Bei der 155. Preußis
1
z6, 085.
35 Gewinne à 3000 17,553. 35,819. 39, 183. 453748. 49,185. 61,775. 62,022.
12,043.
Berlin, 14. März 1877.
Königlich Preußische Lotterie. (Ohne Gewähr.)
Z, 597.
19, 384. 10 281. 51. 559. 63 711.
78278. 81, 699. S6, 2568. 83,95.
49 Gewinne à 1500 S auf Nr. 2782. 3685. 7233. g567. 644. 96588. 10,67. 11.111. 14.520. 14, 599. 148366. 18992 ö 6. 636. 45,777. 63.175.
173134. 33, 250. 43. 904. 62. 895. 765 552. 3 692.
85
18294. 36 314. 38 890. 47134. 54118. 9, 008. 65 821. 7X 536. 77555. S4 391. gi, 071.
aufgenommen hatte.
sI. 4485. g4 576.
24,765. 37,191. 49,559. 3. 440. sl II9.
27,715. 34. 566. 2134. 18.395. 54.273. 6 556. hb. 545. 4611. SG 04. S7 536. g3 255.
27,9366. 10 885.
52.769.
65,471. S5 59.
27, 9357. 34 846. 12.78. 19 424. 54 445.
60, 996.
6. 57. 7 ,I78. G. 152.
S7 999.
26,723. 2184. 54 451. ö 03. S8 165.
28,565. Ih 365. I6 404. 57706. 54 576. 62 25. 68. H02. 74 41786. Sl 263. S8, 511.
Das Schinkelfest.
In gewohnter Weise feierte der Berliner Architekten- verein am Abend des 13. März sein alljährlich wiederkehrendes Schinkelfest, — zum ersten Male im eigenen Hause, dessen stattlicher Festsaal eine außerordentlich zahlreiche Versammlung
37396. 43,155. o1. 651. GGII. 0 117.
26 477. Ih 3530. 16 825. 53. I9g6. d 14. 3 . 136. los6. 64211. S3 is. S9, 555.
heute fortgesetzten Ziehung der vierten Klasse ischer Klassenlotterie fielen: Gewinn à 150,000 S auf Nr. 21,542. 1ẽ Gewinn à 45, 000 ½ auf Nr. 18,306. 2 Gewinne à 15,000 S auf Nr. 18,216. 37, 884.
5 Gewinne à 6000 S auf Nr. 9815. 16,789. 20, 384.
M auf Nr. 1750. 6526. 8007. 2l, o07. 21,5553. 2,255. 25, 179. 10 8580. 42470. 2526. 14469. 52, 195. 57 823. 58, 774. 61 589. 9.480. 70 073. 704174. 74690.
16, 936. 33 037. 45.352. I 8786. 75, 311. 2, g46.
Gewinne à 600 S6 auf Nr. 2168. 3600. 5732. 5847. S583. 9413. 11,345. 113437. 13,9165. 14,157. 14, 542. 20, 809. 30. 364. 41654. 47,434. 54,170. 60, 376. 66,539. 73. 91z. 77,925. S4. 471. 92 399.
16,339. 30 056. 377062. 16. 879. 53 / 627. 8 136. hö. 519. 71,134. Molo. S4. 182. go 796.
Vor der mit farbenprächtigen Stoffen
bekleideten Fensterwand des durch edle architektonische Gliede⸗ rung und durch einfach vornehme und wirkungsvolle Dekoration gleich ausgezeichneten Raumes ragte aus einer Gruppe von Blattpflanzen die Kolossalbüste Schinkels empor, und vor ihr erhob sich die Rednerbühne, die um etwa 8 Uhr der Baurath Hobrecht,
Vorsitzende des Vereins, Anwesenden
grüßung der üblichen Jahresberichtes bestieg. Genugthuung und Freude über die nun verwirklichte Grün⸗ dung eines eigenen Heims und dem Dank an alle diejenigen, 3 gefördert, verband der Redner
ätere Jahre die frohen Erwartungen, die
die das Werk mit die daf
sich an
nung, daß . iesen Schritt knüpften, glänzend erfüllt sehen möchten.
und
zur
zur Be⸗ Erstattung des Mit dem Ausdruck der
Als eines glücklichen Omens solcher Erfüllung gedachte der Redner der Wünsche, die Se Majestät der Kalfer bei der Besichtigung des Hauses dem Verein darbrachte. Die werth⸗ vollste Anerkennung seiner Leistungen habe derselbe zugleich dadurch erhalten, daß Se. Majestät der Kaiser die Widmung des Werkes „Berlin und seine Bauten“ anzunehmen geruht
habe.
wiesen worden seiner
keit dürften
diese
Mitglieder
3u
von ihnen Erreichte zurückblicken.
entnehmen wir, daß der Verein gegenwärtig 506 einheimif
wirken mit voller Befriedigung
Durch die Herausgabe dieser umfassenden Arbeit fei be⸗ „was der Verein in gemeinsamer Thätig⸗ vermöge, und so auf das bisher — Dem ö
e
und 746 auswärtige, zusammen also 1253 Mitglieder zählt.
Davon wurden 124 einheimische und 18
auswärtige neu auf⸗
genommen, während im Ganzen 10 Mitglieder austraten und
19 dem Verein durch den Tod entrissen wurden. Laufe des Jahres fanden Versammlungen,
liche
Schinkelkonkurrenz liefen
Den die Seidel
kelmedaillen wurden auf dem Gebiet des Hochbaues 44 Arbeit Blatt, auf de
Die
aus
Baukosten
ca. S50, 000 MF
Nachdem der Ministerial⸗D
kurzen,
Karl
Meißen. zuerkannt.
r die Pflege eines edlen, geistes empfehlenden Ansprache, genommen wurde, die verliehene Übergeben hatte, ergriff Professor Adler d
sowie
errangen Moritz
Zu
unter aus
den
n Medaillen
1 der, an die Bedeutung der
gewonnenen Resultate beleuchtete.
Gleich dem Verein, der nach dem der ge, . eines festen Heims abe seine Geschichte. Literatur hervorge ehrenvoll vertreten seien. blos bedürfe der Verein, sondern eb Darum seien die Ko
trete,
Thätigkeit. 25 Jahren der er
und mit
so auch die A wüchsen die Kräfte, edelsten Erziehungt einen kleinen, sondern den größten gehe, werde jetzt vor unseren Au
ner ken
mittel.
Ein W
auch sein herrorragendstes Fest, Aus ihm sei im Laufe der Zeit wachsen, in der Haus gen- Aber nicht
diesen Berlin Außerdem wurden drei Monats
belaufen
von
Im 12 Haupt⸗ und 18 gewöhn⸗ 13 Exkursionen statt. Zur hinke 19 Arbeiten ein, auf die Hochbauaufgabe (Errichtun in der Karlsstraße) 3 auf die Aufgabe aus fach (Anlage einer W Schinkelpreis Bauführer
denen 7 einer Bauakademie ö dem Ingenieur⸗ asserleitung für Charlottenburg) entfallen. Bewerbern und Adolf
Schin⸗
konkurrenzen e h en auf 114 özlatt, m des Ingenieurwesens 9 Arbeiten mit 13 Blatt eingesandt und von den ersteren 18, v
on den letzteren 3 durch Andenken aus
au gezeichnet. Von den gestellten Aufgaben waren 5 zur wirklichen Ausführung bestimmt. Vereins betrugen ca. 38, 006, die Einna des Architektenhauses
Die Ausgaben des hmen ca. 40, 900 sich auf
irektor Weishaupt mit einer wahrhaft fördernden Corps⸗ die mit lebhaftem Beifall auf⸗ den Empfängern as Wort zu dem styr — an⸗ nüpfend, die Ausgrabungen von Olympia un
die durch sie
Abschluß der Wanderjahre mit jetzt in die Meisterjahre ein⸗ das Schinkelfest,
eine ansehnliche
ssen und Haus freunde er Forschung und Ausle ung enso sehr auch der her e
nkurrenzen, in denen h ste Kranz verliehen wurd der Pflege der Vergangenheit
chen
; eut vor e, der Feier gesellt worden,
und Zukunft verbinde sich
ettkampf aber, ebenskreis, das ganze Volk, an⸗= en auf dem heiligen Festplatz von
nung der Gegenwart. Nur in steter Thätigkeit und der sie anspornende Wettkampf sei eines der
der nicht blos
Elis gef hrt und in der Ausgra ung von Olympia ein deutscher Ge⸗
danke verwirklicht, der seit den T
agen Winckelmanns immerfort von
neuem lebendig geworden sei. Schon er, der Begründer aller Kunst⸗ geschichte, habe auf jenen Boden von Hellas hingewiesen, und dies von ihm e fundene Verlangen sei seitdem, genährt durch unsere klassische Dichtung, mächtig angewachsen, so daß sich in den Worten Whigeniens, die das der iechen mit der Seele sucht, ein tiefer, 7 Zug des deutschen Volks ausspreche. Als Stuart und Revett ihre epoche ⸗˖ machenden Forschungen qufnahmen, als die Parthenon sfkuspturen, die Giebel vom Tempel zu Aegina und der Fries von ini ans LRicht traten, habe man auch bald wieder an Olympia gedacht, und, nach⸗ dem Dodwell den Zeus tempel nachgewiesen und Stanhope der en ihre ersten Linien gezogen hätte, sei dann endlich durch die
ranzösische Expedition des Jahres 1829 die erste Ausgrabung in An⸗ griff genommen, bald aber die beschwerliche Sispphusarbeit wieder abgebrochen worden. Deu tschen Forschern sei es vorbehalten geblieben, das Ziel deutscher Sehnsucht durch unermüdliche Arbeit zu erfüllen, und nachdem bereits Roß durch einen Aufruf, der allerdings die Verwirklichung jenes großartigen Unternehmeng nicht zu erreichen vermochte, und in einem neuen Anlauf, der am Ausbruch des Krim⸗ krieges scheiterte, Ernst Curtius den Gedanken Winckelmanns wieder aufgenommen hatte, sei unter der Aegide des Deutschen Reiches am 4. Oktober 1875 die Arbeit in Olympia begonnen und seitdem durch überraschend reiche Resultate belohnt worden. Die Ergebnisse der ersten Campagne seien als bekannt vorauszusetzen; noch lohnender aber werde wahrscheinlich die zweite Campagne ausfallen, da schon jetzt eine größere Anzahl von Skulpturen, als die erste Arbeitsperiode sie 6 aufgefunden sei und die weitere Erforschung des Terrains
is zu einem Vorstoß auf den Kronoshügel führen würde. Dag Dunkel, das ein Jahrtausend hindurch über Olympia gelegen und erst im Jahre 1766 sich wieder zu lüften begonnen, habe, schwinde mehr und mehr. Der Zeustempel sei fast vollständig wiederherstell= bar geworden, und man erkenne jetzt in ihm den Gipfelpunkt der ernsten dorischen Kunst, man vermöge die Frage, ob er nur Fest⸗ und Agonaltempel oder auch Kultustempel gewesen sei, in letzterem Sinne zu entscheiden und die Bauzeit deutlich von der Mitte des sechsten ins fünfte Jahrhundert zu verfolgen. Fünf neue Metopen seien zu den alten hinzugekommen. Von den 21 oder wahrscheinlich 23 Figuren des Ostgiebels seien 20 wieder aufgefunden, und das neueste Telegramm melde als neu entdeckt 3 Köpfe, 3 Centauren⸗ gruppen und 8 Torsen, so daß auch der Westgiebel sich mehr und mehr vervollständige. Neben der Nike, einem Kunstwerk, wie der Boden Griechenlands seit fünfzig Jahren kein ähnliches uns zurück gegehen habe, gewinne die Archäologie eine klare Änschauung von der Lösung der künstlerischen Aufgabe der Giebelfelderkomposition; sie gewinne ferner ein klares Bild des Verhältnisses der peloponnesischen zur attischen Kunst, und manche andere, bisher dunkle Frage werde nun endgültig entschieden. Die Architektur im Besonderen lerne aus zahlreichen Fragmenten von Terrakotten neben dem Steinbau den Backsteinbau in viel umfassenderem Maße ken⸗ nen, als es bisher möglich gewesen sei. Die dekorative Malerei erhalte in dem aus Flußkieseln zusammengesügten Mofaik des Pro— naos eine bedeutende Bereicherung, und eine volle Ernte erblühe der Cpigraphik. Die topographischen Frage gelangten zwar nur allmählich zu ihrer sicher fortschreitenden Lösung; aber schon heut wachse vor der Phantasie das Bild des Tempels und seiner nächften Umgebung in all dem Glanze empor, der einftmals über diese Stätte gebreitet gewesen sei. Mit dem Dank an diejenigen, deren Arbeit dieses Bild der Vergangenheit uns neu erstehen lasse, schloß der Redner seinen Vortrag. Die Aufgabe jener Männer sei eine 2 aber 266 neue Funde dankten ihnen ebenso, wie die allgemeine Theil⸗ nahme, die ihrem Werke folge. In dem Ruhmeskranze aber, der den Deutschen Kaiser schmücke, werde fortan auch das Blatt hervor⸗ leuchten, daß den Namen Olympias trage. .
Zur Erläuterung des Vortrages war ein Situationsplan
des Ausgrabungsfeldes nebst einer J. von Zeichnungen neuerdings gefundener Stücke im Saale ausgestellt. Den Festtheilnehmern wurde überdies ein von Prof. Adler ent—⸗ worfenes, in lithographischem Druck hergestelltes Blatt über⸗ geben, das eine Ansicht des rekonstruirten Zeustempels und seiner ehemaligen Umgehung, sowie den Grundriß des Ge— bäudes und architektonische Details desselben, eine Jiestauration der Nike und einen Restaurationsversuch des Ostgiebels von A. Bohnstedt darbot. . ; Bei dem in gewohnter Weise verlaufenden Festessen, das sich an den ersten Theil der Feier anschloß, brachte Baurath Hobrecht das mit Begeisterung aufgenommene Hoch auf Se. Majestät den Kaiser, der Geheime Regierungs-Rath Pro— fessor Lu cae das Hoch auf Schinkel aus. An die Verlesung der aus Magdeburg, Königsberg, Breslau und Rom eingelaufenen Telegramme schloß sich endlich noch die Erläuterung der humo— ristischen Tischkarte durch den Baumeister Appelius.
Der Petitionsausschuß der Stadtverordneten— versammlung hat durch den Stadtoerordnefen Bertheim schriftlich über drei Noth standspetitionen Bericht erstattet, und zwar über I) eine Petition des Vorstandes des Berliner Arbeitervereins, welcher beantragt: durch schleunige Inangriffnahme größerer Bauten und Arbeiten zur Linderung der großen Noth in der arbeitenden Be— völkerung beizutragen“, 2) eine Petition des Bezirks vereins „Gesund⸗ brunnen“, welcher unter abschriftlicher Mitthꝛilung einer an den Prä⸗ sidenten des Staats⸗Ministeriums, Fürsten Blsmarck, gerichteten Petition um schleunige Ausführung umfangreicher Staatsbauten und Unternehmungen zur Linderung des herrschenden Nothstandes, die Stadtrerordnetenversammlung ersucht: in Berathung nehmen zu wollen, ob Seitens der Stadt nach dieser Richtung hin nicht auch etwas gethan werden könne“, 3) eine Petition des provisorischen Vorstandes des Vereins der Stadtbezirke Nr. 41— 48, der folgende Anträge stellt: 1) die Ausführung derjenigen städtijchen Bauten und Arbeiten, welche für dieses und die nächsten Jahre in Aussicht genommen sind, schleunigst und nachdrücklich zu betreiben; 2) die zur Ausführung der nicht etatisirten Bauten und Arbeiten nöthigen Gelder durch eine amortisirbare städtische Anleihe zu beschaffen; 3) unverzüglich eine Kommission zu errichten, welche über die Amahl und Nothlage der ortsange hörigen beschäftigungslosen Arbeiter Erhebungen anstellt und auf Grund derselben spezielle Vorschläge macht. — Ber Bericht lautet: In Anbetract der beklagenswerthen Thatsache, daß die Steckungen auf dem Gehiete des Handels und Verkehrs und' das Darniederliegen der Industrie und der Gewerbe — fast in der ganzen eivilisirten Welt — noch immer andauern und Kalamitäten schwerster Art auch unserer Stadt e , war man im Ausschuß allseitig der Ansicht, daß darnach gestrebt werden müsse, der arbeitenden Berölkerung Arbeit und Verdienst, zuzuführen und dadurch die Uebel möglichst zu mildern und zu überwinden 5 mußte man sich sagen, daß die städtischen Behörden in voller Würdigung und Beachtung der bestehenden Verhältniffe eifrigst beftrebt und bemüht gewesen waren und noch sind, unter Schonung der Steuerkraft unserer Mitbürger durch , , bedeutender Bauten und An⸗ lagen aller Art unserer arbeitenden Bevölkerung, unserer Industrie und unseren Gewerben möglichst viel Beschäftigung, Arbeit und Ver⸗ dienst zuzuwenden. Dies ergeben die bereits im Srdlnarium des Etats * 1876, noch mehr aber die im Extraordinarium vorgesehenen
eistungen. In noch höherem Maße findet dies Beftreben und diese Absicht Ausdruck in dem Etat des laufenden Jahres und in den jüngst gefaßten Beschlüssen, bez. in einer Reihe don e, n. deren Ausführung nahe bevorsteht. In dieser Beziehung konnte auf fol⸗ ende Unternehmungen, welche gerade jetzt in Folge Ter billigen ö. der Materialien zugleich auch mit Vortheil . die Stadt⸗
asse ausgeführt werden follen, hingewiesen werden: 1) Die Aus füh⸗
rung der Kanalisation der sämmtlichen 5 Radialspsteme, mit den dazu gehörigen Aptixungen von Rieselfelzern, Rohrleitungen, Pu stationen, Hausanjschlüssen u. 6 w. 2) Die Fertigstellung der 2 artigen neuen Wasserwerke mit den dazu geherigen Anlagen auf dem Windmühlenberge, am tler See und anf der —— —
obe, den umfangreichen Rohrlegungen und allen dazn erforderli
inrichtungen in den Straßen und Hãnsern. 3) Die Ergänzung · und . der städtischen Gag⸗ werke mit den dazu gehörigen Rohrlegungen u. s. w. Die umfangreichen Park- und Gartenanlagen. 9 Im Ressort der Hoch⸗ bauverwaltung die Fertigstellung einer Anzahs Gemeindeschulhäufer und die Inangriffnabme einiger neuen Gemeindeschulen, die Fertig stellung mehrerer höherer Lehränstaltsgebäude und die Inangriff⸗ nahme des höheren Töchterschulgebäudes, die Vollendung der Waisen⸗ Depgt⸗ Gebäude, der Bau des Thorgebäudes am 6 der Ausbau der Nicolaikirche, der Bau der Irrenanstalt in Dall dorf, der Bau des Arbeitshauses in Rummelsburg. 6) Im Ressort des Tiefbaues außer den gewöhnlichen laufenden Arbeiten, Straßenyflasterungen. Entwässerungen, Neubau einiger mas⸗ sirer Brücken, Gasanstaltsbrücke, Michaelkirchstraßen⸗ und Ritter straßenbrücke. 7) Ausführun der in Berathun befindlichen Durchlegung und Anlage von Straßen. 8 . befindet sich in Berathung das Projekt wegen Anlegung eines tädtischen Viehhefes und damit verbundener Schlachthäufer. Hier- nach glaubte der Ausschuß konstatiren zu können, daß die städtischen Behörden ganz im Sinne der Petenten vor und ohne deren Anregung schon frühzeitz und in großem Umfange darauf Bedacht genommen haben, moglichst viele und bedeutende Arbeiten bei der noch bestehen⸗ den arbeitslesen Zeit ausführen zu lassen. Der Ausschuß empfiehlt sonach der Stadtverordneten versammlung, beschließen zu wollen: In Erwägung, daß die städtischen Bebörden bei Gelegenheit der Etaks⸗ festsetzung für 1877 und durch die Beschlüsse und Anträge der beiden Stadtbehörden diejenigen Maßregeln, welche in den gedachten Peti⸗ tionen beantragt werden, bereits getroffen sind, und damit diefe n, . thatsächlich ihre Erledigung gefunden haben, in fernerer Frwägung, daß der Antrag 3 der Petition ad iii. als ungeeignet und iwecklos anseben werden muß, über diese Petitionen zur Tages⸗ ordnung überzugehen.
Der Verein deutscher Lehrerinnen und Erzieherinnen hielt am Dienstag Abend seine diesjährige Generalverfammlun ab. Der Verein hat auch im 8. Jahre seines Bestehens se ensrei gewirkt und nachdem es ihm gelungen ist, Korporationsrechte zu er= langen, das Gebiet seiner Thätigkeit erweitert. Die Mitgliedszaht beträgt gegenwärtig 401. Die Einnahmen betrugen 2125, 1 4½, die Ausgaben 169744 6, so daß ein Ueberschuß von 42735 S verblie⸗ ben ist. Der Stellenvermittlung des Vereins sind 200 Stellen zur Besetzung übergeben. Die Zahl der Stellensuchenden Fetrug 230, von denen 68 durch den Verein untergebracht wurden. An Unter- stũtzungen und Darlehen gelangten aus der Unterstützungskasse 618 10. zur Vertheilung. Das Feierabendhaus hatte eine Cinnahme von 48,93547 ις und eine Ausgabe von 106,6 S6, es verbleibt somit ein Ueberschuß von 48, 828 a1 0, so daß das Vermögen des Feier⸗ abendhauses gegenwärtig 56,797 νς beträgt. — Gleich dem hiesigen Hauptverein hat, auch der Zweigoerein zu Memel eine erfreuliche Entwicklung gezeigt. Statutenänderungen, sowie die Crledigung der , füllten den übrigen Theil der Generalversamm⸗= ung aus. .
Theater.
Die außerordentliche Wirkung, welche Fr. Wolter, der Gast des Residenz⸗Theagters, als Camelten dame“ hervorge⸗ bracht hat, veranlaßt die Direktion, diese Vorstellung am Freitag, den 16. Sonnabend, den 17., und Sonntag, den 18., zu wieder= holen. Am Montag, den 19, findet im Residenz-Theater eine Wohl thätigkeits⸗-Vorstellung für den „Allgemeinen Berliner Kran⸗ kenpflege⸗Verein“ statt, und wurde zu diesem Zwecke eine Wieder⸗ holung der Sardou'schen ‚Fernande“ angesetzt.
— Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin beehrten gestern die it alienische Opernvorstellung des Impresario Gardini im Krollschen Thegter. Das Haus war wiederum überfüllt, fo daß Hunderte umkehren mußten.
— Bei seinem ersten Auftreten als Richard III. am Sonntag im Vatienal⸗Thegter wurde der Großherzoglich sächsische Hof⸗ Schauspieler Hr. Otto Lehfeld von dem überfüllten Hause mit lautem Jube begrüßt, und seine vollendete Darstellung dieses mächtigen Charakters hinterließ einen großartigen Eindruck, Heute wird der Künstler als Shylock im Kaufmann von Venedig“ auf⸗ treten. — Zu Anfang April wird Hr. Ludwig Barnay ein Gast⸗ spiel am National⸗Theater beginnen.
— Im Belle⸗Alliancge⸗Theater gelangt am Sonnabend eine Novität zur ersten Darstellung, welche voraussichtlich großes Interesse errezen dürfte. Es ist dies eine Bearbeitung des preisge⸗ krönten französischen Romans , junior und Risler senior“ von Alphonse Daudet, von Ru 3olph Hahn für die deutsche Bühne bearbeitet. Morgen geht daselbst noch einmal das Luftfpiel „Die relegirten Studenten! und übermorgen zum 45. Male „Am Rande. des Abgrunds“ und zwar zu halben Kassenpreisen in Scene.
— In der Singakademie fand am Montag das für diesen Winter letzte der von Herren W. Hellmich und J. L. Ricods ver⸗ anstalteten Konzerte statt. Das gewählte Programm enthielt als erste Nummer wiederum eine Novität: das Quartett (. moll von S; Rauchenecker für 2 Violinen, Viola und Cello. Das interessante Musikstück, welches frische, originelle Erfindung bekundete und kor⸗ rekt und geschmackvoll stilisirt ist, wurde von den Herren Hellmich, S. Sandow, Schulz und E. Sandow mit künstlersscher Sicherheit und Präzision zu Gehör gebracht. Neu war ferner eine Elegie von F. Lißt für Cello, Harfe, Klavier und Orgel, welche die ,. E. Sandom, Hummel, Nicods und Rudnick mit feinem Ver⸗ tändniß und technischer Vollendung spielten. Dann folgte von E. Saint ⸗Sasns gleichfalls eine hier bisher nicht gehörte Komposition: Variationen über ein (Sonaten) Thema von Beethoven für 2 Klaviere, mit deren meisterlichem Vortrage die Herren Nicodé und Rhenius lebhaften Beifall ernteten. Den Schluß bildete Beethovens zart= sinniges Trio ( dur) 9p. 3 für Violine, Viola und Violoncello, von den Herren Hellmich, Schulz und E. Sandow mit rerständniß⸗ voller Auffassung und trefflichem Vortrage wirkungsvoll aus⸗ geführt. Den gesanglichen Theil des Programms hatte Fr. Natalie Schröder übernommen. Die Sängerin gebietet über, eine kräftige, wohlklingende Stimme, und verbindet damit gute Schule und Vortragsweise. Fr. Schröder fang zuerst die Arie aus dem Mozartschen Titus“: „Eccè ii punto“ und später zwei Lieder: Schöne Wiege meiner Leiden! von Schumann und Haiderös lein / von F. Schubert. Hr. Nicodsé begleitete am Klavier. Die rege Theilnahme des musikliebenden Publikums an diesen Kon⸗ jerten bekundete sich wiederum durch zahlreichen Befuch. .
Redacteur: F. Preh m. Verlag der Eppedition (Kesse ). Druck: W. El ner.
Drei Beilagen (einschließlich Börsen⸗ Beilage).
Berlin:
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Stuats⸗Anzeiger.
2 83. Nichtamtliches.
De untsches Reich.
Berlin, 14. März. In der gestrigen Sitzunga des Reichstages nahm in der Berathung über den Reichs⸗ haushalts⸗-Etat der Reichskanzler Fürst von Bismarck nach dem Abg. Dr. Hänel wie folgt das Wort:
Ich habe zuvörderst eine Auffassung des Herrn Vorredners zu berichtigen, die er am Schlusse aussprach, und ich habe die Ueber⸗ zeugung, daß diese Berichtigung ihm selbst nicht unangenehm sein wird. Er sprach die Befürchtung aus, daß ein von ihm ausgehendes Wort mir weniger Eindruck machen werde, als wenn es von anderer Seite fällt. Ich muß das bestreiten. Im Gegentheil, ich habe mich aufrichtig gefreut über die reichsfreundliche Strömung, die durch die ganze, für mich sehr lehrreiche, wenn auch nicht in allen Punkten über⸗ zeugende Erörterung ging. Ich möchte vielmehr daran erinnern, daß ja auch vom Standpunkte einer höheren Gerechtigkeit mitunter über Einen mehr Freude ist wie über hundert Gerechte, und insofern macht mir das Entgegenkommen, was ich in dem Herrn Vorredner persönlich und sachlich gefunden habe, sehr viel Freude. Ich werde mir des halb auch ö soweit ich habe folgen können, auf die einzelnen Punkte seiner Aeußerung einzugehen, und kann nur wünschen, daß Sie Alle diesem interesjanten Gegenstande so viel Wohlwollen e um nicht die Zeit zu bedauern, die ich Ihnen dadurch entziehe. ;
Ich kann zunächst den Anfang der Rede des Herrn Vorredners nicht für zutreffend halten, sondern muß sagen, darin steckte eine so fein zugespitzte Dialektik, wie sie sonst auf dem Boden seiner Frak⸗ tion nicht immer in Anwendung gebracht wird; sie schien mir exotisch nach ihrer Entstehung zu sein, namlich wo er nachzuweisen versuchte, daß ich den hohen Reichstag lediglich als ein Pressionsmittel auf die Thätigkeit der Beamten hatt benutzen wollen.
Der Herr Vorredner hat selbst gesagt, daß bei der letzten Dis⸗ kussion die Motive nicht erschöpft worden seien und die Diskussion nicht eine umfassende Entwickelung der Gründe gegeben habe, aus denen hier Jeder handle. Ich habe die Wirkung der früheren Be⸗ rufung keineswegs als ein Motiv angegeben, sondern ich habe nur thatsächlich angeführt, was die Folge zu sein pflege, und daß ohne
eststellung eines bestimmten Anfangstermins die Arbeit nicht in 5 kurzer Zeit fertig zu werden pflegt. Wenn der Herr Vorredner von mir die Angabe eines Motivs der früheren Berufung ver⸗ langt, welches mich veranlaßte, denen, die einen späteren Termin wollten, zu widersprechen, so war es der Umstand, daß ich es nicht für schicklich hielt, einer Versammlung, die einen Etat für ein gan⸗ zes Jahr berathen soll, dazu wen F verfassungsmäßig abgeschlossene Zeit zu lassen, als mindestens 4 Wochen; ich meinte, wir könnten den Herren nicht zumuthen, wenn wir bis 3. oder 4. März warteten, während Ostern auf den J. April und Palmsonntag acht Tage frü⸗ her fällt — in den alsdann nur noch verbleibenden etwa 14 Tagen ein Jahresbuget zu berathen. Man kann ja über die Berechtigung, über die logische Richtigkeit diesen Motivs mit mir streiten, aber das bitte ich Sie nicht zu glauben, daß in der ganzen Behandlung der Sache ein Mangel an Achtung und Rücksicht hh den Reichs fag leitend gewesen wäre. Wir haben uns — ich wi nicht sagen Sie die Regierungen, aber die Regierungen baben den Reichstag zu nothwendig, um die großen Schwierigkeiten, die in den Sachen engt liegen, absichtlich und durch Mangel an Form wohl⸗ bedacht noch zu erschweren. Ich möchte also diesen Punkt damit für erledigt halten und zugleich um Absolution für die Zukunft bitten, wenn es einmal wieder so kommen sollte; es soll nach Möglichkeit ver⸗ , . werden, aber ein Mangel an Achtung, an Rücksicht und Ar⸗
eitsamkeit ist ganz gewiß nicht dabei; ich will nicht wiederholen, was ich das letzte Mal darüber gesagt habe. ; .
Der Herr Vorredner hat mir ferner vorgehalten, ich hätte in meinen Aeußerungen über die Reichs Ministerien mehrere Mal ge⸗ wechselt. Das ist ja wohl möglich, Ich will ihm sogar noch mehr zugeben, ich habe in meinen Ansichten darüber gewechselt. Ich bin niemals unbescheiden genug gewesen, mich mit jenem alten heid⸗ nischen Gotte zu vergleichen, aus dessen Kopfe eine Minerva vollstän⸗ dig geharnischt hervorsprang, ugd auch diefe en, die mit mir an der Sache gearbeitet haben, haben die Präten sion nicht haben können, daß
die Sachen . den ersten Wurf fertig wären, nicht einmal die, daß sie
auf einem unbekannten Terrain, ohne den Weg zu übersehen und die Transportmittel, die dabei zur Anwendung kommen, — ja daß sie das Ziel, was zu erreichen ist, in vollständig konkreter Ferm vor sich ge⸗ habt haben. Es ist möglich, daß es Leute von dieser hohen Begabung giebt, noch möglicher, daß es Leute gegeben hat, die mit dieser Begabung ausgerüstet zu sein glaubten; das hat uns die Geschichte gelehrt und namentlich im Jahre 1848 vorgeführt, wo gewissermaßen die Blüthe der Nation, die gescheitesten, jedenfalls die gelehrtesten Leute versammelt waren. Es hatte damals jeder sein Ideal, wie die Sache werden sollte, im Kopfe; aber die Schluchten und Ströme, die zwischen ihm und diesem Ziele lagen, wie die zu bewältigen seien, das überließ er Anderen. Also ich betrachte dies nicht als eine Schande, wenn ich sage, daß ich auf dem Gebiete der Ausbildung unserer Verfassung mich als einen Schüler, mindestens als einen Schüler der Erfahrung betrachte, und daß ich den Eindrücken der Erfahrung nicht unzugänglich, bin, wenn die Geschichte mich. gelegentlich lehrt, daß ich mich geirrt habe, selbst in denjenigen. Fällen, wo ich glaubte, meiner Sache ganz sicher zu sein. Wer mit einer größeren Dreistigkeit die Führung solcher Dinge über—⸗ nimmt, der mag vielleicht schnellere Erfolge erreichen, aber es mag ihn dies auch sehr leicht in dieselben Klippen und Versanduagen führen, in denen wir nach der großen Hoffnung von 1848 ein halbes Menschenalter gearbeitet haben, in denen wir uns nach dem Auf⸗ nn, von 1813 ziemlich hülflos und aussichtslos 6 die Zukunft ewegt haben. * habe aber doch, wie ich glaube, mit meiner Ansicht über die Möglichkeit, Reichs⸗Ministerien einzurichten, nicht ewechselt; ich glaube, ich habe von ban aus zugegeben, daß wir ir. Einrichtungen gebrauchen. Man streitet da vielleicht mehr um die Bedeutung des Wortes, es fragt sich nur, mit welchen Attributionen sollen die Reichs-Minister ausgestattet sein — mit kurzen Worten gesagt, wollen Sie bei der einheitlichen Verantwort⸗ lichkeit eines Premier-Ministerg stehen bleiben, oder wollen Sie neben ihn drei bis vier andere Minister stellen, die der Herr Vorredner für die zunächstliegende Thätigkeit des Krieges und der Finanzen an- deutete — wollen Sie also drei bis vier gleichberechtigte Minister nebeneinander stellen, wie es im preußischen Ministerium der Fall ist, wo der Minister⸗Präsident nur dat rn, , ne. Mitglied unter gleichberechtigten Mitgliedern ist? Ueber diese ie ge. wird mir der Herr Vorredner zugeben, habe ich, in meiner Meinung niemgls gewechselt. Ich habe stets an der einheitlichen Verantwortlichkeit eines Premier- Ministers festgehalten und ich glaube auch, daß die⸗ jenigen, welche diese Verantwortlichkeit in Anspruch nehmen können, also in erster Linie der Reichstag, in zweiter Linie das ganze Volk, dabei besser wegkommen. Ich halte eine Verantwortlichkeit, die auf Ministern ruht, welche sich gegenseitig mit Majoritãt und Minorität überstimmen, doch eigentlich für keine irgendwie faßliche. Wer trägt denn die Verantwortlichkeit für die Beschlüsse des Reichs⸗ tags und jeder anderen parlamentarischen e,, Können Sle den Einzelnen dafür in Angriff nehmen? Können Sie ihm die Verantwortlichkeit dafür aufbürden, wenn Sie finden, daß die Be⸗
chlüsse des Reichstags dem, was sich verantworten läßt, nicht ent- 6 Der Einzelne wird vielleicht sagen: ich bin überstimmt
Berlin, Mittwoch, den 14. März
1877.
worden, und wenn ich auch nicht in der einzelnen Frage überstimmt worden bin, so bin ich doch durch die Majorität Fre, worden, im Ganzen einen Weg zu gehen, den ich, wenn ich allein zu bestim⸗ men hätte, nicht gegangen sein würde; auf diesem Wege habe ich nach meiner Ansicht konseguenter Weise so handeln müssen, wie ich gehandelt habe; hätte ich für mich allein einzustehen, so wäre es nicht geschehen. Ich weiß nicht, wie Sie von einem Ministerium, das in sich kollegialisch abstimmt, in höherem 2 eine Verantwort⸗ lichkeit verlangen wollen, wie von einer parlamentarischen Ver⸗ sammlung, während Sie den einzelnen leitenden Minister, gegen dessen Willen wenigstens nichts geschehen kann, für das, was geschieht, immer verantwortlich machen können. Worin besteht denn diese Verantwortlichkeit überhaupt? Eine gerichtliche Verant⸗ wortlichkeit wird, glaube ich, doch nur sehr selten in Anspruch genommen werden, wenn sie nicht komplizirt ist mit Handlungen, die eben auch an sich, ohne Minister zu sein, ein gerichtliches Einschreiten zulassen. In der Politik besteht, meinem Gefühl nach, die Verantwortlichkeit wesentlich darin, ob Jemand schließlich nach dem Urtheil seiner Mit bürger sich blamirt in der Politik, die er macht, oder nicht, ob er — ich will den Erfolg gar nicht entscheidend sein lassen — ob er nach dem Urtheil seiner Mitbürger und in erster Linie der Vertretung derselben die Geschäfte so geführt hat, wie man von einem zu dem Ministeramt hinreichend ausgestatteten und wählbaren Mann überhaupt ver— langen kann, oder ob er sie leichtsinnig, ungerecht, parteileidenschaft⸗ lich geführt hat. Kurz es wird darin seinen Abschluß finden, — unter gewöhnlichen Verhältnissen, wo die Parteileidenschaften nicht entfesselt sind und sich gegenseitig mit Richtersprüchen und Berurtheilungen bekämpfen, — daß ein Minister auf den erkenn⸗ baren Wunsch der Mehrheit der Volksvertretung oder aus eigener Ueberzeugung zurücktritt und seine Amtsführung einer scharfen und, wenn er Unrecht hat, berechtigten Kritik aussetzt. Dies wird gegen einen Einzelnen oft ungerecht sein, wenn er Mitglied eines Ministeriums gewesen ist, in dem er überstimmt wurde. Hat er in dem Kollegium ein unbedingtes Veto gehabt, so wird man ihn mit Recht für das in Anspruch nehmen können, was dort geschehen ist. Wenn wir vor 10 Jahren, als der Norddeutsche Bund geschaffen wurde, sofort darauf eingegangen wären oder bald auf die ersten Interpellationen, — pieser Streit erneuerte sich ja ziemlich so oft, wie die Diätenfrage. — und wenn wir von Anfang an mehrere verantwortliche Minister in kon—⸗ kurrirender Stellung unter sich und zum Bundesrath, in konkurriren⸗ der Stellung zu den Landes⸗Ministern eingesetzt hätten, — ob wir dann soweit gekommen wären, wie wir jetzt sind, ist mir doch sehr fraglich. Blicken wir auch nur 12 Jahre zurück, so werden Sie mir Alle sagen, daß Niemand damals auch nur die off nung hegte oder wenigstens laut auszusprechen wagte, daß wir uns in 12 Jahren in der Situation in Bezug auf den Fortschritt der deutschen Einheit und Verfassung befinden würden, wie heute. Wie alt ist denn das Deutsche Reich in seiner jetzigen Gestalt? . Jahre! Ich glaube, Stagten wachsen langsamer wie Menschen, fünf Jahre sind für einen Menschen ein Kindesalter. Ich traue un⸗ serer Verfassung eine Bildungsfähigkeit zu, grade auf ähnlichem Wege, wie die englische Verfassung sich gebildet hat, nicht durch theo⸗ e fe Aufstellung eines Ideals, auf das man ohne Rücksicht auf die Hindernisse, die im Wege stehen, losstrebt, sondern durch orga— nische Entwickelung des Bestehenden, indem man die Richtung nach vorwärts beibehält, in dieser Richtung jeden Schritt thut, der sich im Augenblick als möglich und unschädlich zeigt, so daß keine größe ren Gefahren damit verbunden sind. J .
Erinnern Sie sich, meine Herren, wie bin ich gedrängt worden zu Zeiten, den Anschluß einzelner Staaten von Süddeutschland an Norddeutschland zu fördern, die sich bereitwillig uns darboten, also um es mit Namen zu nennen: Baden. Ich habe mir vielleicht da⸗ mals die Zahl meiner Freunde nicht vermehrt, indem ich es bestimmt ablehnte; ich glaube aber kaum, daß wir heute in den⸗ selben guten Verhältnissen mit unseren übrigen süddeutschen Landsleuten ständen, wenn wir damals in den einseitigen Anschluß von Baden gewilligt hätten. Das verstehe ich unter Schritten, die uns zwar vorwärts bringen, aber in anderer Beziehung mit größeren Nachtheilen verbunden sind. Daß der Bundesrgth zu Gunsten von solchen Reichs-Ministern, wie sie vorschweben, Rechte aufgeben müßte, ist ja ganz klar; diese Rechte sind aber verfassungs⸗ mäßig verbürgt und können nur unter Zustimmung der Regierungen modifizirt werden. Ist diese Zustimmung wahrscheinlich zu erreichen? Sie wissen, daß 14 Stimmen im Bundesrath verfassungs mäßig dazu ie en, um eine Verfassungsänderung zu hindern. Man kann das
eklagen, aber es ist Thatsache und verfassungsmäßiges Recht bei uns. Sind Sie nicht alle überzeugt, daß diese 14 Stimmen zum Wider . gegen eine Einrichtung, durch welche der Einfluß der. einzelnen
egierung wesentlich beeinträchtigt würde, sich so, wie die Sachen heute liegen, unbedingt finden würden? Ich bin davon überzeugt und ich mag durch dieses Experiment diesen Widerspruch nicht auf die Probe stellen und ebenso, wie beispielsweise in der Eisenbahnfrage, mich jeder Verdächtigung, jedem irrthümlichen Mißtrauen des Parti⸗ kularismus aussetzen, wenn ich verfassungsmäßige Dinge erstrebe, mir aber dabei Ziele untergeschoben werden, die das verfassungs mäßige Maß von Selbständigkeit der einzelnen Staaten einschränken. Sie haben erlebt, in welchem Maße es geschehen ist. Es giebt reichsfeindliche Parteien — in diesem Saale natürlich nicht, aber draußen sind sie täglich zu spüren — von denen jede Maßregel nach der Art, sofort zu teln. zum Beleben von Antipathien der centrifugalen Neigungen benutzt wird. Das wissen Sie aus Erfah⸗ rung, und man muß darin vorsichtig sein und denen, die Rechte aus der Verfassung haben, glaube ich, wenn man Politik treiben will, nicht in jedem Jahre wieder davon sprechen: wir gehen darauf aus, dir die Rechte zu nehmen, die du hast, und dir nur einen Rock zu lassen nach dem Zuschnitt, wie er uns theoretisch vorschwebt!
Ich halte es überhaupt für gefährlich, obschon wir in unserem deutschen Nationalcharakter, der immer das Beste will, und darüber das Gute oft verliert, — unzertrennlich halte ich es davon, daß wir aus dem Verfassungsmachen gar nicht herauskommen, daß wir der Verfassung, die ja unvollkommen ist und immer sein wird, daß wir ihr nicht Zeit lassen, einmal zu Athem zu kommen und sich zu beru⸗ higen auf einer immerhin unvollkommenen Etappe. .
Halten Sie es meiner früheren Helchrftisung mit der Land⸗ pirthschaft zu Gute, wenn ich sage: es macht mir das den Eindruck eines Gutsbesitzers, der an seiner Wirthschaftsmethode in jedem Jahre ju ändern und zu modeln hat; er wird mit der alten Wirth⸗ schaftsmethode, wenn er an ihr festhält, wahrscheinlich weiter kom= men, als wenn er in jedem Jahre die gesammte Fruchtfolge oder das gesammte Wirthschaftsspstem neuen Proben oder fundamen⸗ talen Abänderungen unterzieht oder auch nur zu unterzie⸗ hen sucht. Jede Erörterung darüber, soweit sie nicht in ihrer ganzen Tonart und in ihren Zielen , Besitz beunruhigt, ist ja lehrreich und zweckmäßig, und ich will gar nicht sagen, daß wir gut thäten, diese Fragen unserer verfassungsmäßigen Zukunft todtzuschweigen, als voll me tangere zu behandeln und besondere Strafartikel gegen den zu verhängen, der an der Verfassung rührt, wie das in alten Zeiten wohl ichen ist, im klassischen und namentlich im griechischen Alterthum. Aber ich möchte empfehlen, daß man weniger siegesgewiß über Rechte hinweg geht, die durch die Verfassung verblirgt sind. Ich wenigstens werde, so lange ich Reichskanzler bin, als meine erste Pflicht ansehen, genau die Reichsverfassung aufrecht zu erhalten
Allen gegenüber, die bei ibrer Erhaltung interessirt ind, — daß dies dem Reichstag gegenüber geschiebt, darauf werden Sie schon selber balten — aber selbst den kleineren und weniger mächtigen Regie⸗ rungen gegenüber. Und wir würden durch eine Uebereilung auf dem Wege, der vor uns liegt, fürchte ich, an der Haltbarkeit des Gefähr⸗ tes, auf dem wir uns vorwärts bewegen, verlieren. Wir erzeugen durch übereilte Versuche — Gegenversuche, Reaktionen im eigentlichen Sinne, ich möchte sagen, im medizinischen Sinne, aber ungesunder Natur. Ich muß mich einstweilen in Bezug auf die Verfassung etwas an einen bekannten Ausspruch des Herzogs von Wellington halten. Der Herr Vorredner erklärt Einiges, was in der Verfassung steht, in der Ausführung für unmöglich. Der Herzog gab einen Be⸗ febl, von dem der Untergebene sagte: es ist nicht möglich. Der Herzog fragte: steht es schon im Ordrebuch? — Ja. — Nun, dann ist es auch möglich. — So möchte ich auch sagen: wenn es in der Verfassung steht, ist es einstweilen auch möglich, und es muß danach verfahren werden, und ich möchte das nicht aufkommen lassen, daß wir einen Theil der Verfassung für unmöglich halten, denn die Theile der Verfassung stehen alle gleich fest, sind alle unter derselben Bürgschaft, und das Rütteln an einem schadet der Festigkeit und dem Glauben der anderen. . 366
Der Herr Vorredner meinte, es sei unter Anderem nicht möglich, daß der Reichskanzler nicht zugleich die preußische Stimme führe. Ich halte das doch für möglich, — ich halte es nicht für nützlich; der Reichskanzler braucht nach der Verfassung, wie ich glaube, gar nicht Mitglied des Bundesraths zu sein. Nach der Verfassung führt er den Vorsitz in demselben, und insoweit ein Vorsitz ohne Mitglied⸗ schaft denkbar ist, wäre es auch möglich, daß er nicht Mitglied wäre. Ich würde es für unzweckmäßig halten, aber mir kommt es hier nur an auf die Theorie unserer Verfassung, so wie sie mir vorschwebt, — ich kann mich in meiner juristischen Ausführung irren und erkenne darin die Ueberlegenheit der meisten unter Ihnen an, aber nach meinem Eindruck ist das so unbedingt nicht gesagt. .
Wenn nun das Reichs⸗Ministerium, wie es dem Herrn Vor⸗ redner vorschwebt, im Bundesrath Sitz und Stimme haben joll
i Meinung nach, so kann es doch, wenn nicht eine volle Ver⸗ fassungsänderung noch mehr Stimmrecht an Preußen giebt, über⸗ stimmt werden, ebenso gut wie z. B. in der Frage des Sitzes des Bundesgerichts Preußen Üüberstimmt worden ist. Ein Ministerium ist dann noch in einer viel schwierigeren Lage, Ihnen gegenüber etwas zu vertreten, wofür es nicht gestimmt hat, weil es gerade das Mini⸗ sterium ist. Wir kommen hier nur als Mitglieder des Bundesraths vor Sie, ob als Mitglieder der Minorität oder der Majoxität, das ist dabei irrelevant, wenn dabei auch die Minorität das Recht hat, ihre Meinung zu vertreten, wie ich nicht zweifle, daß die Preußische Regierung das in der Frage des Sitzes des obersten Reichsgerichts thun wird. ; .
Die Ministerien des Reichs — ich wüßte nicht, warum ich sie nicht so nennen sollte —, wie sie jetzt bestehen, theilen sich ein in ein Auswärtiges Amt. Das wird wahrscheinlich immer das sein, dem der Kanzler am nächsten tritt, wo er dem auswärtigen Minister, den wir unter dem Namen des Staats⸗Sekretärs, ähnlich wie in England, haben, ich möchte sagen, am meisten über die Schultern in das Papier hineinsieht, oder es sei denn, dad Sie nach mir einen Kanzler haben aus 3 des inneren Dienstes. Der wird vielleicht dem Herrn Präsidenten des Reichs lanz ler: Amts mehr in die Briefe hineinsehen, der ja, wie es heute liegt, das Finanz: Mi⸗ nisterium und das Handels⸗Ministerium des Reichs in einer
erson . 85 da in Zukunft noch eine Trennung thun⸗
ich ist, gebe i nen zu. .
ö id sehr ich mit Ihnen darin einverstanden bin, den Minister⸗ charakter dieser höchsten Reichsbegmten heraustreten zu lassen, mögen Sie unter anderem daraus schließen, daß ich streng darauf halte, ö.. nicht mit dem anonymen Namen eines Amtes unterschrieben werde, sondern jedesmal mit einer Persönlichkeit, weil dadurch die Verantwortlichkeit der bestimmten Person für das, was über der Namenzunterschrift steht, hervorgehoben wird; der anonyme Name: Reichskanzler-Amt, Auswärtiges Amt, Ministerium des Innern, Finanz⸗Ministerium ist eben nur aus einer Abneigung gegen diese persönliche Verantwortlichkeit hervorgegangen und findet hauptsächlich da statt, wo die Minister, wie leider der Mißbrauch vielfach in Preußen und anderswo stattfinden soll, anstatt selbständig zu bestimmen, ihre Ministerial⸗Räthe zusammentreten, Sitzung 1 und per majora über die Dinge abstimmen lassen. die der Minister entscheiden soll, und wo es dann heißt: das Mini- sterium hat beschlossen. Ich bekämpfe dieses Neutrum, diese Anonx⸗ mität und trete für die Persönlichkeit ein, eben weil ich eine ministerielle Verantwortlichkeit in erster Linie hinter der des Kanzlers zu schaffen mich bemühe. ö . . 2
Nehmen Sie also an, daß neben dem Finanz-Minister, der jetzt als Präͤsident des Reichskanzler⸗Amts zeichnet — die Benennung ist einmal hergebracht, ich sehe nicht, warum wir sie ändern sollen — der Präsident eines Reichshandels⸗-Amts stände, so kann ich dabei gleich die Inkongruität berühren, die ich darin finde, daß ein preußisches Handels⸗Ministerium besteht. Es giebt meines Erachtens keinen preußischen Handel, keinen braunschweigischen, keinen weimarischen und keinen sächsischen vor dem Forum des Reichs und im Deutschen Reiche. Gerade der Handel ist etwas, was von der ganzen Nation in Gemeinschaft getrieben wird oder gar nicht. .
Ich glaube also, daß diejenigen Attributionen — aber ich fürchte, meine Herren, ich nehme Ihre Zeit zu sehr in Anspruch und komme in Details, die Sie vielleicht nicht interessiren; aber ich habe das Bedürfniß, * sie einmal ausgesprochen werden, — ich meine näm= lich eine Kritik der jetzigen Lage, wie sie mir vor hwebt, ohne daß ich Ziele an die Wand zeichnen will; sie werden sich von selbst aus meiner Kritik ergeben. . w
Ich bin der hfefnung, daß das preußische Handels⸗Ministerium an und für sich inkongruent zusammengesetzt ist. Es ist. gan; un- möglich, daß ein und derselbe Minister die technischen . Bergbaus und der Fabrikation und die des Handels und des Ver⸗ kehrs, die gewissermäßen mit dem Auswärtigen Amte, mit, der han delspolitischen Abtheilung des Auswärtigen Amts in nächster Ver⸗ , in einer Person so beherrschen soll, wie es zu wünschen ist. .
1 if außerdem unnatürlich, daß der Handel, der mit dem Aus⸗ lande in Beziehung steht, in dem größten Partikularstaate eine be⸗ sondere Vertretung habe, in dem Staate, dessen König zugleich der Deutsche Kaiser jf. Also in dem Ideal, in 243 Interesse ich kri⸗ tisire, müßte meines Erachtens das preußische andels⸗Ministerium, es müßte auch das preußische Finanz⸗Ministerium aufgelöst werden. Wenn ich von den übrigen Ministerien nicht spreche, so erklärt ich das — ich meine die außerpreußischen — von selber da⸗ ig daß keine anderen hier an Ort und Stelle sind, die dem Reich
üffreiche Hand leisten können, und daß es ganz außerordentlich e ist, daß ein und derselbe Monarch zwischen zwei verschiede⸗ nen Fi e n zwischen dem Reich und Preußen lediglich in Personalunion stehen sollte, wie Schweden und Norwegen. ü glaube, Sie werden gejwungen, Sie mögen wollen oder nicht, in den höchsten Verwaltungszweigen die Stellen zu vermehren. Wir leben im Reich noch großentheils von Anlehen, die wir von Preußen an Arbeitskräften machen und die wir auch bei Gelegen beit an Arbeitskräften in anderen Staaten machen, nur daß hier die ö e schwer zu überwinden ist. Ich meine also, daß das
preußische Finanz⸗Ministerium einer Theilung bedarf, nicht heute,