sowie betreffend die Feststellung des Nachtrages zum Neichs⸗ haushalts Etat für 1877738 (Patent- Amt) und eine weitere Nachweisung der vom Reiche kraft spezieller Rechtstitel er⸗ worbenen Grundstücke, beziehungsweise der im Bestande dieser Grundstücke in den Jahren 1875 und 1576 eingetretenen Ver⸗ anderungen eingegangen sei. Das Haus rat sodann in die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erwerbung von zwei in Berlin gelegenen Grund⸗ stücken für das Reich. Nachdem der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Präsident des Reichskanzleramts, Staats-Minister Hofmann die Vorlage begründet hatte, sprachen die Abgg. Fürst von Hohenlohe⸗-Langenburg und Dr. Lucius (Erfurt) unbedingt für dieselbe, während die Abgg. Richter (Hagen), Dr. Brockhaus, Frhr. von Schorl mer⸗-Alst und Dr. Bamberger der Vorlage nur unter bestimmten Bedingungen zustimmen wollten. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, General Postmeister Hr. Stephan, widerlegte die gegen Die finanzielle Seite der Vorlage geltend gemachten Bedenken, worauf das Haus sofort zur Spezialberathung überging. in derselben ergriffen außer dem Präsidenten des Reichskanzler-⸗Amts, Staats-Minister Hofmann, welcher einzelne Aeußerungen von Rednerm richtigstellte, die Abgg. Dr. Reichensperger (Erefeld), Pr. Wehrenpfennig, Frhr. S henk von Stauffenberg, Pr. Lasker, Pr. Schröder (Friedberg), Dr. Lucius (Erfurt) und Richter (Hagen) das Wort. Darauf wurde 58. 1 mit einer von den Äbgg. Dr. Reichensperger und Dr. Wehrenpfennig beantragten Abänderung, die wir morgen mittheilen werden, die übrigen Paragraphen der Vorlage aber unverändert an⸗ genommen. Beim Schlusse des Blattes ging das Haus zur Berathung der Interpellation des Abg. Mosle und Ge⸗ nossen, betreffend die Beaufsichtigung des Zustandes der mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstraßen, über.
— Die Nr. 210 des vorigen Jahrgangs des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ enthielt Mittheilungen über ein ferneres Auftreten der Reblaus in den Gebieten mehrerer Bundes⸗ staaten. Inzwischen ist das Vorkommen des Insekts auch in einer Weinpflanzung zu Bergedorf bei Hamburg, in einer Jiebschule zu Bollweiler im Sber⸗-Elsaß und in einigen klei⸗ neren, im Gebiete des Herzogthums Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha gelegenen Rebanlagen, in welchen innerhalb der letzten Jahre aus Erfurter Rebschulen bezogene Reben angepflanzt worden waren, festgestellt worden.
In allen diesen Fällen sind die infizirten Rebkulturen vernichtet und die betreffenden Bodenflächen desinfizirt worden.
In diesem Frühjahr sollen diejenigen infizirten Rebkul⸗ turen, deren Vernichtung bisher nicht ausführbar gewesen, namentlich diejenigen zu Erfurt, einer erneuten Untersuchung unterworfen werden, um festzustellen, ob und in welchem Um⸗ fange etwa die Krankheit in der Zwischenzeit dort weiter um sich gegriffen hat. Ferner werden Ermittelungen darüber stattfinden, ob die Zerstörungs- und Desinfektionsmaßregeln, welche gegen die übrigen in Deutschland zum Vorschein ge⸗ kommenen Infektionsheerde angewendet worden sünd, überall die vollständige Vertilgung des Insekts zur Folge gehabt haben.
— Nach einem Reskript des Ministers des Innern vom 18. März er. macht dex 8. 9 des Zuständigkeitsgesetz es vom 26. Juli 1876 das Zustandekommen eines gültigen Beschlusses oder einer gültigen Entscheidung des Stadtausschusses von der Theilnahme eines zum Richteramte oder zum höheren Verwaltungsdienste befähigten Mitgliedes nicht abhängig. Im vorliegenden Falle sei daher der Vorschrift des 8. 9 J. e. dadurch genügt, daß der Bürgermeister, welchem nach 8. 6 1. c. der regelmäßige Vorsitz im Stadtausschusse obliege, die im 8.9 vorgeschriebene Qualifikation besitze, und es sei nicht für ausgeschlossen zu erachten, daß der Bürgermeister, wenn er verhindert sei, sich im Vorsitze des Stadtausschusses durch den Beigeordneten vertreten lassen könne, obwohl weder dieser noch eines der gewählten Mitglieder des Stadtausschusses sich im Besitze der gedachten Qualifikation befinden.
Von dem Minister für die landwirthschaft— lichen Angelegenheiten ist eine Verfügung an die Re⸗ gierungen zu Marienwerder, Posen, Bromberg, Cöslin, Pots⸗ dam, Frankfurt a. O., Liegnitz, Magdeburg, Merseburg und Minden erlassen worden, in welcher darauf aufmerksam ge— macht wird, daß Anfang Mai die Larven der Wander— heuschrecken sich zu zeigen pflegen. Die Regierungen werden aufgefordert, durch die betreffenden Landräthe die Besitzer der von Wanderheuschrecken betroffenen Grundstücke hiervon zu unterrichten, damit vorkommenden Falls die Schutz- und Ver— tilgungsmaßregeln rechtzeitig in Angriff genommen werden können.
— Dem Legations-Sekretär de Tets bei der hiesigen Königlich niederländischen Gesandtschaft ist der Rang eines Legations⸗Raths beigelegt worden.
— Als Aerzte haben sich nie dergelassen: Dr. Quellhorst in Altenau, Dr. Zuckermann in Crefeld, Dr. Stiff in Solin⸗ gen, Dr. Keller in Rödingen, Dr. Philippi in Ottweiler.
Bayern. München, 29. April. (Allg. Ztg.) Der König hat den in Bern residirenden bayerischen Gesandten, Frhrn. von Niethammer, beauftragt, sich nach Carlsruhe zu begeben, um dem Großherzog von Baden zu dessen heutiger Regierungs-Jubiläumsfeier ein Allerhöchstes Glück— wunschschreiben zu überreichen.
Württemberg. Stuttgart, 1. Mai. (W. T. B.) Die Ständekammern sind zum 15. d. Mts. einberufen worden.
Baden. Karlsruhe, 2. Mai. Bei der Feier des Regierungs-Jubiläums Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs richteten Se. Majestät der Kaiser nach dem, W. T. B.“ folgende An sprache an den Großherzog:
„Ew. Königliche Hoheit blicken heute mit großer Genugthuung auf ein Vierteljahrhundert Ihrer Regierung zurück. Die Wege des Monarchen sind nicht immer geebnete. Ew. Königliche Hoheit ist es aber vergönnt gewesen, in diesem Zeitraum Ihr schönes Land und dessen Volk fortschreitend zu heben und auf die großen Ereignisse hin⸗ zuweisen, die sich nun vollendet haben. Ew. Königliche Hoheit haben selbst stets ein Vorgefühl von dem gehabt, was sich einst vollbringen mußte, haben Ihre Handlungen darauf gerichtet und sind somit ein mächtiger Hebel ju dem Standpunkte gewor⸗ den, der Mich berechtigt, so zu Ihnen sprechen zu können. Als ein unerwarteter Krieg hereinbrach, haben Sie in Mitten Ihrer braven Truppen Sich den Gefahren derselben ausgesetzt und ihnen das schönste Beispiel gegeben, ja ein Prin; Ihres Hauses hat ruhmreich sein Blut in diesem Kampfe rergossen. Wir alle sind
heute Zeugen, wie ein treues Volk Ew. Königlichen Hoheit seine tiefgefühlte Dankbarkeit darbringt, aber nicht nur im engeren und weiteren Vaterland spricht sich dieses Gefübl der Theilnahme aus, sondern auch weit über dessen Grenzen hinaus zeigt sich Anerkennung für Ew. Königlichen Hoheit glückliche Regierung. Wir Eltern dürfen hoffen, daß es der Großherzogin gelingen werde, wie bisher in edler Gesinnung Ew. Königlichen Hoheit zur Seite zu stehen. So er— heben Wir Unser Glas, um auf das fernere Wohl und eine noch lange gesegnete Regierung Ew. Königlichen Hoheit, sowie auf das Wohl des ganzen Großherzoglichen Hauses zu trinken.“
Hessen. Darmstadt, 2. Mai. (W. T. B.) Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Frau Kron⸗ prinzessin trifft heute Vormittag 11 Uhr zum Besuche des Prinzen Ludwig hier ein und wird bis zum 9. Mai hier verweilen.
Lippe. Detmold, 1. Mai. Der Fürst hat heute eine Reise nach Steiermark angetreten. ? ö
— —— Lübeck, 30. April. (Hamb. Nachr.) In Bremen beschäftigt man sich bekanntlich neuerdings mit der Frage des Anschlusses an den Zollverein, und um ich zu orien⸗ tiren, sind gegenwärtig aus Bremen der Senator Dr. Meyer mit zwei Mitgliedern der dortigen Handelskammer (A. Nebel⸗ thau und J. H. Gildemeister) nebst dem Syndikus der Han—⸗ delskammer Pr. Barth hier anwesend. Ueber die Modalitäten, unter welchen zur Zeit der Anschluß Lübecks an den Zollver⸗ ein stattfand, werden die Herren sich durch eine Konferenz mit Delegirten der hiesigen Handelskammer informiren, über die hiesigen Zolleinrichtungen haben sie sich heute durch eine unter Leitung des Chefs des hiesigen Hauptzollamts, Steuer⸗ Raths Schmorl, stattgehabte Besichtigung derselben instruirt.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 39. April. Zu der Vorgeschichte der Softa⸗-Affaire theil man der „Pol. Korr.“ aus Pest Folgendes mit:
Dem türkischen General ⸗Konsul Sermed Effendi war in schonendster und ersichtlich wohlwollender Form nahegelegt worden, der unter den obwaltenden Verhältnissen immerhin nicht unver⸗ faͤnglichen Demonstration vorzubeugen und seine Regierung dahin zu vermögen, daß sie die Deputation, wenn möglich, zurückhalte. Ser— med, ein hochgebildeter und sehr einsichtiger Mann, beherzigte auch den Wink; allein es war zu spat: bis seine Meldung an die hohe Pforte gelangte — dieselbe mußte via Wien erstattet werden, da nur der Botschafter Aleko Pascha das Recht hat, unmittelbar an die türkische Regierung zu berichten — war von dort aus bereits nach Wien eine Erklärung abgegangen, in welcher auf einen an anderer Seite im nämlichen Sinne erhaltenen Wink mit der Bemerkung er widert wurde, daß die Peforte sich nicht berechtigt fühle, fried⸗ siche Staatsbürger in ihrer persönlichen Freiheit zu lacht iin!
— Die Bischofkonferenzen sind — dem „Vater⸗ land“ zufolge — vorgestern geschlossen worden; einige Konferenztheilnehmer sind bereits in ihre Diözesen zurück— gekehrt. Am letzten Montag waren saͤmmtliche Mitglieder der Konferenz der Kaiserlichen Hoftafel zugezogen worden. Bezüglich der von den versammelten Bischöfen gefaßten Be⸗ schlüsse meldet das genannte Blatt blos, daß eine Adresse an den Papst anläßlich dessen bischöflichen Jubiläums be— schlossen wurde. ;
— Nach dem von der Staatsschulden-Kontrolkommission des Reichsrathes veröffentlichten Ausweise über den Stand der Staatsschuld mit Ende Dezember 1876 betrug die Gesammtsumme der konsolidirten Staatsschuld 2.737, 308,139 Fl. 99 Kr. und hatte sich daher im Laufe des Jahres 1876 um 57,342,361 Fl. 57 Kr. vermehrt. Die schwebende Schuld der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder (Staatsnoten, Staats⸗-Centralkasse⸗ dann Partial⸗Hypothekar⸗ Anweisungen, im Ganzen 86,311,832 Fl. 16 Kr.) hat sich um 9,106,548 Fl. 2 Kr. vermindert. Ebenso ist bei der Grund— entlastungsschuld (198,625,371 Fl.) eine Verminderung um 6. 887, 855 Fl. eingetreten. Die gemeinsame schwebende Staats⸗ schuld (Staatsnolen zu 1, 5 und 50 Fl.) belief sich mit Ende 1876 auf 355,444,167 Fl., hat sich somit im Vergleiche mit . eln n. von Ende Juni 1876 um 23,388,348 Fl. ver⸗ mehrt.
— 1. Mai. (W. T. B.) Der Erzherzog Albrecht ist in Peterwardein eingetroffen, hat dort eine Truppen⸗ inspizirung abgehalten und ist dann nach Ruma weitergereist.
Pest, 29. April. Die „Corvina“ sind gestern hier eingelangt. Dieselben wurden von einem Vertreter der Uni⸗ versität, dem Ober-Bürgermeister und dem Abgeordneten Franz Pulszky übernommen. Ein gleichzeitig eingetroffener Brief Sapfet Paschas an den Rektor der Universität erklärt, der Sultan stelle diese Werke der Hochschule zurück als neuen Beweis seiner Freundschaft und Achtung, welche ein unzer⸗ 1 Band zwischen der Türkei und Ungarn bilden ollen.
Schweiz. (N. Zürch. Ztg.) Die eidgenössische Staats⸗ rechnung für 1876, wie sie unter dem 26. d. Mts. vom Bundesrath genehmigt worden ist, schließt mit einem Ver—⸗ mögensrückschlag von 79,691 Fr. 60 Ct. Die Verwaltungs⸗ rechnung mit 43,482,524 Fr. 54 Ct. Ausgaben und 42,277, i1 Fr. 19 Ct. Einnahmen ergab ein Defizit von 1,is5, 484 Fr. 365 Ct., während im Budget ein solches von 1,134,600 Fr. vorgesehen war. Dieses verhält⸗ nißmäßig nicht ungünstige. Resultat, sagt der Bericht des Finanzdepartements, hat seine Ursache einerseits in Mehrein⸗ nahmen und andererseits in Minderausgaben. Erstere, wie⸗ wohl die Einnahmen der Post⸗- und Telegraphenverwaltung um 925,082 Fr. unter dem Budget geblieben sind, übersteigen dasselbe um 789,B „00 Fr., wozu hauptsächlich die Zoll ver⸗ waltung mit einer Mehreinnahme von 876,600 Fr. beige⸗ tragen hat. Der Reinertrag der Postverwaltung beziffert sich mit 106,000 Fr., während im Budget 840,006 Fr. vorge⸗ sehen waren. Noch ungünstiger stellt sich das Ergebniß der Telegraphenverwaltung, welche statt eines Einnahmeüber⸗ schusses einen Ausgabenüberschuß von 7800 Fr. aufweist. Da⸗ gegen hat die Pulververwaltung 47, 000 Fr. mehr als bud⸗ gelirt abgeworfen. Aus den Münzprägungen wurde im Berichtjahr ein Gewinn von 371,009 Fr. erzielt und damit der Reservefond auf 1,3500, 006 Fr. gebracht. Von den 22,470 Fr. betragenden Minderausgaben sind hervorzuheben; beim politischen Bepartement 21,006 Fr.. beim Departement des Innern 347,009 Fr., wovon jedoch 273,637 Fr. auf spä⸗ tere Jahre zurückfallen, mithin nicht als eigentliche Ersparniß zu betrachten sind, beim Militärdepartement o8l, 000 Fr., beim Eisenbahn⸗ und Handelsdepartement 47, 000 Fr., bei der Zoll⸗
verwaltung 81 090 Fr., bei der Postverwaltung 90,090 Fr. und bei der Telegraphenverwaltung 84,000 Fr.
Kreditüber⸗ l
schreitungen finden sich blos bei den Militärwerkstätten und der Pulververwaltung, jedoch nur in Folge vermehrter Fabri⸗ kation und größeren Umsatzes.
Groñsbritannien und Irland. London, 30. April. (E. E) Die Königin hält heute in Windsor eine Sitzun des Geheimrathes ab, nachdem am Sonnabend ein voll⸗ zählig besuchter Ministerrath stattgefunden hat. Morgen kommt die Königin auf einige Tage nach London; am 18. wird Ihre Majestät von Windsor, wie alljährlich, nach Bal⸗ moral übersiedeln. — Die Söhne des Prinzen von Wales, Albert Victor und Georg, werden am 14. Mai und den beiden folgenden Tagen sich der Seekadetten⸗Prü⸗ fung unterziehen. — Vorgestern starb ein englischer Peer, BaronSu del ey, Statthalter der walisischen Grafschaft Mont⸗ gomery seit 1863, im Alter von 40 Jahren. Titel und Würde gehen auf seinen Bruder Charles Hanbury⸗Tracy, liberales Unterhaus⸗Mitglied für Montgomery, über. — Die Verhandlungen über den französisch⸗englischen Handelsvertrag stehen, nach dem Korrespondenten des „Leeds Mercury“, so, daß bis zu einer Berathung der Ver⸗ treter mit Lord Derby und Sir Stafford Northcote die Be⸗ sprechung vertagt ist. — Am 25. D. Mts. ist eine neue Schraubenschaluppe „Pelican“ in Devonport vom Stapel gelassen worden; dieselbe hat 6 Geschütze und eine Pferdekraft von 1124. Zum Commandeur des „Thun derer“ ist Lord Charles Beresford (Unterhausmitglies für Waterford) er⸗ nannt worden. — Von der Werft in Devonport wird ferner gemeldet, daß im Laufe dieser Woche die Schiffe „De⸗ fence“, „Resistance“ und „Black Prince“ von dem Kanal⸗ geschwader, die Panzerschiffe „Agincourt“ und Shannon“, und bie Thurmschiffe „Hydra“ und „Cyclops“ fertig gestellt sein . Außerdem werden mehrere Kanonenbote in Stand gesetzt.
— (C. C.) Das Oberhaus berieth am 26. . Mts, in sieben⸗ stündiger Debatte das Beerdigungsgesetz, dessen zweite Lesung schließlich genehmigt wurde. In der Sitzung vom 27. d. M. lenkte Lord Bury die Aufmerksamkeit des Hauses auf den Kommissionsbericht über Eisenbahn⸗Unglücksfälle und beantragte eine Resolution, welche erkläre, daß eine direkte Einmischung der Gesetzgebung in die Einzelheiten der Eisen— bahnverwalkung eher zur Vermehrung als zur Vermin⸗ derung der Ünglücksfälle, durch Ablenkung der Verant⸗ wortlichkeit, beitragen würde. Der Herzog von St. Albans stellte hierzu das Amendement, die Tragweite der Resolution nicht auf die Gesetzgebung bezüglich der Eisen⸗ bahnbediensteten auszudehnen. Lord Begconsfield gestand die Wichtigkeit des Gegenstandes zu, wünschte indessen keinerlei Veränderung, welche dem Handelsamte die nicht übermäßige Fontrole, welche es über Eisenbahnen ausübe, . würde. Die von der Kommission dargelegten Thatsachen seien überhaupt so verwickelter Natur, daß ohne sorgfältige Erwägung derselben man schwer zu einem Schlusse kommen könne. Die Regierung hoffe deshalb in diesem Abschnitte der Session noch nicht zum Abgeben einer Entschließung über die Angelegenheit aufgefordert zu werden. Nach einigen Bemerkungen anderer Redner wurde der Antrag und das Amendement zurückgezo⸗ gen. Im Unterhau se gelangte am Donnerstag die Oxford⸗ und Eambridge⸗Universitäts-Bill zur Berathung. Der Unter⸗Staatssekretär Bourke gab nach Anfrage Sir Charles Dilke's Auskunft über das Verhältniß der britischen Regierung zu verschiedenen mal ayischen „Sultanen“ auf der Halbinsel Malakka, besonders zu dem von Perak, die gegenwärtig alle mehr oder weniger in Abhängigkeit von England sich befinden. — In der Freitagssitzung erklärte in Erwiderung auf eine Anfrage Mr. Owen Lewis der Schatz⸗ kanzler Sir Stafford Northeote, daß allerdings vor drei Wochen ein russischer Offizier Seitens der Admiralität die Erlaubniß erhalten, die Regierungswerfte von Sheerneß, Chatham, Portsmouth und Davenport zu besichtigen. Es sei, fügte der Minister hinzu, in Rußland Brauch, ähnliche Erlaubniß englischen Offizieren zu gewähren und die englische Regierung habe nicht die Absicht, irgend welche Aenderung in den Verordnungen vor⸗ zunehmen, durch welche fremdstaatlichen Offizieren die Besich⸗ tigung der englischen Werfte gestattet werde. Mr. O Donoghue beantragte eine Resolution, daß, um den irischen Pächtern die Vortheile zu sichern, welche die Landacte von 1870 für sie bezwecke, es erforderlich sei, die willkürliche Festsetzung der Pachtfumme durch den Grundherrn, durch, welche das Gesetz illusorisch gemacht werde, zu verhüten. Kein Grundherr solle fürderhin das Recht haben, einen Pächter von Haus und Hof zu jagen und die Pachtsummen sollten durch ein Schiedsgericht festgesetzt werden, in dem gleicherweise Grundherren und Pächter vertreten seien. An der Debatte betheiligten sich viele, meist irische Redner. Der General-Staatsanwalt für Irland bestritt, daß irgend ein triftiger Grund für eine Resolution von solcher Tragweite, vorge⸗ bracht worden sei. Der Antrag sei thatsächlich ein hartes Tadelsvotum gegen die irischen Grundbesitzer, dem die Regierung ihré Zustimmung nicht ertheilen könne. Die ärmere Pächterklasse werde durch die Landesakte von 1870 ausreichend geschützt, während den übrigen volle Freiheit, Kon⸗ trakte zu schließen, gewahrt sei. Irland schreite beständig im Wohlstande vorwärts und bedürfe keiner weiteren aufregenden gesetzgeberischen Akte. Der Antrag wurde mit 189 gegen 65 Stimmen abgelehnt.
Frankreich. Paris, 30. April. (Fr. C) Die klerikalen Blätter veröffentlichen die apostolischen Schreiben, durch welche der Papst die neue katholische UniverJ itãt von Lille kanonisch errichtet hat; diese Briefe behalten dem Papst die Ernennung des Kanzlers vor, zu welchem der Bischof von Lydda ernannt wurde. — Zu den politischen Kundgebungen der höheren französischen Geistlichkeit ist in den letzten Tagen auch ein Hirtenbrief des Erzbischofs von Paris, Kardinals Guibert, hinzugekommen. — Etwa dreißig Mitglieder des Pariser Ge⸗ meinderaths sind heute früh nach London abgereist, um die dortige Metropolitanbahn und verschiedene städtische Ein⸗ richtungen kennen zu lernen. .
— 1. Mai. (W. T. B.). In, der heutigen Vor⸗ lesung des-Professors der Beredsamkeit Saint Rens Tail⸗ landier fanden abermals antiklerikale Kundgebungen der Studirenden der Sorbonne statt, welche die Rufe: „Nieder mit den Jesuiten! Nieder mit Dupanloup!“ ertönen ließen. (Der genannte Professor hält seit einiger Zeit in der Sor⸗ bonne Vorlesungen über die Redner der Revolutionszeit. Er hat, wie man den „H. N.“ schreibt, mehrere Male dies Thema benutzt, um Seitenblicke auf die jetzige Republik zu werfen. Am 28. v. Mts. fand sich außer den gewöhnlichen
zurückgesandt wurde, welches die Beamten betrifft.
wenig zahlreichen Zuhörern eine Schaar von mehreren hun⸗ dert Siudenten ein, welche so lange zischten, daß die Vor⸗ lesmn] unterbrochen werden mußte.) ersailles, 1. Mai. (W. T. B. In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer brachte Leblond die be⸗ reits angekündigte Interpellation ein, welche Maßregeln die Regierung zu ergreifen beabsichtige, um die klerikalen Umtriebe zu unterdrücken. Die Berathung derselben wurde auf Donnerstag fete e Graf de Mun (klerikal) wünschte zu wissen, ob die 563. die Verantwortlichkeit für die Verleumdungen und Beleidigungen übernehme, welche offen gegen die Katholiken vorgebracht würden. Der Minister⸗ räsident Jules Simon erklärte, er werde die Anfrage Muns am Donnerstag zugleich mit der Interpellation Leblonds beantworten, heute wolle er nur konstattren, daß er keine So⸗ lidarität mit den Feinden des Ehristenthums habe, er habe nur die Pflicht, die Rechte des Staates zu wahren. — Der Finanz Minister besteht darauf, daß die Kammer das Budget noch in der gegenwärtigen Session berathen solle. — Die Kammer beschloß, das Munizipalgesetz nach der Beantwortung der Interpellation Leblonds zu berathen.
Italien. Rom, 28. April. (6. N.) Der Senat be⸗ rieth in seiner vorgestrigen Sitzung das Gesetz über die parla⸗ mentarische Unvereinbarkeit. Die Majorität setzte es durch, daß ein vom Ausschusse vorgeschlagenes Amendement ange⸗ nommen und an die Deputirtenkammer zur m
ie De⸗ putirtenkammer hat das Forstkulturgesetz des Acker⸗ bau-Ministers, nachdem dieser selbst, sowie einige Abgeordnete Verbefferungsanträge eingebracht, welche angenginmen wurden, mit 185 gegen 39 Stimmen genehmigt. Der Polizei⸗Minister zeigte an, daß ihn die Herren Caralotti, Bertani (beide Re⸗ publikaner) und Bovio wegen der Auflösung der inter⸗ nationalen Vereine zu befragen wünschen, er könne aber ur Zeit diese Interpellation nicht annehmen, weil erichtliche Intersuchungen schwebten und die Regierung jetzt eine Auf⸗ schlüsse geben dürfe. Die Majorität genehmigte den Vorschlag des Herrn Nicoterg, ihm zu gestatten, erst Ende Juni die Interpellation zu beantworten.
— 29. April. Die „Italie“ theilt mit, daß die Herren Ellena und Ascerio heute Abend nach Paris abgexeist sind, um sich über die Grundlagen zu den neuen Zolltarifen zwischen Frankreich und Italien zu verständigen.
— 1. Mai. (W. T. B.) Nach einer Mittheilung der klerikalen Blätter hat der Papst bei dein gestrigen Empfange von Pilgern aus Savoyen eine Ansprache ge⸗ halten und sich darin u. A. auch über die beiden kriegführen⸗ den Mächte geäußert. —ser Senat hat heute die Berathung des Gesetzes über die Mißbräuche der Geistlichkeit fort⸗ gesetzt. — Das amtliche Journal veröffentlicht die Ernennung Correntis zum ersten Großsekrekär des Mauritius⸗ und Lazarus-Ordens.
Griechenland. Korfu, 1. Mai. (W. T. B.) Heute sind fünf zum englischen Mittelmeergeschwader gehörige Panzerschiffe hier eingetroffen. — Nach hier vorliegenden . herrscht in der Provinz Epirus die vollständigste Ru he.
Türkei. Das W. „Fremdenbl.“ giebt über die Fahne des Propheten folgende historische Einzelnheiten:
„Diefelbe ist von dunkelgrüner Farbe, ungefähr zwei Ellen lang und bei anderthalb Ellen breit und war ursprünglich ein Thür— vorhang in dem Schlafgemache Aischa's, der Lieblingsgattin des Pro— pheten, wo Letzterer auch starb. Als Mohamed nun auf dem Sterbe⸗ bette lag und seine Feldherren, die eben in einen Krieg gegen einige heidnische Staͤmme Arabiens ziehen mußten, kamen, um sich von ihm zu verabschieden, da gab der Sterbende ihnen den Vorhang seines Gemaches als Kriegsfahne, mit, damit die Gläubigen bei deren Anblick sich daran erinnern sollten, daß sie für Gott und den Propheten kämpfen. Von nun an ward es zum Ge— brauche, daß immer. wenn die Khalifen ins Feld zogen, sie diese Fahne (Sandschak Scherif) vor sich herwehen ließen; später ward jedoch bestimmt, diese Relichuie nur dann ins Feld zu schicken, wenn der Krieg des Glaubens wegen geführt wird. Natürlich stand es und steht es noch jedem Khalifen frei, jeden Krieg zu einem Glau⸗ benskriege zu stempeln. So wehte diese Fahne 1683 auch vor den Mauern Wiens und einige Jahre später wieder auf dem Schlacht⸗ felde von Zenta, obwohl es sich in beiden Fällen auch nicht im min⸗ desten um den Islam handelte. Was aber dieser Fahne eigentlich ihre Zauberkraft verleiht, das ist der Glaube, daß ein Jeder, der in ihrem Schatten kämpft und fällt, als Märtyrer (Schahid) gestorben ift, dem nun die Himmelspforten offen stehen. Unter den späteren Khalifen kam nun diese Fahne selten in den Krieg, ebenso auch unter den erften Sultanen aus dem Hause Osman, die dieselbe von den Khalifen geerbt hatten, und erst nach dem Tode Solimans des Großen begann man fleißiger zu ihr seine Zuflucht zu nehmen, um durch deren Anblick die Soldaten zu ermuthigen. Diesmal soll jedoch die Entfaltung der Fahne besonders feierlich geschehen, denn, wie wir hören, wird Abdul Hamid sie ent⸗ alten und hierauf dem Scheik⸗ul⸗Islam übergeben, der wieder mit ihr auf goldgeziertem Rosse durch die Straßen Konstantinopels reiten, während der Sultan mit gezücktem Schwerte und ebenfalls hoch zu Pferde neben ihm reiten wird. Ulemas werden vor beiden hohen Reitern einherschreiten und dem Volke verkünden, daß der Glaubeng⸗ krieg (Dschihad) nun begonnen habe. Von Konstantinopel wird die e dann nach der Bongu gebracht werden, wo sie in den bevor— tehenden Schlachten der Scheik⸗ul⸗Jslam ebenfalls schwingen soll.“
Numänien. Bu karest, 1. Mai. (W. T. B.) Russi⸗ scherseits ist die erste Million der für die s äkularisirten Klostergüter zugestandenen Entschädigung bereits aus— gezahlt worden.
Rußland und Polen. St. Petersburg 1. Mai. (W. T. B.) Die von auswärtigen Journalen ver⸗ breitete Mittheilung, daß polnische Gutsbesitzer beim Kriegsbeginn die Aufforderung erhalten hätten, ihre Güter nicht zu verlassen und anderen bestimmte Wohnsitze angewiesen worden seien, ist durchweg unbegründet. Es sind weder hier, noch Seitens des Generalgouvernements in Warschau der— artige oder irgend dem ähnliche Bestimmungen ergangen.
Kischeneff, 2. Mai. (W. T. B. Der Kaiser Alexan⸗ der nahm gestern beim Großfürsten Nicolaus das Diner ein und hat sich Abends 11 Uhr von hier nach Bender hegeben.
Moskau, 29. April. (St. Petersb. Herold. In der gestrigen außerordentlichen Versammlung des Moskauer Adels wurde beschlossen, 80,000 Rubel zur Ausrüstung einer Sanitätsabtheilung mit 100 Hänge⸗ matten für Soldaten und der entsprechenden Zahl für Offiziere der Kaukasus-Armee, sowie 15,000 ubel zur Unterstuͤtzung der Kriegs-Hospitäler des Gouvernements zu spenden. Zur Deckung dieser Ausgaben wurde beschlossen, aus dem 29, 005 Rubel betragenden Kapitale des 2 dels 20,000 Rubel zu entnehmen und auf den immobilen Besitz des Adels
pro 1877 eine doppelte Abgabe auszuschreiben; außerdem isE Kopeken pro Dessjatine einzuheben. 65,099 Rubel der ge⸗ sammten, im Betrage von 95000 ubel vorgeschlagenen Spende wurden einstimmig und die weiteren 30, 000 Rubel mit Stimmenmehrheit votirt.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 29. April. (SH. N.) Beide Kammern beschäftigen sich jetzt mit der Berathung des neuen Sxekutionsgesetzes. Die Erste Kammer ist bereits ziemlich weit damit vorgeschritten, während man im e gn. erst am Sonnabend damit begonnen * Auch bei diesem Gesetz hat die Regierung in manchen Punkten ihre eigene Ansicht denen der Kommission unterstellen müssen, um nicht das Zustandekommen des Gesetzes zu ge⸗
fährden.
Dänemark. Kopenhagen, 29. April. Aus Storehe⸗ dinge und Umgegend auf Seeland ist dem Ministerium eins mit 1060 Unterschriften versehene Vertrauens⸗ Adresse zugegangen. Außerdem sind noch in vielen anderen Städten und Dorfschaften solche Adressen in Vorbereitung. Der Korrespondent der „Hamb. Nachr.“ bemerkt dazu: „Dieser faktische Beweis von der Loyalität des Volkes, verbunden mit den zahlreichen Aeußerungen gegen das Verfahren der Linkenpartei, selbst von Seiten früherer Anhänger dieser Partei, wirkt sehr niederschlagend auf die Führer derselben, welche die ganze Verantwortlichkeit für die Ausnahmestellung zu tragen hat, in welcher sich die Bewilligungsmacht des Landes augenblicklich befindet.“
Amerika. Washington, 1. Mai. (W. T. B.) Die Staatsschuld der Vereinigten Staaten hat im Monat April um 4,316,000 Doll. abgenommen. Im Staats⸗ schatze befanden sich am 39. April 106,440,000 Doll. in Gold und 8,395,000 Doll. in Papiergeld.
Mexiko, 24. März. Vorgestern, am Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm, hatten alle Ge— sandtschaften und öffentlichen Gebäude geflaggt. Bei dem Kaiserlichen Minister-Refidenten Le Maistre waren Lie frem⸗ den Missions⸗-Chefs und eine Anzahl ansässiger Deutscher zum Festmahl versammelt. Gleichzeitig hatte sich die deutsche Ko⸗ lonie im „Deutschen Hause“ zur Feier des Tages vereinigt, von wo ein Glückwunsch-Telegramm nach Berlin gesandt wurde. — Auch in Colma und Puebla ist der Tag Seitens der dor— tigen Deutschen festlich begangen worden.
Peru. Lima, 23. März. Das Geburtstagsfest Sr. Majestät des Deutschen Kaisers ging selbst hier am Fuße der Anden nicht unbemerkt vorüber; die öffentlichen Gebäude prangten im Flaggenschmuck, beim deutschen Ver— treter Herrn Lührsen und im deutschen Club fanden Festlich— keiten statt.
Der russisch⸗türkische Krieg.
St. Petersburg, 1. Mai. (W. T. B.). Nach hier eingegangenen Nachrichten aus Achalzich (russische Festung nahe der Grenze am Poschow, einem Nebenfluß des Kur, ge⸗ legen. D. Red.) vom 29. April hat eine Kolonne des Obersten Komaroff Dewin besetzt. — Die Uebergänge nach Adjalig und Ardahan sind mit Schnee bedeckt. — Die Wege sind ähh der Gesundheitszustand der Truppen ist vor— trefflich.
— (W. T. B.) Der englische Botschafter, Lord Loftus, hat heute hier die Neutralitätserklärung Englands überreicht. Dieselbe stimmt vollkommen mit derjenigen vom 9. August 1870 überein, welche England anläßlich des deutsch⸗ franzöfischen Krieges erließ. — Die Kaiserin wird mit der Gemahlin des Großfürsten Thronfolger dem Kaiser entgegen⸗ reifen und am Freitag Abend in Moskau eintreffen. Die⸗ selben werden am 8. 8. M. hierher zurückkehren. Der Kaiser . morgen Kischeneff und kehrt über Odessa hierher zurück.
Kischeneff, 30. April. (W. T. B.) Offizielle Meldung: Der Kaifser nahm gestern über die 9. Division Revue ab. Bei dem darauf stattfindenden Diner brachte der Kaiser auf den Ober-Kommandirenden, Großfürsten Nikolaus, folgenden Toast aus: „Mit Befriedigung habe ich mich von dem vor— züglichen Zustande der aktiven Armee überzeugt, Mit Be—⸗ friedigung habe ich auch wahrgenommen, eine wie ausgezeich⸗ nete Anregung der Ober⸗Kommandirende dem Generalstab wie allen Theilen der seinem Befehle unterstellten Armee gegeben hat. Ich bin sicher, daß er seine Pflicht thun wird.“ Der Großfürst Nikolaus antwortete: „Ich versichere Ew. Majestät, daß wir unsere Pflicht thun werden, bis zum letzten Blutstropfen.“ — Der Kaiser hat den Großfürsten Ni⸗ kolaus zum Chef des Regiments „Volhynien“ ernannt. Der Großfürst theilte dem Obersten dieses Regiments, Rodinow, seine Ernennung telegraphisch mit dem Hinzufügen mit: „Ich habe die Bravour des Negiments Volhynien bei Sebastopol gesehen. Folget dem Beispiele unserer heldenmüthigen Vor⸗ gänger.“ — Der General Niepokoitchisky ist zum Chef des Regiments „Minsk“, der Kriegs Minister Miliutin zum Chef des Regiments „Penza, erngunt worden. ;
Konstantinopel, 1. Mai. (W. T. B. Hobart Pa cha ist hierher zurückgekehrt, nachdem es ihm gelungen war, den Avifodampfer „Rythmos“ aus dem Feuer der russischen Geschütze aus der Donau zurückzuziehen. — Die Pforte beabsichtigt dem Vernehmen nach, die russischen Unterthanen, welche sich den türkischen Gesetzen nicht unterordnen wollen, binnen 11 Tagen aus Konstantinopel und binnen 21 Tagen aus den türkischen Provinzen auszuweisen. — Der Postdienst über Varna ist wieder aufgenommen worden.
Bukarest, 1. Mai. (W. T. B.). Ein, für st liches Dekret bestinimt, daß jeder Landesbezirk, die Cadres zu einem Milizbataillion außustellen hat, die Stadt Bukarest formirt für sich ein Milizbataillon. — Die Nachricht, daß außer der russisch⸗rumänischen Konvention vom 16. v. Mts. unb deren Annexen noch ein anderer Vertrag zwischen Rußland und Rumänien existire, wird regierungsseitig als unbegründet bezeichnet. — Der Senat hat das Requisitionsgesetz angenommen. — Die General⸗ kasse in Galatz ist angewiesen worden, russisches Baargeld anzunehmen. — Vor der Mündung des Sereth ist ein rumänisches Kriegsschiff stationirt worden. — Eine große Anzahl christlicher Familien aus der Türkei flüchtet auf rumänisches Gebiet. .
Wien, 1. Mai. (W. T. B.) Der „Politischen Kor⸗ respondenz“ wird aus Bukarest vom heutigen Tage telegra⸗ phirt: Der hiesigen Regierung ist die Mittheilung zugegangen,
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heute werden alle disponiblen Truppen wieder nach Kala fat dirigirt. — Die Kammern werden heute und morgen die Kriegssuhsidien votiren und alsdann geschlossen. — Aus Galatz, Braila und Giurgewo treffen massenhaft flüchtige Familien mit ihrem Hab und Gut ein.
— (W. T. B.) Der „Politischen Korrespondenz wird aus Bukarest vom heutigen Tage weiter gemeldet: Das hie⸗ sige bulgarische Comit« hat eine Proklamation an die bulgarische Bevölkerung erlassen, in welcher sie dieselbe auffordert, zur Erhebung bereit zu sein, sobald die Russen die Donau überschritten haben würden. — Die Tate der rus⸗ sischen Armee wird morgen in Buseo Station an der ien von Braila nach Bukarest. D. Red.) erwartet. — Von Rustschuk aus werden starke türkische Truppenabthei⸗ lungen eiligst per Bahn nach Varna befördert, um von dort aus per Dampfer nach der Dobr udscha dirigirt zu werden.
— 2. Mai. (W. T. B.) Aus Moskau geht der „Presse“ die Nachricht zu, ein englischer Dampfer sei ohne die nöthigen Vorsichtsmaßregeln in den Hafen von Kertsch-Jeni⸗ kale (Stadt und Feste an der Südgstküste der Krim und an der gleichnamigen Meeresstraße, welche aus dem Schwarzen Meere in das Asowsche Meer führt. D. Red.) eingefahren und hierbei auf Torpedos gestoßen. Letztere seien explodirt und hätten das Schiff zertrümmert. Mannschaft und Ladung gingen unter.
London, 1. Mai. (W. T. B.) Im Oberhause er⸗ klärte Graf Derby auf eine bezügliche Anfrage, der weitere diplomatische Schriftwechsel in der orientalischen Frage werde wahrscheinlich am nächsten Freitag zur Vorlage kommen. Die Antwort der englischen Regierung auf das russische Cirkularschreiben sei von der Königin ge— billigt worden und werde heute Abend nach St. Petersburg an⸗ gehen. Die Vorlage dieses Schriftstückes im Parlamente solle erfolgen, sobald dasselbe überreicht worden sei.
Versailles, 1. Mai. (W. T. B.) In der Deputir⸗ tenkammer legte bei der heutigen Wiedereröffnung der Sitzungen Herzog Decazes das Gelbbuch auf den Tisch des Hauses und hob hervor, daß die gegenwärtigen Verwicklungen Frankreich frei von allen Verpflichtungen finden. Alle Regierungen seien sorgfältig bemüht, den Frieden Eu⸗ ropas vor den Wechselfällen der orientalischen Frage sicher zu stellen und hegen sämmtlich den Wunsch, den Krieg lokalisirt zu sehen. Europa- sei es nicht entgangen, daß Frankreich von dem aufrichtigen und dauernden Wunsch durchdrungen sei, mit den anderen Staaten in Harmonie zu bleiben. Niemals seit sieben Jahren seien die Beziehungen Frankreichs zum Auslande bessere ge⸗ wesen. Die Nachbarmächte Frankreichs seien ebenso wie dieses selbst durch kein direktes Interesse an den gegenwärtigen Er⸗ eignissen betheiligt; die Sprache derselben lasse keinen Zweifel an ihren friedlichen Gesinnungen, sowie über den
Werth entstehen, den sie auf die Befestigung guter Be⸗
ziehungen zu Frankreich legen. Der Redner schloß mit den
Worten: „In der orientalischen Frage muß die absoluteste
Neutralität, gewährleistet durch die gewissenhafteste Zurück=
haltung, die Basis unserer Politik bleiben. Frankreich will
den Frieden mit Allen. — Die Erklärung des Herzogs Decazes
über die Haltung Frankreichs in der orientalischen Frage
wurde von beiden Häusern mit großem Beifgll auf⸗
genommen. — Das heute vertheilte Gelbbuch umfaßt auf
530 Seiten ausschließlich Aktenstücke, welche sich auf die
orientalische Frage beziehen. Sämmtliche Depeschen des
Herzog Decazes bezeugen den lebhaftesten Wunsch der sran⸗
zoöͤsischen Regierung, in Uebereinstimmung mit den übrigen
Mächten den Frieden zu erhalten. Eine Cirkularngte vom
25. Äpril bedauert, daß die Pforte das Protokoll, welches ihr
noch ein ehrenhaftes Mittel an die Hand gab, die obschweben⸗
den Schwierigkeiten friedlich zu lösen, zurückgewiesen habe.
Weiter heißt es dann in diesem Aktenstück: „Nachdem so viel
Anstrengungen gemacht sind, die Entwickelung, welche jetzt Platz
gegriffen hat, zu verhindern, haben wir nur noch unseren festen
Willen, den gegenwärtigen Verwickelungen fern zu bleiben,
auszusprechen. Wollen Sie also laut und bestimmt erklären,
daß die Politik Frankreichs darin bestehen wird, die absoluteste
Neutralität, gewährleistet durch die gewissenhafteste Zurück— haltung, zu bewahren. Der einstimmige Wunsch des Landes and seiner Vertreter, unsere Entfernung vom Kriegsschauplatze und endlich die Natur unserer wesentlichsten Interessen — alles dieses trägt dazu bei, uns eine derartige Haltung auf⸗— zuerlegen; wir werden dieselbe nur an dem Tage ändern, wo neu eintretende Umstände uns gestatten würden, in einer ge— meinsamen Aktion Europas die Rückkehr des Friedens vorzu⸗
bereiten und zu erleichtern.“
Zara, 1. Mai. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten hat am Sonntag der erste. Angräff der In⸗ surgenten auf die tuͤrkische Vorhut im Defils Bisina bei Nevefinje stattgefunden, wobei 14 Türken getödtet sein sollen. — In Bosnien und der Herzegowina wirbt die türkische Behörde unter der muselmännischen Bevölkerung Männer im Alter von 16— 560 Jahren zum Kriegsdienst an.
— „Hirsch's T. B.“ veröffentlicht folgende Telegramme:
Konstantinopel, 1. Mai. Die Dürkei erklärte Ru⸗ mänien wegen seiner Konvention mit Rußland als Re⸗ bellenstaat anzusehen. Die türkische Kriegserklärung. an Rumänien ist bevorstehend. .
Semlin, J. Mai. Fürst Milan hat Tsch ernajeff eingeladen, das Kommandos über das serbische Heer wieder zu übernehmen. . . y
Athen, 1. Mai. Griechische Freischaaren sind in 11 salien eingefallen, um einen Aufstand hervorzurufen. Photiades Pascha hat deshalb eine energische Note an Griechenland gerichtet.
Bukarest, 1. Moi.
Der heutige Ministerrgth be⸗ rieth über die Aufforderung der Pforte, Rumänien solle gegen die russische Invasion einschrerten. — Der der Kammer vor⸗ gelegte Entwurf eines Mo ro toriums ist vom den Sektionen mit allen gegen eine Stimme abgelehnt worden,
Lemberg, 1. Mai. Türkische Blätter melden aus Kon⸗
stantinopel, der Sultan gestatte die Formirung pol⸗ nischer Freiwilligen⸗Legionen auf Regierungskosten.
Der W. „Presse“ wird telegraphirt:
Konstantinopel., 30. April. Die für die nächsten Tage bevorstehende Entfalt ung der Fahne des Khalifats hat, wie in den hiesigen Megierungskreisen versichert wird, mit dem Glaubensfanatismris durchaus nichts zu thun, sondern soll nur den Muth der Soldaten erhöhen und die mahomedanischen
daß die Türken die rumänischen Kriegs dampfer zul⸗ gural“ und „Stefan Celmare“ weggenommen haben. Seit
Unterthanen uno Vasallen des Reiches zu patriotischen Thaten aneifern.