1877 / 121 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 May 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Pest, 26. Mai. * T. B) Der Ban kaus schuß ha⸗ gestern die Bankvorlage als Basis für die Spezialberathung angenommen. Die Quoten deputation hält am 29. d. ihre erste meritorische Sitzung in Wien ab.

Schweiz. Bern, 24. Mai. (N. Zürch. is; Da die italienischen Delegirten unmöglich vorher eintreffen können, so tritt die Internationale Gosthardbahn⸗Konferenz erst am 4. Juni, und zwar wegen gleichzeitiger Eröffnung der Bundesversammlung, in Luzern zusammen. In der ge⸗ strigen ersten Sitzung der christ-⸗katholischen Synode hierselbst wurde mitgetheilt, daß seit der letzten Synode 17 Geistliche in den Klerus der Kirche eingetreten und 13 frei⸗ willig oder unfreiwillig gusgeschieden sind, so daß der⸗ selbe nunmehr aus 76 Mitgliedern besteht. Im Laufe des Jahres wurden 2309 Kinder gefirmt, 2982 in der Christenlehre unterrichtet, 885 die erste Kommunion ertheilt, 1182 getauft, 2735 Ehen eingesegnet und 640 Begräbnisse be⸗ gleitet. Die christ⸗katholische Fakultät in Bern zählte im vori⸗ gen Semester 16, im letzten 15 Studirende.

Belgien. Brüssel, 23. Mai. (Ind. belge) Die Repräsentantenkammer hat heute die 20 ersten Artikel des Gesetzentwurfs über das Geheimniß der Abstimm ung und die Wahlumtriebe angenommen. Die vorgeschlagenen Amendements wurden fast sämmtlich verworfen.

25. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Kammer⸗ sitzung erklärte der Finanz-Minister Malou, die neue Zuckerkonvention sei zwar dem Abschlusse und der Unter⸗ zeichnung nahe, für die nächste Periode der Zuckerfabrikation würden indeß die dermalen bestehenden Vorschriften und Ta⸗ rife noch maßgebend sein.

Großbritannien und Irland. London, 24. Mai. (6. C) Der Prinz von Wales besichtigte gestern den „Thunderer“ und andere bei Portsmouth liegende Kriegs— schiffe. Auch mit Torpedos wurden verschiedene Versuche an⸗ gestellt. Abends speiste der Prinz an Bord des „Thunderer.“

Der Vorsteher des Handelsamtes, Sir Charles Adder⸗ ley, und der Vize⸗-Vorsteher von „Trinity House“, Admiral Sir Richard Collinson, haben die englischen Leucht— thürme inspizirt und darauf Cherbourg besucht. Sir Charles Adderley hat sich demnächst nach Paris be⸗ geben, wo er bis zum 30. d. verweilen wird. Zwischen dem Auswärtigen Amte und dem west⸗ indischen Ausschusse hat ein Schriftwechsel betreffs eines von dem General-Gouverneur Cubas erlassenen Dekretes über die chinesischen Arbeiter stattgefunden. Lord Derby hat den britischen Geschäststräger in Madrid angewiesen, der spanischen Regierung vorzustellen, die hiesige habe zwar für Gewaltthäter keine Sympathie, sehe aber dennoch mit Bedauern die Ver⸗ öffentlichung eines Dekretes, durch das die gefangenen Re⸗ bellen, anscheinend ohne Prozeß und Untersuchung, in einen Zustand der Sklaverei versetzt werden sollen. Unter dem Vorsitze des vormaligen Oberrichters von Singapore und Malakka, Sir P. Maxwell, hielt gestern der „Verein zum Schutze von Eingeborenen“ seine 39ste Jahresversammlung. In dem Jahresberichte wird die Befürchtung ausgesprochen, daß die Folge der Machterweiterung des Khedive von Egypten ein Zuwachs der egyptischen und arabischen Sklavenmärkte sein werde. Die Anrufung Lord Derby's gegen den von dem Afrikareisenden Stanley unter britischer Flagge vorgenommenen zweiten Angriff auf Bam— bireh hält der Verein nach wie vor für richtig und sieht der Erwiderung des Reisenden auf Lord Derby's Depesche entgegen. Der Verein drückt u. A. seine Sympathie mit den Eingebornen aus, gegen die Transvaalien jüngst Krieg geführt habe, und ist grundsätzlich für Ertheilung bürgerlicher Rechte an alle einheimischen Afrikaner, welche Unterricht und festes Eigenthum erworben haben. Erwähnt ward, daß die britische Regierung die Einwanderung von Kulis aus Indien nach dem französischen Guiana zum Stillstande ge— bracht habe. Schlief lich ward die segensreiche Regierung der Fijiinseln durch Sir Arthur Gordon gerühmt. Einstimmige Annahme fand eine von Sir F. Buxton vorgeschlagene Re⸗ solution, die Versammlung protestire nachdrücklich gegen die Ausdehnung der egyptischen Herrschaft in die Gegenden des Aequators, da eine solche Ausdehnung dem Frieden und der Civilisation des Erdtheils schädlich, den unabhängigen Staaten der Eingeborenen gegenüber ungerecht und geeignet sei, die Uebel des Sklavenhandels zu verbreiten. Rev. Danton er— wähnte dabei, daß erst vor Kurzem in Kairo 300 Sklaven verkauft worden seien.

Frankreich. Paris, 24. Mai. (C. S.) Der Marschall Mac Mahon begiebt sich am Sonnabend in Begleitung des Ackerhau⸗Ministers de Meaux und eines zahlreichen Gefolges nach Compiègne, wo eine landwirthschaftliche Provinzial⸗ ausstellung veranstaltet wird.

25. Mai. (W. T. B.) Der Handels-⸗Minister richtete gestern ein Schreiben an den General-Kom⸗ missär der Ausstellung, Senator Krantz, in welchem er den Besuch des Marschall Mae Mahon auf dem Aus—⸗ stellungsplatz verkündigt. In dem Schreiben heißt es: Es sei nothwendig geworden, die großen Interessen der Arbeit und des Friedens zu ermuthigen gegenüber den Intriguen der⸗ jenigen, welche das Werk der Ausstellung zu Gunsten politischer Leidenschaften zu kompromittiren suchten. Heute Nachmittag besichtigte der Marschall Mac Mahon mit dem Minister für die öffentlichen Arbeiten die Vorbereitungsarbeiten für die Ausstellung auf dem Trocadero und wurde dort von dem General⸗Kommissär Krantz, sowie von dem Polizei⸗Präfekten und dem Seine⸗Präfekten empfangen.

Spanien. Madrid, 22. Mai. (Ag. Hav.) Die letzten Nachrichten aus Cuba melden, daß sich die Junta der In⸗ surgenten in New-⸗York aufgelöst habe. Der auf das Eigenthum der Insurgenten gelegte Beschlag ist (wie schon gemeldet, durch Dekret) aufgehoben worden. Die In sur⸗ gentenbanden zerstreuen sich. Man erwartet die dem⸗ nächstige vollständige Pazifikation der Insel.

Türkei. Konstantinopel, 25. Mai. Ueber die gestrigen Vorgänge in der Deputirten⸗ kammer wird von Seiten der Regierung Folgendes bekannt gegeben: Die Nachrichten von der Einnahme von Ardahan hatten zahlreichen Bewohnern der Hauptstadt, welche aus jener Provinz stammen, einige Beunruhigungen eingeflößt; eine De⸗ Putation derselben fand sich heute in der Kaminer ein, um die Erklärung abzugeben, daß sie zu allen Opfern bereit wären,

(W. T. B.)

daß sie aber gleichzeitig auf die Lage der Armee in Kleingsien die ernste Aufmerksamkeit der Kammer lenken müßeten. Nach⸗ dem die Kammer die Deputation angehört und Akt von deren

patriotischen Gesinnungen genommen hatte, wurde derselben begreiflich gemacht, daß die Regierung nichts vernachlässigen würde, um sich auf der Höhe der Situation zu zeigen, und daß die Armee der Gegenstand der ernstesten Sorgfalt Sr. Majestät und seiner Regierung sei. Der beste 6 welcher in diesem Augenblicke dem Vaterlande geleistet werden könne, bestände darin, volles Vertrauen in die Hingebung und Selbst⸗ verleugnung der offiziellen und verantwortlichen Vertreter der Regierung und der Nation zu zeigen. Nachdem diese Antwort ertheilt war, zogen sich die Deputation und das zahlreiche Publikum, welches dieselbe bis an die Pforten des Sitzungs⸗ saales begleitet hatten, zurück unter dem Rufe: „Es lebe Se. Majestät der Sultan.“ .

(W. T. B) Nach Depeschen des „Neuen Wiener Tage⸗ blatt“ hätte die Deputirtenkam mer selbst zu den statt— ehe nn Kundgebungen Anlaß gegeben, nachdem ihr kürz— lich geäußerter Wunsch auf einen Wechsel des Ministeriums, auf Versetzung Damat und Redif Paschas in Anklagestand und auf Zurückberufung Mithad Paschas unberücksichtigt ge⸗ blieben. Bezüglich der zu veranstaltenden Demonstration sei ein förmlicher Beschluß in einer Moschee gefaßt worden. Man sei in Konstantinopel von der Befürchtung nicht frei, daß trotz des Belagerungszustandes die Softas den Sultan und die Regierung zu stürzen ver suchen würden.

(W. T. B.) Ueber die bereits gemeldete Bewegung

der Softas bringt das „Neue Wiener Tageblatt“ eine Dar⸗ stellung mit dem Hinzufügen, daß der Sultan in Folge der drohenden Demonstration der Softas seine Wohnung auf der asiatischen Seite des Bosporus aufgeschlagen habe. Viele Ehristen verlassen die Stadt. —⸗ J (W. T. B.) Der „Politischen Korrespondenz“ geht Über die Kundgebung der Sostas die telegraphische Mittheilung zu, die Deputation derselben habe von der Kam— mer die Absetzung Mahmud Damat und Redif Paschas ver⸗ verlangt, denen die Softas die Schuld an der Katastrophe von Ardahan beigemessen hätten, ebenso sei die Ersetzung Mouhktar Paschas durch einen anderen Befehlshaber und die Zurückberufung Mithad Paschas gefordert worden. Nachdem der Präsident der Kammer versprochen, den Sultan unverzüglich davon zu unterrichten, habe er die Sostas be⸗ schwichtigt, die Sitzung geschlossen und sich zum Großvezier und mit diesem zum Sultan begeben. Die Folge davon sei ge⸗ wesen, daß der Belagerungszustand verkündet worden und daß Damat und Redif Pascha in ihren Aemtern verblieben seien. Die Erregtheit der Bevölkerung sei im Wachsen und das Eintreten einer revolutionären Erhebung sei nicht aus— geschlossen.

(W. T. B.) Der englische Vertreter, Layard, hatte gestern eine Audienz beim Sultan und stellte demselben dabei den neu ernannten Militär-Attachs, General Dick son, vor.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 23. Mai. Das „Journal de St. Petersbourg“ meldet: Gestern hatte der Marquis de la Ribera, der neu akkreditirte außer⸗ ordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Sr. katho⸗ lischen Majestät, die Ehre, von Sr. Majestät dem Kaiser empfangen zu werden und seine Beglaubigungsschreiben zu überreichen. An demselben Tage hatte der Marguis de la Ribera auch die Ehre, Ihrer Majestät der Kaiserin vor⸗ gestellt zu werden.

Der rufsischstürkische Krieg.

St. Petersburg, 25. Mai. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten aus Bajazid vom 23. d. ist es dem Fürsten Lachwaroff gelungen, einen Stamm der Kurden zum Gehorsam zu bringen. Man erwartet, daß sich auch ein anderer Stamm unterwerfen werde. Aus Karakilissa wird gemeldet: Die Türken haben bedeutende Verstärkungen erhalten und beabsichtigen die Of fensive zu ergreifen. Oberst-Lieutenant Polikowsky, welcher nach Meldungen aus Sugdidi vom 23. er., vom General Krawtschenko auf die Höhen von Jakor entsandt war, um die Banden der Abchasier zu zerstören, hat den Abchasiern in bedeutenderen Gefechte große Verluste bei⸗ gebracht.

26. Mai. (w B.) Der „Regierungs⸗ bote“ veröffentlicht einen Kaiserlichen Ukas, betreffend die während des Krieges zu beobachtenden völker⸗ rechtlichen Vorschriften. Danach sind die in Ruß— land sich aufhaltenden türkischen Unterthanen berechtigt, unter dem Schutze der Gesetze ihre Gewerbe weiter zu treiben, türkische Schiffe sind ermächtigt, nach der für ihre Ladung erforderlichen Zeit aus den russischen Häfen frei auszulaufen. Die Unterthanen neutraler Staaten ge— nießen die vollständigste Garantie, die Kaperei ist ver—⸗ boten, die neutrale Flagge deckt die feindliche Waare mit r nn Ausnahme von Kriegscontrebande, neutrale Waare, riegscontrebande ausgenommen, bleibt auch unter feindlicher Flagge unangefochten. Die Blokade muß eine effektive sein. Schiffahrt und Handel der Neutralen auf der Donau soll so frei als möglich sein. Die Militärbehörden haben die Bauten und Arbeiten sowie das Personal der internaticnalen Donaukommission zu schützen. Die Bestimmungen der Genfer Konvention sind zu beobachten,

ebenso ist die Unverletzlichkeit des Abzeichens zu respektiren, das

die Türken etwa an Stelle des rothen Kreuzes annehmen werden. Ferner sind die St. Petersburger Deklaration in Betreff des Nicht⸗ gebrauchs von Explosionsgeschossen, sowie die Beschlüsse der Brüsseler Konferenz von 1874 zu beobachten. Die „Agence Russe“ bestätigt auch ihrerseits, daß die Meldungen aus⸗ wärtiger Blätter, Rußland beabsichtige die Kar— pathenpässe zu besetzen, völlig unbegründet seien. Die Erfindung solcher Gerüchte ziele nur darauf ab, die aus⸗ gezeichneten Beziehungen Rußlands zu Oesterreich zu trüben. Tiflis, 33. Mai. (W. T. . Gestern fand hier ein feierlicher Gottesdienst mit Tedeum statt, nach demselben ging der Train des Hauptquartiers des Oberkomman⸗ direnden der Kaukasusarmee nach Alexandrapol ab. . wird demselben in einigen Tagen nachfolgen. ; Konstantinopel, 24. Mai. (W. T. B.) Offiziell. Ardahan ist von den Russen bombardirt worden und mußte von den Kaiserlichen Truppen angesichts der bewältigenden numerischen Uebermacht der Russen, welche 50 Bataillone stark waren, geräumt werden. Die 10 Bataillone, aus denen die Garnison von Ardahan bestand, zogen sich zurück, nachdem sie auf dem Schlachtfelde 150 Todte und ebenso viele Verwundete gelassen hatten.

25. Mai. (W. T. B.) Der Kriegs⸗Minister hat den Bey von Tunis telegraphisch zur Absendung seines Truppenkontingents n, , . .

(W. T. B.) Aus Belgrad meldet die „Pol. Korr.“: Die türkischen Truppen Hätten mehrere Grenzpunkte am Timok besetzt, die sekbische Grenze sei Seitens der tür⸗ kischen Behörden gesperrt, Serbien habe bis zur Stunde keinen einzigen Soldaten an die Grenze geschickt.

Der W. „Presse“ wird telegraphisch gemeldet:

Konstantinopel, 24 Mai. Die Pforte . ihre Beschlüsse k der Unabhängigkeits⸗Erklärung Rumäniens noch nicht kundgethan und erwartet man in den hiesigen diplomatischen Kreisen gar nicht, daß sie dies schon jetzt thun werde, da die türkischen Staatsmänner geneigt sein sollen, sich über diesen Schritt Rumäniens erst bei den späteren Friedensunterhandlungen zu äußern und denselben zum Gegenstand einer diplomatischen Erörterung zu machen.

Bukarest, 24 Mai. Die bulgarische Legion, die fortwährend starke Zuzüge erhält, ist heute nach Plojeschti ab⸗ gegangen. Der **. aus mehreren Waggons bestehend, wurde mit stürmischen Lebehochs und Hurrahrufen auf den russischen Kaiser begrüßt. Der Großfürst ist heute nach Bukarest zurückgekehrt. Von der Donau seit zwei Tagen keine Meldung. . .

Aus Varna telegraphirt man der „Tim es“ unterm 22. d.: „Auf Befehl des Kriegs Minister sind alle hier dienenden tscherkessischen Kavallerie-Dffiziere nach Konstanti⸗ nopel beordert worden zu dem Behufe, daselbst, in Adrianopel und Sofig 25 Tscherkessen Regimenter zu organisiren. Es befindet sich hier ein Comité für die Anwerbung polnischer Freiwilligen. Die bis jetzt erlangte Anzahl ist geringfügig.

scheeeb n Bukarest, 24. Mai, wird der „Pol. Korr.“ geschrieben:

Die rumänischen Truppen, welche Oltenitza bisher besetzt hiel⸗ ten und mit den Türken in Turtukai mehrere Artilleriekämpfe zu bestehen hatten, sind gestern hier eingerückt und nach kurzem Auf⸗ enthalte nach der kleinen Walachei abmarschirt. Sämmtliche rumä⸗ mänischen Uferbatterien sind nunmehr von den Russen besetzt. Gestern beschossen die Russen von Flamunda aus einen türkischen Dampfer, welcher von Nikopoli auslief. Der türkische Dampfer erwiderte das Feuer der Russen und es gelang ihm, unter dem Schutze der türkischen Batterien bei Nikopoli, die Fahrt nach der unteren Donau fortzusetzen. Gestern Abends veranstalteten die hie⸗ sigen Studenten zur Feier der rumänischen Unabhängigkeitserklärung b , vor den Pa lais der Minister Bratiano und

ogolniceano. Großfürst Nikolaus hat noch den ganzen gestrigen Tag in G esellschaft der Fürstlichen Familie zugebracht und ist Abends, begleitet vom General Nepokoitschitzki, . v. Nelidow, Obersten Hasenkampf und dem französischen Obersten Gaillard nach Plojesti zurückgereist. .

In Oltenitza sind 2 russische Infanterie⸗Regimenter, 3 Ulanen⸗ Escadronen und 4 Sotnien Donfcher Kosaken von der 17. Division eingerückt, nachdem schon früher Genietruppen 4 Batterien dort er⸗ richtet hatten. Der Artillerie⸗Chef der russischen Armee, Fürst Massalski, hat in den letzten Tagen, begleitet von 4 Artillerie und 2Generalstabsoffizieren, die wichtigsten Positionen an der oberen Donau besichtigt und die allsogleiche Befestigung derselben angeordnet. Unverzüglich gingen 6000 Soldaten ans Werk, um zunächst Slebogia, Oltenitza und die Aluta⸗Mündungen zu befestigen. Das von den Rumänen geräumte Kalafat wurde von Abtheilungen des XI. russischen Armee⸗Corps besetzt. .

Demselben Blatte meldet 21. Mai:

Wiewohl die bereits in Rumänien eingerückte russische Armee eine numerische Stärke aufweist, wie sie noch keine vordem in allen früheren russisch⸗türkischen Kriegen hatte, so ist es doch positiv, daß neue beträchtliche Truppenmassen aller Waffengattungen aus allen Theilen des russischen Reiches schon demnächst die Donau⸗Armee ver⸗ stärken werden. Zunächst kommen die jetzt in der Formation be⸗ griffenen zwei Divisionen Denscher Kosaken in Betracht. Bis jetzt wurden die Donschen Kosaken⸗Regimenter Nr. 22, 24, 25, 32, 33, 36, 38 und 39 auch nur in den Registern geführt, allein sie wurden niemals wirklich formirt. Nach einem Kaiserlichen Ukas vom 19. d. Mts. sollen die eben erwähnten Regimenter wirklich organifirt und in zwei Divisionen eingetheilt werden. Diesen Divi⸗ sionen sollen die Batterien der reitenden Artillerienummern 11, 16, 17, 18, 19, 20 und 21, welche gleichfalls erst aufgestellt wer⸗ den müssen, zugewiesen werden. Da Mannschaft wie Kriegsmaterial vorhanden ist, so unterliegt es keinem Zweifel, daß diese Truppen⸗ theile sehr bald auf dem Kriegsschauplatze erscheinen werden. Nach zuverlässigen Mittheilungen befindet sich mit heutigem Tage bereits die gesammte schwere Artillerie in jenen Positionen, welche die Kriegs⸗ leitung ihr angewiesen hat. Damit ist der schwierigste Theil der einleitenden Schritte zu den großen Operationen vollbracht. Gegen⸗ wärtig ist man im Hauptquartier hier mit der Errichtung von Ar— ,, , Proviantmagazinen, Feldspitälern, Feldpoststationen ꝛe. eschäftigt.

Wenn man die zu Ende gehende Bewegung der russischen Armee mit ihrem kolossalen Train noch einmal ins Auge faßt, muß man anerkennen, daß sich dieselbe mit großer Präzision vollzog und Zeug⸗ niß von einer eben so intelligenten als vorsichtigen Leitung giebt. Diejenigen Truppen, welche nicht per Bahn befördert werden konnten, marschirten stets brigadenweise. Auf bestimmten Punkten erwarteten Agenten der Verproviantirungsgesellschaft die Truppen, welchen sofort alle Verpflegsartikel in guter Qualität nnd entsprechender Quantität zur Verfügung flanden. Das Brot ist gut, das Fleisch frisch, der Wein, welchen die Soldaten hier statt Branntwein fassen, unver⸗ fälscht. Wo das in der russischen Armee eingeführte Roggenbrot man⸗ gelte, wurde der Gesellschaft gestattet, theilweise auch Weizenbrot zu ver⸗ theilen. Auf manchen Punkten mußte statt Hafer auch Gerste den Pferden gereicht werden. In Rumänien findet man jetzt viel weniger Hafer als Gerste. Für den immerhin möglichen Fall, daß die Gesellschaft auf irgend einem Punkte keine Lebensmittel aufzutreiben im Stande sein sollte, folgte jeder Brigade eine starke Proviantkolonne. Auch zahlreiches Schlachtoieh wurde jeder Truppenabtheilung nachgetrieben. Die Truppen brauchten also die Bevölkerung fast gar nicht in An⸗ spruch zu nehmen und wo ausnahmtweise Einkäufe gemacht werden mußten, wurde mit Gold in koulantester Weise gezahlt. Dieser Um⸗ stand so wie die Thatsache, daß während des fast vierwöchentlichen Durchmarsches kein einziger Erceß vorgekommen ist, haben die Sym⸗ 2 . Rumänen fur die russische Armee in kräftigster Weise gefördert.

Nachdem der Durchmarsch der russischen Armee im Großen und Ganzen seinem Ende zugeht, sollen die Eisenbahnen vom 25. d. M. an unbeschränkt dem Privatverkehre wieder übergeben werden. Die Auswanderung aus Galatz und Brailag hat gleichfalls bereits aufge⸗ hört und . viele Emigranten bereits nach ihren Wohnorten zurück, rachdem die Russen den Matschiner Donau⸗Arm durch Torpedos der türkischen Flottille unzugänglich gemacht haben und die rumänischen Uferstädte an der Donaumündung vor jedem Ueber⸗ falle ziemlich gesichert sind.

Aus Trapezunt, 22. Mai wird dem W. „Frem⸗ denbl.“ gemeldet: Hier eingelaufene Nachrichten bestätigen das ununterbrochene Vorrücken der Ru ssen gegen Erzerum. Das Verhalten der armenischen Bevölkerung ist , . Man glaubt nicht, daß Moukhtar Pascha im Stande sein verde, erfolgreichen Widerstand zu leisten.

Aus Batum erhält der Daily Telegraph“ fol⸗ gende vom 23. d. Nachmittags datirte Depesche seines dortigen

man aus Plo jesti,

Spezial Korrespondenten: „Den wenigen Tagen der Pause in den n, ist 2 eine fürchterliche Kanonade auf Seiten der Russen gefo k, Eine Schlacht hat soeben be⸗ onnen. Das Feuern wird längs der ganzen Vertheidigungs⸗ inie allgemein und die türkischen Batterien erwidern es leb—

haft. Unter den osmanischen Truppen herrscht der größte

Enthusiasmus und die Baschibozuks machen sich kampf⸗ fertig. Alles deutet darauf hin, daß der Feind eine ver⸗ zweifelte Anstrengung machen wird, einen Sieg hier zu er⸗ ringen. Es heißt, daß die für den Angriff von Batum desig— nirte russische Streitmacht durch ein soeben von Ardahan an— gekommenes Kontingent von 20,000 Mann verstärkt worden ist. Der Großfürst Michael wird, wie verlautet, den Angriff in Person kommandiren und er soll mit der ausdrücklichen Ab⸗ sicht hierhergekommen sein, um die Operationen gegen Batum zu leiten. Die Türken ihrerseits halten sich für völlig vor— bereitet für den Angriff und geben sich der Hoffnung hin, einen erfolgreichen Widerstand leisten zu können.“

Mr. Gladstone sendet den Blättern seiner Parte einen Bericht von Miß Irby über neuere türkische Gewaltthätigkeiten in Bosnien und fügt selbst hinzu: „Im unmittelbaren Widerspruche mit den Prophezeiungen der⸗ jenigen, welche eine besondere Kenntniß des Charakters der Türken zu haben beanspruchen und welche Massenmetzeleien als Folge des russischen Anmarsches voraussagten, scheint es, daß der Schrecken fremder Waffen an sich eine Verbesserung der Lage der Christen mit sich führt. Aber Bosnien legt zu entfernt, um diese Wirkung zu verspüren, und als Folge da— von sehen wir die Thaten, von welchen Miß Irby uns Bei— spiele erzählt.“ Die „Daily News“ nehmen aus

diesem Briefe Veranlassung, weitere Versammlungen der Liberalen im Lande zum Proteste gegen die Türkei u. s. w. zu empfehlen, und sie begrüßen das in Aussicht

stehende Meeting in Birmingham, wo Gladstone reden wird, als einen vielversprechenden Anfang. Wenn der Krieg vor— über sei, werde eine Zeit kommen, in der England seinen

seiner Stimme abhängen, ob sie so geregelt werden sollen, daß die Türken vor der Strafe geschützt werden, welche ihnen erechter Weise zukommt, oder daß deren Unterthanen das ochmöglichste Maß von Freiheit und Sicherheit gewährt wird. Wenn öffentliche Versammlungen eine gesunde liberale Ansicht hierüber entwickeln können, so können sie mehr thun, als das Parlament bisher gethan, für eine Besserung der Zu⸗ stände in Südost⸗Europa“.

Das W. „Fremdenbl.“ vom 25. schreibt: „Die Auf⸗ forderung, Hülfstruppen zu schicken, hat jetzt die zwischen der Türkei und Egypten bestehenden Verhältnisse neuerdings zum Gegenstande der öffentlichen Aufmerksamkeit gemacht. Sie beruhen im Wesentlichen auf Folgendem. Der Anspruch der gegenwärtigen regierenden Familie gründet sich auf den von der Pforte Mehegned Ali am 1. Juni 1841 gewährten Fer man, welcher selbst wieder eine Folge des am 15. Juli 1840 zwischen der Türkei, England, Oesterreich, Rußland und Preußen abgeschlossenen Vertrages ist. Artikel 5 und 6 des Vertrages bestimmen, daß alle Verträge und Gesetze ebensogut .. Eghpten als für jeden anderen Theil des osmanischen

eiches gelten sollen, und welches Heer oder welche Flotte der Pascha halten möge, so sollen dieselben als für den ganzen Staat gehörig angesehen werden. Der Ferman adoptirt diese

Grundsätze ohne Reserve, indem er mit Bezug auf die Armee folgende Worte gebraucht: „Die militärische und Ma⸗ rinemacht Egyptens sind wesentlich für den Dienst der Hohen Pforte bestimmt.“ Nachfolgende Fermans haben nichts an diesen Abhängigkeits⸗Prinzipien geändert, es sind jedoch in Anbetracht des vermehrten Tributs spezielle Privilegien ertheilt worden. Im Juli 1873 wurde ein Fer⸗ man herausgegeben, welcher alle diese zerstreuten Privilegien in eine Art Konsolidationsakt zusammenfaßte und sie können folgendermaßen aufgezählt werden: Das Recht der Primo⸗ genitur gilt als Regel der Erbfolge und im Falle einer Minderjährigkeit bilden die egyptischen Minister eine Regentschaft. Die innere Verwaltung des Lan⸗ des ist vollkommen frei von jeder türkischen Ein⸗ mengung, aber die Steuern werden im Namen der Pforte ausgeschrieben. Egypten kann Anlehen und nichtpolitische Verträge abschließen, aber es hat nicht das jus legationis. Es hat das Recht, seine Armee ohne Beschränkung zu vergrößern, aber diese bleibt „Kaiserlich“ unter türkischer Sahne und alle Offiziere über den Obersten hinaus werden von der Pforte angestellt. Eine Flotte darf erhalten werden, aber keine Panzer⸗ schiffe. Alle Münzen tragen das Gepräge des Sultans. Der Tribut endlich wird 8. 150,000 Beutel (ein Beutel etwas weniger als 5 Pfund oder 50 Gulden) festgesetzt, und ist in letzter Zeit in Folge der Cession des Gebiets von Harar, gegenüber von Aden, auf 160, 009 Beutel erhöht worden. Um die ganze Stellung zu charakterisiren Egypten ist eine Pro⸗ vinz des Reiches, und das Heer ein Theil der Militärmacht des Reiches.“

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau. Bukarest, Sonnabend, 26. Mai. Die Russen sprengten

mit Torpedo-Schaluppen heute Nacht 3 Uhr den größten türkischen Monitor in die Luft.

Einfluß zu Gunsten dieser oder jener Regelung der Orient⸗ wirren geltend machen werde. „Es kann in hohem Maße von

Landtags ⸗Angelegenheiten.

Ihm 3. Potsdamer Wahlbezirk ist der Oekonomie⸗Rath Bosselmann in Schöneberg, dessen Wahl vom Abgeordneten⸗ hause für ungültig erklärt war, mit 226 gegen 154 Stimmen, welche der Kreisgerichts-Rath Hönemann zu Angermünde erhalten hat, zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten wiedergewählt worden.

Kunst, Wissensch aft und Literatur.

Nach dem Monatsbericht der Königlich pre ußischen Akademie der Wissenschaften hierselbst lasen im Fanuar d. J. folgende Herren: Bruns, über ein römisch⸗syrisches Rechtsbuch aus dem 5. Jahrh. n. Chr.; Lepsius, über die egyptischen Ellen⸗ Maßstäbe mit Vergleichung der persischen, assprischen und alt⸗baby⸗ lonischen Ellensysteme; Boll, zur Physiologie des Sehens und der Farbenempfindung; Rieß, über den Blitzschlag auf das Schulhaus in Elmshorn am 20. April 1876 (kritische Bemerkungen zu dem Gutachten der Akademie vom 14. Dezember 1876); Hercher, zur Text⸗ 3 der Verwandlungen des Antoninus Liberalis; Roth, Studien

n Monte Somma.

London, 23. Mai. Am Montag starb nach langer Krankheit Sir Digby Wyatt, 57 Jahre alt, bekannt als Architekt und Kunstschriftsteller. Er wirkte mit bei Einrichtung des Crystal Palace, gehörte zu den Pariser Preisrichtern 1855 und erhielt den Orden der Ehrenlegion, sowie 1864 von der Königin die goldene Medaille.

Von 18702173 lehrte Sir Digby Wyatt als Professor der schönen Künste in Cambridge. Von seinen Werken sind herworzuheben: Die Künste des 19. Jahrhunderts,. Mosaiken des Mittelalters! und Ansichten des Crystal Palace'. In Anerkennung seiner Verdienste erhob die Königin ihn 1869 in den Ritterstand.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Der Stand der Saaten ist, wie die C. W.“ mittheilt, in ganz Franken und Schwaben ein ausgezeichneter. Für die Blüthe hatte man von der Kälte etwas befürchtet, der rechtzeitig eingetretene Witterungswechsel hat aber diese Besorgniß gehoben. In der Pfal; haben die Reben die Kälte gut überstanden. Sbstbäume und Getreidefelder stehen so üppig, wie seit lange nicht.

Gewerbe und Sandel.

Dem Rechnungsabschlusse der Lebensversicherungsbank für Deutschland in Gotha für 1876 zufolge wurden von M26 auf eine Versicherungssumme von 34,924,109 . Wichteten Antrãgen 4247 mit 28,814,409) M angenommen. Die Bank hatte in 1875 5.908000 A6 für 1901 Gestorbene zu vergüten. Der zu vergütende Betrag steht um 5M, 985 * unter der rechnungsmäßigen Erwartung. Nach Abzug des Abganges wurde ein reiner Zuwachs an Versicherun⸗ gen von 19292, 309 ½ gewonnen. Am Schlusse des Jahres waren bei der Bank 48,07 Personen mit 307,551,700 0 versichert.

Die Einnahme der Bank belief sich auf 13, 79,720 S Von dieser Einnahme wuchsen dem Bankfonds 3927,33 M zu und er— hoben denselben auf 73,973 606 S6 Hiervon kommen 52,015,183 . auf Prämienreserve, 5, 142, 600 S auf Prämienüberträge, 1067, 907 4 auf sonstige Passiva und 153747, 916 60 auf die den Sicherheitsfonds ausmachenden reinen Ueberschüsse. Diese reinen Ueberschüsse kommen in den nächsten 5 Jahren an die Versicherten zur Vertheilung.

Am 9. Juli d. J. wird die 8 das erste halbe Jahrhundert seit ihrer Begründung zurückgelegt haben.

Der Betrieb der Theißbahn im Jahre 1876 ergab eine Bruttoeinnahme von 5,466,456 Fl. Die Betriebskosten *** 1846, 924 Fl., Steuern und Nebenauslagen erforderten 260, 764 Fl.; die Gesammtauslagen beliefen sich auf 3,107,688 Fl. Es verbleibt eine Reineinnahme von 2719, 802 Fl. Hiervon beanspruchen die 5proz. Zinsen der Prioritäten L 721,775 Fl, der Aktien 826, 750 Fl., die Contocorrent⸗Zinsen 34,185 Fl., die Honorirung des Direktoriums und Aufsichtscomités 42,000 Fl., statutenmäßige Dotationen 56291. Zur Verfügung der Generalversammlung stehen 89,463 Fl. Diese sollen zur theilweisen Tilgung des im Jahre 1875 unbedeckt ge⸗ bliebenen Betrages von 246,824 Fl. verwendet werden.

In Carl Heymanns Verlag hierselbst erschien eine kleine bemerkenswerthe Schrift: Compendium des Bankwesens mit Anhang der Lehre vom Börsenwesen für Schul⸗ und Selbstunter— richt von Alois Bischof. Wie aus dem Titel hervorgeht, wendet sich der Verfasser an die in Bezug auf den vorgeführten Stoff Un— eingeweihten. Von diesem Gesichtspunkt aus sucht er zuvörderst über die Elemente des Bank⸗ und Börsenwesens völlige Klarheit zu verbreiten und kleidet die Darstellung in ein leicht und für Jeder⸗ mann verständliches Gewand. Die kurzgefaßte Geschichte des Bank—⸗ wesens aber dürfte auch von solchen, die mit der Theorie des Bank—⸗ wesens vertraut sind, mit Interesse gelesen werden.

Unter dem Titel „Die Lebensbedingungen der deut— schen Industrie sonst und jetzt“ hat Hr. Georg Hirth eine in den „Annalen des Deutschen Reichs“ veröffentlichte Skizze als Broschüre herausgegeben (Leipzig, G. Hirth, 1877). In derfselben erörtert der Verfasser eingehend die Umgestaltung der Industrie, welche die Wiederherstellung eines Lehrlingsverhältnisses, wie dasselbe vor der Entwickelung des Maschinenwesens bestand, unmöglich macht, sowie die Mittel, durch welche unter den gegebenen Verhältnissen die Hebung des Handwerks zu erstreben sein würde.

Verkehrs⸗Anstalten. Triest, 25. Mai. (W. T. B.) Der Lloyddampfer »Achilles? ist heute Nachmittag 2 Uhr mit der ostindischen Ueberlandpost aus Alexandrien hier eingetroffen.

Berlin, 26. Mai 1877.

Ueber die seit dem September 1876 dem Verkehr über— ebene „schmalspurige Eisenbahn zwischen Ocholt und esterstede im Großherzogthum Qldenburg“ hat der Geheime Ober⸗-Baurath E. Burisch soeben bei Schmorl und Seefeld in Hannover eine monographische Darstellung erscheinen lassen, welche als ein werthvoller Beitrag zur praktischen Lösung der Aufgabe der Sekundär- oder richtiger Lokalbahnen die Aufmerksamkeit der betheiligten Kreise um so mehr in Anspruch zu nehmen berechtigt. , als die in Rede stehende Bahn die erste in Deutschland gebaute ist, bei welcher sowohl sür den Personen⸗ als den Güterverkehr

ein vollständig geregelter Betriebsdienst stattfindet.

Die Bahn hat eine Länge von 7115 Meter, von denen 1069,18 Meter in Kurven bestehen. Die Gesammtkosten be⸗ tragen für den Kilometer 26,0766, also im Ganzen 282,532 66 Das Spurmaß ist auf 0, 5 Meter, d. h. die kleinste der für Sekundärbahnen anwendbaren Spurweite normirt. Die Fahr⸗ geschwindigkeit beträgt 20 Klm. in der Stunde, Der Dienst wird durch 2 Maschinen besorgt, welche jede 9700 ( kosten.

Die Betriebsresultate in den letzten 4 Monaten des Jah⸗ res 1876 vom 1. September kis letzten Dezember haben sich durchaus günstig gestaltet. Die Einnahme von 5899 (6 hat die veranschlagte Summe um 424 66 überschritten.

Es sind danach die Betriebskosten fur 1877 auf 11,658 66 berechnet, die Einnahme auf 21,000 ½νς; also der Neinertrag auf 5348 M, d. h. ungefähr 5,15 Proz. des wirklich verwen⸗ deten Anlage kapitals. .

Um den Bau der Bahn zu bewirken, hatte sich ein Comité aus den betheiligten Ortschaften gebildet, dem nach erfolgtem Nachweis des Baukapitals die Konstituirung der Ochsolt-Westersteder Eisenbahngesellschaft gelang. Das vor⸗ gelegte Gesellschaftsstatut wurde unterm 22. Dezember 1874 von dem Großherzoglich oldenburgischen Staats⸗-Ministerium genehmigt. Von dem letzteren war bereits früher eine Staats⸗Subvention von 90,0900 S6 bei dem Landtage beantragt, und von demselben bewilligt. In Folge dessen ist nach dem mit der Gesellschaft getroffenen Ueberein—⸗ kommen sowohl der Bau als der Betrieb der Bahn der Groß— herzoglichen ,, übertragen worden.

X der Verfasser die in Rede stehende Darstellung der Ocholt⸗Westersteder Eisenbahn zunächst für die „Zeitschrist des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Hannover“ abgefaßt hat, so haben die Fragen der Eisenbahntechnik dabei in erster Linie eine eingehende Erörterung und Berücksichtigung er— fahren; ebenso hat sich der Verfasser, seiner Aufgabe gemäß, im Wesentlichen auf eine objektive Schilderung der Bauaus⸗ führung und der Betriebsverhältnisse der erwahnten Bahn be⸗ schränkt, und das spözielle Gebiet der vorliegenden Thatsachen nur selten und in einzelnen gelegentlichen Andeutungen allge⸗ meiner Natur verlassen. . k

Es kam ihm nicht darauf an, in der Diskussion über die Bedeutung und Gestaltung der Lokalbahnen die zahlreichen Vorschläge und aufgestellten Systeme durch neue Ansichten zu vermehren; er ging vielmehr davon aus, daß bei einem der⸗ artigen theoretischen Kampfe immer nur Ansicht gegen Ansicht stehe und daß daher nicht auf dem Papiere, sondern auf dem

Wege der Praxis die schwebenden Differenzen ihrer Lösung entgegenzuführen seien. . . . Um so . wird es von Interesse sein, die auf diesem thatsächlichen Wege gewonnenen allgemeineren Anschauungen des Verfassers kennen zu lernen. Wir lassen dieselben, in ihren Hauptzügen zusammengestellt, hier folgen: . „Eisen als Wegematerial mit dem Dampf als Bewegkraft sind einer viel ausgedehnteren Anwendung fähig, als beide bei dem bis— herigen Eisenbahnsystem gefunden haben. ̃ Das Eisenbahnwesen nahm den umgekehrten Entwickelungsgang wie das Straßenfuhrwerk. Der Grund davon liegt in dem Umstande, daß das erstere erst erfunden wurde, als die Leistungsfähigkeit des durch thierische Kraft auf der Kunststraße bewegten Fuhrwerks für die Bewältigung größerer Massen erschöpft war. . . Dieser Aufgabe entsprechend wurden zunächst die Haupt⸗ verkehrsstraßen ausgebaut, welche wegen ihres großen Per— sonen- und Güterverkehrs den gewaltigen Apparat erfordern, mit welchem das heutige Eisenbahnsystem fast fertig in die Erscheinung

trat.

Gegenwärtig, nachdem die Hauptlinien des großen Verkehrs hergestellt oder im Bau begriffen sind, tritt die weitere Aufgabe her⸗ vor, die Vortheile der Eisenbahnen, welche in der größeren Ge⸗ schwindigkeit und der Massenbeförderung liegen, auch auf den kleinen Verkehr anzuwenden. .

Wie der dem Terrain folgende Vizinalweg die geebnete Kunststraße die kunstgebaute Land- und Reichschaussee sich mit dem Esel⸗ und Ochsengefährt, dem Frachtwagen und Postzug, der Staats karosse allmählich entwickelten und nebeneinander bestehen, so werden demnächst auch verschiedene Vehikel mittelst der Dampfkraft für die verschiedenen Arten dis Transports und den von einander abweichenden Bevölkerungs- und Verkehrsverhältnissen entsprechend nutzbar zu machen sein, 4 .

Demgemäß ist für die Herstellung von Eisenbahnen ein stufen— weise fortschreitendes System der Organisation und der bau⸗ technischen Einrichtungen in Anwendung zu bringen. Bei demselben ist das Hauptgewicht weniger auf die Aufstellung allgemeiner überall ültiger Grundsätze, als guf die sorgfältige und his in alle Einzel⸗ heile durchgeführte Projektirung, sowie auf die minntiöse und s jedesmaligen Bauprojekte

möglichste sparsame Ausführung der

zu legen.“

Die Deutsche Gesellschaft für öffentliche Gesund—⸗ heitspflege zu Berlin hält am Montag, den 28., Abends 75 Uhr, im Architekten⸗Vereinshause eine Sitzung. Auf der Tagesordnung steht ein Vortrag des Hrn. Blankenstein über die sanitären Gesichtspunkte der neuen Bau⸗Polizeiordnung; Diskussion über die Vorschläge der sta⸗ tistischen Kommission; Diskussion über den Vortrag des Hrn. Wiß: Zur Frage der Leichenverbrennung.

Während des 4. deutschen Gastwirths tages in Breslau, am 29. und 21. Juni, findet dort eine Aus stel ung industrieller Erzeugnisse, Konfum⸗ und Bedarfsartikel für den Gastwirthsstand im Springerschen Lokale statt.

Ueber die Aus ste llung des Kunstinstituts für Oelfarbendruck von Edmund Gaillard in der „Flora gehen uns folgende Notizen zu. Die Kunsthandlung hat in Einem Werke: Die , n eines Delfarbendruckbildes in 47 Tafeln veranschaulicht,“ n , . so demonstrirt, daß der Beschauer sowohl aus den in diesem Wer enthaltenen Einzelabdrücken aller zu einem Bilde nöthigen Farben⸗ platten, als auch aus den Uebereinanderdrucken von je 2 3, 4 re. bis 22 Farben eine Anschauung von der Anfertigung eines Oelfarben⸗ druckbildes im Allgemeinen, sowie von der Wirkung des Ueberdruckes der verschiedensten lasirend wirkenden Farben gewinnt. Jedes

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Exemplar dieses Werkes mußte bis zur Fertigstellung 298 Mal die Presse passire n. In der „Flora“ ist dasselbe zum ersten Male ausgestellt und zwar in der Vorhalle des Hauptgebäudes, weil diese durch ihre großen zusammenhängenden Wandflächen die einzige Gelegenheit bot, die 47 Tafeln so gufzuhängen, daß der Beschauer beim Durchschreiten der Halle die Herstellung des Bildes von Anfang bis zu Ende über⸗ sehen kann.

Seraing, 25. Mai. (W. T. B.) Die Zahl der strikenden Arbeiter beträgt 7000, die Ruhe ist noch nicht vollständig her⸗ gestellt,. auf einen Gensd'armen wurde mit einem Revolver geschossen.

Theater.

Im Friedrich-⸗Wilhelmstädtischen Thaater setztz Sgr. Salvini am Donnerstag sein Gastspiel mit Friedrich Halms „Der Sohn der Wildniß“: II Figlzio delle Selive, fort. Die Dichtung Halms hat bei ihrem Erscheinen auf der Bühne allgemeinen Beifall gefunden; sie wurde in viele fremde Sprachen übersetzt und die beiden Hauptrollen des Ingomar und der Parthenia waren eine Zeit lang beliebte Rollen der bedeutendsten Schauspieler. Auf der Bühne ist heute ungeachtet der großen Schönheiten des Gedichtes seine Zeit vorüber. Es erscheint wie eine fremde Pflanze auf fremder Erde. Das Stück spielt bekanntlich in Gallien hundert Jahre nach der Gründung Messalias durch Phokäer; auf diesem antiken Boden nimmt sich der romantische Bau der Dichtung fremd⸗ artig aus. In der italienischen Bearbeitung hat dieselbe nicht gewonnen; die schwungvollen Jamben Halms erscheinen in der dürf⸗ tigen Form einer etwas trockenen Prosa, was indessen der eigenartigen Weise, wie Sgr. Salvini den Ingomar auffaßt und durchführt, nicht ungünstig ist Der Künstler schleift die gretesken Züge des wilden, rauhen Barbaren ab und giebt der Gestalt eine modern humane Haltung. Durch eine feine humoristische Färbung zieht, die ernst⸗ dramatische Physiognomie des Stückes unmerklich in die heitere Miene des Lustspiels über. Sgr. Salvini erzielt mit dieser Auffassung einen bedeutenden Erfolg. Sein Ingomar ist jedenfalls eine sehr in⸗ teressante Leistung und erscheint von den drei Rollen, die er bis jetzt hier gegeben, als die in der Durchführung ein heitlichste. Sein Spiel, in dem sich die charakteristischen Eigenschaften seiner künstlerischen Individualität auf das Wirksamste aus— prägen, fand wiederum den lebhaftesten Beifall. Auf das Beste unterstützt wurde Sgr. Salvini durch die Darstellerin der Parthenia Sgra. Cheechi-Bozzo. Die Rolle liegt der jungen Dame günstiger, wie die der Desdemona und der Ophelia, weil sie nicht die gleiche dramatische Kraft und Leidenschaft erfordert. Ihre Dar- stellung dieser Rolle verdient volles Lob und fand von Seiten des Publikums die gebührende Anerkennung. Auch dieser Vorstellung wohnten Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin, Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm und Ihre Hoheit die Prinzessin Marie von Sachsen⸗ Meiningen bei.

Im Friedrich⸗Wil helm städtischen Theater be⸗ schließt mit Ende des Monats Hr. Felix Schweighofer sein Gast⸗ viel, und können daher nur noch einige Aufführungen der Costa'schen Poffe „Das Blitzmädel' unter Mitwirkung des beliebten Komikers stattfinden. ö . .

Im Thalia-Theater findet die Dienstags-Vorstellung unter Mitwirkung des Frl. Anna Preuß, sowie des Hrn. Robert Guthery zum Benefiz für Frl. Kuhse statt. ö

Die Gefellschaft des Herzoglich sachsen⸗meiningen⸗ schen Hoftheaters, welche in Cöln, gastirt und stetig wachsen⸗ den Beffall findet, wird ihr Gastspiel bis zum 19. Juni ausdehnen. und daher erst am 15. Juni ihr Gastspiel in Frankfurt a./M. beginnen.