zum Betriebe der im 8. 58 der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 benannten Gewerbe wegen, man⸗ elnden Bedurfnisses versagt worden, die Klage bei dem ezirksverwaltungsgerichte nicht zulässig sei, für zutre end nicht erachtet. Der Umstand, daß in dem 58. 131 des Kom— petenzgesetzes vom 26. Juli 1876 ein besonderer Hinweis auf 5. 59 der Gewerbeordnung nicht enthalten sei, erscheine nicht geeignet, die Richtigkeit der entgegengesetzten An⸗ nahme zu? begründen. Eines solchen Hinweises habe es nicht bedurft, weil die im §. 59 der Gewerbeordnung bezeich⸗ neten Gewerbe unter den im 8. 55 Nr. 4 aufgeführten mit⸗ begriffen werden, der 5. 59 also keine besonderen Arten von Gewerben aufstelle, vielmehr nur bestimme, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen der Betrieb ewisser Arten der im 8. S5 Rr. 4 bezeichneten Gewerbe zuzulassen sei. Daß durch den 5. 131 des Kompetenzgesetzes vom 26. Juli 1876 die Zulässigkeit der Klage bei dem Bezirksverwaltungsgerichte auch gegen Verfügungen der zuständigen Behörden, durch welche der Legitimationsschein zum Betriebe der im 8. 59 der Gewerbeordnung bezeichneten Gewerbe versagt worden, habe ausgesprochen werden sollen, sei aus den dem Erlasse des Kompe⸗ tenzhesetzes voraufgegangenen Verhandlungen deutlich zu ent- nehmen. Während nämlich der dem Landtage Seitens der Staatsregierung vorgelegte Gesetzentwurf die Entschei⸗ dung über die Verfugung von Legitimationsscheinen zum Gewerbebetriebe im Umherziehen in allen Fällen den Verwaltungsbeschlußbehörden überwiesen hatte, sei von der Xl. Kömmission des Hauses der Abgeordneten vorgeschla⸗ gen worden, diese Entscheidung überall — mit besonderer Hervorhebung der Fälle des 8. 59 der Gewerbeordnung — den Verwaltungsgerichten zu überweisen, welcher Vorschlag demnächst von dem Hause der Abgeordneten zum Besch 1 . und von den übrigen gesetzgebenden Faktoren glei falls angenommen worden sei.
— Die rechtswidrige Zueignung von abgespielten, aber noch nicht zur Erlangung neuer Loose für die nächste Lot⸗ terie verwendeten Lobosen der Preußischen Klassen⸗-Lotterie der J., II., III. oder IV. Klasse ist nach einem rkenntnisse des Sber-Tribunals vom 15. Februar 1877 als Diebstahl re⸗ spektive Unterschlagung zu bestrafen. Die Strafbarkeit dieser Handlung ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Loose einem Loosehändler gestohlen respektive unterschlagen werden, dem reglementsmäßig keine Loose verkauft werden dürfen.
— Der seitherige interimistische Geschäftsträger in Kon⸗ stantinopel, Wirkliche Legations⸗Rach Dr. Busch hat zum Zwecke der Wiederaufnahme seiner Dienstobliegenheiten im Auswärtigen Amte Konstantinopel verlassen, nachdein er die Geschäfte der Kaiserlichen Botschaft dem Botschafts⸗-Rath Grafen von Radolinsky übergeben.
Baden. Karlsruhe, 31. März. Die „Karlsr. Ztg.“ schreibt: Eine Straßburger Korrespondenz des „Frankfurter Journals“ vom 26. d. M., welche inzwischen auch in einige hadische Zeitungen übergegangen ist, bringt die angeblich auf gutem Vernehmen beruhende Mittheilung, daß Verhand⸗ lungen zwischen dem Reich und der badischen e n, wegen einer Vereinigung des elsaß-lothringischen e ich 8⸗ Eisenbahnnetzes mit dem badischen Ei senbahnnetze unter einer gemeinsamen Direktion mit dem Sitz zu Karls⸗ ruhe im Gange seien. Wir sind in den Stand gesetzt, die se Mittheilung für grundlos zu erklären. — Das Mi⸗ nisterium des Innern hat, dem „Frkf. J.“ zufolge, mit Ver⸗ fügung vom 27. v. M. die altkatholische Gemeinschaft zu Mannheim als staatliche Gemeinde anerkannt, nachdem die betreffende Nachweisung die Zahl der selbständigen Mit⸗ glieder zu 340 angegeben hat.
Mecklenburg. Schwerin, 2. April. (H. N.) Wie die
„M. A.“ vor einigen Tagen meldeten, wird der Regierun 8-Rath Schmidt in Neustrelitz zu Michaelis d. J. als Mitg ied des
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Ober-Kirchenrathes in Großherzoglich mecklenburg⸗schwe⸗
rinsche Dienste treten. Nachdem der Bau eines Schlosses an der nördlichen Seite des Alten Gartens seit 1842, also 35 ihre geruht hat, ist in diesen Tagen an derselben Stelle der Bau eines Museums in Angriff genommen worden. Der ver⸗ storbene Großherzog Paul Friedrich wollte hier sein Residenz⸗ schloß erbauen. Nach seinem Tode aber blieben die bereits fertigen Fundamente bis zu diesem Augenblicke liegen und werden jetzt, so weit es angeht, für das neue Museum benutzt, welches eine architektonische Zierde der Residenz hn werden verspricht. Hr. Hof-⸗Baurath Willbrandt ist der leitende Architekt bei diesem Bau.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 3. April. Das jüngste Bulletin über das Befinden der ö,. Erzherzogin Mari: Therese lautet: „Ihre Kaiserliche Hoheit die Frau Erz⸗ herzogin Marie Therese haben mehrere Stunden gut geschlafen, die Rachengebilde find nur an kleinen Stellen no mit Exsudat belegt. Bie Gelenksschmerzen haben ihre Stelle zum Theile ee lt und sind im Ganzen sowie die Fieberbewegungen mäßig.“ t
. 31. März. Gegenüber den tendentiösen Be⸗ , von czechischer Seite weist das „Prager Abend⸗ blatt“ nach, daß die Statthalterei ihr Möglichstes zur För⸗
. der öffentlichen Erwerbsthätigkeit beitrage
und daß bei der Vertheilung der Spenden für die Nothleiden⸗ den feine Rücksicht auf die Nationalität genommen werde, trotzdodm von h er Seite bisher noch nichts für die Noth⸗ leidenden eingeflossen sei. Bei der Bewilligung von neuen Schulen werde ebenfalls der nationalen Gleichberechtigung voll⸗ ständig Rechnung getragen, da im Vorjahre 46 . und 24 dentsche Schulen neu gegründet und S5 ezechische und 57 deutsche Schulen erweitert wurden.
Pest, 31. März. Ueber die Stärke der verschiedenen Parteien im Abgeordnetenhause veröffentlicht Hon“ die folgenden Daten: Die Zahl der verifizirten Abgeordneten be⸗ trägt 441; von diesen sind in das Klubbuch der Liberalen Partei 353, der unabhängigen Liberalen 69, der Op⸗ position der Rechten 26, der äußersten Linken z1 einge— tragen; bleiben somit 62 Abgeordnete, wovon ein Theil zwar eine bekannte Parteistellung einnimmt, jedoch keinem der ge⸗ nannten Klubs angehört, während die politischen Prinzipien des Restes unbekannt sind. Zu den ersteren gehören 20 säch⸗ sische Abgeordnete, Von den Kroaten 93 drei keinem Klub beigetreten, während drei Andere sich in den Klub der Rechten eingezeichnet haben.
Großbritannien und Irland.
London, 2. April. (A. A. C.)
England beginnt bekanntlich sein Finanzjahr
mit dem 1. April eines jeden Jahres. Heute liegt schon der detaillirte Ausweis über Staats⸗Einnahmen und Ausgaben vom 1. April 1876 bis zum vergestrigen Tage einschließlich vor. Die gesammten Einnahmen betragen 78,565,036 Pfd. Sterl. oder 14433, 343 Pfd. Sterl. mehr als die Einnahmen des vorhergehenden Finanzjahres und unge⸗ fähr 153,636 Pfd. Sterl. niehr als die Voranschläge des Budgets. An diesem Zuwachs der Staatseinkünfte sind fast alle , betheiligt, mit Ausnahme der Zölle und Stempelgefälle. Die Zölle lieferten einen Ertrag von 19,922,000 Pfd. Sterl. gegen 206, 020,009 Pfd. Sterl. im * die Accisegefälle 7,736 0060 Pfd. Sterl. gegen 27, 626 O00 Pfd. Sterl. im Vorjahre; die Stempelsteuer 16,890, 9090 Ik. Sterl. gegen 1II, 002,506 Pfd. Sterl, im Vorjahre; die Grund⸗ und Ge⸗ bäudesseuer 532, 000 Pfd. Sterl. gegen 2,496,000 Pfd. Sterl. im Vorjahre; die Einkommensteuer 5'280, 0900 Pfd., Ster! gegen 1,109,900 Pfd. Sterl. im Vorjahre; die Post 6, 09, 9006 Pfd. Sterl. gegen 5,950,999 Pfd. Sterl. im Vorjahre; die Telegraphenlinien 1,305,000 Pfd. Sterl. gegen 1,245,000 Pfd. Sterl. im Vorjahre; die Kronlän⸗ dereien 10 000 Pfd. Sterl. gegen 395,000 Pfd. Sterl. im Vorjahre, und verschiedene andere Einnahmen 4,490 936 Pfd. Sterl. gegen 42886593 Pfd. Sterl. im Vorjahre. Was die Ausgaben des abgelaufenen Finanzjahres betrifft, so wurden dieselben im vorjährigen Budget einschließlich der Etatsüberschreitungen auf 9,026, 009 Pfd. Sterl. veranschlagt. — Am Freitag starb Sir David Dundas, Mitglied des Geheimraths, im Alter von 78 Jahren.
Frankreich. Paris, 1. April. Die „Ag. Hav. veröffent⸗ licht folgende Note: „Man sucht vergebens in gewissen Kreisen dem Zwischenfall, welcher von den Senatoren herbeigeführt (soule ve) wurde, die von dem Herzog De cazes Erklärungen über die dem Papste bereitete Lage gefordert haben, eine künstliche Wichtigkeit zu geben. Dieser Zwischenfall führt sich selbst auf seine wahren Verhältnisse zurück. Der Minister der Aus⸗ wärtigen Angelegenheiten hat auf die Interpellation seine Rede vom 26. Januar 1874 paraphrasirt, deren Ausdrücke bei Niemand den geringsten Zweifel über den Willen der französischen Regierung haben Übrig lassen können, mit Ita⸗ lien die besten Beziehungen zu unterhalten.“
— 2. April. (Fr. C) Der französische Botschafter am
roßbritannischen Hofe, Marquis d'Harcourt, ist heute früh in
. eingetroffen. — Morgen beginnt in Paris der sechste atholische Kongreß unter den Auspizien des Kardinal⸗ Erzbischofs von Paris, der Herren Chesnelong, de Mun, von Belcastel und Genossen. Der Kongreß a als Privat⸗ versammlung, zu der man nur gegen eine besondere Ein⸗ ladungskarte Zutritt erhält. — In einer Polemik mit dem „Univers“ veröffentlicht die „Petite Republique frangaise“ eine Liste von 22 Mitgliedern des katholischen Klerus und feiner Partei in Frankreich, die seit dem 1. Ja⸗ nuar d. J. wegen gemeiner und meistens wegen Vex⸗ brechen gegen die Sittlichkeit strafgerichtlich verurtheilt worden sind.
— (Köln. Ztg.) Das „Univers“ theilt mit, der Conseilspräsident Jules Simon habe vor seiner Abreise nach Venedig dem Polizei⸗ präfekten den Befehl gegeben, eine Verordnung zu erlassen, durch welche das katholische Comité von Paris auf⸗ Felbst wird. — Der Minifter der öffentlichen Bauten hat dem von der Deputirtenkammer nach der , über die Verschmelzung mehrerer Eisenbahngesellschaften zweiten Ranges mit der Bahn von Orleans ausgedrückten Wunsche entsprochen und Unterhandlungen zum Rückkauf der die⸗ sen Gesellschaften concedirten Linien eingeleitet. Zwischen dem Minister und den Gesellschaften wurde das schiedsrichterliche Verfahren vereinbart. Vorgestern wurde eine rl g mig zum Rückkauf der Gesellschaft von Charentes göildet. Die Schiedsrichter sind beauftragt, den Werth nach den wirklichen Koften der Herstellung der Linien zu beslimmen. Die Gesell⸗ schaften der Vendée, diejenigen von Bressuire⸗Poitiers, Poitiers⸗ Saumur u. s. w. stimmen diesem Verfahren bei. Zu gleicher Zeit verfolgt der Bauten⸗-Minister die Unterhandlungen mit der Orleang⸗Gesellschaft betreffs der Uebernahme dieser Linien und einiger anderer, welche den Eisenbahngesellschaften von Nantes, von Maine⸗-Loire, von Clermont⸗Hulle u. s. w. ge⸗ hören. Diese Unterhandlungen können im Monat April be⸗ endigt sein und ein neuer Entwurf würde dann bei Wieder— aufnahme der Session vorgelegt werden können.
— 3. April. Das „Journal officiel“ veröffentlicht ein Dekret des Präsidenten, welches dem Marine⸗Minister, Vize⸗ Admiral Fourichon, die Vertretung des Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten, Herzogs Decazes, während der Abwesenheit desselben überträgt. — Der Herzog Decazes ist, der „Corr. Hav.“ zufolge, am Sonntag nach Cannes ab⸗ gereist, wo er bis zum 19. April verweilen wird. — Das Gerücht, wonach die Reise der Minister Jules Simon und Léon Say nach Italien Besprechungen bezüglich des Han⸗ delsvertrages mit Italien zum Zweck hätte, wird von der „Corr. Hav.“ für unbegründet erklärt.
Griechenland. Athen, 3. April. (W. T. B.) Die e nl der Deputirten kammer zur außerordent⸗ lichen Session ist, dem Vernehmen nach, für den . k. Mts. in Aussicht genommen. — Das Gesetz über die Aufstellung einer außerordentlichen Reserve soll . in Wirk⸗ famkeit treten; wie es heißt, würden drei Uebungslager ge⸗ bildet werden.
Türkei. Konstantin opel, 3. April, . T. B) Auch heute hat wiederum ein Ministerrath stattgefunden, der sich aller Wahrscheinlichkeit nach mit der Frage des a. tokolls beschäftigt hat. Dasselbe wird, obwohl es der Pforte . durch ihren Botschafter in London, Musurus Pascha, bekannt ist, offiziell durch die Geschäftsträger der Mächte vorauszsichtlich erft Ende der Woche notifizirt werden und als⸗ dann gleichzeitig an die * die Aufforderung ergehen, sich mit Rußland wegen der Abrüstungsfrage in Verbindung zu setzen. Ueber die Ansichten der Pforte in Betreff des Proto⸗ kolls liegen noch keine sicheren Nachrichten vor.
— Dem W. „Feemdenbl.“ wird aus Konstanti⸗ n opel, 2. April, gemeldet: Wie in den hiesigen Regie⸗ rungskreisen versichert wird, . sich Abdul Kerim Pascha nur zu dein Zwecke zur Do n au⸗Armee, um die⸗ selbe zu inspiziren und dürfte er schon nach einigen Tagen wieder . — Das Legen von Torpedos an der albanesischen Küste, womit ö vor wenigen Tagen begonnen wurde, soll noch im Laufe dieser Woche wieder ein⸗ gestellt werden. — Die Vorarbeiten zur Ausführung des Vilajetgesetzes, das vorgestern der Kammer zur parla⸗ mentarischen Verhandlung unterbreitet wurde, sind schon im
ganzen Reiche im Gange und dürfte daher mit der Ausfüh—⸗ rung dieses Gesetzes, nach dessen Votirung, noch im Lause dieses Monates begonnen werden. — In hiesigen diplomatischen Kreisen glaubt man, daß, da die politische Situation sich sehr geesser hat, selbst wenn der Friede mit Montenegro is zum 13. ds. nicht zu Stande kommen sollte, es deshalb dennoch zu keinem Blutvergießen mehr kommen werde. Die türkische Regierung hat Weisungen an die kommandirenden Offiziere am Javor und an der Drina ergehen lassen, und zwar an die Ersteren, eine Kette von Hochplateaus gegenüber Novi⸗ Bazar und Sjenitza — und an die Letzteren, die en in der Drina zu räumen, wodurch die Evakuation des bis jetzt bestrittenen Terrains vollständig wird. Die serbische Regierung ihrerseits . ihren an der Drina und dem 5 stationirten Offizieren
efehl ertheilt, sich mit den türkischen Offizieren ins Einver⸗ nehmen zu setzen und die endliche Uebergabe der in Rede stehenden Positionen auf jede mögliche Weise zu erleichtern. — Der Neffe und Abgefandte Jakub Begs aus Kaschgar, Sa id Jakub Khan, ist 1ichtig hier eingetroffen. Derselbe ist der Ueber⸗ bringer vieler Geschenke und auch eines Schreibens seines Souveräns an den Sultan, in welchem dieser sich bereit er⸗ klärt, die Oberhoheit der Pforte anzuerkennen, sowie er es schon bei Lebzeiten des Sultans Abdul Aziz gethan hat. ug leich bittet er, die Pforte möge sich diplomatisch bei den
eemächten Europas verwenden, auf daß diese den chinesi⸗ schen Hof bewegen sollen, von seinem begonnenen Feldzuge gegen Kaschgar abzustehen.
— Der Entwurf des Vilajetgesetzes, der dem otto⸗ manischen Parlament zunächst unterbreitet wird, ist, wie man der „Turquie“ entnimmt, auf der Grundlage des De⸗ zentralisationsprinzipes und der auf die Provinzverwaltung er ge Artikel der neuen Verfassung ausgearbeitet. Um die rasche Einführung dieses Gesetzes zu ermöglichen, hat der Großvezier ein langes Cirkular erlassen, in welchem die Gouverneure der einzelnen Provinzen aufgefordert werden, sofort zur Abgrenzung der Gemeinden zu schreiten. Jede Gruppe von Dörfern und Marktflecken, die zusammen eine Bevölkerung von mindestens 5009 und höchstens 19,000 Köpfen zählt, wird künftighin eine Gemeinde bilden, deren unte der bedeutendste Punkt dieser Gruppe sein soll.
iese vorbereitende Arbeit soll in jedem Vilajet unverzüglich von einer aus sachverständigen Leuten gebildeten Spezial— Kommission vorgenommen werden.
— Aus Konstantinopel, 27. 6 schreibt man der „Pol. Korr.“: „Die Wiederaufnahme der Rüstungen macht natürlicherweise neue Fonds nothwendig, welche die Regierung durch eine neue ,, zu . ge⸗ denkt. Zu diesem Ende greift die Pforte auf die frühere Maßnahme zurück, welche die Ziffer des auszugebenden Papier⸗ eldes auf zehn Millionen türkische Lire, das ist 230 Millionen ranes, festfetzte. Bis jetzt hat sie erst die Hälfte dieses Be⸗ trages emittirt. urg die Umstände gedrängt, hat sie soeben beschlossen, auch die fünf weiteren Millionen in Umlauf zu setzen. Binnen Kurzem werden wir sonach mit Papiergeld überschwemmt sein, während baare Münze immer seltener werden wird. Das Agio beträgt jetzt bereits 70 Prozent. Die neue Emission wird das Papier zweifelsohne voll⸗ ständig entwerthen und das öffentliche Elend erhöhen. — Die Deputirtenkammer hat gestern abermals eine öffentliche Sitzung gehalten. Die Depufirten versammeln sich täglich — Sonntag und Freitag ausgenommen — in geheimer S m und nur ein⸗ oder zweimal die Woche läßt der Kammer⸗Prä⸗ sident Achmed Vesik Effendi einige der Blätter — der . folge nach, nicht alle gleichzeitig — und einige andere Persön— lichkeiten einladen, so daß insgesammt etwa 80 bis 100 Zu⸗ hörer anwesend sind. Die parlamentarischen Arbeiten scheinen nicht vorwärts zu gehen; es sind 10 Tage seitdem die Kammer zusammengetreten ist und noch hat sie ihre Geschäftsordnung nicht durchberathen und votirt. Die Debatten der gestrigen öffent⸗ lichen Sitzung boten kein größeres Interesse, als jene der vor⸗ ausgegangenen. Und ohne den durch einige Ulemas und 5 Deputirte ,,, Zwischenfall, dieselben estehen nämlich auf der Abänderung der Artikel, betreffend die Interpellationen an die Minister, während der Präsident dieses Kapitel absolut durchbringen will — ohne diesen Zwischenfall also hätte die Sitzung nur das Scauspiel unseres alten Staatsrathes gebildet, dessen Mitglieder in vollständigem Schweigen verharrten und nur ab und zu das Evet Effendim (Ja, Herr hören ließen. Das gesammte Kapitel wurde nicht vötirt und der von der Majorität geschlagene Präsident ver—⸗ tagte die Berathung auf eine andere Sitzung, Noch ist das . Reglement zu berathen und es werden diese Berathungen ei dem langsamen Gange der Arbeiten noch mehrere Sitzungen ausfüllen. Es ist somit mehr als zweifelhaft, ob alle dürch das Rundschreiben Safvet , angekündigten Gesetzentwürfe noch in dieser Session zur Votirung gelangen.
— Ueber die Absendung Mr. Layards nach Konstan⸗ tinopel schreiben die „Times“: „Jene, welche Sir Henry Elliot auf Grund seiner unüberwindlichen Parteilichkeit für die Türken angegriffen haben, werden schwerlich besser zufrie⸗ den mit der Anstellung eines Gentlemans sein, welcher als ein starrer Kämpe der ottomanischen Regierüng während der zweifelhaften Periode bekannt war, in welcher diese so viele Millionen englischen Goldes an sich zog und damit so wenig Gutes that. Aber Herr Layard, ob er nun ein Turkophile bleibe oder nicht und i . gerade deshalb, weil er einer ist, besitzt die Fähigkeit, die Schwächen der Regierung und des Volkes zu sehen, den Muth, kräftig dem Sultan und den Paschas gegenüber aufzutreten und den gesunden Sinn, seine 3 Voͤreingenommenheit den Interessen Englands und der
zürde seiner Stellung unterzuordnen.“ ;
— Ueber die Lage der Christen in Unter—⸗ ö schreibt man der „Pol. Korr.“ aus Prisrend, 16. März:
Seit es bekannt wurde, daß Serbien Frieden mit der Pforte geschlossen und Fürst Milan sich abermals als Vasall dem Sultan unterwerfen mußte, ist der Uebermuth der Mohamedaner in Alt⸗ Serbien auf das Höchste gestiegen. Sie schauen auf alle Christen, namentlich aber auf die Serben, mit grenzenloser Verachtung herab und erlauben sich Ausschreitungen, die die allgemeine Sicherheit eradezu illusorisch machen. In Prischtina, dieser neuen Haupt⸗ 6 des neu errichteten Kossower Vilasets, sind Raub und Mord an der Tagesordnung., Es vergeht keine Nacht, in welcher nicht ein oder der andere Christ ausgeraubt und ermordet wird. Aber auch am hellen Tage kommen i nden empörendster Art vor. Die in Prisrend residirenden Konsuln haben durch Ausflüge nach Prischtinia, wo bis jetzt noch keine Konsulate installirt wurden, sich von dieser traurigen Lage der Dinge persönlich überzeugt. An Schritten bei den kompetenten Behörden fehlt es nicht; leider bleibt aber Alles erfolglos. Noch trauriger gestaltet sich die Lage der Dinge in Ipek, diesem uralten Stammsitze des Serbenthums und des seit
Jahrhunderten eingegangenen serbischen Patriarchats. Diese Stadt hefit eine schöne Kirche, die auf Kosten des außerhalb der türkischen Grenzen in glücklicheren Verhältnissen lebenden serbischen Volkes ge⸗ baut wurde. Die Kirche ist nun seit Wochen geschlossen, da man einen türkischen Ueberfall der Kirchenbesucher befürchtet. Die Furcht vor dem gewaltig überhandnehmenden Fanatismus ist so groß, daß selbst die Jpeker Schule geschlossen wurde, Man wagt nicht, die Kinder in die Schule zu sͤln Diese wilden Leidenschaften werden , durch die Regierung selbst entflammt. Um die Jufapfe= rungsfähigkeit der Mohamedaner, die jetzt zur Landsturmverpflichtung angehalten werden, künstlich zu erhöhen, wird von Amtswegen dargestellt, daß Rußland die Absicht hege, das Reich des Sultans zu zertrümmern, den Glauben zu vernichten und alle Rechtsgläubigen zu Sklaven zu machen. Die Hodjas schildern diese Gefahren in den düstersten . und auf Den Fanatismus wird in bedenklichster Weise ge— ündigt. Die armen, gehetzten und eingeschüchterten Christen werden andererseits wieder auf alle mögliche Art in Anspruch genommen und im Interesse der Mohamedaner zu Dienstleistungen angehalten. So müssen S806 christliche Arbeiter, allerdings von einem Bataillon Redifs unterstützt, die unpraktikabel gewordene Straße zwischen Mitrovitza uad Novibazar herstellen, theilweise ganz neu bauen. Diese Straße ist für die Beförderung von Truppen und Kriegs⸗ material nach Bosnien und der Herzegowina äußerst wichtig. Die Arbeiten nd schon ziemlich vorgeschritten und es ist zu erwarten, daß dieselben in fechs Wochen beendet sein werden.
Belgrad, 3. April. (W. T. B.) In der Wohnung des italienischen Konsuls waren vorgestern bei Gelegen⸗ e. des Zapfenstreichs einige Fenster zertrümmert worden.
as „Amtsblatt“ drückt heute das Bedauern der Regierung über diesen Vorgang aus, der, wie die eingeleitete Unter⸗ suchung ergeben, von zwei fremden Knaben verübt worden sei und welchem keinerlei gegen den Vertreter der italienischen Regierung gerichtete Absicht zu Grunde liege. — Zur Aus— arbeitung des Entwurfs einer neuen Heeresorgani— sation ist eine besondere Kommission niedergesetzt .
Rußland und Polen. St. Petersburg, 2. April. Der „Regierungs⸗Anzeiger erhält folgendes Telegramm aus Kischinew vom 31. März: Nach einer zwölftägigen Reise zur Besichtigung der Truppentheile der aktiven Armee ist Se. Kaiserliche Hoheit der Ober-Kommandirende heute um 5 Uhr Nachmittags in Begleitung Sr. Hoheit des Herzogs Eugen Maximilianowitsch von Leuchtenberg, des Stabs-Chefs und der Suite nach Kischinew zurückgekehrt. Auf dem Bahn⸗ hofe wurde der Großfürst von allen Chefs, den anwesenden Offizieren und den Chargen des Stabes empfangen. Alle in Kischinew befindlichen Truppen bildeten die auschanskaja entlang Spalier. Beim Palais war eine Ehrenwache aufge⸗ stellt. Der Empfang Seitens der Truppen und des Volks war ein begeisterter.
Afrika. Aegypten. Alexandria, 1. April. (Daily News.) Der Kapitän Burton verließ gestern Suez im be— sonderen Auftrage des Khedive. Der Zweck ist unbekannt. Der Bestimmungsort ist Morlah, ein Seehafen an der ara— bischen Küste des Rothen Meeres, nah. dem Eingange zum Golf von Akahah. Kapitän Burton fuhr auf dem ägyptischen Kriegsschiffe „Sennaar“ ab und war begleitet von zwei euro— päischen und zwei ägyptischen Stabsoffizieren sowie einer Leib— wache von auserlesenen Truppen.
Nr. 13 des Centrgl« Blatts für das Deutsche Reich“ herausgegeben im Reichskanzler⸗Amt, hat folgenden In⸗ halt:; Allgemeine Verwaltungssachen: Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. — Münzwesen: Uebersicht über die Ausprä⸗ gung von Reichsmünzen. — Zoll- und Steuerwesen: Exrichtung von Steuerstellen. — Maß und Gewichtswesen: Bekanntmachung, be⸗ treffend die zur Beglaubigung der periodischen Nacheichung der guß⸗ eisernen Gewichte deutscher Form in Elsaß⸗Lothringen anzuwenden⸗ den Stempel. — Militärwesen: Bekanntmachung, betreffend Berich⸗ tigung der Landwehrbezirks⸗Eintheilung. — Marine und Schiffahrt: Ertheilung eines Flaggenattestes. — Post⸗ und Telegraphenwesen: Einheitlicher Packetporto⸗Tarif. im Verkehr zwischen Deutschland und Dänemark: Beitritt fremder Länder zum Allgemeinen Post⸗ verein Briefverkehr zwischen Deutschland und Canada; Briefverkehr mit Tunis, Tripolis und mit St. Helena. — Konsulatwesen: Todesfall.
— Nr. 8 des Armee-Verordnungs-Blattes hat folgenden Inhalt: Diesjährige größere Truppenübungen. — Behandlung nach—⸗ gemachter und verfälschter Reichsbanknoten. — Einführung eines einheitlichen Papie rformats. — Ausbildung der zu den Pionier⸗Ba⸗ taillonen behufs Unterweisung im Feld⸗Pionierdienst kommandirten Unteroffiziere der Infanterie, gon. der Jäger und Schützen. — An⸗ legen der Uniform Seitens der einjährig⸗freiwilligen Pharmazeuten. — , , ,,, von Formularen aus dem Reglement über die Remontirung der Armee bei der Königlichen Staatsdruckerei. — J. Nachtrag zu der Instruktion zur nr id ng des Gesetzes vom 17. Juli 15865, einige Abänderungen des Reglements für die Offi⸗ zier⸗Wiltwenkasse vom 3. März 1792 betreffend, vom 26. September 1865. — Extraordinäre Verpflegungszuschüsse pro 2. Quartal 1877.
— Nr. 6 det „Marine⸗Verordnungs⸗Blatts“ hat fol⸗ genden Inhalt: Revision und Lüften der Munition resp. der Pulver⸗ und Grangtkammern an Bord S. M. Schiffe und Fahrzeuge. — Eßgeräth der Mannschaften auf in Dienst gestellten Schiffen. — Zu⸗ 4 zu dem 5. 1 des Kontraktschemas für Stewards und Köche. (Marine⸗Verordnungs⸗Blatt für 1873, Nr. 66, Seite 70.) — Abgabe der Schiffsausrüstungsgegenstände bei der Außerdienststellung in ge⸗ reinigtem Zustande,. Vermeidung und Bekämpfung von Infektions⸗ Krankheit n. — 5 in Barbadoes. — Verpflegungs⸗ zuschuß für das 2. Quartal i877. — Bemerkung zur „Zusammenstel⸗ lung der vorhandenen Geschützkaliber 2c. Berlin, 1873. — Fertig⸗ machen von Uebungs ranaten. — Umarmirung S. M. Korvetten „Arladne“, „‚Luife“ und „Freya. — Personal⸗Veränderungen. — Be⸗ nachrichtigungen.
Neichstags⸗Angelegenheitern.
Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die i n, des Landes haushalts-⸗-Etats von Elsaß— othringen für das Jahr 1858. nebst Gesetzesanlagen A., B. und O., und Etatsanlagen 1. bis XIII. vorgelegt worden. Der Etat schließt in Ausgabe und Einnahme mit 39553, 315 . Von den Ausgaben sind 32,511,712 M16 fortdauernde, 6,441,603 M einmalige und außerordentliche.
Statistische Nachrichten. =
Mort ali täts-Statistik und Gesundheitsverhält' nisse. Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen, Gesund eitsamts sind bis zu der am 24. März gr. beendeten 3
ahreswoche von je 1o60 Bewohnern auf den Jahresdurchs nitt be⸗ rechnet, gestorben: in Berlin 26,5, in Breslau 336, in Königs berg 31,6, in Cöln 253, in Hannover 182, in Magdeburg. 381“, in Stettin 19,5, in Altona 327, in Straßburg 41,5, in ünchen Zz3,i, in Augsburg 45,6, in Dresden 33,9 in Lelpzig 214, in Stutt— gart 19, in Braunschweig 335, in Karlsruhe S,, in Hamburg 36 ,s, in Wien 3553, in Budapest 49,,, in Prag 54,3, in Basel 29,
in Brüssel 265, in Paris 307, in Amsterdam We, in Rotterdam ö, im Haag 2165, in Kopenhagen 244 in Stockholm 332, in Christiania 20 in Odessa Ils, in. Warschau 23, in Neapel 365, in Turin 317. in Bukarest Z3,s, in London 26,5, in Glasgow 372, in Liverpool 308, in Lissabon 347, in Dublin 313, in Edin⸗ burgh 23,4, in Alexandria (Iegypten) 43a, in Nem-⸗York 27, in Philadelphia 192, in Boston 27, in San Franzisko 2l,‚a, in Cal— cutta 303, in Madras 1320, in Bombay 4,0,
Während der Berichtswoche hielt sich die Luftwärme im Ganzen auf derselben Höhe wie in der Vorwoche und zeigte nur gegen die zweite . der Woche in den südlicheren Stationen nebst Breslau eine Wärmesteigerung. Auch der Gang des Luftdrucks war ein mäßig schwankender und so niedrig wie in der Vorwoche; nur in München war die Schwankung desselben am 209, bei bedeutender Wärmesteigerung (bis iu 4 15 Gr. R.) eine größere.
Die allgemeine Sterblichkeit in Deutschland hat gegen die vor⸗ hergegangene Woche etwas abgenommen; die Sterblichkeitsver—⸗ hältnißzahl sank von 29,3 auf. 28,5 (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet). Die Verminderung betraf fast ausschließlich das Kindesalter bis zu 5 Jahren, welches in der Vorwoche die hauptsächlichste Steigerung erlitten hatte. Am stärksten war die Sterblichkeitsabnahme im süddeutschen Hochlande und in den beiden östlichsten Städtegruppen, wo sie in der vorhergegangenen Woche am meisten zugenommen hatte. Dagegen war dieselbe in den mitteldeutschen Gruppen, vorzugsweise in der Altersklasse von 20 bis 4 Jahren, die in der vorangegangenen Woche eine Minderung der Sterblichkeit aufwiesen, eine erhöhtexe; namentlich ist die Zahl der an Schwindsucht und an entzündlichen Prozessen der Athmungs— organe Gestorbenen eine namhaft größere. Es machten sich also in diesen Gegenden die Folgen der übeln, bis, dahin herrschenden Witterungseinflüsse erst eine Woche später geltend. Ein ãhnliches Verhalten dieser Todesursachen zeigt sich auch in den klimatisch milder gelegenen größeren außerdeutschen Städten Wien, Paris London. Masern, Diphtherie, Keuchheusten und Unterleibs— typhus haben im Ganzen gegen die Vorwochen abgenommen, Schar— lach, Flecktyphus (in Oberschlesien) auf derselben Höhe gehalten. In Wien läßt die Typhusepidemie nach; als hauptsächlichstes Motiv zur Entstehung der Epidemie hat sich die Benutzung eines Theiles der alten, längere Zeit unbenutzt gebliebenen, Kaiser⸗Ferdinands (Donau) Wasserleitung ergeben, die wegen Mangel an Hochquellen⸗ wassers angeordnet war und in dessen Saugkanälen das dort stagni⸗ rende Wasser mit Zersetzungsprodukten überhäuft war. — In Paris ist dagegen die Ih der Typhen wieder erheblicher geworden. Die Pocken zei en in Prag und London Nachlässe, in Wien wieder eine n nnn Auch in Indien wüthen sie noch sehr heftig, während die
holera daselbst etwas milder aufzutreten scheint.
= Die Bitterfelder Thonröhrenfabrikanten haben dem Handels⸗ Minister eine Eingahe überreicht, in welcher sie verschiedene Vergün⸗ stigungen erbitten. Diese Eingabe ist auch unter dem Titel: „Die Lage der Bitterfelder Thonröhren-Industrie“ im Druck erschienen. Nach derselben beschäftigen sich gegenwärtig bei Bitter⸗ feld 6 größere Fabriken mit der Herstellung von glasirten Thon⸗ röhren. m, vergangenen Jahre wurden 6 Millionen Ifd. Meter Röhren fahrizirt. Sammtliche Fabriken konfumirten eg. ] Million Centner Bitterfelder Braunkohlen, 160,909 Ctr. böhmische und 50 090 Ctr. Stein kohlen, Während einige Hunderte Arbeiter ihr direkt dienen, hfschaftigt die Bitterfelder Thonröhrenfabrikation, worin jetzt ea. 2 Millionen Mark angelegt und thätig sind, noch eine be⸗ trächtliche Anzahl von Nebengewerben. Bekanntlich sind auch die für die Kanalisation in Berlin verwendeten Thonröhren aus den Bitter— felder Fabriken hervorgegangen.
Die vor Kurzem erschienenen Hefte III. und IV., Jahrgang 1876, der Zeitschrift des Königlich sächsischen statistischen Bureaus, herausgegeben von dessen Direktor Dr. Viktor Böh⸗ mert, enthalten eine größere Arbeit des sächsischen Gesandten in Berlin, O. v. Nostiz-⸗Wallwitz, über »die Finanzwirthschaft des Kö⸗ nigreichs Sachsen seit dem Jahre 1867!, worin der Staatsaufwand bis zum Jahre 1834 zurück übersichtlich dargestellt und insbesondere die Entwicklung des sächsischen Finanzwesens seit dem Eintritt Sachsens in den Norddeutschen Bund eingehend behandelt wird. Fer⸗ ner bringen diese Hefte einen Artikel des Direktors des Dresdener Polytechnikums, Dr. Gustav Zeuner, „über das Zeitmaaß in der Statistik“, worin ausgeführt wird, daß unsere Theilung des Jahres nach Monaten und Tagen zum Zwecke tabellarischer Zusammenstel⸗ lungen von statistischen Beobachtungen und für hierher gehörige Rechnungen unpraktisch sei und daß es sich für die Statistik empfehle, die Unterabtheilungen des Jahres, wie es in der Astronomie geschieht, nach Dezimalbruchtheilen darzustellen. Der Direktor Dr. Böhmert hat aus dem Gebiete der Bevölkerungẽstatistik eine Reihe von Aufsätzen über Ge⸗ schlecht, Civilstand, Alter und Staatsangehörigkeit der sächsischen Bevölkerung am 1. Dezember 1875 und 46 jährige Rückblicke auf die sächsische Bevölkerung nach Stadt und Land und nach den Religions⸗ bekenntnissen geliefert; ferner An if über die Statistik des Fleisch⸗ verbrauchs und zur Statistik des Bierbrauerei⸗ und Branntwein⸗ brennereibetriebes in Sachsen von 1836 —1875, sowie über den inter⸗ nationalen statistischen Kongreß in Budapest. Der Assessor Arthur v. Studni giebt eine Umschau auf dem Gebiete der statistischen und volkswirthschaftlichen Literatur und eine „Wirthschaftliche Umschau im Königreich Sachsen“, in welcher letzteren insbesondere der Haupt- inhalt der Jahresberichte der sächsischen Handels- und Gewerbe⸗ kammern vergleichend dargelegt wird. Der Assessor Dr. med. Geißler veröffentlicht eine „Vergleichende Statistik der Geburts- und Sterb— Ichkeitsverhältnisse in Sachsen von 1834 — 1875“ und einen Aufsatz über „die Farbe der Augen, der Haare und der Haut bei den Schul⸗ kindern Sachsens, mit einer farbigen Tafel“. Endlich hat der Di⸗ rektor des Leipziger stäptischen statistischen Bureaus „die Schnellig⸗ keit des Wohnungswechsels und die Wohnungs⸗Miethpreise in Leipzig im November 15375. behandelt. Der Schluß des Heftes bringt Repertorische Rückblicke auf die wichtigsten Begebenheiten, . die Verfassung, Gesetzgebung. Verwaltung und Volkswohlfahrt des Deutschen Reiches und des Königreichs Sachsen berühren, auf das zweite Halbjahr 1876 nach offiziellen Quellen. — Die Zeitschrift, welche im Kommissionsverlag von R. v. Zahn, vormals G. Schön- feldsche Buchhandlung, erscheint und jährlich 3 M kostet, kann durch die Post und alle Buchhandlungen bezogen werden.
Kunst, Wissenschaft und Literatur. Bei H. S. King C Co. in London erscheint im Mai ein Werk über „deutschen Pessimismus“ (On german pessimism) aus der Feder von Mr. James Sully, Der Verfasser sucht den Ur⸗ prung der optimistischen und pessimistischen Anschauungen vom eben zu erläutern und unterzieht das System Schopenhauers und die Ansichten seiner Anhänger einer eingehenden Kritik.
Von dem Prachtwerk .Das Schweizerland, eine Sommerfahrt durch Gebirg und Thal“, in Schilderungen von WolLdem ar Kaden ,, Verlag von F. Engelhorn ist soeben ein Doppelheft 15. 16. Lief.) erschlenen, welches besonderes Interesse bietet, weil es die den Touristen bekanntesten und besuchtesten Gegenden der Schweiz, In⸗ terlaken, Thun, Meiringen, das Lauterbrunner Thal u. s. w. umfaßt. Auch die Tonbilder und die Te t⸗Illustrationen dieses Heftes sind besonders gelungen. Die ersteren sind: Auf der Alp, von ern Meyerheim; Schwinget auf dem Hasleberge, von Konrad Grob; Piottaschlucht bei Faido auf dem St. Gotthard, von Alb. Hertel; Hof des Rath⸗ hauses in Basel, von Gust. Bauernfeind; Innfall bei St. Moritz, von Ludw. Dill; Thun von G. Franz. Die Text-Illustrationen zeigen Ansichten aus Bern, Interlaken, Thun, Meiringen, vom Reichenbach, vbm Brienzer See, dem Gießbach, aus dem Lauter— brunner Thal, das Faulhorn u. s. w., von ust. Bauernfeind, Carl
äberlin, Ernst Heyn, Ad. Schrödter, A. E. Disen, Th. v. Ecken⸗ recher, G. Franz, Arth. Calame und Diethelm Meyer.
Land⸗ und Forstwirthschaft. Dresden, 29. März. (Fr. J.) Zu thunlichster Beförderung des Wiederanbaues abgeholzter lächen hat das Finanz⸗ Ministerium beschlossen, waldbesitzenden Gemeinden und Privaten
auf Verlangen eine Unterstützung bei Ausführung der Kul⸗ turen durch Unterweisung und Anleitung Seitens der Staatsforst⸗ beamten gegen Gewährung der regulativmäßigen Auslösungen zu Theil werden zu lassen, soweit dies die . in den Staats⸗ waldungen gestatten. Die erforderlichen Pflanzen sollea in solchen Fällen um den Selbstkostenpreis abgegeben werden.
Gewerbe und Sandel.
Der irie, , , der Berliner Cichorien-Fabrik SH. S. Voigt) gestattet die Vertheilung einer Dividende von 126. Die Abschreibungen betrugen für Gebäude 3/4. Maschinen und Utensilien 10 */, Pferde und Wagen 20 ½; dem Reservefonds wur⸗ den 19's0 vom Reingewiun überwiesen. Am 31. Dezember 1876 hatte die Gesellschaft eine Hypothekenschuld von 180009 6. Es be⸗ trugen die Debitoren 289,008, Fabrikationsbestände 233,3 618, Bankier⸗ guthaben 10,87, Wechsel 4184, Kasse 18,716 6 Die Maschinen und Utensilien stehen mit 15 251, die Gehäude mit 388,343, der Grund und Boden mit 311, S24 . zu Buch.
— Am 3. April fand in Frankfurt a. M. die Generalver⸗ sammlung der Frankfurter Rückversicherungs⸗ Gesell⸗ scha ft statt. Dem Berichte des Direktors ist zu eninehmen, daß die Prämieneinnahmen für geleistete Rückversicherungen in den Zweigen der Feuerversicherung und Lebensversicherung sich auf S394. 856 M beliefen, wogegen für Feuerschäden und Sterbefälle aus 1876 274,277 M zu vergüten waren. Nach Bestreitung aller Aus⸗ gaben, welche dem Jahre 1876 zur Last fallen, ist ein Reingewinn von 12435638 M erzielt worden, wovon, nach Zuwendung von 10'so an die Gewinnreserve, die Summe von 113.144 M als Dividende an die Aktionäre vertheilt wird. Einschließlich der Jahreszinsen er— hält demgemäß jede Aktie 14 / der Baareinlage.
— Nach dem Geschäftsbericht der Bank von das Jahr 1876 betrug der Gesammtumsatz 41. Milliarden gegen 46 Milliarden im Vorjahre. Die eigenen Geschäfte der Bank be⸗ liefen sich auf 1 Milliarden gegen 1146 Milliarden Fres. In Paris eskomptirte die Bank 3,20, 150 Wechsel in Höhe von 2541.432410 Fres, bei den Filialen 3189,93 mit 3,1 18.224493. Fres. e n hat die Bank in Höhe von 280 Millionen 827 illionen Fres. in 1875) gemacht. Es betrug der Diskonto 4 Monate 4 so, 8 Monate 3 (sc. Der Ngten; umlauf stellte sich am niedrigsten am 1. Januar (2774 Millionen), am höchsten am 30. November (2617 Millionen). Der Metallschaz fluktuirte zwischen 1672 Millionen (1. Januar) und 2182 Millionen (631. Dezember). Die nothleidenden Wechsel betrugen US20, 532 Fres, in Paris und 637,653 Fre. in den filiale; Die Bank hat 76 Filialen; 14 sind im Entstehen begriffen. Der Ge⸗ sammtnutzen betrug 35 813,100 Fres. gegen 47.782969 Fres. im Vor⸗ jahre. Die Gesammtspesen beliefen sich auf 14,622,963 Fres. Um den 182,500 Aktien eine Dividende von 149,“ Fre. (G7, im ersten und 61631 im zweiten Semester) zu geben, mußte die Bank ihrer Re⸗ serve 375,00 Freg, entnehmen. An den Staat bezahlt die Bank für Steuern 4889, 6900 Fres. Die Reserve beträgt 17,694 000 Fres.
— Nach dem Geschäftsbericht der Frankfurter n, . kenhank für das Geschäftsjahr 1876 beträgt das Aktienkapital Sooo Aktien 2 1000 Fl. mit 4099 Einzahlung) unverändert 3,428,571 46 Auf die bis 1. April 1877 zu leistende Einzahlung waren bereits zh, 3 M0 anticipirt. Die Summe der emittirten Pfandbriefe beträgt 33,6, Millionen Mark gegen 26, Millionen Mark im Vorjahre. — Von dem erzielten Gewinne kommen auf Provisionen 171,000 06 (1875: 177.3090 (υνς), Hypothekenzinsen 1.672.500 l. (1875: 1,388, 800 MM, Diskonten 67,400 M. (1875: 9, 700 M, Sonstiges 17600 M½ (1875: 24,900 M6), insgesammt Brutto 1.938, 744 6. (1875; 1,668, 0 6. Als Reingewinn ver⸗ bleiben 292.962 M (18ö5: 393, 700 6 — S,on o des Aktienkapitals gegen 11,16 5/0 im Vorjahre. Hierpon werden der Reserve 18,6908 60 , . an Tantiemen und Gratifikationen 27,899 „6 gezahlt, und sollen an die Aktionäre 240, 00 M — 700 Dividende vertheilt werden (187 5; Sli san osö). Die im Vorjahre beschlossene Umwandlung jeder 1999 . I. Aktie in 2 solche zu je i000 „M erhielt nicht die han⸗ delsgerichtliche Genehmigung. Einstweilen wird durch die eingerufene ,,, (1275 ͤ) der eingezahlte Betrag sich auf 900 M ab⸗ runden.
— Dem Jahresberichte der Wei marischen Bank sind fol⸗
6 Mittheilungen entnommen: Die in 1875 begonnene Einschrän⸗ ung im Geschäftsbetrieb wurde in 1876 fortgesetzt, die Auflösung der Agentur in Leipzig, sowie der Kommanditbetheiligung in Stutt⸗ . durchgeführt und die Einlösung der Banknoten bis auf einen leinen Rest von 114,290 6 beendigt. Der für 1876 erzielte Ge⸗ winn beträgt 822,443 e, gegen 1äö241 . 563 „ im Vorjahre. Davon kommen in Abzug gezahlte Zinsen 278.531 „6, Kosten der Regie⸗ rungsaufsicht 4300 Æν und Verwaltungskosten 239, 636 M, zusammen 322487 40, und es verbleibt ein Reingewinn von 299,955 41, der zu Abschreibungen und zwar auf zweifelhafte Forderungen mit 169,438 „e, auf Inventar mit 3847 M und auf Konsortialbetheiligungen mit 126,569 MS verwendet werden soll. Der Reservefond beträgt unverändert 1,105,278 6, ELEond on, 2. April. (A. A. C.) Unter den Schiffsbguern in Stockton-on-Tees ist in Folge der Weigerung der Meister, eine nachgesuchte Lohnerhöhung von 10 0j9 zu gewähren, ein Strike entstanden. Es feiern bexeits über 1000 Arbeiter.
Paris, 2. April. Der Lyoner „Moniteur des Sooäies“ charakterisirt unter dem 31. März die Lage der Seidenindustrie in wenigen Worten wie folgt: »Zu unserem Bedauern sehen wir unsere Fabriken in vollständigster Arbeitsruhe. Mit Ausnahme der Taffetbaͤnder, deren Absatz in Saint-Etienne wieder etwas zunimmt, bleiben sämmtliche Seidenartikel nahezu unverkäuflich, an Aufträgen fehlt es ganz und gar.“
Verkehrs⸗Anstalten.
Auf der indo⸗europäischen Teleg raphenlinie sind im Monat März 1877 an gebührenpflichtigen Depeschen befördert worden: 2. aus London, dem übrigen England und Amerika nach Persien und Indien 1556 Stück; b. aus Persien und Indien nach London, dem übrigen England und Amerika 1911 Stuͤck; c. vom europäischen Konkinent — exrklusive Rußland — nach Persien und Indien 371 Stück; d. aus Persien und Indien nach dem europäischen Konti⸗ nent — erklusive Rußland — 384 Stück. Summa 4222 Stück.
— Die Große Berliner Pfer de⸗Eisenbahn⸗-Gesell schaft , nach Meldung hiesiger Blätter, im laufenden Jahre folgende Bauten in Ausführung zu bringen; I) Den Ring⸗ bahnschluß vom Landsberger Thor durch die Straußbergerstraße, die Frankfurter Linden, die Ändreasstraße, etwa 2000 Meter Doppel⸗ geleise. 2) Von dem , . Garten durch die Kurfürslen⸗ und Schillstraße über den Lützowplatz, die Lützow und Flottwell⸗ straße, das Schöneberger Ufer, die Schöneberger⸗, Anhaltische⸗
rankreich für
Wilhelm und Kochstraße nach dem Dönhofsplatz, beziehentlich,
unter Benutzung der Charlotten⸗˖ und r, nach dem gere gt atz, 4700 Meter Doppelgeleise. 3) Die Linie von der indenstraße, durch die Oranien, Brandenburg‘, Ritter und Reichen⸗ bergerstraße bis zum Kottbuser Thore, 1800 Meter Doppelgeleise. 4) Die Linie Schlesisches Thor Treptow, 3199) Meter einfaches Gelesse. 5) Die Verlängerung der Pankower Linie vom Schön⸗ ö Thor durch die Alte und Neue Schönhauserstraße nach dem * eschen Markt. 6) Eine Bahn von der Wilhelms⸗ durch die ehren-, Mauer⸗, Französische, Werderstrgßze über den Schloßplatz und die Breitestraße nach dem Köllnischen Fischmarkt. Im Betriebe befinden f gegenwärtig im Ganzen 88,366. Meter Geleise. Baltimore, 29. März. Das Postdampfschiff „Nürn⸗ berg“ vom Norddeutschen Lloyd in Brem en, welches am 14. März von Bremen und am 17. März von Southampton abge⸗ gangen war, ist heute Vormittag wohlbehalten hier angekommen. Rew⸗YPork, 1. April, Das Postdamfschiff „Rhein“ vom Norddeutschen Llezyd in Bremen, welches am 17. März von Bremen und am 20. März von Southampton abgegangen war, ist gestern 11 Uhr Abends wohlbehalten hier angekommen.