Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 28. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König hörten heute Vormittag die Vor⸗ träge des Chefs des Civil⸗-Kabinets, Geheimen Kabinets⸗-Raths von Wilmowski, und des Direktors im Auswärtigen Amte, Wirklichen Geheimen Raths von Philipsborn.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm im Laufe des gestrigen Vormittags die Meldungen des General-Lieutenants von der Armee und Gou⸗ verneurs von Um, Grafen Neidthard von Gneisenau, und einiger anderer Offiziere entgegen.
— Der Bundes rath, die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen und der Ausschuß für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
In der heutigen (12.) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Minister des Innern Graf zu Eulenburg und mehrere Regierungs⸗-Kommissarien beiwohnten, wurde zunächst vom Hause der Beschluß gefaßt, das vom anderen Hause er— wartete Etatsgesetz und das Gesetz bezüglich der Eisenbahn Berlin-Dresden am Freitag auf die Tages⸗ ordnung zu setzen. Hierauf nahm der Graf zur Lippe das Wort, um, gegenüber den Auslassungen des Abg. Windt⸗ horst (Bielefeld) im Abgeordnetenhause zu konstatiren, daß es ihm durchaus fern gelegen, durch seine Aeußerungen bei der Debatte über das Gesetz, betreffend die Umzugskosten ꝛc. der Staatsbeamten, den preußischen Richterstand zu beleidigen oder ihm auch nur zu nahe zu treten. — Das Haus trat sodann in die Tagesordnung, deren erster Gegenstand der mündliche Bericht der Kommission für Handels- und Gewerbe⸗Angelegen— heiten über den Gesetzentwurf, betreffend die Revision — be⸗ ziehentlich Abänderung — der Reglements der öffentli— chen Feuersozietäten, war. Nach kurzer Debatte, an welcher sich der Berichterstatter Herr Theune und die Herren von We— dell, Or. Elwanger und der Regierungs⸗Kommissar, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Forch, betheiligten, wurde dem Gesetzentwurfe die Zustimmung ertheilt.
Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war der münd— liche Bericht der Kommission für Handel- und Gewerbe—⸗ Angelegenheiten über die Uebersicht über die Verwaltung der fiskalischen Bergwerke, Hütten und Salinen im preußischen Staate z, , des Jahres 1875. Der Berichterstatter Herr Geysmer beantragte Namens der Kommission, zu erklären, daß das Herrenhaus mit Befriedigung von der Seitens der Königlichen Staatsregierung mitgetheilten Uebersicht Kenntniß genommen habe. Das Haus trat diesem Antrage bei.
Es folgte als dritter Gegenstand der Tagesordnung die einmalige Schlußberathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Theilung der Provinz Preußen. Der Referent Dr. Baumstark stellte den Antrag: 1) dem Gesetzentwurfe in der von dem Hause der Abgeordneten angenommenen Fassung die n nn n, zu ertheilen; 2) die Petition des Kreistages des kreises Osterode auf anderweite Feststellung der Grenzen zwischen den neu zu bildenden Provinzen Ost- und West— preußen durch die Beschlußfassung über den vorangeführten Gesetzentwurf für erledigt zu erklären.
Bei der Diskussion erklärten fich bis zum Schlusse des Blattes Graf Schlieben-Sanditten, Graf zu Eulenburg und Herr von Winter für die Theilung und Graf Lehndorff— Steinort und Herr von Witzleben gegen die Theilung der Provinz.
— In der heutigen (34) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats-Ministeriums, Staats- und Finanz-Minister Camp⸗ hausen, die Staats-Minister Dr. Falk, hr. Achenbach und mehrere Regierungs-Kommissarien beiwohnten, wurde zunächst die dritte Berathung des Staatshaus— halts-Etats für 187778 fortgesetzt. Im Etat des Ministeriums der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten beschwerte sich bei Kap. 124 der Abg. Schaffer über die Verzögerung der nothwendigen Erweiterung des Gymnasiums in Ratibor. Der Ministerial-Direktor Greiff erwiderte, daß die Ver— handlungen sich verzögert hätten, weil die Errichtung eines zweiten Gymnasiums in Ratibor beabsichtigt sei. Bei Kapitel 127 entspann sich eine längere Debatte r die Folgen der Maigesetze und eine etwaige Revision derselben, an welcher sich die Abgg. Cremer, Dr. Lasker, Frhr. von Schorlemer-Alst, Dr. Virchow, Schröder⸗Lippstadt und der Staats⸗Minister Dr. Falk betheiligten, welcher letztere ausführte, daß Seitens der Regierung eine Revision der Maigesetze nicht vor⸗ genommen werden könne, weil dies sofort als ein Rückzug ge— deutet werden würde. Eine Aenderung könne nur eintreten, wenn man vollgültige Beweise der friedlichen Gesinnung der katholischen Kirche erlangt haben würde. Zu demselben Ka— pitel brachte der Abg. Franssen wieder einzelne Spezial⸗ beschwerden vor, worauf der Geheime Regierungs⸗ Rath Lr. Stauder erwiderte, daß die Spezialfalle nicht zur Kenntniß der Regierung gekemmen seien.
Nach einer kurzen Auseinandersetzung zwischen dem Abg. von Ludwig und dem Staats⸗Minister Dr. Falk hinsichtlich des Seminarbaues in Habelschwerdt (Titel 22 Kap. 13 des Extraordinariums), wurde zu Kap. 11 Titel 10 der allge— meinen Finanzverwaltung folgender Antrag des Abg. Dr. Frhrn. von der Goltz, trotz des Widerspruchs des Regierungs— kommissars, der Budgetkommission überwiesen:
Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, den im §. 18 des Do⸗ tationsgesetzes vom S8. 6 1875 aufgeführten Provinzialverbänden beziehungsweise Kommunalverbänden und Stadtkreisen diejenigen Beträge zu überweisen, welche aus den nach dem Erlaß des Dota⸗ tionsgesetzes vom 8. Juli 1875 vorgenommenen Veräußerungen von Chausseewarter⸗ und Einnehmerhäusern, sofern solche Zu⸗ behörungen der im Alinea 1, 5. 18 leg. eit. den Provinzial⸗ be⸗ ziehungsweise Kommunal eerbänden überwiesenen Staatschausseen und chaussirten Straßen bildeten, der Staatskasse zugeflossen sind, oder nach den abgeschlossenen Veräußerungsverträgen noch zufließen werden — und die dazu erforderlichen Summen durch den Staata⸗ haushalts⸗Etat für das Jahr 1878 79 flüssig zu machen.“
Damit war die Etatsberathung erledigt. Das Etatsgesetz wurde in folgender Fassung genehmigt:
S. 1. Der diesem Gesetze als Anlage beigefügte Staatshaus⸗ balts-⸗Etat für das Jahr rom 1. April 1877/78 wird in Ein⸗ nahme auf 651,638,414 6½ und in Ausgabe auf 651,638,414 , nämlich auf 631,080,267 1 anffortdauernden und auf 20 558, 147 an einmaligen und außerordentlichen Ausgaben festgestellt.
S. 2. Im Jahre vom 1. April 1877 78 können nach Anord⸗ nung des Finanz⸗-Ministers verzinsliche Schatzanweisungen bis auf
Höhe von 30 000900 4K, welche vor dem 1. Januar 1879 ver⸗ fallen müssen, wiederholt ausgegeben werden. Auf dieselben finden die Bestimmungen der §§. 4 und 6 des Gesetzes vom 28. Sep⸗ tember 1866 (Gesetz⸗Samml. S. 607) Anwendung.
§. 3. Der Finanz⸗Minister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Ohne Debatte erledigte das Haus die erste und zweite Be⸗ rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend den Rechts— zustand des von der Freien und Hansestadt Hamburg an Preußen abgetretenen Gebietstheils, sowie die Abtretung eines preußischen Gebietstheils an die Freie und Hansestadt Hamburg. (Schluß des Blattes.)
— Nach dem kürzlich veröffentlichten Berichte über die Ver⸗ handlungen der 5. Versammlung des deutschen Landwirth⸗ schaftsraths — Seite 183 — hat der Rittergutsbesitzer Seiler auf Neuensalz bei Plauen i / V., Mitglied der Ersten Königlich sächsischen Staͤndekammer und des Landeskulturraths, gelegentlich der Erörterung der Eisenbahntariffrage u. A. geäußert, „es sei eine wunderbare Erscheinung, daß allen auf n. eines annehmbaren deutschen Eisenbahngesetzes gerich⸗ teten Bemühungen der Regierungen der Mittelstaaten gegenüber das Reichs⸗Eisenbahn-⸗Amt abwehrend auftrete. Es sei das eine Erscheinung, durch welche die öffentliche Meinung berechtigt werde, anzunehmen, daß man absichtlich dem Publikum die Privat⸗ und Staats⸗-Eisenbahn-Verwaltungen so zu verleiden beabsichtige, daß allmählich die öffentliche Meinung wohl oder übel das Reichs⸗-Eisenbahnsystem acceptire.“
2 zur Steuer der Wahrheit und um Mißverständ—⸗ nissen vorzubeugen, wollen wir hiermit konstatiren, daß jene Andeutung, der wir auch anderswo schon begegnet sind, der Wahrheit nicht entspricht und daß derartige Bemühungen der Regierungen der Mittelstaaten, denen gegenüber das Reichs— Eisenbahn-Amt hätte abwehrend auftreten können, bei den Reichsbehörden und insbesondere bei dem Reichs-Eisenbahn⸗ Amte niemals stattgefunden haben.
Der Vorwurf des Redners war um so weniger angebracht, als die Regierung des Bundesstaates, dem er angehört, und für die er Partei nimmt, sich auf eine im Wesentlichen negative und abfällige Kritik der beiden vor drei resp. zwei Jahren vom Reichs-Eisenbahn-⸗Amte ausgearbeiteten Entwürfe eines Reichs-Eisenbahngesetzes beschränkt hat, obwohl auch ihr reichs⸗
verfassungsmäßig das volle Recht selbständiger Gesetzesinitiative
zusteht. — Err Geist licher, welchem die Stellung eines bischöf⸗
lichen Kommissars bis zum Widerruf übertragen worden, ist, nach einem Erkenntniß des Obe r-Tribunals vom 23. Ja⸗ nuar 1877, als ein persönlicher Vertreter des Bischofs zu be⸗ trachten und demzufolge strafbar, wenn er nach Erledigung des bischöflichen Stuhles ohne staatliche Genehmigung fort⸗ aht bischöfliche Rechte oder Verrichtungen auszuüben. Dies gilt selbst für den Fall, daß in der betreffenden Diözese bei e Sedisvakanzen die Observanz bestanden hat, daß die Funktionen der bischöflichen Kommissare ohne Weiteres fort— gedauert hatten.
— Die Bundesraths-Bevollmächtigten, Groß—⸗ herzoglich oldenburgischer Staatsrath Selkmann und Her— zoglich sachsen⸗meiningischer Staats-Minister Giseke, sind hier eingetroffen.
Baden. Heidelberg, 25. Februar. Eine Versamm⸗ lung protestantischer Geistlichen besprach am 21. Februar hier— selbst die bevorstehende Feier des 25 jährigen Regierungs— jubiläums des Landesfürsten. Es wurde, dem „Schwäb. M.“ zufolge, beschlossen, folgende Anträge der evangelischen Landesgeistlichkeit zur weiteren Beschlußfassung zu unterbreiten. 1) Am 29. April soll im Gottesdienst der Feier gedacht werden, sofern der Ober-Kirchenrath nicht eine bestimmte Festgottesdienstfeier anordnet. 2) Auf einer dem⸗ nächstigen Versammlung von Delegirten der 24 Diözesen in Karlsruhe soll eine Deputation von 5 Geistlichen gewählt werden, welche die Glückwünsche der Gesammtgeistlichkeit ihrer Bischöfe darzubringen und eine Adresse zu überreichen hätte.
—
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 25. Februar. Mit
dem gestrigen Regierungsblatt ist ein ferneres Nachtrags—
gesetz zur Strafprozeßordnung publizirt worden, wo—
durch die Kompetenz der Geschwornengerichte und der Kreis— gerichte anderweitig festgestellt wird.
Lippe. Detmold, 27. Februar. In der Berathung der Propositionen wegen Bildung eines allgemeinen Kirchen⸗ vermögens 2c. und wegen der Kosten der ersten Landessynode nahm der Landtag heut schließlich den Ausschußvorschlag an, die gesammten Geldbewilligungen einschließlich der Ein⸗ räumung des Besteuerungsrechtes davon abhängig zu machen, daß die Landessynode folgende Zusammensetzung erhält: 1) drei Superintendenten, 2) zwei vom Landesherrn zu ernennende weltliche Mitglieder, 3) sechs durch die Klassenversammlungen zu wählende Prediger, 4) . durch die Klassenversammlungen zu wählende Laien, wovon fünf den zeitigen Kirchen vorstehern oder deren Stellvertretern in der wählen hen Klasse angehören müssen, die übrigen fünf ohne diese Beschränkung aus den kirchlich wählbaren Mitgliedern der ganzen evangelischen Landes⸗ kirche . werden können. Der Regierungs⸗Präsident Eschenburg hatte erklärt, daß diese Bedingung unannehmbar sei und die ganze Vorlage in Frage stelle.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 27. Februar. Gestern Mittag hat unter dem Vorsitze des Kaisers ein gemein— samer Ministerrath stattgefunden, in welchem das Pro⸗ tokoll über die vereinbarten Stipulationen in der Bankfrage festgestellt und unterschrieben wurde. Am Abend sollten die ungarischen Minister nach Pest zurückreisen, wo heute beide Häuser des Reichstages Sitzung abhalten. Sobald der Finanz⸗ Minister Szell wieder nach Wien kommt, was in den nächsten Tagen geschehen soll, werden die Verhandlungen mit den Ver⸗ tretern der Nationalbank über die Textirung des Bank⸗ statuts beginnen. — Im Ministerium des Aeußern hat vor⸗ gestern die Schlußsitzung der zur Ausarbeitung der Instruk—⸗ tionen für den deutsch-österreichischen Handels ver⸗ trag entsendeten österreichischungarischen Zollkonferenz statt⸗ gefunden. Die Instruktionen sind nunmehr vorbehaltlich der Zustimmung der beiderseitigen Ministerräthe endgültig fest⸗ gestellt. Die Verhandlungen mit Deutschland beginnen jedoch erst in zwei bis drei Wochen.
— Der Prinz Peter von Oldenburg ist gestern von Berlin hier angekommen.
Pest, 27. Februar. (W. T. B.) Das wieder ernannte Kabinet Tisza hat sich heute im Unterhause und Ober⸗
hau se vorgestellt. Der Minister⸗Präsident gab Aufklärungen über den Verlauf der Ministerkrisis und erklärte, daß er die Verantwortung für die mit der österreichischen Regierung ge⸗ troffenen Vereinbarungen übernehme. — Im Unterhause legte Sennyey und im Oberhause Majlath die Motive dar, weshalb sie, vom Kaiser zur Bildung eines neuen Ministe⸗ riums berufen, dieselbe abgelehnt hätten. Die Ausgleichs⸗ elaborate sollen den beiden Häusern demnächst vorgelegt werden.
— (W. T. B.) In der heutigen Kon ferenz der Mit⸗ glieder der liberalen Partei wurde auf den Antrag des Minister⸗Präsidenten Tisza beschlossen, die Diskussion über die Ausgleichsfrage bis zur Vorlage der bezüglichen Ge⸗ setzentwürfe zu vertagen.
Niederlande. Haag, 22. Februar. (Allg. Ztg.) Am 19. d. M. feierte der . seinen 60. Geburtstag. u gleicher Zeit wurde Prinz Alexander, der jüngste Sohn des Königs, zum General-Major des Generalstabs und Contre⸗ Admiral der Marine ernannt. — Der Telegraph hat bereits berichtet, daß die Zweite Kam mer die am 12. Oktober v. J. abgeschlossene Uebereinkunft zur Anlegung von Verbindungs⸗ kanälen zwischen den preußischen und den nieder⸗ ländischen Wasserstraßen mit 55 gegen 3 Stimmen ge⸗ nehmigt hat. Bei der Berathung brachte der Abg. Grataina, der bei den internationalen Verhandlungen betheiligt war, seine Dankbarkeit der Regierung und den preußischen Be⸗ . gegenüber zum Ausdruck. n derselben Sitzung dildete die kürzlich dem Statthalter der Kolonie Cura sao verliehene ehrenvolle Entlassung den Gegenstand einer Interpellation. Der konservative Abg. Fabius meinte nämlich, daß, wenn die kürzlich von einem Blatte Venezuelas verbrei⸗ teten Gerüchte: der Statthalter habe die Abfahrt zweier mit Kriegsmaterial geladenen Schiffe nach einem duffn Venezuelas gestattet, begründet seien, eine „ehrenvolle“ Entlassung wenig am Platze sei. Aus den Erwiderungen der Regierung ging aber hervor, daß jene Gerüchte theilweise der Wirklichkeit nicht entsprechen, und der Statthalter übrigens nur seinen Befug⸗ nissen gemäß gehandelt hatte. Im Laufe seiner Rede theilte der Minister des Auswärtigen noch mit, daß die Re⸗ gierung Venezuelas seit kurzer Zeit wiederholt Vorschläge zur käuflichen Erwerbung Curafaos an die diesseitige Regierung gerichtet habe. Diese Anträge seien jedoch abgewiesen worden.
Großbritannien und Irland. London, 26. Februar. (E. 94. Die Königin beendet in dieser Woche ihren Auf— enthalt auf der Insel Wight und begiebt sich dann mit der Prinzessin Beatrice und dem Prinzen Leopold nach Windsor. Am Sonnabend war der Minister des Innern Mr. Croß auf Osborne und speiste mit der Königlichen Familie. — Bei dem am Sonnabend gehaltenen Ministerrathe waren sämmtliche Minister anwesend. — Nach der „Army and Navy Gazette“ ist es wahrscheinlich, daß der Prinz von Wales seine Söhne auf das Kadettenschiff „Britannia“ zur 3 nahme an einem Unterrichtskursus schicken wird. Der ältere Sohn, Albert, ist jetzt 13 Jahre, der jüngere, George, 12 Jahre alt; jener wird schließlich in die Armee eintreten, dieser wahr⸗ scheinlich im Seedienste verbleiben. — An Stelle des wegen Krankheit zurücktretenden Commandeurs Bridge von dem in China stationirten Flaggenschiff „Audacious“ ist der durch seine Betheiligung an der Nordpolfahrt bekannt ge⸗ wordene Commandeur Parr ernannt worden. — Die Stelle eines Gouverneurs und Oberbefehlshabers der westindischen Bermudas⸗Inseln ist erledigt, da der Generalmajor John Lefroy sich zurückziehen wird. An seine Stelle ist der 6 Laffan vom Genie⸗Corps erwählt worden. Von den etwa 300 Inseln sind nur 16 bewohnt. Ihre Einkünfte im Jahre 1875 haben 25,721 Pfd. Sterl., ihre Ausgaben 28,269 Pfd. Sterl. betragen. — Der seit längerer Zeit nicht besetzt gewesene Platz eines Verwalters gebildeten „Admi⸗ nistrator“) der von 14,195 Menschen (unter denen nur 55 Weiße) Gambia⸗-Ansiedelung ist mit Dr. Gouldsbury besetzt worden. — Die Leiche des Obersten O' Mahoney, des ehemaligen Hauptes der Fenier, ist in Cork angekommen. Die Stim⸗ mung des Volkes soll nach allen Berichten eine ziemlich kühle gewesen sein. Die Geistlichkeit hatte eine offizielle Betheili⸗ gung an der Bestattungsfeier abgelehnt.
— (Köln. Ztg.) Die Regierung hat neben dem Ein⸗ schätzungsgesetz für England auch ein Einschätzungsgesetz für Irland angekündigt. In England bestehen zwei Ein⸗ schätzungsnormen, eine für Staatssteuern, die andere für Ge⸗ meinde⸗ und Grafschaftssteuern. In Irland giebt es für beide Zwecke nur eine Norm. Die Einschätzung richtet sich nach den Preisen einer ganzen Anzahl landwirthschaftlicher Produkte, welche heute noch dem Tarif vom Jahre 1841 entnommen sind. Seitdem ist Alles im rainy gestiegen und der Unter⸗ schied beträgt im großen Ganzen wohl 50 Prozent oder dar⸗ über. Es läßt sich nachrechnen, daß ein Vermögen, welches in Irland z. B. 12 Pfd. Sterl. Einkommensteuer zahlt, in Eng⸗ land mit 18 Pfd. Sterl. eingeschätzt ist. Gleichwohl ist das Leben in Irland ganz wesentlich wohlfeiler als hier. Es ist also nicht zu verwundern, daß die Regierung auf Umbildung der Steuerskala drängt.
— (A. A. C) Aus Gibraltar wird unterm 25. d. M. gemeldet: Das britische Kanalgeschader, bestehend aus 4 Panzerschiffen und dem Avisoboot „Salamis“, kam gestern hier an. — Prinz Arnulf von Bayern hat hier drei Tage geweilt. Er hat sich an Bord des Kanonenbootes „Ex— preß“ nach Tangier begeben, um von dort aus Ceuta und Texan zu besuchen. Der Prinz wird darauf hierher zurück—⸗ kehren und sich dann nach Ronda, Malaga und Madrid be⸗ geben. — Ein spanisches Kanonenboot ist in der Bay gestrandet.
— Der „Times“ wird aus Calcutta unterm 25. 8. M.
telegraphirt: „Der gestrige „Regierungs-Anzeiger“ enthält die
Mittheilung, daß, nachdem die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der britischen Regierung und dem Khan von Khelat, die im Jahre 1873 suspendirt wurden, nunmehr er⸗ neuert worden sind, der Vizekönig in Willfahrung der Wünsche des Khans die wiede g ng der Khelat-Agentur angeordnet und Major Sandeman zum Agenten bei dem Ge⸗ neral⸗Gouverneur für Beluchistan ernannt habe. Major Sandeman verließ Calcutta am Freitag, um sich auf seinen neuen Posten zu begeben. Eine aus Infanterie, Kavallerie und Artillerie bestehende, ca. 800 Mann starke Eskorte wird in begleiten; eine Hälfte der Eskorte wird in Khelat, die an⸗ dere in Quetta stationirt werden.“
Frankreich. Paris, 26. Februar. In der polytech⸗ nischen Schule sind Unruhen vorgekommen, über die jedoch sehr übertriebene Gerüchte in das Publikum gedrungen sind. Die Schüler empörten sich, wie man der „Köln. Itg.“ schreibt,
allerdings gegen ihren Obersten, weil dieser ihre Beschwerden an den General hatte abfangen lassen. Die Sache hat aber weiter keine Folgen nach sich gezogen. — Die Schützen⸗ vereine (socistes de tir) breiten sich, der „Köln. Ztg.“ zu— folge, nach dem schweizer Vorbilde, in Frankreich mit jedem Jahre mehr aus. Eine Pariser Gesellschaft will den Geschmack am Scheibenschießen in den Dörfern verbreiten; sie nennt sich „National Schützenverein der Gemeinden Frankreichs“. Diese Gesellschaft rühmt sich, daß sie in den Departements 1511 Schützenstände aufgethan und 2138 Wettschießen stattgefun⸗ den haben, an denen 160,359 Schützen Theil genommen, die 3,207, 180 Patronen verschossen. Der Ausschuß der Gesellschaft fordert die Zeitungspresse auf, die Aufmerksamkeit auf diese Ergebnisse hinzulenken und im Auge zu behalten, daß der Wahlspruch dieser Vereine lautet: „Fürs Vaterland!“
Versailles, 26. Februar. Die Deputirtenkammer nahm 26 wie schon telegraphisch gemeldet, in erster Bera— thung das Gesetz über Herstellung der Vertretung der französischen Kolonien am Senegal und in Guyana an. Sodann wurde ein Gesetzentwurf der Regierung vertheilt, der dahin geht, daß, um den n. Seidenarbeitern zu Hülfe zu kommen, eine Bestellung von Seidenstoffen im Werthe von einer halben Million gemacht werden solle, um mit diesen Stoffen das Mobiliar in den Ministerien und im Nationalpalaste zu erneuern.
Türkei. Konstantinopel, 24. Februar. Die Jour⸗
nale melden, der persische Gesandte habe dem Sultan eine
Depesche des Schah mitgetheilt, in welcher er über die An⸗ sammlung persischer Truppen an der türkischen Grenze Auf— klärungen giebt und als Zweck derselben die Verhinderung der von den Nomadenstämmen vorgenommenen Verwüstungen be— zeichnet. Gegenwärtig sei Befehl gegeben, diese Truppen⸗ konzentrirungen einzustellen. — 25. Februar. Der serbische Friedensunterhändler Christie hat den Wunsch ausgesprochen, daß die Unter⸗ eichnung des Friedensvertrages bis nach dem Zu— ern nt l der Skupschtina verschoben werde.
— 27. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Kon⸗ ferenz der serbischen Delegirten mit Safvet . wurde das Uebereinkommen der Pforte mit der serbischen Re⸗ gierung endgültig festgestellt. Das Protokoll soll nunmehr mor⸗ gen unterzeichnet werden. Dasselbe wird, wie bereits gemeldet, drei Vereinbarungen enthalten: Die Herstellung des status quo, den Erlaß einer Amnestie und die Bestimmung, daß die Türken das serbische Gebiet innerhalb 12 Tagen nach Abschluß des Friedensvertrages räumen. Die serbische Regierung wird sodann der Pforte eine Note überreichen, welche die Garantien für die bekannten von der türkischen Regie— rung aufgestellten vier Forderungen enthält. Diese Forde— rungen sind: Die Verpflichtung der serbischen Regie— rung, keine neuen Befestigungen zu errichten, die Auf— ziehung der türkischen Flagge neben der serbischen, die Gleichstellung der Juden mit den Angehörigen der anderen Konfessionen, die Verhinderung der Bildung bewaffneter Banden. Von der Bestellung eines türkischen Kommissars in Belgrad wird in dem Protokoll nichts erwähnt. Auch die Frage wegen der Abtretung der Festung Zwornik ist bei Seite gelassen. Fürst Milan wird, wie bereits erwähnt, demnächst ein Telegramm an den Großvezier richten, in welchem er seine Zustimmung zu den Friedensbedingungen ertheilt. Die Pforte wird hiervon Akt nehmen und der Sultan einen neuen Fer⸗ man erlassen, welcher die Stellung des Fürsten Milan zur Pforte regelt.
Pera, 25. Februar. Aus verschiedenen Theilen des Reiches treffen Berichte über massenhafte h n gn der türkischen Banknoten ein. Die Regierung hat Spezial-Kommissionen in die einzelnen Provinzen zur Unter— suchung der Angelegenheit entsendet.
Wien, 27. Februar. (W. T. B.) Die „Politische Korrespondenz“ hält, nach den ihr aus St. Petersburg zu— gehenden Meldungen, die Nachricht von einer unmittel⸗ bar bevorstehenden militärischen Aktion ihrerseits ebenfalls für verfrüht. Die Entscheidung hänge von dem ECintressen der Antwort der Mächte auf die rugische Cirkular— depesche ab. Das Eintreffen der Antwort des englischen 6 sei nach obigen Meldungen für Ende dieser Woche avisirt.
— 28. Februar. (W. T. B.) Die hierher telegraphirte
Meldung eines Pariser Blattes aus Konstantinopel, wo⸗ nach der GBroßvezier und der Scheik ul Islam gestürzt i sollten, findet durchaus keinen Glauben. Es liegen ier in der letzten Nacht und heute Morgen aus Konstantino— pel eingegangene telegraphische Nachrichten vor, welche den Friedensabschluß mit Serbien melden, solchen mit Montenegro in Aussicht stellen, und keinerlei Vorganges erwähnen, der solchen Gerüchten auch nur die leiseste Unter— lage geben könnte.
London, 27. Februar. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte der Unter -Staatssekretär des Aeußeren, Bourke, auf eine bezügliche Anfrage des Deputirten Wolff, die Regierung habe keine Bestätigung des in der heutigen zweiten Ausgabe der „Times“ veröffentlichten Telegrammes aus St. Petersburg erhalten, nach welchem in der gestrigen außer⸗ ordentlichen Sitzung des Ministerrathes unter dem Vorsitz des Kaisers beschlossen worden sein solle, die Armee zu demobilisiren, sobald der Friede zwischen der Türkei, Serbien und Montenegro unterzeichnet sei. Auch der Botschafter, Graf Schuwaloff, hatte bis heute Nachmittag noch keine derartige Mittheilung erhalten.
— 28. Februar. (W. T. B.) Hier vorliegende Privat⸗ meldungen aus Wien wollen wissen, die Pforte habe sich mit der Erklärung an die Mächte gewandt, daß sie zur Ausführung des Reformwerks eine dreijwährige Frist beanspruche, dieselbe hätte sich gleichzeitig verpflichtet, in dem Falle, wo das Reformwerk nach Ablauf dieser Frist als mißlungen angesehen werde, die von der Konferenz propo⸗ nirten Garantien anzunehmen.
Paris, 28. Februar. (W. T. . Die Nachricht von dem Großvezierwechsel und dem Abgange des Scheik ul Islam in Koönstantinopel, welche das hiesige Journal „Telegraphe“ sensationell verbreitete, wird Seitens der türki⸗ schen Vertretung als un wahr bezeichnet.
— Der „Ittihad“ zeigt an, daß bereits vier „ungarische Militärs“ in der türkischen Armee zu dienen verlangt haben. Ihrem Verlangen wurde entsprochen und die vier Magyaren wurden in das zweite Bataillon des zweiten Garde⸗ Negiments eingereiht. — Die „Turquie“ vom 22. d. M. ent⸗ hält nachstehenbes offizielle Communiqué: „Beharrlich wieder⸗ kehrende Gerüchte von nahe n n, Veränderungen in den hohen Regierungskreisen sind während der letzten Tatze
in dem Publikum umgelaufen. Diese Gerüchte entbehren jeder Begründung und sind nur zu dem böswilligen Zweck erfunden, Verwirrung in die Gemüther zu werfen und der guten Leitung der öffentlichen Angelegenheiten Hindernisse zu bereiten.“
— Von „kompetenter Seite“ wird dem W. „Fremdenbl.“ aus der türkischen Hauptstadt geschrieben: „Sie erwerben sich wahrhaftig ein Verdienst, wenn Sie allen Leuten, die etwa daran denken sollten, sich hierher zu verfügen, um in türkische Dienste zu treten, davon aufs Entschiedenste abrathen. Es haben sich eine ganze Menge von ungarischen und politischen Aventuriers, zum 3 sehr zweideutigen Charakters, hier eingefunden, die Pforte aber weist die Anträge aller Ausländer zurück. Die Bewerber sind zumeist in 3 miß⸗ lichen Verhältnissen hier und fallen der Wohlthätigkeit ihrer Landsleute zur Last. Für Europäer ist jetzt hier nichts zu holen, mehr als je beherrschen Alttürken und Phanarioten in holdem Bunde das Terrain.“ — Weiter schreibt man demselben Blatte: „Unter dem Vorsitze des neuen türkischen Ministers des Innern, Djevdet Pascha, finden jetzt im Staatsrathe zu Konstantinopel tägliche Berathungen über das neue Organisationsstatut der Provinzen des Reiches statt, und ist man bei diesen Berathungen diesen Freitag schon bis zum 71. Paragraphen gekommen. In diesem neuen Statut wird die größtmöglichste Decentralisation des Reiches an— gestrebt werden. — Der Khedive von Aegypten hat dem Sul— tan abermals eine bedeutende Quantität Kriegsmuni— tion zum Geschenke gemacht. — Bei der im Kriegs-Ministe— rium zu Konstantinopel tagenden Kommission für die Landes— vertheidigung haben sich schon so viele Personen als Frei— willige gemeldet, daß die Regierung aus ihnen zehn neue Bataillone zu bilden gedenkt.“
— Die telegraphisch gemeldete Abfahrt der Panzerfregatte „Salamander“ nach Smyrna wurde, wie die „A. A. Z.“ meldet, durch alarmirende Berichte über die Stimmung der muselmanischen Bevölkerung in Smyrna selbst sowohl, wie an andern Orten der Levante, veranlaßt. Es wurde in diesen in. Wien eingetroffenen Berichten die Gegenwart Kaiser⸗ licher Kriegsschiffe zum Schutze der österreichischen Schutzbefoh⸗ lenen dringendst gefordert. Da nun die Panzerfregatte „Custozza“ — das Flaggenschiff des Contre⸗Admirals Barry — sich noch in Pola befindet, wo sie gedockt werden mußte, und 3 in einigen Tagen wird in See gehen können, so wurde der „Salamander“ dahin beordert.
— Aus Skutari, 15. Februar, wird der „Pol. Korr.“ geschrieben: ;
„Die Verhältnisse zwischen der Pforte und den Miriditen haben sich im Laufe der letzten vier Wochen so verschlimmert, daß man, wenn es auch noch zu keiner Gewaltsamkeit gekommen ist, doch von einem förmlichen Kriegszustande mit aller Berechtigung sprechen kann. Die tiefe Verstimmung zwischen Türken und Miriditen datirt aus der Zeit der montenegrinischen Kriegsbegebenheiten. Bekanntlich haben die Miriditen bis zum letzten Momente die türkischen Ansprüche auf ihre Heeresfolge gegen Montenegro unberücksichtigt gelassen. In der Unge⸗ wißheit, wie sich die Dinge weiter bezüglich Montenegros gestalten werden, haben die Türken neue Anstrengungen gemacht, um die Miri— diten für die Zukunft zu bindenden Abmachungen zu vermögen. Da alle gütlichen Einflüsse erfolglos blieben, nahm man türkischer⸗ seits zu anderen, nicht immer loyalen Mitteln seine Zuflucht, um zu seinem Ziele zu gelangen. So wurde jüngst Sali Pascha nach Tirana entsendet, um die mahomedanischen Bergstämme von Dibra und Mattia gegen die Miriditen aufzuhetzen. Derwisch Bey aus Prizren wurde zum Kaimakam der Miriditen ernannt. Der mit den türkischen Autoritäten eng liirte Miriditenkapitän Dod Ghega wurde mit türkischen Truppen nach Puka entsendet, um die Miriditen scharf zu observiren. Zum gleichen Zweck wurden nach Miet, Alessio, Tirana und Durazzo starke türkische Garnisonen gelegt. Unter Einem bemühten sich die türkischen Lokalbehörden, den Fanatismus der mahomedanischen Alba⸗ nesen gegen die Chriften anzufachen und einen Religionskrieg zu pro⸗ voziren. Die Dinge sind so weit gediehen, daß eine Kollision stünd⸗ lich zu gewärtigen ist. Die Katholiken des Bezirkes Puka haben sich mit den Miriditen über ein gemeinsames Vorgehen verstän⸗ bigt; eben ich der i worm Rresttn gegen einen von Derwisch Pascha vorbereiteten Züchtigungs-Ueberfall vorgesehen, inden sich der Landsturm des Miriditen⸗Bezirks Dibri nach Kresira begab, um dem bedrohten Nachbarstamm beizustehen. Die Miriditen selbst haben sich in vollständigen Defen⸗ sivstand gegen die Türken gesetzt und wenn Letztere wirklich die leiseste drohende Bewegung vornehmen sollten, so müßte es unfehl⸗ bar zu einem Zusammenstoße kommen, welcher weitere schwere Kon⸗ flikte nach sich ziehen würde. Wenn irgend etwas die Hoffnung auf eine Beilegung des drohenden Konfliktes noch erhält, so ist es der Umstand, daß die Miriditen weder Munition noch Lebensmittel be⸗— sitzen, um längere Zeit das Feld halten zu können. Einstweilen ha— ben sie Tjafa⸗Malit stark besetzt, um dem ihnen oktroyrten Kaima—⸗ kam Derwisch Bey das Vorrücken zu erschweren. Ebenso halten sie Malischeint und Skala Fiku bei Skanja besetzt, um den Zuzug der Türken aus Dibra und Mattia, sowie aus Skutari abzuschneiden.“
— Das Londoner Auswärtige Amt hat abermals einen Theil der auf den Orient bezüglichen diplomatischen Korre⸗ spondenz herausgegeben. Darunter den Bericht des stellver— tretenden GeneralKonsuls in Bosna-Sergi, Mr. Free⸗ man, dd. 17. März v. J. Mr. Freeman schreibt u. a. an den Grafen Derby:
„Am 8. März wurden in dem Orte Buschevitza zwei ungefähr 12 Jahr alte Mädchen, Töchter eines Landmannes, Namens Nikola Ilojanovies, von einer Abtheilung Türken ergriffen und zu Tode miß— handelt. Am 9. März packten 10 Soldaten ein christliches Weib . . . . und führten sie auf das Wachthaus in Novi, wo sie unter den brutalen Mißhandlungen ihren Geist aufgab. Am 10. März wurde ein ge⸗ wisser Rado Bujics bei Novi gespießt und durch vier Tage zur Schau ausgestellt. Noch vier andere Landleute wurden ebenfalls in letzter Zeit bei Novi getödtet uud ihre Köpfe auf Pfählen ausgestellt. Vor ungefähr einer Woche wurde der Schullehrer der orthodoxen Schule in Priedor getödtet und sein Kopf unter dem Klange von Trom⸗ meln und Pfeifen auf einer Stange in den Straßen der Stadt herumgetragen. Im Orte Ruica führten die Türken ungefähr 250 Tschetwert Korn mit sich, welche einem gewissen Stoian Tovovies gehörten und verbrannten dann sein ö und die orthodoxe Kirche. Die Stadt Krupa wurde gleicherweise zum Theile verbrannt und ein muselmännischer Einwohner, Fahim Effendi, von seinen Reli—⸗ gionsgenossen mit Schlägen mißhandelt, weil er die Christen in Schuß nehmen wollte. Die Panik in Priedor ist so groß, daß am 11. März 27 der ersten christlichen Kaufleute nach Desterreich entflohen. Vor ungefähr fünf Monaten wurden sechs angesehene Kaufleute aus Priedor verhaftet und unter der Anklage der Mitschuld an der Insurrektion nach Bihac geschleppt. Die dor⸗ tigen Behörden bemühten sich, Geld von ihnen zu erpressen, allein umsonst; in der Hoffnung nun, Andere durch Schrecken zur Nach— giebigkeit gegen ihre Forderung zu bewegen, ließen sie einen derselben einen gewaltsamen Tod im Kerker erleiden. Die andern fünf wur⸗ den noch Bosna⸗Serai geschickt, wo sie seitdem , n. werden. Ich machte Ibrahim Pascha eindringliche Vorstellungen, daß es nofhwendig fei, dieselben zu entlassen, aber er erwiderte mer, daß er die Sache an Server Pascha berichtet habe, daß es aber dieser Letztere abgelehnt habe, sich in die Angelegenheit einzumischen, mit dem Bedeuten, er folle von Konstantinopel Instruktionen ein— holen. Bis zum Einlangen einer Antwort gestattete Ibrahim Pascha auf mein und des russischen Kollegen Betreiben, daß diese Männer
ihr Gefängniß verlassen könnten, ohne sich jedech aus der Stadt entfernen ju dürfen. Haidar Effendi hat ihnen nun vollständige —— gewährt, aber sie wagen es kaum, nach Priedor zurückzu⸗ ehren und sind als Handelsleute zu Grunde gerichtet.“
Numänien. Bukarest, 25. Februar. Wie dem B. „Fremdenbl.“ gemeldet wird, sind die finanziellen Schwierigkeiten, mit denen die rumänische Regierung in Folge der außerordentlichen Situation zu kämpfen hatte, in Folge der Intervention der Banque de Roumanie“ beigelegt.
Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.
Belg rad, Mittwoch, 28 Februar. Die Skupschtina ist heute Vormittag durch den Fürsten in Person in geheimer Sitzung eröffnet worden. Zum Präsidenten wurde Georg 9 , zum Vize⸗Präsidenten Theodor Tuczakovits ge⸗ wählt.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Die Kommission des Hauses der Abgeordneten für die Wahlprüfungen hat bei Prüfung der Wahl des Landraths Grafen von Königsmarck den wichtigen Grundsatz aufgestellt, daß bei Berech⸗ nung der Bevölkerung die zum aktiven Heere gehörigen Militärpersonen der Civilbevölkerung der Art hin u⸗ zurechnen sind, daß auf jede Vollzahl von 20 Seelen ein Wahlmann zu wählen ist. Nach Artikel 71 der Ver⸗ fassungsurkunde und §. 4 des Wahlgesetzes vom 30. Mai 1849 soll auf jede Vollzahl von 250 Seelen der Bevöl⸗ kerung ein Wahlmann gewählt werden. Durch 5§. 49 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 ist bestimmt, daß die Wahlberechtigung der aktiven. Militärpersonen sowohl in Betreff der Reichsvertretung als der einzelnen Landesvertretungen ruhen soll. Der Magistrat der zum 6. Potsdamer Wahlbezirke gehörigen Stadt Spandau, hat nun die Stadt, welche eine Civilbevölkerung von 23,177, eine Militärbevölkerung von 3711 Einwohnern hat, lediglich in 16 Urwahlbezirke mit 92 Wahlmännern getheilt, während bei Mitzählung der Militärbevölkerung 107 Wahlmänner, mithin 15 mehr gewählt werden mußten. Dieses Verfahren ist durch einen Protest angefochten. Die Wahlprüfungskommission hat sich, wie bemerkt, dahin entschieden, daß die Außerachtlassung der Militär⸗ bevölkerung der Verfassung und dem Wahlgesetze nicht entspreche. Sie ist dabei von dem Gesichtspunkte ausgegangen, daß die Militärbevölkerung, wenngleich das Wahlrecht der aktiven Militärs ruhen solle, durch die zu wählenden Abgeordneten in derselben Weise vertreten werde, wie die Civilbevölkerung, daß ferner nach der klaren und unzweideutigen Bestimmung der Verfassung lediglich die Bevölkerungszahl zu Grunde gelegt werden soll, ohne daß eine Untersuchung der Frage, ob einem Theil dieser Bevölkerung das Wahlrecht zustehe, zugelassen sei; daß dabei auch Frauen, Kinder, die Bewohner von Zucht- und Irrenhäusern ꝛc., welche alle unzweifelhaft nicht wahlberechtigt seien, mitgezählt würden; daß endlich auch das Reichsmilitärgesetz den aktiven Militärpersonen das Wahlrecht auch nicht einmal im Prinzip abgesprochen, sondern nur ein Ruhen“ desselben bestimmt sei. Demgemaͤß beantragt die Kom⸗ mission, sämmtliche in der Stadt Spandau vorgenommenen Wahl⸗ männerwahlen zu kassiren, da bei einem gesetzmäßigen Verfahren des Magistrats eine ganz andere Bildung der Urwahlbezirke hätte statt⸗ finden müssen, mithin auch das Resultat der Urwahlen anders hätte ausfallen können. Infolge dessen wird auch die Ungültigkeit der Wahl des gewählten Abgeordneten, Grafen Königsmarck, beantragt.
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Statistische Nachrichten.
Mort alitäts⸗Statistik und Gesundheitsverhält⸗ nisse. ö den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind bis zu der am I7. Februar er. beendeten siebenten Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt be⸗ rechnet, gestorben: in Berlin 24,, in Königsberg 29, ,, in Cöln 24,, in Hannover 21,4, in Magdeburg 30, ., in Stettin 27,, in Altona 21,2, in Straßburg 26,“, in München 31,3, in Augsburg 41,4, in Dresden 24,, in Leipzig 2163, in Stuttgart 20,., in Braun⸗ schweig 34“, in Karlsruhe 243, in Hamburg 27,, in Wien 28,8, in Budapest 42,z, in Prag 53,5, in Basel ,s, in Brüssel 243, in Paris 27,, in Amsterdam 30,,, in Rotterdam 30,2. im Haag 26,s, in Kopenhagen 28.0, in Stockholm 24,“, in Christiania 26,9, in Warschau 28,, in Odessa 260, in Turin 23,3, in London 21,6, in Glasgow 26,, in Liverpool 27,5, in Dublin 26,, in Edinburgh 20,3, in Alexandria (Aegypten) 445, in San Franzisko 25,s, in Calcutta 35,, in Madras 94,8, in Bombay 37.
Während in West⸗ und Süddeutschland bei hauptsächlich vor⸗ waltenden Süd⸗ und Westwinden die Lufttemperatur eine wesentliche Steigerung erfuhr und besonders in der oberrheinischen Niederung von reichlichen Regen-Niederschlägen begleitet war, sank dieselbe im ganzen Nord⸗ und öftlichen Deutschland bei vorherrschend nordwest lichen und nördlichen Windrichtungen sehr erheblich (in Breslau und Conitz bis zu — 10 und 10, Grad R.) und stieg erst wieder in den letzten Tagen in der Berichtswoche. — Die durchschnittliche Jahres⸗ sterblichkeit (auf 19000 Bewohner gerechnet) sank im Ganzen von 26 auf 2653; sie erfuhr somit eine nur geringe Minderung. Merklicher war die Sterblichkeitsabnahme in den nordwestlicheren Regionen. (am Niederrhein und an den Nordseeküsten), die Zunahme dagegen am stärksten im mitteldeutschen Gebirgslande und im Oftseeküstenlande; sie stieg daselbst von 24,5 und 27 auf 27,8 resp. 31K. Die Betheiligung der Aktersklasse der Kinder unter 1 Jahre an der Gesammtsterblichkeit war um 2069 größer als in der Vorwoche, besonders in der Ober- und Warthe⸗Region und im süd⸗ deutschen Hochlande (in München 42,3, ); das Greisenalter zeigte genau dieselben Verhältnisse wie in der Vorwoche. Von den Todes- ursachen haben vorzugsweise die Entzündungen der Athmungsorgans eine merkliche Abnahme erfahren (von 452 der Vorwoche auf 384). Nur im süddeutschen Hochlande und an der Nordseeküste treten sie in vermehrter Zahl auf. Auch die Darmkatarrhe erscheinen seltener mit tödtlichem Verlaufe, die Brechdurchfälle der Kinder dagegen hän⸗= figer, namentlich in den Städten der Mark. Von den Infektions krank⸗ heiten verlaufen die Masern besonders in den oberrheinischen Städten häufiger tödtlich. Scharlachfieber und Diphtherie zeigen sich im Osten Danzig, Stettin) die Typhen in Ober-Schlesien (Lönigshütte, Beuthen)
FJufiger. Aus Metz werden 2 Todesfälle an Flecktyphus gemeldet In Berlin ist die Wochensterblichkeit um fast 25 / J geringer geworden; Masern, Scharlach, Diphtherie waren seltener. Die Todesfälle an Blattern nehmen in London (227) allmählich ab, auch in den größeren englischen Städten mit Ausnahme von Lixerposh, lassen die Todes— fälle nach. In Wien hat ihre Zahl gleichfalls ab=, in Paag erbeblich zugenommen. In einigen Städten Amerikas (namentlich in New⸗ Orleans) grassiren die Pocken heftig Die Cholera macht in Indien (Madras) bedeutende Fortschritte, auch in Afgbanistan kommen Cbo- lerafälle häufig vor. Dagegen wird aus Messpotamien berichtet, 3) die Beulenpest, zumal nach heftigen Regengüsfsen im Januar, si nicht weiter gezeigt habe. . J
— Im Hafen zu Teer (fiskalischer Dod hafen sowie städtischer Hafen an der Leda) kamen im Jahre 1876 an 324 Seeschiffe mit einer gesammten Ladungsfähigkeit von , 801112 Brit. Register⸗Tons 3 von diesen Schiffen war 1 unbeladen; Deutschland gehörten von der Gesammtzahl 237 — darunter 17 Seedampfschiffe von 5, 88M, 8 Register⸗Tons an. — Aus dem Hafen gingen ab 241 beladene und 113 unbeladene Seeschiffe mit einer Lo dungsfähigkeit von insqejammt 1450687 Register Tons; deutsche Schiffe befanden sich bierunter 192 beladene und 83 unbeladene. — Im Hafen zu Leer kamen aufe e⸗ dem an 4277 beladene und 782 unbeladene Flußschiffe mit einer Gefsammtladungsfähigkeit von 42294 Register⸗Tons; es verließen den Hafen 1825 beladenr und 3230 unbelaßene Flußschiffe mit einer Ladungsfähigkeit von insgesammt 42,310 Register⸗Tons.