kleinen Mannes gethan werden müsse. In der That ist es auch beschlossene Sache, während der Pausen in den Debatten über das Budget, den Ausgleich und den , , das sogenannte ‚Wuchergesetz“, perfekt werden zu lassen und den bereits fertigen und, der legis⸗ latorischen Verhandlung harrenden gr n, über das Boden⸗ kredit-Institut für Kleingrundbesitzer der Gesetzwerdung zuzuführen. Bézüglich der letztgenannten Vorlage bestanden Differenzen zwischen der Regierung und den zumeist aus Mitgliedern der Legislative be= stehenden Förderern des Organisationsplanes. Die Differenzen sind nunmehr vollständig ausgeglichen und der ursprüngliche Organisations⸗ plan mit einigen von Selte des Finanz⸗Ministeriums bis zuletzt fest⸗ gehaltenen Modifikationen festgestellt.

Gleich nach Eröffnung des Reichstages wird unter Vorsitz des Kardinal-Primas eine Konferenz des ungarischen Episkopats hier stattfinden. Dieselbe gilt der endgültigen Regelung des Ver⸗ hältnisses der katholisch-konfessionellen Volksschulen zu den Re— gierungsorganen, beziehungsweise den bestehenden Gesetzen und Ver= ordnungeu über das Volksschu wesen. Trotz der Klarheit der gesetz⸗ lichen Bestimmungen bestanden zwischen Klerus und Regierung nicht unwesentliche Differenzen, welche auf dem Gebiete der Praxis mitunter zu unliebsamen Auftritten führten. Durch die Feststellungen, welche die gedachte Konferenz auf Grundlage eines vom Kardinal⸗ ö bereits sanktionirten Kommissions⸗Elaborats zu aecceptiren haben wird, werden diese Differenzen für die Zukunft vollständig be⸗ seitigt, indem den Forderungen des Gesetzes sowohl bezüglich der 6 des katholischen Schulwesens, als auch bezüglich der in den atholischen Volksschulen zu verwendenden Schulbücher Rechnung ge⸗ tragen wird. Damit ist der einzige Stein des Anstoßes“, welcher n dem katholischen Klerus und dem Ministerium der aus der Fusion“ hervorgegangenen liberalen Partei hindernd im Wege ge⸗ legen, glücklich k .

Ss. November. Finanz ⸗Minister 51 hat sich, der „Budap. Korr.“ zufolge, nach Wien begeben, um mit

Freiherrn v. Pretis über einige obschwebende Angelegen⸗

heiten zu konferiren. Hermannstadt Sitzung der fachf if

6. November. In der heutigen en Nations⸗-Universität wurde das vom sächsischen Volksparteiklub acceptirte Operat der Kommissionsniajorität in Verhandlung genommen, Da das Operat sich in Rekriminationen gegen die ungarische Gesetz⸗ . und Regierung ergeht, untersagte der Vorsitzende omes Wächter die Berathung über dasselbe und schränkte die Verhandlung lediglich auf die, der Untversität durch das Gesetz präzis vorgesetzte Aufgabe ein mit Ausschluß jeder Diskussion, welche aus dem Rahmen bieser Aufgabe hinaus⸗ greifen will. Gegen dieses Verbot brachten 25 Abgeordnete eine Verwahrung ein, een welche die Mindrität ihrerseits eine Gegenerklärung anmeldete. Die rumänischen Abgeordne⸗ ten verhielten sich ablehnend gegen die im Operat niedergeleg⸗ ten politischen Anschauungen.

Schweiz. Bern, 8. November. (N. Zürch. 6) Der Bundesrath hat das Dekret der Tessiner Re⸗ gierung vom 26. Oktober, betreffend die Anordnung der Großrathswahlen, als mit den Grundsätzen der Bundes⸗ und der Tessiner⸗ in. im Widerspruche 45 aufgehoben und hält demgemäß an seiner unterm 17. Juni kundgegebenen

Ansicht fest, daß das großräthliche Dekret vom 5. Mai in Ab ö. an linge, ei. —Im Kanton Tessin blieben Ruhe und Srbnung auch seither un gestört; eine im „Tempo“ von 290 Einwohnern von Stabio unterzeichnete Darstellung der . vom 15. v. M. läßt, nach der u . den letzten Zweifel an dem ultramontanen Ursprung derselben schwinden. Unter den Unterzeichnern dieser Darstellung be⸗ finden sich, demselben Blatte zufolge, sogar Ultramontangesinnte, was ihr um so mehr den Charakter der Unparteilichkeit giebt.

Großbritannien und Irland. Lon do n. 8. November. In einem die auswärtige Politik Deutschlands be⸗ , Artikel des „Daily Telegraph“ heißt es am Schlusse: „Die Aeußerungen des Herrn von Bülow sollten jeden Argwohn verscheuchen, der auf dem Festlande bezüglich angeblicher versteckter unfreundlicher Absichten Deutschlands egen irgend eine Macht noch immer existiren mag. Nichts ann emphatischer oder freimüthiger sein, als die, die Gründe deutscher Aktion andeutenden Erklärungen des Ministers: Frieden als ein beständiges Ziel, Krieg nur, wenn, wie wir folgern mögen, die nationalen Interessen . sind. Von keinem Staate könnte selbst in Zeiten der Ruhe er⸗ wartet werden, daß er mehr sage“.

(Engl. Korr.) Bei der Konferenz über die ö Tag werden Sir Henry Elliot und der Marquis of Salisbury die Bevollmächtigten Groß⸗ britanniens sein. Die Einnahmen des vereinigten Königreichs vom 1. April 1875 bis zum 4. November be⸗ trugen 42,212,052 Pfd. Sterl. (18765: ,o, 920); die Aus⸗ gaben: 46,999,801 Pfd. Serl. (1876 ö Bilanz am 4. November: 1,300,633 Pfd. Sterl. (an demselben Tage im Jahre 1875: 1,654,183 Pfd. Sterl.).

Frankreich. Pari s, 8. Nonember. Der „Korr. Havas“ wurde aus Verfailles heute mitgetheilt, „ein Schreiben des Fi⸗ nanz⸗Ministers an den Vorsitzenden des inn m . e⸗ stätige die Absicht der Regierung, die von der Deputirtenkammer

kr ic gen, Kredite durch den Senatchersteklen zu a

en.“ Hierzu bemerkt der Moniteur“:; „Es scheint uns trotzdbem schwer, nicht eine gewisse Verschiedenheit zu Gunsten der Deputirten schon deshalb anzunehmen, weil die Regierung durch die Verfassung genbthigt ist, das Budget erst dann dem Senate vorzulegen, wenn die Deputirtenkammer, darüber ab⸗ gestimmt hat.“ Die „Union“ meint, die Lücke in der Gesetz⸗ ebung sel handgreislich, aber sie werde nicht ohne eine Ver⸗ . srevision auszufüllen sein, wenn man es nicht etwa vorziehe, die Deputirtenkammer aufzulösen, und setzt hinzu: „Die Gleichheit der Rechte und Vollmachten der zwei Ver⸗ ammlungen ist außer hen Der Senat wird folglich die Kredite für die Armeegeistlichen ee aber die Deputirten⸗ kammer nicht zwingen können, diese herstellungen anzunehmen.“ Der Marine⸗Minister erklärte bei der Dis⸗ kussion über die Marine⸗Geistlichen und heute im Budgetausschuß, daß er die Wiederherstel lungen des Kredits für die Geistlichen der Marine-Arsenale, welche die Kammer gestern strich, verlangen werde. Was die Frage betreffs der Armeegeistlichen anbelangt, so bestätigt es sich, daß die Regierung von dem Senat verlangen will, daß er die Kredite für dieselben wieder herstelle.

Man liest in der „Patrie“: „Der Aviso „Petrel“ welcher

ir v. Bourgoing an Bord hat, wird gegen Ende der oche in Toulon erwartet. Es hanbelt 3 für den fran⸗ zösischen e , in Konstantinopel nicht um einen Er⸗ holungsurlaub, sondern der Botschafter ist vom Herzog Decazes nach Paris berufen worden, um dem Minister des Auswär⸗ tigen über die orientalis n , zu berichten und dessen . mit sich zurückzunehmen. Fürst Or⸗ ow hatte am Montag eine Zusammenkunft mit dem Herzog Deca zes. Der Präͤsident der rumänischen Kam⸗ mer, ö der Paris in den nächsten Tagen verläßt, wurde gestern von dem Marschall-⸗Präsidenten empfangen. Laissaut wird, wie man der „Köln. Ztg.“ schreibt, am d I2. Dezember den Gesetzentwurf, der die Einrichtung der Ein⸗ jährig-⸗Freiwilligen aufhebt und die Militärdienstzeit von 5 auf 3 Jahre herabsetzt, wie der einbringen. Im Juni wurde dieser Entwurf von der Kammer verworfen. Im Generalrathe des Seinedepartements haben gestern Hr. Louis Asseline und 5l andere Mitglieder fölgen⸗ den Wunsch eingebracht: „Der Generalrath, von der . t

ausgehend, daß er damit im Sinne des 9 von seinen Wäh⸗ h

lern arg n Mandats handelt und auch die Grenzen seiner Befugni p nicht überschreitet, da er sich nur mit dem vom industriellen, wie vom moralischen Standpunke dringendsten aller Interessen des Departements beschäftigt, äußert den Wunsch, daß eine im Wege der Gesetzgebung verfügte allge⸗ meine Amnestie die letzten Spuren des Bürgerkrieges im Seinedepartement entferne.“ Der Antrag des Seineprüäfekten Duval, diese Vorlage im Hinblicke auf ihren eminent politi⸗ schen Charakter durch Stellung der 6 zu beseitigen wurde abgelehnt und die Vorlage an den Wunschausschu

verwiesen. Der Bischof von Le Mans hat mit einigen Hundert seiner Diözesanen eine Wallfahrt nach Rom angetreten.

Versailles, 9. November. (W. T. B.) Der Senat hat heute das Gesetz, betreffend die Armeeverwaltung, in erster Lesung angenommen. Die Deputirtenkammer ge⸗ nehmigte das vorgelegte Ma rinebudget. Die Majorität der Senat skommifsion, die mit der Vorberathung des von der Deputirtenkammer beschlossenen Gesetzentwurfs, betreffend die Einstellung der gerichtlichen Verfolgung gegen die am Communeaufstand Betheiligten beauftragt ist, hat sich für Ablehnung des Gesetzentwurfs ausgesprochen.

Italien. Rom, 8 November. Der König hat folgen⸗ des Sekret erlassen: Der Kriegs-Minister kann, wenn er es für passend erachtet, durch n dem Heere die Be⸗ weggründe mittheilen, warum ein Offizier vom ienst suspen⸗ dirk oder sonst in eine . Disziplinarstrafe genommen wurde. Diese Tagesbefehle werden von den Offizieren ver⸗ lesen werden, die einen höheren oder den gleichen Rang haben, als die Bestraften. Die Zeitungen von Vene⸗ dig melden, daß der Vize⸗Admiral Cacacce, der ver⸗ . worden war, a unschuldig erklärt worden ist.

an hatte ihn angeklagt, den Kassirer des Arsenals geheim unterrichtet zu haben, daß ihm eine Kassenrevision bevor⸗ stehe; der Kassirer floh, da er die Kasse in Unord⸗ nung wußte. Die üÜüntersuchung ergab, daß der Kas⸗ sirer von einer andern Seite her gewarnt worden war, Man kennt bis jetzt die Ergebnisse von 4184 Wahlkreisen, wovon 316 definitiv ihren Vertreter erwählt und 168 zu einer engeren Wahl zu schreiten haben. Von

den gewählten Abgeordneten gehören, wie die „Ital. Nachr.“ melden, 251 der Fortschrittspartei und 35 der gemäßigten Partei an. Wenn man die relativen Mehrheiten in den Wahlkreisen, die eine Stichwahl vornehmen müssen, im Auge behält, so kann man die Stärke der gemäßigten Partei auf etwa 100, die der Fortschrittspartei auf etwa 409 berechnen. Hr. Biancheri, der frühere Kammerpräsident, ist im ersten Linie, zu San Rems gewählt worden, Hr. Lanza ist in Turin mit einer Minderheit von wenigen Stimmen in Ballo⸗ tage mit einem rogressisten. Hr. Crispi, das Haupt der ö n Mehrheit und der frühere Minister Chiaves

ind gewählt, hingegen ist der frühere Minister Pisanelli in einen zwei Wahlkreisen durchgefallen.

Türkei. Konstantinopel. Ein dem „Wortlaute des authentischen Textes sehr nahe kommender Auszug“ aus dem vom General Ignatieff an den türkischen Minister des Aeußern Sayfet Pascha gerichteten Ultimatum lautet nach der „Pol. Korr.“:

Bie Ereignisse, welche seit einem Jahre in einigen Provinzen des dftomanischen Reiches sich zutragen und welche zum Kriege zwischen der Türkei und den Fürstenthümern Serbien und Monte⸗ negro geführt haben, konnten, nachdem dieselben bei der durch viel⸗ fache Bande und hundertjährige Traditionen mit der christ⸗ lichen Bevölkerung der Balkan⸗Halbinsel verbundenen russischen Nation ein 6 . Echo gefunden haben, das Kaiserliche Kabinet nicht gleichgültig lassen. Se. Majestät. der Kaiser hat die Sympa—⸗ thöien seines Volkes getheilt und hat sich in Uebercinstimmun mit Den anderen großen Kabineten für die Wiederherstellung der Ord⸗ nung und des Friedens verwendet. Da die Garantiemächte überein⸗ gekommen sind, als Grundlage der Paecifikation die Aufrechthaltung bes status quo ante in den Fürstenthümern Serbien und Montenegro aufzustellen, so begründen die von den türkischen Truppen gegenwärtig dort verfolgten mllitärischen Operationen ein unnützes Blutvergießen.

Nachdem das Gemetzel in, den letzten Tagen Verhältnisse an⸗

enommen, welche, ohne zu irgend welchem , führen zu

önnen, das Humanitätsgefühl verletzen, so kann der Kaiser, mein erlauchter Gebieter, Angesichts der Verzögerung, welche die Verhand⸗ lungen über einen beschränkten Waffenstillstand (armisties restreint) erfahren, dasselbe nicht länger dulden. .

Der Unterzeichnete ist demnach beauftragt, im Namen Sr. Majestãt

zu erklären, daß, wenn in zwei Mal vierundzwanzig Stunden nach Ueber⸗ reichung des gegenwärtigen Schreibens ein effektiver und unbedingter Waffenstillstand von sechs Wochen bis zu zwei Monaten, welcher alle Kämpfenden umfaßt, nicht abgeschlossen ist und den Kom= mandanten der türkischen Truppen nicht peremtorische Weisungen zur unverweilten Einstellung aller militärischen Operationen ertheilt sind, er Konftantinopel mit dem ganzen Personale der Kaiserlichen Bot⸗ schaft werde verlassen müssen.“ 31. Sktober. Man schreibt der „Köln. Ztg.“ Der Appell, welchen die hiesigen Isrgeliten in der versteckten Fin eines in mehreren hiesigen Blättern abgedruckten offenen Briefes an die Regierung aus Anlaß der Nichtberücksichtigung ihrer Konfession bei Gelegenheit der Ernennung des Staats— raths gerichtet hatten, ist nicht ungehört verhallt. Behor Effendi, ein hervorragender hiesiger Jude, ist in diesen Tagen durch Kaiferlichen Erlaß zum lebenslänglichen Mitgliede des Staatsrathes ernannt, worden. Diese Berücksichtigung ihrer Wünsche hat in den isrgelitischen Kreisen hohe Befriedigung erregt und die hiesigen Zeitungen veröffentlichen heute wiederum einen offenen Brief, wie der vorige Un Juif- gezeichnet, welcher diesen Gefühlen begeisterten Ausdruck verleiht.

Wie der „Pol. Korr.“ von hier geschrieben wird, setzt die Pforte ihre Kriegsvorbereitungen eifrig fort. Die Trantzportdampfer des Staates durchfurchen das Meer in allen Richtungen und bringen Kanonen und Munition nach Trape⸗ zunt, Varna, Salonichi, den Dardanellen und verschiedenen anderen Punkten des Reiches. Die Einberufung der Reser⸗ visten aus der sogenannten Kategorie Ihtijat ist durchgeführt. Diese Maßregel liefert ein Kontingent von 100,000 bis 120, 000 Mann.

10. November. (W. T. B.) Die Pforte hat den hiesigen Vertretern der 6 Mächte einen Be⸗ ö chluß notifizirt, nach welchem das Verbot der Ein⸗ fahrt von Schiffen in die Dardanellen und den Bos⸗ porus während der Nacht provisorisch auf die Post⸗ packetboote ausgedehnt wird. Die nunmehr in 126 Artikeln formulirte Berfassung wird demnächst von der Regierung publizirt werden. In der Konferenz⸗ 6 hat die Pforte sich noch nicht ausgesprochen. Die

egierung hat die Errichtung eines allgemeinen statistischen Bureaus beschlossen und den früheren Generalsekretär des St. Petersburger statistischen Kongresses, Puslovski, aufge⸗ , die Organisation und die Leitung desselben zu über— nehmen.

Perg, 9. November. (W. T. B.) Seit Abschluß des Waffenstillstandes wurden sowohl von Rußland im Namen Serbiens und Montenegros, als von Seite der Pforte ver— schiedene Reklamationen bezüglich Verletzungen der Waf⸗ a. he erhoben. Wie nunmehr von kürkischer Seite kon⸗ tatirt wird, lagen denselben theils Mißverständnisse, theils Verspätungen im Zukommen der Befehle zu Grunde, und sind diese Zwischenfälle als beglichen anzusehen. Das türkische Panzergeschwader hat seine Ankerplätze in den Buchten des Bosporus nicht verlasen. In letzter Zeit meh— ren sich die Anmeldungen englischer Offiziere zum Ein⸗ tritt in die türkische Kriegsmarine.

Wien, 9. November. (W. T. B.) Das hiesige Kabinet hat, wie aus Regierungskreisen verlautet, zu dem Konferenz⸗

roöjekte bis jetzt noch nicht Stellung genommen, die Ent⸗ ß darüber dürfte erst nach der morgen erfolgenden Nückkehr des Grafen Andrassy zu erwarten sein.

London, 10. November. (W. T. B.) Auf dem gestern stattgehabten Lordmayors⸗Banket hielt der Premier⸗Minister, Lord Beaconsfield, eine Rede, worin er sagte: Der erste i welchen die Regierung bei ihrer Orientpolitik ver⸗

olge, sei die Erhaltung des europäischen Friedens und als bestes Mittel dazu betrachte sie das strikte Festhalten an den bestehenden Verträgen. Der Pariser Vertrag sei keineswegs ver⸗ altet, denn derselbe sei im Jahre 1871 auf der Basis der Unab⸗ und Integrität der Türkei feierlich erneuert worden.

ährend des vergangenen Jahres hahe dieses Prinzip der Regierung bei der Annahme der Andrassyschen Note und der Verwerfung des Berliner Memorandums sichtlich geleitet. Die Regierung habe auch den ihr gemachten Vorschlag einer Besetzung Bosniens und der Herzegowina durch Oesterreich, Bulgariens durch Rußland verworfen, desgleichen die Pfroposition wegen der Entsendung einer vereini ten europäischen lotte nach Konstantinopel, weil fie in Beidem eine Verletzung der Integrität des osmanischen Reiches erblickte. Als zweiten Zweck der briti⸗ schen Politik bezeichnete der Minister die Verbesserung der Lage der Christen in der Türkei. England sei von den Unter⸗ handlungen zurückgetreten, als verschiedene Mächte den von

der Pforte zugestandenen fünfmonatlichen Waffenstillstand ab⸗ lehnten. Unmittelbar nach dem r , n ö gegen⸗ wärtigen Waffenstillstandes habe England die Initiative zu dem Zusammentritte einer Konferenz ergriffen, an welcher sämmkliche Mächte theilzunehmen versprochen hätten. Alle Staatsmänner seien der Ansicht, daß der auf der Konferenz , ,, Frieden seine beste Garantie in der Aufrechthaltung der bestehenden Verträge finden werde, in Anbetracht dessen, daß die Integrität der Türkei nur er⸗ ielt werden könne, wenn die Bevölkerung unter einer auf ihr Zohl bedachten Regierung lebe. Lord Beaconsfield hofft, daß diese Resultate ohne einen Krieg zu erreichen sind, wenn jedoch ein Krieg entstehen sollte, so werde England durch seine großen . besser als andere Länder dafür vorbereitet sein.

ngland werde nur für die gerechte Sache Krieg führen; wenn derselbe aber einmal ausgebrochen sei, so werde es kämpfen, bis der Gerechtigkeit Genüge geschehen.

Nisch, 6. November. Der „Times“ wird von hier telegraphirt:

Um die Truppen vor den übelen Wirkungen des Winterwetters zu schützen, welches uns so plötzlich überraschte, sind Vorkehrungen getroffen, um so viele Truppen als möglich in den Baracken von Alexinatz und Umgegend unterzubringen. Denjenigen, die im Lager bleiben, sind warme Kleider ausgehändigt worden. Seit gestern ist direkte Vecbindung zwischen Nisch und Alexinatz hergestellt; an letzterem Orte sind zwei Brücken geschlagen worden. In Alexinatz sind bedeutende unterirdische Vorrätbe, besonders Kaffee, Reis und Früchte gefunden worden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, s. Novem⸗ ber, Der Kaiserlich russische Botschafter in Paris. General⸗ Adjutant Fürst Orlow, befindet sich auf dem Wege nach Rußland, und zwar wird derselbe, wie die „Ag. gen. russe“ . mit dem Kaiserlichen Hofe in Moskau zusammen⸗ reffen.

10. November. (W. T. B. . Der Kaiser und Lie Kaiserin, sowie der Großfürst-Thronfolger und dessen Gemahlin sind gestern Abend wohlbehalten in Moskau eingetroffen. Fürst Gortschakoff wird, wie der „Golos“ 3 erst am Mittwoch, den 15. c. in St. Petersburg ein— reffen.

Amerika. Ueber die Wahlen liegen folgende Tele⸗ gramme vor.

New⸗York, 9. November, Vormittags. (W. T. B.) Nach den neuesten Nachrichten ist die Wahl von Hayes noch nicht ganz aussichtslos, derselbe dürfte vielmehr mit einer Majorität von einer Stimme von den aufgestellten Wahlmännern ge⸗ wählt werden, wenn das Resultat der Abstimmung von Süd⸗ carolina, Florida und Louisigna zu seinen Gunsten ausfällt, was für nicht unwahrscheinlich gehalten wird. Die Erregung hierselbst ist eine außerordentliche.

Abends. (W. T. B.) Bis heute Nachmittag um 5e Uhr war das Resultat der Wahlmännerwahlen noch immer ungewiß, da sowohl die republikanische als auch die demokratische Partei behauptet, den Sieg in Florida und Südearolina davon getragen zu haben. Der Sieg der De⸗ mokraten in einem dieser beiden Staaten würde lur Tilden entscheiden, während zur Wahl Hayes die Stimmen beider Staaten nothwendig wären.

Philadelphia, 7. November. (Times.) Aus Lou isiana werden politische Unruhen berichtet. In Monroe, Bayou, Delha, Negerkrawalle, zu deren Unterdrückung Truppen ausgesandt wurden. Ebenso in Vicksburg, Misfifsippi und in Raleigh, North Carolina. Sonst ist im Süden Alles ruhig, besonders in Südearolina.

Mexiko, 9. Oktober. Während des in der Provinz

Guerrero ausgebrochenen Aufstands überfiel im Mai d. J.

eine Bande von etwa 20 Mann das Hüttenwerk Guadalupe, Eigenthum von Gustav Nolte aus Hannover. Er selbst, sowie sein Gefährte Moritz Rochel nebst zwei Mexikanern wurden getödtet und die Besitzung verwüstet. Nach nunmehr eingegangenen Nachrichten ist es dem General Don Diego Alvarez gelungen, den größten Theil der Verbrecher zu er⸗ greifen. Der Rädelsführer Ramon Sangredo, sowie acht der Hauptschuldigen wurden sofort standrechtlich erschossen.

Afrika. (A. A. C). Den neuesten Nachrichten aus Transvaal zufolge griffen die Kaffern unter Secocoeni am 30. September ein vom Präsident Burgers errichtetes Fort an, nahmen Lieutenant Knaß, den kommandirenden Offizier, ehen und erbeuteten 48 Stück Vieh. Sie wurden indeß schließlich zurück geworfen.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Paris, Freitag, 19. November, Vormittags. Dem Ver⸗ nehmen nach ist Graf Chaudordy zum Spezialbevoll⸗ mächtigten Frankreichs bei der Orientkonferenz, die, der „Agence Havas“ zufolge, wahrscheinlich noch im Laufe dieses Monats in Konstantinopel stattfinden wird, ernannt worden und hat diese Mission angenommen.

Neichs tags ⸗Angelegenheiten.

Berlin, 10. November. Die Erklärung, welche der Bnndes⸗ raths⸗ Bevollmächtigte, General ⸗Postmeister Br. Stephan in der Sitzung des Deutschen Reichstages am 3. d. M. in der Diskussion über den Schröderschen Antrag, die Tele graphengebühren be⸗ treffend, nach dem Abg. Schmidt (Stettin) abgab, hen folgenden Wortlaut:

Meine Herren! Ich möchte mir erlauben, zuerst die Punkte zu erledigen, die der letzte der geehrten . Verredner zur Sprache gebracht hat. Zunächst also die Gebührenfreiheit für Telegramme. Er hat damit allerdings einen wunden Punkt des Telegraphenwesens berührt. Es handelt sich für die Telegraphenverwaltung dabei weniger um den Ertrag dieser Telegramme. Derselbe würde etwa eine Summe

von nur 0 100 000 ausmachen, die für den ganzen Etat von

verschwindender Bedeutung . Weit mehr . es sich um die Art und Weise, wie ein großer Theil dieser Telegramme den Dienst belästigt und die Leitungen in ,. nimmt, da es sehr nahe liegt, daß man, wenn man die Gebührenfreiheit besitzt, auch mög⸗ lichft breite Telegramme ausführt. Die Anordnungen, die mit großer Bereitwilligkeit von den Ressortchef sowohl in e,, wie in den anderen Bundezstaaten gegen den Mißbrauch der Gebührenfreiheit 2 sind, halfen zwar eine dat lang; nach Verlauf einiger onate stellt sich aber das alte Uebel meist wieder her, weil es in der Ratur siegt und diese von irgend einer Seite nach dem bekannten Ausspruch immer wieder hewortritt. z 2 hat die Telegraphenverwaltung eine Verordnung vorbereitet, N. 6. welcher in 2 auf die Gebührenfreiheit der Telegramme ähnliche Grundsaͤtze in Anwendung gebracht werden sol⸗ len, wie bezuglich der Post. Ich muß jedoch dabei bemerken, daß die Entscheidung dieser Angelegenheit nicht der Telegraphenverwal⸗

tung allein zusteht, sondern daß dabei noch andere Instanzen in Be⸗ tracht kommen, und ich vermag im Augenblick eine Erklärung dar⸗ über nicht abzugeben, wie schließlich die Entscheidung in dieser An⸗ gelegenheit ersolgen wird.

Was sodann das Verhältniß der Presse zu den Telegraphen be⸗ trifft so ist die Telegraphenverwaltung, wie ich hereits in der vori⸗ gen Session die Ehre hatte zu erklären, gern bereit, die Drähte für die Nachtzeit den Zeitungen und Zeitschriften für einen ermäßigten Preis zur Verfügung u stellen. Es ist aber bisher von dieser Bereit⸗ willigkeit ,, , nur in zwei Fällen, von zwei deutschen Blättern ersten Ranges, Gebrauch gemacht worden. Andere Blätter haben die Telegraphen nicht in der Nacht⸗ oder späteren Abendzeit benutzen wollen, sondern beispielsweise in der Zeit von 4 —7 Uhr Nachmit⸗ tags, also etwa unmittelbar nach Schluß der Reichstags verhandlungen. Das geht aber nicht an, weil das die Zeit ist, wo die Drähte noch für den öffentlichen Verkehr ausgiebig benutzt werden. Es kann sich die Benutzung für die Presse zu ausnahmsweisen Preisen immer nur auf die später liegende Stunden erstrecken.

Dann hat der Hr, . Schmidt (Stettin) unser Verhältniß

mit England zur Sprache gebracht und ich muß ihm darin allerdings vollkommen beipflichten, und sehe es ebenfalls für einen großen Miß⸗ stand an, daß der Tarif mit England noch so hoch ist; bei dem Telegraphenverkehr nach London kostet ein Telegramm 7 Franken und nach allen übrigen Orten in Großbritannien sogar 8 Fran ken, wogegen in dem Verkehr zwischen Frankreich und England eine Tare von nur bezw. 5 Franken besteht. Während also ein Telegramm von London nach Paris nur 4 Franken bezahlt, müssen für ein Telegramm von Lon⸗ don nach Cöln 7 Franken entrichtet werden. Daß das ein für die Dauer unertrãglicher Zustand ist, der sich mit den Interessen unseres Handels in keiner Weise vereinbaren läßt, darüber, glaube ich, kann ich mich jeder weiteren Ausführung enthalten. Es hat deshalb auch von unserer Seite an energischen Schritten bei der englischen Ver⸗ waltung nicht gefehlt, und ich habe mit Befriedigung anzuerkennen, daß bei der britischen Verwaltung die Geneigtheit obwaltet, eine wirksame Ermäßigung jenes hohen Satzes herbeizuführen. Schwierig⸗ keiten sind allerdings vorhanden vom Standpunkt der suhmarinen Kabelgesellschaft, wie das der Herr Abgeordnete bereits anfübrte. Db es gelingen wird, diese Schwierigkeiten in nächster Zeit schon zu beseitigen, oder ob, dies was ich beklagen würde, erst möglich sein wird beim Zusammentreten der nächsten Telegraphenkonferenz, die im Jahre 1877 in London stattfinden soll, vermag ich jetzt noch nicht zu übersehen. Es wird aber an entschiedenen Schritten, von unserer Seite in dieser Bezie= hung nicht fehlen, um die Zustimmung der betreffenden Gesellschaft, welche die Angelegenheit in die Länge ziehen zu wollen scheint, bal⸗ digst zu erlangen. Sollte dies nicht gelingen, so halte ich diese Sache doch für so wichtig, daß ich mich keinen Augenblick besinnen würde, mit der englischen Regierung in Vernehmen zu treten, um einen Vorschlag zur Erwägung zu bringen, ein direktes Staatskabel durch die Nordsee zu legen, was von beiden Regierungen hergestellt und verwaltet würde, mit Umgehung aller anderen Gesellschaften und mit Umgehung des Transits von Holland und Belgien, de ssen Kosten die enorme Höhe von 1 Frank für die einfache Depesche betragen, lediglich für die Benutzung der Drähte und ohne daß in Holland oder in Belgien die Depeschen umgearbeitet werden. Es wird dann Sache der Regierung sein, einen auf dieses Projekt bezüglichen Ge⸗ setzentwurf vorzulegen, und ich denke mir, daß die Angelegenheit sich im Allgemeinen so regeln lassen wird, wie es mit Schweden geschehen ist, daß nämlich ein Kabel, welches beiden Staaten gehört, gelegt werde, und. daß dessen Benutzung durch einen internationalen Vertrag in der Weise geregelt wird, daß für die Beförderung der Telegramme wie beim deutsch⸗schwedischen Kabel ein besonderer Zuschlag nicht erhoben zu werden braucht. Meine Herren! Ich komme nun zu der großen Tariffrage, welche in dem Antrage der Abgg. Schroeder und Spielberg behandelt ist. Ich begreife ja vollkommen, meine Herren, daß diejenigen Kreise, welche bisher sehr billig telegraphirt haben, welche gewissermaßen eine Stagtsprämie genossen haben, um billig telegraphiren zu können, daß es in . Kreisen betrübend empfunden wird, daß jetzt die Telegramme etwas theuer geworden sind. Ich möchte mir aber zunächst die Bemerkung erlauben, daß das auf alle Telegramme sich nicht bezieht.

Wir haben wiederholt Fälle gehabt, in denen Telegramme von 3, 4 und 5 Worten vorgekommen sind, sogar von 2 Worten, wie mir zugerufen wird, bei welchen sich also entschieden die Taxe niedriger stellt, als sie jemals gewesen ist auch in der ersten Zone. Ich konstatire mit Genugthuung, daß der Antrag, wie er jetzt vor⸗ liegt, einen Vorschlag ganz hat fallen lassen, der in dem früheren Antrage des geehrten Hrn. Abg. v. Behr enthalten war, nämlich eine bestimmte Wortzahl wieder einzuführen für die erste Zone oder vielleicht auch für das ganze Reich. Dies würde ich nun als einen entschiedenen Rückschritt ansehen, denn wenn man eine bestimmte Wortzahl festhält, sei es von 15, 20 oder 25 Worten, so werden die Telegramme immer die Tendenz haben, sich so weit auszudehnen wie der Rahmen reicht, und die Folge wird sein, daß die nachfolgenden Telegramme später zur Expedition gelangen, daß eine Verschleppung eintritt und die Linien unnöthig be⸗ lastet werden. Der neu eingeführte Worttarif hat den Erfolg gehabt, daß die Durchschnittszahl der Worte eines Telegramms von 18 auf 14 Worte heruntergegangen ist; es macht das jährlich eine Minderleistung für die Telegraphie von 14 Millionen Worten oder 13 000 Arbeitstagen, außerdem können auch die kürzeren Telegramme früher in die Hände der Empfänger gelangen. Ich würde also den Uebergang von dem Worttarif zu dem alten System der Gesammt⸗ zahl von Worten für einen ebenso großen Rückschritt betrachten, als wenn man z. B. von dem arabischen Zahlensystem zu der Unbehülf⸗ lichkeit des römischen ö, zurückgehen wollte.

Es ist Ihnen bekannt, meine Herren, daß das Defizit in der Telegraphenverwaltung die Summe von 4 Millionen Mark zuletzt betrug und daß dieses Defizit ein von Jahr zu Jahr steigend's war. Es ist dies auch ganz natürlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Selbstkosten eines Telegramms unter der früheren Verwaltungs⸗ organisatlon 110 8 betrugen, während der Ertag eines Telegramms nur 783 3 war. Es war also die erhebliche Differenz von 32 Pfennigen per Telegramm vorhanden. Je mehr natürlich Telegramme produzirt wurden, die unter dem Selbstkostenpreise be⸗ fördert wurden, um so höher stieg das Defizit. Es ist das dieselbe Erfahrung, welche diejenigen Staaten machen, welche einen so nie⸗ drigen Tarif haben, wie der geehrte 5 Abg. v. Behr und ö Antragsteller ihn wünschen. ie Schweiz und elgien haben einen Tarif von 4 Sgr. (6 Fres) Das ist, wenn ich mir das Größenverhältniß dieser Staaten zum Deut⸗ schen Reich klar mache, noch ein recht hoher Tarif gegen kber demjenigen von 5 Silbergroschen, der hier verlangt, wird. Bei diesem Tarif nun sind beide Staaten im Defizit. Belgien hat ein solches von etwa 250900 Fr., ungeachtet es vom Trausit sehr hohe Einnahmen hat, wie ich das vorhin erwähnte. Die Schweiz, die in ahnlicher Lage sich befindet wie Belgien und von durchgehenden Tarifen eben solche Transitgebühren erhebt, wie Belgien, hat, wenn ich nicht irre, in Wirklichkeit auch en Defizit, zwar nicht fo bedeutend wie das belgische, aber es ist vorhanden. Es zeigt sich also deutlich, daß unter einem gewissen Minimum von Taxe Tele⸗ gramme überhaupt nicht befördert werden können, sonft. wirthschaftet man mit Schaden, und ich wiederhole: komint die Sache darauf . daß die Gesammtheit der Steuerzahler, welche dieses

efizsit im Etat decken muß, den Ausfall trägt, damit in kleineren Zonen billiger tekegraphirt werden kann. Nach Eintritt der Reowrganisation und, des neuen Tarte. das sind die beiden Momente, die Pari passu gegangen sind hat sich die Sache so gestellt, . der Ertrag eines Telegramms von 78 auf 85 3 gestiegen ist. Wleviel die Verwaltungskosten pro Tele⸗ ramm betragen, kann ich nicht angeben, weil nach der Verbindung er hast und Telegraphensverwaltung dies nicht mehr auseinander gehalten werden kann. Ich will aber eine allgemeine Zahl anführen, aus der sich ein Resultat ziehen läßt. Das Defizit