1876 / 268 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Nov 1876 18:00:01 GMT) scan diff

das Kirchenregiment die älteren, äber dle Beh n dlung der Seibstmörder erlassenen Getz und Verordnungen durch= gängig noch als zu Recht bestchend betrachte, nad welchen Seiten hin das Kirche aregiment dermalen Dispensationen von den theilweise verclteten and dem Zeitgeist nicht mehr ent⸗

sprechenden gesetzlichen Bestimmungen in der Praxis für zu⸗ läffig erachte, und ob das Kirchenregiment beabsichtige, eine Revifion aller auf die Behandlung und Beerdigung der Leich⸗ name von Selbstmördern sich beziehenden gesehlichen Bestim⸗ mungen vorzunehmen und das Ergebniß solcher Revision der Landessynode vorzulegen. Der Staats⸗Minister v. Nostitz⸗ Wallwitz erwiderte, daß das Mandat vom 20. November I779, insofern nicht einzelne Bestimmungen desselben als absolet zu erachten seien, noch zu Necht bestehe, dagegen die übrigen vom Imerpellanten angezogenen gesetzlichen Bestim⸗ mungen aufgehoben seien durch eine Verordnung der Ministerien des Innern und der Justiz vom 21. April 1874, welche Be⸗ stimmung treffe über die Behandlung der polizeilich aufge⸗ hobenen Leichen. Das Kirchenregiment sei bisher einer mög⸗ lichst milden Auffassung der noch als gültig anzusehenden Vorschriften des Mandats von 1779 nicht entgegengetreten; wohl aber habe es darüber gewacht, daß nicht durch äußeres Gepränge und durch ungeeignete, auf dem Grabe zu errich⸗ tende Denkmäler der Geldern glorifizirt werde. Das Kirchen⸗ regiment werde sich weiter nicht für ermächtigt und veran⸗ laßt halten, im Dispensationswege gegen den Willen der Vertreter der betreffenden Gemeinden Ausnahmen von denjenigen Ordnungen anzuordnen, welche in den einzelnen Kirchengemeinden in Betreff der Beerdigung von Selbstmör⸗ dern beständen. Die Staatsregierung beabsichtige keine Aende⸗ rung der geltenden gesetzlichen Vorschriften, da durch die Ver⸗ ordnung vom 21. April 1874 ein befriedigender Zustand her⸗ gestellt fei; dagegen werde, was die kirchliche Seite der Angelegen⸗ heit anlange, eine hoffentlich der nächsten Synode vorzulegende Begräbnißordnung Gelegenheit bieten, die Wünsche der An⸗ gehörigen der Landeskirche zum ee ie Ausdruck zu brin⸗ gen. Die Synode bestätigte hierauf fast ohne Debatte die von ihr über den Erlaß des e, n, . betreffend die Regelung der finanziellen Lage der Geistlichen, gefaßten Be⸗ schlüsse und nahm sodann die Wahlen in den Synodal⸗ ausschuß vor.

sol Der Schluß der Synode wird morgen Vormittag er⸗ olgen.

Anhalt. Dessau, 10. November. Die durch Höchsten Erlaß vom 24. Juni d. J. einberufene außerordentliche Landesfynods hatte sich am 8. d. M., Vormittags 11 Uhr, zu ihrer ersten Sitzung im Landtagssaale hierselbst eingefun⸗ den. Der landesherrliche Kommissar, Konsistorial⸗Präsident Steinkopff, begrüßte die Versammlung im Auftrage des Kirchenregimenks und hielt, nachdem das Gebet gesprochen war, an die Versammlung eine Ansprache, in welcher die

Aufgabe dieser außerordentlichen Synode bezeichnet wurde, nämlich die mittelst Höchsten Erlasses vom 6. Februar 1875 mit verkündete Synodalordnung für das Herzogthum Anhalt, sowie die die Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung einleiten⸗ den „Allgemeinen Bestimmungen“, deren Art. 1 inzwischen die in dem Höchsten 6. vom 24. Juni d. J. vorgeschrie⸗ bene Aenderung erhalten hat, zu berathen und darüber eine Verständigung mit dem Kirchenregiment herbeizuführen. Die zweite Sitzung fand Nachmittags 5 Uhr statt. In derselben wurde der Kammerherr von Krosigk auf Hohen-Erxleben zum Vorsitzenden und der Kreisgerichts-Direktor Pietschen zu dessen Stellvertreter erwählt. Die Höchste Bestätigung dieser Wahlen erfolgte sofort.

Schaumburg⸗Lippe. Bückeburg, 9. November. Der Landtag ist auf den 5. Dezember einberufen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 10. November. Der Steuerreform-Ausschuß nahm mit 19 Stimmen den Negierungsantrag an, das Progressionsmaximum der Per⸗ sonaleinkommensteuer mit 70, 000 Gulden festzusetzen. Weiter wurde mit 16 Stimmen der Antrag Auspitz und Genossen, betreffend die Feststellung von 3 Prozent als Progressions— maximum der Steuereinheiten angenommen.

11. November. Graf Andrassy ist heute Morgens hier eingetroffen.

(W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses beantwortete der Minister⸗ Präsident die Interpellation wegen des Cirkulars der Regierung an die Chefs der , in Betreff der verschärften Anwendung der zreßvorschriften. Der Minister⸗-Präsident erklärte, daß ein diesbezügliches Rund⸗ schreiben allerdings vorhanden sei, daß der 36 desselben jedoch den von gewissen Blättern gebrachten Angaben nicht ent⸗ spreche. Das bereits unter dem 29. Juli d. J. ergangene Cirkular wurde sodann von dem Minister verlesen. Dasselbe weist darauf hin, daß die Ereignisse im Orient, sowie die Gerüchte über die event. Haltung der Regierung gegenüber diesen Ereignissen und auch die Verhandlungen wegen des Ausgleiches mit Ungarn geeignet seien, eine gewisse Aufregung hervorzurufen. Dieser Umstand lege den Organen der Regierung die Pflicht auf, die genaueste Beobachtung der Gesetze nach allen Richtungen zu wahren. Ein Theil der periodischen Presse entwickele keine ar,.

Wirksamkeit, indem er beunruhigende erfundene Nachrichten verbreite und der Regierung Absichten imputire, welche geeignet seien, gegen dieselbe eine Abneigung zu erzeugen, Die poli⸗ tischen Behörden hätten daher die durch die Preßgesetzgebung gewährten Mittel in ihrem vollen Umfange zur Anwendung Zu bringen, insbesondere aber gegen diejenigen Zeitungen des Auslandes, welche systematisch die Monarchie unterwühlten, Die Entziehwig des Postdebits zu veranlassen.

Das „Frenidenbl.“ schreibt: Der Abg. Zschok hat bekanntlich in der Rede, welche er in der Debatte des Ab⸗ geerdnetenhairfes über die Orientpolitik hielt, gegen den Statt⸗ harter von Dalenatien, Frhrn. I. Rodich, die Anschuldigung erho en, daß derselbe Mitglied der Omladina sei. Wie nun aus P'est gemeldet wird, hat Letzterer sofort ein Telegramm an die „Kegierung gerichtet, worin er angeblich jene Behaup⸗ tung mit Entrüstung zurückweist. Gleichzeitig meldet man, daß der Mi'nister Baron Lasser beabstchtigt, wenn im Budget⸗ Ausschuß der bereits angekündigte Sturnt gegen die on des dalmatinise ben Statthalters ausbricht, diese Erklärung des Letzteren mitz utheilen,

Pest, 9. November. Der „Pester Lloyd“ bringt ein Dementi gegen die in Abgeordnetenkreisen kölportirte Nach⸗ richt, als haͤtte die cis (eithanische Regierung auf jene

; : Ungarn un Oktober zu den Staatsschuldenzinsen zu leisten hat, einen Vorschuß e g, Jaut den Daten der Staats-Centralkasse ist nicht blos der Sktoberbeitrag, sondern auch der Novemberbeitrag völlig ab⸗ estattet worden; ersterer zwischen dem 6. und 12. Oktober, etzterer zwischen dem 2. und 9. November in Theilzahlungen.

10. November. Man schreibt der „Pol. Korr. von hier: „Ein Wiener Blatt ließ sich von hier melden, die österreichische Regierung hätte bei dem ungarischen Ministerium gewisse Abänderungen der Mai⸗Beschlüsse in Bezug auf die Bankfrage in Anregung gebracht. Die heutigen Abendblätter bringen nun ein Communiquèé, in welchem die beregte Mittheilung einfach und entschieden dementirt wird. In der That ist auch eine „Anregung“, wie die Mittheilung des Wiener Blattes sie darstellt, von Seite der bster— reichischen Regierung an die hiesige nicht gelangt. Wohl aber haben maßgebende Persönlichkeiten der österreichischen Nationalbank Anlaß genommen, in Bezug auf die Präzisirung der Kontingentirungsfrage und dann hinsichtlich der Placirung, oder besser gesagt, der Art und Weise, wie der nach Ungarn zu transferirende Theil des Metallschatzes nach dem Wunsche der betreffenden Herren zu geschehen hätte, an geeigneter Stelle Eröffnungen zu machen. Diese Mittheilungen nun soll der österreichische Finanz⸗Minister in kollegial-loyaler Form auf vertraulichim Wege dem ungarischen Finanz⸗-Minister haben zukommen lassen, und Herr v. Szell dürfte seine j.ungste An⸗ wesenheit in Wien, wo er bekanntlich mit Baron v. Pretis konferirte, unter Anderem auch zur Klärung der hier ange— deuteten Punkte benützt haben.“

1. November. Der „Pester Lloyd“ schreibt: „Durch den schmerzlichen Trauerfall, der mit dem Ableben einer der eg eh gf Damen des Landes den gemeinsamen Minister des Aeußern getroffen, ist die Entscheidung über die Hal⸗ tung unseres Kabinets in der Konferenzfrage um einige Tage hinausges 44 worden. An den Grafen Julius Andrassy haben die Mitglieder der ungarischen Regierung heute Morgen telegraphisch folgende Beileidserklärung

erichtet: Empfange anläßlich des schmerzlichen Schlages, der

Ei betroffen, den Ausdruck unserer gufrigsten Theilnahme.“ „Naplo“ bezweifelt die Nachricht, daß die ungarische Regierung burch Bedekovics den Agramer Landtag telegraphisch versichern ließ, daß sie an dem Ausgleiche mit Kroatien festhalte. „Naplo“ will vielmehr erfahren haben, daß die Regierung gegen konträre Zumuthungen energisch protestirte.

(W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Ab⸗ geordnetenhauses verlangte der Abg. Simonyi eine umfassende systematische Vorlage betreffs der orienta⸗ lischen Frage und richtete an die Gesammtregierung die Anfrage, ob dieselbe geneigt sei, eine solche Porlage noch vor der Berathung des Budgets zu machen und dadurch das Parlament in den Stand zu setzen, seinen Ansichten Aus— druck zu geben.

Agram, 109. November. Der Landtag erledigte heute den zweiten Theil des Budgets, die Bedeckung, und nahm einen Antrag Malec' an, wonach die Regierung hei Bemes⸗ sung der kroͤatischen Quote ihren Einfluß wahren solle.

11. November. In der heutigen Sitzung des Landtages machte der Präsident bekannt, daß der Abg. Voncina auf Andrängen 56 Klubs die Klage gegen Jakis zurückzog. Nach der Fritten Lesung des Budgetgesetzes wurde die Session geschlossen.

Großbritannien und Irland. London, 11. November. (Engl. Korr. Die Königin hat den Earl of Haddington zum Statthalter der Grasschaft a an Stelle des verstorbenen Marquis of Tweeddale ernannt. Der bis⸗ herige Gouverneur von Süd-⸗Australien, Sir Anthony Mus⸗ rave, ist an Stelle des am Anfange 1877 abtretenden Sir

Grey zum Gouverneur von Jamaicg ernannt worden, der Gouverneur von Queensland W. W. Cairns Esq. zum Gou— verneur von Süd-Australien, der Gouverneur von Hongkong Sir A. Kennedy zum Gouverneur von Queensland, der Ober— Gouverneur der Inseln über dem Winde, J. Pope Hennessy Esq. zum Gouverneur von Hongkong, der Gouverneur der Goldküste Kapitän Strahan zum Ober⸗Gouverneur der In⸗ seln über dem Winde. Heute Nachmittag findet Minister⸗ rath statt. —Sir Garnet Wols 4 wird seinen Posten im Kriegs-Ministerium aufgeben, um in das indische Ministe⸗ rium einzutreten. Ueber die Stellung des früheren Obersten Valentin Baker in der Türkei sind vielfach irrige Angaben verbreitet gewesen. Die „Times“ erfährt, daß Baker bis jetzt noch keine militärische Stellung im Dienste des Sultans angenommen hat. .

(Köln. Ztg.) Lord Beaconsfield ist heute nach Sandringham gereist, um dem Prinzen von Wales einen Besuch zu machen.

G d ö mn, Prozeßsache des Ka⸗ pitäns Keyn von dem Dampfer „Franconia“ haben die Mitglieder des Gerichtshofes forcrown cases reserved in Betreff der Appellation des Angeklagten ihre Voten abge⸗ geben, und zwar haben sich sechs Richter für und sechs Richter gegen die Kompetenz des englischen Gerichts erklärt. Gegen dieselbe stimmten die Richter Phillimore, Pollock, Lush, Field, Bramwell und der Lord Chief Baron Kelly, dafür Lindley, Denman, Grove, Amphlett, Brett und Coleridge. Aus den Erklärungen der Richter geht hervor, daß der Lord⸗Oberrichter, der sein Urtheil bis Montag vertagt bat, sich gegen die Kom⸗ 1 Somit wäre die Freisprechung Keyns mit Sicherheit zu erwarten.

Frankreich. Varis, 10. November. Der, Moniteur“ enthält heute Folgendes:

„Der Augenblick ist gekommen, öffentlich festzustellen, was Jeder⸗ mann seit acht Tagen weiß: nämlich, daß die ersten politischen De⸗ batten der Kammer die . verdüstert und die Entmuthigung in die Geister geworfen haben, welche der Ansicht einer konservativen Politik aufrichtig ergeben waren. Mit andern Worten: das Mini ster ium hatte bis . alle seine Anstrengungen darauf gerichtet, sich in den republikanischen Reihen der De utirtenkammer eine vernüftige Ma⸗ jorität zu gründen. Diesem Ziel opferte es seit acht Monaten Alles auf. Heute steht es im Begriff, dieselbe zu verlieren, denn die Zer—⸗ würfnisse mehren sich auf dieser Seite in Bezug auf eine Menge

ragen, und der Augenblick ist nicht fern, wo sie auf die Tribüne zu ringen sind und ihnen eine offizielle Existen; gegeben werden muß; Konflikt wegen des Gesetzes Gatieneau; Konflikt wegen des Kultusbudgetßz und der rmeegeistlichen; Konflikt wegen der Machtbefugnisse der beiden Kammern in Finanzangelegenheiten. Dies sind die Aussichten des Augenblicks, welche noch durch andere , . verdüstert werden. Wir widerstehen, so viel wir können, der Versuchung, die ,. Seite der Lage zu übertreiben. Wir erkei'nen an, daß die Deputirtenkammer uns eher mit Konflikten be⸗

Quotenzahlung, welch

droht als betrübt hat, und daß bei vielen Gelegenheiten ihr letztes

Wort das der Verföhnung war. Aber die Gewalt der Dinge zwingt

uns, zu erklären, daß, die Lage gespannt ist. Wenn es dem ge. wärtigen Ministerium gelingt, in der Deputirtenkammer eine a n zu finden, fo kann man sagen, daß die Republik. die Probe bestanden hat. Wenn im Gegentbeil diese Kammer das Ministerium, weiche die erste Probe mit den neuen Einrichtungen machen joll, bis zum Schi plagt, wenn dieses Ministerium seinerseits, nachdem es die ihm von den „Intransigenten und selbst von einigen Radikalen vorausgesagken Niederlagen übergan⸗ en bat, sich zurücklsieht, so suchen wir vergeblich, was die gewublilandt bei diefen Verwickelungen gewinnen könnten. Bel der gegenwärtigen Stimmung ist die Absicht dr Minister nicht, ihren Stützpunkt im Senat zu suchen, und die Deputirtenkammer bei Seste zu lassen; das Kabinet will mit den beiden Kammern regieren, weil es der Wortlaut der Verfassung und das wohlver⸗ standene Interesse des Systems erheischen. Aber nach dem Kabinet, daz heute an der Spitze der Geschäfte steht, das aber dahin geführt werden könnte, morgen seine Entlassung zu geben, werden wir eine Bahn betreten, von welcher Niemand voraussehen kann, wohin sie irn wird. Deshalb müssen die Konflikte, die sich erheben, ver⸗ chwinden, und es ist unumgänglich nothwendig, daß das Budget von den beiden Kammern so schnell als möglich votirt wird und auf— hört. der Heerd aller Streitigkeiten zu sein, durch welche die Ge⸗ müther auf dem politischen, finanziellen und religlösen Boden in Er⸗ regung versetzt werden.“ *

Ver sailles, 11. November. (Köln. Ztg.) Der Finanz⸗ Minister legte in der heutigen Sitzung der Deputirten⸗ kammer einen Gesetzentwurf vor, betreffend die Reduktion der Taxe für Briefe und Postkarten im internen französischen Verkehr. Es folgte die Diskussion des Budgets des Mini⸗ steriums des Auswärtigen.

Der Deputirte Proust von der Linken erhob allgemeine Vor⸗ würfe gegen die Vertretung Frankreichs im Auslande, welche er als den Institutionen des Landes und den Bedürfnissen der Situation nicht entsprechend bezeichnete. Neben dem gewöhnlichen Personale gebe es ein zweites, vorzugsweise politisches Personal, das sich je nach den politischen Wandlungen des Landes änderte. Nach dem 24. Mai 1873 habe eine wichtige Umgestaltung stattgefunden; ein Rundschreiben sei damals erlassen worden, nach dem 20. Februar dagegen fei kein Rundschreiben an die diplomatischen Agenten erfolgt. Es stehe zu hoffen, daß die Erklärungen des Ministeriums das Rund⸗ schreiben, das abzuschicken versäumt worden, ersetzen. Das Aufgeben ihrer Ueberlieferungen sei die Ursache der Schwäche der französischen Diplomatie; das Aufgeben einer geheimen Vertretung neben der offiziellen fei beklagenswerth. Der Mini ster des Aus wärtig en,

erzog Decgzes, antwortete zuerst auf die Frage, wegen der

altung, welche die diplomatischen Agenten Frankreichs zu den Finrichtungen des Landes und zu dem Präsidenten der Republik einnnahmen und fügte hinzu, was ihn, den Minister, selbst betreffe, so spreche sein Wahlrundschreiben seine An⸗ sichten in genügender Veröffentlichung aus; dieses Wahlschreiben be⸗ zeuge seine Ergebenheit gegen die . des Landes; die di⸗ plomatischen Agenten hätten sich aber in solcher Weise gezeigt, daß ihre Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit nicht angezweifelt werden könne. Ware nach dem 20. Februar das diplomatische Personal plötzlich verändert worden, so würde dem Auslande der Gedanke nahe gelegt sein, daß in ö eine Umwälzung eingetreten wäre; dies sei aber keineswegs die Bedeutung der Wahlen vom 20. Februar gewesen. Die Verfassung ist blos ihrem natürlichen Entwickelungsgange gefolgt. Was sodann den zweiten Punkt betreffe, die Klage über das diplomatische Corps und die Vernachläffigung der Prüfungen, so erklärte der Minister des Aus⸗ wärtigen, der Kammer werde nächstens ein Gesetzentwurf zugehen, der bereits auf den Tisch des Senats gelegt worden, in welchem diese Fragen fämmtlich in Betracht gezogen seien. Im Ministerium sei Übrigens ein Preßbureau, in welchem Anfragen nach Auskunft auf Verlangen erthejlt werden. Proust entgegnete, er habe die Redlich⸗ keit der diplomgtischen Agenten nicht in Frage stellen wollen, er ver⸗ lange blos, daß die Vertreter Frankreichs treu die, vorherrschende polltische Meinung vertreten sollten, und er fordere dies zum Besten der diplomatischen Beziehungen Frankreichs zum Auslande. Die von Thouvenel aufgestellten Reglements würden nicht beobachtet; das Preßburegu müsse sich auf Uebersetzungen beschränken, es sollte aber in Beziehung mit den Journalisten stehen und politischen Einfluß üben. Decazes gab zu, daß das Preßbureau nicht so eingerichtet sei, daß es die Leitung der Presse in der Hand habe; auf jeden Fall aber müßte diese Leitung geheim bleiben. .

Nachdem der Minister des Auswärtigen noch einige Erläu— terungen über die Diplomatenprüfungen ertheilt hatte, ging die Kam⸗ mer zur Berathung der Kapitel über und nahm das erste und zweite an. Madier de Montjau (Intransigent) verlangte die Streichung des Kredits von 10000 Fr; für die Botschaft in Rom. Dem Redner zufolge besteht das Konkordat nicht mehr zu Rechte, weil der Papst bei desten Abschlusse noch nicht für unfehlbar erklärt orden sei. Der Minister des Auswärtigen sprach für den Forthe⸗ stand der französischen Botschaft am Vatikan, welche durchaus nöthig, weil die geistliche Souveränetät des Papstes aller Achtung werth sei; zugleich sei dieselbe der Trost und die Zuversicht der Mehrzahl der Franzofen. Es handle sich hier um Interessen, welche von der Re⸗ gierung nicht vernachlässigt werden dürften; Frankreich müsse alle vom Konkordate vorgesehenen Fragen im Auge behalten, desgleichen diejenigen, welche die Ernennung von Bischöfen und das Protektorat wie die christlichen Institute im Orient betreffen. Die Regierung müsse auch in den Konklaven neben den übrigen katholischen Mächten vertreten sein. Aus allen diesen Gründen sei die Vertretung Frankreichs in Rom nothwendig und dieselbe müsse zugleich Frankreichs und des Papstes würdig ausgestattet sein. Gam betta nahm hier⸗ auf das Wort und bemerkte, der Budgetausschuß habe nicht geglaubt, daß er die ie über den Kontrakt zwischen Frankreich, und dem heiligen Stuhle lösen könne; indeß das Amendement Tirard stütze sich auf Gründe, die auf den Ausschuß Eindruck gemacht hätten; in⸗ dem sie die Beibehaltung der Botschaft am Vatikan beschlossen, habe er dies doch so verstanden, daß sie laut erklären wolle, diese Beibe⸗ haltung dürfe nicht in einer der Einheit Italiens feindlichen Haltung ausgelegt werden. Frankreich kann vom Gesichtspunkte der auswãärti⸗ gen Beziehungen aus sich des Interesses für seine katholische Klientel nicht entschlagen. In diesem Sinne hat der Ausschuß die Botschaft in Rom aufrechterhalten. .

Der Antragauf Streichung des Postens für die Botschaft beim Vatikan wurde schließlich mit 377 gegen 93 Stimmen verworfen. Darauf wurden die beiden ersten Kapitel des Budgets des Auswärtigen angenommen, sowie der Spezialetat genehmigt.

Spanien. Madrid, 12. November. (W. T. B. Der Fingnz⸗Minister Barzanallana erklärte in der Sitzung der Cortes in Beantwortung einer Interpellation, daß ein Viertel⸗Coupon der konsolidirten Anleihe zu den angekün⸗ digten Terminen bezahlt werden würde.

Italien. Rom, 9. November. Stn Nachr.) Die Journale kündigen an, daß der Prozeß Nicotera's gegen die „Gazzetta d' Italia“ wegen der sogenannten Auto⸗ biographie am 17. d. M. vor dem Gericht in Florenz seinen . nehmen wird. Der . liere⸗ . fort, Adres . und Telegramme zu veröffentlichen, welche Bürgermeister, Stadt- und Provinzialräthe und Bürger an den Minister richten, um gegen die Veröffentlichung der Autobiographie zu protestiren. Das „Giornale dei Lazori Fubblicis theilt mit, daß von der General⸗Direktion des Schatzes die nöthigen Anbrdnungen getroffen worden sind, damit nach Bern die Summe von 4,7427104 Lire 30 C. geschickt werde, welche Italien an die Kasse der schweizerischen Eidgenossenschaft ab=

die Erklärung

zullefern hat, als Beitrag für die Gotthardeisen bahn.

Gestern Nacht ist der Leichnam des Kardinals An⸗ tonelli auf den öffentlichen Friedhof (Campo Varano) ge⸗ schafft worden, wo er in der prächtigen Gruft seiner Ver⸗ wandten die letzte Ruhestätte finden wird. Der Leichnam wurde in einem Wagen des Munizipiums fortgebracht, hinter dem General Kanzler, einige Prälaten und mehrere päpstliche . zu Wagen folgten. Der Kardinal eschamps, Erzbischofß von Malines, ist in Nom angelangt. Die Nachrichten über das Befinden des Kar⸗ dinals Patrizi sind ziemlich gut. t I2. November. (W. T. B.) Der bisherige Pro⸗ Nuntius in Madrid, Kardinal Simeoni, ist an Stelle des verstorbenen Kardinals Antonelli zum Staats-Sekretär ernannt worden.

Griechenland. Athen, 11. November. (W. T. B.) Der Minister-Präsident Komundu ros erklärte in der Sitzung der Deputirtenkammer, die Rüstungen Hriechenlands bedeuteten keine Aenderung seiner Politik, son⸗ dern die Festhaltung an der Neutralität unter veränderten Verhältnissen, sowie einen Protest gegen einseitige Beschlüsse der europäischen Diplomatie.

Türkei. Konstantinopel. Wie das W. „Frem⸗ denblatt!“ vom 12. vernimmt, steht nunmehr anläßlich des eingetretenen Waffenstillstandes die bedingte Er— öffnung des Hafens von Klek, insoweit es sich nämlich um Verpflegung und Verproviantirung der in Bosnien befindlichen Verwundeten und Kranken handelt, bevor. Wie demselben Blatte ein Schreiben von hier mittheilt, hat Schefket Pascha, der Haupturheber der bul⸗

arischen Greuelthaten, ein Schreiben an den dortigen „Itti⸗ . gerichtet, in welchem er die Meldung von seiner Abreise nach Belgien dementirt. Er sei nicht abgereist, sondern befinde sich gegen „Ehrenwort“ auf freiem Fuß und er werde jede gegen ihn auftauchende Anklage siegreich zurückzuweisen in der Lage sein, da er nur eine „militärische Expedition“ nach Bul⸗ garien ausgeführt und für Alles, was er gethan, schriftliche Befehle aufzuweisen habe. .

In Armenien werden, wie die „Pol. Korr.“ mittheilt, die türkischen Rüstungen in eifriger Weise betrieben. Die Kurden werden mit großer Strenge rekrutirt. Türkisch-Armenien soll 30 Ba— taillone Nizams stellen, was ein von der Pforte selten verlangtes und auch schwer aufzutreibendes Kontingent ist. Zum Troste und

zur Aufmunterung der Kurden muß ihnen versprochen werden, daß fie nicht nach der . Türkei geschickt werden sollen.

Die Armee, welche in Erzerum zusammengezogen wird, soll aus achtzig Bataillonen Infanterie, zwanzig Batterien, sechszehn Es⸗ cadronen und einem irregulären Corps in der beiläufigen Stärke von 10,660 Mann bestehen. Sodann rechnet man auf Freiwillige aus dem Trans⸗Kaukasus selbst. . ö

Im Hafen von Sinope saminelt sich eine ansehnliche Flotte, welche nächstens eine größere Mission in das Schwarze Meer er⸗ halten soll. Man erwartet dort Hobart Pascha, welcher den Sberbefehl über die gesammte türkische Flotte übernehmen soll. Es treffen auch zahlreiche englische Marine⸗Offiziere und Maschinisten in Sinope ein. Die Pforte scheint den Fähigkeiten der türkischen Ma— rine⸗Sffiziere wenig zu trauen und besetzt aus Vorsicht alle wichtige⸗ ren Posten auf der r. mit tüchtigen Engländern. Dagegen wer— den die türkischen Marine - Hffiziere theis zur Landarmee versetzt, theils zu den Ufer⸗Batterien kommandirt.

Auch aus dem Aidiner Vilajet wird gleiches über große Rüstungen berichtet. Die ottomanische Regierung verlangt die Stellung von 20 Bätaillonen Nizams, 12 Bataillonen Redifs und 8 Tabors Baschibozucs. Das Vilajet ist groß, seine Bevölkerung Überwiegend mohamedanisch, und dennoch ist diese Forderung als eine überspannte zu bezeichnen, namentlich wenn man berüchsichtigt, daß feit acht Monaten die Ansprüche an Blut, die an dieses Vilajet gestellt worden, bereits sehr erheblich gewesen sind.

Die Zustände im Libanon lassen Gch gleichfalls nicht sehr vortheilhaft an. Die Feindschaft zwischen Drusen und Maroni— ten tritt wieder offener und akuter hervor. Die wohlthätigen Ein— flüsse, welche man für den Libanon von einem christlichen Gouper— neur erwartete, sind ausgeblieben. In den maronitischen Dörfern sind Raub, Mord, Verwüstungen an der Tagesordnung.

Wie man der „Pol. Korr.“ aus Mostar schreibt, hat der Muschir Mouhktar Pascha während des Waffenstillstandes Tre⸗ binse zu seinem Hauptquartier bestimmt. Miralai Jussuf Bey ist mit den nothwendigen Vorbereitungen dazu beauftragt worden. Die Positionen bei Grahowo sollen während des Waffenstillstandes nur von zwei Bataillonen Nizams besetzt gehalten werden. Am 1. d. sind zwei Provianttransporte nach Niksic entsendet worden, welches es der eingetretenen Waffenruhe verdankt, der Kapitulation entronnen zu fein. Der Wojwode der unteren Herzegowina, Pavlovict, ist be— auftragt, mit dem Festungskommandanten von Niksie den Zeitpunkt zu vereinbaren, bis zu welchem diese Vorräthe zu reichen haben. Die Cernirung selbst wird nicht aufgehoben werden. Ali Pascha, der Vali der Herzegowing, hat vielen Flüchtlingen aus dem Popovo⸗Polje, die sich zur Rückkehr gemeldet haben, Passirscheine mit dem gleichzeitigen Versprechen ausfolgen lassen, daß die Rückkehren⸗ den gänzlich unbehelligt bleiben werden. Bis jetzt find etwa 240 Individuen in ihren Wohnsitzen eingetroffen, unter welche 80,009 Piaster vertheilt wurde n. Ali. Begovies ist mit der Mission betraut, die Repatrirung der Herzegowinaer zu leiten. Auf Befehl des Se⸗ raskiers sind die Baschibozuks vom vierzigsten Jahre an nach Hause zu entlassen. Bis jetzt stehen 38560 Mann herzegowinaischer Türken unter den Waffen. Mehr als die Hälfte davon wird verabschiedet werden. Dagegen werden die bei den Fahnen bleibenden als Ihtiad“ (Landsturm) organisirt werden. Ferik Mehmed Pascha, der jetzt in Nisch kommandirt, hat das Kommando aller Truppen in der Herzegowing und gleichzeitig das Inspektorat über die Festungen in diesem Militärbezirke erhalten. Die herzegowingische Bevölkerung aller Konfessionen ist der langen schädigenden Wirren müde, und in diesem Momente werden die Versuche erneuert, eine Aussöhnung der Christen mit den Mohamedanern herbeizuführen. Ali Pascha hof a uf einen Erfolg dieser von ihm eifrig unterstützten Bewegung.

Widdin, 11. November. Hier treffen fortwährend Truppen vom Kriegsschauplatze ein, um hier und in der Umgebung Winterquartiere zu beziehen.

Ragusa, 12. November. (W. T. B.) Moukhtar Pascha und Mustai Pascha sind vorgestern mit 10 Ba⸗ taillonen türkischer Truppen von Zaslap nach Trebinje zurück⸗ gekehrt, wo auch Mutessarif von Gatzlo aus eintraf. Ein Ba⸗ taillon ist in aslap zurückgeblieben. Kostan Pascha ist in einer besonderen politischen n n nach Cettinje abgegangen. In der vergangenen Nacht sind bei Trebinje in Folge der gef Kälte mehrere Soldaten und eine Anzahl Pferde um

Ss Leben gekommen.

Wien, 11. November. (W. T. B.) Aus türkischen Kreisen verlautet, die Pforte habe eine ganze Reihe von Einwendungen wider das Konferenzproje kt erhoben und ihren Botschafter in London mit der Geltendmachung der⸗

elben beauftragt. In hiesigen Regierungskreisen n . ord Beaconsfiels, daß alle Mächte den Kon⸗ erenzvorschlag angenommen hätten, unbegreiflich, da

e il. noch die Entschließung des hiesigen Kabinets aus-

Stadt Rom und

einer Mutter nach Tisza⸗Dob in Ungarn abgereist und hat ich seine Erklärung bezüglich des englischen Vorschlags bis zur Rückkehr von dort = St. Petersburg, 11. November. (W. T. B.) Der Re⸗ gierungs-Anzeiger“ veröffentlicht in einem heute Abend ausgegebenen Extrablatt den Text der An sprache, welche der Kaiser Alexander gestern in Moskau an die Vertreter des Adels und der Stadtgemeinde gerichtet hat. Danach sagte der Kaiser: „Ich danke Ihnen, meine Herren, für die Gefühle, welche Sie mir ausdrücken wollten anläßlich der gegenwärtigen politischen Verhältnisse, welche jetzt mehr aufgeklärt sind. Ich bin mit Vergnügen bereit, Ihre Adresse anzunehmen. Es ist Ihnen bereits bekannt, daß die Türkei meinen Forde⸗ rungen des sofortigen Abschlusses eines Waffenstill⸗ standes, um der unnützen Metzelei in Serbien und Montenegro ein Ende zu machen, nachgegeben hat. Die Mon⸗ tenegriner zeigten sich in diesem ungleichen Kampfe wie immer als wahre Helden. Von den Serben kann man leider nicht dasselbe sagen, trotz der Anwesenheit unserer Freiwilligen in den serbischen Reihen, von welchen Viele für die flavische Sache ihr Blut vergossen haben. 36h weiß, daß mit mir ganz Rußland den lebhaftesten Antheil an den Leiden unserer Glaubens⸗ und Stammesbrüder nimmt. Für mich aber sind die wahren Interessen Rußlands am theuersten. Ich möchte bis aufs Aeußerste das russische Blut schonen. Das ist der Grund, weshalb ich gestrebt habe und streben werde, auf friedliche Weise eine thatsächliche Verbesserung der Lage aller Christen im Orient zu erlangen. In den nächsten Tagen beginnen in Konstantinopel die Verhandlungen zwischen den Vertretern der sechs Großmächte wegen der e n, der Friedens⸗ bedingungen. Mein heißester Wunsch ist, daß wir zu allge⸗ meinen Uebereinstimmungen kommen. Falls es aber nicht dazu kommt und ich sehen werde, daß wir solche Garantien, welche die Vollführung dessen, was wir mit Recht von der Pforte verlangen können, nicht erlangen können, so habe ich die feste Absicht, selbständig zu handeln und bin überzeugt, daß in diesem Falle ganz Rußland meinem Rufe Folge leisten werde, wenn ich es für J. erachte und die Ehre Rußlands es fordert. Auch bin ich überzeugt, daß Moskau, wie immer, mit seinem Beispiel vorangehen wird. Gott helse uns, unseren heiligen Beruf durchzuführen.“ Brüssel, 12. November. (W. T. B.) Der „Nord“ bespricht die An sprache des Kaisers von Rußland an die Vertreter des Adels und der Stadtgemeinde Moskau's und hebt hierbei hervor, daß die Worte des Kaisers auf die Gefahren hindeuten, welche durch eine Verzögerung der Krisis hervorgerufen werden würden. Die Worte seien Worte des Friedens. Rußland habe kein eigenes Interesse, es verlange nur die wirkliche Ausführung der Reformen, die von allen Großmächten als nothwendig anerkannt seien.

Rumänien. Bukarest, 12. November. (W. T. B) Fürst Karl ist heute Vormittag nach Krajowa abgereist.

Amerika. New⸗York, 11. November, Vorm. (W. T. B) Die neuesten Nachrichten lauten zu Gunsten der Wahl Hayes'. Der Präsident Grant hat Befehle erlassen zur Aufrechterhal— tung des gesetzlichen Verfahrens und zur Verhütung von Wahlfälschungen. Die Stimmung ist aller Orten eine sehr aufgeregte.

Asien. Chin a. Peking, 13. September. Der Kaiserlich Deutsche Gesandte, Herr von Brandt, ist am ]. d. M. von seiner Reise nach Tchifu wied er hierher zurück— gekehrt. Derselbe hat, wie verlautet, ebenso wie die Offiziere und Mannschaften der auf der dortigen Rhede stationirten Korvette „Vineta“ bei den chinesischen Behörden eine über— aus zuvorkommende Aufnahme gefunden. Der General— Gouverneur Li hung chang hat am 28. v. M. dem Kom⸗ mandanten der „Vineta“ seinen Besuch an Bord erwidert und sich über den ihm dort zu Theil gewordenen Empfang in den wärmsten Ausdrücken ausgesprochen. Am 30. v. M. gab Li fn chang den in Tchifu befindlichen Gesandten und Schiffskommandanten ein großes Bankett ein Ereigniß in den Annalen des europüäisch⸗-chinesischen Verkehrs. Auch auf das Gedeihen der deutschen Marine wurde dabei ein Toast ausgebracht und von Herrn von Brandt durch einen Trink⸗ spruch auf das Wohl Chinas, des „ältesten Reiches der Erde“ erwidert.

Nach einer Mittheilung der „Peking-Zeitung“ sollen die chinesischen Truppen bei Urumtri erhebliche Vortheile gegen die Rebellen davon getragen haben. Dagegen ist von dein in der „Times“ gemeldeten Vormarsche Jacub Chans gegen China bisher hier nichts bekannt.

Afrika. K Kairo, 12. November. (W. T. B.) Ueber den Grund der Verhaftung des ägyptischen Finanz-Ministers wird weiter gemeldet, daß der Minister ein Komplot gegen den Khedive anzustiften suchte, indem er die religiösen ö. der Bevölkerung gegen die von Göschen

. Graf Andrassy ist heute zur Beisetzung der Leiche

und Joubert vorgeschlagenen Finanzmaßregeln aufreizte und den . beschuldigte, er wolle Aegypten an die Christen verkaufen. Der Minister wurde vor ein Spezialgericht ge— stellt, das ihn zur Verbannung nach Dongola verurtheilte. Der Verurtheilte ist heute früh dorthin abgegangen.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Cöln, Montag, 13. November. Die „Kölnische Zeitung“ enthält nachstehende, von den Ministern Depretis, Mancini, Nicotera und Mezzacapo unterzeichnete Immediateingabe an den König: „Sire! Die Funktionen des Kardinal-⸗Camerlengo der heiligen Kirche entwickelten sich in den Jahrhunderten, welche der Wiederherstellung des apostolischen Stuhles in Rom folgten, bis zum Jahre 1846 und nahmen in dem Mecha— nismus der römischen Regierung besondere und unabhängige Form an. Unter Pius JX. bis zu den von diesem Papste eingeführten Neuerungen stand der Kardinal⸗Camerlengo allen Zweigen der ökonomischen und politischen Verwaltung des Staates vor und wurde dafür von dem Tribunale und Kol⸗ legium der Kleriker der Camerg entschädigt. Während der Sedisvakanz konzentrirte sich in seinen Händen und dem Tribunal und Kollegium die oberste Ge⸗ walt in politisch⸗administrativer Verwaltung, über die ie Provinzen, welche das weltliche Patri⸗ monium der katholischen Kirche bildeten. Zu den Amts⸗ attributen des Kardinal-Camerlengo gehörte sodann auch alles auf Konstatirung des Hinscheidens des Papstes Bezügliche, sowie die Sicherstellung der Korrespondenz und alles desjenigen, was auf die Person des Papstes oder der von dem Verstor⸗

benen bewohnten Räumen Beziehung . In Anbetracht, daß ein derartiger Akt ausschließlich politischer und administra⸗ tiver Natur ist, da es sich dabei handelt, die Authentizität des legitimen Nachlasses des Staatsoberhauptes zu konstatiren, so⸗ wie Dokumente und Vermögen des heiligen Stuhles oder der Krone zu bewahren und auch zu veranlassen, daß diese nicht mit privatem oder persönlichem Eigenthum des verstorbenen Papstes vermengt werden; in Anbetracht, daß Ew. Majestät Regierung in dieser Hinsicht nothwendiger Weise Erbe und Nachfolger der Attributionen des obengenannten Kardinal⸗Camerlengo ist, um Schutz und Billigkeit zu sichern; in Rücksicht auf den Geist des Garantiegesetzes, auf die thatsächlichen Zustände Roms und die Interessen der Katholiken gegenüber dem heilgen Stuhle, in Zeugenschaft der Sorgfalt von Ew. Majestät Regierung für Alles, was zum Decorum und Eigenthum des heiligen Stuhles während des Zwischenreiches gehört, haben die Unterfertigten die Ehre Ew. Majestät folgende Maßrgeln zur , , . zu unterbreiten: 1) Der Kriegs ⸗Minister hat dem Befehlshaber der Jäger-Bataillone in Rom Instruktionen zu ertheilen, daß sobald der Tod des Papstes offiziell bekannt geworden, dieser die Verantwortung übernehme, das äußere Circui⸗ tum des Vatikans und dessen Umgehung zu überwachen und sich , , jeden Zwischenfalles mit den öffent⸗ lichen Sicherheits behörden ins Einverständniß zu setzen. 2) Sobald der Tod des Papstes mit Sicherheit vernommen, soll der Präfekt von Rom den Kardinal⸗-Lamerlengo, den Majordomus und den Maestro di Camera des Papstes, sowie zwei der päpstlichen Aerzte und die zwei Sekretäre der Camera ein— laden, ihm bei der Todtenbeschauung und zur Durchführung der vormals bestehenden Formalitäten beizustehen. 3) Vor⸗ ausgesetzt, daß eine Weigerung erfolgt, soll der Präfekt in Begleitung des Questors, des Proxinzial- und Gemeindearztes sowie mit zwei Notaren und vier Zeugen in den Vatikan und bis in die Gemächer, welche der Papst bewohnt, dringen, selbst wenn er Widerstand fände. 4) Nach der Todtenschau soll der Präfekt den Ring (del pescatore) in Besitz nehmen und den⸗ selben an den Kardinal-Decan gleichzeitig mit dem Protokoll Todtenschau senden. 5) Inzwischen sollen beide Notare an alle Möbel, welche sich in den Gemächern des Papstes befin⸗ den, Siegel legen. 6) Der Quästor von Rom soll für die innere Ordnung im Vatikan verantwortlich sein und deshalb die ihm nothwendig erscheinenden Maßregeln ergreifen, er soll ein genaues Verzeichniß über alle im Vatikan woh— nenden Personen aufnehmen. 7) Der Kardinal Erzpriester von St. Peter soll verständigt werden, daß nach 24 Stunden der Leichnam des Papstes dem Klerus der Basilika für das übliche Leichenbegängniß zur Verfügung steht. 8) Sobald der päpstliche Leichnam seine Gemächer verlassen hat, sollen die Notare wieder die Siegel abnehmen. 9) Ein vollständiges allgemeines Inventar soll über alle im Vatikan und seinen Dependenzen bestehenden Gegenstände aufgenommen werden.

Rom, Montag, 13. November, Vormittags. Nach den bisher bekannt gewordenen Resultaten der engeren Wahlen sind bei denselben 97 Kandidaten der Fortschritts— partei und 235 Kandidaten der gemäßigten Partei gewählt worden. Unter den Gewählten befinden sich u. A. Garibaldi, Depretis, Brin, Lanza, Crispi, Ricasoli, Peruzzi, Mantinelli,

stari und Correnti. Unterlegen sind: Visconti⸗Venosta, Baslogi, Broglio, St. Bon, Gerra.

Ragusa, Montag, 13. November. Hier eingelangter Nachricht zufolge haben sich die Insurgenten der Herze⸗ gowina nach der Suttorina begeben, um innerhalb der De— markationslinie zu stehen. Sämmtliche Insurgenten— führer sind zu einer Berathung nach Cettinje berufen worden.

Kairo, Sonntag, 12. November, Abends. Der zur Verbannung nach Do ngola verurtheilte ehemalige Finanz⸗ Minister ist heute während der Fahrt auf dem Nil nach seinem Bestimmungsorte plötzlich gestorben.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 13. November. In der vorgestrigen Sitzung der Justizkommission des Deutschen Reichstages begann dieselbe die Berathung der Bundesraths⸗Vorschläge zur Strafprozeß⸗ ordnung. S. 1, 2. wonach, wenn der Inhalt einer Druckschrift den Thatbestand einer strafbaren Handlung bildet, die Handlung, soweit die Verantwortlichkeit des Verfassers, Herausgebers, Redakteurs, Ver— legers und Druckers in Frage steht, nur an dem Orte als begangen gilt, an welchem die Druckschrift erschienen ist, wurde, entgegen dem Vorschlage des Bundesraths, von der Kommission aufrecht erhalten. Der. Vorschlag des Bundesraths, den Kommissionsbeschluß (S. 17, 3), daß ein Richter, welcher bei der Entscheidung über die Er⸗ öffnung des Hauptverfahrens mitgewirkt hat, von der Mitwirkung bei dem Hauptverfahren ausgeschlossen ist, einfach wieder zu beseitigen, wurde zwar abgelehnt, dagegen auf einen Vermittelungsantrag des Abg. Pr. v. Schwartze der erwähnte Beschluß durch einen anderen ersetzt, wonach an dem Hauptverfahren vor der Strafkammer nicht mehr als zwei von denjenigen Richtern, welche bei der Ent⸗ scheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens, mitgewirkt haben, und namentlich der Richter, welcher Bericht über den An⸗ trag der Staatsanwaltschaft erstattet hatte, nicht theilnehmen dürfen. Der Vorschlag des Bundesraths auf Wiederherstellung des §. 41 in der Vorlage, wonach gegen die Versäumung der Frist für die An⸗ bringung des Gesuchs um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine Wiedereinsetzung nicht stattfindet, wurde abgelehnt. Der Vor⸗ schlag des Bundesraths, betreffend den Zeugnißzwang von an einem strafbaren Preßerzeugniß betheiligten Personen (5. 44a) wurde an das Plenum des Reichstages zur Erledigung ,. Der Vorschlag des Bundesraths, auf Wiederherstellung des Abs. 2 des 8. 89, be⸗ treffend die nicht richterliche Beschlagnahme, in der Fassung der Bundesvorlage, wurde von der Kommission jwar ab— gelehnt, dagegen wurde ein Vermittelungsantrag genehmigt. Der Vorschlag des Bundesraths, auf Streichung des Kommissiens— beschlusses zu 8. 90, wonach bei Uebertretungen die Beschlag⸗ nahme von verschlossenen Briefen auf der Post, sowie von Telegrammen auf den Telegraphenanstalten unzulässig ist, wurde enk migt. dafür aber wurde dem folgenden Paragraphen auf den Intrag des Abg. Becker ein Satz eingefügt, wonach die Staats⸗ anwalkschaft zur Beschlagnahme bei einer Unterfuchung, welche eine Uebertretung betrifft, niemals befugt sein soll. Der Vorschlag des Bundesraths zu 8. 96 wurde im Wesentlichen durch die Annahme eines Antrages des Abg. v. Puttkamer genehmigt, wonach bei der Durchsuchung einer Wohnung ein Gemeindebeamter zuzuziehen ist, wenn sie ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts erfolgt. Der Vorschlag des Bundesraths, die Staatsanwaltschaft zur Durchsicht der in Beschlag genommenen Papiere für befugt zu erklären (53. 99, wurde abgelehnt. Die auf Streichung des Abs. 1, des 2. Satzes im Abs. 4 und des Abs. 5 im 5. 106, bekr, die Vzrwahrung und Behandlung des Untersuch ungs⸗ gefangenen gerichteten Vorschläge des Bundesraths wurden jwar ab⸗ ee, eine wesentliche Berücksichtigung erfuhren sie jedoch durch Annahme der Vermittelungsanträge der Abgg. Becker, Herz und Lasker. Der Vorschlag des Bundesraths, im 5. 126 die Bestim⸗ mung, daß in Landgerichtssachen die Vertheidigun nothwendig ist, wenn ein Verbrechen den Gegenstand der , bildet, und