Kredite hin. Sodann ging der Minister zur Charakterisirung des Etatsentwurfes für das Jahr 1877 78 über, dessen Gesammt⸗ ergebniß er durch ein Eingehen auf die Verhältnisse der einzelnen Ressorts darlegte. Bei den extraordinären Aus⸗ gaben werde es sich weniger darum handeln, neue Staats⸗ unternehmungen in Angriff zu nehmen, als vielmehr die be⸗ gonnenen mit Energie weiter resp. durchzuführen. Der Mi⸗ nister gab darauf eine statistische Uebersicht über das Verhält⸗ niß der bewilligten zu den verwendeten außerordentlichen Ausgaben seit dem Jahre 1870 und schloß mit dem Wunsche, daß die zu beschaffenden Geldmittel zum Wohle des Vaterlandes zur Verwendung kommen mögen. Sodann über⸗ gab der Finanz⸗Minister auf Grund Allerhöchster Ermäch⸗ ligung dem Hause den Entwurf des Staatshaushalts⸗ Eiats für das Jahr 187778. (Wir werden die Rede morgen in ihrem Wortlaut veröffentlichen. — Auf den Vorschlag des Präsidenten beschloß das Haus hierauf, sämmtliche in der vorigen Seffion gewählen Fachkommissionen in derselben An⸗ zahl vor der nächsten Plenarsitzung wiederzuwählen. Für
Anträge der Mitglieder und für Petitionen wird der Mittwoch jeder Woche vorbehalten. Freitag 11 Uhr.
— Der dem Hause der Abgeordneten heut vorgelegte Staatshaushalts-Etat für das Jahr vom 1. April
Schluß 127 Uhr. Nächste Sitzung
1874778 schließt in Einnahme und Ausgabe mit 651/413, 934 4, 15,76 S6 weniger als für 1876. Die dauernden Ausgaben sind auf 631,075, 87 S (4 11,915,569 6), die ein⸗ maligen und außerordentlichen Ausgaben auf 26,338,147 (6 ( 11,931,135 ) veranschlagt worden. ᷣ
— In der Ersten Beilage befindet sich die II. Ueber⸗ sicht über die amtlichen Ergebnisse der am 10. d. M. stattgehabten Reichstagswahlen. Dieselbe umfaßt den 6. Casseler Wahlbezirk aus Preußen und die übrigen deutschen Bundesstaaten. Aus den letzteren fehlen im Gan⸗ zen noch aus 4 WWahlkreisen die Resultate, die wir nachträglich mittheilen werden.
— Nach der tabellarischen Uebersicht über die von den Rübenzucker-Fabrikanten des deutschen Zolt⸗ gebiets versteuerten Rübenmengen, sowie über die Einfuhr und Ausfuhr von Zucker im Monat De⸗ zember belief sich ) in Preußen die Zahl der in Betrieb befindlichen Rübenzucker-Fabriken auf 248, die von denselben versteuerte Rübenmenge 11,483,502 Etre; es betrug ferner die Einfuhr vom Zollauslan de nach Preußen an raffinirtem Zucker aller Art 1700 Ctr,, an Rohzucker aller Art 427 Ctr., an Melasse aller Art und Syrup 20,193 Ctr.; es betrug die Ausfuhr nach dem Zollauslande (mit und ohne Steuer⸗ rückvergütung) an raffinirtem Zucker aller Art 16,5669 Ctr., an Rohzucker 167,758 Ctr., an Melasse aller Art und Syrup 21,3852 Ctr.; — I) im Deutschen Reich: die Zahl der in Betrieb befindlichen Nübenzucker⸗Fabriken auf 323; dieselben versteuerten 15, 958,284 Ctr. Rüben; es betrug die Einfuhr vom Zollauslande an raffinirtem Zucker aller Art 10,585 Ctr., an Rohzucker aller Art 429 Ctr., an Melasse aller Art und Syrup 26,247 Ctr., es betrug die Ausfuhr nach dem Zollauskande an raffinirtem Zucker 17,5763 Ctr, an Roh⸗ zucker 169,760 Ctr,, an Melasse und Syrup 23,846 Ctr. — Im Deutschen Reich wurden im ganzen Jahre 1876 ver⸗ steuert 52, 965, 963 Ctr. Rüben, die Einfuhr vom Zoll⸗ auslande betrug an raffinirtem Zucker aller Art 68,831 Ctr., an Rohzucker aller Art 10,946 Ctr., an Melasse und Syrup 100,157 Ctr.; die Ausfuhr nach dem Zollauslande belief sich an raffinirtem Zucker auf 56,352 Ctr., an Roh— zucker auf 598, 103 Ctr, an Melasse und Syrup 127,622 Ctr.
— Durch Allerhöchste Kabinets⸗Ordre vom 9. d. M. ist bestimmt worden, daß im Falle eines Krieges für das Reserve⸗ Geschwader oder im Frieden bei Vereinigung von 2 und mehr Panzerschiffen für den Commandeur, wenn er Kapitän zur See ist, die Erlaubniß zur Führung des Commodore— Standers im Großtopp bei Sr. Majestät nachgesucht wird. Werden dagegen Schiffe und Fahrzeuge von geringerer Leistungsfähigkeit wie im Kriege die Flottillen unter einem Kommando vereinigt, so ist für den Commandeur, wenn er ein Kapitän zur See ist, die Erlaubniß zur Führung des Commodore⸗Standers im Vortopp bei Sr. Majestät nach⸗ zusuchen. Der Stab für eines dieser Kommandos soll aus 1 Flagg-Lieutenant, 1 Geschwader-Arzt, 1“ Geschwader-Zahl⸗ meister, 1“ Geschwader⸗Schreiber bestehen und ist, wenn der Commandeur gleichzeitig Sommandant eines Schiffes ist, aus dem Besatzungsetat dieses Schiffes zu nehmen, anderenfalls aber besonders zu kommandiren.
— Die durch die Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 begonnene Reform der kommunalen Selbstverwaltung in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen, welche durch die Provinziglordnung vom 29. Juni 18755 auf die Bezirks und Provinzial⸗Verfassung erweitert worden ist, hat durch das Gesetz vom 26. Juli 1876, betreffend die Zuständig⸗ keit der Verwaltungsbehörden 2c. ihren Abschluß erhalten.
Es erschien daher zweckmäßig, nunmehr dasjenige Ver⸗ zeichniß der auf Grund der Provinzial-Ordnung vom 29. Juni 1375 gewählten Mitglieder der Pro vin⸗ zial-Landtage in den genannten Provinzen, welches im Jahre 1875 als Gesetzesbeilage des „Deutschen Reichs-An⸗ zeigers“ Nr. 10 erschienen ist, nach Berichtigung der inzwischen eingetretenen Aenderungen nochmals zu verbffentlichen und durch die Namen der titglieder bezw. Stellvertreter der übrigen seitdem konstituirten Organe der provin⸗ ziellen Selbstverwaltung zu ergänzen. Der Vollstän⸗ digkeit wegen sind dann auch noch die Mitglieder der Pro⸗ vinzial Landtage und provinzialständischen Ausschüsse in den anderen Provinzen des preußischen Staats in das Verzeichniß aufgenommen worden. Dasselbe, welches in dieser Vollstän⸗ digkeit zum ersten Male veröffentlicht wird, umfaßt daher: LI Für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen die Mitglieder A. des Provinzial⸗Landtags, B. des Provinzial⸗Ausschusses, O. des Provinzialraths, D. des Be⸗ zirksraths. 2) Für die Provinz Posen: des Provinzial⸗Landtags. 3) Für die Provinzen Schleswig-Holstein, Westfalen und die ö A. des Provinzial⸗Landtags, B. des Provinzial⸗ ständischen Verwaltungsausschusses, C. der oberen ständischen Beamten. 4) Für die Provinz Hessen⸗Nassau und die Hohen⸗ zollernschen Lande; der Kommunal-Landtage, Ausschüsse ze. Die Namen der Mitglieder und Stellvertreter sind sämmtlich amtlichen Quellen entnommen. Das Verzeichniß ist in Carl . Verlag hierselbst (8W. Königgrätzerstraße 109) er⸗
ienen. = Als Aerzte haben sich niedergelassen: Dr. Lavreysen in Winningen, Dr. Treitel in Königsberg i. Pr.,
Arzt
kalnys in Liska⸗Schaaken, Dr. Franz Schulze in Glowitz, 5 Eckstein * Belgard, Dr. Se en in Neu⸗ Stettin, Br. Klamt in Löwenberg, Dr. Hautzsch in Herms⸗ dorf U. K., Dr. Goemann in Hannover, Augenarzt Dr. Strasser in Hannover. .
Württemberg. Stuttgart, 15. Januar. (W. T. B.) Der König hat heute Vormittag dem sein 50 jähriges Dien st jubiläum begehenden kommandirenden General des XIII. Armee⸗Corps, v. Schwartz koppen, in dessen Wohnung persönlich seinen Glückwunsch dargebracht. Zu Ehren des Jubilars findet ein Festmahl der Offiziere im Königsbau statt.
Sessen. Darmstadt, 13. Januar. Die Zweite Kammer wird nicht, wie früher beabsichtigt, am 22. d. M., sondern erst später und zwar, wie das „Frankf. J.“ meldet, wahrscheinlich am 29. d. M. zusammentreten, da der Druck ausführlicher Berichte, insbesondere des Finanz-Ausschusses, vorerst noch beendet werden muß. Der Petitions- und Be⸗ schwerde⸗Ausschuß wird sich am 19. d. M. zur Erledigung zahlreicher Angelegenheiten, und zwar für mehrere Tage hier einfinden.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 13. Januar. Ueber den augenblicklichen Stand der Erzeugung und Beschaffung⸗ der Uchatiuskanonen theilt das „Fremdenbl.“ Fol⸗ gendes mit:
Der zur Ausrüstung der Artillerie mit dem neuen Materiale eingetretene Bedarf besteht in: 2000 Rohren, 230 Lafetten, 2340 Hinterwagen, 5MN0 Protzen, 1030, 080 Geschossen, 312,200 Munitions⸗ derschlägen, nebst einer entsprechenden Anzahl von Pulverpatronen, Zuͤndern und Geschützausrüstungs⸗Gegenständen. Um diesen Bedarf so schnell wie möglich zu decken, wurde eine bedeutende Vermehrung der Werkseinrichtung im Arsenale vorgenommen, die Zahl der Arbeiter bis auf 2309 und die tägliche Arbeitsdauer von 16 auf 12, bei der Geschützerzeugung sogar auf 14 Stunden gesteigert. Ueberdies wurden sämmtliche leistungs fähigen Privatetablissements der Monarchie zu Lieferungen herangezogen. Der schwierigste Theil der Beschaffung waren unstreitig die Geschützrohre, und nur durch die Einführung der Stahlbronze⸗Rohre und durch den Umstand, daß deren Erzeugung mit einer kaum zu erwartenden Sicherheit ⸗on 1009 Rohren ist nicht eines mißlungen) und Schnelligkeit (monatlich bis 100 Stüch) fortschreitet, ist es gekungen, daß nach Ablauf des ersten Erzeugungs⸗ jahres (13576) bereits 13090 Rohre fertig sind, und daß, da nur 1500 Rohre zur ersten Ausrüstung der gesammten Artillerie⸗-Regi⸗ menter nöthig sind, während die übrigen 5090 Stück als Reserve dienen, bis Ende März d. J. die Ausrüstung der Artillerie als gesichert betrachtet werden kann. Die Erzeugung der La— fetten, Hinterwagen und Protzen konnte, da noch Versuche und Konstruktionsänderungen noͤtbig waren, erst mit Juni 1876 in Gang gebracht werden. 150 Lafetten wurden Anfangs von Privaten geliefert, man zieht es aber vor, die übrigen sämmtlich im Arsenale erzeugen zu lassen, und ist diese Arbeit jetzt schon so eingeübt, daß wöchentlich 45 Stück fehlerfrei erzeugt werden, im Ganzen schon 1109 vorhanden sind und mit Ende Februar die Lafettenerzeugung gleichen Schritt mit der Erzeugung der Rohre halten wird. Den⸗ felben Verlauf nimmt die der Privat⸗Industrie anvertraute Erzeugung der Hinterwagen und Protzen. Von ersteren sind bereits L260, von letz teren 206 Stücke eingeliefert, und es ist nicht mehr zu besorgen, daß sie nicht gleichen Schritt mit den Geschützrohren halten würden. Auch die Lieferung der Geschosse ist, nachdem die bedeutenden Anfangsschwierigkeiten überwunden sind, in lebhaftem Uufsteigen begriffen. Es sind bereits 450 00 Stück gegossen, und steigt die Anzah Aieferten von Tag zu Tag, so daß ein Mangel nicht mehr eintreten Tann. Sehr große Schwierigkeiten bietet die Herbeischaffung der großen Zahl von Munitionsverschlägen, deren Ausfertigung eine für ähnliche Gegenstände sonst nicht übliche Ge⸗ nauigkeit erfordert, weshalb die Nothwendigkeit eintritt, den größten Theil derselben im Arsenale zu erzeugen. Hierzu kommen noch die Geschoßzünder, welche eine über jeden Begriff gehende Sub⸗ tilität der Ausarbeitung fordern. Die Erzeugung liegt ganz in Privathänden unter steter, strengster Ueberwachung durch Artillerie⸗ Offiziere. Anfangs schien es fast unmöglich, die Arbeiter an solche ihnen ganz unbekannte Genauigkeit zu gewöhnen, und es ist noch gar nicht lange her, seitdem nur halbwegs namhafte Quantitäten ge⸗ liefert werden. Glücklicherweise geht es aber mit diesem Artikel, so⸗ bald einmal die ersten Schwierigkeiten überwunden sind, sehr rasch vorwärts, so daß in einigen Monaten der ganze Bedarf gedeckt sein wird. 1
— Die „N. fr. Pr. berichtet aus Feldkirch, 13. Januar, über eine Bewegung gegen die Goldwährung: „Heute fand eine friedliche Revolulion im Fürstenthum Liechtenstein gegen die Goldwährung statt. Sechshundert Mann aus der unteren Landschaft zogen nach dem Landeshauptort Vaduz und ver— langten vom Landesverweser durch Deputirte die Landtags⸗ auflösung und die Zurücknahme des neuen Münzgesetzes, widrigenfalls sie den Anschluß an Oesterreich anstreben würden. Der Landesverweser versprach, einen Bericht an den Fürsten zu entsenden, worauf die Demonstranten in größter Ordnung abzogen.“
Pest, 12. Januar. Von einem „verläßlichen Gewährs— mann“ erhält der Pester Lloyd“ aus Wien folgende Mit⸗ theilung über die Bankfrage: Es sei Thatsache, daß das ungarische Ministerium seinen Standpunkt nach Abbruch der Verhandlungen in einem besonderen Memorandum an die Krone niedergelegt hat. Falsch sei jedoch, daß das Memo⸗ randum den österreichischen Regierungsmännern offiziös zur Kenntniß gebracht wurde; ebenso falsch sei, daß das öster⸗ reichische Ministerium ein Gegen⸗Memorandum ausgearbeitet habe. Die österreichische Regierung habe in dem Ofener ge⸗ meinsamen Ministerrath sowohl der Krone wie den ungari— 961 Ministern gegenüber in offener und unumwundener Weise , Gründe auseinandergesetzt, welche ihr ange⸗ sichts der ablehnenden Haltung der Bank und der Enuncia⸗ tion der Verfassungspartei es absolut unmöglich machen, das abgelehnte Bankstatut der Mai⸗Stipulgtionen speziell in der von der ungarischen Seite gegebenen Auslegung zur Durch⸗ führung zu bringen. Die österreichischen Minister hätten schon damals keinen Anstand genommen, für sich aus der veränder⸗ ten Sachlage die natürlichen Konsequenzen im Sinne des parlamentarischen Prinzips zu ziehen. Seit dieser Zeit sei von Wien bis jetzt kein offizieller Schritt geschehen. Die Ruhe in der Bankfrage sei jedoch nur eine scheinbare, Es sei eine verhürgte I ch! a die Bankdirektion Gelegen⸗ . genommen hat, Gegenpropositionen zu formuliren. Die⸗ elben seien vertraulich den zunächst Interessirten mitgetheilt worden. Dieselben seien den österreichischen wie den unga⸗ rischen Ministern bekannt. In politischen und Wiener Bankkreisen schmeichele man sich mit der Hoffnung, daß diese ö den erwünschten Anknuͤpfungspunkt bieten Ursten.
Großbritannien und Irland. London, 13. Ja⸗ nuar. Nach der „London Gazette“ ist der Contre⸗Admiral A. W. Hood an Stelle des Vize⸗Admirals Hornby zu einem
der Lords⸗Kommissare der Admiralitãt ernannt worden. — Kapitän Hugh Campbell von der Königlichen Marine ist an Stelle des zu einem höheren Posten in der Flotte avan⸗ cirten Fürsten von Leiningen zum Commodore der Käönig⸗ lichen Jacht Victoria C Albert“ ernannt worden. — Graf Beu st ist am Donnerstag Abend nach kurzer Abwesen⸗ heit wieder hier angekommen. — Sofort nach Zusammentritt des Parlamentes wird, der „E. C.“ zufolge. Prof. Fawcett
einen Antrag stellen auf Einsetzung eines Sonder⸗Ausschusses.
zur Prüfung der indischen Finanzverhältnisse. — Wie die „A. A. C.“ mittheilt, sendet die Regierung an⸗ sehnliche Guantitäten von Munition nach dem Kap der guten Hoffnung.
— 15. Januar. (K. Itg.) Das Indische Amt ver⸗ öffentlicht eine an den General⸗Gouverneur abgesandte Depesche, betreffend die Hungersnoth. Vertretungsweise zeichnete Carnarvon statt Salisbury. Die Hungersnoth betrifft in den Präsidenturen Madras und Bombay zusammen ungefähr 134000 (engl) Q-⸗Meilen mit 26 Millionen Menschen, aus⸗ schließlich des nichtenglischen autonomen Gebiets. Der Höhepunkt der Noth wird für April erwartet und danach die allmähliche Abnahme bis September, wo dieselbe voraussichtlich aufhören wird. Carnarvon heißt die von der dortigen Regierung ein⸗ geleiteten Maßregeln gut, namentlich die öffentlichen Bauten, bei welchen augenblicklich über eine Million Menschen be⸗ schäftigt sind. Anscheinend ist staatlicher Ankauf von Getreide⸗ vorräthen unnöthig. Carnarvon erbittet wöchentlich genauen Drahtbericht über die Lage, namentlich die Getreidepreise.
— 16. Januar. (W. T. B.) Aus Capetown einge⸗ gangene Meldungen vom 27. v. M. bringen beunruhigende Nachrichten aus dem Sululande. Die Missionen haben das Land verlassen, und der Häuptling Cettjways, der früher einer Okkupation des streitigen Gebietes durch englische Truppen zugeneigt war, weigert sich jetzt, auf eine Verein⸗ barung einzugehen. Es heißt, derselbe habe einen Brief des englischen Bevollmächtigten Shepstone uneröffnet zurückgeschickt und an der Grenze des streitigen Gebiets seine 8000 Krieger in einem großen Kraal zusammengezogen.
Frankreich. Paris, 14. Januar. (K. Ztg.) Zu den öffentlichen Gebeten, welche heute in der Notre⸗-Dame⸗ Kirche stattfanden, hatte sich die ganze offizielle Welt von Paris und zahlreiche Offiziere eingefunden. Nur der Ge⸗ meinderath von 2 und der Generalrath des Seine⸗Depar—⸗ tements, die antiklerikal sind, waren nicht offiziell vertreten. Der Erzbischof von Paris stand der Feierlichkeit vor. — Der Kriegs-Minister hat an die Oberkommandanten der Armee⸗-Corps ein Rundschreiben gerichtet, worin er die Offiziere der Territorial-Armee ermächtigt, militärische Versammlungen abzuhalten und sich zu denselben in Uniform zu begeben. Der Minister ergreift diese Maßregel, damit die Offiziere Gelegenheit haben, sich militärisch auszubilden und zugleich den Bevölkerungen darzuthun, daß die Ter⸗ ritorial Armee und ihre Cadres wirklich bestehen. — Der „Moniteur“ meldet, daß die Regierung Alles auf⸗ bieten werde, um die jetzige Session zu einer Arbeitssession zu machen, die mit ihren Geschäften bis zum August fertig werde und eine außerordentliche Herbstsession überflüssig mache; die Linke sei damit einverstanden.
— 15. Januar. Der „Moniteur“ behauptet, der Conseils⸗Präsident Jules Simon 6 in gestriger Zu⸗ sammenkunft mit den Deputirten aus dem Seine⸗-Departement nicht allein die Amnestie, sondern auch jeden Antrag betreffs Einstellung der Verfolgungen gegen die Aufständi⸗ schen von 1871 bekämpft. — Benoist d' Azy, der Direktor der Kolonial⸗Angelegenheiten im Marine⸗Ministerium, soll durch den Unter⸗Direktor Michaud ersetzt werden. — Der radikale Verein „Union Republicaine“ hielt heute Sitzung und erneuerte seinen Vorstand. Laussedat wurde an der Stelle Lepere's zum Vorsitzenden ernannt.
Spanien. Madrid, 10. Januar. Die „Gaceta“ veröffentlicht ein Dekret, welches dem General -Lieutenant Pavia das Großkreuz des heiligen Ferdinand verleiht, eine Dekoration, mit welcher eine Pension von 19,900 Pesetas (etwa 8006 MS) verbunden ist. Der Genuß derselben beginnt mit dem 22. September 1873, dem Tage, an welchem sein Feldzug gegen die Insurrektion in Andalusien seinen Abschluß fand. — Dem „Tiempo“ zufolge würde der König am 27. die Investitur der militärischen Orden empfangen und am 28. nach Cartagena abreisen, wo er sich zu einem Besuche der spanischen Mittelmeerküsten einschiffen würde.
— 11. Januar. Die amtliche „Gaceta“ veröffentlicht das vom König sanktionirte Gesetz, welches alle konstitu⸗ tionellen Garantien wiederherstellt, ausgenommen in Navarra, Biscaya, Alava und Guipuzcoa.
— 13. Januar. Der König wird morgen die birmanischen Gesandten empfangen, die hier einge⸗ troffen sind, um einen Handels- und Schiffahrtsvertrag mit Spanien zu schließen. — Die „Epoca“ erklärt die Nachricht, nach welcher die Ernennung des päpstlichen Nuntius für Madrid auf Schwierigkeiten gestoßen wäre, für ungenau. — Eine offizielle Depesche aus der Havana meldet, daß See⸗ räuber auf hoher See das Schiff „Montezuma“ verbrannt haben. Um der Verfolgung zu entgehen, hat sich die Besatzung auf Schaluppen gerettet.
Hendaye, 12. Januar. (Ag. Hav.) Der zwischen der Re⸗ gierung und Navarra zu Stande gekommene Vergleich be⸗ zieht ö. nur auf die direkten Kontributionen. Mit den baskischen Provinzen ist keine Uebereinkunft abgeschlossen worden. ;
Bilbao, 13. Januar. (Ag. Hav.) Die baskischen Zei⸗ tungen kommentiren das in Pampeluna zwischen der Re⸗ gierung und Navarra zu Stande gekommmene Convenio. Sie kritisiren mit Strenge das von der naygrresischen Depu⸗ tation beobachtete Verfahren. Die Bevölkerung ist zum Widerstande entschlossen. Der Graf Teja da, der gegen⸗ wärtig in Madrid weilt, wird nächstens zurückkehren, um die Verhandlungen fortzusetzen.
Italien. Rom, 16. Januar. (W. T. B.) Der „Italie“ zufolge hat der Papst den Kardinalskongregationen 10 ihm von den Bischöfen Deutschlands eingesandte Fragen bezüglich des Verhaltens des Klerus gegenüber der deutschen Regierung vorgelegt. Ferner hätte der Papst an die Kardinäle eine Anzahl anderer Fragen gerichtet, welche sich auf die Auslegung einiger früher von dem päpstlichen Stuhle ertheilter Instruktionen beziehen. Die Entschließungen . , würden wahrscheinlich demnächst veröffentlicht
erden.
Türkei. Konstantinopel, 15. Januar. (W. T. B. Ueber den Verlauf der gestrigen Konferenzsitzung wir folgendes Nähere gemeldet: Lord Salisbury machte im Namen feiner Kollegen Mittheilung von den letzten Vorschlägen der Mächte in der festgesetzten gemilderten Fassung. Hiernach wird die internationale Gensd'armerie, die Kantonirung der türki⸗ schen Truppen und die Delimitation Bulgariens ganz auf⸗ Cee e, Die Frage, betreffend die Abtretung Zworniks an Serbien bleibt in suspenso; was die Vergrößerung Montenegros angeht, so wird dieser Punkt nach der von der Pforte hierüber acceptirten Ansicht reduzirt, so daß man mithin alle streitigen Punkte fallen läßt, ausgenommen die beiden, betreffend die Ernennung der Gouverneure und die Ueberwachungs⸗ kommission. Aber auch diese Punkte sind gemildert. Die Gouverneure sollen nur für die ersten 5 Jahre von Seiten der Machte bestätigt werden. Die europaische Kommission soll durch eine gemischte, europäisch⸗türkische Kommission ersetzt werden. Nach dieser Mittheilung erklärte der Marquis von Salisbury, daß er, wenn die Pforte diesen letzten Vorschlägen nicht zustimme, Befehl habe, sich zurückzuziehen. Sir Elliot erklärte gleichfalls, daß er ange⸗ wiesen sei, sich in diesem Falle zurückzuziehen und einen Geschäftsträger zurückzulassen. Sämmtliche übrigen Bevoll⸗ mächtigten gaben hierauf nach einander identische Erklärungen ab, einige, indem sie das hohe Interesse betonten, welches die Pforte daran habe, den Vorschlägen zuzustimmen. Safvet Fascha antwortete, er bedauere diesen Entschluß und müsse der Pforte behufs ihrer endgiltigen Antwort Bericht erstatten, halte es aber nicht für möglich, daß dieselbe in den zwei bereits abge⸗ lehnten Punkten, betreffend die Einsetzung einer Kommission und die Gouverneurfrage nachgeben könne, da dieselben die Unab⸗ hängigkeit der Pforte berührten. Indeß werde die Pforte die Mittheilung pruͤfen und in der nächsten Sitzung definitiv ant⸗ worten. Letztere soll am Donnerstag, event. wenn die Pforte zu einer Antwort noch nicht bereit ist, am Sonnabend statt⸗ finden. Der aus 180 Würdenträgern bestehende türkische große Rath wird einberufen werden und die definitive Ant⸗ wort festsetzen. Falls die Pforte, wie als wahrscheinlich gilt, ablehnend antwortet, werden die Delegirten und Botschafter Konstantinopel sofort verlassen.
Pera, 15. Januar. (W. T. B.) Die Bevollmächtig⸗ ten der europäischen Mächte haben in der heutigen Sitzung der Delegirten der Pforte ihre gemilderten Vor⸗ schläge unter der Erklärung mitgetheilt, daß sie allesammt bei einer ferneren Weigerung der Pforte Konstantinopel ver⸗ lassen würden. Die Delegirten der Pforte wollen ihre defi⸗ nitive Antwort nächsten Sonnabend mittheilen; es gilt für wahrscheinlich, daß dieselbe ablehnend lauten werde.
Wien, 15. Januar. (W. T. B.) Die „Politische Kor⸗ respondenz“ veröffentlicht den authentischen Wortlaut der zwischen der rumänischen und türkischen Regierung betreffs der Auslegung der türkischen Verfassung gew ech⸗ felten Depeschen und zwar 1) eine Depesche des rumänischen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Jonescu an Ghika vom 3. d., in welcher die rumänische Regierung unter Berufung auf die Kapitulationen und Verträge, die Bestimmungen der otto⸗ manischen Charte in Allem, was Rumänien angeht, für null und nichtig erklärt und in der formellsten Weise gegen die Verletzung der durch die Verträge garantirten Rechte Ru⸗ mäniens protestirt. Das zweite Aktenstück ist eine De⸗ pesche Safvet Paschas an Ghika vom 4. d., in welcher erklärt wird, daß die Stellung der vereinigten Fürsten⸗ thümer durch die türkische Verfassung nicht alterirt worden sei. Endlich veröffentlicht die „Polit. Korrespondenz“ noch eine Depesche Jonescu's an Ghika vom 10. d. Dieselbe sagt, daß nur eine formelle Erklärung der Pforte Rumänien befriedigen könne, in welcher ausgesprochen werde, daß Ru⸗ maänien nicht in den von der Charte besprochenen Provinzen einbegriffen sei und daß die Bande, welche Rumänien an die Türkei knüpfen, lediglich von den alten, durch neue Verträge besiegelten Kapitulationen herrührten.
London, 16. Januar. (W. T. B.) Die „Tim es“ betrachtet die aus Konstantinopel eingegangenen Berichte als sehr entmuthigend, giebt indeß die Hoffnung noch nicht auf, daß die Türkei es schließlich möglich finden werde, Vor⸗ schläge anzunehmen, die die Mächte, insbesondere Rußland in den Stand setzten, die orientalische Frage vorläufig als gelöst anzusehen. Die Türkei treibe ein gewagtes Spiel, wenn sie glaube, daß Nußland die Ablehnung seiner Forderungen ruhig hinnehmen werde.
Paris, 14. Januar. Der Moniteur“ hebt die Rasch⸗ heit hervor, mit welcher der „Deutsche Reichs-Anzeiger“ die über die Haltung des Botschafters v. Werther umlaufenden beunruhigenden Gerüchte widerlegt hat, und schließt daraus, daß Deutschland nicht Europa in Verwickelungen zu stürzen oder die Türkei in ihrem Widerstande zu ermuthigen suche. Der „Moniteur“ hofft wenig von der nächsten Sitzung der Konferenz, betont aber, daß es besser sei, die Einigkeit der übrigen europäischen Staaten zu erhalten, da diese, so lange die schwebenden Schwierigkeiten nicht gelöst wären, mindestens eine Bürgschaft für die Aufrechthaltung des allgemeinen Friedens darstelle.
— Ein St. Petersburger Brief der „Pol. Korr. wendet sich gegen die von türkischer Seite ausgehende Ausstreuung, daß der russische Konferenz⸗Bevollmächtigte, General Ignatieff, mit Umgehung seiner Kollegen Separatverhand⸗ lungen mit der Pforte gepflogen habe. „Es wiederholt sich hier ein altes Spiel der türkischen Diplomatie, dessen Spitze einzig und allein in dem Versuche ausläuft, das St. Peters⸗ burger Kabinet gegenüber den anderen Mächten zu verdächti—⸗
en, als ob dasselbe in der schwebenden Frage des Tages Separatzwecke verfolgen würde. Dem gegenüber ist es von Bedeutung, zu konstatiren, daß die Pforte sich allerdings nicht blos darauf beschränkt habe, Gerüchte über Separatverhandlungen zu lanziren, sondern thatsächlich wiederholt Anläufe zur Anbahnung solcher Ver⸗ e d ungen genommen habe, die ihr verdientes Schicksal ge⸗ unden haben. Nach früherer wiederholter Ablehnung jeder direkten Verhandlung mit der Pforte Seitens des St. Peters— burger Kabinets kann wohl nicht mehr im Ernste daran ge⸗ laubt werden, daß General Ignatieff sich nur deshalb bei der
Todifizirung des ursprünglichen Konferenzprogrammes auf eigene und nachträglich von hier aus nicht ohne Schwierigkeit anerkannte Verantwortung der Majorität der Konferenzmaäͤchte gefügt habe, um bei dem ersten scheinbar entgegenkommenden Schritte der Pforte die Solidarität Rußlands mit den andern Mächten in die Brüche gehen zu lassen.“
— (Engl. C) Lord Derby hat kürzlich den britischen General-Konsul in Ragusa Untersuchungen anstellen lassen in Betreff der Missethaten, welche von Montene⸗
grinern an türkischen Soldaten begangen sein sollten. Zu⸗ gleich war der General⸗Konsul angewiesen, dem Fürsten Niko⸗ laus zu erklären, daß bei dem etwaigen Wiederausbruche des Krieges es von der äußersten Wichtigkeit sein würde, wirk⸗ same Maßregeln gegen die Erneuerung solcher Schrecknisse zu ergreifen. In Antwort darauf giebt Fürst Nikolaus zu, daß Leuten, die für todt auf dem Schlachtfelde gelassen wurden, die Nasen abgeschnitten worden seien, sagt jedoch, daß er nach Entdeckung dieser Thatsache die strengsten Befehle gegeben —*— solche Dinge nicht wieder vor⸗ kommen zu lassen. Stets seit Beginn des Krieges habe er keine Anstrengung gescheut, sein Volk dahin zu bringen, daß es den barbarischen Gewohnheiten entsage, die es von seinen Gegnern erlernt habe. Die letzteren jedoch erleichterten seine Aufgabe nicht. Am allerersten Tage thatsächlichen Gefechtes steckten sie die Köpfe von 22 Montenegrinern auf der Brücke zu Podgoritza auf. Auch schnitten sie einen griechischen Priester in Stücke. Der Fürst leugnet auf das Entschiedenste, daß verschiedene Handlungen von Barbarei, die seinen Kriegern zugeschrieben werden, begangen wurden und fügt hinzu, daß Sir Henry Elliot, wenn er irgend solche Thaten an die bri⸗ tische Regierung gemeldet habe, durch falsche Darstellungen getäuscht worden sein müsse.
— Für die türkische Regierung ist wieder ein neues mächtiges Panzerschiff auf einer Privatwerft in England fertig geworden. Der Name desselben ist „Memdonizi“; das Schiff soll der „E. C.“ zufolge sowohl in Bezug auf Angriff wie auf Abwehr eins der gewaltigsten sein, die überhaupt im Besitze irgend eines Landes sind.
— Der „Pol. Korr.“ schreibt man aus 8. Januar:
In Serbien dreht sich im Augenblick Alles um die Frage, was geschehen solle, wenn die Konferenzverhandlungen in Konstan⸗ tinopel scheitern sollten. Man fragt sich, ob bei Eintritt einer sol⸗ chen Eventualitãt Serbien die Aktionsfreiheit insoweit wieder erlangt haben werde, um mit der Pforte seinen Frieden machen zu können. Ohne diese Möglichkeit würde Serbien in eine wahrhaft beklagens⸗ werthe Lage gerathen, da es zur Fortführung des Krieges absolut unfähig ist. Es ist demnach leicht erklärlich, mit welcher Spannung man in Belgrad den täglich wechselnden Meldungen aus Konstan⸗ tinopel entgegenlauscht. Die Erschöpfung der Landes ist in jeglicher Beziehung eine schwere. Die finanziellen Ver⸗ pflichtungen des Staates werden kaum zu erfüllen sein. Auf Ende April fällt der erste Termin für die diesjährige Einlösung der Coupons der ersten inneren Anleihe, wozu mindestens 70, C00 Du⸗— katen erforderlich sind. Es müssen außerdem Bons in sehr beträcht⸗ licher Höhe in kuͤrzester Zeit honorirt werden. Zu diesem außer⸗ ordentlichen Erforderniß kommt jenes für die laufenden Ausgaben. Gegenüber allen diesen, den Staatsschatz übermäßig in Anspruch nehmenden Ausgaben versiegen die Einnahmequellen immer mehr. Mehr als 40 6 der Gesammtsumme der vorgeschriebenen Steuern dürften nicht eingehen. De
Belgrad,
Die Zolleinnahmen weisen ein Defizit von
55 * gegen den Voranschlag auf. Bei allem dem ist die Steuer ⸗
kraft des Volkes lahm gelegt, da Handel und Gewerbe seit nahezu anderthalb Jahren vollständig stagniren, und die Landwirthe ihre Felder im verflossenen Sommer und Herbste theils gar nicht, theils nur spärlich, zu be—⸗ flellen vermocht haben. Uebrigens kann man der Regierung das Verdienst nicht streitig machen, in der gegenwärtigen Kalamität das Mögliche zur Abhülfe zu thun. Der größte Theil der Arbeitskräfte ift der Landwirthschaft, dem Handel und den Gewerben wieder zurück= gegeben. Es werden aus Staatsmitteln überall Sämereien vertheilt, und wird für die Wiedereröffnung der Schulen im ganzen Lande Sorge getragen. Die Skupschting ist einberufen worden. Da jedoch die Reglerung bezüglich des Termins der Eröffnung der Session ge⸗ setzlich freie Hand hat, so dürfte die Session vor Juni nicht eröffnet werden. Einstweilen ist der Staatsschatz durch die erfolgte Abreise der russischen Freiwilligen und Entlassung der Milizen bedeutend entlastet worden. Wie man wissen will, dürfte General Tschernajeff kaum mehr hierher zurückkehren. .
— Demselben Blatt wird aus Erzerum, 29. Dezember, geschrieben;
Innerhalb der letzten zehn Tage sind hierher und in das Vilajet nicht weniger als 19609 Mann aus den verschiedenen Theilen des Reiches eingetroffen. Diese 29 Bataillone haben nun den Stand des 4. (anatolischen) Armee⸗Corps kompletirt. Von diesem Corps wurde ein großer Theil im Frühjahre nach der europäischen Türkei gesandt. Jetzt sind diese alten Bekannten, leider aber in traurigem Zustande, wieder bei uns eingerückt. Die Strapazen des letzten Feldzuges in Serbien und die langwierigen Märsche haben die Mannschaft stark heruntergebracht. Aus Kon⸗ stantinopel sind 54000 Remington ⸗ Gewehre hier um die Redifs und Irregulären Anatoliens damit zu bewaffnen. Nach einer Anordnung des Seraskiers sollen auf jedes Bataillon des 4. Armee⸗Corps zwei Feldgeschütze entfallen. Zu die⸗ sem Zwecke wurden aus Top⸗Hané 24 Geschütze in den letzten Tagen hierher gebracht. Da das Corps aus 62 Bataillonen besteht, so wird
die Stärke der Artillerie desselben 124 Kanonen betragen. Mit der
Formirung der irregulären Truppen geht es recht wacker vorwärts. Beim Orte Aspassija ist ein Theil der aus dem Kaukasus einge⸗ wanderten Tscherkessen in dichten Massen angesiedelt worden. Aus diesen Tscherkessen bildet Mustafa Pascha 10 Ta⸗ bors zu je 10660 Mann. Drei Tabors werden beritten sein. Aus der kurdischen Bevölkerung sollen 50 Tabors formirt werden. Mit ihrer Organisirung ist Achmed Pascha betraut. Die Kurden zeigen sich geneigt, gegen jeden Feind sich verwenden zu lassen, wenn ihnen nur die Löohnung regelmäßig ausgezahlt wird. Die anatolischen Truppen haben ihre rückständige Lohnung in Kei⸗ mies ausbezahlt erhalten. Unser Vali JZsmail Pascha erließ ein Verbot, an die armenischen Blätter in Konstantinopel Korrespon⸗ denzen zu senden. Auch darf sich Niemand unterstehen, öffentlich Kritik an den Handlungen der Vilajetsbeamten zu üben. Diese Ordonnanzen erschienen zwei Tage nach der Proklamirung der Ver— fassung hier und in Kars.“
Rußland und Polen. Von der russischen Süd⸗ armee wird der „Pol. Korr.“ aus Kischeneff, 8. Januar, u. A. Folgendes geschrieben:
Fast stündlich langen endlose Trains an, welchen alle Waffen⸗ gattungen der Armee entsteigen. Im Verlaufe einer Viertelstunde formiren sich jedoch diese Massen mit aller erdenklichen Präzision zu prächtigen Kolonnen, die sich alsbald in Bewegung setzen, um den mit dem nächsten Zuge nachkommenden Truppen Platz zu machen. Von den neuestens hier eintreffenden Trup⸗ pen verbleiben nur sehr wenige hier; selten, daß sie sich nur einige Stunden aufhalten. Nach Allem, was man nun hier von eintreffenden Truppen gesehen, müssen schon gewaltige Massen am Pruth echellonirt sein. Dem hiesigen Publikum imponiren am meisten die eintreffenden Uralschen Kosaken. Der rößte Theil dieser Truppe besteht aus sogenannten „Inorodzen“ k Volkselemente“) namentlich aus Kirgisen. Bis jetzt ist nur die Tete dieser Irregulären hier eingelangt. Die Leute sehen gut aus und würde man nicht vermuthen, daß sie weite, strapaziöse Märsche überstanden haben. Die ersten Pulks dieser Irregu⸗ lären wurden vom Generalstabschef Nepokojtschitschki;n persönlich empfangen und besichtigt, bevor sie nach Cbotin weiter marschirten. — Die Oberleitung des Sanitätswesens der Armee hat wegen der Sanitätszüge und Transporte mit dem General⸗Kommando die detaillirten Vereinbarungen getroffen. Bei jedem Sanitätszuge haben 3 Aerzte, darunter mindestens 1 Chirurg, 3 Waärterinnen, 1 feld⸗ ärztlicher Gehülfe, 1 Apotheker oder Apothekergehülfe, 3 barmherzige
eingelangt,
und die obersten Hofchargen. die Aristokratie waren zahlreich vertreten.
Schwestern, 1 Geistlicher und 141 Sanitãtssoldaten zu fungiren. Die zum Transporte von Kranken und Verwundeten bestimmten Waggons werden durch Dampf gebeizt werden, da die Heizung durch eiserne Oefen große Uebelstände ergeben hat. — In den letzten Tagen ist die Artillerie ganz besonders verstãrkt worden. Auf jedes Bataillon sollen vier Feldgeschütze entfallen. Die Gesammtstärke der Artillerie soll sich nach glaubwürdigen Angaben auf 570 Geschütze belaufen. In Chotin werden vier Parks von Belagerungsgeschützen zusammen⸗ gestellt.
Amerika. Dem Bureau Reuter wird unterm 11. 8s. aus Washington u. A. gemeldet: Der Schatzsekretar Mr. Morrill hat Fünfzwanziger Bonds im Betrage von 19 Mil⸗ lionen Dollars zur Amortisation einberufen. — Das Reprä⸗ sentantenhaus hat die Diplomatic Appropriation Bill, welche den diplomatischen Dienst in sta: quo beläßt, ange⸗ nommen. Holmann, ein Demokrat, beantragte ein die Ge⸗ hälter herabsetzendes Amendement, das aber mit 109 gegen 59 Stimmen abgelehnt wurde. — Ein vom 11. ds. datirtes Telegramm aus San Francisco meldet: „Der Konsul der Vereinigten Staaten auf den Samoa⸗Inseln Schiffer⸗ inseln) ist hier angekommen. Er ist von der eingeborenen Regierung beauftragt, einen Vertrag mit den Vereinigten Staaten zu schließen, Kraft dessen die Regierung von Samoa von Amerika anerkannt wird und innigere kommerzielle und allgemeine Beziehungen hergestellt werden.“
— Die politische Krisis in den Vereinigten Staaten bildet das Thema eines Lätartikels in der „Times“, in welchem das leitende Blatt folgende tungen anstellt:
Der Konflikt zwischen den weißen Demokraten und deren re— publikanischen Gegnern in den amerikanischen Südstaaten weist viele groteske und bis jetzt nur wenige ernste Zwischenfälle auf. Aber die Affaire ist von Gefahren umgeben. Es ist schwer zu glauben, daß Präsident Grant viel länger sich der Einmischung oder kann, und bei der gegenwärtigen Stimmung de Fen würde eine Erneuerung der rauhen Weise, jwei Jahren General Sherman einschritt, vielleich lision beschleunigen. Andererseits, wenn man di Parteien in New⸗Orleans ihren Streit nach ihrer eigenen zum Austrage bringen läßt, ist es kaum zu erwarten, daß si weg die Vorsicht und selbst die Höflichkeit beobachten werden, bisher gegen einander entfaltet haben. Die Politik des Präsi Grant und seiner Rathgeber in Washington ist in großes Dunkel gehüllt. Der Präsident hat öffentlich die Thatsache anerkannt, daß sein Einschreiten in Louisiana vor zwei Jahren unkonsti⸗ tutionell war. Doch fällt es Einem schwer, zu glauben, daß der durch einen bewaffneten Streit um die Kontrolle über die Civilregie⸗ rung erzeugte anarchische Zustand der Dinge von der Bundesmãacht auf die Länge mit Gleichgültigkeit betrachtet werden kann. Ein ge⸗ waltsamer Konflikt in Louisiana würde sich fast sicher auf die anderen Staaten des Südens ausdehnen, und in der gegenwärtigen Aufregung dürfte sogar der Norden nicht ruhig bleiben. Es wird interessant sein zu beobachten, in welcher Weise der Präsident sich aus der Schwierig⸗ keit ziehen wird. in der ein Fehltritt unendliches Unheil anrichten würde. Den Demokraten mag es gelingen, einen lokalen Vortheil zu erringen, aber ihr Verhalten hat die politischen Geschicke ihrer Partei gefährdet, und wir können nicht sehen, daß irgend eine Entschuldigung für ihre Ungeduld vorhanden war.“ ;
New⸗Orleans, 15. Januar. (W. T. B.) Der Be— fehlshaber der hier befindlichen Bundestruppen hat von dem Präsidenten Grant die Anweisung erhalten, den von der republikanischen Partei gewählten Gouverneur Packard anzuerkennen, falls sich die Anerkennung eines der beiden von der republikanischen und von der demokratischen Partei gewählten Gouverneure nicht vermeiden lasse. Packard hat die Demokraten aufgefordert, das von ihnen besetzte Justiz⸗ gebäude zu räumen und auseinander zu gehen.
Chile. Santiago, 27. November. Die hiesigen tungen veröffentlichen einen Briefwechsel des P mit dem Präsidenten der Republik.
Das päpstliche Schreiben vom 20. Juli 1876 enthält die Beglaubigung des nach Brasilien ernannten Delegaten für Chile. Der Papst empfiehlt dem Präsidenten, den Delegaten zu unterstützen bei Allem, was dieser in Anregung bringen möge betreffs der Unverletzlichkeit der katholischen Religion, der Sorge für die heiligen Rechte der Kirche, der Ueberwachung der kirchlichen Disziplin, endlich bei Allem, was sich auf den geistigen Nutzen des Volkes beziehe.
Die Antwort des Präsidenten heißt den Delegaten will⸗
kommen, unter Betonung des geistigen Zweckes seiner Sendung.
Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.
Wien, Dienstag, 16. Januar, Vormittags. Gestern hat auf der deutschen Botschaft der erste Empfang stattgefunden. Auf demselben erschienen die Minister Graf Bylandt⸗Rheydt, Frhr. v. Hofmann, Glaser, Unger, Frhr. v. Pretis-Cagnodo, v. Stremayr, Graf Colloredo⸗Mannsfeld, Ziemialkowski, Horst s Das diplomatische Corps und
Washington, Dienstag, 16. Januar, Vormittags. Das Repräsentantenhaus hat eine Resolution angenommen, in welcher alle Versuche, die öffentliche Miinung bezüglich der Frage der Präsidentenwahl, bevor dieselbe ihre verfassungs— mäßige Erledigung gefunden hat, zu beeinflussen, für gefähr⸗ lich und unpatriotisch erklärt werden.
New-Orleans, Dienstag, 16. Januar, Vormittags. Der Gouverneur Packard hat den Commandeur der hiesigen Bundestruppen um Unterstützung bei der Wiedereinsetzung des höchsten Gerichtshofs ersucht.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 16. Januar. Nach der dem Hause der Abgeordneten vorgelegten Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben, Etatsüberschreitungen und nachträglicher Genehmigung bedurfenden ertraordinären Ausgaben für das Jahr 1875 haben die Einnah⸗ men des genannten Jahres 704, M), S821 betragen und den Vor⸗ anschlag um 9,591, 5s52 „6 überstiegen. Diese Summe setzt sich zu⸗ fammen aus Mehreinnahmen von 19600263 66 und aus Minder⸗ einnahmen von 10,008,361 6, letztere kommen nur auf die Eisenbahnverwaltung. Die Ausgaben betrugen 686,712,785 M und sind gegen den Voranschlag um 7, S6, 234 M zurückgeblieben. Mehr⸗ ausgaben waren erforderlich für die Justizverwaltung (im Ordinarium) 4,223,508. 6 und für das Extraordinarium der Verwaltung der direkten Steuern mit 995,83 16 Bei der außeretatsmäßigen ertrgordinären Verwaltung haben sich die Einnahmen auf 158,B 775, 078 M, die Ausgaben (abgesehen von den aus den beiden Vorjahren übernommenen Rückständen) auf 140,360 97 4 belaufen. Die Verwaltung hat demnach einen Zu⸗ schuß von 1ů584914 6 erfordert, doch besteht der Zuschußbedarf in seinem größeren Theile aus einer Kapitalanlage durch Uebernahme neuer Aktien der oberschlesischen Bahn auf den Staat. Wird der Summe, welche sich aus den Mehreinnahmen von 95913907 M½ und den Minderausgaben bei der etatsmäßigen Verwaltung von 7, 786, 134 0 mit zusammen U, 378,036 S ergiebt, der erwähnte Zuschußbedarf